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Full text of "Handbuch der Pharmacie zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbstunterrichte für Ärzte, Apotheker und Droguisten"

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IIA\l!IUiCU 

DER 


PHARMACIE 

ZUM 

GEBRAUCHE  BEI  VORLESUNGEN 

UND  ZUM 

SELBSTUNTERRICHTE  FÜR  ÄRZTE,  APOTHEKER 
UND  DROGUISTEN 


PI 


I 


VON 

[iIPP  EOREMZ  GEIGER. 


ERSTER  BAND. 

Practische  Pharmacie  und  deren  Hülfs wissenschaf teil. 


Fünfte  Auflage, 

neu  bearbeitet 
von 

»r.  JUSTUS  EIERIG, 

Professor  an  der  Universität  zu  Giessen. 


Mit  Kupfertafeln  und  Holzschnitten. 


Zweite  Abtheilung. 
Organische  Chemie. 

Mit  Grofsherzoglich  Badischem  Privilegium  gegen  Nachdruck 
und  Nachdruckverkauf. 


1843. 

Acad.  Verlagsbuchhandlung  von  C.  F.  WINTER. 
WIEN,  hei  C.  GEROLD. 


HAU »BUCH 


DER 

CHEMIE 

MIT 

RÜCKSICHT  AUF  PHARMACIE 

VON 

Dr.  JUSTUS  UIEBIG, 

Professor  an  der  Universität  zu  Giefsen, 


Als  neue  Bearbeitung  des  ersten  Bandes  von  Geiger’s  Handbuch 
der  Pharmacie. 


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Zweite  Abtheilung. 
Organische  Chemie. 


Mit  Grofsherzoglich  Badischem  Privilegium  gegen  Nachdruck 
und  Nachdruckverkauf. 


IIEIUELUGUC , 184-3. 

Acad.  Verlagsbuchhandlung  von  C.  F.  WINTER. 
WIEN,  bei  C.  GEROLD. 


ZWEITER  ABSCHNITT. 

Chemie  der  zusammengesetzten  Radikale . 

Organische  Chemie. 

§.  1.  Zusammengesetzte  Radikale  nennt  man  gewisse 
zusammengesetzte  Körper,  welche  die  Fähigkeit  besitzen, 
mit  einfachen  Körpern  Verbindungen  einzugehen,  die  sich  ana- 
log verhalten,  wie  die  Verbindungen  zweier  einfacher  Körper; 
in  denen  also  die  letztem  ersetzt,  vertreten  werden  können 
durch  ihre  Aequivalente  von  anderen  einfachen  Körpern. 

JJ.  2.  Die  zusammengesetzten  Radikale  verbinden  sich 
untereinander ; sie  bilden  mit  Sauerstoff  und  Schwefel  Säuren 
und  Basen , manche  davon  vereinigen  sich  mit  dem  Wasser- 
stoff zu  Wasserstoffsäuren. 

§.  3.  Alle  organische  Verbindungen  lassen  sich  in  ge- 
wisse Gruppen  ordnen,  deren  Anfangspunkt  ihr  Radikal  bil- 
det; die  einzelnen  Individuen  dieser  Gruppen  entstehen  durch 
Verbindung  des  Radikals  mit  den  einfachen  Körpern,  und  durch 
Vereinigung  dieser  neuen  zusammengesetzten  Körper  mit  an- 
dern Zusammensetzungen. 

4.  Wenn  einer  dieser  Verbindungen  ein  oder  mehrere 
ihrer  ßestandtheile  entzogen  wird,  so  entsteht  eine  neue  Ver- 
bindung mit  verändertem  Radikal.  Schwefelcyan  zerfällt  bei  130° 
in  Schwefelkohlenstoff,  Schwefel  und  Mellon  ; 4 At.  Schwefelcyan  N8  C8  S8 
zerlegen  sich  in  S4  C2  4- N8  C6 -h  S4.  Alkohol , welchem  4 At.  Wasserstoff 
entzogen  werden , giebt  Aldehyd.  (C4  H10  O -t-aq)  — H4  =r  C4  H6  O -f-  aq. 

§J.  5.  Wenn  in  einer  sauerstoffhaltigen  organischen  Ver- 
bindung der  Sauerstoff  ersetzt,  vertreten  wird  durch  sein  Ae- 
guivalent  Schwefel,  so  entsteht  eine,  der  Sauerstoffve rbindung 
in  ihren  Eigenschaften  ähnliche,  Schwefelverbmdnng  des  näm- 
lichen Radikals.  Alkohol  C4H100-+-H20  giebt  Mercaptan  C4H10S-*-SH2; 
Cyansäure  Cy20  -+-  H20  giebt  Schwefelcyanwasserstoffsäure  Cy2S  4-  SHa. 

§.  6.  Wenn  der  Wasserstoff  in  einer  organischen  Ver- 
bindung vertreten  wird  durch  sein  Aequivalent  Chlor  oder 
Sauerstoff,  so  zerlegt  sie  sich  in  eine  ähnliche  Verbindung  oder 
in  mehrere  neue  Verbindungen  eines  einfacheren  Radikals. 
Aldehyd  giebt  mit  Chlor,  Salzsäure  und  Chloral:  C4H60-f-aq  mit  12  At. 
Chlor  = 1 At.  Chloral,  C4CI60-(-aq,  und  3 At.  C12H2. 

Wasserfreier  Zucker  C12H1809,  in  welchem  die  18  At.  Wasserstoff 
ersetzt  werden  durch  9 At.  Sauerstoff  (bei  Behandlung  mit  übermangan- 
saurem Kali)  verwandelt  sich  in  6 At.  Kleesäure.  Alkohol,  C4H100-+-aq, 
in  welchem  die  10  At.  Wasserstoff  ersetzt  werden  durch  5 At.  Sauerstoff, 
giebt  2 At.  Kleesäure. 

Geiger’t  Pharmacie.  /.  (5 te  Aufl.) 


39 


Organische  Verbindungen. 


008 

§.  7.  Alle  Verbindungen  zusammengesetzter  stickstoff- 
freier Radikale,  wenn  sie  der  Einwirkung  des  Sauerstoffs  aus- 
gesetzt werden,  zerfallen  in  höhere  oder  niedere  Oxidations- 
stufen einfacherer  Radikale,  je  nach  der  Menge  des  vorhan- 
denen Sauerstoffs.  So  entsteht  durch  Behandlung  des  Alkohols  mit 
oxidirenden  Materien  Acetal , Aldehyd,  Essigsäure , Ameisensäure,  Klee- 
säure, Kohlensäure  und  Wasser.  Die  beiden  letzteren  sind  unter  allen 
Umständen  die  Endprodukte  der  Einwirkung  von  überschüssigem  Sauerstoff. 

§.  8.  Rei  dem  Zusammenhängen  organischer  stickstoff- 
freier Verbindungen  mit  concentrirter  oder  wasserfreier  Schwe- 
felsäure werden  sie  auf  zweierlei  Weise  zersetzt:  entweder 
entzieht  die  Säure  der  Verbindung  Wasser,  oder  Wasserstoff 
und  Sauerstoff  in  dem  Yerhältnifs  wo  sie  Wasser  bilden  5 in 
diesem  Fall  vereinigen  sich  die  übrigen  Bestandtheile  zu  einer 
oder  mehreren  neuen  Verbindungen  (Kleesäure  uud  Schwefelsäure 
giebt  Wasser,  Kohlenoxid  und  Kohlensäure);  oder  die  Säure  giebt  ZU 
gleicher  Zeit  Sauerstoff  an  einen  Theil  des  Kohlenstoffs  der 
Verbindung  ab,  wodurch  ähnliche  Produkte  neben  schwefliger 
Säure  gebildet  werden,  oder  die  Säure  giebt  Sauerstoff  an  den 
Wasserstoff  der  Verbindung  ab  5 in  diesem  Fall  geht  sie  in 
Unterschwefelsäure  über,  welche  mit  der  veränderten  organi- 
schen Substanz  gewöhnlich  eine  sehr  innige  Verbindung  ein- 
geht. # 

§.  9.  Hydrate  organischer  Oxide  von  basischen  Eigen- 
schaften werden  von  Sauerstoff  säuren  in  der  Art  zerlegt,  dafs 
sich  die  letztere  mit  dem  Oxide  verbindet,  während  das  Was- 
ser des  Hydrats  abgeschieden  wird  5 bei  der  Einwirkung  von 
Wasserstoff säur en  auf  dieselben  Körper  geht  dieselbe  Zer- 
setzung aber  unter  Reduktion  des  Oxids  vor  sich,  es  entsteht 
eine  Verbindung  des  Radikals  des  Oxids  mit  dem  Radikal  der 
Wasserstoffsäure. 

§.  10.  Wenn  bei  der  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf 
eine  organische  Materie  nur  der  Wasserstoff  der  letzteren  hin- 
weggenommen, oxidirt  wird,  so  geschieht  es  häufig,  dafs  eine 
neue  Verbindung  mit  einer  niederen  Oxidationsstufe  des  Stick- 
stoffs entsteht,  welche  allen  Kohlenstoff  der  organischen  Sub- 
stanz enthält. 

§.  11.  Bei  der  Einwirkung  starker  Säuren  auf  stickstoff- 
haltige Körper  entsteht  sehr  häufig,  durch  Hinzutreten  der 
Bestandtheile  des  Wassers,  auf  der  einen  Seite  Ammoniak, 
was  sich  mit  der  Säure  verbindet,  und  auf  der  anderen  eine 
Oxidationsstufe  eines  neuen  Radikals,  worin  aller  Kohlenstoff 
des  Stickstoffhaltigen  Körpers  enthalten  ist.  (Blausäure  und  Salz- 
säure. Oxamid,  Harnstoff  und  Schwefelsäure.) 

§.  12.  Kalihydrat  zerlegt  im  Schmelzen  alle  stickstoff- 
freien organischen  Körper,  und  zwar,  wenn  es  in  hinreichen- 
der Menge  angewendet  wird,  ohne  Äbscheidung  von  Kohle; 
die  Produkte,  die  sich  hierbei  bilden,  sind  die  nämlichen,  wel- 
che durch  kräftige  Oxid ationsproz esse  hervorgebracht  werden  ; 


Verhalten  bei  der  trockenen  Destillation.  603 

unter  allen  Umständen  wird  hierbei  Wasser  zerlegt,  dessen 
Sauerstoff  sich  mit  dem  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  der  Sub- 
stanz vereinigt,  während  sein  Wasserstoff  frei  wird  und  sich 
als  Gas  entwickelt,  oder  ebenfalls  eine  neue  Verbindung  ein- 
geht. Je  nach  der  Temperatur,  der  die  Mischung  ausgesetzt 
wurde,  sind  die  Endprodukte  dieser  Zersetzung  entweder 
Humussäure,  Essigsäure  und  Kleesäure,  oder  nur  Kohlensäure. 

(Weiosäure  C8H80,0  mit  Kalihydrat  geschmolzen  zerlegt  sich  in  Kleesäure, 
2C20},  Essigsäure  C4H60j  und  Wasser  H20.) 

§.  13.  Alle  stickstoffhaltigen  Körper  zerlegen  sich  beim 
Kochen  mit  Kalilauge,  oder  Schmelzen  mit  Kalihydrat  5 die 
Produkte  sind  meistens  die  nemlichen,  welche  bei  der  Ein- 
wirkung starker  Säuren  auf  dieselben  Körper  hervorgebracht 
werden,  nur  dafs  beim  Kali  das  Ammoniak  frei  wird,  während 
die  gebildeten  Oxydationsstufen  des  neuen  Kohlenstoffradikals 
mit  dem  Kali  verbunden  bleiben.  Manche  an  Stickstoff  sehr 
reiche  Materien  verwandeln  sich  hierbei  unter  Abscheidung 
von  einem  Theil  ihres  Stickstoffs  als  Ammoniak,  unter  Auf- 
nahme von  Sauerstoff,  in  Cyansäure,  die,  mit  Kali  vereinigt, 
der  weiteren  Zersetzung  sich  entzieht  5 in  diesem  Falle  geht 
die  vollständige  Zersetzung  in  Ammoniak  und  in  Kohlensäure 
vor  sich,  wenn  der  geschmolzene  Rückstand,  in  wenig  Was- 
ser aufgelöst,  gekocht  wird. 

§.  14.  Werden  organische  Körper  der  trocknen  Destil- 
lation unterworfen,  so  vereinigen  sich  ihre  Bestandteile,  mit 
oder  ohne  Abscheidung  von  Kohle,  zu  neuen  flüchtigen  Ver- 
bindungen einfacherer  Radikale.  Je  nach  der  Temperatur 
wechseln  hierbei  die  Produkte  5 man  kann  mehrere  Perioden 
der  Destillation  unterscheiden.  In  der  ersten  bilden  sich  or- 
ganische Säuren  mit  einfacherem  Radikal,  Kohlensäure,  Was- 
ser, und  brennbare  mit  Wasser  mischbare  Flüssigkeiten.  In 
der  zweiten  entstehen  Zersetzungsprodukte  aus  den  in  der  er- 
sten Periode  neu  gebildeten  Körpern ; der  Sauerstoff  der  Säu- 
ren vereinigt  sich  wieder  mit  Wasserstoff  und  mit  Kohlenstoff 
der  nemlichen  Materie  zu  einfacheren  Verbindungen,  zu  Koh- 
lenoxid, Kohlensäure  und  Wasser 5 es  scheidet  sich  meistens 
Kohle  ab  und  der  übrige  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  verbin- 
den sich  zu  flüssigen  oder  festen  ölartigen  Körpern. 

In  der  letzten  Periode  erhält  man  nur  Kohle  und  luftför- 
mige Körper,  meistens  Gemenge  von  Kohlensäure,  Kohlen- 
oxid .ölbildendem  Gas  und  Sumpfgas. 

Stickstoffhaltige  Körper  bilden  unter  denselben  Umständen 
in  der  ersten  Periode  Ammoniak,  zuweilen  auch  Cyansäure, 
in  der  letzten  Cyan  oder  Blausäure. 

§.  15.  Wird  eine  organische  Verbindung  mit  einer  star- 
ken, durch  Glühhitze  nicht  reducirbaren,  Basis  derselben  Zer- 
setzung unterworfen,  so  zerlegt  sie  sich  meistens  in  Kohlen- 
säure, welche  mit  der  Basis  verbunden  bleibt,  und  in  einen 
oder  mehrere  neue  Körper.  # Enthalten  die  letzteren  Produkte 


601 


Theorie  der  organ.  Säuren. 


Sauerstoff,  so  kann  ihnen  durch  neue  Destillation  mit  der  Basis 
dieser  Sauerstoff,  in  der  Form  von  Kohlensäure,  zuletzt  gänz- 
lich entzogen  werden,  in  der  Art,  dafs  man  die  übrigen  Be- 
standteile der  Substanz,  in  der  Form  von  flüssigen,  festen 
oder  gasförmigen,  Kohlenwasserstoffverbindungen  erhält. 

Theorie  der  organischen  Säuren. 

§.  16.  Das  Verhalten  der  Verbindungen  zusammenge- 
setzter Radikale  hat  zu  einer  neuen  und  veränderten  Betrach- 
tungsweise, der  chemischen  Zusammensetzungen  überhaupt, 
Veranlassung  gegeben. 

§.  17.  Es  ist  früher  (§.  221)  erwähnt  worden,  dafs  wenn 
ein  Körper  A sich  mit  einem  andern  B in  mehreren  Verhält- 
nissen vereinigt,  dafs  die  Menge  von  B in  der  zweiten  Ver- 
bindung doppelt,  die  der  dritten  dreimal  etc.,  so  grofs  ist  als 
in  der  ersten.  Diese  Erfahrung  hat  man  zu  einem  für  sich  be- 
stehenden Gese(%  erhoben,  allein  bei  näherer  Betrachtung  er- 
giebt  es  sich  von  selbst,  dafs  sie  eine  noth wendige  Folge  der 
Proportionen  seyn  mufs.  Wenn  sich  in  der  That  Blei  mit 
Sauerstoff  zu  Bleioxid  vereinigt,  und  diese  Verbindung  besitzt 
Verwandtschaft  zu  einer  neuen  Quantität  Sauerstoff,  so  kann 
sich  mit  dem  gebildeten  Oxid  nicht  mehr  und  nicht  weniger  als 
ein  Aequivalent  Sauerstoff  oder  2 Aeq.  Bleioxid  mit  1 Aeq. 
Sauerstoff  verbinden.  Aus  dieser  Betrachtungsweise  folgt  von 
selbst,  dafs  der  Sauerstoff  in  dem  Bleihyperoxid  auf  eine  an- 
dere Weise  gebunden  ist,  als  der  in  dem  Oxid,  dafs  die 
Schwefelsäure  und  das  Wasserstoffhyperoxid  z.  B.  mit  eben 
so  grofser  Wahrscheinlichkeit  als  Verbindungen  von  schwef- 
liger Säure  mit  Sauerstoff,  oder  von  Wasser  mit  Sauerstoff, 
angesehen  werden  können. 

Aus  dieser  Betrachtungsweise  folgt  ferner,  dafs  das  zweite 
Atom  Sauerstoff  in  dem  Wasserstoffhyperoxid,  und  das  dritte 
Atom  Sauerstoff  in  der  Schwefelsäure,  ersetzt,  vertreten  wer- 
den können  durch  Äequivalente  von  andern,  sowohl  einfachen 
als  zusammengesetzten,  Körpern.  Denkt  man  sich  das  dritte 
Atom  Sauerstoff  in  der  Schwefelsäure  ersetzt  durch  Schwefel, 
so  erhält  man  die  Formel  der  unterschwefligen  Säure;  durch 
Stickstoffoxidgas  ersetzt,  hat  man  die  Formel  der  von  Pelouze 
entdeckten  Nitroschwefelsäure,  durch  Chlor  die  von  Regnaiilt 
entdeckte  Verbindung. 

SOa  + O Schwefelsäure, 

SO2  S Unterschweflige  Säure, 

S02  + Cl2 

SO2  -f-  N2O2  Nitroschwefelsäure. 

Wird  das  2te  Atom  Sauerstoff  in  dem  Wasserstoffhyperoxid 
vertreten  durch  Chlor,  so  erhält  man  das  Chlorhydrat. 

§.  18.  Diese  Ansicht  setzt  also  voraus,  dafs  Verbindun- 
gen zusammengesetzter  Körper  mit  einfachen  Körpern  nicht 
allein  möglich,  sondern  auch  wahrscheinlich  sind.  Wie  man 


Theorie  der  organ.  Säuren. 


605 


leicht  bemerkt,  erleidet  die  Sättigungscapacität  der  schwefli- 
gen Säure  keine  Veränderung,  wenn^sie  1 At.  Sauerstoff  mehr 
aufnimmt,  oder  wenn  dieser  Sauerstoff  vertreten  wird  durch 
Schwefel,  oder  durch  Stickstoffoxid  5 an  dieser  Fähigkeit  kön- 
nen mithin  diese  Materien  keinen  Antheil  haben. 

Man  hat  versucht,  diese  Ansicht  zur  Erklärung  einiger 
Erscheinungen  anzu  wenden,  welche  manche  anorganische  Säu- 
ren sehr  häufig  darbieten,  wenn  sie  mit  organischen  Verbin- 
dungen Zusammentreffen,  und  die  darin  besteht,  dafs  in  die 
Zusammensetzung  der  wasserfreien  anorganischen  Säure  eine 
organische  Verbindung  aufgenommen  wird,  ohne  ihre  sauren 
Eigenschaften  aufzuheben  oder  ihre  Sättigungscapacität  zu  ver- 
mindern. (^Naphthalin  und  Schwefelsäure,  Benzol  (Benzin) 
und  Schwefelsäure.} 

Allein  man  kennt  eine  grofse  Menge  anderer  Verbindun- 
gen, wo  sich  diese  Erklärungsweise  durchaus  nicht  an  wenden 
läfst.  Unter  dem  Namen  Mandelsäure  kennt  man  eine  Ver- 
bindung von  Ameisensäure  mit  Bittermandelöl,  C2  H2  03  -f- 
Ci4  Hi  2 02  , worin  die  Sättigungscapacität  der  Ameisensäure 
unverändert  geblieben  ist. 

Es  ist  klar,  dafs  in  diesem  Körper  das  Bittermandelöl  einen 
Bestandtheil  der  wasserfreien  Säure  ausmacht,  allein  eine  Ver- 
tretung von  einem  ihrer  Elemente  durch  den  hinzugekommenen 
zusammengesetzten  Körper,  was  die  obige  Ansicht  voraus- 
setzt, findet  nicht  statt. 

Die  von  dem  unsterblichen  Entdecker  des  Kaliums  über 
die  Natur  der  Chlor-  und  lod-Säure  zuerst  aufgestellte  Ansicht 
scheint  eine  sehr  einfache  und  befriedigende  Erklärung  dieser 
und  anderer  anomaler  Erscheinungen  abzugeben. 

Dehnt  man  die  Ansicht  von  Davy  auf  alle  wasserhaltigen 
Säuren  aus,  so  lassen  sich  daraus  folgende  Gesetze  erschliefsen: 

1)  Die  wasserhalligen  Säuren  sind  gewisse  Verbindun- 
gen eines  oder  mehrerer  Elemente  mit  Wasserstoff , in  denen 
der  letztere  vertreten  werden  kann  durch  Aequivalente  von 
Metallen. 

Die  Fähigkeit  einer  solchen  Säure,  eine  Basis  zu  neutrali- 
siren,  ist  hiernach  abhängig  von  diesem  ersetzbaren  Wasser- 
stoff; wenn  man  die  übrigen  Elemente  dieser  Säuren  zusam- 
mengenommen das  Radikal  nennt,  so  hat  die  Zusammen- 
setzung des  Radikals  hierauf  keinen  Einflufs. 

2)  Wenn  mithin  die  Menge  des  Wasserstoffs  ausserhalb 
des  Radikals  sich  vermehrt  oder  vermindert , so  nimmt  die 
Sättigungscapacität  in  gleichem  Grade  zu , oder  sie  nimmt  ab. 

3)  Treten  zu  den  Beslandtheilen  des  Radikals  unbe- 
stimmte Quantitäten  der  nemliclien  Elemente , oder  verschie- 
dener Elemente , während  die  Menge  des  ersetzbaren  Was- 
serstoffs die  nemliche  bleibt,  so  vergröfsert  sich  das  Gewicht 
des  Atoms  der  Säure,  aber  die  Sättigungscapacität  bleibt 
unverändert. 


606 


Theorie  der  organ.  Säuren. 


§.  19.  Salze  sind,  nach  dieser  Theorie,  entweder  Ver- 
bindungen von  Metallen  mit  einfachen  Körpern,  z.  B.  die  Ha- 
loidsalze,  oder  mit  zusammengesetzten  Körpern,  welche  die 
Stelle  der  einfachen  vertreten.  Sie  können  entweder  entste- 
hen beim  Zusammenbringen  des  einfachen  Körpers  mit  dem 
Metall  (Chlor  und  Eisen oder  der  Wasserstoffsäure  mit  einem 
Metalloxid  (Chlorwasserstoff  mit  Eisenoxidul , Schwefelsäure  (S04-4-H,z) 
mit  Eisenoxidul  (FeO),  oder  einer  Sauerstoffsäure  (S08)  mit  Metall- 
oxid (BaO). 

20 . Wenn  sich  eine  Wasserstoffsäure  mit  einem  Me- 
talloxid vereinigt,  so  findet  in  manchen  Fällen  keine  Reduktion 
statt,  oder  das  neugebildete  Wasser  bleibt  in  der  Verbindung; 
dieses  Wasser  ist  in  einer  andern  Weise  gebunden  als  das 
Kristall wasser,  was  sich  mit  dem  Salze  vereinigt  hat;  auf  die 
Siedhitze  des  Wassers  erwärmt  verlieren  diese  Salze  das  Kri- 
stall wasser,  allein  das  aus  dem  Sauerstoff  des  Oxids  und  dem 
Wasserstoff  der  Säure  entstehende  Wasser  wird  nicht  abge- 
schieden. 

21.  Die  Abscheidung  dieses  Wassers,  und  somit  eine 
Reduktion  des  Oxids  und  der  Wasserstoffsäure,  kann  in  diesen 
Fällen  augenblicklich  bewirkt  werden  durch  das  Zusammen- 
bringen dieser  Salze  mit  andern,  welche  die  Fähigkeit  be- 
sitzen, Doppelverbindungen  damit  einzugehen.  Salzsaure  Mag- 
nesia Cl2H2  O Mg  giebt  mit  Salmiak  Cl2  Mg  -f-  CI2N9H8.  Schwefel- 
säure Magnesia  S04H2  -4-  OMg  giebt  mit  Salmiak  S04Mg  -f-  C12N9H8. 

§.  22.  Die  Fähigkeit  einer  Base^  eine  Säure  zu  neutra- 
lisiren,  ist  nach  dieser  Theorie  nicht  allein  abhängig  von  ihrer 
Stellung  in  der  elektrischen  Reihe,  sondern  zwischen  zwei 
Basen  von  gleichen  basischen  Eigenschaften  ist  bei  derjenigen 
Basis  diese  Fähigkeit  gröfser,  welche  mit  gröfserer  Leichtig- 
keit reducirt  werden  kann.  Das  Silberoxid  mufs  unter  allen  Basen 
diese  Fähigkeit  in  höherem  Grade  besitzen  als  die  andern. 

§.  23.  Diese  Ansicht  hebt  die  Scheidewand  auf,  welche 
man  zwischen  den  Haloidsalzen  und  Sauerstoffsalzen  gezogen 
hat;  keine  der  bekannten  Erfahrungen  steht  mit  derselben  im 
Widerspruch,  und  es  ist  in  der  organischen  Chemie  von  beson- 
derer Wichtigkeit,  sich  mit  der  Form  bekannt  zu  machen,  in 
der  sie  uns  die  Säuren  und  ihre  Verbindungen  betrachten  läfst, 
indem  sie  als  Hülfsmitte!  dienen  kann,  sich  von  vielen  Er- 
scheinungen Rechenschaft  zu  geben,  worüber  die  gewöhn- 
liche Ansicht  keinen  Aufschlufs  giebt. 

§.  24.  Unter  dem  Hydrat  einer  Säure  verstehen  wir  in 
dem  Folgenden  Verbindungen  von  1 — 2 und  3 Aequivalenten 
Wasserstoff  mit  gewissen  andern  Elementen , die,  mit  einan- 
der verbunden  gedacht,  das  Radikal  der  Säure  darstellen. 

Essigsäure -Hydrat  ist  hiernach  eine  Verbindung  von  H9  mit  C4  H6  04. 

In  der  Beschreibung  der  Verbindungen  selbst  bedienen  wir 
«ns  aber  der  gewöhnlichen  Bezeichnungsweise. 


Theorie  der  organ.  Säuren. 


607 


Eintheilung  der  organischen  Säuren. 

§.  25.  Man  theilt  die  organischen  Säuren  ein  in  einbasi- 
sche, zweibasische  und  dreibasische  Säuren. 

26.  Die  einbasischen  Säuren  verbinden  sich  in  ihren 
neutralen  Salzen  mit  1 Aeq.  Basis,  durch  deren  Aufnahme 
1 Aeq.  Wasser  aus  dem  Hydrate  der  Säure  abgeschieden  wird. 

Die  Salze  der  einbasischen  Säuren  verbinden  sich,  zum 
Theil  mit  andern  derselben  Art,  zu  Doppelsalzen , oder  mit 
dem  Hydrat  der  nemlichen  Säure  zu  sauren  Salzen . 

Die  sauren  Salze  der  einbasischen  Säuren  zerlegen  sich, 
wenn  sie  mit  löslichen  Basen  zusämmengebracht  werden,  in 
zwei  oder  mehr  neutrale  Salze,  die  sich  durch  Kristallisation 
von  einander  trennen  lassen,  im  Fall  sie  ungleich  löslich  oder 
einander  nicht  isomorph  sind. 

Die  basischen  Salze  der  nemlichen  Säuren  enthalten  zwei 
oder  mehr  Aequivalente  Basis,  durch  deren  Verbindung  mit 
einem  Atom  Säure  die  nemliche  Quantität  Wasser  ersetzt  wird, 
wie  durch  ein  Aeq.  Basis. 

§.  27.  Von  den  zweibasischen  Säuren  verbindet  sich  ein 
Atom  stets  mit  zwei  Aequivalenten  fixer  Basis,  welche  in  der 
Säure  zwei  Aeq.  Wasser  ausscheiden  und  vertreten.  Diese 
beiden  Aeq.  Basis  können  seyn  zwei  Aeq.  eines  und  desselben 
Metalloxids,  oder  zweier  Metalloxide,  oder  1 Aeq.  Metalloxid 
Und  1 Aeq.  einer  fluchtigen  Basis  (Wasser  oder  Ammoniumoxid). 

Die  sauren  Salze  dieser  Klasse  enthalten  nur  1 At.  Säure, 
woher  es  kommt,  dafs  keine  Trennung  erfolgt,  wenn  sie  mit 
löslichen  andern  Basen  neutralisirt  werden. 

§.  28.  Die  dreibasischen  Säuren  neutral isiren  drei  At. 
Basis;  für  jedes  Atom  fixer  Basis,  was  sich  mit  der  Säure 
vereinigt,  wird  i Atom  Wasser  abgeschieden  und  ersetzt 
durch  1 Atom  Metalloxid. 

§.  29.  Die  allgemeinen  Formeln  für  die  Salze  der  ein- 
basischen Säuren  sind  folgende:  (11  bedeutet  wasserfreie 
Säure,  MO  Metalloxid) 

R -f*  H20  Hydrat  der  Säure. 

R + MO  neutrales  Salz. 

(R  + MO)  + MO  basisches  Salz. 

(2R  + 2M0)  + MO  dto. 

(R  + MO)  + 2M0  dto. 

R ) (mO 

r>  + SjjjQ  Doppelsalze  mit  zwei  Basen. 

IrI  + IbmO  ®°PPe^sa^ze  zwei  Basen : 

R^  ImO*  saure  Salze. 

R*1  + iflO^  saure  ®a5ze» 


608  Organische  Radikale. 

Allgemeine  Formeln  für  die  Salze  der  zweibasischen  Säuren  .* 

R + 2H2Ö  Hydrat  der  Säure. 
cH  O 

R + so g.  saures  Salz,  mit  1 At.  fixer  Basis. 

R + &MO  neutrales  Salz. 

R + neutrales  Salz  mit  zwei  Basen. 


Allgemeine  Formeln  für  die  Salze  der  dreibasischen  Säuren  : 
R + 3H20  Hydrat  der  Säure. 

R + Salz  mit  1 At.  fixer  Basis  (einbas.  Salz). 

U A . 

R + 2JJI0  j zweibasisches  Salz. 

R + 3MO  dreibasisches  Salz. 


H20 
R + MO 
mO 

R>  , <3MO 
Ri  + >M03 


zweibasisches  Salz  mit  verschiedenen 
Metalloxiden. 

Doppelsalz. 


§.  30.  Die  einbasischen  Säuren  liefern  bei  der  trocknen 
Destillation  nur  selten  sogenannte  Pyrogensäuren,  die  aber 
stets,  wenn  sie  gebildet  werden,  den  Charakter  von  einbasi- 
schen Säuren  besitzen. 


§.  31.  Die  zweibasischen  Säuren  liefern  unter  denselben 
Umständen  sehr  oft  zwei  neue  einbasische  Säuren  (Gallussäure). 

§.  32.  Die  dreibasischen  Säuren  liefern  entweder  drei 
Atome  einer  einbasischen  Säure  (Cyanursäure)  oder  zwei  einbasi- 
sche neue  Säuren , oder  eine  zweibasische  und  eine  einbasische 
Säure  (Meconsäure). 


§.  33.  In  dem  Folgenden  werden  die  organischen  Ver- 
bindungen abgehandelt  in  der  Ordnung,  wie  man  sie  sich  aus 
einem  wirklich  existirenden , oder  einem  hypothetischen,  Ra- 
dikal entsprungen  denkt;  an  eine  jede  Verbindung  reihen  sich 
diejenigen  an,  die  aus  der  partiellen  Zersetzung  derselben 
hervorgehen , so  dafs  sich  demnach  von  selbst  begrenzte  Grup- 
pen bilden,  deren  einzelne  Glieder  sehr  häufig  aus  andern  Ra- 
dikalen abgeleitet  werden  können , die  mithin  zweien  und  mehr 
Reihen  angehören.  Diese  Ordnung  ist  nicht  systematisch, 
allein  sie  eignet  sich  zur  Auffassung  der  Veränderungen  und 
Metamorphosen,  welche  die  organischen  Materien  erleiden, 
besser  wie  jede  andere. 

§.  34.  Die  bekannten  Säure  bildenden  Radikale  sind: 
gewisse  Verbindungen  des  Kohlenstoffs  mit  Sauerstoff  f Koh- 
lenoxideCyan , Mellon , Benzoy l,  Cinnamyf  Salicyl,  Ace - 
lyl,  Formyl.  Basen  bildende  Radikale  sind  Aethyf  MethyL 


Kleesäure. 


609 


S.  35.  Die  Radikale  lassen  sich  eintheilen  in  ursprüng- 
liche und  in  abgeleitete  Radikale. 

« 36  Die  letzteren  entstehen  aus  ersteren  entweder 
durch  Zersetzungen , wie  das  Mellon  aus! Schwefelcyan  oder 
das  Acetyl  und  Formyl  aus  Aethyl  und  Methyl,  oder  durch 
Verdoppelung  und  Verdreifachung  des  ursprünglichen  Radikals, 
wie  das  der  Cyanursäure  und  Knallsäure  aus  Cyan.  Höchst 
wahrscheinlich  sind  Benzoyl  und  Cinnamyl  ebenfalls  abgelei- 
tete Radikale. 


ERSTE  ABTHEILUNG. 

/.  Säure  bildende  organische  Radikale . 

I)  Kohlenoxid.  Formeln : CO  — CaO*  — C20  (S.  315). 

37.  In  gewissen  Verbindungsreihen  läfst  sich  das  Koh- 
lenoxid als  der  Stellvertreter  eines  einfachen  Körpers  betrach- 
ten: unter  diesem  Gesichtspunkt  betrachtet  entsteht  durch  seine 
Verbindung  mit  Sauerstoff  die  Kleesäure , mit  Chlor  das  Phos- 
gen, mit  Amid  das  Oxamid , und  als  Zersetzungsprodukt  seiner 
Kaliumverbindung  die  Krokonsäure  und  Rhodi%onsäure . 

Kohlenoxid  und  S au  er  Stoff. 

Kleesäure . 

Formeln:  2CO  + 0 = C203  (Einbasische  Säure).  Symb.  0. 

2 At.  Kohlenstoff  = 152,87 

3 At.  Sauerstoff = 300>0Q  __ 

1 At.  hypoth,  wasserfr.  Kleesäure  = 452,87 

1 At.  Hydratwasser = US, 48  

1 At.  Kleesäurehydrat  = 56*5,35 

2 At.  Krystallvvasser — 224,96  

1 At.  krystallis.  Kleesäure  = 790,31 

Synonyme.  Sauerkleesäure,  Zuckersäure,  kohlige  Säure,  Oxalsäure 
(Acid.  oxalicum,  — Sacchari,  — carbonosum). 

1776  vou  Scheele  entdeckt.  Mit  Eisenoxid  im  Mineralreich  als  Hum - 
boldtit,  io  sehr  vielen  Pflanzen,  den  Gattungen  Oxahs,  Rumex  etc.,  an 
Kali,  in  Wurzeln,  Rhabarber , Tormentill,  Bistorta,  Gentiana,  Sapono- 
ria,  Rumex- Arten  etc.,  in  vielen  Flechtenarten,  Parmelia  cruposa, , Va- 
riolariae  etc.  an  Kalk  gebunden;  kleesaurer  Kalk  ist  ferner  Bestan  ti  i 
v on  Blasensteinen,  die  Kleesäure  ist  ein  Zersetzungsprodukt  der  H 
säure,  sie  ist  das  allgemeinste  Produkt  der  Oxidation  stickstofffreier  oi- 
ganischer  Materien,  durch  Salpetersäure,  oder  der  nemlichen i Materien  rai 
Kalihydrat  (Gay-Lussac') , oder  mit  übermangansaurem  Kali  C Gregory  un 
Hemargay) , ferner  ein  Zersetzungsprodukt  des  Cyans  mit  Wasser  una 
Ammoniak. 

§.  38.  Man  erhält  die  Kleesäure  am  einfachsten:  1)  aus 
Zucker,  oder  besser  Kartoffelstärke,  die  man  mit  5 Theilen 
Salpetersäure  von  1,42  und  10  Theilen  Wasser  gelinde  er- 
wärmt, bis  alle  Gasentwicklung  aufgehört  hat,  und  bis  zur 
Kristallisation  abdampft.  Die  erhaltenen  Kristalle  läfst  man 


610 


Kleesäure. 


auf  Papier,  oder  porösen  Ziegelsteinen,  trocken  werden  und 
reinigt  sie  durch  eine  neue  Kristallisation,  im  Grofsen  geschieht: 
die  Erwärmung  in  offenen  cylindrischen  Töpfen  von  Steinzeug,  welche 
mit  warmem  Wasser  umgeben  sind,  im  Kleinen  in  Porzellanschaalen.  Aus 
12  Th.  Kartoffelstärke  erhält  man  5 Th.  Kleesäure.  Die  Mutterlauge  wird 
mit  etwas  Salpetersäure  versetzt  und  weiter  erwärmt  , wodurch  man  eine 
neue  Kristallisation  von  Kleesäure  erhält.  Man  fährt  auf  diese  Weise  fort 
bis  sie  gänzlich  aufgearbeitet  ist.  Diese  Methode  wird,  des  wohlfeilen 
Preises  der  Salpetersäure  wegen,  jetzt  ausschliefslich  im  Grofsen  ange- 
wendet. Anhängende  Salpetersäure  entfernt  man  von  den  Kristallen  durch 
gelindes  Erwärmen  in  einer  Porzellanschaale,  oder  durch  mehrmalige  Kri- 
stallisation. 2)  Oder  eine  Auflösung  von  saurem  kleesaurem  Kali 
wird  mit  Bleiessig,  oder  mit  einer  Auflösung  von  Schwefel- 
barium, vollständig  gefällt,  der  Niederschlag  sorgfältig  aus- 
gewaschen, noch  feucht  mit  verdünnter  Schwefelsäure  zer- 
setzt, die  klar  abfiltrirte  Flüssigkeit  wird  zur  Kristallisation 

abgedampft.  Zur  Zersetzung  des  Blei-  oder  Barytniederschlags  nimmt 
man  auf  7 Tlieile  des  verbrauchten  Sauerkleesalzes  5 Th.  Schwefelsäure- 
hydrat, das  man  mit  10  Th.  Wasser  verdünnt.  Man  nimmt  9/10  dieser 
verdünnten  Schwefelsäure  und  trägt  nach  und  nach  den  feuchten  Baryt- 
oder Bleiniederschlag  hinein ; es  entsteht  sogleich  schwefelsaurer  Baryt 
oder  Bleioxid,  während  die  Kleesäure  sich  im  Wasser  löst.  Nachdem  die 
Mischung  einige  Stunden  gestanden  hat,  giefst  man  die  über  dem  Nieder- 
schlag stehende  klare  Flüssigkeit  ab  nnd  wäscht  den  Rückstand  mehrmals 
aus.  Die  erhaltenen  Flüssigkeiten  liefern  beim  Abdampfen  Kristalle  von 
reiner  Kleesäure ; einen  möglichen  Bleigehalt  entfernt  man  mit  Schwefel- 
wasserstoffgas. Auf  den  Rückstand  von  schwefelsaurem  Bleioxid  oder 
Baryt,  welcher  noch  etwas  unzersetzten  kleesauren  Baryt  oder  Bleioxid 
enthält,  giefst  man  das  zurückbehaltene  Zehntel  der  verdünnten  Schwefel- 
säure und  erwärmt  mit  Zusatz  von  Wasser;  man  erhält  daraus  noch  et- 
was schwefelsäurehaltige  Kleesäure,  die  man  durch  Waschen  reinigt. 

Erklärung.  Die  Entstehung  der  Kleesäure  aus  organischen  Materien 
ist  eine  Folge  der  Oxidation  ihrer  Elemente  durch  den  Sauerstoff  der  Sal- 
petersäure, namentlich  geben  diejenigen  Substanzen  eine  verhältnifsmäfsig 
gröfsere  Quantität,  welche  Sauerstoff  und  Wasserstoff  io  dem  Verhältnifs 
wie  im  Wasser  enthalten;  bei  Oxidationen  in  niederer  Temperatur  ent- 
stehen niedrigere  Oxidationsstufen,  die  Kleesäure  kann  in  ihrem  wasser- 
freien Zustande  als  ein  Oxid  des  Kohlenstoffs  angesehen  werden.  Die 
Bildung  der  Kleesäure  durch  den  Sauerstoff  des  übermangansauren  Kali’s 
ist  S.  64  erklärt. 

Durch  Wechselzersetzung  von  kleesaurem  Kali  mit  Schwefelbarium 
entsteht  Schwefelkalium  und  kleesaurer  Baryt,  durch  essigsaures  Bleioxid, 
essigsaures  Kali  und  kleesaures  Bleioxid;  kleesaurer  Baryt  und  Bleioxid 
werden  durch  Schwefelsäure  in  freie  Kleesäure  und  schwefelsaure  Salze 
zersetzt. 

%.  39.  Die  kristallisirte  Kleesäure  ist  eine  Verbindüng 
von  Kleesäurehydrat  mit  Kristallwasser;  sie  bildet  farblos 
durchsichtige,  schiefe,  rhombische  Säulen  mit  einer  oder  zwei 
Flächen  zugeschärft,  oder  abgestumpften  Mittelseiten , woraus 
ungleich  sechsseitige  Säulen  entstehen , mit  2 auch  4 auf  den 
Mittelseitenkanten  aufgesetzten  Flächen  zugeschärft,  von  1,507 
spec.  Gew.  Ist  geruchlos,  schmeckt  und  reagirt  stark  sauer, 
wirkt  innerlich  giftig.  (Gegenmittel:  kohlensaurer  Kalk  oder  Mag- 
nesia alba.)  Die  Kristalle  verlieren  in  der  Wärme,  indem  sie 
zerfallen,  28  p.  c.  Kristall wasser  (2  Atome),  es  bleibt  das 
Hydrat  der  Kleesäure. 


Kleesaure  Salze. 


611 


ln  offenen  Gefäfeen  auf  180°  rasch  erhitzt,  schmilzt  die  Kleesaure 
und  giebt  ihr  Kristallwasser  ab,  ein  Thcil  davon  zersetzt  sich,  ein  ande- 
rer verflüchtigt  sich  als  Hydrat  in  weifsen  stark  reizenden  Dampfen,  die 
als  wollige  kristallinische  Masse  die  Oberfläche  der  schmelzenden  Saure 
bedecken:  In  einer  Retorte  auf  155°  erhitzt,  zerlegt  sie  sich  vollständig 
in  Kohlenoxidgas,  Kohlensäure  und  Ameisensäure,  ohne  Rückstand  zu 
hinterlassen. 

Mit  concentrirter  Salpetersäure  erwärmt  zerlegt  sie  sich  vollständig 
in  Kohlensäure  und  Wasser.  Man  kann  die  wasserfreie  Kleesäure  auch 
betrachten  als  eine  Verbindung  von  1 At.  Kohlenoxid  C -+-  O 

mit  1 At.  Kohlensäure 

Ca-+-05 

was  die  Zersetzung  derselben  in  gleiche  Volumina  Kohlenoxid  und  Koh- 
lensäure erklärt,  wenn  sie,  oder  eines  ihrer  Salze,  mit  concentrirter 
Schwefelsäure  erwärmt  wird.  Diese  Zersetzung  findet  statt,  ohne  dals 
sich  die  Säure  schwärzt,  und  ohne  Entwickelung  eines  andern  Gases;  sie 
giebt  ein  wichtiges  Erkennungs-  und  Unterscheidungsmittel  der  Kleesäure 
und  ihrer  Verbindungen  von  andern  ab.  Beim  Erwärmen  mit  Braunstein, 
oder  andern  Hyperoxiden,  werden  diese  zu  Oxiden  oder  Oxidulen  redu- 
cirt,  die  sich  mit  einer  Portion  der  Säure  verbinden,  während  der  abge- 
gebene Antheil  Sauerstoff  eine  andere  Portion  KJeesäure  in  Kohlensäure 
verwandelt.  (Mittel,  um  aus  dem  Volumen  der  gebildeten  Kohlensäure 
den  Sauerstoffgehalt  dieser  Oxide  zu  bestimmen.) 

Die  kristallisirie  Kleesälire  löst  sich  in  8 Th.  Wasser  von 
15°,  in  ihrem  gleichen  Gewichte  kochenden,  und  in  4 Th. 
Weingeist  von  15°. 

Prüfung  auf  ihre  Reinheit.  Die  Kleesäure  mufs  farblos  seyn  und  darf 
Papier  nicht  zerfressen  (Salpetersäuregehalt),  an  der  Luft  nicht  feucht 
werden,  der  Niederschlag,  den  sie  mit  Barytsalzen  bildet,  mufs  sich  in 
Salpetersäure  vollkommen  lösen;  enthält  sie  Bleioxid,  so  wird  sie  mit  Hy- 
drothionsäure  geschwärzt ; sie  mufs  beim  Erhitzen  sich  ohne  Rückstand 
verflüchtigen. 

Anwendung . Die  Kleesäure  und  ihre  löslichen  Salze  sind  in  der  ana- 
lytischen Chemie  wichtige  Entdeckungs-  und  Scheidungsmittel  des  Kalks. 

40.  In  den  neutralen  kleesauren  Salzen  verhält  sich 
der  Sauerstoff  der  Basis  zu  dem  der  wasserfreien  Säure  wie 
1 : 3.  Wenn  man  den  Sauerstoff  des  Metalloxids  zu  dem  der 
Säure  rechnet,  so  hat  man  Kohlensäure  und  Metall.  Sehr  viele 
kleesaure  Salze,  deren  Basis  ein  leicht  reducirbares  Metalloxid 
ist,  zerlegen  sich  in  der  Hitze  in  reine  Kohlensäure  und  Metall 
(kleesaures  Silberoxid  unter  schwacher  Verpuffung).  Die  alkalischen 
kleesauren  Salze  entwickeln  in  der  Hitze  Kohlenoxidgas, 
während  kohlensaure  Alkalien  Zurückbleiben.  Viele  Metalloxide, 
mit  kleesauren  Metalloxiden  zusammenerhitzt,  werden  durch 
das  freiwerdende  Kohlenoxidgas  zu  Metall  reducirt.  Alle  klee- 
sauren Salze  entwickeln  mit  concentrirter  Schwefelsäure  er- 
hitzt, ohne  sich  zu  schwärzen,  Kohlensäure  und  Kohlenoxid- 
gas , es  giebt  neutrale  und  saure  kleesaure  Salze ; die  letz- 
tem enthalten  doppelt,  zuweilen  viermal,  so  viel  Säure  wie 
die  ersteren. 

Kleesaures  Ammoniak , neutrales , O , Na  H8  0 -+-  aq  = 0 , Am  -4-  2aq, 
erhält  mau  durch  Sättigung  der  reinen  Kleesäure  mit  ätzendem  oder  koh- 
lensaurem Ammoniak,  oder  durch  Zerlegung  von  kleesaurem  Bleioxid  mit 
Schwefelammonium,  und  Verdunsten  der  Lösungen  zur  Kristallisation. 


612 


Kleesäure. 


Man  kann  es  auch  durch  Neutralisation  des  vierfach  kleesauren  Kali’s  mit 
kohlensaurem  Ammoniak  gewinnen,  wobei  die  erste  Kristallisation  aus 
kleesaurem  Ammoniak  besteht,  was  man  von  einem  Kaligehalte  durch 
mehrmalige  Kristallisation  vollkommen  reinigt;  die  Mutterlauge  enthält  neu- 
trales kleesaures  Kali. 

Dieses  Salz  kristallisirt  in  langen,  farblos  durchsichtigen  Prismen,  de- 
ren Kernform  die  gerade  rhombische  Säule  ist , von  salzig  stechendem  Ge- 
schmack , ist  schwieriger  löslich  als  die  Kleesäure  , verwittert  an  warmer 
Luft  und  verliert  13,6  p c.  Kristallwasser.  Dient  als  Scheidungsmittel  des 
Kalks  von  der  Bittererde  und  im  Allgemeinen  als  Fällungsmittel  des  Kalks. 
In  der  Hitze  liefert  es  als  das  merkwürdigste  Zersetzungsprodukt  das 
Oxamid.  Dampft  man  eine  Auflösung  dieses  Salzes  mit  Chlorkalium,  Chlor- 
natrium ab  und  glüht  den  trocknen  Rückstand,  so  entwickelt  sich  Salmiak 
und  ein  Theil  der  Alkalimetalle  wird  in  koltlensaures  Salz  verwandelt. 
v.  Kobell. 

Das  saure  kleesaure  Ammoniak , 02,  AmH10-+-3aq,  ist  schwieriger 
löslich  als  das  neutrale.  Die  Kleesäure  bildet  ferner  mit  Ammoniak  ein 
vierfach  saures  Salz. 

Kleesaures  Kali. 

a)  Einfach  ( neutrales')  kleesaures  Kali.  (Kali  oxalicum,  Oxalas 
kalicus  seu  Potassae.) 

Formel:  0,  KO  + aq.  * 

1 At.  Kleesäure  = 453,87 

1 At.  Kali  = 589,93 

1 At.  Wasser — 113,48 

1 At.  kristallisirtes  kleesaures  Kali  = 1155,37 

§.  41.  Das  einfach  kleesaure  Kali  erhält  man  durch  Neu- 
tralisation des  (im  Handel  vorkommenden)  sauren  Salzes,  oder 
der  Kleesäure  durch  kohlensaures  Kali,  und  Abdampfen  bis 
zur  Kristallisation.  Seine  Eigenschaften  sind:  es  kristallisirt 
in  farblos  durchsichtigen , rhombischen,  ungleich  sechsseitigen 
Säulen  mit  zwei  Flächen  schief  zugeschärft,  ist  luftbeständig, 
verliert  bei  160°,  indem  es  undurchsichtig  wird,  9,7  proc. 
Wasser,  schmeckt  stechend  salzig,  ist  in  3 Th.  Wasser  lös- 
lich, unlöslich  in  Alkohol. 

Beim  Zusammenschmelzen  organischer  Materien,  Papier,  Weinstein  etc. 
mit  Kalihydrat  entsteht  dieses  Salz  ebenfalls. 

b)  Zw  eifach  ( saures ) kl  ee  saures  Kali.  (Kali  bioxalicum.) 

Formel:  02,  KO  -f  3aq. 

1 At.  wasserfreies  kleesaures  Kali  = 1043,79 
1 At.  Kleesäurehydrat  = 565,35 

3 At.  Wasser  ™ 334,96 

1 At.  krist.  zweifach  kleesaures  Kali  = 1833,10 

Synonyme.  Sauerkleesalz,  Kleesalz.  (Oxalium,  Sal  Acetosellae, 
Bioxalas  kalicus.) 

§.  42.  Dieses  Salz  wird  im  Grofsen  durch  Sättigen  von 
einem  Gewichtstheil  kristallisirter  Kleesäure  mit  kohlensaurem 
Kali  und  nachherigen  Zusatz  von  einem  gleichen  Gewichtstheil 
kristallisirter  Kleesäure  und  Kristallisation  dargestellt.  (Früher 
durch  Auspressen  des  Sauerklee’s,  Klären  des  Saftes  mit  Eiweifs  oder 
Milch,  und  Abdampfen  zur  Kristallisation.) 


Vierf.  kleesaures  Kali.  Kleesaurer  Kalk.  613 

§.  43.  Die  Eigenschaften  des  doppelt  kleesauren  Kali’s 
sind:  es  kristallisirt  in  durchscheinenden,  farblosen,  schiefen, 
rhombischen  Säulen,  schmeckt  und  reagirt  stark  sauer,  wirkt 
giftig > löst  sich  in  40  Th.  kaltem,  in  6 Th.  kochendem  Was- 
ser; unlöslich  in  Weingeist. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit.  Mufs  beim  Erhitzen  schmelzen  und  zer- 
setzt werden,  ohne  brenzlichen  Geruch  zu  geben,  und  einen  grauen,  kei- 
nen schwarzen  Rückstand  hinterlassen,  ßeigemischter  Weinstein  wird 
durch  einen  kehligen  Rückstand  und  den  eigenthümlichen  brenzlichen  Ge- 
ruch beim  Glühen  erkannt;  saures  schwefelsaures  Kali  durch  die  gewöhn- 
lichen Reageutien  auf  chwefelsäure.  Wenn  von  zwei  gleichen  Gewichts- 
theilen  dieses  Salzes  der  eine  Theil  geglüht  und  der  Rückstand  ( kohlen- 
saures Kali)  der  Auflösung  des  andern  hinzugesetzt  wird,  so  mufs  diese 
Auflösung  alle  saure  Reaction  verlieren;  geschieht  dies  nicht,  so  ist  es 
kein  doppelt  kleesaures  Kali,  sondern  das  folgende  Salz,  was  unter  die- 
sem Namen  gegenwärtig  ausschliefslich  im  Handel  vorkommt. 

Anwendung.  Dient  zur  Darstellung  des  pulv.  Nitri  oxalici  pharma- 
cop.  suecic.  Wird  zum  Ausmaclien  von  Flecken,  die  von  Metallsalzen 
(Tinte  etc.)  herriihren,  wie  das  folgende,  angewendet. 

c)  Vierfach  kleesaures  Kali.  (Kali  quadroxalicum.) 

Formel : 04  , KO  4-  7aq. 

1 At.  wasserfreies  kleesaures  Kali  = 1043,79 

3 At.  Kleesäurehydrat  = 1696,05 

4 At.  Wasser = 449,93 

1 At.  vierfach  kleesaures  Kali  = 3188,76 

Synonyme.  Quadroxalas  kalicus.  Kommt  im  Handel  als  doppelt  klee- 
saures Kali  vor. 

§.  44.  Aus  einer  Auflösung  des  doppelt  kleesauren  Kali’s 
in  Salzsäure,  kristallisirt  vierfach  kleesaures  Kali;  wird  im 
Grofsen  durch  Sättigen  von  1 Th.  kristallisirter  Kleesäure  mit 
kohlensaurem  Kali  und  Hinzufügen  von  3 Th.  krist.  Kleesäure 
bereitet. 

§.  45.  Die  Eigenschaften  des  vierfach  kleesauren  Kali’s 
sind:  es  kristallisirt  in  farblos  durchsichtigen,  schiefen  Octae- 
dern,  an  welchen  zwei  Ecken  abgestumpft  sind ; ist  in  Wasser 
schwerer  löslich  wie  das  doppelt  kleesaure,  verliert  bei  12S° 
4 At.  Wasser  (14  p.  c.),  in  höherer  Temperatur  verflüchtigt 
sich  Kleesäure  unter  Zersetzung. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit.  Verhält  sich  in  der  Wärme  dem  doppelt 
kleesauren  Kali  ähnlich;  werden  drei  Gewichtstheile  durch  Glühen  in  koh- 
lensaures Kali  verwandelt  und  zu  einer  Auflösung  von  1 Gewichtstheil  des 
Salzes  gesetzt,  so  erhält  man  neutrales  kleesaures  Kali. 

Kleesaures  Natron  C2  03 , Na  0 ist  das  schwerlöslichste  unter  allen 
Natronsalzen ; läfst  sich  nur  schwierig  in  deutlichen  Kristallen  erhalten  und 
ist  stets  wasserfrei;  es  bildet  mit  Kleesäure  ein  doppeltsaures,  aber  kein 
vierfachsaures  Salz. 

Kleesaurer  Kalk , C2  03 , CaO  3aq,  findet  sich  in  vielen  Flechten, 
das  harte  feste  Skelett  derselben  bildend,  so  dafs  man  manche,  nament- 
lich Variolaria  communis  (Porophora  pertusa  M.),  benutzen  kann,  um 
Kleesäure  daraus  darzustellen,  wiewohl  ohne  besondern  Vortheil.  Die 
gepulverte  Flechte  wird  nach  Rraconnot  mit  l/5  concentrirter  Schwefel- 
säure, die  mit  ihrem  Gewichte  Wasser  verdünnt  ist,  % Stunde  gekocht, 


i 


614 


Chlorkohlenoxid. 


kochend  heifs  von  dem  gebildeten  Gyps  getrennt,  und  die  Flüssigkeit  zur 
Kristallisation  verdampft.  Die  gewonnenen  Kristalle  sind  kalkhaltig  und 
können  nur  zur  Darstellung  von  löslichen  kleesauren  Salzen  benutzt  wer- 
den. Die  Unlöslichkeit  des  kleesauren  Kalks  im  Wasser  und  Essigsäure, 
und  seine  Löslichkeit  in  Salpeter-  und  Salzsäure,  unterscheidet  ihn  we- 
sentlich von  andern  Niederschlägen;  man  benutzt  diese  Eigenschaften,  in- 
dem man  die  kleesauren  Alkalien  als  vortreffliche  Mittel  an  wendet,  um 
Kalk  in  Auflösungen  zu  entdecken , aus  denen  vorher  alle  sonst  fällbaren 
und  durch  andere  Mittel  scheidbaren  Metalloxide  entfernt  sind;  namentlich 
dienen  diese  kleesauren  Salze,  um  Kalk  von  Bittererde  zu  trennen,  wel- 
che letztere  lösliche  kleesaure  Doppelsalze  bildet;  der  Kalk  wird  umge- 
kehrt beuutzt,  um  Kleesäure  zu  entdecken,  doch  ist  hier  zu  beachten, 
dafs  aus  einer  Auflösung , welche  Chromoxid , Eisenoxid  und  Manganoxid 
enthält , die  Kleesäure  von  Kalksalzen  nur  unvollständig  gefällt  wird. 

Frisch  niedergeschlagen  ist  der  kleesaure  Kalk  ein  blendend  weifses, 
flockiges  Pulver,  unlöslich  in  Essigsäure,  leicht  löslich  in  überschüssiger 
Salpeter-  und  Salzsäure;  hinterläfst,  ohne  sich  bemerkbar  zu  schwärzen, 
nach  dem  Glühen  kohleusauren  Kalk,  aus  dessen  Gewicht  die  Kleesäure 
oder  der  Kalk  berechnet  wird. 

Kleesaure  Bitter  er  de , Zinkoxid  und  Mangan  oxidul  haben  eine  dem 
Kalksalz  analoge  Zusammensetzung.  Kleesaurer  Baryt  enthält  O,  BaO-f-aq. 
Die  Zusammensetzung  dieser  Salze  ist  aus  der  Untersuchung  Graham’s 
entnommen  worden. 

Kleesaures  Chromoxid- Kali.  05  , Cr2  05  + 30,  KO  -f-  6aq.  — 
Entdeckt  von  Gregory.  Man  erhält  dieses  Salz  durch  Auflösung  in  der 
Wärme  von  1 Th.  saurem  chromsaurem  Kali,  2 Th.  saurem  kleesaurera 
Kali  und  2 Th.  kristallisirter  Kleesäure  in  1 Th.  Wasser  und  Abdampfen, 
wo  das  Salz  kristallisirt.  Die  Auflösung  geht  unter  starker  Kohlensäure- 
entwicklung vor  sich,  indem  ein  Theil  der  Kleesäure  beim  Uebergang 
der  Chromsäure  in  Cbromoxid  durch  Aufnahme  von  Sauerstoff  in  Kohlen- 
säure verwandelt  wird.  Die  Kristalle  dieses  Salzes  sind  schwarz,  bei 
durchfallendem  Licht  kornblumenblau,  die  Auflösung  ist  in  reflectirtem 
Lichte  grün,  in  durchfallendem  roth ; enthält  t At.  kleesaures  Chromoxid, 
03 , Cra  Oj , in  Verbindung  mit  3 At.  kleesaurem  Kali  und  6 At.  Wasser. 
Alkalien  fällen  aus  seiner  Auflösung  nur  einen  Theil  Chromoxid,  und  Kalk- 
salze bringen  darin  nur  einen  sehr  geringen  Niederschlag  von  kleesaurem 
Kalk  hervor. 

Kohlenoxid  und  Chlor . 

Chlorkohlenoxid.  Formel:  CO,  CI2. 

1 At.  Kohlenoxid  =-  176,435 

1 Aeq.  r:  2 At.  Chlor  = 442,650 

1 At.  Chlorkohlenoxid  = 619,085 

Synonyme . Phosgen.  Chlorkohlensäure.  Acidum  chloroxicarbonicum. 

Von  Ef  Dapy  entdeckt.  Gleiche  Volumina  wasserfreies  Kohlenoxidgas 
und  Chiorgas  vereinigen  sieh  miteinander  im  Sonnenlicht  nach  wenigen  Mi- 
nuten, im  Tageslicht  nach  einigen  Stunden,  zn  einer  gasförmigen  Verbin- 
dung von  der  Hälfte  des  Volumens  ihrer  Bestandtheile. 

Eigenschaften.  Farbloses  Gas  von  erstickendem,  unangenehmen  Ge- 
ruch, reizt  die  Augen  zu  heftigem  Thräuen,  von  3,399  spec.  Gewicht, 
löst  sich  in  Wasser  unter  Zersetzung  und  Bildung  von  Kohlensäure  und 
Salzsäure.  Viele  Metalle,  darin  erhitzt,  entziehen  ihm  das  Chlor  unter 
Bildung  von  Chlormetallen  und  Zurücklassung  des  Kohlenoxidgases,  bei 
Anwendung  wasserfreien  Zinkoxids  entsteht  Kohlensäure  und  Chlorzink. 
Phosphor  und  Schwefel  lassen  sich  darin  ohne  Veränderung  sublimiren. 
Zerlegt  sich  mit  Alkohol  auf  eine  eigentümliche  Weise,  verbindet  sich 
mit  Ammoniak  zu  einem  weifsen,  festen,  kristallinischen  Körper,  der  in 
der  Hitze  flüchtig  und  sublimirbar,  an  feuchter  Luft  zerfliefslich  ist,  ohne 


Oxamid. 


615 


Reaction  auf  Pflanzenfarben  , von  stellendem , salzigem  Geschmack.  Diese 
Verbindung  wird  beim  Zusammenhängen  von  Chlorkolilenoxidgas  mit  was- 
serfreiem Ammoniakgas  erhalten,  wo  sich  1 Vol.  des  ersteren  mit  4 Vol. 
des  anderen  verbinden.  Seine  Zusammensetzung  mul’s  mithin  durch  die 
Formel  CO,  Cl2-H N4 Hj2  ausgedrückt  werden.  Das  Chlorkohlenoxid  kann 
als  Kohlensäure  betrachtet  werden,  worin  1 At.  Sauerstoff  ersetzt  ist  durch 
ein  Aeq.  Chlor.  Beim  Hinzutreten  der  Bestandteile  eines  Atoms  Wasser 
zerlegt  es  sich  in  1 At.  Kohlensäure  und  1 Aeq.  Salzsäure.  Dieselbe 
Zersetzung  erfährt  die  Ammoniakverbiudung,  wenn  sie  mit  starken  Mine- 
ralsäuren zusammengebracht  wird. 

Kohlenoxid  und  Amid . 

Oxamid.  Formel:  C2 02  -f  N2 H*. 

3 At.  Kohlenoxid  = 353,870 

1 Aeq.  Amid  = 301,999 

1 At.  Oxamid  = 554,869 

Die  Natur  dieses  Körpers  wurde  von  Dumas  zuerst  erforscht ; von 

Bauhof  zuerst  bei  Einwirkung  von  Kleesäure  auf  Alkohol  erhalten. 

Bildet  sich  bei  Destillation  von  Ammoniaksalzen  mit  kleesauren  Sal- 
zen, oder  von  kleesaurem  Ammoniak,  am  reinsten  durch  Zersetzung  des 
kleesauren  Aethers  (s,  d.)  mit  wäfsrigem  Ammoniak. 

Die  Eigenschaften  des  Oxamids  sind : es  stellt  ein  blendend  weifses 
kristallinisches,  in  Weingeist,  Aether  und  kaltem  Wasser  kaum,  in  heifsem 
Wasser  wenig  lösliches  Pulver  dar,  geruch-  und  geschmacklos,  wird  durch 
verdünnte  Säuren  und  Alkalien  nicht  verändert,  durch  concehtrirte  in  der 
Wärme  leicht  in  Kleesäure  und  Ammoniak.  Zerfällt  bei  der  trocknen  De- 
stillation in  Wasser,  Kohlenoxid,  Blausäure,  Cyansäure  und  Ammoniak, 
welche  beide  letzteren  sich  mit  einander  zu  Harnstoff  verbinden. 

Vergleicht  man  die  Zusammensetzung  des  Oxamids  mit  der  des  klee- 
sauren Ammoniaks,  so  ergiebt  sich  eine  Erklärung  seiner  Bildung  und  sei- 
ner Zersetzungen  von  selbst.  Die  Formel  des  kleesauren  Ammoniaks  ist 
Ca  N2  H6  03  -+-  3 aq.  Zieht  man  davon  ab  die  Bestandtheile  des  Oxamids 

Cg  Na  H4  Og so  bleibt  übrig 

H.j  0 -4—  3 aq 

Das  Oxamid  entsteht  mithin  aus  diesem  Salz , indem  sich  von  den  Bestand- 
teilen des  wasserfreien  kleesauren  Ammoniaks  1 At.  Wasser  trennt.  Der 
Oxaläther  ist  eine  Verbindung  von  wasserfreier  Kleesäure  mit  Aether;  mit 
wäfsrigem  Ammoniak  zusammengebracht  wird  diese  Verbindung  augenblick- 
lich zerlegt,  die  Oxalsäure  giebt  1 At.  Sauerstoff  ab  an  3 At.  Wasserstoff 
des  Ammoniaks,  die  zusammen  Wasser  bilden,  was  sich  mit  dem  Aether 
zu  Alkohol  vereinigt;  es  bleibt  auf  der  einen  Seite  Kohlenoxid  C202  und 
auf  der  andern  Amid  N2H4,  die  sich  zusammen  zu  Oxamid  verbinden. 

Wenn  das  Oxamid  mit  Alkalien,  die  sich  mit  der  Kleesäure,  oder  mit 
Säuren,  die  sich  mit  dem  Ammoniak  zu  verbinden  vermögen,  erwärmt 
wird,  so  tritt  1 At.  Wasser  zu  seinen  Bestandteilen , und  es  zerlegt  sich 
in  Kleesäure  und  Ammoniak.  Dies  geschieht  selbst,  wenn  Oxamid  mit 
Wasser,  unter  einem  höheren  Druck,  einer  Temperatur  über  100°  aus- 
gesetzt wird.  Die  Zersetzungsweise  des  Oxamids  mit  Säuren  ist  deshalb 
merkwürdig,  weil  sie  Licht  zu  verbreiten  scheint  über  gewisse  Verände- 
rungen, welche  viele  organische  Materien,  namentlich  Stärke,  Holz  und 
Rohrzucker,  bei  Einwirkung  verdünnter  oder  starker  Mineralsäuren  erfahren. 
Eine  sehr  kleine  Menge  Oxalsäure  z.  B.  reicht  hin,  um  unendliche  Mengen 
Oxamid  in  neutrales  kleesaures  Ammoniak  zu  zerlegen,  in  der  Art,  dafs 
diese  Oxalsäure  nach  der  Verwandlung  unverändert  übrig  bleibt;  wäre 
das  neue  Produkt  (kleesaures  Ammoniak)  durch  Alkalien  in  diese  Bestand- 
theile nicht  zerlegbar,  so  würde  man  diese  Art  der  Zersetzung  zu  den 
sog.  katalytischen  Wirkungen  zählen  müssen. 


616 


Rhodizonsäure.  Krokonsäure. 


Kohlenoxid  und  Kalium. 

Rhodizonsäure . Formel  der  hypothetisch  wasserfreien  Säure : C*  07 . 

7 At.  Kohlenstoff  zz  535,045 

7 At.  Sauerstoff  zz  700,000 

1 At.  Rhodizonsäure  zz  1235,045 

Von  L.  Gmelin  entdeckt,  von  Heller  als  eine  eigentümliche  Säure 
nachgewiesen. 

Wenn  Kalium  in  einem  Strom  trocknen  Kohlenoxidgas  zum  Schmelzen 
erhitzt  wird,  so  wird  das  Gas  in  grofser  Menge  absorbirt,  das  Kalium 
verflacht  sich  auf  der  Oberfläche  der  Glasröhre,  wird  grün,  und  zuletzt 
bleibt  eine  schwarze  poröse  Masse,  welche  warm  an  die  Luft  gebracht 
sich  entzündet  und  mit  Wasser  übergossen  sich  mit  heftiger  Entwickelung 
eines  brennbaren  Gases  auflöst;  mit  Wasser  befeuchtet  entzündet  sie  sich. 
Die  Auflösung  in  Wasser  ist  roth  und  enthält  rhodizonsaures  Kali.  In  be- 
trächtlicher Menge  erhält  man  die  Verbindung  des  Kaliums  mit  Kohlenoxid 
als  Nebenprodukt  bei  der  Bereitung  des  Kaliums,  wo  sie  sich  aus  dem 
sich  dabei  entwickelnden  Gase  in  der  Form  eines  grauen  Pulvers  absetzt, 
was  leicht  gesammelt  werden  kann.  An  feuchter  Luft  zieht  dieses  Pulver 
langsam,  ohne  sich  zu  entzünden,  Wasser  an  und  wird  zu  rhodizonsau- 
rem  Kali  von  scharlachrother  Farbe;  durch  Behandlung  desselben  mit  Al- 
kohol, in  dem  es  nicht  löslich  ist,  kann  ihm  das  freie  Kali  entzogen  wer- 
den. Die  Untersuchungen  von  Heller  zeigen,  dafs  dieses  Kalisalz  eine 
eigentümliche  Säure  enthält,  welche  nach  den  Analysen  von  Thaulow , 
wenn  man  sich  das  Kali  durch  ein  Aequivalent  von  Wasser  ersetzt  denkt, 
nach  der  Formel  C7H6OI0  oder  aus  C7  07  -4-  3aq  zusammengesetzt  ist, 
mithin  aus  Kohlenstoff  und  Sauerstoff  im  Verhältnifs  wie  im  Kohlenoxid  in 
Verbindung  mit  3 At.  Wasser.  Das  Kalisalz  ist  nach  der  Formel  C7  07 
3 KO,  das  Bleisalz  nach  der  Formel  C7  07  -4-  3PbO  zusammengesetzt.  Bei 
der  Abscheidung  der  Säure  aus  dem  Bleisalz  durch  Schwefelwasserstoff 
■wird  sie  zersetzt;  mit  ätherschwefelsaurem  Kali  verunreinigt  erhält  man 
sie  bei  Zersetzung  des  Kalisalzes  vermittelst  einer  Mischung  von  Schwe- 
felsäure mit  Weingeist,  alle  ihre  Verbindungen  sind  roth  gefärbt,  im  trock- 
nen Zustande  oft  grün  metallisch  glänzend. 

Merkwürdig  ist  die  Zersetzung  des  rbodizonsauren  Kalis,  wenn  seine 
Auflösung  im  Wasser  erhitzt  wird ; ohne  Gasentwickelung  verwandelt  es 
sich  hierbei  in  freies  Kali , kleesaures  Kali  und  in  das  Kalisalz  einer  neuen 
Säure,  von  L.  Gmelin , dem  Entdecker  derselben,  Krokonsäure  genannt. 

Krokonsäure. 

Formel  der  hypothetisch  wasserfreien  Säure  in  dem  Kalisalz:  Cs  O4. 
Wahrscheinliche  Zusammensetzung  d.  wasserhaltigen  Säure:  C5O5H2. 

5 At.  Kohlenstoff  zz  382,175 

4 At.  Sauerstoff  zz  400,000 

1 At.  Wasser zz  112,480 

1 At.  Krokonsäure  zz  894,655 

Die  rothgelbe  Auflösung  des  rhodizonsauren  Kali’s  wird  beim  Erhitzen 
und  Abdampfen  pomeranzengelb,  und  setzt  lange,  sehr  glänzende,  gelbe 
Nadeln  von  krokonsaurem  Kali  ab ; aus  der  alkalischen  Flüssigkeit  kristal- 
lisirt  zuletzt  neutrales  kleesaures  Kali. 

Zur  Darstellung  der  Krokonsäure  wird  das  Kalisalz  in  Wasser  gelöst, 
mit  Kieselfluorwasserstoffsäure  vermischt  und  abgedatnpft;  aus  dem  trock- 
nen gelben  Rückstand  zieht  Wasser  die  reine  Krokonsäure  aus.  Sie  ist 
gelb,  leicht  kristallisirbar,  schmeckt  und  reagirt  stark  sauer,  in  Wasser 
und  Weingeist  löslich;  all  ihre  Salze  sind  gelb  und,  bis  auf  das  Ammo- 
niaksalz, im  Weingeist  unlöslich. 

Krokonsaures  Kali  Cs  04 , KO  -+-  2 aq  kristallisirt  in  langen , pome- 
ranzengelben, 6 und  8seitigen  Prismen,  von  salpeterartigem  Geschmack; 


Honigstein  säure. 


617 


ist  neutral  gegen  Pflanzenfarben  , verliert  bei  gelinder  Wärme  15  p c = 
2 At.  Wasser  und  wird  citrongelb ; verglimmt  beim  Erhitzen,  ohnfr  brenz- 
lichen Geruch,  zu  einem  Gemenge  von  kohlensaurem  Kali  mit  Kohle  un- 
ter Entweichung  von  Kohlenoxidgas  und  Kohlensäure ; wird  durch  Chlor 
und  Salpetersäure  unter  gelindem  Aufbrausen  und  Bildung,  nicht  weiter 
untersuchter,  besonderer  kristallinischer  Salze  zersetzt. 

Die  Verbindung  des  Kaliums  mit  Kohlenoxid  enthält  keine  Rhodizon- 
säurej  sie  wird  erst  gebildet  wenn  die  Kaliumverbindung  mit  Wasser  zu- 
sammenkommt. Die  Entwickelung  eines  wasserstoffreichen  Gases  beweist 
dafs  das  Kalium  darin  in  nicht  oxidirtem  Zustande  enthalten  ist.  Wenn 
man  die  Kaliumverbindung  durch  die  Formel  C7  07  -f-  3 K ausdrückt,  so  ist 
rhodizonsaures  Kali  CrO:H-3KO,  was  durch  Zerlegung  von  drei  Atomen 
Wasser  gebildet  wurde.  Die  Zersetzung  scheint  übrigens  nicht  ganz  so 
einfach  zu  seyn,  da  nach  den  Versuchen  von  E.  Davy  das  frei  werdende 
Gas  nicht  reines  Wasserstoffgas,  sondern  ein  neues  Gas  ist,  was  sich  durch 
seine  Eigeuschaft,  sich  mit  Chlor  bei  gewöhnlicher  Temperatur  augenblick- 
lich, unter  Absatz  von  Kohle,  zu  entzünden,  von  den  bekannten  wesent- 
lich unterscheidet. 

Rhodizonsaures  Kali  C?  Of  + 3 KO  enthält  die  Elemente  von  1 At 
klcesaurein  Kali  C*05  -f-  KO,  1 At.  krokonsaurem  Kali  Cs  04  KO  und 
von  freiem  Kali  KO , was  seine  Zersetzung  hinreichend  erklärt. 

Krokonsäure  kann  als  eine  Verbindung  von  Kohlenoxid  mit  Wasserstoff 
Ci  Os  -f-  H2  betrachtet  werden , und  steht  in  dieser  Form  einer  andern 
merkwürdigen  Säure  sehr  nahe,  nemlich  der  Honigsteinsäure,  die  sich  wie 
eine  Verbindung  eines  ähnlichen  Radikals  mit  Wasserstoff  in  allen  ihren 
Verbindungen  verhält. 


Honigsteinsäure  (Acidum  melliticumj.  Formel:  C4  04  + H2. 

4 At.  Kohlenstoff  = 305,74 

3 At.  Sauerstoff  ~ 300,00 

1 At.  Wasser — 112,48 

1 At.  Honigsteinsäure  =:  718,22 


Von  Klaproth  entdeckt.  — Bildet  in  Verbindung  mit  Thonerde  ein  sehr 
selten  vorkommendes  Mineral,  den  Honiystein.  Die  Honigsteinsäure  läfst 
sich  am  besten,  nach  Wähler,  aus  dem  houigsteinsauren  Bleioxid  durch 
Zersetzung  mit  Schwefelwasserstoffsäure  gewinnen.  Die  von  dem  Schvve- 
fe!b  ei  abfiltrirte  Flüssigkeit  giebt  beim  Abdampfen  ein  weifses,  wenig  kri- 
stallinisches, Pulver,  was  im  Weingeist  sich  löst  und  daraus  beim  lang- 
samen Verdampfen  in  sternförmig  vereinigten  Nadeln  kristallisirt.  Die  wäs- 
serige Auflösung  schmeckt  und  reagirt  stark  sauer.  Die  trockne  Honig- 
steinsaure  wird  beim  Kochen  mit  Salpeter-  und  Schwefelsäure  nicht  ver- 
andert,  beim  Kochen  mit  Weingeist  scheint  sie  damit  eine  eigentümliche 
Verbindung  einzugehen  Sie  verbindet  sich  mit  den  Basen  zu  den  honiq- 
steinsauren  Salzen.  Die  Salze  der  Alkalien  sind  löslich  und  kristallisirbar, 
die  der  andern  Metalloxide  schwer-  oder  unlöslich.  Die  allgemeine  Formel 
der  bei  100°  getrockneten  honigsteinsauren  Salze  ist : 


_ . _ . C4  04  H2  H-  MO. 

Beim  Erhitzen  für  sich  w erden  sie  zerstört.  Das  Silbersalz  erleidet  vorher 
eine  besondere  Veränderung.  Auf  180°  erwärmt  trennt  sich  von  diesem 
5a  j-JM*  Wasser>  UDrt  seine  Zusammensetzung  ist  alsdann  C4  04  Ag. 
Da  die  Silbersalze  bei  100!  getrocknet  kein  Wasser  zurückbehalten,  so 
ist  es  ausserordentlich  wahrscheinlich  , dafs  der  Wasserstoff  der  Säure  sich 
Dei  dieser  Temperatur  mit  dein  Sauerstoff  des  Silberoxids  zu  Wasser  ver- 
bindet, so  dafs  es  in  eine  Verbindung  von  Silber  mit  Kohlenoxid  C4  04 
ubergeht,  welches  letztere  demnach  die  Stelle  von  Chlor  oder  eines  an- 
dern Salzbilders  vertritt.  Man  kann  daraus  durch  Schwefelwasserstoff  oder 
Salzsaure  unveränderte  Honigsteinsäure  wieder  gewinnen. 

Gaiger’t  Pharmacie.  /.  ( 5t«  Atifi,)  40 


618 


C y a n. 


Man  kann  übrigens  auch  das  Silbersalz  bei  dieser  Temperatur  als  eine 
Verbindung  von  Silberoxid  AgO  mit  einer  Säure  C4  03  betrachten , die  also 
von  der  Kleesäure  darin  verschieden  ist,  flafs  sie  doppelt  soviel  Kohlen- 
stoff enthält. 

Honigsteinsaures  Ammoniak , C4  04  H2 -4- N2  H^  erhält  man  durch  Di- 
gestion von  Honigstein  mit  kohlensaurem  Ammoniak , wobei  sich  dieses 
Salz  auflöst  unter  Zurücklassung  von  Thonerdehydrat;  es  kristallisirt  in 
zweierlei  Formen,  wahrscheinlich  bedingt  durch  einen  ungleichen  Wasser- 
gehalt. Beide  haben  als  Grundform  ein  rhombisches  Octaeder.  Die  Kri- 
stalle sind  grofs , glänzend  durchsichtig , sie  werden  an  der  Duft  undurch- 
sichtig milcbweifs.  Liefert  bei  der  trocknen  Destillation  blausaures  Am- 
moniak und  ein  smaragdgrünes  Sublimat. 

Honigsteinsaures  Bleioxid , C404H2,  PbO,  entsteht  durch  Vermischen 
von  Honigsteinsäure  mit  essigsaurem  Bleioxid,  oder  honigsteinsaurem  Am- 
moniak mit  einem  Bleisalz;  voluminöser  weifser  Mederschlag,  wird  beim 
Auswaschen  und  Trocknen  zu  einem  schweren  kristallinischen  Pulver. 

Honigsteinsaure  Thonerde , 3C4  04  H2-f-  A1203.  Der  natürlich  vorkom- 
mende Honigstein  findet  sich  in  einem  Braunkohlenlager  in  Sachsen,  auf 
Braunkohle  aufgewachsen,  in  durchsichtigen  honiggelben  Oetaedern.  Ist 
unlöslich  in  kaltem,  zersetzbar  in  lieilsem  Wasser;  enthält  14,5  p.  Thon- 
erde, 41,4  Honigsteinsäure  und  44,1  Wasser  ( Wühler ) , mithin  3 At. 
Säure,  1 At.  Thonerde  und  18  At.  Wasser. 

II)  Cyan.  Symb.  Cy.  Formel:  C2  N2.  (S.  323.) 

Das  Cyan  verbindet  sieh  als  zusammengesetztes  Radikal  mit  Sauer- 
stoff, Wasserstoff  und  den  meisten  andern  Metalloiden  und  Metallen;  viele 
dieser  Verbindungen  sind  den  Haloidsalzen  ähnlich,  andere  besitzen  hin- 
gegen einen  durchaus  verschiedenen  Charakter;  als  zusammengesetzter 
Körper  gehen  aus  ihm  eine  grofse  Reihe  anderer  Verbindungen  hervor, 
welche  in  dem  Folgenden  abgehandelt  werden  sollen.  Die  Entdeckung  des 
Cyans  und  seiner  chemischen  Natur  von  Gay  -Lussac  ist  unter  allen  die 
folgenreichste  für  die  organische  Chemie  gewesen. 

Cyan  und  S auer  Stoff. 
a)  Cyansäure.  ^Formel : Cy2  O 4-  aq. 

1 Aeq.  Cyan  = 329,91 

1 At.  Sauerstoff  = 1Q0,00 

1 At.  Wasser = 112,48 

1 At.  Cyansäurehydrat  = 542,39 

Von  Wähler  entdeckt.  Bildet  sich,  wenn  Cyan  über  glühendes  koh- 
lensaures Kali  oder  in  wäfsrige  Alkalien  geleitet  wird ; beim  Glühen  von 
Cyanverbindungen  an  der  Luit,  oder  mit  Salpeter,  oder  mit  Braunstein, 
ferner  beim  Schmelzen  von  Melam,  Ammeiin,  Melamin,  Ammelid  mit  Kali-  1 
hydrat;  ist  eins  der  häufigsten  Zersetzungsprodukte  stickstoffhaltiger  Ver-; 
bindungen.  Im  wasserfreien  Zustande  ist  sie  nicht  bekannt. 

Cyansäurehydrat.  Darstellung.  Getrocknete  Cyanursäure  wird  in  ei- 
ner Retorte  der  Destillation  unterworfen,  sie  verwandelt  sich  hierbei  in 
Cyansäurehydrat,  was  in  einer  mit  Eis  wohl  abgekühlten  Vorlage  aufge-i 
fangen  wird. 

Eigenschaften . Wasserhelle  Flüssigkeit  von  durchdringendem , der 
stärksten  Essig-  oder  Ameisensäure  ähnlichen  Geruch,  sehr  flüchtig,  ver- 
ursacht auf  die  Haut  gebracht  unter  heftigen  Schmerzen  Brandblasen.  Mit 
Wasser  leicht  mischbar.  Zerlegt  sich  kurze  Zeit  nach  ihrer  Darstellung  in 
einen  weifsen,  festen  Körper  von  gleicher  procentischer  Zusammensetzung! 
(Cyamelid)  unter  heftiger  Wärmoentvvickeluug;  ihre  wäfsrige  Auflösung; 
rötbet  stark  die  blauen  Pflanzenfarben,  sie  zerlegt  sich  mit  den  ßesfandthei-i 
len  von  2 At.  Wasser  in  einigen  Augenblicken  in  doppeltkohlensaures  i 
Ammoniak. 


Cyansäure.  Harns  toff. 


619 


(C2 NjO  + Hj O)  Hydrat  der  Cyansäure  ) 2 At.  Kohlensäure  C2  0„ 

UüOa  2 At.  Wasser  J 1 Aeq.  Ammoniak  N2H6 

ca  n2  o,  h6  ~ c2n2h;o; 

Diese  Zersetzung  mit  Wasser  ist  die  Ursache,  dafs  sich  diese  Säure  nicht 
aus  den  wäfsrigen  Auflösungen  ihrer  Salze  durch  stärkere  Säuren  isolireu 
läfst,  obwohl  sich  ein  kleiner  Theil  unzersetzt  hierbei  abscheidet,  was  der 
eigentümliche  Geruch,  der  das  kohlensaure  Gas  begleitet,  erkennen  läfst. 

Die  Cyansäure  bildet  mit  den  Basen  nur  eine  Reihe  von  Salzen ; sie 
sind  sehr  leicht  an  der  eigentümlichen  Zersetzungsweise  zu  erkennen, 
die  sie  durch  verdünnte  Mineralsäuren  erfahren.  Wenn  ein  Salz  dieser 
Säure  damit  zusammengebracht  wird,  so  entsteht  nach  einigen  Augen- 
blicken ein  lebhaftes,  von  dem  durchdringenden  Geruch  der  Cyansäure 
begleitetes  Aufbrausen,  und  die  Flüssigkeit  mit  Kalkhydrat  vermischt  ent- 
wickelt jetzt  reichlich  Ammoniak,  was  vor  der  Zerlegung  nicht  nachge- 
wiesen  werden  kann. 

Die  Verbindungen  der  Cyansäure  mit  den  alkalischen  Basen  und  Am- 
moniak sind  löslich,  alle  übrigen  sind  unlöslich.  Die  löslichen  cyansauren 
Salze  werden,  mit  Ausnahme  des  Ammoniaksalzes,  beim  Kochen  ihrer 
wäfsrigen  Auflösung  zersetzt  in  Ammoniak  und  kohlensaure  Salze. 

Cyansaures  Ammoniak , C2N20,  N2H6  aq.  Die  Cyansäure  bildet 
mit  Ammoniak  zwei  Verbindungen,  wovon  die  eine  besonders  durch  ihr 
Vorkommen  in  dem  Organismus  merkwürdig  ist. 

Mit  Ueberschufs  von  Ammoniak.  Leitet  man  trocknes  Ammoniak- 
gas gleichzeitig  mit  dem  Dampf  des  Cyansäurehydrates  in  ein  trocknes 
Glasgefäfs,  so  vereinigen  sich  beide  mit  einander  zu  einer  weifsen,  wol- 
ligen, kristallinischen  Verbindung,  welche  mehr  Ammoniak  enthält,  als 
dem  neutralen  cyansauren  Ammoniak  entspricht.  Dieses  Salz  verhält  sich 
ganz  so  wie  die  andern  cyansauren  Salze;  mit  einer  Säure  übergossen, 
wird  es  unter  Aufbrausen  zersetzt;  Alkalien  entwickeln  daraus  Ammoniak; 
wird  es  hingegen  trocken  oder  in  Auflösung  gelinde  erwärmt,  oder  an  der 
Luft  stehen  gelassen , so  dunstet  Ammoniak  ab  und  hat  damit  die  oben- 
erwähnten Eigenschaften  verloren;  es  geht  hierbei  in  Harnstoff  über. 


Anomales  cyansaures  Ammoniak.  Harnstoff. 
Formel : C2  N4  H8  02. 


2 At.  Kohlenstoff 
4 At.  Stickstoff 
8 At.  Wasserstoff 
2 At.  Sauersteff 
1 At.  Harnstoff 


— - 152,870 
= 354,080 
= 49,018 

= 200,000 
= 756,868 


Von  Fourcroy  und  Vauquelin  in  dem  Harn,  als  die  erste  künstlich 
erzeugte  organische  Verbindung  zuerst  von  Wähler,  entdeckt.  Bestand- 
teil der  Harnsäure,  ist  in  dem  Harn  in  Verbindung  mit  Milchsäure  ent- 
halten (Henry).  Der  Harnstoff  enthält  die  Elemente  des  cyansauren  Am- 
moniaks ; man  kann  ihn  nach  Dumas  als  die  zweite  Verbindung  von  Amid 
mit  Kohlenoxid  uud  zwar  mit  doppelt  soviel  Amid,  als  im  Oxamid  enthal- 
ten ist,  betrachten  = 2C0  -+-  2N2H4. 


$.  46.  Darstellung . Frischer  Harn  wird  bei  gelinder, 
nie  zum  Sieden  gehender  Wärme  abgedampft,  kleine  Proben 
der  conceutrirten,  völlig  kalt  gewordenen,  Flüssigkeit  von 
Zeit  zu  Zeit  mit  farbloser  Salpetersäure  von  1,42  spec.  Gew. 
vermischt  und.  sobald  sie  damit  zu  einem  dicken  kristallinischen 
Brei  gerinnt,  das  Ganze  mit  dem  gleichen  Volumen  Salpeter- 
säure versetzt.  Die  sich  bildenden  Kristalle  sind  eine  Verbin- 
dung von  Salpetersäure  mit  Harnstoff.  Da  nun  der  Harn  Chlor- 


H a r fi  stoff 


6-20 

mctalle  enthält , die  sich  mit  Salpetersäure  in  der  Wärme  in  Chlor  und 
salpetrige  Säure  zerlegen , und  diese  beiden  Materien  eine  schnell  zerstö- 
rende Wirkung  auf  den  Harnstoff  ausüben  , so  rnufs  alle  Erwärmung  aufs 
sorgfältigste  vermieden  werden.  Der  erhaltene  unreine  salpeter- 
saure  Harnstoff  wird  mit  verdünnter  Salpetersaure  sorgfältig 
ausgewaschen,  so  stark  als  möglich  ausgeprefst,  am  besten 
auf  Ziegelsteinen  ausgebreitet  und  getrocknet,  sodann  in 
Wasser  aufgelöst,  die  Auflösung  mit  frisch  geglühter  Holz- 
kohle entfärbt  und  zur  Kristallisation  abgedampft.  Die  Auf- 
lösung der  farblosen  Kristalle  des  salpetersauren  Harnstoffs 
wird  so  lange  mit  kohlensaurem  Baryt  versetzt,  bis  die  Flüs- 
sigkeit vollkommen  neutral  geworden  ist;  man  dampft  sie  als- 
dann ab,  wo  zuerst  salpetersaurer  Baryt,  zuletzt  Harnstoff 
kristaliisirt.  Der  kristallisirte  Harnstoff  wird  kalt  in  Alkohol 
aufgelöst,  wo  der  letzte  Best  von  salpetersaure^m  Baryt  zu- 
rückbleibt; die  alkoholische  Auflösung  giebt  nach  Entfernung 
des  Alkohols  Kristalle  von  reinem  Harnstoff.  £ Wähler. J 
Anstatt  mit  Salpetersäure,  kann  man  auch  den  concentrirten 
Harn  mit  einer  kochend  gesättigten  Auflösung  von  Kleesäure 
vermischen , wodurch  schwerlöslicher  kleesaurer  Harnstoff 
gefällt  wird,  den  man,  nachdem  er  durch  Kohle  entfärbt 
ist,  durch  Digestion  mit  gepulverter  Kreide  in  unlöslichen 
kleesauren  Kalk  und  reinen  Harnstoff  zerlegt  QBerzeliusJ. 
Kann  auch  dargestellt  werden  aus  cyansaurem  Silberoxid  durch  Zersetzung 
mit  Salmiak  9 oder  aus  cyansaurem  Bleioxid  und  reinem  oder  kohlensaurem 
Ammoniak. 

§.  47.  Eigenschaf  len.  Der  Harnstoff  kristaliisirt  in  farb- 
los durchsichtigen,  vierseitigen , plattgedrückten  Säulen  von 
1,35  spec.  Gewicht,  ist  in  seinem  gleichen  Gewichte  kaltem, 
in  jeder  Menge  in  kochendem  Wasser,  in  4 — 5 Tb.  kaltem, 
in  2 Th.  kochendem  Alkohol  löslich;  die  wäfsrige  Auflösung 
besitzt  einen  kühlenden,  salpeterähnlichen,  reizend  bitterlichen 
Geschmack;  ist  vollkommen  luftbeständig,  in  feuchter  Luft 
zerfliefsüch,  schmilzt  bei  t20'  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit, 
zerlegt  sich  in  höherer  Temperatur  in  Ammoniak,  cyansaures 
Ammoniak  und  in  trockne,  feste  Cyanursäurc.  Alkalien  entr . 
wickeln  in  der  Kälte  daraus  kein  Ammoniak,  verbindet  sich 
mit  vielen  Säuren  ohne  Zersetzung  zu  kristallinischen,  salz- 
artigen  Verbindungen;  in  seiner  Auflösung  mit  salpetersaurem 
Silberoxid  abgedampft  zerlegt  er  sich  in  saSpetersaures  Ammo- 
niak und  kristallinisches  cyansaures  Silberoxid,  mit  essigsaurem 
Bleioxid  ebenfalls  in  kohlensaures  Bleioxid  und  essigsaures 
Ammoniak.  Mit  salpetriger  Säure  zerlegt  er  sich  augenblick- 
lich in  Stickgas  und  Kohlensäuregas , die  sich  zu  gleichen 
Raumtheilen  entwickeln,  mit  Chlor  in  Salzsäure,  Stickgas  und 
Kohlensäure.  Beim  Schmelzen  mit  den  Hydraten  der  Alkalien, 
so  wie  durch  eoncentrirte  Schwefelsäure  in  der  Wärme,  wird 
er  beim  Hinzutritt  von  2 At.  Wasser  in  Kohlensäure  und  Am- 
moniak zerlegt. 


Salpeters.  Harnstoff.  Knallsiiure. 


621 


Salpeter  saurer  Harnstoff.  Diese  Verbindung  besitzt,  aus  dem  Harn 
frisch  gefällt,  die  Form  von  braunen  perlmuttergläuzenden  Blättchen;  sie 
verliert  dieses  Ansehen  um  so  mehr,  jo  reiner  sie  ist;  eine  Auflösung  von 
reiuem  Harnstoff  giebt  mit  Salpetersäure  einen  körnigen,  blendend  weifsen, 
kristallinischen  Niederschlag,  der  sich  in  8 Th.  kaltem,  leichter  in  heifsem 
Wasser  löst,  daraus  in  breiten,  kaum  durchscheinenden  Blättern  kristalli- 
sirend;  ist  in  Salpetersäure  sch werlöslich  und  durch  Kochen  damit  nicht 
zersetzbar.  Enthält  gleiche  Atomgewichte  Salpetersäure,  HarnstofT  und 
Wasser.  ( Regnault .) 

Kleesaurer  Harnstoff.  Lange,  dünne,  durchscheinende  Prismen,  in 
Wasser  schwerlöslich , von  saurem  Geschmack;  enthält  gleiche  Atomge- 
wichte Kleesäure,  Harnstoff  und  Wasser.  fRegnault .) 

Cgansaures  Kali,  Cy20,  KO.  Darstellung.  Trocknes  Blutlaugensalz 
wird  fcingepulvert  auf  einem  Eisenblech  unter  beständigem  Umriihren  bei 
llothglühhitze  geröstet;  das  darin  enthaltene  Cyankalium  verwandelt  sich 
hierbei  durch  Aufnahme  von  Sauerstoff  aus  derx  Luft  in  cyansaures  Kali. 
Sobald  die  Masse  durch  das  Schmelzen  des  gebildeten  cyaosauren  Kali’s 
zusammenbackt,  wird  sie  feingepulvert  mit  Weingeist  von  80  p.  c.  ko- 
chend ausgezogeu,  aus  welcher  Flüssigkeit  nach  dem  Erkalten  das  cyan- 
saüre  Kali  kristallisirt.  Oder  man  mengt  4 Th.  trocknes  Blutlaugensalz 
mit  1 Th,  Braunstein  und  verfährt  auf  dieselbe  Weise.  (Ein  Gemenge  von 
2 Th.  Blutlaugensalz  und  1 Th.  Braunstein  läfst  sich  mit  einem  glühenden 
Körper  anzüuden,  und  verglimmt  zu  einer  braunen  Masse,  welche  cyan- 
saures  Kali,  kohlensaures  Kali  und  Maoganoxid  enthält.  Sehr  rein  erhält 
man  auch  dieses  Salz,  obwohl  weniger  vortheilhaft,  wenn  man  Kalihydrat 
in  einem  Silbergefäfse  zum  Schmelzen  erhitzt  und  nach  und  nach  so  lange 
Melam  oder  Ammeiin,  oder  Ammelid,  hineinträgt,  als  sich  noch  diese 
Malerien  darin  auflösen ; die  geschmolzene  durchsichtige  Masse  erstarrt 
nach  dem.  Erkalten  zu  kristallinischem,  reiuem  cyansaurem  Kali. 

Eigenschaften.  Aus  der  weingeistigen  Lösung  kristallisirt  es  in  durch- 
sichtigen , wasserfreien,  dem  chlorsauren  Kali  sehr  ähnlichen,  Blättchen 
oder  Blättern,  die  sich  an  feuchter  Luft,  ohne  ihre  Form  zu  ändern,  nach 
und  nach  in  doppcltkohlensaures  Kali  unter  Ammoniakentwickelung  ver- 
wandeln. Ist  in  kaltem  Wasser  leicht  löslich , wird  darin  von  selbst,  oder 
schneller  beim  Erwärmen  und  Abdampfen,  in  kohlensaures  Kali  und  Am- 
moniak zerlegt.  Schmilzt  in  der  Hitze  ohne  Gewichtsverlust  zu  einer  was- 
serklaren Flüssigkeit,  die  nach  dem  Erkalten  undurchsichtig  kristallinisch 
wird.  Wird  eine  concentrirte  Auflösung  mit  Essigsäure  oder  einer  ver- 
dünnten Miocralsäure  nur  theihveise  zersetzt,  so  schlägt  sich  saures  cya- 
nursaures  Kali  nieder. 

Cgansaures  Silber-  und  Bleioxid  sind  weifse,  im  Wasser  unlösliche, 
wasserfreie  Niederschläge,  die  man  durch  Fällung  einer  Auflösung  von 
cyansaurem  Kali  mit  neutralen  löslichen  Silber-  oder  Bleisalzen  erhält. 
Beide  «enthalten  gleiche  Atomgewichte  Cyansäure  und  Metalloxid.  Cyan- 
saures Silberoxid  löst  sich  in  Ammoniak  leicht  und  verbindet  sich  damit  zu 
weifsen  farblosen  Kristallen  , welche  in  der  Wärme  Annnonink  entwickeln 
und  reines  cyansaures  Silberoxid  hiuterlassen ; zerlegt  sich  beim  trocknen 
Erhitzen  unter  schwacher  Verpuffung  in  Cyansäure,  Kohlensäure  und 
Stickgas,  es  bleibt  Halbcyansilber. 

b)  KnalUäure.  Formel:  Cy4  Oo- 

2 Aeq.  Cyan  = 659,82 

2 At.  Sauerstoff 200,00  ' 

1 At.  hypothet.  trockne  Kuallsäure  = 859,82 

Zweibasische  Säure.  Von  Gay-Lussac  und  J.  L.  entdeckt. 

Diese  Säure  entsteht,  wenn  salpetersaures  Silberoxid oder  Queck- 
silberoxidul , mit  einem  Uebersclmfs  vou  Salpetersäure  und  Weingeist  er- 
wärmt werden;  es  entwickelt  sich  Aldehyd  und  Salpeteräther,  und  es 
schlägt  sich  io  der  heifsen  Flüssigkeit  kristallinisches  knallsaures  Silber- 


Knallsäure. 


oxid  oder  Queeksilberoxidul  nieder.  Durch  die  Einwirkung  der  Salpeter- 
säure auf  den  Alkohol  entsteht  auf  der  einen  Seite  salpetrige  Säure,  auf 
der  audern  Aldehyd  und  Kleesäure.  Bei  Gegenwart  von  Silberoxid  oder 
Queeksilberoxidul  zerlegen  sich  zwei  Atome  salpetriger  Säure  mit  1 At. 
Aether  in  dem  Alkohol  in  Wasser  und  Knallsäure. 

Salpetr.  Säure.  Aether.  Knallsäure.  Wasser. 

N4  06  -h  C4  H10  O = N4  C4  02  -+-  5HO* 

Leitet  man  den  Dämpf  der  salpetrigen  Säure  in  eine  gesättigte  Auflösung 
von  salpetersaurem  Silberoxid  in  Alkohol,  so  schlägt  sich  augenblicklich 
knallsaures  Silberoxid  nieder. 

Eigenschaften.  Die  Knallsäure  läfst  sich  aus  keinem  ihrer  Salze  iso- 
liren,  in  dem  Momente,  wo  sie  durch  eine  andere  Säure  abgeschieden 
wird,  zerlegt  sie  sich  in  Blausäure  und  in  neue  Produkte. 

Kuallsaures  Silberoxid  zerlegt  sich  mit  Chlorwasserstoffsäure  in  Chlor- 
silber, Blausäure  und  eine  neue  chlorhaltige  Säure  (s.  Chlorcyanwasser- 
stolfsäure);  dasselbe  geschieht  mit  Iodwasserstoff-  und  Schwefel  wasserstoff- 
säure.  Kleesäure  und  Schwefelsäure  zerlegen  kuallsaures  Silber-  und 
Kupferoxid  ohne  Aufbrausen,  unter  Entwickelung  von  Blausäure  und  Bil- 
dung von  Ammoniak  und  andern  nicht  untersuchten  Produkten. 

Knallsaure  Salze.  Die  knallsauren  Salze  enthalten  entweder  zwei 
Atome  fixer  Basis  ( neutrale ) oder  1 At.  fixer  Basis  und  1 At.  Wasser 
(saure  Salze).  Die  beiden  Atome  fixer  Basis  sind  entweder  2 At.  eines 
oder  zweier  leicht  reducirbaren  Metalloxide  (2  At.  Kupferoxid,  2 At.  Sil- 
beroxid, 2 At.  Quecksilberoxidul,  oder  1 At.  Kupfer-  und  1 At.  Silber- 
oxid), oder  1 At.  eines  leicht  reducirbaren  Metalloxids  und  1 At.  Alkali 
(1  At.  Silberoxid  und  1 At.  Kali,  Baryt,  Strontian,  Zinkoxid).  Knallsaure 
Salze  mit  2 At.  eines  schwer  reducirbaren  Metalloxids  können  nicht  her- 
vorgebracht werden.  Hieraus  folgt,  dafs  wenn  ein  Salz  der  anderen 
Klasse,  welches  also  2 At.  Silberoxid,  Quecksilberoxidul,  Kupferoxid  etc. 
enthält , mit  einem  Alkali  Zusammengebracht  wird  , nur  die  Hälfte  dieser 
Metalloxide  ersetzt  wird  durch  ein  Aeq.  des  Alkali’s , die  andere  Hälfte 
bleibt  in  der  neuen  Verbindung.  (Dieses  merkwürdige  Verhalten  scheint 
eine  innigere  Beziehung  zwischen  den  Säuren  und  dem  Sauerstoff  der  Me- 
talloxide anzudeuten,  die  sich  damit  verbinden,  als  man  gewöhnlich  an- 
nimmt. Es  ist  S.  605  erwähnt  worden,  dals  man  die  Salze  als  Verbin- 
dungen von  Metallen  mit  besondern  Radikalen  betrachten  kann,  die  aus 
dem  Sauerstoff  der  Basis  und  den  Bestandtheilen  der  wasserfreien  Säuren 
entstehen;  in  der  Art  also,  dafs  wenn  die  Verwandtschaft  des  Metalls  zu 
dem  Sauerstoff,  mit  dem  es  verbunden  ist,  überwiegend  grofs  ist,  die 
Bildung  dieser  Radikale  nicht  erfolgen  kann,  oder,  was  das  nämliche  ist, 
dafs  bei  Abscheidung  des  leicht  reducirbaren  Metalloxids  durch  ein  ande- 
res , was  den  Sauerstoff  mit  grofser  Kraft  gebunden  enthält , eine4  Zer- 
setzung erfolgt.) 

Knallsaures  Quecksilberoxidul , Cy4  02 , 2Hg2  O.  Entdeckt  von  Ho- 
ward. Man  erhält  dieses  Salz,  indem  man  1 Th.  Quecksilber  in  12  Th. 
Salpetersäure  von  1,36  spec.  Gew.  auflöst,  dieser  Auflösung  11  Theile 
Weingeist  von  80  — 85  p.  c.  zusetzt  und  im  Wasserbade  erwärmt.  Es 
entsteht  sehr  bald  in  der  Flüssigkeit  eine  heftige  Reaction  , es  schlägt  sich 
metallisches  Quecksilber  nieder,  von  dem  eine  grofse  Portion  den  sich  ent- 
wickelnden Dämpfen  von  Salpeteräther  folgt;  nach  einiger  Zeit  bilden  sich 
harte  undurchsichtige  Kristalle  von  knallsaurem  Quecksilberoxidul.  Es 
wird  ausgewaschen  und  bei  gewöhnlicher  Temperatur  auf  Papier  getrock- 
net. Befreit  von  beigemischtem  metallischem  Quecksilber  erhält  man  es 
durch  Wiederauflösung  in  kochendem  Wasser,  woraus  es  in  weifsen , wei- 
chen, seidenartigen,  feinen  Nadeln  kristallisirt.  Zersetzt  sich  durch  Schlag 
oder  Reibung  zwischen  zwei  harten  Körpern  mit  grofser  Heftigkeit;  auf 
glühenden  Kohlen  verbrennt  es  mit  geringer  Explosion  mit  blauer  Flamme. 
Dient  als  Entzündungsmittel  der  Percussionsflinten.  10  Theile  davon  wer- 
den mit  30  p.  c.  Wasser  auf  einem  Marmorstein  und  einer  Pistille  von 


Knalls.  Silberoxid.  Chlorcyanwasserstolfsäure. 


623 


Holz  fein  zerrieben  ; der  Brei,  mit  0 Th.  Salpeter  vermischt,  giebt  einen 
Teig,  welcher  entweder  gekörnt  oder  in  kupferne  Zündhütchen  gefüllt 
wird. 

Knallsaures  Silberoxid , Cy4  02  -4-  2AgO.  Darstellung.  1 Th.  Sil- 
ber (von  90  p.  c.  Silbergehalt)  wird  in  10  Th.  Salpetersäure  von  1,36  — 
1,38  spec.  Gew.  bei  gelinder  Wärme  gelöst,  diese  Auflösung  iu  20  Th. 
Weingeist  von  85  — 90  p.  c.  gegossen  und  die  Mischung  gelinde  erwärmt; 
sobald  die  Flüssigkeit  anfängt  zu  sieden  , entfernt  mau  sie  vom  Feuer  und 
läfst  sie  ruhig  bis  zum  Erkalten  stehen.  Die  Flüssigkeit  trübt  sich  und  es 
setzen  sich  blendend  weifse,  sehr  glänzende,  feine  Nadeln  von  knallsau- 
rem Silberoxid  ab,  von  dem  man  nach  dem  Auswaschen  und  Trocknen  ein 
dem  Silber  gleiches  Gewicht  erhält. 

Das  knallsaure  Silberoxid  ist  in  kaltem  Wasser  schwer,  in  36  Th. 
kochendem  völlig  löslich,  durch  Salpetersäure  nicht  zersetzbar;  explodirt 
noch  leichter  durch  Reiben , Stofs,  Berührung  mit  conceotrirter  Schwefel- 
säure , als  das  Quecksilberoxidulsalz.  Kaustische  Alkalien  scheiden  daraus 
die  Hälfte  des  Silbers  als  Silberoxid,  Chloibarium,  Chlorkalium  die  näm- 
liche Hälfte  als  Chlorsilber  ab.  Man  erhält  kristallisirbare  Salze  mit  zwei 
verschiedenen  Basen,  aus  diesen  läfst  sich  saures  knallsaures  Silberoxid 
durch  Salpetersäure  abscheiden;  es  ist  kristallisirbar , leichter  löslich  als 
das  neutrale. 

Knallsaures  Kupferoxid , Cy4  02-|-2Cu0.  Durch  Digestion  des  knall- 
sauren Silber-  oder  Quecksilberoxiduls  mit  metallischem  Kupfer.  Im  trock- 
nen Zustande  grüne  Kristalle;  leicht  löslich  in  Wasser;  explodirt  mit  grü- 
ner Flamme. 

Knallsaures  Zinkoxid , Cy4  O*  -4-  2Zn  0 . Nach  E.  Davy  durch  Dige- 
stion des  Quecksilberoxidulsalzes  mit  metallischem  Zink.  Aus  dieser  Auf- 
lösung, welche  keine  Spur  Quecksilber  mehr. enthält , fällt  Baryt  die  Hälfte 
des  Zinkoxids.  Man  »erhält  kuallsauren  Zinkoxid- Barjt,  aus  welchem  freie 
Schwefelsäure  den  Baryt  fällt,  indem  saures  knallsaures  Zinkoxid  in  Auf- 
lösung bleibt,  was  von  E.  Davy  als  reine  Knallsäure  beschrieben  wurde, 
allein  Schwefelammonium  und  die  bekannten  Reagentien  zeigen,  nach  der 
Zersetzung  der  Knallsäure,  die  Gegenwart  des  Zinkoxids  an.  C Fehling.') 


Chlorcyanwasserstoffsäure.  Formel:  C2 N2 Clio  4-  H4. 

Zersetzungsprodukt  des  knallsaureu  Silberoxids  durch  Salzsäure.  Setzt 
man  einem  Gemenge  von  knallsaurem  Silberoxid  nach  und  nach  Chlor- 
wasserstoffsäure zu,  so  wird  zuerst  saures  knallsaures  Silberoxid  gebildet, 
was  sich  später  mit  Salzsäure  zerlegt  iu  Chlorsilber , Blausäure  und  eine 
neue  Säure,  die  Chlor,  Cyan  und  Wasserstoff  enthält.  Diese  Säure  be- 
sitzt einen  sauren,  beifsendeu,  siifslichen  Geschmack,  schlägt  aus  Silber- 
salzeu  kein  Chlorsilber  nieder,  wird  beim  Erhitzen  zerlegt  in  kohlensaures 
Ammoniak  und  neue  Produkte.  Dasselbe  geschieht,  wenn  sie  mit  Kali 
neutralisirt  und  diese  Auflösung  abgedampft  wird.  Diese  Säure  enthält 
10  Atome  Chlor,  sie  ist  höchstwahrscheinlich  nach  der  Formel  C2NaCli0 
+ H4  zusammengesetzt.  1 At.  knallsaures  Silberoxid  zerlegt  sich  mit  12 
At.  Chlor  in  4 At.  Wasser,  3 At.  Chlorsilber,  1 Aeq,  Blausäure  und  1 At. 
der  neuen  Säure. 

r 1 Aeq.  Blausäure  C2N2  Il2 

C4N402  -4-  2AgO  )___)!  — Chlorcyanwasserstoffs.  C2N2CI10H4 
-hl4(ClH)  ) — / 4 — Wasser  H84-04 

( 2 — Chlorsilber  Cl4 Ag, 

" dÄCl14H14  04Ag2 


624 


Cy  anursäure. 


c)  Cyanursäure. 

Formel  der  wasserhaltigen  Säure:  Cy6  03 , 3H2 0 + 4aq. 


3 Aeq.  Cyan 
3 At.  Sauerstoff 
3 At.  Wasser 


= 989,73 
= 300,00 
= 337,44 


1 At.  Cyanursäurehydrat 
4 At.  Krystallvvasser 


=r  1627,17 
— 449,93 


1 At.  wasserhaltige  Cyanursäure 


= 2077,09 


Dreibasische  Säure.  Sie  wurde  zuerst  von  Scheele  bei  der  Destilla- 
tion der  Harnsäure  entdeckt,  später  von  Serullas  auf  einem  andern  Wege 
erhalten  und  als  Cyansäure  beschrieben  ; ihre  wahre  Natur  wurde  von 
Wähler  und  J.  L.  ausgemittelt. 

Bildungsweise.  Entsteht  durch  Zersetzung  des  festen  Cldorcyans  mit 
Wasser,  bei  Zersetzung  löslicher  cyansaurer  Salze  mit  verdünnten  Säuren 
(Essigsäure  etc.);  bei  der  Destillation  von  Harnsäure,  beim  Erhitzen  von 
Harnstoff,  bei  der  Zersetzung  von  Melam,  Melamin,  Ammelid  und  Amme- 
iin mit  Säuren. 

Darstellung.  Man  löst  trocknes  Melam  in  conceotrirter  Schwefelsäure 
bei  gelinder  Wärme  auf  und  giefst  die  Auflösung  in  20  — 30  Th.  Wasser, 
erhält  diese  Mischung  so  lange  (mehrere  Tage)  bei  einer  dem  Sieden  nahen 
Temperatur,  bis  eine  Probe  der  Flüssigkeit  durch  Ammoniak  keinen  weis- 
sen  Niederschlag  mehr  giebt ; man  dampft  sodann  zur  Kristallisation  ab 
und  reinigt  die  Kristalle  durch  eine  neue  Kristallisation.  Oder  man  erhitzt 
reinen  Harnstoff  über  seinen  Schmelzpunkt  hinaus,  bis  derselbe  unter  Ammo- 
niakentwicklung in  eine  weifse  oder  weifsgraue,  trockne  Masse  verwan- 
delt ist;  man  lö^t  diese  in  eoncentrirter  Schwefelsäure,  setzt  tropfenweise 
Salpetersäure  zu,  bis  die  Auflösung  farblos  geworden  ist,  sodann  ein  glei- 
ches Volumen  Wasser,  wo  nach  dem  Erkalten  reine  Cyanursäure  kristal- 
lisirt.  Bei  der  Auflösung  des  Melams  in  eoncentrirter  Schwefelsäure  wird 
es  in  Ammelid  verwandelt,  was  bei  weiterem  Erhitzen  in  Cyanursäure 
und  Ammoniak  zerlegt  wird.  3 Atome  Harnstoff  enthalten  die  Elemente 
von  1 At,  Cyanursäure  und  3 Aeq.  Ammoniak,  in  eiuer  hohen  Temperatur 
wird  der  gröfste  Theil  des  Ammoniaks  als  Gas  abgeschieden,  während  ein 
kleiner  Theil  verbunden  mit  Cyanursäure  zurückbleibt. 

Eigenschaften.  Die  Cyanursäure  ist  färb-  und  geruchlos,  von  schwa- 
chem Geschmack,  röthet  schwach  Lackmus,  in  kaltem  Wasser  schwer, 
in  24  Th.  kochendem  löslich ; aus  Wasser  kristallisirt  enthalten  die  Kri- 
stalle 4 At.  (21,66  p.  c.)  Wasser,  was  sie  an  der  Luft  bei  gewöhnlicher 
Temperatur,  schneller  in  der  Wärme,  verlieren,  indem  sie  zu  Pulver  zer- 
fallen. Sie  besitzen  die  Form  schiefer  Prismen  mit  rhombischer  Basis.  Die 
getrocknete  Säure  enthält  drei  Atome  Hydratwasser.  Von  Kristallwasser 
frei  erhält  man  sie  kristallisirt  aus  einer  heifs  gesättigten  Auflösung  in 
Salpeter-  oder  Salzsäure.  Das  Cyanursäurehydrat  kristallisirt  in  niedrigen 
Quadratoctaedern,  meistens  in  geschobenen  vierseitigen  Prismen,  die  mit  zwei 
Flächen  zugeschärft  sind;  beim  Erhitzen  des  Hydrats  verwandelt  sich  ein 
Atom  dieser  Säure  in  drei  Atome  Cyansäurehydrat,  deren  Bestandtheile 
sie  enthält.  Sie  ist  in  starken  Säuren  löslich  ohne  Zersetzung,  wird  aber 
durch  anhaltendes  Kochen  damit  zersetzt  in  Ammoniak  und  Kohlensäure. 

Cyanursäure  Salze.  Die  Cyanursäure  verbindet  sich  in  ihren  Salzen 
mit  3 At.  Basis,  welche  in  dem  Hydrat  repräsentirt  sind  durch  3 Atome 
Hydratwasser;  durch  völlige  oder  theilweise  Ersetzung  dieses  Hydrat- 
wassers durch  die  Oxide  der  Alkalimetalle  entstellen  Salze  mit  1 oder  2 
At.  fixer  Basis  und  2 oder  1 At.  Wasser,  genau  wie  bei  den  Verbin- 
dungen der  Phosphorsäure;  Salze  mit  3 At.  eines  schwer  reducirbaren 
Metalloxids  können  nicht  hervorgebracht  werden.  Das  SiJbersalz  enthält 
3 At.  Silberoxid  und  ist  wasserfrei,  in  diesem  Zustande  besitzt  es  genau 
die  procentische  Zusammensetzung  des  cyan-  und  knallsauren  Silberoxids. 


625 


Cyanurs.  Ammoniak.  Blausäure. 

Alle  cyanursauren  Salze  werden  durch  Salzsäure , Salpetersäure  etc. 
zersetzt;  die  aus  der  Auflösung  kristallisirende  Cyanursäure  enthält  keine 
Spur  mehr  votr  den  Metalloxiden  die  damit  verbunden  waren.  Die-  Salze 
mit  alkalischer  Basis  schmelzen  beim  Erhitzen  und  hiuterlassen  cyansaure 
Salze , während  cyansäures  Ammoniak , Cyansäurehydrat,  Kohlensäure 
und  Stickgas  entweichen.  x 

Cyanursaures  Ammoniak.  Weifse,  sehr  glänzende  Säulen,  welche  an 
der  Luft  verwittern  und  in  der  Wärme  Ammoniak  verlieren ; unter  der 
Luftpumpe  getrocknet  enthält  es  die  Bestandteile  von  1 At.  Cyanursäure- 
bydrat,  1 Aeq  Ammoniak  und  l At.  Wasser. 

i otj  Q ) 

Cyanursaures  Kali  mit  1 At.  fixer  Basis  Cy603-+-  ^ ^ £ entsteht  vor- 
zugsweise, wenn  eine  kochend  gesättigte  Auflösung  von  Cyanursäure  un- 
vollkommen mit  Kali  gesättigt  wird;  es  schlägt  sich  in  Gestalt  von  schwer- 
löslichen,  glänzend  weifsen  Würfeln  nieder.  Vermischt  man  eine  gesät- 
tigte Auflösung  von  cyansä&rem  Kali  mit  Essigsäure,  so  tritt  das  abge- 
schiedene Cyansäurehydrat  an  eine  andere  Portion  cyausaures  Kali,  die 
Flüssigkeit  gesteht  zu  einem  Brei  von  cyansaurem  Kali.  Löst  man  die- 
ses Salz  in  Kalilauge  auf  und  setzt  Alkohol  zu,  so  schlägt  sich  cyanur- 

saures  Kali  mit  3 At.  fixer  Basis,  Cy603  -h  in  weifsen  Nadeln  nie- 

der. Wird  beim  Wiederauflösen  in  Wasser  und  Abdampfen  zersetzt  in 
freies  Kali  und  in  einbasisches  cyanursaures  Kali. 

HO) 

Cyanursaures  Silberoxid,  Cy603  \ und  Cy603  -4-  3AgO.  Durch 

Fällung  von  ein-  und  zweibasischem  cyanursauren  Ka$  mit  salpetersaurem 
Silberoxid  erhält  man  einen  weifsen  Niederschlag,  welcher  3 At.  Silber- 
oxid uud  1 At.  Hydratwasser  enthält  und  im  trocknen  Zustande  erhitzt 
Cyansäurehydrat  entwickelt.  Giefst  man  eine  Silberauflösung  in  eine  ko- 
chende Auflösung  von  cyanursaurem  Ammoniak,  welche  freies  Ammoniak 
enthält,  so  bildet  sich  das  Salz  mit  3 At.  Silberoxid;  es  ist  im  Wasser 
unlöslich  , sehr  schwer  löslich  in  verdünnter  Salpetersäure;  kann  auf  300° 
ohne  Zersetzung  erhitzt  werden;  es  ist  weifs,  schwärzt  sich  am  Lichte 
nicht,  entwickelt  beim  Glühen  Kohlensäure  und  Stickgas'  und  hinterläfst 
Halbcyansilber. 

Cyamelid. 

Wahrscheinliche  Formel  C5  02 -f- N2  H3.  Syn.  unlösliche  Cyanursäure. 
Das  wasserfreie  Hydrat  der  Cyansäure ' erstarrt  kurze  Zeit  i>ach  seiner 
Darstellung  zu  einem  weifsen,  porcellanartigen  Körper,  unlöslich  in  Was- 
ser, verdünnten  Säuren,  Weingeist  uud  Aether,  löslich  unter  Zersetzung 
in  kaustischen  Alkalien,  unter  Entwickelung  von  Ammoniak  und  Bildung 
von  cyan-  und  cyanursauren  Alkalien.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst 
ihn  in  der  Hitze  auf,  wobei  er  mit  den  Bestandtheilen  von  zwei  Atomen 
Wasser  in  Kohlensäure  und  Ammoniak  zerfällt.  Der  trocknen  Destillation 
unterworfen  verwandelt  sich  dieser  Körper  wieder  in  Cyansäurehydrat , 
was  sich  boides  leicht  aus  seiner  Zusammensetzung  erklärt,  welche  pro- 
centisch  die  nämliche  ist,  wie  die  des  Cyausäurebydrats. 

Cyan  und  Wasserstoff. 

Blausäure , Cyanwasserstoff  säure.  Q Acidum  hydrocyanicum.) 

Formel:  Cy2  H2. 

1 Aeq.  Cyan  ~ 339,910 

1 Aeq.  Wasserstoff  s=z  13,479 

1 Aeq.  Blausäure  = 343,389 

Synonyme.  Hydrocyansäure , Berlinerblausäure , preufsische  Säure. 
(Acidum  borussieum , acidum  zooticum.) 


6556 


Blausäure. 


Von  Scheele  entdeckt;  die  Kenntnifs  ihrer  Natur  und  ihres  chemischen 
Verhaltens  verdankt  man  Gay-Lussctc.  — Macht  einen  Bestandtheil  der 
über  Blätter  und  Blüthen  vieler  Steinfrüchte  destillirten  Wasser  aus;  ent- 
steht bei  der  trocknen  Destillation  mancher  stickstoffhaltigen  Materien,  bei 
der  Zersetzung  des  ameisensauren  Ammoniaks  durch  die  Wärme,  bei  der 
Zersetzung  der  Cyanmetalle  durch  Säuren. 

Wasserfreie  Blausäure . 

§.  48.  Darstellung . 15  Theile  feingepulvertes  kristalli- 
sirtes  Kaliumeisencyanür  werden  in  einer  Retorte  mit  einem  er- 
kalteten Gemisch  von  9 Th.  Schwefelsäurehydrat  und  9 Th. 
Wasser  übergossen,  bei  sehr  gelinder  Wärme  destillirt  und 
das  Destillat  in  einer  stark  erkälteten  Vorlage,  welche  5 Th. 
Chlorcalcium  in  groben  Stücken  enthält,  aufgefangen.  Die  De- 
stillation wird  unterbrochen,  wenn  das  Chlorcalcium  völlig  mit 
der  übergegangenen  Flüssigkeit  bedeckt  ist.  Man  giefst  diese 
in  ein  starkes,  gutschliefsendes  Glasgefäfs  ab.  fTraulwein.J 

Kann  auch  durch  Zersetzung  von  Cyanquecksilber  mit  starker  Chlor-  oder 
trockner  Schwefelwasserstoffsäure  dargestellt  werden. 

Erklärung.  Das  Kaliumeisencyanür  enthält  Cyankalium , was  durch 
die  wasserhaltige  Schwefelsäure  in  schwefelsaures  Kali  und  Cyanwasser- 
stoffsäure zerlegt  wird,  die  mit  etwas  Wasser  übergeht,  was  ihr  durch 
das  Chlorcalcium  entzogen  wird. 

§.  49.  Die  wasserfreie  Blausäure  ist  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  wasserhell,  tropf  bar  flüssig,  von  0,6967  bei  18° 
spec.  Gew.,  erstarrt  bei  — 15°  C.  zu  einer  festen  faserigen 
Masse,  siedet  bei  26,5°  5 in  jedem  Verhältnifs  mit  Wasser, 
Weingeist  und  Aether  mischbar,  das  specifische  Gewicht  ihres 
Dampfes  ist  0,9476;  röthet  kaum  Lackmus,  leicht  entzünd- 
lich, mit  weifser,  leuchtender  Flamme  verbrennend.  Riecht 
eigenthümlieh , höchst  durchdringend , bittermandelähnlich,  er- 
stickend, reizt  die  Augen  zu  Thränen,  schmeckt  durchdrin- 
gend, etwas  brennend,  stark  bitter;  ihr  Dampf  eingeathmet 
tödtet  augenblicklich,  ist  eins  der  heftigsten  Gifte.  (Gegengift: 

Ammoniak,  auch  Chlorwasser  bei  vorsichtiger  Anwendung.) 

Das  Festwerden  der  Blausäure  bei  15c  soll  nach  Schulz  von  einem 
geringen  Wassergehalte  herrührea,  vollkommen  wasserfrei  ist  sie  nach 
ihm  bei  — 49°  noch  flüssig.  Zersetzt  sich  überaus  leicht,  bei  völliger 
Reinheit,  namentlich  bei  Einwirkung  des  Lichtes,  unter  Bildung  eines 
braunen  Niederschlags  und  Ammoniak;  geringe  Mengen  von  Säuren  ver- 
hindern diese  Zersetzung;  mit  concentrirten  Mineralsäuren  zerlegt  sie  sich 
bei  Gegenwart  vou  Wasser  sehr  schnell  in  Ammoniak  und  Ameisensäure, 
3 At.  Wasser  und  2 At.  Cyanwasserstoffsäure  zerfallen,  bei  Gegenwart 
einer  starken  Säure,  zu  Ammoniak,  was  sich  mit  der  Säure  verbindet, 
und  Ameisensäure. 

1 Aeq,  Blausäure  N2C2H2  1 1 Aeq.  Ammoniak  N2  H6 

3 — Wasser ( — 1 — Ameisensäure  CgHaOä 

N*C7hsOs  ) • JV.CjHsOä 

Kalium,  in  dem  Dampf  der  Blausäure , erhitzt , bildet  Cyankalium,  un- 
ter Abscheidung  von  Wasserstoffgas.  Kalk  und  Baryt,  in  dem  Dampf  der- 
selben erhitzt,  verwandeln  sich,  unter  Abscheidung  von  Wasserstoffgas, 
in  cyansaure  Salze;  durch  die  Einwirkung  von  Chlor  wird  sie  zersetzt, 
es  entsteht  Salzsäure  und  Cyanchlorid. 


Blausäure. 


627 


Wasserhaltige  Blausäure. 

Synonyme.  Scheel’sche  Blausäure,  medicinische  Blausäure. 

§.  50.  Darstellung.  1 Th.  Cyanquecksilber  wird  in  8 Th. 
Wasser  gelöst,  durch  die  Auflösung  Schwefelwasserstoff  ge- 
leitet bis  die  Flüssigkeit  überschüssiges  Schwefelwasserstoffgas 
enthält,  durch  etwas  kohlensaures  Bleioxid  die  freie  Schwe- 
fel wasserstoffsäure  ' hinweggenommen  und  filtrirt.  Die  klare 
Flüssigkeit  enthält  nahe  V40  wasserfreie  Blausäure. 

Bei  der  Zersetzung  des  Cyauquecksilbers  wird  die  Flüssigkeit  schwarz 
wie  Tinte  , und  klärt  sich  oft  erst  nach  dem  Zusatz  geringer  Mengen  freier 
Mineralsäurgn.  Sie  enthält  überdies  meistens  geringe  Mengen  von  Schwe- 
felblausäure. 

Von  derselben  Stärke  und  vollkommen  rein  erhält  man  sie, 
nach  Geiger,  durch  Destillation  von  4 Th.  kristaliisirtem  Cyan- 
eisenkalium  mit  18  Th.  Wasser  und  2 Th.  Schwefelsäurehydrat. 
In  die  Vorlage  bringt  man  20  Th.  Wasser  und  destillirt  bis  das 
Uebergegarigene  38  Th.  wiegt. 

Die  Destillation  geschieht  am  besten  in  einem  Bad  von  Chlorcalcium, 
zum  Abkühleu  darf  keine  Vorlage,  sondern  es  inufs  ein  Kühlapparat  von 
Glas  angewendet  werden.  Das  Destillat  wird  in  einer  cylindrischen  Fla- 
sche aufgefangen,  an  der  man  sich  einen  Punkt  bezeichnet  hat,  wo  sie 
38  Th.  Wasser  fafst. 

Nach  Clark  löst  man  1 Th.  Weinsteinsäure  in  4-0  Th. 
Wasser  und  setzt  dieser  Auflösung  22/s  Th.  reines  Cyankalium 
in  groben  Stücken  zu.  Die  Flüssigkeit  wird  sehr  kalt  erhalten 
und  von  Zeit  zu  Zeit  geschüttelt.  Diese  Säure  enthält  3 p.  c, 
wasserfreie  Blausäure  und  in  d£r  Unze  2y2  bis  3 Gr.  Weinstein. 

Nach  Magendie  werden  zur  Darstellung  der  medicinischen 
Blausäure  dem  Volumen  nach  1 Th.  wasserfreie  Säure  mit  6 
Th.  Wasser,  oder  dem  Gewicht  nach  1 Th.  wasserfreie  Säure 
mit  8 1 2 Th.  Wasser  gemischt. 

§.  51.  Die  Eigenschaften  der  wäfsrigen  Blausäure  sind 
denen  der  concentrirten  ähnlich,  mit  den  Verschiedenheiten  im 
Geruch,  Geschmack  und  Giftigkeit,  welche  von  der  gröfseren 
oder  geringeren  Verdünnung  abhängig  sind;  sie  zerlegt  sich 
bei  völliger  Reinheit  eben  so  leicht  wie  die  wasserfreie,  wird 
braun,  zuletzt  schwarz. 

Alle  Methoden,  nach  welchen  die  Blausäure  durch  Destillation  darge- 
stellt wird , liefern  dieses  energische  Präparat  nie  von  gleicher  Beschaffen- 
heit und  Stärke,  selbst  bei  Anwendung  aller  Vorsichtsmaasregeln  enthält 
dies  Destillat  nur  4/s  von  derjenigen  Quantität  Blausäure,  welche  der  Rech- 
nung nach  darin  enthalten  seyn  sollte;  was  unstreitig  daher  rührt,  dafs  bei 
der  Zersetzung  des  Blutlaugönsalzes  ein  Theil  des  Kali’s  als  Cyankalium 
in  Verbindung  mit  dem  Eisencyanür  zunickbleibt.  Es  ist  deshalb  weit 
vorzuziehen,  sich  eine  stärkere  Blausäure  zu  bereiten,  den  Gehalt  der- 
selben durch  Versuche  auszumitteln  und  durch  Zusatz  von  Wasser  sie  auf 
den  Grad  der  Verdünnung  zu  bringen,  welche  der  Arzt  oder  die  Medici- 
nalgesetze  des  Landes  vorschreiben.  Man  destillirt  z.  B.  2 Th.  kristalli- 
sirtes  Cyaneisenkalium  mit  1 Th.  Schwefelsäurebydrat  und  2 Th.  Wasser 
im  Chlorcalciumbade  bis  zur  Trockne,  fängt  das  in  einem  Röhrenapparate 
wohlabgekühlte  Destillat  in  einer  Flasche  mit  enger  OelFnung  auf,  worin 
2 Th.  Wasser  enthalten  sind.  Man  erhält  meistens  4 bis  4%  Gewichts- 
theile  Destillat,  dessen  Gehalt  an  Blausäure  je  nach  der  vollkommenen 


628 


Blausäure. 


Abkühlung  von  16*  bis  20  p.  c.  wechselt.  Der  Gehalt  derselben  wird  jetzt 
auf  folgende  Weise  ausgemittelt : Io  ein  tarirtes  Glasgefäfs,  worin  eine 

verdünnte  Auflösung  von  salpetersaurem  Silberoxid  enthalten  ist.  Wiegt 
man  1 Drachme  dieser  Blausäure  ab,  probirt  zur  Vorsicht,  ob  durch  neuen 
Zusatz  der  Silberlösung  noch  ein  Niederschlag  entsteht,  sammelt  den  Nie- 
derschlag auf  einem  gewogenen  Filter,  wäscht  aus,  trocknet  und  be- 
stimmt durch  eine  zweite  Wägung  das  Gewicht  des  erhaltenen  Cyansilbers. 

5 Theile  dieses  Niederschlags  entsprechen  1 Th.  Blausäure.  Man  habe 
z.  ß.  52  Gran  Cyansilber  erhalten,  so  enthalten  60  Grau  dieser  verdünn- 
ten Blausäure  10,4  Gran  wasserfreie  Blausäure  uud  49,6  Wasser.  Man 
will  aber  z.  B.  nach  der  Vorschrift  irgend  einer  Pharmacopoe  eine  Blau- 
säure von  3 p.  c.  Gehalt  an  wasserfreier  Säure  haben , worin  also  93  p.  c. 
Wasser  enthalten  sind,  so  verhalten  sich  3 Blausäure  zu  97  Wasser  wie 
10,4  Blausäure  zu  x = 336,2  Wasser.  Zu  10,4  Gr.  wasserfreier  Blau- 
säure müssen  mithin  336,2  Grau  Wasser  gesetzt  wrerden , um  eine  wäfs- 
rige  Blausäure  von  3 p.  c.  Gehalt  an  wasserfreier  Säure  zu  haben.  Zu 
jeder  Drachme  des  Destillats,  welches  10,4  Blausäure  und  49,6  Wasser 
enthält , müssen  demnach  noch  336,2  — 49,6  = 286,6  Gran  Wasser  zu- 
gesetzt werden. 

Dieselbe  Methode  wird  benutzt,  um  jede  wäfsrige  Blausäure  auf  ihre 
Stärke  zu  prüfen;  100  Gran  einer  Blausäure,  welche  3 p.  c.  wasserfreie 
enthalten  soll,  müssen  mit  salpetersaurem  Silberoxid  15  Gr.  Cyansilber 
geben.  Dieses  Verfahren  ist  gänzlich  unabhängig  von  allen  Zufälligkeiten, 
welche  Einflufs  auf  die  Wirksamkeit  dieses  Präparats  haben  können , und 
ist  so  ausserordentlich  einfach,  dal's  es  in  jeder  Hand  zuverlässige  Resul- 
tate giebt. 

Prüfung  auf  ihre  Reinheit  und  Stärke.  Die  verdünnte  Blausäure  läfst 
sich,  wie  die  concentrirte  und  wasserfreie,  nur  daun  aufbewahren,  wenn 
sie  eine  Spur  einer  fremden  Mineralsäure  enthält;  eine  bleibende  schwache 
Röthung  des  Lackmuspapiers  darf  deshalb  nicht  als  Ursache,  sie  zu  ver- 
werfen, angesehen  werden;  sie  inufs  wasserhell  seyn  , darf  beim  Ver- 
dampfen keinen  festen  Rückstand  hiuterlasseu , mit  Schwefelwasserstoff 
keinen  Niederschlag  geben  (ein  schwarzer  zeigt  Blei  oder  Quecksilber  an). 
Zu  ihrer  Prüfung  auf  ihren  Gehalt  läfst  sich  auch  Quecksüberoxid  auwen- 
den, was  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  als  Cyanid  darin  auflöst.  Man 
versetzt  die  Blausäure  mit  etwas  (einem  Tropfen)  Kalilauge  und  schüttet 
nun  das  feingeriebene  gewogene  Quecksilberoxid  hinzu,  4 Theile  des  ver- 
schwundenen Quecksilberoxids  entsprechen  1 Th.  Blausäure.  Die  Prüfung 
mit  Eisenvitriol  ist  gänzlich  zu  verwerfen.  Die  wäfsrige  Blausäure , mit 
Ammoniak  versetzt,  darf  beim  Abdampfen  im  Wasserbade  nicht  über  .% 
p.  c.  festen  Rückstand  hinterlassen;  bräunt  sich  der  Rückstand  heim  Er- 
hitzen, so  enthielt  sie  Ameisensäure;  diese  kann  noch  überdies  durch  die 
bei  der  Ameisensäure  angegebenen  Eotdeckungsmittel  erkannt  werden. 
Schwefelsäure  entdeckt  man  durch  Barytsalze,  Salzsäure  durch  Abdam- 
pfen der  wäfsrigen  Säure  im  Wasserbade  bis  aller  Blausäuregeruch  ver- 
schwunden ist,  und  Vermischen  des  Rückstandes  mit  einem  Silbersalze. 
Durch  vorsichtige  Rectification  über  etwas  Kreide  läfst  sich  ein  zu  grofser, 
Gehalt  an  fremden  Säuren  leicht  entfernen,  doch  mufs  stets  in  diesem  Fall 
dem  Destillat  eine  Spur  Salz-  oder  Schwefelsäure  zugesetzt  werden,  um 
ihm  Haltbarkeit  zu  geben. 

Blausaures  Ammoniak , Cyanammonium , Cy2M2II8  “ Cy2H2  -+-  N?H6. 
Diese  Verbindung  erhält  man  durch  Destillation  von  trocknen  Ammoniak- 
salzen mit  Cyanmetallen,  oder  beim  Zusammentreten  wasserfreier  Blau- 
säure mit  Ammoniakgas  in  Gestalt  einer  in  glänzenden  Blättchen  kristalli- 
sirenden  Masse;  ist  nahe  so  flüchtig  wie  die  Blausäure  selbst,  zerlegt  sich 
in  wäfsriger  Auflösung  sehr  schnell , ist  giftig  , besitzt  einen  starken , ei- 
gentümlich durchdringenden  Geruch. 


Blausäure.  Cyankali  um. 


629 


Cyanwasser  st  off  säure  und  Metalloxide. 

52.  Beim  Zusammen  bringen  der  Cyanwasserstoffsäure 
mit  Metalloxiden,  die  ihren  Sauerstoff  mir  schwach  gebunden 
enthalten,  wie  Quecksilber-,  Silber-,  Palladium-Oxid,  zerlegen 
sich  beide  gegenseitig  in  Wasser  und  in  ein  Cyanmetall;  wenn 
hierbei  alles  Wasser  ausgeschlossen  ist,  geschieht  die  Zer- 
setzung unter  heftiger,  bis  zur  Explosion  gehender,  Erhitzung; 
die  alkalischen  Oxide  verbinden  sich  mit  der  Säure  ohne  hier- 
bei zersetzt  zu  werden;  sje  behalten  ihre  alkalische  Reaction, 
ihre  Auflösungen  besitzen  den  Geruch  der  Säure;  bei  dieser 
Klasse  von  Verbindungen  findet  die  gegenseitige  Zersetzung 
des  Oxids  und  der  Saure  zu  Cyanmetall  augenblicklich  statt, 
wenn  ihren  Auflösungen  andere  Cyanmetalle  zugesetzt/wer- 
den, mit  denen  sie  sich  zu  Doppelverbindungen  vereinigen. 
Beim  Zusammenbi  ingen  der  Blausäure  mit  manchen  Oxiden , wie  z.  B.  mit 
Kupferoxid  entsteht  ein  dem  Oxid  entsprechendes  Cyanid , was  sich  so- 
gleich oder  nach  einiger  Zeit  in  Cyangas  und  Cyanür  zerlegt  j mit  Blei- 
hyperoxid  entsteht  Bleicyanür  und  freies  Cyan.  Die  Verbindungen  des 
Cyans  mit  Silber,  Quecksilber  und  den  meisten  schweren  Me- 
tallen sind  unzersetzbar  durch  verdünnte  Sauerstoffsäuren,  und 
schwierig  zersetzbar  durch  kochende  concentrirte  Salpeter- 
säure, sie  werden  zum  Theil  mit  Leichtigkeit  durch  Schwefel- 
und Chlorwasserstoffsäure  in  Cyanwasserstoffsäure  und  ein 
Chlormetall  zersetzt  (Cyan-Quecksiiber-Siiber).  Die  Cyanverbin- 
dungen der  edlen  Metalle  (Silber-,  Quecksilber)  zerlegen  sich,  wie 
ihre  correspondirenden  Oxide,  in  der  Hitze  in  Cyangas  und 
Metall,  die  Cyanverbindungen  der  schweren  Metalle  in  ein 
Kohlenmetal!  (Carburei)  und  freies  Stickgas.  Die  Cyanver- 
bindungen der  Alkalimetalle  können  bei  Abschlufs  der  Luft  und 
Feuchtigkeit  sehr  hohe  Temperaturen  ohne  Zersetzung  ertragen. 
Alle  im  Wasser  unlöslichen  Cyanverbindungen  der  schweren 
Metalle  können  durch  Vermischen  ihrer  essigsauren  Salze  mit 
Blausäure  dargestellt  werden.  Mit  einem  grofsen  Ueberschufs 
von  Chlorwasserstoffsäure  zusammengebracht,  oder  mit  Kali- 
hydrat erhitzt,  werden  die  zersetzbaren  Cyanmetalle  in  Chior- 
metall  oder  in  Metalloxid,  Ammoniak  und  Ameisensäure  zer- 
legt. Dies  geschieht  bei  den  alkalischen  Cyanmetallen  beim 
Kochen  ihrer  Auflösungen  mit  Ueberschufs  von  Alkali.  Alle 
Cyanmetalle,  deren  correspondirende  Oxide  in  der  Glühhitze 
keine  Kohlensäure  zurückbehalten,  liefern,  mit  Kupferoxid  ge- 
glüht, Sfickgas  und  Kohlensäure  im  Volumenverhältnifs  wie 


Cyankalium  ( Kalium  cyanatumj.  Formel : Cy*i  K. 

1 Aeq.  Cyan  ~ 329,91 

1 At.  Kalium ~ 489,92 

1 At.  Cyankalium  = 819,83 

Synonyme . Blausaures  Kali.  (Kali  hydrocyaoicum , boru&sicum.  Cya- 
netura  Kali».) 


630 


Cy  ankalinm. 


Bildung.  Beim  Erhitzen  von  Kalium  in  Cyangas  unter  Feuerentwick- 
lung , beim  Erhitzen  von  Kalium  mit  wasserfreien  stickstoffhaltigen  Mate- 
rien ^ beim  Glühen  von  kohlenstoflf-  und  stickstoffhaltigen  Materien  mit  koh- 
lensaurem Kali. 

53.  Darstellung . Meine  frischbereitete  Kalilauge  wird 
im  concentrirten  Zustande  mit  Cyanwasserstoffsäure  übersät- 
tigt, die  Flüssigkeit  in  einer  Retorte  kochend  eingedampft,  bei 
anfangender  Kristallbildung  in  eine  Porzellanschaale  ausgegos- 
sen und  bei  gelinder  Glühhitze  geschmolzen.  Oder  besser, 
man  erhitzt  sorgfältig  getrocknetes  und  feinpul verisirtes  Ka- 
liumeisencyanür  in  einem  Gefäfs  von  Eisen  oder  in  einem  wohl- 
bedeckten Schmelztiegel  bis  zum  starken  Rothglühen,  läfst  bei 
Abschi ufs  der  Luft  erkalten,  verwandelt  die  theilweise  ge- 
schmolzene oder  schwarze  poröse  Masse  in  feines  Pulver,  füllt 
damit  einen  Glastrichter,  benetzt  sie  mit  etwas  Weingeist  und 
laugt  sie  sodann  mit  kaltem  Wasser  aus.  Die  erste  concen- 
trirte,  farblose,  ablaufende  Flüssigkeit  wird  in  einer  Porzel- 
lanschaale bei  raschem  Feuer  zur  Trockne  gebracht  und  ge- 
schmolzen. Man  kann  auch  die  geglühte  Masse  feingepulvert 
mit  wäfsrigem  Weingeist  kochend  behandeln,  wo  beim  Erkal- 
ten das  reine  Cyankalium  kristallisirt.  (öOprocentiger  Weingeist 
löst  in  der  Siedhitze  beträchtliche  Mengen  von  Cyankalium,  was  sich  beim 
Erkalten  beinahe  vollständig  wieder  abscheidet;  ist  derselbe  stärker  oder 
schwächer,  so  scheidet  sich  das  aufgelöste  Cyankalium  beim  Erkalten 
nicht  ab.)  Oder  man  leitet  den  Dampf  der  bei  Destillation  von  Blutlaugen- 
salz mit  Schwefelsäure  sich  entwickelnden  Blausäure  in  eine  conceutrirte 
Lösung  von  Kalihydrat  in  Weingeist,  wo  sich  nach  der  Sättigung  Cyan- 
kalium kristallinisch  abscheidet.  Wiggers. 

Anwendung  von  Wärme  und  Wasser  ist  bei  der  Darstellung  gänzlich 
zw  vermeiden,  indem  sich  sonst  bei  Gegenwart  von  Luft  die  Auflösung 
durch  Bildung  von  Kaliumeisencyaniir  gelb  färbt. 

§.  54-.  Eigenschaften.  Das  Cyankalium  ist  farblos,  in 
regelmäfsig  kristallisirtem  Zustande  durchsichtig;  kristallisirt 
in  Würfeln  oder  in  Formen,  die  davon  abgeleitet  sind;  ge- 
ruchlos, von  scharfem,  stechendem,  alkalischem  und  bitter- 
mandelartigem Geschmack,  schmilzt  leicht  zu  einer  farblos 
durchsichtigen  Flüssigkeit,  unzersetzbar  bei  abgehaltener  Luft 
in  der  Weifsglühhitze,  bei  Gegenwart  von  Sauerstoff  sich  hin- 
gegen in  cyansaures  Kali  verwandelnd.  An  der  Luft  werden 
die  Kristalle  trüb,  in  feuchter  Luft  zerfliefsend,  leichtlöslich 
in  Wasser;  die  Auflösung  wird  schon  durch  Kohlensäure  (aus 
der  Luft)  zersetzt  und  riecht  nach  Blausäure.  Selbst  in  ver- 
schlossenen Gefäfsen  aufbewahrt  zerlegt  sie  sich  nach  kürzerer 
oder  längerer  Zeit.  Cyankalium  löst  sich  im  Wasser  unter  Zersetzung 
zu  blausaurem  Kali  auf;  wird  die  Auflösung  mit  einem  Ueberschufs  von 
Kalihydrat  abgedampft,  so  entwickelt  sich  aller  Stickstoff  als  Ammoniak, 
und  es  bleibt  ameisensaures  Kali;  Aufbrausen  mit  Säuren  zeigt  kohlen- 
saures Kali,  gelbe  Farbe  der  Auflösung  Eisengehalt,  Schwärzung  beim 
Glühen  eine  Beimischung  von  ameisensaurem  Salz  an. 

Anwendung.  Statt  der  Blausäure. 

Cyannatrium . Blausaures  Natron , Cy2JVa.  Darstellung  und  Eigen- 
schaften von  Cyankalium. 


Cyanzink.  Cyankobalt. 


631 


Cyanzink.  (Zinciim  cyanatum.'}  Formel:  Cy2 Zn, 

1 Aeq.  Cyan  = 329,91 

1 At.  Zick  = 403,23 

1 At.  Cyan  zink  — 733,14  i 

Synonyme.  Zinkcyanür.  Blausaures  Zinkoxid.  (Zincum  hydrocyanicum.) 

§.  55.  Darstellung.  Metallisches  Zink  wird  in  Essig- 
säure in  der  Wärme  gelöst,  und  die  saure  Lösung  so  lange 
mit  reiner  Blausäure  vermischt,  als  sich  noch  ein  Niederschlag 
bildet  ^ er  wird  ausgewaschen  und  getrocknet. 

j Eigenschaften.  Das  Cyanzink  stellt  ein  blendendweifses, 
geschmackloses,  im  Wasser  und  Weingeist  unlösliches  Pulver 
dar,  was  sich  in  verdünnter  Salzsäure  unter  Entwickelung  von 
Blausäure  und  in  Ammoniak  vollkömmen  löst. 

Dy  aneisen.  Formel:  Cy2Fe. 

1 Aeq«  Cyan  = 329,91 

1 At.  Eisen  — 339,21 

1 At.  kisencyanür  669,12 

Synonyme.  Eisencyanür  (blausaures  Eisenoxidul).  Diese  Verbindung, 
merkwürdig  durch  ihre  Eigenschaft  mit  andern  Cyanmetallen  Doppelver- 
bindungen eigentümlicher  Art  zu  bilden,  scheint  ebensowenig  wie  reines 
Eisenoxidul  darstellbar  zu  seyn.  Beim  Vermischen  eines  Eisenoxidulsalzes 
mit  einer  Auflösung  von  Cyankalium  entsteht  ein  rothgelber  häufiger  Nie- 
derschlag, der  sich  in  einem  üeberschufs  von  Cyankaliuni  zu  einer  gelben 
Flüssigkeit,  zu  Ferrocyankalium  löst.  Beim  trocknen  Erhitzen  von  Ammo- 
niumeisencyanür  erhält  man  unter  Entwickelung  von  Cyanammonium  im 
Rückstände  ein  im  Wasser  unlösliches,  graugelbes  Pulver,  was  für  diese 
Verbindung  gehalten  wird,  üebergiefst  man  in  einer  zu  verschliefsenden 
Flasche  frisch  niedergeschlagenes  Berlinerblau  mit  einer  gesättigten  Auf- 
lösung von  Schwefelwasserstoffsäure,  so  entsteht  nach  Robiquet  diese  Ver- 
bindung ebenfalls.  Das  Berlinerblau  wird  weifs,  in  der  Flüssigkeit  findet 
sich  Cyanwasserstoffsäure  tBerzelius ).  Die  Eigenschaften  dieser  Präparate 
sind  einander  zu  unähnlich,  als  dafs  man  sie  für  identisch  halten  könnte. 

Eisencyanür-Cyanid,  Cy?  Fe  H-  Cy6  Fe2 , 4aq.  Die  dem  Eisenoxiduloxid 
entsprechende  Cyanstufe  erhält  mau  nach  Pelouze,  wenn  man  in  eine  ko- 
chende Auslösung  von  Ferrocyankalium  oder  Ferridcyankalium  Chlorgas 
leitet;  es  schlägt  sich  ein  grünes  Pulver  nieder,  was  man  mit  8 — 10  Th. 
concentrirter  Salzsäure  zum  Sieden  erhitzt,  wo  sich  Eisenoxid  und  Ber- 
linerblau lösen,  während  ein  grünes  Pulver  zurückbleibt,  was  ausgewa- 
schen und  im  luftleeren  Raume  getrocknet  diese  Verbindung  darstellt.  Auf 
180°  erwärmt  verliert  es  Wasser,  Cyan  und.  etwas  Blausäure  und  wird 
tief  purpurblau.  Durch  Kalilauge  zerlegt  es  sich  in  Eisenoxid , was  zu- 
rückbleibt, und  in  ein  Gemenge  von  Ferro-  und  Ferrid  - Cyankalium. 

Eisencyanid.  Ist  in  reinem  Zustande  unbekannt.  Versetzt  man  eine 
Lösung  von  Ferridcyankalium  mit  Fluorkieseleisen,  so  scheidet  sich  Kie- 
selfluorkalium ab , und  es  bleibt 'eme  dunkelbraune  Flüssigkeit  von  zusam- 
menziehendem Geschmack , welche  beim  Abdampfen  blau  wird  und  Berliner- 
blau kinterläfst.  Bildet  eine  zahlreiche  Klasse  von  Doppelcyaniiren. 

Cyankobalt , Kobaltcyanür.  Durch  Vermischen  einer  Auflösung  von 
essigsaurem  Kobaltoxid  mit  Cyanwasserstoffsäure.  Bräunlich  weifser  Nie- 
derschlag. 


632 


Cyanquecksilber. 


Cyanquecksilber  (Dydrargyrum  cyanatum }.  Formel : Cy2  Hg*. 

1 Aeq.  Cyan  ~ 329,91 

1 At.  Quecksilber  = 1265,82 

1 At.  Cyanquecksilber  zzz  1595,73 

Synonyme.  Quecksilbercyanid,  blausaures  Quecksilberoxid.  (Hydrar- 
gyrum  borussicum,  Cyanetuin  hydrargyricum.) 

§.  56.  Darstellung.  Wäfsrige  Blausäure  wird  mit  fein- 
gepulvertem rothem  Quecksilberoxide  bis  zum  Verschwinden 
alles  Geruches  nach  Blausäure  versetzt;  die  Flüssigkeit  liefert 
beim  Abdampfen  vollkommen  reine  Kristalle  dieser  Verbindung. 
Man  bedient  sich  hierzu  der,  nach  der  Methode  von  Geiger  dargestellten, 
Blausäure,  bringt  sie  in  ein  verschliefsbares  Glas,  und  sucht  ihre  Verbin- 
dung mit  Quecksilberoxid  durch  häufiges  Schütteln  zu  befördern  ; mau  hat 
zu  beachten,  aafs  die  Verbindung  nur  dann  vor  sich  geht,  wenn  die  Menge 
des  Wassers  hinreicht,  um  alles  Cyanid  vollkommen  aufzulösen;  wenn 
also  die  Flüssigkeit  nach  Blausäure  riecht,  während  noch  Quecksilberoxid 
ungelöst  darin  vorhanden  ist,  so  mufs  man  Wasser  zusetzen.  ‘Oder  man 
löst  2 Th.  Ferrocyankalium  in  15  Th.  siedendem  Wasser, 
setzt  dieser  Auflösung  3 Th.  vollkommen  trocknes  schwefel- 
saures Quecksilberoxid  hinzu,  erhält  diese  Mischung  J/4  Stunde 
im  Sieden,  filtrirt  sie  heifs  von  dem  Niederschlage  ab,  und 
läfst  erkalten,  wo  Cj'anquecksilber  kristailisirt.  Die  Mutterlauge 
liefert  bei  weiterer  Concentration  eine  neue  Portion;  man  kann  sie  auch 
ganz  zur  Trockne  abdampfen  und  durch  kochenden  Alkohol  alles  Cyan- 
quecksilber aasziehen.  Die  ersten  Kristalle  aus  der  wäfsrigen  Auflösung 
werden  durch  eine  neue  Kristallisation  gereinigt. 

Erklärung.  Nach  dem  zweiten  Verfahren  zerlegen  sich  die  2 Atome 
Cyankalium  des  Ferrocyankaliums  mit  2 At.  schwefelsaurem  Quecksilber- 
oxid in  Quecksilbercyanid  und  schwefelsaures  Kali,  das  Eisencyaniir  schei- 
det sich  hierbei  ab. 

§.  57.  Eigenschaften . Das  Cyanquecksilber  kristailisirt 
in  wasserfreien,  farblosen,  durchscheinenden,  oder  durchsich- 
tigen, regelraäfsigen,  4- oder  öseitigen  Säulen,  luftbeständig, 
von  ekelhaftem,  ätzend  metallischem  Geschmack ; sehr  giftig. 
Löst  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  8 Th.  Wasser,  leich- 
ter in  siedendem ; ist  in  Weingeist  ebenfalls  löslich. 

Das  Quecksilberoxid  zerlegt  alle  auflöslichen  Cyanmetalle  unter  Bil- 
dung von  Metalloxid  und  Doppelverbindungeu  vou  Cyanquecksilber  mit 
andern  Cyanmetallen.  Beim  Kochen  von  überschüssigem  Quecksilberoxid 
mit  Cyanquecksilber  löst  sich  vom  ersteren  eine  grofse  Menge  auf  C3  At. 
Kühn ),  die  Auflösung  giebt 'abgedampft  eine  in  feinen  kurzen  Nadeln  kri- 
stallisirende  Verbindung,  deren  Auflösung  auf  Pflanzenfarben  alkalisch 
reagirt ; sie  ist  im  kalten  Wasser  leichter  löslich  als  das  Cyanid.  Die 
Bildung  dieser  Materie  mufs  bei  der  Darstellung  des  Cyanids  mit  Sorgfalt 
vermieden  werden,  indem  man  sonst  meistens  nur  eine  weifse  Salzmasse 
erhält.  Zusatz  von  Blausäure,  bis  Geruch  bemerkbar,  ist  das  beste  Mittel, 
der  Entstehung  vorzubeugen.  Das  dem  Quecksilberoxidul  entsprechende 
Quecksilbercyanür  ist  unbekannt.  Wird  ein  Ouecksilberoxidulsalz  mit 
Blausäure  oder  einem  löslichen  Cyanmetall  zusammen» e'oracht,  so  scheidet 
sich  augenblicklich  metallisches  Quecksilber  ab,  und  es  bildet  sich  Queck-  1 
silbercyanid. 

Cyansilber , Cy*Ag.  Diese  Verbindung  scheidet  sich  beim  Vermischen; 
eines  löslichen  Silbersalzes  mit  Blausäure,  in  Gestalt  eines  blendend  wei- 
fsen,  käsigen  Niederschlags  ab;  es  wird  durch  alle  Wasserstoffsäuren  zer- 


Cyan  palladium.  Cyangold. 


633 


legt,  sehr  schwer  durch  Mineralsäuren,  nur  durch  kochende  concentrirte 
Salpetersäure  wird  es  unter  Zersetzung  aufgelost,  erleidet  von  Auflösungen 
kaustischer  fixer  Alkalien  keine  bemerkbare  Veränderung , leicht  löslich 
in  Ammoniak.  In  einer  concentrirten  Auflösung  von  salpetersaurem  Silber- 
oxid löslich,  und  damit  eine,  durch  Wasser  zersetzbare,  kristallinische 
Verbindung  bildend;  geht  mit  allen  alkalischen  Cyanmetallen  Doppelver- 
bindungen ein. 

Cyanpalladium , Cy9Pd.  Die  Verwandtschaft  des  Palladiums  zum  Cyan 
übertrifft  die  aller  andern  Metalle;  es  entsteht,  wenn  Blausäure  oder  ein 
lösliches  Cyanmetall  mit  einem  Palladiumoxidulsalz  vermischt  wird,  in  Ge- 
stalt eines  hell  rehfarbenen  Niederschlags,  dessen  Farbe  beim  Vorhanden- 
seyn  vou  Kupfer  grünlich  ist;  bildet  mit  Ammoniak,  mit  Cyankalium,  sal- 
petersaurem  Palladiumoxidul  Doppelsalze. 

Cyangold , Goldcyanid,  Cy6Au2.  Zur  Darstellung  dieser  Verbindung, 
welche  neuerdings  zuweilen  als  Arzueimittel  angewendet  wurde,  wird 
eine,  durch  Abdampfen  von  aller  Säure  befreite,  Lösung  vou  Gold  in  Kö- 
nigswasser, mit  einer  frisch  bereiteten  Lösung  von  Aetzkali,  die  man  mit 
Blausäure  übersättigt  hat,  mit  der  Vorsicht  niedergeschlagen,  dafs  eine 
geringe  Menge  Goldchlorid  im  Ueberschusse  bleibt-  Der  gelblich  weifse 
Niederschlag  wird  ausgewaschen  und  getrocknet.  Ein  üeberschufs  des 
Cyankaliums  lost  den  Niederschlag  mit  gelbrother  Farbe  wieder  auf;  im 
Fall  dies  geschehen  ist,  kann  durch  Zusatz  einer  Säure  das  Goldcyanid 
wieder  abgeschieden  werden.  Oder  man  löst  16  Th.  Gold  in  Königswasser 
in  der  Wärme  auf,  setzt  eine  heifse  Auflösung  von  24  Th.  Cyanquecksilber 
zu,  verdampft  zur  Trockne  und  wäscht  das  gebildete  Goldcyanid  mit 
Wasser  aus.  Das  dem  Oxidul  entsprechende  Goldcyanür  existirt  nicht. 

Doppelverbindungen  des  Cyans  mit  Metallen. 

Alle  im  Wasser  unlöslichen  Cyamnetalle  (der  schweren  Metalle)  ver- 
binden sich  mit  löslichen  Cyanmetallen  (der  Alkalimetalle)  zu  eigenthiim- 
lichen  , meistens  kristallisirbaren , Doppelverbindungen,  deren  Verhalten 
im  Allgemeinen  den  Verbindungen  der  unlöslichen  mit  loslichsn  Schwefel- 
metallen ähnlich  ist.  Z.  B.  Cyangold,  Cyanpalladium,  Cyansilber,  Cyan- 
nickei, Cyanzink,  Cyaukupfer  etc.  lösen  sich  mit  Leichtigkeit  in  Cyran- 
kalium , Cyannatrium;  die  Auflösungen  sind  gelb  gefärbt  oder  farblos  und 
werden  durch  ätzende  oder  kohlensaure  Alkalien  und  Chlormetalle  nicht 
verändert  oder  zersetzt;  Säuren  schlagen  durch  Zersetzung  des  alkalischen 
Cyanmetalls  das  unlösliche  Cyanmetall  daraus  nieder.  Beim  Vermischen 
der  Kalium-  oder  Natrium-Doppelverbindung  mit  einem  audern  Metallsalze, 
dessen  Basis  ein  schweres  Metalloxid  ist,  geschieht  es  meistens,  dafs  sich 
eine  neue  unlösliche  Doppelverbindung  bildet,  in  welcher  das  Alkalimetall 
ersetzt  ist  durch  ein  Aequivalent  des  schweren  Metalls.  Kaliumsilber- 
Cyanid  Cy9Ag-f-Cy2K  giebfc  mit  essigsaurem  Bleioxid  A-+-PbO,  Bleisilber- 
Cyanid  Cy'j  Ag-f-  Cy9Pb  und  essigsaures  Kali.  Die  löslichen  alkalischen 
Cyamnetalle  bilden  mit  den  unlöslichen  Chlor-,  Iod-  und  Brom -Metallen 
ebenfalls  sehr  häufig  Doppelverbindungen ; ähnliche  Verbindungen  bilden 
viele  lösliche  Chlormetalle  mit  unlöslichen  Cyanmetallen. 

Ganz  eigenthümlich  verhalten  sich  die  Doppelverbindungen  des  Eisen- 
cyamirs , Eisen-  und  Kobalt  - Cyanids  mit  andern  Cyanmetalleu,  und  na- 
mentlich mit  Cyanwasserstoffsäure;  die  letzteren  sind  löslich  im  Wasser, 
kristallisirbar ; sie  besitzen  einen  entschieden  sauren  Geschmack , die  Fä- 
higkeit Pflanzenfarben  bleibend  zu  röthen,  die  kohlensauren  Salze  unter 
Aufbrausen  zu  zersetzen  und  die  Alkalien  vollkommen  zu  neutralisiren  — 
Eigenschaften,  welche  die  Blausäure  für  sich  nicht  besitzt.  In  diesen  Ver- 
bindungen bat  die  Blausäure  gänzlich  ihre  giftigen  Eigenschaften  verloren. 
Das  Eisen,  was  damit  verbunden  ist,  wird  durch  Alkalien,  durch  lösliche 
Schwefelmetalle,  durch  keins  der  gewöhnlichen  Reagentien  angezeigt. 

Geiger’ s Pharmacie.  I,  (Ute  Aufl.)  41 


634 


Ferrocyanwasserstoffsäure. 


Constitution  der  Doppelverbindungen  des  Cyans  mit  Eisen. 

Wir  nehmen  an,  dafs  diese  Verbindungen  ein  zusammengesetztes  Ra- 
dikal von  derselben  procentischen  Zusammensetzung,  wie  das  Cyan,  ent- 
halten, dessen  Atomgewicht  aber  dreimal  so  hoch  ist,  in  Verbindung  mit 
1 Aeq.  Eisen,  ein  Radikal,  welches  mit  2 Aeq.  (4  At.)  Wasserstoff  sich 
zu  einer  zweibasischen  Säure  vereinigt.  Wir  nennen  das  Radikal  Ferro- 
cyan, die  Säure  Ferrocyanwasserstoffsäure , die  Verbindungen  des  Radi- 
kals mit  Metallen,  welche  den  niedern  Oxidationsstufen  entsprechen,  Fer- 
rocyaniire , die  andern  Ferrocyanide.  Das  Ferro cy an  besteht  aus 

® \ = 3 Aeq.  = 6 Atome  Cyan  = 983,73 

6 At.  Stickstoff  ) * 

1 At.  Eisen = 339,21 

1 At.  Ferrocyan  — 1328,94 

Das  Symbol  dieser  Verbindung  ist  Cfy. 

Hiernach  drückt  die  Formel  Cfy  -4-  4H  Ferrocyanwasserstoffsäure. 

Cfy  + 2K  Ferrocyankalium. 

re  , K )K  >K  >K  l Ferrocyanüre  mit  2 

W Ca ' Ba  > Sr ) Mg ) basischen  Metallen. 

2Cfy  -f-  | Ferrocyankaliumeisen. 

3Cfy  -4-  2Fe2  Berlinerblau. 

3Cfy  -4-  | basisches  Berlinerblau. 

2Cfy  -4-  £ lösliches  Berlinerblau. 

2Cfy  -4-  Ferroc3ranzinkkalium. 


Ferrocyanwasserstoffsäure.  Formel:  CfyH4*f  aq. 

1 At.  Ferrocyan  r=  132§,940 

2 Aeq.  Wasserstoff  (4  Atome) — 24,959 

1 At.  hypoth.  trockn.  Säure  = 1353,899 

1 At.  Wasser = 112,480 

1 At.  Ferrocyanwasserstoffsäure  = 1466,379 

Synonyme.  Wasser  Stoff 'eisencyaniir , Eisenblausäure.  Entdeckt  von 
Porrett. 

Darstellung.  FerroC3ranblei  oder  Ferrocyankupfer  wird,  im  frisch! 
niedergeschlagenen  Zustande,  durch  Schwefelwasserstoffsäure  zerlegt,  die 
Flüssigkeit  vom  gebildeten  Schwefelblei  abfiltrirt  und  im  luftleeren  Raume 
über  concentrirter  Schwefelsäure  abgedampft.  (Berzelius.')  — Oder  reines 
Berlinerblau  wird  mit  dem  zehnfachen  Volumen  concentrirter  Salzsäure 
zusammengestellt,  und  sobald  die  blaue  Farbe  verschwunden  und  der  un- 
lösliche Theil  gelb  oder  braun  geworden  ist,  mit  concentrirter  Salzsäure 
wohl  ausgewaschen,  die  feuchte  Masse  auf  einem  Ziegelstein  ausgebreitet, 
unter  eine  Glocke  mit  gebranntem  Kalk  gebracht,  nachdem  sie  trocken  ist,i 
in  Weingeist  gelöst  und  diese  Auflösung  au  der  Luft  verdampft.  (Robiquet .)! 

Eigenschaften.  Weifse,  undeutlich  kristallinische  Masse,  oder  kleine 
körnige,  zuweilen  nadelförmige  Kristalle,  welche  an  der  Luft  sich  blau 
färben,  die  wässerige  Auflösung  wird  beim  Sieden  zerlegt  in  Blausäure  und» 
einen  weifsen,  sich  an  der  Luft  blau  färbenden  Niederschlag;  ihr  chemisches 
Verhalten  ist  oben  erwähnt  worden.  Das  hypothetische  Radikal  dieser 
Säure  ist  (wahrscheinlich)  nicht  isolirbar. 

Ferrocyanammonium  , Ferro  cyanwassersto  ffsaures  Ammoniak , eisen- 
blausaures Ammoniak,  Cfy  -4-  2Na Hs  -4-  3aq.  Darstellung:  Ferrocyan- 


Ferrocyankalium. 


«35 

blei  wird  mit  kohlensaurem  Ammoniak  erwärmt,  das  gebildete  kohlensaure 
Bleioxid  abfiltrirt  und  die  Flüssigkeit  zur  Kristallisation  nbgedampft.  Ei- 
genschaften. Dieses  Salz  ist  isomorph  mit  dem  Ferrocyankaliuui.  Die  Kri- 
stalle sind  weifs  oder  gelblich weifs , durchsichtig,  luftbestäudig  , leichtlös- 
lich io  kaltem,  zersetzbar  in  Cyonamnionium  und  Eisencyanür  in  sieden- 
dem  Wasser,  unlöslich  in  Alkohol.  Bildet  mit  Salmiak  ein  Doppelsalz 
welches  durch  Kochen  einer  Auflösung  von  gleichen  Theilen  Feirocyan- 
kalium  und  Salmiak  in  6 Th.  Wasser,  nach  der  Trennung  vom  abgeschie- 
denen Eisencyanür,  nach  dem  Erkalten  in  grolsen  citrongelbeu,  spröden 
und  luftbesländigeu  Kristallen  anscliiefst ; enthält  gleiche  Atomgewichte 
Ferrocyauammonium,  Salmiak  und  3 At.  Wasser.  (Bunsen  J 

Ferrocy  anwasser  stoffsäure  und  Metalloxide. 

Beim  Zusammenbringen  der  Ferrocyanwasserstoffsäure  mit  Metalloxi- 
den wird  ihr  Wasserstoff  von  dem  Sauerstoff  des  Oxids  zu  Wasser  redu- 
cirt,  es  entsteht  eine  Verbindung  des  xMetalls  mit  dem  Radikal  der  Säure; 
da  nun  1 At.  dieser  Säure  4 At.  Wasserstoff  enthält,  so  folgt  daraus  von 
selbst,  dais  sie  2 At.  der  zahlreichsten  Klasse  von  Oxiden  aufnimmt,  von 
denen  l At.  Oxid  1 At.  Sauerstoff  enthält ; wir  nennen  sie  Ferrocyanure 
oder  Ferrocyanide. 

Die  Ferrocyanide  werden  ohne  Ausnahme  durch  die  Rothglühhitze  bei 
Abschi u fs  der  Luft  zerlegt,  diejenigen,  welche  ein  Alkalimetall  enthalten, 
in  das  Cyaniir  dieses  Metalls  und  in  eine  Verbindung  von  Kohlenstoff  mit 
Eisen,  unter  Entwickelung  von  Stickgas;  alle  audern  in  Kohlenmetalle  und 
Metalle , mit  oder  ohne  Entwickelung  von  Cyangas.  Alle  löslichen  Ferro- 
cyamire  werden  durch  Kochen  mit  Quecksilberoxid  in  Quecksilbercyanid, 
freies  Alkali  und  Eisenoxidcyanür  zerlegt.  Bei  Gegenwart  der  Luft  calci- 
nirt  verwandeln  sich  die  Ferrocyauide  des  Kaliums  und  Natriums  in  cyan- 
saure Alkalieu  und  in  Eisenoxidoxidul  oder  Kohleneisen. 

Diese  Verbindungen  enthalten  meistens  eine  gewisse  Menge  Kristall- 
wasser, was  sie  beim  Erhitzen  verlieren.  Ferrocyan  - Zink  , -Kupfer, 
-Quecksilber  verbinden  sich  mit  Ammoniak  zu  besonderen,  meistens  kri- 
stallinischen Doppelverbindungen.  ( Bansen 

Mit  concentrirter  Schwefelsäure  zusammengebracht,  lösen  sich  die 
meisten  Ferrocyanverbindungen  ohne  Zersetzung  auf,  oder  sie  vereinigen 
sich  damit,  indem  sie  ihre  Farbe  verlieren,  zu  salzartigen  Verbindungen, 
in  denen  das  Ferrocyanid  die  Rolle  einer  Basis  spielt.  Durch  Salpetersäure 
werden  sie  zersetzt,  manche  unter  Entwickelung  von  Cyangas  und  Bildung 
von  Ferridcyanmetallen. 

Werden  die  im  Wasser  löslichen  Ferrocyanüre  mit  andern  verdünnten 
Säuren  zum  Sieden  erhitzt,  so  wird  die  Ferrocyanwasserstoffsäure  abge- 
schieden; sie  zerfällt  bei  dieser  Temperatur  in  Blausäure,  welche  ent- 
weicht, und  in  weifses  kaliumhaltiges  Eisencyanür,  was  an  der  Luft 
Sauerstoff  absorbirt  und  blau  wird. 

Ferrocyankalium.  f Kalium  ferrocyanatum .) 

Formel : Cfy  + 2K  + 3aq. 

t Aeq.  Ferrocyan  = 1 328,94 

2 At.  Kalium = 979,83 

1 At.  Ferrocyankalium  = 2308,77 

3 At.  Wasser ==  337,44 

1 At.  krist.  Salz  = 2646,21 

ui  1^ynony™e'  Kaliumeisencyan  ür,  Cyaneisenkali  um,  Eisencyankalium, 
Blutlaugensalz,  blausaures  Eisenoxidulkali  (Kali  ferrohydrocyanicum). 

§.  58.  Darstellung.  Diese  Verbindung  kommt  sehr  rein 
im  Handel  vor  und  wird  im  Grofsen  durch  glühendes  Schmel- 
zen stickstoffhaltiger  Substanzen  (Horn,  Klauen,  getrockne- 


636 


Ferrocyankalium. 


tem  Blut)  mit  2 bis  3 Theilen  kohlensaurem  Kali,  in  eisernen 
Gefäfsen,  Auslaugen  der  wohlgeflossenen  und  erkalteten  Masse 
mit  kochendem  Wasser,  und  Kristallisation  dargestellt.  Im 
Kleinen  erhält  man  sie  durch  Kochen  von  Berlinerblau  mit 
kohlensaurem  Kali. 

Beim  Schmelzen  von  Kohle  und  stickstoffhaltigen  Materien  mit  kohlen- 
saurem  Kali  in  der  Rotbglühhitze  wird  das  Kali  durch  die  Kohle  reducirt 
zu  Kalium,  durch  dessen  Wirkung  auf  die  übrigen  stickstoffhaltigen  Sub- 
stanzen Cyankalium  als  das  Hauptprodukt  gebildet  wird.  Die  glühend  ge- 
flossene Masse  enthält  keine  Spur  Ferrocyankalium,  sie  enthält  aber,  in 
Gestalt  eines  schwarzen  Schlamms,  eine  grofse  Menge  theils  feinzertheil- 
tes  metallisches,  theils  Kohleneisen.  Wird  die  Masse  mit  kaltem  Wasser 
ausgelaugt  und  die  Lauge  abgedampft,  so  erhält  man  kein  Ferrocyanka- 
lium, wird  sie  aber  bei  Zutritt  der  Luft  mit  Wasser  übergossen  und  einige 
Stunden  gelind  erwärmt,  so  wird  Sauerstoff  aus  der  Luft  mit  grofser 
Schnelligkeit  absorbirt  und  eine  gelbe  Auflösung  gebildet,  welche  reichlich 
Ferrocyankalium  enthält.  Eine  Auflösung  von  reinem  Cyankalium  löst 
nemlich  bei  Gegenwart  von  Sauerstoff  und  metallischem  Eisen  unter  Bil- 
dung von  Kaliumoxid  das  metallische  Eisen  auf;  das  Kalium  des  Cyan- 
kaliums giebt  also  hierbei,  indem  es  sich  in  Oxid  verwandelt,  das  mit  ihm 
verbundene  Cyan  an  das  Eisen  ab,  wodurch  dieses  zu  Eisencyanür  und 
dadurch  fähig  wird,  sich  mit  dem  übrigen  Cyankalium  zu  Ferrocyankalium 
zu  verbinden.  Bei  Abschlufs  der  Luft  löst  sich  das  metallische  Eisen  unter 
Wasserstoffgasentwickelung  auf. 

Die  rohe  geschmolzene  Masse  enthält  eine  grofse  Menge  freies  Kali, 
welches  mit  Cyankalium  in  Auflösung  beim  Sieden  derselben  eine  Zer- 
setzung des  letzteren  in  ameiseusaures  Kali  und  Ammoniak  veranlafst. 
Wird  die  thierische  Materie  in  offenen  Gefäfsen  mit  Kali  geschmolzen,  so 
verbrennt  ein  Theil  des  gebildeten  Cyankaliums  zu  cyansaurem  Kali , was  ; 
beim  Sieden  seiner  Auflösung  ebenfalls  zerlegt  wird  in  Ammoniak  und 
doppelt  kohlensaures  Kali.  Die  Menge  des  gebildeten  Ammoniaks  steht  in 
genauem  Verhältnis  zu  dem  Verlust  an  Cyankalium,  den  man  in  dieser 
Operation  erleidet. 

Am  besten  ist  es,  die  Auflösung  der  rohen  Masse  (Blutlauge)  mit  Zu- 
satz von  metallischem  Eisen  gelinde  zu  erwärmen , oder  ein  Drittel  dem 
Volum  oder  Gewichte  nach  mit  schwefelsaurem  Eiseuoxidul  vollkommen 
zu  fällen,  den  erhaltenen  Brei  mit  den  andern  zwei  Drittel  zu  mischen 
und  zum  Kochen  zu  bringen.  Hierbei  erhält  man  schwefelsaures  Kali  und 
alles  Cyankalium  ist  ohne  Verlust  in  Ferrocyankalium  verwandelt.  Die 
Lauge  läfst  sich  ohne  Zersetzung  abdarapfen  und  durch  Kristallisation  kann 
scliwefelsaures  Kali  von  Ferrocyankalium  leicht  geschieden  werden.  Die' 
rohe  Blutlauge  enthält  meistens  noch  Schwefelcyankaliuin , Schwefelkalium,' 
ameisensaures  und  kohlensaures  Kali , welche  in  der  Mutterlauge  zurück-1 
bleiben. 

g.  59.  Eigenschaften.  Kristallisirt  in  grofsen,  an  den* 
Endkanten  und  Ecken  abgestumpften,  quadratischen  kurzen 
Säulen,  oder  Tafeln,  deren  Rernform  ein  Quadratoctaeder  ist, 
von  rein  citrongelber  Farbe,  von  1,832  spec.  Gewicht,  hat  ei- 
nen bitterlich  siifsen,  hintennach  salzigen  Geschmack,  ist  luft-i 
beständig,  verliert  bei  100°  S2.82  p.  c.  (=  3 At.)  Wasser 
und  wird  weifs;  löst  sich  in  4 Th.  kaltem,  in  seinem  doppelten* 
Gewicht  siedendem  Wasser  5 unlöslich  in  Weingeist,  durchf 
den  es  aus  seiner  wäfsrigen  Auflösung  in  glänzenden  gelbli- 
chen Blättchen  gefällt  wird.  Wird  durch  Salpetersäure  unter! 
Entwickelung  von  Cyangas,  und  durch  Chlor  in  Ferridcyan-; 
kalium  zersetzt.  Durch  Glühhitze  wird  es  zersetzt  in  Kohlen-i 


Ferrocyannatrium.  Ferrocyanid-Eisen. 


637 


eisen  und  Cyankalium,  bei  Zutritt  der  Luft  calcinirt  verwan- 
delt sich  das  Cyankalium  in  cyansaures  Kali.  Das  Ferrocy^n- 
kalium  bildet  mit  andern  Ferrocyaniiren  Doppelverbindungen  5 
es  dient  als  Reagens  auf  Eisenoxid  in  seinen  Salzen.  Bei  dieser 
Anwendung  ist  zu  beachten,  dafs  die  Auflösung  des  Eisenoxid- 
salzes nie  alkalisch  reagiren  darf,  indem  alle  Flüssigkeiten, 
welche  Eisenoxid  neben  freiem  Ammoniak  enthalten,  durch 
Ferrocyaneisen  nicht  niedergeschlagen  werden. 

Anwendung.  Zur  Darstellung  der  Blausäure  und  des  Cyanquecksil- 
bers , Beriinerblau’s  etc.  Wirkt  iu  grofseu  Dosen  genommen  purgirend, 
nicht  giftig. 

Ferrocyannatrium.  Cyaneisennatrium , Natriumeisencyaniir , Cfy  -4- 
SNa  -4-  12aq.  Darstellung:  Aus  Berlinerblau  durch  Kochen  mit  kohlen- 
saurem Natron.  Eigenschaften  : Kristallisirl  in  gelbeu , vierseitigen , mit 
zwei  Flächen  zugespitzten  Säulen,  an  der  Luft  verwitternd,  enthält  59  p.  c. 
(12  At.)  Kristall wasser,  iu  4%  Th.  kaltem  Wasser,  nicht  iu  Weingeist 
löslich. 

Ferrocyanbarium , Cfy-4-Ba*.  Darstellung : Durch  Digestion  von  Ber- 
linerblau mit  Barytwasser.  Aus  der  kocheudheifsen  Auflösung  setzt  sieb 
dieses  Salz  in  kleinen  rhomboidalen  Prismen  von  gelber  Farbe  ab;  ist  in 
100  Th.  kochendem,  in  1920  Th.  kaltem  Wasser  löslich,  verliert  bei  40° 
16,58  p.  c.,  in  höherer  Temperatur  18  p.  c.  Wasser  (6  At.),  löst  sich  in 
conceutrirter  Schwefelsäure. 

Ferrocyaneisen , Cfy,  Fe*  ; uubekaunt.  (Siehe  die  Doppelverbiudungen 
des  Ferrocyankaliums.) 

Ferrocyanblei , Cfy,  Pb2.  Darstellung:  Durch  Vermischen  eines  lös- 
lichen Bleisalzes  mit  Ferrocyankalium.  Eigenschaften:  Weifser  Nieder- 
schlag, mit  einem  Stich  ins  Gelbliche;  nach  dem  Trocknen  wasserfrei. 

Ferrocyanzink , Cfy,  Zu*.  Durch  Vermischen  von  einer  Auflösung 
eines  löslichen  Zinksalzes  mit  Ferrocyan wasserstoffsäure.  Weifser  Nie- 
derschlag. 

Ferrocyankupfer , Cfy,  Cu*.  Darstellung : Durch  Vermischen  von 
einem  löslichen  Kupferoxidsalz  mit  Ferrocyankalium.  Eigenschaften  : Schön 
rothbrauner,  in  verdünnten  Säuren  unlöslicher  Niederschlag,  y600oo  Ku- 
pferoxid kann  iu  einer  Flüssigkeit  durch  Ferrocyankalium  durch  die  ent- 
stehende rothbraune  Farbe  noch  erkannt  werden. 

Ferrocyanquecksilber , Cfy,  Hg*.  Beim  Vermischen  einer  Quecksil- 
beroxid- oder  Oxidulauflösung  mit  Ferrocyankalium  entsteht  ein  weifser 
Niederschlag,  der  sich  von  selbst,  noch  schneller  beim  Erwärmen,  bei 
Oxidulsalzen,  unter  Abscheidung  von  metallischem  Quecksilber,  in  Cyan- 
quecksilber, was  sich  auflöst,  und  in  Eisencyaniir  zersetzt,  welches  letz- 
tere ungelöst  zurückbleibt. 

Silbersalze  werden  durch  Ferro cyaukalium  weifs , Zink-  und  Wis- 
muthsalze  ebenfalls  weils,  Nickelsalze  grünlichweifs , Kobaltoxidulsalze 
grünlich  gefällt,  durch  Aufnahme  von  Wasser  wird  dieser  Niederschlag 
grauroth , Manganoxidulsalze  geben  einen  weifsen  Niederschlag , später 
pfirsichblüthroth  werdend. 

Ferrocyanid-Eisen.  Formel:  3 Cfy  4-  2 Fe*. 

3 At.  Ferrocyan  = 3986,82 

4 At.  Eisen = 1356,84 

1 At.  hypoth.  trocknes  Berlinerblau  = 5343,66 

Synonyme.  Berlinerblau,  Pariserblau,  blausaures  Eisenoxidul,  Eisen- 
cyanürcyauid.  (Coeruleuin  Berolinense,  Ferrum  hydrocyanicum  oxydo- 
oxydulatum.) 


638 


Ferrocyanid-Eisen. 


Entdeckt  von  Diesbäch  in  Berlin.  — Entstellt , wenn  Eisenoxidsalze 
mit  löslichen  Ferrocyanmetallen  zusammengebracht  werden ; in  ihrer  Farbe 
ähnliche,  aber  in  der  Zusammensetzung  verschiedene  Verbindungen,  die 
ebenfalls  mit  dem  Namen  Berlinerblau  bezeichnet  werden,  erhält  man 
durch  Fällung  von  Ferridcyankalium  mit  einem  Eisenoxidulsalz,  Zusatz  j 
von  einer  Säure,  und  Aussetzen  des  Niederschlags  an  die  Luft  bis  er  blau 
geworden  ist. 

§.  60.  Darstellung . Durch  Fällung1  einer  Auflösung  von 
Eisenchlorid  oder  salpetersaurem  Eisenoxid  mit  Ferrocyan- 
kalium,  wobei  ein  Ueberschufs  des  letzteren  zu  vermeiden  ist. 
Oder  6 Theile  Eisenvitriol  und  6 Th.  Ferrocyankaüum  werden  ; 
jedes  für  sich  in  15  Th.  Wasser  gelöst  und  miteinander  ge- 
mischt, sodann  unter  beständiger  Bewegung  1 Th.  concentrirte 
Schwefelsäure  und  24  Th.  rauchende  Salzsäure  zugesetzt. 
Nach  einigen  Stunden  giefst  man  nun  zu  dieser  Mischung  in 
kleinen  Portionen  eine  klare  Auflösung  von  1 Th.  Bleichkalk 
(unterchlorigsauren  Kalk  mit  Chlorcalcium)  in  80  Th.  Wasser. 

Man  hat  zu  beachten,  dafs  der  Zusatz  von  Bleichkalklösung  augenblicklich 
unterbrochen  werden  mufs,  sobald  sich  unter  Aufbrausen  Chlorgas  entwickelt. 

Nach  einigen  Stunden  Ruhe  wird  der  erhaltene  Niederschlag 
vollkommen  ausgewaschen  f Hochsläller  J und  entweder  in 
gewöhnlicher  oder  in  höherer  Temperatur  getrocknet.  Oder 
man  erhitzt  den  erhaltenen  Niederschlag  mit  verdünnter  Sal- 
petersäure, bis  dafs  er  tief  dunkelblau  geworden  ist.  Giebt  das 
schönste  Produkt. 

§.61.  Eigenschaften . Bei  gewöhnlicher  Temperatur  ge- 
trocknet ist  das  Berlinerblau  eine  dunkel  sammtblaue,  leichte, 
poröse,  bei  hoher  Temperatur  getrocknet  hingegen  eine  dunkel 
kupferrothe , im  Strich  blaue  Masse,  geschmacklos,  unlöslich 
in  Wasser  und  verdünnten  Säuren,  nicht  giftig.  Die  im  Handel 
vorkommende  Malerfarbe  enthält  wechselnde  Mengen  zugesetzter  Erden. 
Beim  Erhitzen  in  verschlossenen  Gefäfsen  entwickelt  es  Wasser,  blau- 
saures  und  kohlensaures  Ammoniak,  es  bleibt  Kohleneisen;  an  der  Luft 
läfst  es  sich  mit  einem  glühenden  Körper  entzünden  und  verglimmt  zu  Ei- 
senoxid; durch  rauchende  Salpetersäure  wird  es  zersetzt,  concentrirte 
Schwefelsäure  verbindet  sich  damit  zu  einer  weifsen  kleisterartigen  Masse. 
Concentrirte  Salzsäure  entzieht  ihm  Eisenoxid  und  hinterläfst  Ferrocyan- 
wasserstoffsäure ; wird  durch  Schwefelwasserstoffsäure  weifs , an  der  Luft 
wieder  blau,  ähnlich  wirken  darauf  metallisches  Eisen  und  Zink.  Durch 
Quecksilberoxid  wird  es  zerlegt  in  Cyanquecksilber  und  in  ein  unlösliches 
Gemenge  von  Eisenoxid  mit  Eisencyanür;  durch  Alkalien  in  lösliche  Ferro- 
cyanmetalle  und  in  Eisenoxid. 

In  Beziehung  auf  die  Zusammensetzung  dieser  Verbindung  weifs  man 
mit  Gewifsheit , dafs  sie  von  den  übrigen  Ferrocyanverbindungen  verschie- 
den ist.  Es  enthält  Wasserstoff  und  Sauerstoff,  die  sich  ohne  Zersetzung 
der  Verbindung  nicht  abscheiden  lassen,  so  dafs  man  es  mithin  als  eine 
Verbindung  von  Ferrocyanwasserstoffsäure  mit  Eisenoxid,  die  sich  ohne 
Reduction  mit  einander  vereinigt  haben,  betrachten  mufs.  Nach  den  Ver- 
suchen von  Berzelius  verhält  sich  das  Gewicht  des  Eisens  in  der  Ferro- 
cyanwasserstoffsäure  zu  dem  des  Oxiduls  wie  3:4,  woraus  hervorgellt,, 
dafs  sich  bei  seiner  Bildung  3 At.  Ferrocyankaüum  mit  2 At.  Eisenoxid 
zerlegt  haben  in  6 At.  eines  Kalisalzes  und  in  Berlinerblau. 

3 Cfy  + 6K 

2F2  -4-6  0 
( 3 Cfy  -4-  2 Fa)  -H  6 KO 


Ferrocyankaliumeisen. 


639 


Durch  Einwirkung  des  Sonnenlichtes  wird  das  Berlinerblau  unter  Cyan- 
entwickelung weifs,  im  Dunkeln  durch  Sauerstoffaufnahme  wieder  blau 
[Chevreul).  Die  Farbenänderung  im  Lichte  von  Zeugen , die  mit  Berliner- 
blau  gefärbt  sind,  beruht  auf  dieser  eigenthtimlicken  Zersetzung;  bei  dem 
Wiederblauwerden  des  weifs  gewordenen  Berlinerblau’s  entsteht  soge- 
nanntes basisches  Berlinerblau. 

Ferrocyanüre  mit  zwei  basischen  Metallen. 

Wenn  man  concentrirte  Auflösungen  von  Baryt-,  Strontian-,  Kalk-, 
Bittererde-,  Eiseuoxidul-,  Mangauoxidul-,  Kupferoxid-Salzen  etc.  in  eine 
Auflösung  von  Ferrocyankalium  giefst,  so  entstehen  weifse  häufige,  mei- 
stens kristallinische  Niederschläge , welche  Verbindungen  sind,  in  denen 
1 At.  Kalium  ersetzt  ist  durch  1 At.  eines  andern  Metalls.  Chlorcalcium 
giebt  mit  Ferrocyankalium  z.  B.  Chlorkalium  und  Ferrocyankalium-Calciuin 
Cl2,  Ca  -4-  Cfy  -t-  2K  zzz  Cl2  K -+-  Cfy  -4-  K , Ca. 

Die  Doppelcyauiire,  welche  Alkalimetalle  enthalten,  sind  meistens, 
wiewohl  schwer,  löslich  im  Wasser,  sie  enthalten  eine  gewisse  Menge 
Kristall wasser ; wenn  sie  getrocknet  einer  höheren  Temperatur  ausgesetzt 
werden,  so  verglimmen  sie  mit  einer  lebhaften  Feuererscheinung,  es  bildet 
sich  hierbei  cyansaurcs  Kali.  [Campbell.') 

Ferrocyankaliumeisen , 2Cfy  -4-  3pej  Diese  Verbindung  erhält  mau 

in  Gestalt  eines  bläulich  weifsen  Niederschlags,  wenn  eine  Eisenoxidul- 
auflösung in  eine  Lösung  von  Ferrocyankalium  gegossen  wird.  Durch  Be- 
handlung mit  Chlor  oder  Salpetersäure  werden  von  3 At.  dieser  Verbindung 
3 At.  Kalium  und  1 At.  Eisen  hinweggenommen  oder  oxidirt,  es  bleibt 
Berlinerblau.  Der  Niederschlag  wird  an  der  Luft  unter  Absorbtion  von 
Sauerstoff  blau.  Beim  Auswaschen  löst  sich  Ferrocyankalium  auf,  und 
wenn  alle  lösliche  Salze  entfernt  sind,  so  bleibt  die  folgende  Verbindung. 

Basisches  Ferrocyanid  des  Eisens.  Bei  fortgesetztem  Waschen  der  blau 
gewordenen  vorhergehenden  Verbindung  löst  sie  sich  vollständig  im  Wasser, 
ohne  Eisenoxid  zurückzulassen , zu  einer  scliöu  dunkelblauen  Flüssigkeit 
auf,  welche  ohne  Zersetzung  wieder  eingetrocknet  w'erden  kann.  Zusatz 
von  Salzen  bewirkt  eine  Trennung  der  aufgelösten  Verbindung,  der  Nie- 
derschlag ist  in  reinem  Wasser  wieder  löslich , die  wässerige  Lösung  wTird 
durch  Weingeist  nicht  gefällt.  Zwei  Atome  Ferrocyankaliumeisen  enthal- 
ten 1 At.  Ferrocyankalium  und  3 At.  Ferrocyaneisen  3Cfy  -4-  b*Fe.  Von 
den  6 Atomen  Eisen  verwandeln  sich  2 At.  durch  Aufnahme  von  3 At. 
Sauerstoff  in  Oxid.  Das  Ferrocyankalium  löst  sich  auf,  so  dafs  mithin  die 

blau  gewordene  lösliche  Verbindung  durch  die  Formel  3Cfy  -4- 

ausgedrückt  wrerden  mufs,  was  einer  Verbindung  von  1 At.  Berlinerblau 
mit  1 At.  Eisenoxid  entspricht.  Bei  Gegenwart  einer  starken  Säure  wird 
die  Bildung  dieses  löslichen  Salzes  verhindert,  das  Eisenoxid  verbindet 
sich  damit,  es  bleibt  Berlinerblau. 

Ferrocyankalium- Ferrocyanideisen  Der  blaue  Niederschlag,  wel- 
cher durch  Fällung  eines  Eisenoxidsalzes  mit  Ferrocyankalium  entsteht, 
enthält  stets,  wrenn  das  Eisensalz  im  Ueberschufs  vorhanden  ist,  wech- 
selnde Mengen  von  Ferrocyankalium,  welches  letztere  durch  anhaltendes 
Waschen  mit  Wasser  nach  und  nach,  aber  schwierig  ganz  vollständig 
entfernt  werden  kann,  was  den  nie  fehlenden  Käliumgehalt  in  dem  käuf- 
lichen Berlinerblau  erklärt;  er  wechselt  von  2 bis  9 p.  c.  Ist  bei  dieser 
Fällung  nicht  das  Eisenoxidsalz,  sondern  das  Ferrocyankalium  im  Ueber- 
schufs,  so  ist  der  Niederschlag  ebenfalls  blau  und  ein  Gemenge  von  Ber- 
linerblau mit  einer  Verbindung  von  gleichen  Atomgewichten  Berlinerblau 

mit  Ferrocyankalium  2Cfy  -h  die  letztere  löst  sich  beim  Waschen 

zu  einer  tief  blauen  Flüssigkeit  auf,  welche  ebenfalls  ohne  Zersetzung 
abgedampft  und  in  Gestalt  einer  dunkelblauen  glänzenden  Masse  erhalten 


640 


Ferridcyan. 


werden  kann.  Durch  Zusatz  von  Salzen , zu  ihrer  Auflösung  im  Wasser, 
wird  sie  gefällt,  ohne  hierdurch  ihre  Auflöslichkeit  in  reinem  Wasser  zu 
verlieren;  durch  ihre  Fällbarkeit  mittelst  Alkohol  unterscheidet  sie  sich  von 
dem  löslichen  basischen  Berlinerblau. 

F er  r ocy  ank  alium- Ferro  cy  anzink, 

Formel:  2Cfy  + ^ns|  -f  6aq. 

Synonyme . Zinkeisencyauür,  blausaures  Eisenoxidulzinkoxid.  (Zincum 
ferrohydrocyanicum.) 

Mosander  zeigte  zuerst,  dafs  der  Niederschlag,  den  man  aus  Zink- 
oxidsalzen mit  Ferrocyankalium  erhält,  nicht  reines  Ferrocyanzink,  son- 
dern eine  Doppelverbindung  desselben  mit  Ferrocyankalium  ist. 

§.  62.  Darstellung . Die  Auflösung  eines  eisenfreien  Zink- 
oxidsalzes wird  mit  einer  Lösung  von  Ferrocyankalium  nieder- 
geschlagen, der  Niederschlag  ausgewaschen  und  getrocknet 

§.  63.  Eigenschaften . Weifses,  geschmackloses,  in 
verdünnten  Säuren  unlösliches  Pulver;  enthält  i At.  Ferro- 
cyankalium, 3 Atome  Ferrocyanzink  und  12  Atome  Wasser. 

Eine  bläuliche  Farbe  zeigt  eine  Beimischung  von  Berlinerblau  an.  — 
Wird  als  Arzneimittel  angewendet. 


Ferridcyan . Formel : 2 Cf y. 

Durch  Behandlung  einer  Auflösung  von  Ferrocyankalium  mit  Chlor  wird 
aus  dieser  Kaliumverbindung  eine  neue  gebildet,  deren  Radikal  doppelt  so 
viel  Cyan  und  Eisen  enthält  als  das  Ferrocyan.  Wir  nennen  es  Ferrid- 
cyani;  es  verbindet  sich  mit  3 Aeq.  (6  At. ) Wasserstoff  zu  einer  drei- 
basischen  Säure.  Alle  Verbindungen  des  Ferridcyans  sind  entdeckt  und 
analysirt  von  L.  Gmelin. 


Ferridcyanwasser Stoff säure.  Formel:  2Cfy  -f  6H. 

1 Aeq.  Ferridcyan  =r  2657,88 

8 Aeq.  Wasserstoff  = 37,43 

1 Aeq.  FerridcyanwasserstofFsäure  = 2695,31 

Darstellung.  Ferridcyanblei  wird  feucht  vermittelst  Schwefelwasser- 
stoffsäure oder  vorsichtig  zugesetzter  verdünnter  Schwefelsäure  zersetzt; 
nach  der  Filtration  hat  man  eine  hellgelbe  Flüssigkeit,  welche  bei  behut- 
samem Abdampfen  bräunliche  Kristalle  von  säuerlich  herbem  Geschmack 
absetzt;  in  der  Wärme  abgedampft  bleibt  ein  dunkelbraunes  Pulver  unge- 
löst, die  Auflösung  zersetzt  sich  leicht  nach  einiger  Zeit,  schneller  in  der 
Wärme;  es  scheidet  sich  hierbei  ein  blaues  kristallinisches  Pulver  ab. 


Fervidcyanwasserstoffsäure  und  Metalloxide. 

Die  FerridcyanwasserstofFsäure  vereinigt  sich  mit  Metalloxiden  zu 
Ferridcyanmetallen,  von  denen  die  Verbindungen  mit  den  Metallen  der 
Alkalien  und  alkalischen  Erden,  sowie  die  dem  Eisenoxid  entsprechende 
Verbindung  im  Wasser  löslich  sind;  die  übrigen  sind  im  Wasser  nicht  lös- 
lich; ^ie  letzteren  werden  dargestellt  durch  gegenseitige  Zersetzung  eines 
löslichen  Ferridcyanmetalls  mit  den  entsprechenden  Metallsalzen. 


Ferridcyaneisen. 


641 


Ferridcyankalium.  Formel:  2Cfy -f  3K. 

1 Aeq.  Ferridcyan  = 2657,88 

3 At.  Kalium = 1469,76 

1 Ät.  Ferridcyankalium  = 4127,64 

Entdeckt  von  L.  Gmelin.  Durch  eine  Auflösung  von  Ferrocyankalium 
leitet  man  so  lange  Chlorgas,  bis  die  Flüssigkeit  Eisenoxidsalze  nicht  mehr 
blau  fällt;  man  dampft  ab  und  reinigt  die  durch  Abkühlen  erhaltenen  Kri- 
stalle durch  neue  Kristallisationen  vom  beigemischten  Chlorkalium. 

Erklärung.  2 At.  Ferrocyankalium  2Cfy  -f-  4K  zerlegen  sich  mit 
1 Aeq.  Chlor  in  1 Aeq.  Ferridcyankalium  2Cfy  + 3K  und  in  Chlorkalium 
Cl„  K. 

Eigenschaften.  Morgenrothe,  durchsichtige,  glänzende,  wasserfreie, 
gerade  rhombische,  luftbeständige  Säulen,  in  3,8  kaltem,  leichter  in  heis- 
sem  Wasser  löslich;  die  Kristalle  verbrennen  in  einer  Lichtflamme  mit  leb- 
haftem Fuukensprühen ; bei  Aussehlufs  der  Luft  erhitzt  entweicht  Cyan  und 
Stickgas,  es  bleibt  KoblenstofFeisen  und  Ferrocyankalium.  Die  wässerige 
Auflösung  wird  durch  Chlor  und  Schwefelwasserstoffsäure  zersetzt,  bei 
letzterer  unter  Fällung  von  Schwefel  und  Eisencyanür  und  Bildung  von 
Ferrocyankalium  und  Blausäure;  sie  ist  eins  der  empfindlichsten  Reagen- 
tien  auf  Eiseuoxidul,  mit  welchem  sie  einen  dem  Berlinerblau  ähnlichen 
Niederschlag  bildet;  Eiseuoxidsalze  werden  davon  nicht  gefällt. 

Ferridcyaneisen.  Formel:  2Cfy,  3 Fe. 

1 Aeq.  Ferridcyan  = 2657,88 
3 At.  Eisen  = 1017,63 

1 At.  Ferridcyaneisen  = 3675,51 

Diese  Verbindung  kommt  ebenfalls  im  Handel  als  Berlinerblau  vor,  sie 
ist  aber  etwas  heller  von  Farbe,  und  unterscheidet  sich  vorzüglich  durch 
ihre  Zusammensetzung  von  dem  gewöhnlichen  Berlinerblau.  Man  erhält 
diese  Verbindung  durch  Fällung  einer  Auflösung  von  schwefelsaurem  Ei- 
senoxidul mit  Ferridcyankalium , oder  mit  einer  Mischung  von  Ferrocyan- 
kalium  mit  unterchlorigsaurem  Natron,  welcher  man  eine  gewisse  Quanti- 
tät Salzsäure  zugesetzt  hat.  In  dieser  Sorte  von  Berlioerblau  sind  die  drei 
Atome  Kalium  des  Ferridcyankaliums  vertreten  durch  3 At.  Eisen.  Bei 
gleichem  Cyangehalt  verhält  sich  das  Eisen  in  dem  Ferridcyaneisen  zu  dem 
in  dem  gewöhnlichen  Berlinerblau  wie  14  : 15  , was  durch  nachstehende 
Formeln  anschaulich  ist: 

6Cfy  -h  SFe  gewöhnliches  Berlinerblau 

6Cfy  -4-  9 Fe  Berlinerblau  aus  dem  Ferridcyankalium. 

Das  unter  dem  Namen  TnrnbulVs  Blau  im  Handel  vorkommeode,  aus- 
gezeichnet schöne,  Berlinerblau  ist  Ferridcyaneisen;  es  wird  leicht  durch 
sein  Verhalten  gegen  Ferrocj  ankalium  erkannt,  mit  dem  es  sich  beim  Ko- 
chen zerlegt  in  Ferridcyankalium,  was  sich  auflöst,  und  in  einen  grauen  un- 
löslichen Rückstand  von  Ferrocyaneisen  mit  Ferrocyankalium.  fCampbell.J 

Kobaltcyanverbindungen. 

Von  L.  Gmelin  entdeckt.  Die  dem  Kobaltoxid,  Co,Oä,  proportionale 
Cyanverbindung  ist  bis  jetzt  nicht  dargestellt  worden;  mit  3 Aeq.  Blau- 
säure vereinigt  bildet  sie  die  Kobaltcyauidwasserstoffsäure , analog  in  ihrer 
Zusammensetzung  der  Ferridcyanwasserstoffsäure.  Diese  Säure  besteht  im 
wasserfreien  Zustande  aus  12  At.  = 6 Aeq.  Cyan,  2 At.  Kobalt  und  6 
At.  Wasserstoff,  sie  ist  eine  dreibasische  Säure.  Wir  bezeichnen  1 At. 
ihres  Radikals  mit  2CKy;  seine  Verbindungen  sind  folgende : 


642 


Kobaitcyanidwansersto  ff  säure. 


SCKy  — Cy12Co2  = Radikal. 

2 C Ky  -4-  6 H Kobaltcyanid  wasserstoffsäure. 

2CKy  -4-  3 K Kobaltcyanid-Kalium. 

SCKy  -4-  3 Pb  Kobaltcyanid-Blei. 

2 C Ky  ~h  3 Ag  Kobaltcyanid-Silber. 

Kobaltcyanidwasser  Stoff  säure. 

Formel:  Cyl2Co2H6  = 2CKy  + 6H.  Darstellung : Man  zersetzt 
Kobaltcyanidblei  durch  Schwefelwasserstoffsäure , filtrirt  die  klare  Flüssig- 
keit vom  Scbwefelblei  ab  und  dampft  bis  zur  Kristallisation  ein.  Eigen- 
schaften: Farblose  fasrige  Kristalle , von  stark  saurem  Geschmack,  zer- 
fliefslich  in  feuchter  Luft,  sehr  löslich  im  Wasser,  die  Auflösung  zerlegt 
die  kohlensauren  Salze  unter  Aufbrausen,  sie  kann  ohne  Veränderung  zum 
Sieden  erhitzt  und  abgedampft  werden ; die  Kristalle  verlieren  in  höherer 
Temperatur  Wasser,  sodann  Blausäure;  es  bleibt  ein  blauer  Rückstand, 
der  beim  Glühen  zu  Oxid  verglimmt.  fZwenger .) 

Kobaltcyanidkalium. 

Formel:  Cy12Co2  -4-  3K  = 2CKy-+-3K.  Von  L.  Gmelin  entdeckt. 
Darstellung : Kohlensaures  oder  reines  Kobaltoxidul  (Co -4-0)  oder  Kobalt- 
cyanür  wird  mit  Kalilauge,  die  man  mit  einem  üeberschufs  von  Blausäure 
versetzt  hat,  gelinde  bis  zur  vollständigen  Auflösung  erwärmt,  die  Auf- 
lösung zur  Kristallisation  eingedampft  und  die  gebildeten  rothgelben  Kri- 
stalle durch  neue  Kristallisationen  gereinigt.  Eigenschaften:  Kristallisirt 
in  beinahe  farblosen  oder  schwach  gelblichen , geschobenen  4seitigen  Säu- 
len von  der  Form  des  Ferridcyankaliums ; sie  sind  wasserfrei,  schmelzbar 
zu  einer  grünen  Flüssigkeit.  Löst  sich  in  heifsem  Wasser  leichter  wie  in 
kaltem;  die  Auflösung  ist  farblos,  ohne  Wirkung  auf  die  Pflanzenfarben , 
unzersetzbar  durch  Salzsäure,  Salpetersäure,  Schwefelsäure,  sie  fällt 
nicht  die  Eisenoxidsalze  und  giebt  mit  Kobaltoxidulsalzen  einen  rosenrothen 
Niederschlag. 

Kobaltcyanidblei . 

Durch  Fällung  von  Kobaltcyanidkaliuin  mit  neutralem  essigsaurem  Kali 
entsteht  ein  unbedeutender  weifser  Niederschlag.  Bei  Zusatz  von  Ammo- 
niak erfolgt  vollständige  Fällung.  Weifser  pulveriger  Niederschlag. 

Kobaltcyani  dsilber. 

Darstellung : Durch  Vermischen  von  salpetersaurem  Silberoxid  mit  Ko- 
baltcyanidkalium. Eigenschaften:  Weifser  kristallinischer  Niederschlag, 
löslich  in  Ammoniak,  in  der  Wärme  damit  eine  in  farblosen  durchsichtigen 
Säulen  kristallisirende  Doppelverbindung  bildend. 


Constitution  der  Ferrocyanvcrbindungen  nach  Berzelius . 

Nach  Berzelius  bilden  die  Cyanide  Doppelverbindungen  untereinan- 
der, ähnlich  den  Doppelsalzen,  die  durch  Sauerstoffsäuren  gebildet  wer- 
den; in  diesen  Verbindungen  ist  1 Atom  Eisencyaniir  vereinigt  mit  2 At. 
einer  andern  Cyanverbindung,  in  der  Art  also,  dafs  wenn  man  sich  die 
Metalle  darin  mit  Sauerstoff  verbunden  denkt,  dals  der  Sauerstoff  des  Ei- 
senoxiduls halb  so  viel  beträgt,  als  der  des  andern  Metalloxids.  Hiernach  ist: 

Eisencyanür  Cy2  Fe 

Ferrocyanwasserstoffsäure  Cy2  Fe  -h  Cy4  ff4  Wasserstoffeisencyanür. 

Ferrocyankalium  Cy2  Fe Cy4  K2  Kaliumeisencyanür. 

Ferrocyankaliumcalcium  Cy2  Fe , Cy4  K2  -t-  Cy2Fe , Cy4  Coa 

3Cy6Fe2  -+-  3FeC y2 


Berlinerblau 
Basisches  Berlinerblau 
Auflösliches  Berlinerblau 


2 Cy6  Fe*  , 3 Fe  Cy2  -4-  Fe2  O3 
SKCyft,  FeCy.  -+-  3Cy6Fe2,  3FeCy2 


Cyanchlorid. 


643 


Ferridcyan - und  Kobaltcyanid -Verbindungen  nach  Berzelius. 

Diese  Verbindungen  sind  nach  Berzelius  Doppelcyanide , worin  1 At. 
Eisencyanid , oder  Kobaltcyanid  in  seiner  Zusammensetzung  proportional 
mit  dem  Eisenoxid  und  Kobaltoxid , vereinigt  ist  mit  3 Atomen  eines  an- 
dern Cyanürs.  Hiernach  ist: 

Ferridcyanwasserstoffsäure  Fe2Cy6  -f-  Cy6H6  Wasserstoffeisencyanid. 
Ferridcyankaliuin  Fe2  Cy6  -f-  Cy6  K5  Kaliumeiscncy'anid. 

Ferridcyan  eisen  Fe2Cy6 -f- Cy6  Fe,  Eisencyanidcyanür.  Ber- 


Constitution  der  Ferrocyanverbindungen  nach  Graham. 

Die  Ferrocyanverbindungen  enthalten  eine  eigentümliche  Säure , de- 
ren Atomgewicht  das  Dreifache  beträgt  von  dem  der  Cyanwasserstoffsäure; 
sie  enthält  6 At.  Cyan,  welche  ein  Radikal,  Prussine , bilden  in  Verbin- 
dung mit  6 At.  Wasserstoff;  diese  Säure  ist  hiernach  die  der  Cyanursäure 
correspondirende  dreibasische  Wasserstoffverbindung;  bei  ihrer  Verbindung 
mit  Metalloxiden  werden  die  6 At.  Wasserstoff  vertreten  durch  ihre  Aequi- 
valente  von  Metallen. 

Prussin  Pr  rrr  Cy6 

Prussinwasserstoffsäure  = Pr  6H 

toffsäure. 


Diese  Ansicht  über  die  Constitution  der  Ferrocyanverbindungen  würde  den 
Vorzug  vor  jeder  andern  haben,  wenn  sie  erklären  würde,  woher  es 
kommt,  dafs  das  Eisen  in  dem  Ferrocyankalium  z.  I).  nicht  ersetzbar  ist 
durch  audere  Metalle  , was  der  Fall  seyn  müfste,  wenn  es  als  basisches 
Element  darin  vorhanden  wäre;  auf  dem  gegenwärtigen  Standpunkt  unserer 
Kenntnisse  über  die  Doppelsalze  scheint  sie  nichtsdestoweniger  zulässiger 
zu  seyn,  als  die  Ansicht  von  Berzelius. 


Man  kennt  zwei  Verbindungen  des  Cyans  mit  Chlor,  von  gleicher 
procentischer  Zusammensetzung;  die  eine  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
gasförmig  und  von  Gay-Lussac , die  andere  ist  fest  und  kristallinisch  und 
von  Serullas  entdeckt  worden. 

Gasförmiges  Cyanchlorid.  Entsteht,  wenn  Chlorgas  in  wässerige  Blau- 
säure geleitet  oder  wenn  Chlorgas  mit  befeuchtetem  Quecksilbercyanid  im 
Dunkeln  zusammengebracht  wird,  oder  wenn  man  Mellon  in  trockuem 
Chlorgas  erhitzt.  Diese  Verbindung  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur  gas- 
förmig, von  unerträglich  durchdringendem  Geruch,  reizt  die  Augen  heftig 
zu  Thränen , wird  bei  — 18°  C.  fest  und  in  langen  eisartigen  Nadeln  kri- 


*)  Wenn  es  sich  auch  nicht  bestätigen  sollte,  dafs  die  angenommene,  von 
Berzelius  abweichende  Ansicht  der  wahren  Constitution  dieser  Salze  ent- 
spricht, so  wird  eine  Vereinfachung  dieser  Formeln  nichtsdestoweniger  als 
eine  Aenderung  betrachtet  werden  können,  welche  für  das  Verstehen,  und 
namentlich  für  den  Vortrag,  einigen  Nutzen  gewährt. 


linerblau  *)• 


Kobaltcyan wasserstoffsäure  Co2Cy6  -f-  Cy6H6 
Kobaltcyanidkalium  Co2Cy6  -f-  Cy6K3 


Cyanchlorid. 


644 


Cy  ankromid.  Cyaniodid. 


stallisirbar,  die  bei  — 15°  schmelzen  und  bei  — 13°  sieden,  bei  -+-30° 
bleibt  es  bei  einem  Druck  von  4 Atmosphären  flüssig.  Wird  diese  Flüssig- 
keit sich  selbst  in  zugeschmolzenen  Röhren  überlassen,  so  setzen  sich  ihre 
Bestandtheile  zu  festem  kristallinischem  Chlorcyan  um,  und  es  bilden  sich 
darin  regelmäfsige  Kristalle  der  folgenden  Verbindung  (Person) : l Vol. 
Wasser  löst  35  Vol.  dieses  Gases  ohne  Veränderung,  Alkohol  sein  100-  und 
Aether  sein  50faches  Vol.  Von  alkalischen  Metalloxiden  wird  es  zerlegt,  Ei- 
senoxidulsafze  werden  davon  dunkelgrün  gefärbt,  wenn  man  der  Mischung 
ein  Alkali  zusetzt.  Setzt  man  befeuchtetes  Cyanquecksilber  mit  Chlorgas 
dem  Sonnenlicht  aus,  so  entsteht  ein  gelbes,  schweres,  ölartiges  Liqui- 
dum, unlöslich  im  Wasser,  von  dem  Geruch  des  gasförmigen  Chlorcyans; 
derselbe  Körper  scheint  durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  knallsaures 
Silberoxid  zu  entstehen.  Löst  man  ihn  in  Alkohol  und  vermischt  die  Auf- 
lösung mit  Wasser,  so  schlägt  sich  eine  kampherartige  kristallinische  Ma- 
terie nieder.  Durch  Aussetzen  eines  Gemenges  von  feuchtem  Chlorgas  und 
Chlorcyangas  an  das  Sonnenlicht,  scheinen  noch  zwei  feste  Verbindun- 
gen zu  entstehen.  (Serullas.)  Die  wahrscheinliche  Formel  dieser  Verbin- 
dung ist  Cy2Cla. 

Festes  Chlorcyan,  entdeckt  von  Serullas.  Es  entsteht,  wenn  trocknes 
Chlorgas  mit  wasserfreier  Cyanwasserstoffsäure  zusanunengebrackt  und 
dem  Sonnenlicht  ausgesetzt  wird;  es  bildet  sich  Chlorwasserstoffsäure  und 
festes  Chlorcyan,  was  sich  in  Kristallen  ansetzt;  man  kann  es  ebenfalls 
erhalten,  wenn  Schwefelcyankalium  in  einem  Strome  trocknen  Chlorgas 
erhitzt  wird.  Irn  reinen  Zustande  ist  es  weifs,  sublimirbar  in  langen  durch- 
scheinenden Nadeln,  von  durchdringendem,  den  Excrementen  der  Mäuse 
ähnlichen  Geruch,  von  scharfem,  stechendem  Geschmack,  von  1,33  spec. 
Gew.,  schmilzt  bei  140°,  sublimirbar  bei  190°.  Bei  Digestion  mit  Wasser 
in  gelinder  Wärme  zerlegt  es  sich  in  Cyranursäure  und  Salzsäure,  von  die- 
ser Zersetzung  ausgehend  mufs  seine  Zusammensetzung  durch  die  Formel 
Cy6  Cl6  ausgedrückt  werden;  es  ist  löslich  in  absolutem  Alkohol  und 
Aether  ohne  Zersetzung. 

Mit  trocknem  Ammoniakgas  zusammengebracht  verbinden  sich  beide 
zu  einem  vom  Wasser  nicht  weiter  zersetzbaren  weifsen  Körper,  unter 
Bildung  von  Salmiak;  seine  Zusammensetzung  ist  nur  unvollkommen  be- 
kannt. 


Cyanbromid. 

Bromcyan , Cy2  ßr2.  Diese  Verbindung  erhält  man  leicht  und  unter 
heftiger  Wärmeentwickelung,  wenn  3 Th.  Quecksilbercyanid  mit  1 Th. 
Brom  in  einem  Destillirapparate  zusammengebracht  werden.  Bei  gelinder 
Wärme  geht,  sobald  die  erste  heftige  Einwirkung  vorüber  ist,  das  Cyan- 
bromid aber  und  füllt  den  Hals  der  Retorte  in  Gestalt  von  weifsen,  farb- 
losen, würfelförmigen  Kristallen  an,  welche  äusserst  flüchtig,  schon  bei 
15°  gasförmig,  im  Wasser  und  Alkohol  leicht  löslich  sind.  Das  Cyranbromid 
besitzt  einen  sehr  heftigen,  äusserst  reizenden  Geruch  und  ist  giftig. 

Cyaniodid. 

lodcyan , Cy2  Ia.  Entsteht  beim  trocknen  Erhitzen  von  Cyanquecksil- 
ber oder  -Silber  mit  lod  (Wähler);  am  bequemsten  erhitzt  man  in  einem 
Destillirapparate  ein  Gemenge  von  lod , Cyranquecksilber  und  Wasser 
C Mitscherlich ),  wo  bei  gelinder  Einwirkung  das  Cyaniodid  sich  im  Retor- 
tenhals in  Gestalt  eines  weifsen  kristallinischen  Schnees  oder  langen  Na- 
deln sublimirt;  die  Kristalle  besitzen  einen  durchdringenden,  die  Augen  zu 
Thränen  reizenden  Geruch,  ist  im  Weingeist,  Aether  und  Wasser  ohne 
Zersetzung  löslich,  bei  45°  vollkommen  flüchtig. 


Schwefelcyan.  Schwefelcyanwasserstoffsäure. 


645 


Cyansulfid.  Formel : Cy2  S2. 

1 Aeq.  Cyan  = 329,91 

2 At.  Schwefel — 402,33 

1 Aeq.  Schwefelcyan  irr  732/24 

Synonyme  : Schwefelcyan.  Zuerst  dargestellt  von  J.  L.  — Diese 

Verbindung  wird  erhalten  beim  Sättigen  einer  concentrirteu  Auflösung  eines 
Schwefelcyanmetalls  mit  Chlor,  oder  durch  Erhiizen  derselben  mit  Salpe- 
tersäure; sie  schlägt  sich  in  Gestalt  eines  hochgelben,  nicht  kristallinischen, 
Pulvers  nieder,  welches  trocken  seine  Farbe  behält,  leicht,  locker  und 
stark  abfärbend  wird;  es  ist  weder  in  Wasser,  noch  in  Weingeist  oder 
Aether  löslich,  wird  in  der  Wärme  von  concentrirter  Schwefelsäure  auf- 
gelöst und  daraus  durch  Wasser  wieder  gefällt;  von  Salpetersäure  wird 
es  zersetzt;  verbindet  sich  mit  Kalium  in  der  Wärme  unter  Zersetzung 
und  Bildung  von  Schwefelkalium,  Cyankalium  und  Schwefelcyankalium; 
erleidet  eine  noch  wenig  studirte  Zersetzung  durch  Alkalien  uud  lösliche 
Schwefelmetalle,  löst  sich  leicht  und  vollständig  in  Schwefelwasserstoff- 
Schwefelkalium  unter  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff;  aus  dieser 
Auflösung  fällen  Säuren  einen  neuen  Körper  in  Gestalt  eines  weifsen  oder 
gelblichweifsen  Niederschlags.  Seine  Zersetzung  durch  den  Einflufs  der 
Wärme  ist  besonders  merkwürdig;  als  Produkt  der  trocknen  Destillation 
dieses  Körpers  erhält  man  Schwefelkohlenstoff,  Schwefel  und  im  Rück- 
stände Mellon , was  bei  höherer  Temperatur  in  Stickgas  und  Cyangas  zer- 
fällt. Von  4 At.  Schwefelcyan  erhält  man  2 At.  Schwefelkohlenstoff  und 
4 At.  Schwefel,  es  bleibt  1 At.  Mellon  C6  N8.  (Siehe  Zersetzungspro- 
dukte des  Schwefelcyans.) 

Lassaiyne  beschrieb  in  den  Annales  de  cliimie  T.  XXXIX,  als  eine  neue 
Verbindung  von  Cyan  mit  Schwefel,  eiuen  Körper,  den  er  durch  Einwir- 
kung von  Schwefelchlorid  (Chlorschwefel  im  Maximo)  auf  Cyanquecksil- 
ber, in  Gestalt  von  glänzenden,  farblosen,  das  Licht  stark  brechenden 
Kristallen,  von  starkem,  durchdringendem,  die  Augen  zu  Thränen  reizen- 
den Geruch,  erhalten  hatte.  Dieser  Körper  enthielt  Chlor,  dessen  Quan- 
tität nicht  bestimmt  wurde,  ferner  Schwefel  24  p.  c.  und  Cyan,  löste  sich 
im  Wasser  unter  Zersetzung  auf;  diese  Auflösung  färbte  Eisenoxidsalze 
roth.  Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  dieser,  für  eine  Verbindung  von  Cyan 
(4  At.)  mit  Schwefel  (1  At. ) gehaltene,  Körper  nichts  weiter  als  eine 
Doppelverbindung  von  Cyanchlorid  mit  Schwefelchlorid  ist. 

Schwefelcyanwasserstoffsäure . Formel:  2CyS  + H2. 

1 Aeq.  Schwefelcyan  :zz  782,24 

1 Aeq.  Wasserstoff — 1 2,48 

1 Aeq.  Schwefelcyanwasserstoffsäure  = 744,72 

Synon.:  Cyansulfidwasserstoff,  Schwefelblausäure.  — Entdeckt  von 
Rink.  Findet  sich  in  den  Saamen  und  Blüthen  der  Cruciferen , im  Spei- 
chel der  Menschen  und  Schafe. 

Darstellung.  Schwefelcyanblei,  basisches,  wird  mit  verdünnter  Schwe- 
felsäure zerlegt,  mit  der  Vorsicht,  dafs  die  Flüssigkeit  einen  Bleigehalt 
behält,  den  man  durch  Einleiten  von  Schwefel ^ asserstoffsäure  entfernt, 
oder  man  vertheilt  Schwefelcyansilber  in  dem  lOfachen  Volum  Wasser 
und  zersetzt  es  durch  Schwefelwasserstoff. 

Eigenschaften.  Rein  sauer  schmeckende , farblose  Flüssigkeit , welche 
sich  beim  Zutritt  der  Luft  und  beim  Erwärmen  ( Destilliren ) sehr  leicht 
zersetzt  in  mannigfaltige  Produkte,  worunter  eins  sich  als  ein  citrongel- 
bes , im  Wasser  unlösliches,  Pulver  in  der  Säure  absetzt.  Kann  nicht 
ohue  Wasser  bestehen.  Beim  Zusammenbringen  mit  Chlor  und  Salpeter- 
säure wird  aus  der  wässerigen  Säure,  durch  Entziehung  vou  Wasserstoff, 
Schwefelcyan  niedergeschlagen,  bei  weiterer  Einwirkung  entsteht  Cyan- 
säure uud  Schwefelsäure,  welche  erstere  in  kohlensaures  Ammouiak  zer- 
fällt ; färbt  Eisenoxidsalze  blutroth ; ist  nicht  giftig. 


646 


Schwefelcyankalium. 


Schwefelcyanwasserstoffsäure  und  Ammoniak. 

Schwefelcyan- Ammonium,  Schwefelblausaures  Ammoniak,  2CyS 

-4-  N2  H8. 

Darstellung.  Durch  Sättigen  der  Säure  mit  Ammoniak  und  gelindes 
Verdampfen  erhält  man  eine  zerflieTsliche  Salzmasse , welche  in  höherer 
Temperatur  eine  eigenthüinliche  Zersetzung  erfährt.  Anfänglich  entwickelt 
sich  Ammoniakgas  , sodann  destillirt  Schwefelkohlenstoff  über  und  es  sub- 
limirt  einfach  Schwefelammonium.  Der  Rückstand  besteht,  wenn  die  Wärme 
nicht  zu  weit  getrieben  wurde,  aus  Melam , oder  aus  einem  Gemenge  von 
Melam  mit  Mellon.  Schwefelcyanammonium  entsteht  ebenfalls  beim  Zu- 
sammenbringen von  Schwefelkohlenstoff  mit  Weingeist,  der  mit  Ammoniak 
gesättigt  ist. 

Schwefelcyanwasser  Stoff  säure  und  Metalloxide . 
Schwefelcyanmetalle. 

Synonyme:  Sulfocyanüre,  Sulfocyanide. 

Die  Schwefelcyanwasserstoffsäure  mufs  als  eine  dem  Hydrat  der  Cyan- 
säure proportionale  Verbindung  betrachtet  werden,  in  welcher  der  Sauer- 
stoff der  letzteren  ersetzt  ist  durch  seine  Aequivalente  von  Schwefel.  Als 
Wasserstoffsäure  würde  die  Foimei  des  Cyansäurehydrats  seyn 

Cy202  -4-  h2.  Demgemäfs  ist  die  Schwefelcyanwasserstoffsäure 
Cy2  S*  -+-  H2. 

Bei  ihrem  Zusammenbringen  mit  den  Metalloxiden  wird  ihr  Wasserstoff 
ersetzt  durch  1 Aeq.  Metall. 

Die  löslichen  Schwefelcyanmetalle  entstehen  entweder  direkt  beim 
Zusammenbringen  der  Säure  mit  dem  Metalloxid,  oder  wenn  eine  höhere 
Sch*vefelungsstufe  eines  Alkahmetalls  in  Cyaugas  geglüht  oder  in  Auflö- 
sung damit  zusammengebracht  wird,  oder  beim  Erhitzen  oder  Schmelzen 
löslicher  Cyanmetalle  mit  Schwefel,  oder  der  unlöslichen  Cyanmetalle  mit 
löslichen  Schw^efelalkalimetallen. 

Die  löslichen  Schwefelcyanmetalle  färben  Eisenoxidsalze  blutroth; 
in  wasserfreiem  Chlorwasserstoffsäuregas  erhitzt,  werden  sie  zerlegt  in 
Chlormetalle  und  in  wasserfreie  Schwrefelcyanwasserstoffsäure  , die  sich 
augenblicklich  in  andere  Produkte  zersetzt.  Die  Scliwefelcyanveirbindun- 
gen  der  Alkalimetalle  vertragen  trooken  eine  hohe  Temperatur,  ohne  zer- 
legt zu  werden  ; bei  Gegenwart  von  Sauerstoff  verwandeln  sie  sich , unter 
Entwickelung  von  schwefliger  Säure,  in  cyan-  und  schwefelsaure  Salze. 
Die  Sulfocyanide  der  schweren  Metalle  zerlegen  sich  beim  Glühen  in  Ge- 
menge von  Schwefelmetallen  mit  Melam,  es  entweicht  bei  den  meisten 
Schwefelkohlenstoff  und  Schwefel , bei  höherer  Temperatur  entwickelt  der 
Rückstand  Cyangas  und  Stickgas  im  Verhältnifs  wie  3:1.  In  Chlorgäs 
geglüht  entstehen  Chlormetalle,  Mellon,  Chlorschwefel,  Chlorcyan;  es 
sublimirt  ein  kleiner  Theil  Schwrefelcyan  unverändert;  sie  sind  mehrentheils 
in  Weingeist  löslich.  — Die  Oxidulsalze  des  Quecksilbers  werden  durch 
lösliche  Schw^efelcyanmetalle  in  Metall,  was  sich  abscheidet,  und  in  lös- 
liches Quecksilbersulfocyanid  zerlegt.  — Alle  löslichen  Schwefelcyan- 
metalle bilden  mit  Quecksilbercyanid  leicht  kristallisirbare  Doppelverbin- 
dungen. 

Schwefelcyankalium . Formel:  2CyS  + K. 

1 Aeq.  Schwefelcyan  = 732,24 

1 At.  Kalium = 489,92 

1 At.  Schwefelcyankalium  = 1222,16 

Synonyme  : Kaliumsulfocyanid , schwefelblausaures  Kali. 


Schwefelcyanblei.  Cyan  und  Ammoniak. 


647 


Darstellung.  Ferrocyankaliuui  wird  zur  Entfernung  alles  Kristall- 
wassers schwach  geröstet,  sodann  aufs  feinste  gepulvert,  mit  der  Hälfte 
seines  Gewichts  Schwefelblumen  gut  gemengt  und  in  einem  eisernen  Ge- 
fäfse  bei  schwacher  Rothglühhitze  zusammengeschmolzen,  bis  man  Blasen 
durch  die  schmelzende  Masse  entweichen  sieht,  die  sich  an  der  Luft  mit 
rothem  Lichte  entzünden.  Die  erkaltete  Masse  löst  man  in  kochenden» 
Wasser  auf,  setzt  so  lange  eine  Auflösung  von  kohlensaurem  Kali  zu,  als 
die  Flüssigkeit  noch  getrübt  wird , hält  die  ganze  Mischung  eine  Viertel- 
stunde im  Sieden , filtrirt  nun  von  dem  Eisenniederschlage  ab  und  dampft 
zur  Kristallisation  ein.  Durch  Auflösung  in  heifsein  Alkohol  befreit  man 
die  Kristalle  von  beigemischtem  kohlensaurem  Alkali. 

Eigenschaften.  Lauge,  gestreifte,  farblose,  wasserfreie  Säulen  von 
kühlendem,  etwas  beifsendem  Geschmack;  schmilzt  lange  vor  dem  Glühen 
zu  einer  klaren  Flüssigkeit,  zerfliefgt  in  feuchter  Luft,  in  heifsem  Wein- 
geist leicht  löslich  und  daraus  kristallisirend  beim  Erkalten. 

Schwefelcyanhlei , 2CyS-4-Pb.  Darstellung:  Durch  Vermischen 

concentrirter  Auflösungen  von  essigsaurem  Bleioxid  und  Schwefeicyan- 
kalium.  Gelbe,  undurchsichtige,  glänzende  Kristalle,  die  beim  Kochen 
mit  Wasser  zerlegt  werden  in  Scbwefelcyanwasscrstoffsäure  und  in  ba- 
sisches Schwefelcyanhlei.  Basisches,  2CyS,  Pb  -h  PbO.  Beim  Vermi- 
schen einer  Auflösung  von  Schwefelcyankalium  mit  basisch  essigsaurem 
Bleioxid;  gelblich weifses,  im  Wasser  unlösliches,  kristallinisches  Pulver. 

Schwefelcyankupfer,  Kupfer sulfocyanür,  2CyS-4-Cu2.  Darstellung: 
Einer  Mischung  einer  Auflösung  von  schwefelsaurem  Kupferoxid  mit  Schwe- 
felcyankalium wird  eine  Auflösung  von  schwefelsaurem  Eisenoxidul  zuge- 
setzt. Eigenschaften:  Weifser,  körniger,  im  Wasser  unlöslicher  Nie- 
derschlag. 

Schwefelcyansilber.  Darstellung : Durch  Fällung  von  neutralem  sal- 
petersaurem Silberoxid  mit  Schwefelcyankalium.  Weifser,  käsiger,  im 
Wasser  unlöslicher  Niederschlag;  löst  sich  in  Ammoniak  und  kristaliisirt 
daraus  in  glänzend  weifsen  Schuppen. 

Zersetzungsprodukte  des  Cyans  und  seiner  Verbindungen . 
Cyan  und  Wasser . 

Eine  Auflösung  von  Cyan  im  Wasser  färbt  sich  im  Lichte  schnell,  im 
Dunkeln  nach  längerer  Zeit,  braun;  es  schlagen  sich  braune  Flocken  nie- 
der; die  Flüssigkeit  enthält  Kohlensäure,  Blausäure,  Ammoniak,  Harnstoff 
und  kleesaures  Ammoniak  (Wähler')  aufgelöst;  nach  der  Analyse  von  Pe - 
louze  und  Richardson  läfst  sich  die  Zusammensetzung  der  braunen  Materie 
durch  2N2C2-{-H20  ausdrücken , was  einer  Verbindung  von  2 At.  Cyan 
mit  1 At.  Wasser  entspricht;  sie  löst  sich  in  Alkalien  und  Essigsäure  mit 
Leichtigkeit  und  bildet  mit  den  schweren  Metalloxiden  unlösliche  Verbin- 
dungen. Beim  Glühen  hinterläfst  sie  Paracyan.  Die  verschiedenen  Pro- 
dukte , die  bei  Zersetzung  des  Cyans  mit  Wasser  gebildet  werden  , sind 
unstreitig  Bildungen  von  verschiedenen  Zersetzungsweisen.  2 At.  Cyan 
und  3 At.  Wasser  enthalten  die  Elemente  von  kleesaurem  Ammoniak,  4 
At.  Cyan  und  1 At.  Wasser  die  Elemente  von  1 Aeq.  Cyansäure  und  1 
Aeq.  Cyanwasserstoffsäure.  Harnstoff  entsteht  durch  Verbindung  der  Cyan- 
säure mit  Ammoniak;  Kohlensäure  und  Ammoniak  durch  Zersetzung  der 
Cyansäare  mit  3 At.  Wasser. 

Cyan  und  Ammoniak. 

Leitet  man  Cyangas  in  wäfsriges  Ammoniak,  so  geht  eine  ähnliche 
Zersetzung  vor  wie  mit  Wasser,  obwohl  in  einer  viel  kürzere  Zeit;  es 
scheidet  sich  eine  braune  Materie  in  Menge  ab,  welche  eine  gewisse  Menge 
Ammoniak  in  chemischer  Verbindung  enthält;  die  auflöslichen  Produkte 
sind  die  nämlichen.  Nach  Johnston  läfst  sich  die  Zusammensetzung  dieses 


648 


Paracyan.  Mellonwassersto  ff  säure. 


braunen  Körpers  durch  die  Formel  C6  N8  Hia  04  oder  durch  C6  N6  0 -+- 
N2  H6  -f-  H6  03  ausdrücken , mithin  als  eine  wasserhaltige  Ammoniakver- 
bindung  einer  Säure,  die  dreimal  so  viel  Cyan  enthält  als  die  Cyansäure 
und  als  die  erste  Oxidationsstufe  des  Radikals  der  Cyanursäure. 

Durch  Glühen  dieses  braunen  Niederschlags  erhält  man  Paracyan, 
Wasser  und  kohlensaures  Ammoniak.  Diese  Zersetzung  erklärt  sich  leicht; 
wenn  man  erwägt;  dafs  dieses  Produkt  als  eine  Verbindung  von  Cyan 
(C4  N4)  mit  Ammoniak  und  Cyansäure  sich  betrachten  läfst;  von  welchen 
die  letztere  durch  ihre  Zersetzung  mit  3 At.  Wasser;  2 At.  Kohlensäure 
und  1 Aeq.  Ammoniak  liefern  kann. 

Paracyan.  Formel:  (C2N2)  (C4  N4). 

Entdeckt  von  Johnston.  Darstellung : Durch  Glühen  der  durch  die 
Zersetzung  des  Cyans  mit  Wasser  und  Ammoniak  gebildeten  braunen  Nie- 
derschläge; bleibt  in  geringer  Quantität  nach  der  Zersetzung  des  Cyan- 
quecksilbers durch  Wärme  in  der  Retorte  zurück. 

Eigenschaf  len.  Dunkelbraunes;  im  Wasser  unlösliches  Pulver;  giebt 
beim  Glühen  mit  Kupferoxid  Stickgas  und  Kohlensäure  im  Volumenverhälü- 
nifs  wie  1:2 , löst  sich  in  concentrirter  Schwefelsäure;  unter  Zersetzung 
löslich  in  Salpetersäure;  die  letztere  Auflösung  wird  mit  Wasser  trübe  und 
läfst  ein  gelbes  Pulver  fallen;  Paracyansäure  fJohnston) , deren  Eigen- 
schaften und  Zusammensetzung  ein  genaueres  Studium  erwarten. 

Zersetzungsprodukte  des  Schwefelcyans. 
Mellon.  Formel:  C6N8. 

6 At.  Kohlenstoff  = 458,61 

8 At.  Stickstoff  = 708,16 

1 At.  Mellon  — 1166,77 

Zusammengesetztes  Radikal.  Entdeckt  von  J.  L. 

Bildung.  Wenn  man  trocknes  Schwefelcyan  in  einer  Retorte  bis  zum 
Glühen  erhitzt;  so  zerlegt  es  sich  in  Schwefelkohlenstoff;  in  Schwefel  und 
in  Mellon.  4 At.  Schwefelcyan  (C8  N8  S8)  liefern  4 At.  Schwefel  (S4), 
2 At.  Schwefelkohlenstoff  (C2  S4)  und  l At.  Mellon  (C6  N8).  Diese  Ma- 
terie bleibt  ebenfalls  bei  der  trocknen  Zerlegung  des  Schwefelcyankaliums 
in  Chlorgas,  gemengt  mit  Chlorkalium,  im  Rückstände.  Ferner  beim  Glü- 
hen von  Melam,  Ammeiin  und  Amraelid. 

Eigenschaften.  Citrongelbes  Pulver,  unlöslich  in  Wasser,  Weingeist 
und  verdünnter  Salz-  und  Schwefelsäure,  löslich  unter  Zersetzung  in  Sal- 
petersäure und  ätzenden  fixen  Alkalien;  zerlegt  sich  in  starker  Glühhitze 
in  Cyangas  (3  Vol.)  und  Stickgas  (1  Vol.),  verbindet  sich  direkt  mit  Ka- 
lium unter  Feuererscheinung  zu  Mellonkalium;  mit  Wasserstoff  zu  Mellon- 
wasserstoffsäure ; zerlegt,  mit  Iod-,  Brom-  und  Schwefelcyan-Kalium  ge- 
schmolzen, diese  Verbindungen  unter  Austreibung  des  Iods,  Broms  und 
Schwefelcyans;  Verbindungen  dieses  Radikals  mit  andern  Metalloiden  sind 
nicht  bekannt. 

Mellonwasser  Stoff säure. 

1 At.  Mellon  = 1166,77 

1 Aeq.  Wasserstoff rz:  12,48 

1 At.  Mellouwasserstoffsäure  zz:  1179,25 

Entdeckt  von  L.  Gmelin.  Formel  C6  Ns  -f-  H2.  Darstellung : Mellon- 
kalium wird  in  kochendem  Wasser  gelöst  und  mit  Salz-,  Schwefel-  oder 
Salpetersäure  vermischt.  Eigenschaften:  Schmutzig  weifser,  gelatinöser 
Niederschlag,  zu  einem  gelblichen  Pulver,  Mellonwassersto ffsäure-Bydratj 
austrocknend,  wenig  löslich  in  kaltem,  leichter  in  heifsem  Wasser;  von 
schwach  saurer  Reaction;  unzersetzbar  durch  Salz-  und  Salpeter-Säure. 


Mellonkalium.  Cyanilsäure. 


649 


Mellonwasser  Stoff  saure  und  Metalloxide. 

Die  Mellonwasserstoffsäure  zerlegt  sich  mit  den  Metalloxiden  zu  Mel- 
lonmetallen  und  Wasser;  sie  zersetzt  auf  nassem  und  trocknein  Wege  die 
kohlensauren  Salze , heim  Schmelzen  die  Iod-  und  Brommetalle  Die  Ver- 
bindungen der  Mellonwasserstoffsäure  mit  den  alkalischen  Erden  und  Me- 
talloxiden sind  im  Wasser  unlöslich. 

Mellonkalimn . Formel:  C6N8  -f  K. 

1 At.  Mellon  = 1166,77 

e 1 At.  Kalium — 489,92 

1 At.  Mellonkalium  “Er  1 656,09 

Darstellung.  Schwefelcyankalium  wird  in  einer  Porcellanschaale  in 
glühenden  Flufs  gebracht , und  so  lange  Mellon  hineingetragen,  als  man 
noch  eine  Entwickelung  von  Schwefelkohlenstoff  und  Schwefel  bemerkt. 
Man  erhält  eine  braune,  undurchsichtige,  glasartige  Masse,  welche  in 
heifsem  Wasser  gelost  nach  dem  Erkalten  wasserhaltige  Kristalle  von  Mel- 
lonkalium liefert.  Es  kann  ferner  durch  Zusammenschmelzen  von  5 Th. 
Antirnonchlorür  (Spiesglanzbutter)  und  8 Th.  Schwefelcyankalium  darge- 
stellt werden,  wenn  die  nach  der  Entwickelung  des  Schwefelkohlenstoffs 
und  Schwefels  zurückbleibeude , geschmolzene  Masse  mit  kochendem  Was- 
ser ausgezogen  wird.  Bildet  sich  ferner  als  Nebenprodukt  bei  der  Darstel- 
lung des  Schwefelcyankaliums;  ist  in  der  Auflösung  in  geringer,  in  dem 
Rückstände  in  grofser  Menge  enthalten  und  kann  durch  kochendes  Wasser 
aus  letzterem  ausgezogen  werden. 

Eigenschaften.  Aus  Wasser  kristallisirt  das  Mellonkalium  in  farblosen, 
feinen,  zu  dicken  Flocken  vereinigten  Nadeln;  eine  concentrirte  Auflö- 
sung gerinnt  zu  einem  weichen,  weifsen  Brei;  in  kaltem  Wasser  schwer- 
loshch,  die  Auflösung  ist  geschmacklos;  enthält  Kristallwasser,  was  es  in 
höherer  Temperatur  verliert;  es  schmilzt  alsdann  ohne  Gewichtsverlust  zu 
einem  klaren,  gelblichen  Glase.  — Die  Auflösung  des  Mellonkaliums  fällt 
alle  Erd-  und  Metall-Salze. 

Erklärung  der  Bildung  des  Mellonkaliums.  Wenn  Schwefelcyankalium 
mit  Mellon  zusammengeschmolzen  wird,  so  wird  Schwefelcyan  ausgetrie- 
ben,  was  in  der  hohen  Temperatur  für  sich  wieder  in  Schwefel,  Schwe- 
felkohlenstoff und  Mellon  zerfällt.  Beim  Zusammenschmelzen  von  1 AI. 
Antirnonchlorür  mit  4 At.  Schwefelcyankalium  entstehen  3 At.  Chlorkalium, 
* At'  Antimonsulfür,  Sb2  S3  , 2 At.  Schwefelkohlenstoff,  2CS-, 
1 At.  Mellonkalium,  C6N8K,  und  1 At.  freier  Schwefel.  Beim  Schmel- 
zen von  Ferrocyankalium  mit  Schwefel  entsteht  Schwefelcyankalium  und 
Scliwefelcyaneisen  im  Minimo;  von  letzterem  zerlegen  sich  4 At.  in  4 At. 
Schwefeleisen,  4FeS,  2 At.  Schwefelkohlenstoff,  2CS2,  und  in  1 At. 
™ ,,  > welches  von  seiner  Seite  1 At.  Schwefelcyankalium  zerlegt  in 

Mellonkalium  und  freies  Schwefelcyan,  was  in  dem  Moment  seiner  Bil- 
dung in  Schwefel , Schwefelkohlenstoff  und  Mellon  zerfällt. 

Ziersetzungsprodukte  des  Meltons. 
Cyanilsäure. 

Beim  anhaltenden  Kochen  von  Mellon  mit  verdünnter  Salpetersäure 
lost  es  sich  unter  Gasentwickelung  auf,  die  Flüssigkeit  liefert  beim  Ver- 
dampfen farblose,  wasserfreie,,  octaedriscbe  Kristalle,  welche  beim  Wie- 
derauflosen in  heifsem  Wasser  perlmutterglänzende,  weiche  Blätter  von 
wasserhaltiger  Cyanilsäure  liefern.  Diese  Säure  hat  dieselbe  Zusammen- 
setzung wie  die  kristallisirte  Cyanursäure,  enthält,  wie  diese,  4 At.  Kri- 
stallwasser, was  sie  bei  100°  verliert,  indem  sie  undurchsichtig  wird  und 
zu  einem  weifsen  Pulver  zerfällt.  Sie  verwandelt  sich  bei  der  trocknen 
Geigers  Pharmacie . I.  (5 te  Aufl.)  4$ 


650 


Mel  am. 


Destillation  in  Cyansäurehydrat , beim  Auflösen  in  Schwefelsäure  und  Kali- 
lauge in  Cyanursäure.  Diese  Säure  ist  sehr  wenig  untersucht.  Ihre  Bil- 
dung läfst  sich  einigermafsen  erklären,  wenn  man  annimmt,  dafs  1 Atom 
Mellon  mit  den  Elementen  von  3 At.  Wasser  zur  Entstehung  von  1 Atom 
Cyanilsäure  und  1 Aeq.  Ammoniak,  welches  letztere  man  in  der  That  mit 
der  Salpetersäure  vereinigt  findet,  Veranlassung  geben  können;  hiernach 
wäre  die  Bildung  derselben  aber  nicht  ausschließlich  abhängig  von  der 
Anwendung  der  Salpetersäure. 

Mellon  und  Kali. 

Beim  Kochen  von  Mellon  mit  Kali  löst  es  sich  unter  Ammoniakent- 
wickelung auf,  die  Flüssigkeit  giebt,  abgedampft,  ein  in  langen  Nadeln 
kristallisirendes , sehr  lösliches  Kalisalz.  Wird  die  warme  Auflösung  mit 
Essigsäure  vermischt,  so  schlägt  sich  eine  Kaliverbindung  in  glänzenden 
Schuppen  nieder.  Durch  Auflösung  der  letzteren  in  Salpetersäure  erhält 
man  eine  in  glänzenden,  durchsichtigen  Nadeln  kristalsisirende  kalifreie 
Substanz,  welche  Silbersalze  weifs  nied  erschlägt ; dieser  Niederschlag 
enthält  58,8  p.  c.  Silber  und  ist  in  verdünnter  Salpetersäure  nicht  löslich. 

Ueherschwefelcy  anwasser  stoffsäure. 

Zersetzungsprodukt  der  Schwefelcyanwassersioffsäure.  Wenn  man 
Schwefelcyankalitim  in  einem  Strom  trockner  Chlorwasserstoffsäure  schmilzt, 
so  scheidet  sich  Schwefelcyanwasserstoffsäure  ab,  die  sich  aber  sogleich 
zerlegt  in  Schwefelkohlenstoff,  Blausäure  und  einen  gelben  im  Wasser  un- 
löslichen Körper.  Geschieht  diese  Zersetzung  in  einer  Retorte,  so  findet  man 
den  Hals  der  Retorte  mit  dieser  gelben  festen  oder  rothen  Materie  in  grofser 
Menge  bekleidet,  die  in  heifsem  Weingeist  löslich  ist  und  sich  daraus  beim 
Erkalten  in  Gestalt  einer  blafsgelben,  kristallinischen,  im  Wasser  wenig 
löslichen  Masse  wieder  absetzt.  Die  Zusammensetzung  dieser  Substanz 
läfst  sich  durch  die  Formel  CyaS.3-+-H2  ausdrücken,  wonach  sie  1 At. 
Schwefel  mehr  enthält  als  die  Sch  wefelcy  an  wasserstoffsäure;  sie  löst  sich 
in  Alkalien  leicht  und  bildet  mit  den  übrigen  Metalloxiden  eigentümliche, 
meistens  unlösliche,  Verbindungen.  Woskresensky. 

Melam.  Formel:  Ci2N22H18. 

13  At.  Kohlenstoff  ™ 917,330 

23  At.  Stickstoff  — 1947,040 

18  At.  Wasserstoff  r:  112,315 

1 At.  Melam  “ =297 6^575 

Entdeckt  von  J.  L.  ■—  Zersetzungsprodukt  des  Schwefelcyanammo- 
niums. 

Wenn  Schwefelcyanammonium  pder  ein  Gemenge  von  1 Th.  Schwefel- 
cyankalium mit  2 Th.  Salmiak  bis  zum  Schmelzpunkt  des  Schwefelcyan- 
kaliums erhitzt  werden,  so  zerlegt  sich  das  Schwefelcyanammonium  in 
drei  flüchtige  und  in  ein  festes  Produkt.  Die  ersteren  sind  Ammoniak, 
Schwefelwasserstoff  und  Schwefelkohlenstoff,  das  letztere  ist  Melam ; es 
bleibt  mit  Chlorkalium  gemengt  in  dem  Destillirgefäfs  und  kann  durch 
Waschen  mit  Wasser  davon  getrennt  werden. 

Eigenschaften.  Weifsgrauer,  nicht  kristallinischer,  im  Wasser,  Wein- 
geist und  Aether  unlöslicher  Körper;  wird  von  heißer  Kalilauge  aufgelöst, 
ein  Theil  davon  wird  hierbei  zersetzt,  ein  anderer  schlägt  sich  daraus  beim 
Erkalten  unverändert  nieder;  löst  sich  in  heifser  coocentrirter  Salpeter- 
säure und  Schwefelsäure;  Weingeist  und  Wasser  fällen  aus  dieser  Auf-  I 
lösung  Ammelid.  Wird  die  Auflösung  in  diesen  eoncentrirten  Säuren  nach 
dem  Vermischen  mit  Wasser  mehrere  Stunden  gekocht,  so  verwandelt 
sich  das  Melam  gänzlich  in  Cyanursäure  und  Ammoniak.  1 Atom  Melam  i 
und  12  At.  Wasser  enthalten  die  Elemente  von  2 At.  Cyanursäure  und 


Melamin. 


65t 

10  At.  Ammoniak.  Löst  sich  in  Salzsäure , verdünnter  Salpetersäure  und 
Kali  unter  Bildung  von  Ammeiin  und  Melainiu  ; schmilzt  mit  Kalihydrat 
unter  Ammoniakentwickelung  zu  cyansaurem  Kali,  mit  Kalium  zu  Mellon- 
kalium  zusammen.  Beim  Erhitzen  für  sich  zerlegt  es  sich  in  Mellon  und 
in  Ammoniak. 

Erklärung.  8 At.  Schwefelcyanammonium  zerfallen  beim  Erhitzen  in 

1 At.  Melam , 10  At.  Ammoniak,  4 At.  Schwefelkohlenstoff,  8 At.  Schwe- 
felwasserstoff. — 1 At.  Melam  mit  6 At.  Kalihydrat  zusammengeschmol- 
zen  giebt,  unter  Hinzutreten  der  Elemente  von  6*  At.  Wasser,  6 At.  cyan- 
saures Kali  und  10  At.  Ammoniak.  Beim  anhaltenden  Erwärmen  des  Me- 
lams  mit  Kalilauge  zerlegt  es  sich,  unter  Hinzutreten  der  Elemente  von 

2 At.  Wasser,  in  1 At.  Melamin  und  1 At.  Ammeiin.  Bei  seiner  Ver- 
wandlung in  Ammelid  treten  die  Elemente  von  6 At.  Wasser  zu  l At 
Melam,  es  entstehen  1 At.  Ammelid  und  4 At.  Ammoniak. 


Melamin.  Formel : C6  N,  % H x * . 

6 At.  Kohlenstoff  = 458,0*10 

12  At.  Stickstoff  = 1068,240 

12  At.  Wasserstoff  = 74,877 

1 At.  Melamin  = 1595,727 

Salzbase.  Zersetzungsprodukt  des  Melams  durch  Alkalien  und 
verdünnte  Säuren . Entdeckt  von  J.  L.  — Darstellung.  Der  Rückstand 
von  der  Destillation  von  1 % Schwefelcyankalium  mit  2 % Salmiak  (rohes 
Melam)  wird  nach  der  Entfernung  des  Chlorkaliums  mit  einer  Auflösung 
von  1 Th.  Kalihydrat  in  20  Th.  Wasser  so  lange  gekocht,  bis  dals  Alles 
aufgelöst  und  die  trübe  Flüssigkeit  klar  geworden  ist;  man  dampft  sie  nun 
gelinde  ab,  bis  dafs  sich  in  der  Flüssigkeit  glänzende  Kriscallblättchen  bil- 
den, und  läfst  sie  nun  erkalten,  wo  sich  alles  Melamin  abscheidet;  man 
reinigt  es  durch  neue  Kristallisationen. 

Eigenschaften.  Ziemlich  grofse,  farblose  oder  schwach  gelbliche, 
durchscheinende,  wasserfreie  Octaeder  mit  rhombischer  Basis,  in  kaltem 
Wasser  schwer,  in  kochendem  ziemlich  leicht,  wiewohl  langsam,  löslich; 
unveränderlich  an  der  Luft,  unlöslich  in  Alkohol  und  Aether.  Die  wäs- 
serige Auflösung  ist  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben , von  schwach  bit- 
terlichem Geschmack.  In  der  Wärme  schmilzt  es  und  sublimirt  zum  gröfs- 
ten  Theil  unverändert,  ein  kleiner  Theil  zersetzt  sich  hierbei  in  Mellon 
und  Ammoniak.  Zersetzbar  in  der  Wärme  von  concentrirter  Schwefel- 
und Salpetersäure,  in  Ammoniak  und  Ammelid  oder  Ammeiin;  mit  Kali- 
hydrat geschmolzen  treten  die  Elemente  von  3 At.  Wasser  zu  seinen  Be- 
standteilen, es  werden  6 At.  Ammoniak  gebildet,  die  sich  entwickeln, 
und  es  bleiben  3 At.  cyansaures  Kali. 


Melamin  und  Säuren. 

Melaminsalze.  Das  Melamin  verbindet  sich  mit  verdünnten  Säuren  zu 
kristallisirbaren  Salzen,  welche,  mit  Ausnahme  der  Doppelsalze,  sauer 
reagiren.  Salpetersaures , phosphorsaures  und  oxalsaures  Melamin  sind 
schwerer  löslich  als  das  Melamin  selbst;  essigsaures  und  ameisensaures 
Melamin  sind  leicht  löslich;  aus  den  Bittererdesalzen  wird  in  der  Wärme 
Bittererde  niedergeschlagen,  indem  sich  ein  Doppelsalz  bildet;  dasselbe 
geschieht  mit  allen  Salzen,  deren  Basis  ein  schweres  Metalloxid  ist. 

Das  Melamin  verbindet  sich  direkt  mit  den  wasserfreien  Wasserstoff- 
sauren ; alle  Melaminsalze,  die  durch  Sauerstoffsäuren  gebildet  werden, 
enthalten,  wie  die  cerrespondirenden  Ammouiaksalze,  1 Atom  Wasser, 
ohne  welches  sie  nicht  bestehen  können;  es  bildet  basische  Doppeisalze, 
worin  dieses  Atom  Wasser  ersetzt  ist  durch  1 Aeq.  Metalloxid. 


Ammeiin.  Ammelid. 


65  J 

Ammeiin.  Formel:  C6NioHio02. 

6 At.  Kohlenstoff  = 458,610 
12  At.  Stickstoff  = 1062,240 
12  At.  Wasserstoff  ~ 74,877 

1 At.  Ammeiin  — 1595,727 

Salzbase.  Entdeckt  von  J.  L.  Zersetzungsprodukt  des  Melams  und 
Melamins  durch  Säuren  und  Alkalien . * — Darstellung.  Die  alkalische 
Flüssigkeit,  aus  welcher  sich  bei  der  Zersetzung  des  Melams  durch  Kali- 
lauge das  Melamin  abgesetzt  hat,  enthält  Ammeiin  in  Kali  gelöst;  man 
neutralisirt  sie  mit  Essigsäure,  wodurch  es  vollständig  gefällt  wird.  Der 
erhaltene  gelatinöse,  weifse  Niederschlag  wird  nach  dem  Auswaschen 
feucht  in  verdünnte  Salpetersäure  getragen , so  lange  er  sich  noch  darin 
auflöst;  diese  Flüssigkeit  liefert  beim  Abdampfen  Kristalle  von  reinem  sal- 
petersaurem Ammeiin,  welche  aufs  neue  in  sehr  verdünnter  Salpetersäure 
gelöst  und  durch  kohlensaures  Ammoniak  gefällt  werden.  Der  Nieder- 
schlag von  reinem  Ammeiin  wird  ausgewaschen  und  getrocknet.  Man 
kann  diesen  Körper  ebenfalls  gewinnen,  wenn  mau  Melam  in  verdünnter 
Salzsäure  kochend  löst,  die  Flüssigkeit  abdampft,  wo  salzsaures  Ammeiin 
und  Melamin  kristallisiren,  die  erhaltenen  Kristalle  in  reinem  Wasser  löst, 
zum  Sieden  erhitzt,  und  mit  Aetzammoniak  fällt.  Die  von  dem  Nieder- 
schlage ablaufende  Flüssigkeit,  sowie  das  Waschwasser,  enthalten  Me- 
lamin, was  man  durch  Abdampfen  als  salzsaures  Salz  gewinnt. 

Eigenschaften . Blendend  wreifser  Niederschlag,  der  aus  sehr  feinen, 
seidenglänzenden  Nadeln  besteht;  unlöslich  in  Wasser,  Weingeist  und 
Aether,  löslich  in  ätzenden  Alkalien;  liefert  beim  trocknen  Erhitzen  für 
sich  ein  kristallinisches  Sublimat  und  Ammoniak , und  hinterläfst  reines 
Mellon;  ist  in  Säuren  löslich  und  bildet  damit  kristallisirbare  Salze;  beim 
anhaltenden  Kochen  mit  verdünnten  Säuren,  oder  bei  seiner  Auflösung  in 
concentrirter  Schwefelsäure,  zerlegt  es  sich  beim  Hinzutreten  von  1 At. 
Wasser  in  Ammoniak  und  Ammelid  Mit  Kalihydrat  geschmolzen  wird  es, 
indem  die  Elemente  von  1 At.  Wasser  hinzutreten , in  Ammoniak  und 
cyansaures  Kali  verwandelt. 

Ammeiin  und  Säuren. 

Das  Ammeiin  ist  eine  schwache  Salzbasis ; es  vereinigt  sich  nur  mit 
starken  Säuren,  nicht  mit  organischen,  zu  kristallisirbaren , sauer  reagi- 
renden  Salzen,  welche  zum  Theil  schon  durch  Wasser,  unter  Zurück- 
lassung von  Ammeiin,  zersetzt  werden;  wird  eine  Auflösung  von  salpe- 
tersaurem Ammeiin  mit  den  Salzen  vieler  schweren  Metalloxide  zusam- 
mengemischt, so  entstehen  kristallinische  Niederschläge,  welche  basische 
Doppelsalze  sind,  die  t At.  Säure,  1 At.  Amtnelin  und  1 At.  Metalloxid 
enthalten.  Die  Ammelinsalze , welche  durch  Sauerstoffsäuren  gebildet 
werden,  enthalten,  wie  die  Ammoniaksalze,  1 At.  Wasser,  ohne  wel- 
ches sie  nicht  bestehen  können ; die  Doppelsalze  sind  wasserfrei. 

Salpeter  saures  Ammeiin  kristallisirt  in  grofsen,  breiten  Blättern,  oder 
in  langen  quadratischen  Säulen;  für  sich  erhitzt  schmilzt  es  und  hinterläfst 
Ammelid ; es  entwickelt  sich  hierbei  Salpetersäure  und  die  Zersetzungs- 
produkte des  salpetersauren  Ammoniaks. 

Ammelid.  Formel : C12  N]8  H2 8 06. 

12  At.  Kohlenstoff  = 917,230 
18  At.  Stickstoff  1593,360 

18  At.  Wasserstoff  =r  112,315 
6 At.  Sauerstoff  = 600,000 
1 At,  Ammelid  rr  3222,895 


Schwefel  cy an  Wasserstoff. 


653 


Entdeckt  vou  J.  L.  Zersetzungsprodukt  des  Melams , Melamins , 
Ammelins  durch  concentrirte  Säuren.  Man  löst  Melarn,  Melamin  oder 
Ammelin  in  concentrirter  Schwefelsäure,  vermischt  die  Auflösung  mit 
Weingeist  und  wascht  den  gebildeten  Niederschlag  mit  kaltem  Wasser  bis 
zür  Entfernung  aller  Saure.  Kann  durch  Auflösung  in  Salpetersaure  und 
Fällung  mit  kohlensaurem  Ammoniak  weiter  gereinigt  werden. 

Eigenschaften.  Weifses,  in  Wasser,  Weingeist  und  Aether  unlösli- 
ches Pulver;  löslich  in  Alkalien  und  starken  Säuren,  bildet  mit  Salpter- 
säure  eine  kristallinische  Verbindung,  welche  durch  Wasser  zerlegt  wird; 
anhaltend  gekocht  mit  verdünnter  Salpetersäure  oder  Schwefelsäure  zer- 
legt es  sich  vollständig  in  Cyanursäure  und  Ammoniak. 

Theorie  über  die  Zusammensetzung  des  Melamins,  Ammelins 
und  Ammelids. 

Man  hat  durch  folgende  Darstellung  versucht,  sich  Rechenschaft  über 
die  basischen  Eigenschaften  des  Melamins,  Ammelins  und  über  ihren  Zusam- 
menhang mit  Ammelid  und  Cyanursäure  zu  geben.  Wenn  man  nemlich 
voraussetzt,  dafs  diese  Materien  dasselbe  Radikal,  wie  die  Cyanursäure, 
und  eine  Verbindung  von  Stickstoff  und  Wasserstoff,  welche  wir  mit  M 
bezeichnen  wollen,  enthalten,  welche  letztere  gleiche  Atome  beider  Ele- 
mente enthält,  so  nehmen  sie  folgende  Form  an: 

Cy6  06  -f-  H6  = Cyanursäure. 

Cy6  M6  -4-  H6  ™ Melamin. 

Cy6  M4  Oa  -f-  H6  ™ Ammelin. 

Cy6  M3  03  -f-  H6  ~ Ammelid. 

Cy6  03  03  -4-  H6  — Cyanursäure. 

Die  Cyanursäure  ist,  wie  man  bemerkt,  der  Anfangs-  und  Eud-Punkt  der 
Reihe ; in  dem  Melamin  sind  die  6 Atome  Sauerstoff  der  Cyanursäure  durch 
6M  (N6  H6),  iu  dem  Ammelin  4 At.  Sauerstoff  durch  4M  vertreten,  beide 
sind  Salzbasen ; das  Ammelid  besitzt  keine  basischen  Eigenschaften  mehr, 
in  diesem  ist  die  Hälfte  des  Sauerstoffs  der  Cyanursäure  durch  3M  ver- 
treten , durch  eine  weitere  Ersetzung  von  allem  M entsteht  daraus  wieder 
Cyanursäure.  Die  basischen  Eigenschaften  dieser  Körper  nehmen  ab  mit 
der  Quantität  Sauerstoff,  welche  in  ihr  Radikal  aufgenommen  wird.  Die 
Cyanursäure  läfst  sich  mit  der  Pho^phorsäure,  das  Melamin  mit  dem  Phos- 
phorwasserstoff oder  dem  Ammoniak  vergleichen;  wie  das  Ammoniak,  ver- 
bindet es  sich  mit  den  Wasserstoffsäuren  direkt  und  ohne  Intervention  des 
Wassers,  und  mit  den  Sauerstoffsäuren , indem  1 At.  Wasser  hinzutritt, 
welches  darin  in  derselben  Form  enthalten  seyn  rau  (’s,  wie  in  den  Ammo- 
niaksalzen. 

Weitere  Verbindungen  des  Cyans. 

Cyan  und  Schwefelwasserstoff.  Man  kennt  zwei  Verbindungen  des 
Cyans  mit  Schwefelwasserstoffsäure;  beide  bilden  sich  nicht,  wenn  die 
Gase  trocken  gemischt  werden,  sie  verbinden  sich  aber  mit  einander  bei 
Gegenwart  von  Wasser.  Die  eine,  von  Gay-Lussac  entdeckt,  erhält  mau, 
wenn  1 Voi.  Cyangas  mit  1,5  Vol.  Schwefelwasserstoffgas,  bei  Gegen- 
wart von  wenig  Wasser,  mit  einander  zusammengebracht  werden;  beide 
Gase  werden  von  dem  Wasser  aufgenonnnen,  und  man  erhält  durch  Ver- 
dampfen daraus  gelbe  lauge  Nadeln,  deren  wässerige  Auflösung  Bleisalze 
nicht  fällt;  die  andere  ist  von  Wähler  entdeckt  worden.  Formel:  Cy6  S6 
7+“  ^12  ■+*  aq.  — Darstellung : In  eine  gesättigte  Auflösung  von  Cyangas 
in  Alkohol  leitet  man  Schwefelwasserstoffsäure,  worauf  sich  die  Flüssig- 
keit gelb  färbt  und  bei  künstlicher  Abkühlung  lebhaft  orangerothe  Kristalle 
einer  Verbindung  von  Cyan  und  Schwefelwasserstoffsäure  absetzt.  Eigen- 
schaften: Unlöslich  in  kaltem,  etwas  löslich  in  kochendem  Wasser;  leicht 
löslich  in  heifsem  Alkohol  und  daraus  unverändert  kristallisirbar ; löslich 


654 


Harnsäure. 


in  der  Kälte  io  Alkalien  und  daraus  durch  Säuren  wieder  fällbar;  beim 
Erwärmen  damit  entsteht  ein  Gemenge  von  einem  Schwefelmetall  und  ei- 
nem Schwefelcyaniir ; mit  Silber-,  Blei-  und  Kupfer -Salzen  giebt  seine 
Auflösung  Niederschläge , von  denen  der  erstere  bei  gelindem  Erwärmen 
in  Schwefelsilber  und  freies  Cyauga's  zerfällt. 

Schwefelcyanwasser  stoff  und  Schwefelwasserstoff.  Cy2  S3  H4.  Ent- 
deckt von  Zeise.  — Darstellung : 1 Vol.  wasserfreier  AlkohoLwird  bei 
10°  mit  Ammoniakgas  gesättigt,  sodann  mit  einer  Auflösung  von  0,16  Vol. 
Schwefelkohlenstoff  in  0,4  Vol.  Alkohol  in  einer  Flasche  vermischt,  wel- 
che, wohlverschlossen  und  völlig  damit  augefüllt,  bei  15°  stehen  gelassen 
wird.  Es  bilden  sich  hierbei  zwei  Produkte,  wovon  das  eine  eine  Ver- 
bindung von  Ammoniak  mit  einer  Säure  ist,  welche  aus  Schwefelkohlen- 
stoff und  Schwefelwasserstoff  besteht;  dieses  Ammoniaksalz  setzt  sich  nach 
einigen  Stunden  kristallinisch  ab,  die  rückbleibende  Flüssigkeit  enthält  so- 
dann ein  anderes  Ammoniaksalz,  dessen  Säure  als  eine  Verbindung  von 
Sch  wefelcyati  Wasserstoff  und  Schwefelwasserstoff  betrachtet  werden  kann. 
Bei  starker  Abkühlung  schlägt  sich  dieses  Salz  kristallinisch  nieder,  durch 
Zersetzung  dieses  Salzes  mit  Chlorwasserstoffsäure  erhält  man  daraus  ei- 
nen ölartigen  Körper,  welcher  die  Säure  dieses  Ammoniaksalzes  ist;  sie 
wird  schnell  von  Wasser  zerlegt. 


Hypothetische  Verbindungen  des  Cyans  mit  Kohlenoxid. 

Unter  diesen  Verbindungen  werden  in  dem  Folgenden  die  Harnsäure 
und  ihre  Zersetzungsprodukte  abgehandelt.  Ihrem  chemischen  Verhalten 
nach  treten  diese  Materien  aus  der  Reihe  der  bekannten  heraus,  und  ein 
theoretisches  Verständnifs  ihrer  Bildung  läfst  sich  nicht  anders  als  unter 
gewissen  hypothetischen  Voraussetzungen  entwickeln,  von  denen  die  An- 
nahme, dafs  sie  Cyan  und  Kohlenoxid  enthalten,  aus  ihrer  Analyse  her- 
vorgegaugeu  ist.  Zu  dieser  Gruppe  von  Verbindungen  gehören  Uril, 
Harnsäure , Alloxan , Alloxantin  und  TJramil.  Das  Uril  oder  Urilsäure 
ist  eine  hypothetische  Verbindung  von  Stickstoff,  Kohlenstoff  und  Sauer- 
stoff, nach  der  Formel  C8  N4  04  , die  man  sich  als  eine  Zusammensetzung 
von  Kohlenoxid  mit  Cyan  denken  kann,  Cy4-}-4C0,  oder  als  Kleesäure, 
in  welcher  der  Sauerstoff,  den  das  Radikal  Kohlenoxid  aufnimmt  um  sie 
zu  bilden,  durch  Cyan  vertreten  ist. 

C,  02  -f~  0 Kleesäure. 

C2  02  -4-  Cy2  ” Urilsäure. 

Bezeichnen  wir  die  Urilsäure  mit  Ul,  so  sind  die  hypothetischen  Verbin- 


dungen 

abgeleitete  Formel 

2U1  H-  1 Aeq.  Harnstoff  Harnsäure 
2UI  -h  02  -4-  4aq  = Alloxan 

2U1  -4-  O -4-  5aq  = Alloxantin 

2U1  4 Nj  H6  4 2aq  ~ Uramil 


empirische  Formel 
= C10  N8  H8  06 
= C8  N4  Hg  010 
= C8  N4  Hio  010 
= Cg  n6  h10  o6 


Harnsäure . [Acidum  uricumf)  Formel:  CioNgHsOe. 


10  At.  Kohlenstoff 
8 At.  Stickstoff 
8 At.  Wasserstoff 
6 At.  Sauerstoff 


= 764,350 
= 708,160 
= 49,918 

= 600,000 


1 At.  Harnsäure  = 2122,428 


Entdeckt  von  Scheele . Iu  den  Schlangenexcrementen  zuerst  aufge- 
funden von  Vauquelin,  in  den  Excrementen  der  Seidenwürmer  von  Brug- 
natelli , iu  den  Canthariden  von  Robiquet.  Secretionsprodukt  der  fleisch- 
fressenden Thiere,  Vögel  und  mancher  Insekten;  schlägt  sich  nach  dem 
Erkalten  des  Urins  des  Menschen  als  gelblich  oder  bräunlich  gefärbtes 
Pulver,  gewöhnlich  in  Verbindung  mit  Ammoniak,  nieder;  die  steinartigen 
Concretionen  in  den  Gelenken  Gichtkranker  enthalten  Harnsäure  in  Verbin- 


Harnsaures  Natron. 


655 


düng  mit  Natron  oder  Ammoniak;  die  meisten  steinartigen  Absätze  in  der 
Harnblase  des  Menschen  bildend.  Der  breiförmige  Urin  der  Schlangen  und 
Vögel  besteht  ebenfalls  zum  gröfsten  Theii  aus  harnsaurem  Ammoniak.  Der 
Guano  (die  üeberreste  der  verfaulten  Excremente  von  Schwimmvögeln, 
welche  die  Oberfläche  mehret*  kleinen  Inseln  in  der  Südsee  bedecken  und 
als  Dungmittel  benutzt  werden)  besteht  gröfstentheils  aus  harnsaurem 
Ammoniak. 

Darstellung.  Harnsteine,  oder  die  weifsen,  kreideartigen  Schlangen- 
excremente,  werden  feingepulvert  in  kaustischer  Kalilauge  kochend  ge- 
löst, die  Auflösung  mit  einem  Ueberschufs  von  Salzsäure  vermischt,  der 
Niederschlag  V4  Stunde  damit  gekocht  und  ausgewaschen.  Vollkommen 
rein  erhält  man  sie  durch  Zersetzung  einer  siedend  gesättigten  Auflösung 
von  harnsaurem  Kali  mit  Salzsäure. 

Eigenschaften.  Blendend  weifse,  feine,  seidenglänzende  Schuppen, 
geruch-  und  geschmacklos,  schwerer  wie  Wasser,  sehr  schwerlöslich  in 
kaltem,  wenig  löslich  in  kochendem  Wasser;  die  Auflösung  rÖthet  schwach 
blaue  Pflanzenfarben.  Löslich  in  concentrirter  Schwefelsäure  und  daraus 
wieder  fällbar  durch  Wasser;  in  concentrirter  Salzsäure  etwas  löslicher 
wie  in  reinem  Wasser.  Bei  der  trocknen  Destillation  erhält  man  die  Zer- 
setzung.sprodukte  des  Harnstoffs,  nemlich  Harnstoff,  Cyansäure  und  un- 
lösliche Cyanursäure  (Cyamelid),  ferner  Blausäure,  etwas  kohlensaures 
Ammoniak  und  im  Rückstand  eine,  an  Stickstoff  reiche,  braune,  kohlige 
Materie.  Bei  dieser  Zersetzung  vereinigen  sich  Cyansäurehydrat  und  Am- 
moniak im  Retortenhalse  zu  Harnstoff,  das  Cyamelid  giebt'  in  Kali  gelöst 
cyauursaures  Kali.  Löslich  in  verdünnter  Salpetersäure  unter  Kohlen- 
säure- und  Stickgas-Entwickelung.  Das  freiwerdende  Gas  enthält  gleiche 
Volumina  von  jedem.  Die  Auflösung  enthält  Alloxan , Alloxantin,  Harn- 
stoff, Parabansäure,  Ammoniak,  sie  wird  abgedampft  und  mit  Ammoniak 
übersättigt  purpurroth  (Erkennungsmittel  der  Harnsäure).  Mit  Kalihydrat 
zusammengeschmoizen  erhält  man  kohleusaures,  cyansaures  Kali,  und 
Cyaukalium  im  Rückstände,  mit  Bleihyperoxid  und  Wasser  gekocht  zer- 
legt sie  sich  in  Aliantoin  und  Kleesäure  unter  Abscheidung  von  Harnstoff. 
Löst  sich  nicht  im  Aether  und  Weingeist.  — Bildet  mit  Schwefelsäure  eine 
kristallinische  Verbindung.  fFritsche.') 

Harnsäure  und  Metalloxide . 

Die  Harnsäure  scheint  sich  mit  den  Metalloxiden  zu  verbinden  ohne 
wie  die  andern  Säuren  1 Aeq.  Wasser  abzugeben,  sie  bildet  mit  den  fixen 
Alkalien  und  alkalischen  Erden  in  kaltem  Wasser  schwer-,  in  heifsem 
leichter  lösliche  Salze ; die  Löslichkeit  wird  bei  diesen  vermehrt  durch 
einen  Ueberschufs  des  Alkali’s,  mit  Ammoniak  und  den  übrigen  Metall- 
oxiden bildet  sie  in  Wasser  unlösliche,  meistens  weifse,  Verbindungen. 
Alle  harnsauren  Salze  werden  durch  Säuren,  selbst  durch  Essigsäure, 
zersetzt,  die  Harnsäure  scheidet  sich  hierbei,  anfänglich  in  Gestalt  einer 
gallertartigen  Masse , ab , die  sehr  bald  sich  in  feine  glänzende  Blättchen 
verwandelt. 

Harnsaures  Kali.  Unreine  Harnsäure  (Excremente  von  Schlangen  etc.) 
wird  kochend  in  verdünnter  Kalilauge  aufgelöst,  die  Flüssigkeit  von  den 
unaufgelösten  Theilen  durch  Filtriren  getrennt  und  abgedampft.  Beim  Ab- 
kühlen scheidet  sich  das  harnsaure  Kali  in  Form  eines  blendend  weifsen 
kristallinischen  Breies  ab , nach  dem  Auswaschen  mit  kaltem  Wasser  und 
Trocknen  stellt  dieses  Salz  ein  seidengläozendes  Pulver  dar,  was  aus 
sehr  feinen  Nadeln  besteht;  sehr  sclnverlöslich  in  kaltem  Wasser,  von 
kaum  bemerkbar  alkalischer  Reacfcion.  Harnsäure  löst  sich  in  kohlensau- 
rem Kali  leichter  wie  in  reinem  Wasser,  das  kohlensaure  Kali  zur  Hälfte 
zersetzend.  Besteht  aus  gleichen  Atomgewichten  Harnsäure  und  Kali. 

Harnsaures  Natron.  Die  Harnsäure  verhält  sich  gegen  reines  und 
kohlensaures  Natron  wie  gegen  Kali ; dieses  Salz  bildet  sich  ebenfalls 
durch  Kochen  von  Harnsäure  mit  boraxsaurem  Natron;  macht  den  Haupt- 
bestandteil der  Gichtknoten  aus.  ( Wollaston .) 


656 


Allantoin.  Alloxan. 


Allantoin.  Formel:  C4  He  N4  Ö3  oder  Cy4  -f  3aq. 


4 At.  Kohlenstoff 
6 At.  Wasserstoff 
4 At.  Stickstoff 
3 At.  Sauerstoff 
1 At.  Allantoin 


= 305,74 
==  37,44 

= 354,08 
— 300,00 
= 997,36 


Synon. : Allantoissäure.  — Ist  fertig  gebildet  in  der  Allantoischen 
Flüssigkeit  der  Kuh  enthalten  ( Vauquelin  und  Buniva ),  entsteht  aus  Harn- 
säure, wenn  sie  mit  Bleihyperoxid  und  Wasser  gekocht  wird.  ( Wähler 
und  J.  LJ 

Darstellung.  Man  bringt  1 Theil  Harnsäure  mit  3 Th.  Wasser  zum 
Sieden , und  setzt  solange  frisch  bereitetes  und  wohlausgewaschenes  Blei- 
hyperoxid hinzu,  so  lange  als  dieses  beim  Kochen  seine  Farbe  ändert. 
Die  heifse  Flüssigkeit  filtrirt  man  ab  und  dampft  so  weit  ein  , bis  sich  auf 
ihrer  Oberfläche  Kristalle  bilden.  Die  nach  dem  völligen  Erkalten  sich 
bildenden  Kristalle  werden  durch  neue  Kristallisationen  gereinigt.  Oder 
die  Allantoische  Flüssigkeit  der  Kuh  dampft  man  bei  gelinder  Wärme  bis 
auf  % ein  und  reinigt  die  nach  dem  Erkalten  und  langem  Stehen  sich  bil- 
denden Kristalle  durch  Thierkohle. 


Eigenschaften.  Wasserhelle,  glasglänzende,  farblose,  klare,  prisma- 
tische Kristalle  mit  rhomboedrischer  Grundform;  geschmacklos,  ohne  Re- 
action  auf  Pflanzenfarben ; löst  sich  in  160  Th.  kaltem,  leichter  in  heifsem 
Wasser;  löslich  in  Salpetersäure,  beim  Kochen  damit  wird  es  zersetzt, 
ohne  Entwickelung  von  salpetriger  Säure.  Seiner  Zusammensetzung  nach 
enthält  es  die  Bestandtheile  von  wasserfreiem  kleesaurein  Ammoniak , mi- 
nus 3 At.  Wasser;  dies  erklärt  seine  Zersetzung  mit  Alkalien,  mit  wel- 
chen gekocht  es  zerfällt  in  kleesaures  Alkali  und  in  Ammoniak.  Mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  schwach  erhitzt,  zerlegt  es  sich  in  Kohlenoxid, 
Kohlensäure  und  schwefelsaures  Ammoniak;  rasch  und  schnell  damit  er- 
wärmt schwärzt  es  die  Säure.  Löslich  in  der  Wärme  in  kohlensauren 
und  ätzenden  Alkalien  und  daraus  unverändert  kristallisirend.  Eine  Auf- 
lösung von  Allantoin  in  heifsem  Wasser,  der  man  etwas  Ammoniak  hinzu- 
gefügt hat,  bringt  in  salpetersaurem  Silberoxid  einen  weifsen  Niederschlag 
hervor,  welcher  43,54  Silberoxid  enthält  und  nach  der  Formel  C8  N8  H10  Os 
*4-AgO  zusammengesetzt  ist,  demnach  2 At.  Allantoin  C8  N8  H1206  — l At. 
HjO  -4-  1 At.  Silberoxid, 


Bildung.  Bei  der  Zersetzung  der  Harnsäure  durch  Bleihyperoxid  tre- 
ten 2 Atome  Sauerstoff  von  2 At.  dieses  Oxids  und  3 At.  Wasser  zu  den 
Bestandtheilen  der  Urilsäure,  wodurch  sie  sich  zersetzt  in  2 At.  Kleesäure 
und  1 At.  Allantoin,  unter  Freiwerden  des  Harnstoffs. 


2PbO 


c4o4 

O, 


N.  CA 


a6oi 


\ 1 At.  Harnstoff  \ — 1 AL  Harnsaure. 


2 At.  kleesaures  Bleioxid  -|-  1 At.  Allantoin  -4-  1 At.  Harnstoff. 


Alloxan . Formel : 

8 At.  Kohlenstoff 
4 At.  Stickstoff 
8 At.  Wasserstoff 
10  At.  Sauerstoff 
1 At.  Alloxan 


C8  N4  H8  010. 

= 611,480 
= 354,080 
= 49,918 

= 1000,000 
= 2015,478 


Zersetzungsprodukt  der  Harnsäure.  Synon . : Erythrische  Säure  von 
Brugnatelli.  Aufs  neue  entdeckt  von  Wähler  und  J.  L. 

Darstellung.  Man  trägt  nach  und  nach  trockne  Harnsäure  (1  Th.) 
in  (4  Th.)  Salpetersäure  von  1,41  bis  1,5  sp.  Gew.,  worin  sie  sich  un- 
ter Wärmeentwickelung  und  Aufbrausen  löst  (starke  Erhitzung  mufs  so- 


A 1 1 o x a n. 


657 


viel  als  möglich  durch  Abkühlung  und  langsames  Einträgen  der  Harnsäure 
vermieden  werden).  Es  bilden  sich  sogleich  in  der  Mischung  weifse,  glän- 
zende ^ körnige  Kristalle,  zu  denen  nach  und  nach  die  ganze  Flüssigkeit 
erstarrt.  Den  erhaltenen  Brei  bringt  man  zuerst  auf  einen  Glastrichter, 
und  nach  dem  Abfliefsen  der  Flüssigkeit  auf  einen  trocknen,  porösen  Zie- 
gelstein, wo  man  ihn  vollkommen  trocken  werden  läfst.  Durch  Auflösung 
in  heifsem  Wasser  und  neue  Kristallisationen  reinigt  man  die  Kristalle. 

Eigenschaften.  Aus  einer  warmen,  nicht  ganz  gesättigten  Auflösung 
des  Alloxans  erhält  man  beim  Abkühlen  zollgrofse,  farblose,  durchsich- 
tige, diamantglänzende  Kristalle,  deren  Form  ein  Rhombenoctaeder  ist; 
die  Kristalle  verwittern  rasch,  verlieren  25  p.  c.  b*  Atome  Wasser 
und  verwandeln  sich  bei  schwachem  Erwärmen  unter  Wasserverlust  in 
wasserfreies  Alloxan,  welches  die  gebildeten  Höhlungen  grofser  Kristalle 
ausfüllt.  Läfst  man  eine  heifs  gesättigte  Auflösung  von  Alloxan  in  der 
Wärme  kristallisiren , so  erhält  man  direkt  aus  der  Flüssigkeit  wasser- 
freies Alloxan  in  schiefen  geschobenen  Prismen,  welche  als  an  den  Enden 
abgestumpfte  Rhomboidaloctaeder  erscheinen.  Es  ist  sehr  löslich  in  Was- 
ser, von  ekelhaftem  Geruch,  die  Auflösung  schmeckt  schwach  zusammen- 
ziehend salzig,  sie  röthet  die  Pflanzenfarben  und  färbt  die  Haut  purpur- 
farben. Mit  Alkalien  zusammengebracht  entsteht  Alloxansäure ; mit  Alka- 
lien gekocht  zerlegt  es  sich  in  Harnstoff  und  Mesoxalsäure.  Mit  Blei- 
hyperoxid erwärmt,  wird  es  zersetzt  in  Harnstoff  und  kohlensaures 
Bleioxid , dem  Spuren  von  kleesaurcm  beigemischt  sind.  Mit  Zink  und 
Salzsäure,  mit  Zinochlorür  oder  mit  Schwefelwasserstoff  in  Berührung, 
entsteht  daraus  Alloxäntin ; zerlegt  sich  mit  freiem  Ammoniak  in  Mykome- 
linsäure,  mit  Salpetersäure  in  Parabansäure , mit  Schwefelsäure  und  Salz- 
säure in  Alloxäntin , mit  schwefliger  Säure  und  Ammoniak  in  tlüonursau- 
res  Ammoniak ; mit  Alloxäntin  und  Ammoniak  in  Murexid . Mit  einem 
Eisenoxidulsalz  und  Alkali  zusammengebracht  bildet  es  eine  indigblaue 
Flüssigkeit;  unverbindbar  ohne  Zersetzung  mit  Metalloxiden. 

Bildung.  Die  Erzeugung  des  Alloxans  und  der  andern  Produkte,  die 
hierbei  auftreten,  sind  abhängig  von  zwei,  neben  einander  stattfindenden, 
Zersetzungsweisen,  nemlich  von  der  Verwandlung  der  Urilsäure  in  Al- 
loxan und  von  der  Zersetzung  des  Harnstoffs  mit  salpetriger  Säure.  Zu 
einem  Atom  Urilsäure  treten  die  Elemente  von  4 At.  Wasser  und  2 At. 
Sauerstoff  aus  1 At.  Salpetersäure,  es  wird  Alloxan  und  salpetrige  Säure 
gebildet;  letztere  zerlegt  sich  mit  dem  Ammoniak  des  Harnstoffs  in  salpetrig- 
saures Ammoniak  und  freie  Cyansäure ; salpetrigsaures  Ammoniak  zer- 
fällt beim  Erwärmen  in  Stickgas  und  Wasser;  Cyansäure  zerlegt  sich  mit 
Wasser  in  Kohlensäure  und  Anunonialc,  welches  letztere  sich  mit  freier 
Salpetersäure  verbindet. 

1 At.  Urilsäure  = C8  N4  04 

4 At.  Wasser  ~ fj8  04 

2 At.  Sauersstoff  m O, 

1 At.  Alloxan  rs  C8  N4  H8  010 

C2  N4  H8  02  Harnstoff 

N2  05  salpetrige  Säure  _ 

C2  n6  h8  os  = c*  o4  T nT”  -+-  n2  h6  -f-  h2  o 

Kohlensäure  — Stickgas  — Ammoniak  — Wasser. 

Sehr  häufig  ist  es  der  Fall,  dafs  man  bei  der  Auflösung  des  rohen 
Alloxans  zum  Behuf  einer  Reinigung  durch  Kristallisation  gleichzeitig  Al- 
loxantin  erhält,  was  sich  durch  kaltes  Wasser  sehr  leicht  vom  Alloxan 
trennen  läfst.  (s.  Alloxäntin.) 


658 


Alloxansäure.  Mesoxalsäure. 


Allo  x ansäure. 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C4N2H2O4. 


4 At.  Kohlenstoff 
2 At.  Stickstoff 
2 At.  Wasserstoff 
4 At.  Sauerstoff 


= 305,74 
= 177,04 
= 12,48 

— 400,00 


1 At.  wasserfr.  Alloxansäure  895,26 


Entdeckt  von  Wühler  und  J.  L.  Verwandlungsprodukt  des  Alloxgns 
mit  Alkalien.  — Bildung:  Beim  Zusammenbringen  von  Alloxan  und  ätzen- 
den Alkalien.  Darstellung : Durch  Zersetzung  des  alloxansauren  Baryts 
mit  Schwefelsäure.  Eigenschaften:  Sehr  saure  Flüssigkeit,  welche  bei 
gelindem  Abdampfen  in  concentrisch  gruppirten  Nadeln  kristaüisirt;  löst 
Zink  auf  unter  Entwickelung  von  Wasserstoffgas,  wird  durch  Schwefel- 
wasserstoff nicht  verändert,  schlägt  für  sich  Silbersalze,  Baryt-  und  Kalk- 
salze nicht  nieder.  Die  wasserfreie  Alloxansäure  enthält  die  Bestandteile 
eines  halben  Atoms  Alloxan  minus  1 Aeq.  Wasser. 


Die  Alloxansäure  neutralisirt  die  Alkalien  vollkommen , zerlegt  die 
kohlensauren  Salze,  giebt,  mit  Ammoniak  neutralisirt,  mit  Silbersalzen 
einen  weifsen  Niederschlag,  der  beim  Kochen  erst  gelb,  sodann  schwarz 
wird,  unter  lebhaftem  Aufbrausen;  die  mit  Ammoniak  im  Ueberschufs  ver- 
setzte Alloxansäure  bringt  in  Kalk-,  Strontian-  und  Baryt-Salzen  weifse 
gelatinöse  Niederschläge  hervor,  die  sich  in  vielem  Wasser  vollkommen, 
und  leicht  in  Säuren  lösen.  Auflösungen  von  neutralem  alloxansaurem 
Kalk,  Baryt  und  Strontian  trüben  sich  beim  Sieden,  es  fallt  ein  Gemenge 
von  mesoxalsauren  , kohlensauren  und  alloxansauren  Salzen  dieser  Basen 
nieder,  während  Harnstoff  und  Mesoxalsäure  gebildet  wird. 

Alloxansaurer  Baryt.  Forme!:  C4  N2  H2  04,  BaO  -h  4aq.  Darstel- 
lung : In  eine  auf  60°  erwärmte  Auflösung  von  Alloxan  in  Wasser  gleist 
man  Barytwasser;  es  entsteht  bei  jedem  Zusatz  ein  weifser  Niederschlag, 
der  sich  beim  Urnschütteln  wieder  löst;  man  hört  mit  dem  Zusatz  des  Ba- 
rytwassers auf,  sobald  er  nicht  mehr  verschwindet,  und  läfst  nun  erkal- 
ten. Die  von  den  Kristallen  abgegossene  Flüssigkeit  wird  nach  vorher- 
gegangenem Erwärmen  mit  Barytwasser  auf  dieselbe  Weise  behandelt,  so 
lange  man  noch  Kristalle  erhält.  Eigenschaften:  Durchsichtige  kurze  Na- 
deln oder  pörlmutterglänzende  Schuppen,  die  bei  100°  milch weifs  werden, 
wobei  sie  3 Atome  Wasser  verlieren,  bei  150°  werden  sie  wasserfrei. 
Schwerlöslich  in  kaltem,  leichter  löslich  in  heifsem  Wasser;  hinterläfst 
nach  dem  Glühen  kohlensauren  Barjrt  gemengt  mit  Cyanbarium. 

Alloxansaures  Silberoxid.  C4  N2  H2  04  -H  AgO.  Weifser,  in  Wasser 
unlöslicher  Niederschlag;  verpufft  beim  Erwärmen  schwach;  der  Rückstand 
giebt  bei  weiterem  Glühen  Cyansäure  und  metallisches  Silber. 


Wenn  gesättigte  Auflösungen  von  alloxansaurem  Baryt  oder  Strontian 
zum  Sieden  erhitzt  werden,  so  schlägt  sich  kohlensaurer,  mesoxälsaurer 
und  alloxansaurer  Baryt  oder  Strontian  nieder,  die  Flüssigkeit  giebt  als- 
dann beim  Abdampfen  kristallinische  Rinden,  welche  mit  Alkohol  behandelt 
an  diesen  Harnstoff  abgeben , während  mesoxalsaurer  Baryt  zurückbleibt. 
Wird  in  eine  kochende  Auflösung  von  essigsaurem  Bleioxid  tropfenweise 
eine  AUoxanlösung  gegossen,  so  entsteht  ein  sehr  schwerer  körniger  Nie- 
derschlag von  mesoxalsaurem  Bleioxid:  während  in  der  Flüssigkeit  kein 
anderes  Produkt  als  Harnstoff  enthalten  ist.  Aus  diesem  Bleisalz  läfst  sich 
durch  Schwefelsäure  die  Mesoxalsäure  darstellen;  sie  ist  in  Auflösung  sehr 
sauer,  röthefc  die  Pflanzenfarben,  ist  kristallisirbar , giebt  bei  Zusatz  von 


Alloxansäure  und  Metalloxide. 


Mesoxalsäure . 


659 


Mykomelinsäure.  Parabansäure. 


Ammoniak , wie  die  Alloxausäure , mit  Baryt-  und  Kalk -Salzen  Nieder- 
schläge P welche  in  Säuren  und  vielem  Wasser  löslich  sind ; sie  Iäfst  sich 
kochen  und  abdampfen,  ohne  Veränderung  zu  erfahren.  Charakteristisch 
ist  ihr  Verhalten  gegen  Silbersalze , mit  denen  sie  nach  der  Neutralisation 
mit  Ammoniak  einen  gelblichen  Niederschlag  giebt,  der  bei  gelinder  Er- 
wärmung unter  heftigem  Aofbrausen  zu  Metall  reducirt  wird. 

Das  erwähnte  Bleisalz  gab  bei  der  Analyse  80,4  p.  c.  Bleioxid,  es 
enthielt  eine  kleine  Beimischung  von  einer  stickstoffhaltigen  Materie,  wahr- 
scheinlich cyan-  oder  cyanursaures  Bleioxid,  von  dein  es  nicht  befreit 
werden  konnte.  Die  sehr  wahrscheinliche  Zusammensetzung  des  Bleisalzes 
wird  durch  die  Formel  C5  04  -+-  2PbO  ausgedrückt,  wornach  sich  ihre 
Bildung  aus  Alloxan  und  Alloxausäure  leicht  erklären  Iäfst. 

Von  1 At.  Alloxan  ” C8N4H8O10  trennt  sich 

1 At.  Harnstoff  ~ C2N4H802,  so  dafs  die  Bestandteile  von  2 At. 


wasserfr.  Mesoxalsäure  ~ C6  08  übrig  bleiben. 

Der  oben  erwähnte  mesoxalsaure  Baryt  enthält  56  p.  c.  Baryt,  wor- 
aus sich  als  wahrscheinliche  Zusammensetzung  die  Formel  C3  04  -4-  | 

erschliefsen  Iäfst. 


Mykomelinsäure . 


8 At.  Kohlenstoff 
8 At.  Stickstoff 
10  At.  Wasserstoff 
5 At.  Sauerstoff 


= 611,480 
=r  708,1 60 
= 62,397 

= 500,000 


1 At.  Mykomelinsäure  = 1882,037 


Zersetzungsprodukt  des  Alloxans  mit  Ammoniak.  Entdeckt  von  Wäh- 
ler und  J.  L.  Wahrscheinliche  Formel:  C8  N8  HJ0  05.  Darstellung : Al- 
loxanlösung  wird  mit  überschüssigem  Ammoniak  zum  Sieden  erhitzt , mit 
verdünnter  Schwefelsäure  im  Ueberschufs  übersättigt  und  einige  Minuten 
aufgekocht.  Frisch  gefällt  stellt  die  Mykomelinsäure  einen  gelben,  gal- 
lertartigen Niederschlag  dar,  der  zu  einem  porösen  gelben  Pulver  aus- 
trocknet, in  kaltem  Wasser  schwer,  in  heifsem  leichter  löslich;  die  Auf- 
lösung reagirt  deutlich  sauer,  sie  zersetzt  die  kohlensauren  Alkalien,  löst 
sich  in  Aetzalkalien  leicht,  beim  Kochen  damit  wird  sie  zersetzt  unter 
Ammoniakentwickelung;  bildet  mit  Silberoxid  eine  gelbe,  im  Wasser  un- 
lösliche Verbindung.  Bildung:  1 At.  Alloxan  zerlegt  sich  mit  2 Aeq. 
Ammoniak  in  1 At.  Mykomelinsäure  und  5 At.  Wasser. 


Parabansäure. 

6 At.  Kohlenstoff  m 

4 At.  Stickstoff  = 

4-  At.  Sauerstoff  = 

2 At.  Wasser  ~ 

1 At.  wasserhalt.  Parabansäure  “ 


458,61 

354,08 

400,00 

224,96 

1437,65 


Zersetzungsprodukte  der  Harnsäure  und  des  Alloxans  mit  Salpeter- 
säure. Entdeckt  von  Wähler  und  J.  L.  Formel  der  kristaliisirten  Säure 
C6  N4  04  -f-  2aq.  Darstellung:  Man  erhitzt  1 Th.  Harnsäure  oder  1 Th. 
Alloxan  mit  8 Theilen  mäl'sig  concentrirter  Salpetersäure,  dampft  bis  zum 
starken  Syrup  ab  und  Iäfst  die  Flüssigkeit  ruhig  stehen,  w'onach  sich  darin 
farblose  blätterige  Kristalle  bilden,  die  man  durch  neue  Kristallisationen 
reinigt.  Eigenschaften : Farblose,  durchsichtige,  dünne  sechsseitige  Säu- 
len, von  sehr  saurem,  der  Kleesäure  sehr  ähnlichen  Geschmack,  löst  sich 
im  Wasser  leicht,  verwittert  weder  an  der  Luft  noch  in  der  Wanne, 
schmilzt  beim  Erhitzen,  ein  Tlieil  sublimirt,  ein  anderer  zersetzt  sich  unter 
Entwickelung  von  Blausäure.  Die  kalt  mit  Ammoniak  neutralisirte  Säure 


660 


Oxalursäure. 


giebfc  mit  Silbersalzeu  einen  weifsen  Niederschlag  5 welcher  70,63  p.  c. 
Silberoxid  enthält,  mit  Ammoniak  in  Auflösung  erwärmt  verwandelt  sie 
sich  in  Oxalursäure.  Bildung:  1 At.  Harnsäure  zerlegt  sich  beim  Hiuzu- 
treten  von  3 At.  Wasser  und  4 At.  Sauerstoff  aus  der  Salpetersäure  iu 
2 At.  Kohlensäure , 1 At.  Parabansäure  und  1 At.  Harnstoff,  der  mit  frei 
gewordener  salpetriger  Säure  die  früher  beschriebene  Zersetzung  erfährt. 
1 At.  Alloxan  zerfällt  mit  3 At.  Sauerstoff  in  8 At.  Kohlensäure,  4 At. 
Wasser  und  1 At,  Parabansäure. 


Oxalursäure . Formel : C6  N4  H6  0?  -f  aq. 


6 At.  Kohlenstoff 
4 At.  Stickstoff 

6 At.  Wasserstoff 

7 At.  Sauerstoff 
1 At.  Wasser 


458,61 

354,08 

37,44 

700,00 

113,48 


1 At.  wasserhalt.  Oxalursäure  1663,61 


Zersetr.ungsprodukt  der  Parabansäure.  Entdeckt  von  Wähler  und 
J.  L.  Darstellung : Eine  gesättigte  Auflösung  von  oxalursaurem  Ammo- 
niak in  heifsem  Wasser  wird  mit  verdünnter  Schwefelsäure  oder  Salzsäure 
vermischt  und  rasch  abgekühlt,  wo  die  Oxalursäure  in  Gestalt  eines  weifsen 
kristallinischen  Pulvers  niederfällt;  es  wird  mit  kaltem  Wasser  so  lange 
gewaschen , bis  die  ablaufende  Flüssigkeit  mit  Ammoniak  neutralisirt  in 
Kalksalzen  Niederschläge  hervorbringt,  die  sich  in  der  Wärme  oder  durch 
zugegossenes  Wasser  vollkommen  lösen.  Eigenschaften : Blendend  weifses, 
kristallinisches,  lockeres  Pulver  von  saurem  Geschmack;  röthet  die  Pflan- 
zenfarben,  bildet  mit  Ammoniak  neutralisirt  in  Silbersalzen  einen  weifsen 
Niederschlag,  der  sich  in  der  Siedhitze  vollkommen  löst.  Zerlegt  sich 
beim  Kochen  mit  Wasser  vollkommen  in  freie  Kleesäure  und  kleesauren 
Harnstoff.  Bildung:  Oie  Oxalursäure  entsteht,  wenn  zu  den  Bestandtei- 
len der  Parabansäure  3 At.  Wasser  treten.  Die  kristallisirte  Oxalursäure 
enthält  ferner  die  Elemente  von  3 At.  Oxalsäure  und  1 At.  Harnstoff;  sie 
kann  als  Harnsäure  betrachtet  werden , worin  die  Urilsäure  ersetzt  ist 
durch  Kleesäure. 


Oxalursaures  Ammoniak , C6  N4  H6  0?  -(-  N,  H6  + aq.  Dieses  Salz 
entsteht  entweder  direkt  beim  Auflösen  und  Erhitzen  der  Parabansäure  mit 
Ammoniak  , oder  vorteilhafter  durch  Uebersättigung  einer  frisch  bereiteten 
Auflösung  von  Harnsäure  in  verdünnter  Salpetersäure  mit  Ammoniak  und 
Abdampfen.  Die  Flüssigkeit  nimmt  hierbei  anfänglich  eine  Purpurfarbe  an, 
die  beim  Abdampfen  wieder  verschwindet;  bei  einem  gewissen  Grad  der 
Concentration  erkältet,  liefert  diese  Flüssigkeit  gelbe,  sternförmig  ver- 
einigte, harte  Nadeln,  die  man  durch  neue  Kristallisationen  und  Behand- 
lung mit  Kohle  farblos  erhält.  Eigenschaften : Das  oxalursäure  Ammoniak 
kristallisirt  in  seidenglänzenden,  sternförmig  vereinigten,  feinen  Nadeln; 
ist  in  heifsem  Wasser  leicht,  iu  kaltem  schwerlöslich;  die  Auflösung  ist 
ohne  Reaction  auf  Pflanzenfarben,  sie  läfst  sich  kochen  und  abdampfen 
ohne  Veränderung;  das  trockne  Salz  verliert  bei  130°  nichts  an  seinem 
Gewichte,  in  höherer  Temperatur  wird  es  unter  starker  Blausäureentwicke- 
lung zersetzt.  Säuren  scheiden  aus  einer  conceutrirten  Lösung  Oxalur- 
säure kristallinisch  ab. 


Oxalursäure  und  Metalloxide. 

Die  Oxalursäure  bildet  mit  den  Alkalien  leicht  lösliche,  mit  den  alka- 
lischen Erden  schwerlösliche  Salze.  Concentrirte  Auflösungen  von  oxalur- 
saurem Ammoniak  und  Chlorcalcium  oder  Chlorbavium  mit  einander  ver- 
mischt, setzen  nach  einiger  Zeit  glänzende  durchsichtige  Blättchen  oder 
Nadeln  von  oxalursaurem  Baryt  oder  Kalk  ab ; die  Auflösung  der  letzteren 
im  Wasser  giebt,  mit  Ammoniak  im  Ueberschufs  versetzt,  basische  Salze 
in  Gestalt  durchscheinender  gallertartiger  Niederschläge , die  sich  in  vielem 
Wasser  lösen. 


Thionursäure. 


661 


Oxalursaures  Silberoxid.  Dieses  Salz  erhält  man,  wenn  siedende 
Auflösungen  von  oxalursaurem  Ammoniak  und  salpetersaurem  Silberoxid 
mit  einander  vermischt  werden,  nach  dein  Erkalten  der  Flüssigkeit;  es  bil- 
det lange  seidenglänzende  wasserfreie  Nadeln,  welche  in  hoher  Teinpera- 
cur,  ohne  zu  verpuffen,  zersetzt  werden. 


Thionur säure.  Formel : 

8 At.  Kohlenstoff 
6 At.  Stickstoff 
14  At.  Wasserstoff 
14  At.  Sauerstoff 
8 At.  Schwefel 


Cg 


No  Hu  Om  S2. 

= 011 ,480 

581,180 
= 87,856 

= 1400,000 
— 408,380 


1 At.  wasserhalt.  Thionursäure  = 3038,876 


Zweibasische  Säure;  entdeckt  von  Wähler  und  J.  L.  Entsteht  beim 
Zusammenhängen  von  schwefliger  Säure  mit  Alloxan. 

Darstellung.  Aus  dem  thionursauren  Bleioxid  mit  Schwefelwasser- 
stoffsäure. 

Eigenschaften . Weifse  kristallinische  Masse,  ohne  regelmäfsige  Form; 
luftbeständig,  leichtlöslich  im  Wasser,  von  saurem  Geschmack,  röthet 
stark  die  blauen  Pflauzenfarben  ; die  gesättigte  Auflösung  zum  Sieden  er- 
hitzt, erstarrt  zu  einem  weifsen  kristallinischen  Brei  von  Uramil,  was 
niederfällt;  die  Flüssigkeit  enthält  nach  der  Zersetzung  freie  Schwefel- 
säure. Die  Thionursäure  enthält  die  Elemente  von  I At.  Alloxan,  1 Aeq. 
Ammoniak  und  8 At.  schwefliger  Säure;  das  Uramil  läl'st  sich  betrachten 
als  eine  Verbindung  von  Alloxan  minus  8 At.  Sauerstoff,  nemlich  von  Uril- 
säure , mit  1 Aeq.  Ammoniak  und  3 At.  Wasser;  beim  Erhitzen  der  Auf- 
lösung der  Thionursäure  treten  2 At.  Sauerstoff  von  1 At.  Alloxan  an  die 
beiden  Atome  schwefliger  Säure,  welche  hierdurch  in  Schwefelsäure  über- 
gehen, während  die  Elemente  der  Urilsäure,  Ammoniak  und  Wasser,  zu 
Uramil  zusammentreten. 

Thionursaures  Ammoniak.  Zusammensetzung : 1 At.  Thionursäure 

8 Aeq.  Ammoniak  H-  4aq.  Darstellung : MaD  vermischt  eine  Lösung 
von  Alloxan  kalt  mit  einem  Ueberschufs  von  wässeriger  schwefliger  Säure, 
giefst  sodann  eine  Auflösung  von  kohlensaurem  Ammoniak  hinzu,  so  lauge 
noch  ein  bemerkbares  Aufbrausen  entsteht,  versetzt  die  Flüssigkeit  nuu 
mit  einem  Ueberschufs  von  reinem  Ammoniak  und  erhält  sie  y3  Stunde 
lang  im  Sieden.  Nach  dem  Erkalten  kristallisirt  daraus  thionursaures  Am- 
moniak , was  man  auswäscht  und  trocknet.  Eigenschaften : Stark  perl- 
mutterglänzende, vierseitige  Kristallschuppen,  welche  bei  100°  rosenroth 
werden , indem  sie  6 p.  c.  = 8 At.  Kristallwasser  verlieren  ; schwerlös- 
lich in  kaltem,  reichlich  in  heifsem  Wasser.  Beim  Erhitzen  der  Auflösung 
dieses  Salzes,  unter  Zusatz  von  verdünnter  Mineralsäure,  erleidet  es  die 
nemliche  Zersetzung  wie  die  Thionursäure  für  sich.  Mit  salpetersaurem 
Silberoxid  vermischt,  wird  nach  einiger  Zeit  metallisches  Silber  spiegel- 
glänzend niedergeschlagen.  Wird  eine  Auflösung  dieses  Salzes  mit  weni- 
ger Schwefelsäure  versetzt,  als  zur  Neutralisation  des  darin  enthaltenen 
Ammoniaks  erforderlich  ist,  und  irn  Wasserbade  abgedampft,  so  erhält 
mau  eiu,  in  weichen,  weifscn,  sehr  dünneu  Nadeln  kristallisirendes , sau- 
res thionursaures  Ammoniak,  was  beim  Kochen  für  sich  in  Ammoniak  und 
Uramilsäure  zerfällt. 


Thionursäure  und  Metalloxide. 

Die  Thionursäure  bildet  mit  deu  Alkalien  leichtlösliche,  kristallisirbare, 
mit  den  alkalischen  Erden  im  Wasser  schwer-  oder  unlösliche,  leicht  in 
verdünnten  Säuren  lösliche  Salze,  welche  im  Allgeineiueu  1 At.  Säure 
und  8 Aeq.  Metalloxid  enthalten.  Alle  diese  Salze  entwickeln,  mit  con- 
ceutrirter  Schwefelsäure  übergossen  und  erwärmt,  reichlich  schweflige 
Säure:  mit  Kalihydrat  geschmolzen  entsteht  schwefligsaures  Kali. 


Uramil.  Uramilsäure. 


66J& 

Thionur saurer  Kalk.  Darstellung : Durch  Vermischen  einer  warmen 
Auflösung  von  thionursaurem  Ammoniak  mit  salpetersaurem  Kalk.  Kurze, 
feine,  seidenglänzende  Prismen. 

Thionur  saurer  Baryt.  Die  Barytsalze  werden  durch  thionursaure  Sal- 
ze , selbst  in  sehr  verdünnten  Lösungen , in  dicken  , gallertartigen  Flocken 
niedergeschlagen , die  sich  leicht  in  Säuren  lösen. 

Thionursaures  Bleioxid.  Dicker  gelatinöser  Niederschlag,  der  sich  in 
der  warmen  Flüssigkeit  schnell  in  feine,  kurze,  weifse  Nadeln  verwan- 
delt; beiin  Trocknen  werden  sie  unter  Wasserverlust  rosenroth.  Giebt  bei 
der  trocknen  Destillation  neben  Harnstoff  ein  eigentümliches,  in  grofsen 
breiten  Tafeln  kristallisirendes  Produkt. 

Thionursaures  Zinkoxid.  Kleine,  warzenförmige,  citrongelbe  Kristall- 
aggregate. 

Uramil.  Formel : C&  N6  Hi0  06» 

8 At.  Kohlenstoff  = 611,480 

6 At.  Stickstoff  — 531,120 

10  At.  Wasserstoff  = 62,398 

6 At.  Sauerstoff  = 600,000 

1 At.  Uramil  = 1804,998 

Zersetzungsprodukt  der  Thionursaure.  Entdeckt  von  Wähler  und  J.  L. 
Darstellung : Man  vermischt  eine  kalt  gesättigte,  kochend  heifse  Auflö- 
sung von  thionursaurem  Ammoniak  mit  Salzsäure,  bis  dafs  sie  stark  sauer 
reagirt,  erhitzt  bis  schwache  Trübung  bemerkbar  ist  und  läfst  langsam  er- 
kalten; oder  eine  kochend  gesättigte  Auflösung  des  nemlichen  Salzes  wird 
mit  Salzsäure  oder  verdünnter  Schwefelsäure  vermischt  und  so  lange  im 
Sieden  erhalten  $ bis  das  Ganze  zu  einem  weifsen  Brei  erstarrt. 

Eigenschaften.  Federförmig  vereinigte,  diinne,  harte  Nadeln,  oder 
feines,  aus  kleinen,  seidenglänzenden  Nadeln  bestehendes,  leichtes,  locke- 
res, an  der  Luft  und  in  der  Wärme  rosenroth  werdendes  Ptilver,  in  kal- 
tem Wasser  unlöslich,  wenig  löslich  in  kochendem,  löslich  in  Ammoniak 
und  Aetzalkalien  in  der  Kälte,  und  daraus  wieder  unverändert  fällbar 
durch  Säuren.  Die  Auflösung  des  Uramils  in  Ammoniak  und  Kali  färbt 
sich  an  der  Luft  purpurroth  und  setzt  metallisch  grüne  glänzende  Kristall- 
nadeln ab.  Wird,  beim  Kochen  mit  Kalilauge  unter  Ammoniakentwickelung 
zersetzt  in  Uramilsäure ; löslich  in  concentrirter  Schwefelsäure  und  daraus 
fällbar  durch  Wasser;  zerlegt  sich  beim  Kochen  mit  verdünnten  Säuren, 
ähnlich  wie  mit  Kalilauge.  Beim  Kochen  mit  Quecksilber-  und  Silberoxid 
verwandelt  es  sich  in  Murexid,  Mährend  die  Oxide  reducirt  werden.  Mit 
concentrirter  Salpetersäure  zusammengebracht,  verwandelt  es  sich  in  Al- 
loxan  unter  Entwickelung  von  salpetriger  Säure  und  Bildung  von  salpeter- 
saurem Ammoniak. 

Bildung.  Bei  der  Zersetzung  des  thionursauren  Ammoniaks  trennen 
sich  von  diesem  Körper  die  Elemente  von  2 At.  schwefelsaurem  Ammoniak. 
Das  Uramil  kann  betrachtet  werden  als  Harnsäure,  in  welcher  der  Harn- 
stoff ersetzt  ist  durch  1 Aeq.  Ammoniak  und  2 At.  Wasser. 


Uramilsäure.  Formel:  Ci6  N10  H20  045. 

16  At.  Kohlenstoff  =1222,960 
10  At.  Stickstoff  = 885,200 
20  At.  Wasserstoff  = 124,795 
15  At.  Sauerstoff  = 1500,000 
1 At.  Uramilsäure  = 3732,955 

Zersetzungsprodukt  des  Uramils.  Entdeckt  von  Wähler  und  J.  L. 


All  oxan  ti  n. 


663 


Darstellung.  Eine  kalt  gesättigte  Auflösung  von  thionursaurein  Am- 
moniak in  Wasser  wird  mit  etwas  Schwefelsäure  vermischt , im  Wasser- 
bade abgedampft,  wo  sich  nach  einiger  Zeit  die  Uramilsäure  in  durchsich- 
tigen glasglänzenden  Prismen  abscheidet.  Erhält  man  hierbei  einen  weifsen, 
breiförmigen  Absatz,  der,  in  etwas  wässerigem  Ammoniak  gelöst,  nach  dem 
KrkaltenKristalle  von  thionursaurein  Ammoniak  giebt,  so  enthielt  er  sau- 
res thiouursaures  Ammoniak,  was  zum  zweitenmal  mit  etwas  Schwefel- 
säure wie  zuvor  behandelt  werden  mufs. 

Eigenschaften.  Farblose,  4seitige  Prismen  oder  feine  seidenglänzende 
Nadeln;  löslich  in  6 — 8 Theilen  kaltem,  in  seiuem  dreifachen  Gewicht 
kochendem  Wasser;  verliert  bei  100°  nichts  au  seinem  Gewichte;  die  Auf- 
lösung reagirt  schwach  sauer,  wird  beim  Erhitzen  schwach  rosenroth.  Löst 
sich  ohne  Färbung  und  Gasentwickelung  in  concentrirter  Schwefelsäure. 
Wird  beim  Auflösen  und  Kochen  in  concentrirter  Salpetersäure  gelb  und 
hinterläfst  beim  Abdampfen  weifse,  kristallinische,  sehr  schwer  lösliche, 
schuppige  oder  körnige  Krislalle,  welche,  von  Alkalien  aufgeuommen, 
beim  Zusatz  von  Essigsäure  wieder  gefällt  werden. 

Bildung.  Von  2 Atomen  Uramil  trennen  sich  die  Elemente  von  1 Aeq. 
Ammoniak,  an  dessen  Stelle  3 At.  Wasser  treten. 

Urcimilsaure  Salze. 

Die  Uramilsäure  bildet  mit  Ammoniak  und  Alkalien  lösliche  kristalli- 
sirbare  Salze;  Kalk-  und  Baryt- Salze  werden  davon  im  freien  Zustande 
nicht  gefüllt,  bei  Zusatz  von  Ammoniak  entstehen  weifse  Niederschläge, 
die  in  vielem  Wasser  wieder  verschwinden.  Uramilsaures  Ammoniak  bringt 
in  salpetersaurem  Silberoxid  einen  dicken  weifsen  Niederschlag  hervor, 
welcher  63  — 64  p.  c.  Silber  hinterläfst. 

Alloxantin.  Formel:  CgHiNioOio- 

8 At.  Kohlenstoff  " 611,48 

4 At.  Stickstoff  = 354,08 

10  At.  Wasserstoff  =:  62,39 

10  At.  Sauerstoff  “ 1000,00 

1 At.  Alloxantin  rr:  2027^95 

Als  Zersetzung sprodukt  der  Harnsäure  mit  Salpetersäure  zuerst  von 
Pr  out  beobachtet;  entsteht  ebenfalls  durch  die  Einwirkung  von  Chlor  auf 
Harnsäure,  ferner  aus  dem  Alloxan , wenn  es  mit  reducirenden  Materien 
zusammengebracht  wird  {Wähler  und  J.  L.). 

Darstellung  aus  Harnsäure:  Harnsäure  wird  mit  32  Th.  Wasser  zum 
Sieden  gebracht,  sodann  verdünnte  Salpetersäure  nach  und  nach  hinzuge- 
setzt, bis  sie  vollkommen  gelöst  ist,  die  Flüssigkeit  auf  4/3  abgedampft y 
wo  sie  nach  wenigen  Stunden  oder  Tagen  Kristalle  von  Alloxantin  absetzt, 
die  man  durch  neue  Kristallisationen  reinigt.  Aus  Alloxan:  Iu  reichlicher 
Menge  erhält  man  es,  wenn  in  eine  Auflösung  von  Alloxan  Schwefelwas- 
serstoffsäure geleitet  wird,  wo  sich  zuerst  Schwefel,  sodann  ein  kristalli- 
nischer Brei  von  Alloxantin  absetzt,  den  mau  durch  Auflösung  iu  heifsem 
Wasser  vom  Schwefel  trennt;  die  Auflösung  liefert  beim  Abdampfen  und 
Erkalten  reines  Alloxantin;  es  kann  ebenfalls  durch  Zusammenbringen  einer 
Alloxanlösung  mit  Zink  und  Salzsäure  gebildet  werden,  wobei  Ueberschufs 
von  Säure  zu  vermeiden  ist;  oder  durch  Auflösen  und  Kochen  von  Alloxan 
in  mäfsig  concentrirter  Schwefelsäure  und  Erkalten.  Setzt  man  eine  Al- 
loxanlösung der  Wirkung  einer  galvanischen  Säule  aus,  so  entwickelt  sich 
an  dem  positiven  Pol  Sauerstoffgas,  und  an  dem  negativen  setzt  sich  Al- 
loxantin in  kristallinischen  Krusten  an. 

Eigenschaften.  Schiefe,  vierseitige,  kurze  Säulen,  dem  zwei-  und 
eiugliederigen  Systeme  angehörend;  der  stumpfe  Winkel  der  Basis  beträgt 
105°.  Die  Kristalle  sind  farblos,  oder  schwach  gelblich,  an  ammoniak- 
haltiger Luft  werden  sie  roth,  metallisch  grün  schillernd,  hart,  leicht  in 


664 


Alloxantin. 


Pulver  zu  verwandeln;  verliert  bei  100°  nichts  an  seinem  Gewichte,  bei 
150°  verliert  es  15,4  p.  c.  (3  At. ) Wasser;  schwerlöslich  in  kaltem, 
leichter  in  siedendem  Wasser,  die  Auflösung  röthet  Lackmus;  geht  beim 
Erwärmen  mit  Zusatz  von  Chlorwasser  in  Alloxan  über;  sie  giebt  mit  Sil- 
bersalzen einen  schwarzen  Niederschlag  von  metallischem  Silber;  durch 
Alkalien  wird  es  zersetzt,  Barytwasser  bringt  darin  einen  veilchenblauen 
Niederschlag  hervor,  der  beim  Erhitzen  farblos  wird  und  verschwindet. 

Bildung.  Bei  der  Einwirkung  der  verdünnten  Salpetersäure  auf  Harn- 
säure wird  von  der  üriäsäure  nur  ein  Atom  Sauerstoff  aufgenommen,  es 
entsteht  daraus  beim  Hiuzutreten  der  Elemente  von  5 At.  Wasser  1 Atom 
Alloxantin  und  Untersalpetersäure,  N2  04,  die  in  Berührung  mit  Wasser 
in  %,  salpetrige  Säure  und  % Salpetersäure  zerfällt;  die  erstere  zerlegt 
sich  mit  der  Hälfte  des  freigewordenen  Harnstoffs,  wie  beim  Alloxan  be- 
schrieben wurde,  die  andere  Hälfte  des  Harnstoffs  geht  in  Salpetersäuren 
Harnstoff  über;  bei  der  Darstellung  aus  Alloxan  wird  1 At.  seines  Sauer- 
stoffs durch  den  Wasserstoff  des  Schwefelwasserstoffs,  unter  Fällung  von 
Schwefel,  in  Wasser  verwandelt,  was  mit  den  übrigen  Elementen  ver- 
bunden bleibt.  Beim  Kochen  von  Alloxan  mit  Schwefelsäure  zerlegen  sich 
zwei  Atome  in  1 At.  Alloxantin,  3 At.  Kleesäure,  1 Aeq.  Ammoniak  und 
1 Aeq.  Cyansäure,  welche  letztere  hierbei  mit  den  Bestandtheilen  von  3 
At.  Wasser  in  Kohlensäure  und  Ammoniak  zerfällt.  Wird  eine  Auflösung 
von  Alloxan,  anstatt  sie  mit  Zink  und  Salzsäure  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur in  Berührung  zu  lassen,  zum  Sieden  erhitzt  und  darin  einige  Zeit 
erhalten,  so  erhält  man  beim  Erkalten  gelbe,  körnige,  glänzende,  in 
heifsem  Wasser  sehr  schwer  lösliche  Kristalle,  in  ihrem  Verhalten  we- 
sentlich vom  Alloxantin  abweichend. 

Zersetzungsprodukte  des  Alloxantins.  Leitet  man  durch  eine  kochende 
Auflösung  von  Alloxantin  Schwefelwasserstoffgas,  so  erfolgt  eine  weitere 
Fällung  von  Schwefel;  die  Flüssigkeit  wird  stark  sauer  und  giebt  mit  koh- 
lensaurem Ammoniak  versetzt  nach  dem  Erkalten  eine  reichliche  Menge 
eines  weifsen,  in  feinen,  seidenglänzenden,  an  der  Luft  auf  100°  erwärmt 
blutroth  werdenden,  Nadeln  kristallisirten  Ammoniaksalzes,  Welches  nach 
der  Formel  C8  N6  H14  08  zusammengesetzt  ist,  und  das  man  als  eine  Ver- 
bindung von  Urilsäure  , C8  N4  04  , mit  1 Aeq.  Ammoniak,  N2  H6,  und  4 
At.  Wasser  betrachten  kann.  Die  Säure  in  diesem  Salze  scheint  sich  in 
dem  Momente,  wo  sie  von  dem  Ammoniak,  was  damit  verbunden  ist,  ge- 
trennt wird,  in  mannigfaltige  neue  Produkte  zu  zerlegen.  Man  hat  der 
Säure  selbst,  da  ihr  Verhalten  in  der  Vorstellung  von  dem  der  Urilsäure 
abweicht,  den  Namen  JDialursäure  gegeben.  Einen  der  aus  ihrer  Zer- 
setzung hervorgehenden  Körper  erhält  man,  wenn  das  Ammoniaksalz  in 
verdünnter  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  aufgelöst  und  an  der  Luft  eine 
Zeitlang  stehen  gelassen  wird;  es  kristallisirt  aus  dieser  Auflösung  in  farb- 
losen, harten  Kristallen,  die  in  ihrem  chemischen  Verhalten  vollkommen 
mit  Alloxantin  übereinstimmen,  aber  in  der  Kristallform  von  demselben  ab- 
weichen ; man  hat  es  dimorphes  Alloxantin  genannt.  Der  nemliche  Körper 
wird  gebildet,  wrenn  Uramil  oder  Uramilsäure  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure oder  Salzsäure  bis  zur  völligen  Zersetzung  erhitzt  werden. 

Wird  eine  gesättigte  heifse  Auflösung  von  Alloxantin  mit  Salmiaklösung 
vermischt,  so  färbt  sie  sich  augenblicklich  purpurroth,  die  Farbe  ver- 
schwindet nach  einigen  Augenblicken,  indem  sich  die  Flüssigkeit  trübt  und 
glänzende,  farblose  Schuppen  von  Uramil  absetzt,  die  beim  Trocknen  ro- 
senroth  werden;  dasselbe  geschieht  mit  essigsauren,  kleesauren  und  an- 
deren Ammoniaksalzen;  die  Flüssigkeit  enthält  nach  der  Zersetzung  Allo- 
xan und  freie  Salzsäure.  Zwei  Atome  Alloxantin  und  1 Aeq,  Ammoniak 
enthalten  die  Elemente  von  1 At.  Uramil,  1 At.  Alloxan  und  4 At.  Wasser. 

Wird  eine  Alloxantinlösung  mit  reinem,  Ammoniak  erwärmt,  so  ent- 
steht anfänglich  Uramil  und  mykomelinsaures  Ammoniak,  die  durch  wei- 
tere Einwirkung  von  Ammoniak  und  Luft  weitere  Veränderungen  er- 
fahren. 


Murexid. 


665 


Läfst  mail  eine  kalt  bereitete  Auflösung  von  Alloxantin  in  Ammoniak 
an  der  Luft  langsam  verdampfen,  so  wird  Sauerstoff  absorbirt,  und  man 
erhält  eine  Kristallisation  von  oxalursaurem  Ammoniak.  3 At.  Alloxantin, 
7 At.  Sauerstoff  und  6 Aeq.  Ammoniak  enthalten  die  Elemente  von  4 At. 
oxalursaurem  Ammoniak  und  5 At.  Wasser. 

Erwärmt  man  Silberoxid  mit  Alloxantin , so  entsteht  unter  Reduction 
des  Oxids  ein  Aufbrausen;  in  der  Flüssigkeit  ist  reines  oxalursaures  Silber- 
oxid enthalten.  3 At.  Sauerstoff  aus  dem  Silberoxid  zerlegen  sich  hierbei 
mit  i At.  Alloxantin  in  1 At.  Wasser,  2 At.  Kohlensäure  und  1 At.  Oxa- 
lursäure,  die  sich  mit  freiem  Silberoxid  verbindet. 

Queclcsilberoxid  wird  von  Alloxantin  ohne  Gasentwickelung  gelöst, 
die  Flüssigkeit  scheint  alloxansaures  Quecksilberoxidul  zu  enthalten. 

Bleihyperoxid  zerlegt  sich,  mit  Alloxantin  und  Wasser  gekocht,  in 
Harnstoff  und  kohlensaures  Bleioxid. 


Murexid . Formel:  CjaNioH^Og. 

12  At.  Kohlenstoff  = 017,320 

10  At.  Stickstoff  885,300 

12  At.  Wasserstoff  = 74,877 

8 At.  Sauerstoff  = 800,000 

1 At.  Murexid  = 2677,297 

Sy  non. : Purpursaures  Ammoniak.  — Von  Pr  out  entdeckt. 

Darstellung.  Man  erhitzt  ein  Gemenge  von  gleichen  Theilen  Queck- 
silberoxid  und  üramil  mit  36  — 40  Theilen  Wasser  unter  Zusatz  einer 
höchst  geringen  Menge  Aetzammoniak;  nachdem  die  Flüssigkeit  eine  satte 
Purpurfarbe  angenommen  hat,  wird  sie  filtrirt  und  der  Ruhe  überlassen, 
wo  Murexid  kristallisirt.  Oder  man  löst  üramil  in  der  Wärme  in  Ammo- 
niak und  setzt  der  auf  70°  erkalteten  Flüssigkeit  Alloxan  zu,  bis  nur 
schwache  alkalische  Reaction  bemerkbar  ist.  Oder  man  löst  Harnsäure 
in  verdünnter  Salpetersäure,  dampft  ab  bis  die  Flüssigkeit  eine  zwiebel- 
rothe  Farbe  angenommen  hat,  läfst  sie  auf  70°  erkalten,  und  vermischt 
sie  nun  mit  verdünntem  wässerigem  Ammoniak , bis  freies  Ammoniak  durch 
den  Geruch  bemerkbar  ist;  bei  diesem  Zeitpunkt  verdüunt  man  die  Flüs- 
sigkeit mit  % Vol.  kochendem  Wasser  und  läfst  erkalten.  (Es  ist  gut,  bei 
Anwendung  dieser  Methode  von  Zeit  zu  Zeit  die  Harnsäurelösung  einer 
Probe  durch  Sättigung  einer  kleinen  Quantität  zu  unterwerfen  ; wird  sie 
nach  dem  Ammoniakzusatz  trübe  und  läfst  sie  ein  rothes  Pulver  fallen, 
so  mufs  der  Harnsäurelösung  in  der  Wärme  etwas  Salpetersäure  zugesetzt 
werden;  setzt  sie  einen  gelben,  schleimähnlichen  Niederschlag  ab,  so  er- 
hält man  aus  dieser  Auflösung  nur  dann  Murexid,  wenn  man  etwas  Schwe- 
felwasserstoff durchleitet.)  — Oder  man  versetzt  eine  kochend  gesättigte 
Auflösung  von  Alloxantin  mit  Ammoniak  im  Ueberschufs,  bis  der  entstehende 
Niederschlag  von  Üramil  sich  wieder  löst,  bringt  nun  eine  Auflösung  von 
Alloxan  hiuzu,  so  dafs  nur  eine  schwach  alkalische  Reaction  bleibt,  und 
läfst  erkalteD.  — Oder  man  erhitzt  Alloxantin  mit  Salmiak  oder  kleesau- 
rem Ammoniak,  setzt  nach  der  Bildung  des  Uramils  bis  zur  Auflösung 
Aetzammoniak  und  sodann  Alloxan  zu.  Das  Murexid  entsteht  noch  bei 
einer  Menge  von  Prozessen  ; beim  Zusammenbringen  von  vielen  Harn- 
säure-Produkten mit  Ammoniak,  mit  uud  ohne  Gegenwart  von  Luft. 

Bildung.  Wenn  zu  2 At.  üramil  der  Sauerstoff  von  3 At.  Quecksil- 
beroxid tritt,  so  können  daraus  entstehen  1 At.  Murexid,  1 At.  Alloxao- 
säure  und  3 At.  Wasser.  Das  Alloxan  scheint  in  der  Auflösung  des  Ura- 
mils in  Ammoniak  auf  eine  ähnliche  Weise  zu  wirken,  wie  das  Queck- 
silberoxid. 1 At.  Alloxan,  2 At.  Alloxantin  und  4 Aeq.  Ammoniak  ent- 

Gcign^s  Pharmacic , I.  (5 Aufi,)  43 


686 


Murexan.  Harnoxid. 


halten  die  Elemente  von  2 At.  Murexid  und  14  At.  Wasser.  Eine  Auf- 
lösung von  Harnsäure  in  verdünnter  Salpetersäure  enthält  vorzugsweise 
Alloxantin,  Harnstoff  und  salpetersaures  Ammoniak;  wird  sie  abgedampft 
bis  zum  Erscheinen  einer  zwiebelrothen  Farbe,  so  ist  ein  Theil  des  Al- 
loxantins  durch  die  Einwirkung  der  freien  Salpetersäure  übergegangen 
in  Alloxan,  ein  Theil  des  letzteren  verwandelt  sich  in  Parabansäure . 
Wenu  nun  Alloxan  und  Alloxantin  sich  gleichzeitig  in  einer  Auflösung  be- 
finden, so  entsteht  beim  Sättigen  mit  Ammoniak  eine  purpürrothe  Flüssig- 
keit ^ aus  der  sich  Kristalle  von  Murexid  absetzen.  Enthält  die  Harn- 
säurelösung Alloxantin  im  Ueberschufs , so  sind  die  Kristalle  von  Murexid 
gemengt, mit  Uramil,  bei  einem  Ueberschufs  von  Alloxan  entsteht  myko- 
melinsaures  Ammoniak,  was  ebenfalls  mit  Murexid  niederfällt.  Die  vor- 
handene Parabansäure  geht  bei  der  Sättigung  der  Harnsäure -Lösung  in 
Oxalursäure  über,  die  man  als  oxalursaures  Ammoniak  beim  Abdampfen 
der  Mutterlauge  kristallisirt  erhält. 

Eigenschaften.  Das  Murexid  kristallisirt  in  kurzen  4seitigen  Prismen, 
wovon  zwei  Flächen,  wie  die  Flügeldecken  der  Goldkäfer,  metallisch  grü- 
nes Licht  reflectiren.  Bei  durchfallendem  Lichte  sind  die  Kristalle  granat- 
roth  durchsichtig.  Zerrieben  stellt  es  ein  braunrothes  Pulver  dar,  welches 
unterm  Polirstahl  glänzend  metallisch  grün  wird.  Löst  sich  schwer  in 
kaltem  Wasser^  nicht  in  Aether  und  Alkohol,  leichter  löslich  in  kochen- 
dem Wasser,  aus  dem  es  beim  Erkalten  unverändert  kristallisirt;  unlös- 
lich in  einer  gesättigten  Auflösung  von  kohlensaurem  Ammoniak,  löslich 
in  Kalilauge  mit  prächtig  indigblauer  Farbe,  welche  beim  Erwärmen  unter 
Entwickelung  von  Ammoniak  verschwindet;  wird  in  festem  Zustande  oder 
in  Auflösung  durch  alle  Mineralsäuren  zersetzt , unter  Fällung  glänzender 
Schuppen  von  Murexan;  die  Flüssigkeit  enthält  Alloxantin , Ammoniak , 
Alloxan  und  Barnstoff ; zerlegt  sich  sogleich  in  Berührung  mit  Schwefel- 
wasserstoff io  Alloxantin , Dialursäure  und  Murexan  unter  Fällung  von 
Schwefel.  Gleiche  Atomgewichte  Alloxan,  Alloxantin,  Murexan,  Harn- 
stoff enthalten,  wenn  man  2 Aeq.  Ammoniak  hinzurechnet,  die  Elemente 
von  2 At.  Murexid  und  11  At.  Wasser. 


Murexan.  Formel:  C6  N4  Hg  05. 


6 At.  Kohlenstoff 

4 At.  Stickstoff 

8 At.  Wasserstoff 

5 At.  Sauerstoff 


= 458,61 
= 354,08 
=r  49,91 
rz:  500,00 


1 At.  Murexan  =:  1362,60 


Synonyme:  Purpursäure.  Zersetzungsprodukt  des  Murexids.  — Ent- 
deckt von  Front. 


Darstellung.  Man  löst  Murexid  in  der  Wärme  in  Kalilauge,  erhitzt 
bis  zum  Verschwinden  der  blauen  Farbe,  und  übersättigt  mit  verdünnter 
Schwefelsäure. 


Eigenschaften.  Seidenglänzende  Schuppen,  unlöslich  in  Wasser  und 
verdünnten  Säuren,  löslich  in  Ammoniak  und  Alkalien  in  der  Kälte,  ohne 
sie  zu  neutralisireu ; löslich  in  concentrirter  Schwefelsäure  und  daraus 
durch  Wasser  unverändert  fällbar.  Eine  Auflösung  von  Murexan  in  Am- 
moniak, der  Luft  ausgesetzt,  wird  purpurroth  und  setzt  glänzende  Kri- 
stalle von  Murexan  ab;  bei  Ueberschufs  von  Ammoniak  wird  die  Flüssig- 
keit wieder  farblos,  sie  enthält  alsdann  oxalursaures  Ammoniak.  Zwei' 
Atome  Murexan,  1 Aeq.  Ammoniak  und  3 At.  Sauerstoff  enthalten  die  i 
Elemente  von  1 At.  Murexid  und  3 At.  Wasser;  1 At.  Murexan,  3 At.  1 
Sauerstoff  und  1 Aeq.  Ammoniak  sind  die  Bestandtheile  von  1 At.  oxalur- 
saurem  Ammoniak. 


Benzoyl. 


667 


Anhang  zu  den  Harnsäureverbindungen. 

Harnoxid , Xanthicoxid.  Ein  seltner  Bestandteil  der  Blasensteine ; 
von  Marcet  darin  zuerst  entdeckt.  Formel : N4  H4  Oa.  Darstellung : 

Harnsteine,  welche  diese  Materie  enthalten,  werden  in  Kalilauge  gelöst 
und  die  Flüssigkeit  mit  Kohlensäure  gesättigt,  wo  Harnoxid  niederfällt. 
Eigenschaften : Weifser  Niederschlag;  beim  Trocknen  blafsgelbliche,  harte 
Stucke,  welche  beim  Reiben  Wachsglanz  annehmen;  löst  sich  in  reinen 
und  kohlensauren  Alkalien,  in  geringer  Menge  in  heifsem  Wasser,  Salz- 
und  Oxal- Säure.  Löslich  in  concentrirter  Schwefelsäure  mit  gelblicher 
Farbe;  Wasser  bildet,  zu  dieser  Lösung  gegosseu,  keinen  Niederschlag. 
Löslich  iu  Salpetersäure,  ohne  Gasentwickelung;  dampft  man  diese  Auf- 
lösung ab,  so  bleibt  ein  citrongelber  Rückstand,  der  mit  Ammoniak  sich 
nicht  roth  färbt  und  zum  Theil  sich  in  Wasser,  leicht  und  vollkommen  in 
Kali,  in  letzterem  mit  tief  rothgelber  Farbe  löst,  beim  Abdampfen  einen 
rothen  Rückstand  hinterlassend. 

Die  Harnsteine,  worin  Harnoxid  enthalten  ist,  besitzen  eine  hell- 
braone  oder  braunglänzende  Oberfläche;  im  Bruch  blätterig,  glänzend, 
ebenfalls  braun  oder  dunkel  fleischfarbig;  beim  Reiben  und  Schaben  von 
Wachsglanz. 

Blasenoxid , Cgsticoxid . — Organische  Salzhase.  Von  Wollaston  ent- 
deckt. — Seltner  Bestandteil  der  Blasensteine.  Formel  C6  Na  Hla  04  Sa. 
Darstellung:  Man  löst  den  Harnstein  in  wässerigem  Ammoniak  und  läfst 
das  Filtrat  an  der  Luft  verdunsten,  wo  Biasenoxid  kristallisirt.  Eigen- 
schaften: Bildet  im  Harnstein  eine  gelblichweifse,  glänzende,  verworren 
kristallisirte  Masse;  kristallisirt  aus  seiner  Lösung  in  Kali  beim  Zusatz  von 
Essigsäure  in  sechsseitigen  Blättchen,  aus  Ammoniak  in  weifsen,  durch- 
sichtigen Blättern.  Zersetzt  sich  in  der  Wärme,  liefert  übelriechende 
Schw  efel-  und  amrooniakhaltige  Produkte.  Löst  sich  leicht  in  Mineralsäuren, 
damit  krisfallisirbare  Verbindungen  bildend.  Verbindet  sich  direkt  mit 
Chlorwasserstoffsäure  zu  einem  wasserfreien  Salz,  welches  gleiche  Aequi- 
valente  Basis  uöd  Säure  enthält;  das  salpetersaure  Salz  enthält  1 At.  Sal- 
petersäure, 1 At.  Cysticoxid  und  2 At.  Wasser,  von  welchen  bei  85°  die 
Hälfte  abgeschieden  wird.  Löslich  in  reinen  und  kohlensauren  Alkalien, 
beim  Erwärmen  damit,  z'uerst  unter  Entwickelung  von  Ammoniak,  sodann 
beim  Abdampfen  unter  Entwickelung  eines  leicht  entzündlichen,  mit  blauer 
Flamme  brennenden  Gases  vom  Geruch  des  Schwefelkohlenstoffs,  zersetz- 
bar. Das  Vorkommen  des  Blasenoxids  ist  so  selten,  dafs  über  die  Natur 
dieser  merkwürdigen  Materie  keine  Untersuchungen  angestellt  werden 
konnten. 


III)  Benzoyl.  Formel:  Ci4H10O2.  Symb.  Bz. 

14  At.  Kohlenstoff  = 1070,090 

10  At.  Wasserstoff  = 62,397 

2 At.  Sauerstoff  = 200,000 

1 At.  Benzoyl  ==  1332,487 

§.  64.  Mit  Benzoyl  bezeichnet  man  ein  hypothetisches  Ra- 
dikal einer  Reihe  von  Verbindungen,  die  aus  dem  flüchtigen  Oel 
der  bittern  Mandeln  entspringen  oder  damit  in  einem  gewissen 
Zusammenhänge  stehen.  Das  Bittermandelöl  selbst  ist  in  den 
meisten  Kernen  der  Steinfrüchte,  in  den  Blättern  des  Kirsch- 
lorbeers, in  einer  eigentümlichen  Verbindung,  dem  Amygdalin, 
enthalten,  aus  welcher  man  es  auf  den  mannigfaltigsten  We- 
gen gewinnen  kann. 


068 


Benzoesäure, 


Benzogi  und  Sauerstoff. 

Benzoesäure  (Acidum  benzoicum} . 

Formel:  CJ4  H10  03  -f  aq  = BzO  + aq. 

1 At.  Benzoyl  =r:  1332,48 

1 At.  Sauerstoff  ~ 100,00 

1 At.  wasserfreie  Säure  = 1432,48 

1 At.  Wasser — 112,48 

1 At.  Benzoesäurehydrat  ~ 2544,96 

Synon. : Benzoylsäure , Benzoeblumen  (Acidum  benzoylicum,  Flores 
Benzoes). 

Vorkommen : In  dem  Benzoeharz,  Dracheublut,  etc.;  entsteht  durch 
Oxidation  des  BenzoylwasserstofFs  an  der  Luft  und  bei  der  Zerlegung  vie- 
ler Betszoylverbindungen ; bei  der  Zersetzung  der  Hippursäure  und  des 
Amygdalins  durch  oxidirende  Materien,  durch  die  Einwirkung  von  Kali 
auf  ätherische  Oele,  namentlich  Zimratöl  etc. 

65.  Darstellung.  Benzoeharz  wird  in  grobem  Pulver  j 
für  sieh  oder  mit  seinem  gleichen  Gewicht  Sand  gemengt,  in 
einem  runden  Topf  von  Gufseisen  oder  Eisenblech,  dessen 
Wände  nicht  über  2 Zoll  hoch  sind,  ausgeb  reitet.  Man  spannt 
über  die  Oeffnung  dieses  Gefäfses  ein  Blatt  lockeres  Fliefs- 
papier,  was  über  den  Rändern  mit  Kleister  festgeklebt  wird. 
Man  stellt  sodann  einen  Hut,  von  der  Form  eines  gewöhnlichen 
Manneshuts,  von  dickem  Papier  darüber,  der  genau  an  den 
Rändern  des  Topfes  mit  einem  starken  Bindfaden  festgebunden 
wird.  Der  Topf  wird  auf  Sand  gestellt,  der  auf  einer  Eisen- 
platte  ausgebreitet  ist,  unter  welcher  man  ein  schwaches  Feuer 
3 — 4 Stunden  lang  unterhält.  (Die  Dämpfe  der  sublimerenden  Ben- 
zoesäure gehen  mit  Leichtigkeit  durch  die  Poren  des  Papiers  und  lagern 
sich  in  Kristallen  iti  dem  Hute  au ; an  dem  Hiuabfallen  in  den  Topf  w er- 
den  sie  durch  das  Papier,  was  die  Oeffnung  des  Topfes  schliefst,  verhin- 

dert.)  Mohr.  Oder  auf  nassem  Wege:  Man  mengt  gleiche 
Theile  sehr  feingepulvertes  Benzoeharz  und  Kalkhydrat  aufs 
innigste  mit  einander,  kocht  das  Gemenge  mit  40  Th.  Wasser  : 
einige  Stunden  lang,  filtrirt  und  versetzt  die  durch  Abdampfen 
auf  V*  concentrirte  Flüssigkeit  mit  Salzsäure,  wo  nach  dem 
Erkalten  Benzoesäure  kristallisirt.  (Nimmt  man  weniger  Kalk  und 
versäumt  man  die  sorgfältige  Mengung,  so  backt  das  Gemisch  in  dem 
kochenden  Wasser  zusammen , man  mufs  in  diesem  Falle  die  harten  Stücke 
nach  dem  Erkalten  aufs  neue  mit  Kalkh3'drat  zerreiben.)  Oder  man 
kocht  Hippursäure  mit  Salpetersäure  von  1,42  spec.  Gew.  V* 
Stunde  lang,  setzt  Wasser  zu  und  läfst  kristaüisiren. 

Die  aus  Benzoeharz  erhaltene  Säure  reinigt  man  entweder  ) 
durch  eine  neue  Sublimation  oder  durch  Kochen  mit  Salpeter- 
säure, oder  indem  man  durch  ihre  kochend  heifse  Lösung  in 
Wasser  Chlorgas  leitet. 

Erklärung.  Die  Benzoesäure  ist  in  dem  Harz  fertig  gebildet  und  zum 
grofsen  Theii  frei  vorhanden,  durch  Sublimation  wird  sie  davon  getrennt. 
Kalk  mit  Benzoeüarz  gekocht  löst  die  Benzoesäure  unter  Zurücklassung! 
des  Harzes  auf,  der  entstandene  benzoesaure  Kalk  wird  durch  starke  Säu- 
ren, unter  Abscheidung  der  Benzoesäure,  zersetzt.  In  der  Hippursäure 
ist  ßeuzamid  enthalten  in  Verbindung  mit  einer  organischen  Materie,  wel- 
che durch  die  Einwirkung  der  Salpetersäure  zerstört  wird.  Benzatnid  zer-  j 
fällt,  mit  Säuren  gekocht,  in  Ammoniak  und  Benzoesäure. 


Benzoesaure  Salze. 


609 


§.66.  Eigenschaften.  Die  Benzoesäure  kristallisirt  in  bieg- 
samen, weichen,  weifsen,  durchscheinenden,  perlinutterglän- 
zenden  Blättern  oder  sechsseitigen  Nadeln.  In  reinein  Zustande 
geruchlos,  gelinde  erwärmt  dem  Benzoeharz  ähnlich  riechend, 
schmeckt  schwach  stechend  süfslich,  verursacht  Kratzen  und 
Brennen  im  Schlunde,  röthet  schwach  Lackmus,  schmilzt  bei 
120°,  sublimirt  bei  145°,  im  Dunkeln  bemerkt  man  hierbei 
häufig  eine  Lichterscheinung,  siedet  bei  239°,  das  spec.  Ge- 
wicht ihres  Dampfes  ist  4,27;  wird  durch  Kochen  mit  verdünn- 
ter Salpetersäure  und  durch  Chlor  nicht  verändert,  durch  rau- 
chende Salpetersäure  hingegen  in  eine  gelbe,  harzähnliche, 
sehr  bitter  schmeckende  Materie  verwandelt;  löst  sich  in  con- 
centrirter  Schwefelsäure,  durch  Wasser  daraus  fällbar.  Ver- 
breitet, an  der  Luft  erhitzt,  weifse,  reizende,  im  Halse  kraz- 
zende  Dämpfe;  leicht  entzündlich,  mit  rufsender  Flamme  ver- 
brennend, ohne  Rückstand  zu  hinterlassen.  Löst  sich  in  200 
kaltem,  in  25  kochendem  Wasser;  verflüchtigt  sich  mit  den 
Wasserdämpfen  beim  Verdampfen  oder  Sieden  der  Auflösung. 

Benzoesaures  Ammoniak , neutrales , Bz0,N2H80.  Darstellung 
Mau  löst  Benzoesäure  in  erwärmtem,  concentrirtem,  reiuem  Ammoniak 
bis  zur  Sättigung-  und  läfst  erkalten.  Federartig  vereinigte  Nadeln,  zer- 
fliefslich  in  feuchter  Luft,  in  wasserfreiem  Alkohol  löslich.  Saures.  Durch 
Kochen  und  freiwilliges  Abdampfen  einer  Lösung  des  neutralen  verwandelt 
es  siQli  unter  Ammoniakverlust  in  saures  Salz,  was  in  grofsen  regelmäfsi- 
gen  Kristallen  anschiefst, 

Benzoesäure  und  Metalloxide. 

§.  67.  Bei  der  Verbindung  der  Benzoesäure  mit  den  Me- 
talloxiden wird  in  den  meisten  Fällen  das  Hydratwasser  der 
Säure  durch  ein  Aequivalent  Metalloxid  ersetzt.  Die  löslichen 
benzoesauren  Salze  haben  einen  reizenden,  stechenden,  sal- 
zigen Geschmack,  ihre  Auflösungen  werden  durch  die  meisten 
andern  Säuren  unter  Abscheidung  der  Benzoesäure  zersetzt; 
dasselbe  findet  statt  bei  den  unlöslichen  Salzen,  wenn  das 
Metalloxid  mit  der  hinzugesetzten  Säure  ein  lösliches  Salz  bil- 
det. Nach  Lecanu  und  Seröal  werden  viele  unlösliche  benzoe- 
sauren Salze  in  der  Wärme  von  essigsaurem  Kali  und  Natron 
und  salpetersaurem  Natron  aufgenommen,  nicht  in  einer  Auf- 
lösung von  Salpeter-  und  schwefelsaurem  Kali  und  sch  wiefel- 
saurem  Natron.  Die  Salze  mit  alkalischer  Basis  zerlegen  sich 
bei  der  trocknen  Destillation  in  kohlensaure  Salze,  während 
die  Benzoesäure  in  neue  Produkte  zerfällt.  Mit  Ueberschufs  vom 
Kalkhydrat  geglüht  zerfällt  die  Säure  in  Kohlensäure,  die  mit 
Kalk  im  Rückstan  d bleibt,  und  in  Benzol, 

Benzoesaures  Kali , Natron,  Lithion , Magnesia , sind  leicht  löslich, 
schwierig  kristallisirbar ; Benzoesaurer  Baryt  und  Strontian  sind  schvver- 
I löslich  in  kaltem,  leichter  löslich  in  heifsem  Wasser  und  daraus  in  feinen 
Nadeln  kristallisirbar. 

Benzoesaurer  Kalk  kristallisirt  mit  1 At.  Kristall wasser  in  glänzen- 
den, biegsamen  Nadeln  oder  Säulen,  löslich  in  20  kaltem,  in  weniger 
heifsem  Wasser.  Die  Destillationsprodukte  dieses  Salzes  sind  von  Peligot 


670 


Benzoesaure  Salze. 


untersucht  worden.  Man  erhält  hierbei  zwei  flüssige  Produkte;  das  Ben- 
zen C13  H10  0 ; ferner  Benzol  C12Hi2,  sodann  Naphthalin  C12  H8 , es 
bleibt  Kohle  und  kohleusaurer  Kalk  und  es  entwickelt  sich  Kohlenoxidgas. 
Die  Erklärung  der  Bildung  des  Beuzons  ergiebt  sich  von  selbst,  wenn  man 
erwägt,  dafs  der  wasserfreie ‘benzoesaure  Kalk  die  Elemente  von  Benzen 
und  kohlensaurem  Kalk,  oder  die  Elemente  von  Benzol,  Naphthalin,  Koh- 
lensäure, Kohlenoxid  und  Kohle  enthält. 

Cjj  H10  O “ 1 At.  Benzen 

C 02  = 1 At.  Kohlensäure 

CaO  = 1 At.  Kalk 

C14  HI0  03  -f-  CaO  = 1 At.  benzoesaurer  Kalk. 

oder  die  Zersetzungsprodukte  sind: 

C10  H8  rz:  1 At.  Naphthalin 

C12  HJ2  = 1 At.  Benzol 

C2  04  = 2 At.  Kohlensäure 

C2  02  =2  At.  Kohlenoxid 

C ■+-  2CaO  = 1 At.  Kohle  u.  2 At.  Kalk 

C28  H20  06  -1-  2CaO  = 2 Ät.  benzoesaurer  Kalk. 

Benzoesaure  Thonerde.  Beim  Vermischen  coucentrirter  benzoesaurer 
Alkalien  mit  Thonerdesalzen;  kristallinischer,  in  der  Wärme  löslicher 
Niederschlag. 

Benzoesaure  Beryll Ytter - und  Zirkonerde , sehr  schwerlösliche 
Niederschläge. 

Benzoe  saures  Mang  an-  und  Eisenoxidul  sind  lösliche  Salze. 

Benzoesaures  Eisenoxid.  Neutrales  3Bz0,Fe2  03.  Kristallisirbar, 
löslich  in  Wasser  und  Alkohol  unter  Zurücklassung  eines  basischen  Sal- 
zes. Eisenoxidsalze,  deren  Auflösungen  mit  soviel  Ammoniak  versetzt 
werden,  dafs  sie  ihre  saure  Reaction  verlieren,  ohne  einen  Niederschlag 
zu  bilden,  geben  mit  löslichen  benzoesauren  Alkalien  einen  röthlich  wei- 
fsen,  oder  bei  Ueberschufs  von  Ammoniak  einen  braungelben  Niederschlag, 
von  denen  der  letztere  im  Wasser  nicht  löslich  ist;  er  stellt  eine  autge- 
quollene  gelatinöse  Masse  dar,  welche  nach  dem  Trocknen  und  Glühen 
25  p.  c.  Eisenoxid  hinterläfst.  Der  ersterwähnte  röthlich  weifse  Nieder- 
schlag wird  beim  Waschen,  namentlich  mit  heifsem  Wasser,  zersetzt, 
indem  sich  ein  lösliches  benzoesaures  Eisenoxidsalz  auflöst  unter  Zurück- 
lassung der  braungelben  basischen  Verbindung.  Dwrcli  Waschen  mit  Sal- 
miaklösung kann  diese  Zersetzung  vermieden  werden.  Man  bedient  sich 
zuweilen  des  benzoesauren  Ammoniaks,  unter  Beachtung  des  beschriebenen 
Verhaltens,  zur  Scheiduug  des  Eisenoxids  von  Mangao,  Nickel  und  Zink, 
die  von  benzoesauren  Alkalien  nicht  gefällt  werden ; im  Fall  die  Auflösung 
dieser  Metalloxide  Thonerde,  Yttererde,  Zirkonerde,  Beryllerde  enthält, 
ist  dieses  Scheidungsmittel  nicht  anwendbar,  indem  diese  mit  Benzoesäure 
ebenfalls  sehr  schwerlösliche  Salze  bilden. 

Benzoesaures  Bleioxid.  Sehr  schwerlösliches,  kristallinisches,  weifses 
Pulver,  in  Essigsäure  löslich  und  daraus  kristallisirbar;  es  enthält  2 At. 
Wasser,  wovon  die  Hälfte  bei  100°  gebunden  bleibt.  Basisch  benzoe- 
saures Bleioxid  erhält  man  durch  Fällung  eines  benzoesauren  Alkali’s  mit 
basisch  essigsaurem  Bleioxid,  in  Gestalt  eines  weifsen,  wasserfreien,  un- 
löslichen Niederschlags,  es  enthält  auf  3 At.  Bleioxid  2 At.  wasserfreie 
Benzoesäure. 

Benzoesaures  Silberoxid.  Kochende  verdünnteAuflösungen  eines  neu- 
tralen benzoesauren  Alkali’s  und  salpetersauren  Snberoxids  mit  einander 
vermischt,  liefern  beim  Erkalten  glänzende,  platte,  farblose,  weiche  Na- 
deln, sehr  ähnlich  der  Benzoesäure,  welche  wasserfreies  benzoesaures 
Silberoxid  sind;  sie  schwärzen  sich  am  Lichte.  Aus  concentrirten  Auf- 
lösungen niedergeschlagen , stellt  es  eine  käsige , kristallinische  Masse  dar, 
die  in  heifsem  Wasser  gelöst  feine  vom  reducirten  Silber  schwärzlich  ge- 
färbte Auflösung  giebt , aus  der  sich  das  Salz  in  der  beschriebenen  Form 
wieder  ausscheidet. 


Benzoyl-chlorid,  -broraid. 


671 


Benzoy Iwasscrstoff.  Formel : C14  H12  02  = Bz  H2. 

Synonyme:  Bittermandelöl. 

Darstellung.  Das  durch  Destillation  der  bittern  Mandeln  erhaltene 
fluchtige  Oel  enthält  Benzoesäure,  Benzoin  und  Blausäure;  cs  wird  mit 
Kalkhydrat  uud  Eisenchloriir  unter  Wasserzusatz  zu  einem  dünnen  Brei 
gemischt  und  der  Destillation  unterworfen  ; das  übergegangene  Oel  wird 
durch  Stehenlassen  über  trockenem  Chlorcalcium  von  beigemengtem  Was- 
ser befreit. 

Eigenschaften.  Farblose,  vollkommen  durchsichtige,  das  Licht  stark 
brechende,  dünnflüssige  Flüssigkeit,  von.  starkem,  eigentümlichem  Ge- 
ruch und  brennendem  Geschmack,  von  1,043  spec.  Gewicht;  sein  Sied- 
punkt 180°  C. ; löslich  in  30  Th.  Wasser,  mischbar  mit  Alkohol  und  Ae- 
ther.  Der  Dampf  des  ßenzoyhvassersfcoffs  ist  entzündlich  und  brennt  mit 
einer  stark  leuchtenden,  rufsenden  Flamme;  er  kann  durch  rothglühende 
Glasröhren  geleitet  werden  ohne  Zersetzung.  Durch  Aufnahme  von  3 At. 
Sauerstoff  verwandelt  er  sich  an  der  Luft  in  Benzoesäure,  dasselbe  ge- 
schieht unter  Wasserzersetzung , wenn  er  mit  Kalihydrat  einer  hohen 
Temperatur  ausgesetzt  wird,  wobei  Wasserstoffgas  frei  wird.  Eine  wein- 
geistige Auflösung  von  Kalihydrat,  zu  der  man  Benzoy I Wasserstoff  bringt, 
erstarrt  nach  einigen  Augenblicken  zu  beuzoesaurem  Kali,  was  sich  ab- 
scheidet, während  der  Weingeist  eine  ölähnliche,  nicht  untersuchte  Ma- 
terie enthält.  Durch  die  Einwirkung  von  Chlor  uud  Brom  entsteht  Chlor- 
benzoyl  und  Chlor-  oder  Brom -Wasserstoffsäure.  Bei  Gegenwart  von 
Wasser  bildet  sich  hierbei  entweder  beuzoesaurer  Benzoylwasserstoff  oder 
Benzoesäure.  Verwandelt  sich  mit  wäfsrigem  Ammoniak  gelinde  crvyärmt 
in  Hydrobenzamid.  Löslich  in  gelinder  Wärme  iu  concentrirter  Schwefel- 
säure; bei  höherer  Temperatur  färbt  sich  diese  Auflösung  roth,  später 
schwarz,  und  entwickelt  schweflige  Säure.  Mit  wasserfreier  Schwefel- 
säure zusammeugebracht  verbindet  es  sich  damit  zu  einer  eigentümlichen, 
Barytsalze  nicht  fällenden , Säure  fMit sch  erlich).  Salpetersäure  löst  deu 
Benzoylwasserstoff , denselben  nur  schwierig  in  Benzoesäure  verwandelnd. 
Innerlich  genommen  wirkt  der  reine  Benzoylwasserstoff  giftig.  Mit  Alka- 
lien und  Sauerstoff  in  Berührung  verwandelt  sich  der  Benzoylwasserstoff 
beinahe  augenblicklich,  uuter  Absorbtion  des  Gases,  in  benzoesaures  Salz. 
Bei  Abschlufs  des  Sauerstoffs  damit  sehr  gelinde  erhitzt  oder  längere  Zeit 
damit  stehen  gelassen,  entsteht  ebenfalls  benzoesaures  Alkali,  neben  einem 
ölartigen  an  Wasserstoff  reichen,  flüchtigen  Produkte.  Fremy. 

Benzoylcklorid.  Formel:  BzC12. 

Chlorbenzoyl , entdeckt  von  W.  und  J.  L.  Darstellung : Mau  leitet 
Chlorgas  durch  wasserfreien  Benzoylwasserstoff  so  lange  sich  Chlorwas- 
serstoffsäure entwickelt,  uud  erhitzt  die  gelb  gewordene  Flüssigkeit  so 
lange,  bis  alles  freie  Chlor  ausgetrieben  uud  sie  farblos  geworden  ist. 
Eigenschaften:  Farblose  Flüssigkeit  von  eigenthiimlichem  , unaugenehmen, 
die  Augen  angreifendon  Geruch  und  1,106  spec.  Gewicht;  der  Dampf  ist 
entzündlich  uud  brennt  mit  einer  rufsenden  Flamme  mit  grünem  Saum.  Von 
kaltem  Wasser  wird  es  langsam,  von  heifsem  schneller  in  Chlorwasser- 
stoffsäure und  Beazoesäure  zerlegt;  bei  Gegenwart  von  Alkalien  entsteht 
benzoesaures  Alkali  und  Chlormetall;  über  wasserfreien  Kalk  und  Baryt 
kann  es  unverändert  abdestillirt  werden;  löst  Schwefel  und  Phosphor  ohne 
Veränderung;  mit  Phosphorohlorid  zusammengebracht  entsteht  starke  Er- 
hitzung unter  Bildung  von  Phosphorchlorid  und  eines  farblosen,  öligen, 
nicht  weiter  untersuchten  Körpers.  Mit  Ammoniakgas  zerlegt  es  sich  in 
Benzamid , mit  Weingeist  in  benzoesaures  Aethyloxid  und  Salzsäure. 
Mit  Aether  und  Schwefelkohlenstoff  ohne  Veränderung  mischbar. 

Benzoy Ibromid.  Formel:  BzBr2. 

Entdeckt  von  W.  und  J.  L.  Darstellung  wie  Benzoylchlorid.  Eigen- 
schaften: Blättrige,  farblose  Kristalle,  an  der  Luft  sich  bräunlich  färbend; 
mit  Wasser  und  Alkalien  erleidet  es  die  nemlichen  Zersetzungen  wie  Ben- 
zoyichlorid ; löst  sich  in  Aether  uud  Alkohol  ohne  Veränderung. 


672 


Benzoyliodid.  Benzamid 


Benzoyliodid.  Formel:  Bzl2. 

Entdeckt  von  W.  und  J.  L.  Darstellung : Man  destillirfc  BenzoyL* 
Chlorid  mit  Iodkalium.  Eigenschaften : Kristallinische  Masse , von  über- 
schüssigem Iod  braun  gefärbt , in  reinem  Zustande  blätterige,  farblose, 
leicht  schmelzbare  Kristalle,  an  der  Luft  braun  werdend,  verhält  sich 
gegen  Alkalien  und  Wasser  wie  die  vorhergehenden  Verbindungen. 

Benzoylsulfid.  Formel:  BzS. 

Schwefelbenzoxß.  Entdeckt  von  W.  und  J.  L.  Darstellung : Durch 
Destillation  von  Beuzoylchlorid  mit  Schwefel blei.  Gelbes  Oel,  zu  einer  i 
weichen  kristallinischen  Masse  erstarrend,  von  eigentluirnlich  unangeneh-  . 
men  Geruch.  Durch  kochendes  Wasser  wird  es  nicht  bemerklich  verän- 
dert, mit  Kalilauge  verwandelt  es  sich  langsam  in  Schwefelkalium  und  Ben- 
zoesäure. Entzündlich  mit  leuchtender,  rufsender  Flamme,  unter  Ent-  • 
Wickelung  von  schwefeliger  Säure  verbrennend.  Löslich  ohne  Verände- 
rung in  Alkohol  und  Aether. 

Benzoy  leyanid.  Formel:  BzCy2. 

Cyanhenzoyl.  Entdeckt  von  W.  und  J.  L.  Darstellung : Durch  Destil- 
lation des  Chlorbenzoyls  mit  Cyanquecksilber.  Eigenschaften : Gelbes  Oel,  | 
welches  durch  Rectification  farblos  wird,  von  starkem,  zimmtähnlichen , 
die  Augen  heftig  reizenden  Geruch  und  beifsendem,  süfslichen,  hintennach 
blausäureartigen  Geschmack,  leicht  entzündlich. 

Benzamid.  Formel:  Bz-fN2H4. 

Entdeckt  von  W.  und  J.  L.  Bildet  sich , wenn  eine  der  vorher  be- 
schriebenen Verbindungen  des  Benzoyls  mit  Haloiden  mit  trocknem  Ammo- 
niakgas zusammengebracht  wird ; ist  ferner  ein  Zersetzungsprodukt  der 
Hippursäure  mit  Bleihyperoxid.  Darstellung : Hippursäure  wird  mit  Blei- 
hyperoxid gekocht;  es  entwickelt  sich  hierbei  Kohlensäure  und  es  entsteht 
hippursaures  Bleioxid  und  Benzamid , welche  letzteren  gelöst  bleiben;  man 
setzt  der  heifsen  Flüssigkeit  verdünnte  Schwefelsäure  hinzu,  wobei  aller 
Ueberschufs  an  letzterer  vermieden  werden  mufs,  und  kocht  unter  neuem 
Zusatz  von  Bleihyperoxid;  dies  Verfahren  wiederholt  man  so  lange,  bis 
alle  Hippursäure  die  Verwandlung  erlitten  hat.  Aus  der  zuletzt  bleifreien 
Flüssigkeit  kristallisirt  beim  Abdampfen  das  Benzamid  f Fehling).  Oder 
mau  sättigt  Benzoylchlorid  mit  trocknem  Ammoniakgas,  zerreibt  die  ent- 
standene weiise  feste  Masse  (ein  Gemenge  von  Salmiak  mit  Benzaihid)  zu 
feinem  Pulver,  entfernt  den  Salmiak  durch  Auswaschen  mit  kaltem  Was- 
ser, löst  den  Rückstand  in  kochendem  Wasser,  wo  nach  dem  Erkalten 
Benzamid  kristallisirt. 

Eigenschaften.  Gerade  rhombische  Prismen,  oder  vierseitige  perlmut- 
terglänzende Blättchen ; eine  concentrirte  Lösung  erstarrt  bei  langsamem 
Erkalten  zu  einer  weichen,  aus  feinen  Kristallen  bestehenden  Masse,  die 
sich  nach  einiger  Zeit  in  ziemlich  grofse  Blättchen  verwandelt;  sie  sind 
farblos,  durchsichtig,  schmelzen  bei  115°  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit; 
verflüchtigt  sich  in  höherer  Temperatur  in  brennbaren  Dämpfen  und  läfst 
sich  destilliren,  wird  von  kaltem  Wasser  wenig,  von  kochendem  leicht 
gelöst  ohne  Zersetzung,  ist  in  Alkohol  und  Aether  löslich.  Alkalien  und 
Säuren  zerlegen  bei  Gegenwart  von  Wasser  das  Benzamid  unter  Bildung 
von  Ammoniak  und  Benzoesäure.  Mit  wasserfreiem  Baryt  schwach  er- 
wärmt wirken  beide  sehr  heftig  auf  einander;  unter  Wärmeentwickelung 
entsteht  eine  feste  zusammengebackene  Masse,  welche  benzoesauren  Baryt 
enthält,  es  entwickelt  sich  Ammoniak  und  es  destillirt  ein  farbloser,  öl- 
artiger Körper  über,  der  zum  gröl’sten  Theil  aus  Benzol  besteht. 

Erklärung.  Die  Hippursäure  enthält  die  Elemente  von  Fumarsäure 
oder  Equisetsäure  und  Benzamid,  die  organische  Säure  zerfällt  beim  Ko- 
ghen  mit  Bleihyperoxid  in  Kohlensäure  und  Wasser,  während  das  Benza** 


Mandelsäure. 


673 


mid  frei  wird.  Benzoylchlorid  zerlegt  sich  mit  Ammoniak  in  Benzamid  und 
freie  Salzsäure,  die  sich  mit  dem  überschüssigen  Ammoniak  zu  Salmiak 
vereinigt.  1 At.  Benzoylchlorid  C14  H10  02  Cl2  zerlegt  sich  mit  1 Aeq. 
Ammoniak  N«  H6  in  Salzsäure  Cl2  H2  und  Amid  N2  JB4  , das  mit  Benzoyl 
sich  vereinigt. 

Weitere  Verbindungen  des  Benzoy  Iw asser  Stoffs. 
Mandelsäure . 

Ameisensaurer  Benzoylwasserstoff.  Entdeckt  von  Winkler.  Formel 
Cj  H2  05  -+-  C14  H12  02  -f-  aq  = 1 At.  wasserfreie  Ameisensäure  und  1 At. 
Beuzoylvvasserstoff.  Darstellung:  Blausäurehaltiger  Benzoylwasserstoff 
(gewöhnliches  Bittermandelöl)  wird  in  Wasser  gelöst  und  unter  Zusatz  von 
Salzsäure  bei  gelinder  Wärme  abgedampft.  Der  Rückstand,  welcher  aus 
Mandelsäure  und  Salmiak  besteht,  wird  mit  Aether  übergossen,  der  die 
Mandelsäure  auflöst;  durch  Verdampfung  des  Aethers  erhält  man  sie  kri- 
stallisirt,  ist  sie  gefärbt,  so  reinigt  man  sie  mit  thierischer  Kohle. 

Eigenschaften.  Weifses,  undeutlich  kristallisirtes , körniges  Pulver 
oder  schuppig  kristallinische  Masse,  von  stark  saurem  Geschmack  und 
schwachem  Mandelgeruch,  schmilzt  unter  Wasserverlust  zu  einer  ölarti- 
gen Flüssigkeit,  die  in  höherer  Temperatur  unter  Verbreitung  eines  an- 
genehmen, der  Bliithe  des  Weifsdorns  ähnlichen,  Geruchs  sich  zersetzt 
unter  Zurücklassung  einer  voluminösen  Kohle.  Sie  ist  leicht  löslich  in 
Wasser,  Weingeist  und  Aether;  zerlegt,  damit  erwärmt,  die  essigsauren, 
kohlensauren  und  benzoesauren  Salze ; ihre  wässerige  Auflösung  zerlegt 
sich  beim  Erhitzen  mit  Braunstein  in  Kohlensäure  und  Benzoylwasserstoff, 
was  überdestillirt;  dasselbe  geschieht  bei  Einwirkung  von  Salpetersäure 
und  Chlor. 

Erklärung.  Bei  Gegenwart  von  starken  Mineralsäuren  zerfällt  die 
Blausäure  in  Ammoniak  und  Ameisensäure,  die  sich  im  Entstehungsmoment 
mit  Benzoylwasserstoff  zu  Mandelsäure  verbindet;  durch  oxidirende  Ma- 
terien, Braunstein,  Salpetersäure,  wird  durch  Hinzutreten  von  2 Atomen 
Sauerstoff  die  Ameisensäure  in  Kohlensäure  und  Wasser  verwandelt,  wo- 
durch Benzoylwasserstoff  frei  wird. 

Mandelsäure  und  Metalloxide. 

Die  Metalloxide  verbinden  sich  leicht  mit  der  Mandelsäure  zu  gleichen 
Atomgewichten  zu  den  mandelsauren  Salzen.  Das  Kali-  und  Natronsalz 
sind  leicht  löslich,  schwer  kristallisirbar.  Mandelsaurer  Baryt  kristallisirt  in 
kleinen,  harten,  durchsichtigen  Prismen.  Das  Silbersalz  erhält  man  durch 
Vermischen  von  mandelsaurem  Ammoniak  mit  salpetersaurem  Silberoxid  in 
Gestalt  einer  schweren,  körnig  kristallinischen,  weifsen,  in  heifsem  Was- 
ser löslichen  und  daraus  in  feinen  Blättchen  kristallisirenden  , wasserfreien 
Verbindung. 

Benzoesaurer  Benzoylwasserstoff. 

Entdeckt  von  Robiquet  und  Boutron  Charlard.  Formel  C42  H36  08  = 
1 Atom  Benzoesäurehydrat  C14  H12  04  und  2 Atome  Benzoylwasserstoff 
C28  H24  04.  Entsteht  bei  Berührung  von  feuchtem  Chiorgas  mit  Bitter- 
mandel- und  Kirschlorbeeröl,  auch  beim  Zusammenbringen  des  letzteren 
mit  y3  rauchender  Schwefelsäure  fLaurent'). 

Darstellung.  Man  sättigt  gewöhnliches  blausäurehaltiges  Bittermandelöl 
oder  Kirschlorbeeröl  mit  feuchtem  Chiorgas  und  läfst  die  Mischung  ruhig 
stehen , wo  sie  nach  einiger  Zeit  sich  in  einen  ziemlich  festen  kristallini- 
schen Brei  verwandelt,  den  man  kalt  mit  Aether  auswäscht. 

Eigenschaften.  Blendend  weifses  kristallinisches  Pulver,  oder  kurze, 
dünne,  durchsichtige,  sehr  glänzende,  vierseitige  Prismen,  unlöslich  in 
Wasser,  löslich  in  Alkohol,  in  geringer  Menge  in  kaltem  Aether,  löst 
sieh  leicht  in  Alkohol,  der  mit  Kalihydrat  gesättigt  ist,  zu  einer  farblosen 
Flüssigkeit,  aus  welcher  nach  einiger  Zeit  benzoesaures  Kali  kristallisirt; 


674  H ippur  säure. 

dieser  Körper  schmilzt  in  der  Wärme,  ist  in  höherer  Temperatur  flüchtig 
ohne  Zersetzung. 

Erklärung.  Feuchtes  Chlorgas  verwandelt  iu  Berührung  mit  Benzoyl- 
wasserstoff  einen  Theil  davon  in  Benzoesäurehydrat,  das  sich  im  Entste- 
hungsmoment mit  Benzoylwasserstoff  vereinigt. 

Hippursäure. 

Entdeckt  von  J.  L.  — Hai'nbenzoesäure.  Benzamidverbindung  mit 
einer  organischen  Säure  CI4  H14  02  N2  -H  C4  H2  03  (Fumarsäure?  Equi- 
setsäure?  oder  von  Benzoylwasserstoff  C14  Hl2  02,  Blausäure  C2  N2  H2  und 
Ameisensäure  C2  H2  03  ?).  Formel  der  kristallisirten  Säure  N2  Ci8  H16  03 
-f-  aq.  Vorkommen : — in  dem  Urin  der  grasfressenden  Thiere. 

Darstellung.  Frischer  Urin  von  Pferden  oder  Kühen  wird  bei  gelinder 
Wärme,  die  niemals  zum  Kochen  gehen  darf,  concentrirt,  sodann  mit 
Salzsäure,  bis  saure  Reaction  bemerkbar  ist,  versetzt  und  der  Ruhe  über- 
lassen, wo  unreine  gefärbte  Hippursäure  kristallisirt.  Man  reinigt  sie  ent- 
weder durch  Behandlung  mit  Thierkohle,  wobei  man  viel  verliert,  indem 
sie  aus  der  Kohle  nur  schwierig  mit  heifsem  Wasser  ausziehbar  ist,  oder 
indem  man  durch  eine  kochendheifse  Lösung  der  unreinen  Säure  Chlorgas 
leitet,  oder  mit  etwas  Salzsäure  vermischt  und  eine  Auflösung  won  Bleich- 
kalk zusetzt,  bis  zum  Verschwinden  des  Geruchs  und  der  Farbe. 

Eigenschaften.  Lange,  durchsichtige  oder  milchweifse , vierseitige, 
mit  zwei  Flächen  zugeschärfte  Prismen , von  schwach  bitterlichem  Ge- 
schmack ; röthen  stark  Lackmus ; sie  schmelzen  in  der  Wärme  ohne  Ge- 
wichtsverlust zu  einem  ölähulichen  Liquidum,  beim  Erkalten  kristallinisch 
erstarrend,  in  höherer  Temperatur  tritt.  Zersetzung  ein;  es  destillirt  Ben- 
zoesäure und  benzoesaures  Ammoniak  in  öligeu  rothen  Tropfen  von  star- 
kem angenehmen  Geruch  nach  Tookabohnen  über,  welche  bald  fest  und 
kristallinisch  werden;  der  Geruch  rührt  von  einem  ölartigen  Produkte  her; 
zuletzt  entwickelt  sich  Blausäure  und  es  bleibt  eine  poröse  Bohle.  Löst 
sich  iu  400  kaltem  Wasser,  in  heifsem  sehr  leicht;  löslich  in  Alkohol  und 
in  geringer  Menge  in  Aether.  Löst  sich  in  concentrirter  Schwefelsäure 
in  gelinder  Wärme  ohne  Farbe,  in  höherer  Temperatur  schwärzt  sich  die 
Säure,  es  sublimirt  Benzoesäure  unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure. 
&alpete,';sä.ure  verwandelt  sie  leicht  und  schnell  in  Benzoesäure.  In  Salz- 
säure ohne  Zersetzung  löslich.  Mit  Braunstein  und  Schwefelsäure  gelinde 
erwärmt  zerfallt  sie  in  Kohlensäure,  Ammoniak  und  Benzoesäure,  mit 
Bleihyperoxid  und  Wasser  gekocht  in  Benzamid  und  Kohlensäure. 

(Wenn  der  Harn  längere  Zeit  sich  selbst  überlassen  bleibt  oder  ko- 
chend abgedampft  wird , so  erhält  man  daraus  keine  Spur  Hippursäure , 
sondern  lediglich  Benzoesäure.) 

Erklärung.  Die  Hippursäure  ist  iu  dem  Harn  in  Verbindung  mit  einer 
Salzbasis,  Natron  oder  Ammoniak,  vorhanden,  aus  welcher  sie  durch 
starke  Mineralsäuren  abgeschieden  wird 

Hippursäure  und  Metalloxide. 

Mit  den  Alkalien  und  alkalischen  Erden  verbindet  sich  die  Hippursäure 
zu  löslichen  kristallisirbaren  Salzen.  Die  Verbindungen  dieser  Säure  mit 
deu  schweren  Metalloxiden , bis  auf  hippursaures  Eisenoxid,  sind  schwer- 
löslich in  kaltem,  leichter  in  heifsem  Wasser  löslich  und  daraus  kristallisir- 
bar.  Das  hippursaure  Eisenoxid  besitzt  die  Farbe  und  Beschaffenheit  des 
benzoesauren.  Das  Silbersalz  ist  wasserfrei.  Alle  hippursauren  Salze 
werden  durch  Säuren  zersetzt  unter  Abscheidung  der  Hippursäure;  mit 
Kalk-  oder  Kalihydrat  im  Ueberschufs  geschmolzen  entwickeln  sie  Am- 
moniak und  eine  ölige  Flüssigkeit  (Benzol). 


Brombenzoesäure. 


675 


Zersetzungsprodukte  der  Benzoylverbindungen. 
Benzoeunter  Schwefelsäure. 

Synon.:  Benzoeschwefelsäure.  Zweibasische  Säure.  Entdeckt  von 
Mitscherlich.  Formel  C14  H8  05  -f-  S2  05  -+-  2aq. 

Darstellung.  Mau  versetzt  eine  Auflösung  von  saurem  benzoeunter- 
schwefelsaurem  Baryt  mit  verdünnter  Schwefelsäure  bis  zur  vollständigen 
Ausfällung  des  Baryts , filtrirt  die  Flüssigkeit  von  dem  Niederschlag  ab  und 
dampft  sie  über  freiem  Bleuer,  zuletzt  unter  der  Luftpumpe  über  Schwe- 
felsäure ab,  wo  sie  kristallisirt. 

Bildung.  2 At.  Schwefelsäure  zerlegen  sich  mit  1 At.  Benzoesäure 
in  Wasser  und  in  Benzoeunterschwefelsäure. 

Eigenschaften.  Kristallinische  farblose  Masse,  zerfliefslich  in  feuchter 
Luft,  von  stark  saurem  Geschmack,  verträgt  ohne  Zersetzung  eine  Tem- 
peratur von  150°,  in  höherer  tritt  Zersetzung  ein,  wird  weder  durch  Ko- 
chen mit  Salzsäure  noch  durch  Salpetersäure  zersetzt , mit  Auflösungen 
von  salpetersaurem  Baryt  oder  Chlorbarium  vermischt  scheidet  sich  saurer 
benzoeunterschwefelsaurer  Baryt  ab. 

Benzoeunterschwefelsäure  und  Metalloxide. 

Die  Benzoeunterschwefelsäare  bildet  zwei  Reihen  von  Salzen,  die 
sogenannten  neutralen  enthalten  2 Aeq.  Metalloxid,  die  sauren,  bei  100° 
getrocknet,  1 Aeq.  Metalloxid  und  1 Aeq.  Wasser.  Alle  Salze  dieser 
Säure  hinterlassen  nach  dem  Schmelzen  mit  überschüssigem  Kalihydrat  ein 
Gemenge  von  schwefligsaure  in , schwefelsaurem  und  kohlensaurem  Kali. 

Benzoeunterschwefelsayrer  Baryt , saurer.  Darstellung : Man  leitet 
die  Dämpfe  von  wasserfreier  Schwefelsäure  in  eine  trockne  Vorlage,  worin 
kristallisirte  Benzoesäure  enthalten  ist,  uud  umgiebt  sie  mit  kaltem  Was- 
ser. Die  Schwefelsäure  vereinigt  sich  mit  der  Benzoesäure  zu  einer  durch- 
scheinenden terpentinähnlichen  Masse,  die  man  mit  Wasser  vermischt,  so- 
bald die  kristallinische  Beschaffenheit  der  Benzoesäure  verschwunden  ist. 
Die  saure  Flüssigkeit,  nachdem  sich  in  der  Ruhe  die  überschüssig  vor- 
handene Benzoesäure  abgesetzt  nat , neutralisirt  man  mit  kohlensaurem 
Baryt,  dampft  ab  und  vermischt  die  Flüssigkeit  mit  Salzsäure,  wo  nach 
dem  Erkalten  saurer  benzoeunterschwefelsaurer  Baryt  herauskristallisirt. 
Man  erhält  dieses  Salz  völlig  farblos  durch  Thierkohle  und  durch  wieder- 
holte neue  Kristallisation  frei  vou  Salzsäure.  — Eigenschaften  : Schiefe 
rhombische,  farblose,  durchsichtige  Säulen,  meistens  Zwillingskristalle, 
in  20  Th.  kaltem,  leichter  löslich  in  kochendem  Wasser,  enthält  3 Atome 
(9,6  p.  c.)  Kristall wasser,  was  bei  100°  weggeht. 

Neutralen  benzoeunterschwefelsauren  Baryt  erhält  man  durch  Kochen 
einer  Auflösung  des  sauren  Salzes  mit  kohlensaurem  Baryt;  es  ist  leichter 
löslich  als  das  saure  Salz,  schwer  in  regelmäfsiger  Form  zu  erhalten, 
verträgt  eine  Temperatur  von  350°  ohne  Zersetzung. 

Benzoeunterschwefelsaures  Bleioxid,  neutrales.  Durch  Vermischen 
einer  kochenden  verdünnten  Auflösung  von  neutralem  Barytsalz  mit  essig- 
saurem Bleioxid  kristallisirt  dieses  Salz  nach  dem  Erkalten  in  feinen,  wets- 
sen , seidenglänzenden,  sternförmig  vereinigten  Nadeln,  sehr  schwerlöslich 
in  kaltem,  leichter  in  heifsem  Wasser,  enthält  2 At.  Kristallwasser. 

Brombenzoesäure. 

Zweibasische  Säure,  entdeckt  von  Peligot.  Formel  der  kristallisirten 
Säure  C28  H,8  Bra  08  -h  2aq. 

Darstellung.  In  ein  verschliefsbares  Gefäfs  bringt  man  trocknes  ben- 
zoesaures Silberoxid  und  gleichzeitig  Brom,  was  in  einer  offenen  Röhre 
eingeschlossen  ist.  Man  verschliefst  diese  Vorrichtung  und  iiberläfst  sie 
sich  selbst  bei  gewöhnlicher  Temperatur.  Das  durch  Verdampfen  gebildete 


676 


Benzol, 


Bromgas  wird  von  dem  Silbersalz  unter  Zersetzung  absorbirt;  sobald  röth- 
liche  Dämpfe  bemerkbar  sind,  ist  die  Wirkung  beendigt.  Man  behandelt 
die  Masse  mit  Aether,  welcher  die  Brombenzoesäure  unter  Zurücklassung 
von  Bromsilber  auflöst.  Durch  Abdampfen  der  ätherischen  Lösung  scheidet 
sich  die  Brombenzoesäure  in  Gestalt  einer  braunen,  öligen  Materie  ab, 
die  nach  einiger  Zeit  fest  und  kristallinisch  wird,  sie  enthält  meistens  et- 
was Benzoesäure  und  einen  beigemischten  öligen  Körper,  durch  den  sie 
gefärbt  ist.  Man  verbindet  sie  zu  weiterer  Reinigung  mit  Kali,  entfärbt 
die  Auflösung  mit  thierischer  Kohle,  und  zersetzt  das  Kalisalz  durch  Sal- 
petersäure, wo  sich  reine  Brombenzoesäure  abseheidet. 

Eigenschaften.  Farblose  kristallinische  Masse,  bei  100°  schmelzbar, 
sublimirt  bei  250°  unter  Zurücklassung  von  Kohle,  schwerlöslich  in  Was- 
ser, leicht  in  Weingeist,  Aether  und  Holzgeist  löslich,  entzündlich,  mit 
rufsender  am  Saume  grüngefärbter  Flamme  verbrennend.  Die  Auflösungen 
der  Säure  schlagen  aus  salpetersaurem  Silberoxid  kein  Bromsilber  nieder. 

Erklärung.  Wenn  Bromdämpfe  auf  benzoesaures  Silberoxid  wirken, 
so  wird  das  Oxid  und  die  Säure  zerlegt.  You  2 Atomen  Silberoxid  treten 
2 Atome  Sauerstoff  an  die  Elemente  der  Säure,  es  entsteht  Bromsilber. 
1 Aeq.  Wasserstoff  von  2 Atomen  Benzoesäure  verbindet  sich  ferner  mit 
1 Aeq.  Brom  und  wird  als  Bromwasserstoffsäure  abgeschieden ; an  die 
Stelle  dieses  Aeq.  Wasserstoff  tritt  1 Aeq.  Brom. 

(C18  H18  H*  08  -j-  2Ag)  H~  6 Br  = (C28  HI8  Br*  08  -h  2Br*  Ag) 

Die  gebildete  wasserfreie  Brombenzoesäure  verbindet  sich,  wenn  sie  aus 
ihren  Salzen  durch  eine  stärkere  Säure  abgeschieden  wird , mit  8 At. 
Wasser. 


Brombenzoesäure  und  Metalloxide . 

Die  Brombenzoesäure  bildet  mit  den  Alkalien,  mit  den  alkalischen 
Erden,  mit  dem  Zink,  Kobalt,  Nickel,  Quecksilber  und  Silberoxid  lös^- 
Jiche  zum  Theil  kristallisirbare  Salze;  das  Blei-,  Kupfer-  und  Quecksilber- 
oxidulsalz sind  schwerlöslich brombenzoesaures  Eisenoxid  ist  unlöslich 
und  hat  das  Ansehen  und  die  Eigenschaften  des  benzoesaureu  Eisenoxids. 

Benzol.  £Benzin.~) 

Formel:  CH.  Wahrscheinliches  Atomgewicht:  C12  H12. 

Von  Faradag  zuerst  als  Zersetzungsprodukt  der  Destillation  organi- 
scher Materien  entdeckt,  später  als  Hauptprodukt  der  Zersetzung  der  kri- 
stallisirten  Benzoesäure  mit  Kalkhydrat  ia  hoher  Temperatur  von  Mitscher- 
lich nachgewiesen. 

Darstellung.  1 Th.  kristallisirte  Benzoesäure  wird  mit  3 Th.  Kalk- 
hydrat aufs  innigste  gemischt  der  Destillation  unterworfen.  Der  erhaltene 
ölige  Körper  wird  durch  neue  Destillation  mit  Wasser  oder  über  Kalk- 
hydrafc  und  gebrannten  Kalk  rein  erhalten. 

Eigenschaften.  Farblose,  klare  Flüssigkeit  von  eigentümlichem , 
ätherartigem,  angenehmem  Geruch,  siedet  bei  86°,  spec.  Gewieht  im  flüs- 
sigen Zustande  ist  0,85,  in  Gasform  2,738  bei  15°,  erstarrt  bei  0°  zu  ei- 
ner kristallinischen  Masse,  bei  7°  wieder  flüssig  werdend,  unlöslich  in 
Wasser,  löslich  in  Aether  und  Alkohol,  wird  durch  Hydrate  von  Säuren 
nicht  verändert;  Kalium  behält,  darin  aufbe wahrt,  seinen  Glanz.  Seinem 
spec  Gewicht  im  Gaszustande  nach  enthält  es  in  einem  Vol.  3 Vol.  Was- 
serstoffgas und  3 Vol.  Kohlenstoffgas. 

Erklärung . Wenn  man  von  1 At.  kristallisirter  Benzoesäure  die  Ele- 
mente von  2 At.  Kohlensäure  hinvvegnimmt,  so  bleibt  Benzol  Cu  H12  04 
— C*  04  = cia  Hi*,  cs.  670.) 


Azobenzid. 


677 


Zerselzungsprodukt  des  Benzols. 

Sulfobenzid.  Entdeckt  von  Mitscherlich.  Formel  CI2  H10  SO*.  Dar- 
Stellung:  Benzol  wird  mit  wasserfreier  Schwefelsäure  zusammeugebracht, 
mit  der  es  sich  zu  einer  zähen  Flüssigkeit  vereinigt,  ohne  dal's  man  be- 
sondere Zeichen  einer  Zersetzung  wahrnimmt.  In  wenig  Wasser  lost  sich 
die  Verbindung  auf,  bei  Zusatz  von  mehr  Wasser  schlägt  sich  Sulfobenzid 
Dieder,  was  man  durch  Auflösung  in  Aether  und  freiwilliges  Abdampfen  kri- 
stallisirt  erhält.  Eigenschaften:  Farbloser  und  geruchloser,  völlig  indiffe- 
renter Körper,  schmilzt  bei  100°,  kömmt  bei  höherer  Temperatur  ins  Sie- 
den und  sublimirt  ohne  Zersetzung.  Erklärung : Bei  der  Bildung  des  Sulfo- 
benzids  zerlegt  sich  1 At.  Schwefelsäure  mit  1 At.  Benzol  in  1 At.  Was- 
ser und  Sulfobenzid. 

Sulfobenzidunter Schwefelsäure.  Entdeckt  von  Mitscherlich.  Formel 
in  den  Salzen  C12  H10  S*  Os.  Diese  Säure  ist  in  der  Flüssigkeit  enthalten, 
aus  der  sich  in  dem  vorhergehenden  Sulfobenzid  abgeschieden  hat;  sie  ent- 
steht bei  Auflösung  des  Sulfobenzids  in  Schwefelsäurehydrat  und  beim  Zu- 
sammenbringen von  rauchender  Nordhäuser  Schwefelsäure  mit  Benzol. 
Darstellung : Aus  dem  sulfobenzidunterschwefelsauren  Kupferoxid  mit 

Schwefelwasserstoff.  Eigenschaften:  Sehr  saure  Flüssigkeit,  beim  Ab- 
dampfen bis  zur  Syrupconsistenz  kristallisirend / verträgt  300°  ohne  Zer- 
setzung. Erklärung : Läfst  sich  als  eine  Verbindung  von  Sulfobenzid  mit 
Schwefelsäurehydrat  betrachten,  was  ihre  Bildung  erklärt. 

Sulfobenzidunter  schwefelsaurer  Baryt.  Darstellung : Man  setzt  zu 
rauchender  Schwefelsäure  soviel  Benzol  als  davon  aufgelöst  wird,  wobei 
man  abkühlt,  vermischt  die  erhaltene  Auflösung  mit  Wasser,  filtrirt,  um 
das  niederfallende  Sulfobenzid  zu  entfernen , und  sättigt  die  Flüssigkeit 
mit  kohlensaurem  Bäryt.  Durch  eine  neue  Filtration  trennt  man  den  ge- 
bildeten schwefelsauren  Baryt,  und  erhält  nun  beim  Abdampfen  sulfoben- 
zid unterschwefelsauren  Baryt  in  undeutlich  kristallinischen  Krusten. 

Sulfobcnzidunterschwefelsaures  Kupferoxid.  Die  so  eben  beschriebene 
Auflösung  des  Barytsalzes  wird  mit  schwefelsaurem  Kupferoxid  genau  zer- 
setzt, wo  man  unlöslichen  schwefelsauren  Baryt  und  in  der  Auflösung 
sulfobenzidunterschwefelsaures  Kupferoxid  erhält,  das  nach  dem  Abdam- 
pfen und  Abkühlen  in  regelmäfsigen  und  grofsen  Kristallen  anschiefst. 
Dieses  Salz  enthält  Kristallwasser,  was  es  bei  170°  verliert;  es  kann  auf 
330°  ohne  Zersetzung  erhitzt  werden. 

Nitrobenzid. 

Entdeckt  von  Mitscherlich.  Formel:  C12  HI0  N*  04.  Darstellung: 
Man  bringt  in  erwärmte  rothe  rauchende  Salpetersäure  so  lange  Benzol, 
als  sich  darin  auflöst,  setzt  Wasser  zu  und  läfst  erkalten;  es  schlägt  sich 
Nitrobenzid  nieder.  Eigenschaften:  Bei  15°  gelbe  Flüssigkeit  von  intensiv 
siifsem  Geschmack  und  zimmtähnlichem  Geruch,  siedet  bei  313°,  spec. 
Gewicht  des  flüssigen  1,309,  des  Gases  4,294.  Kristallisirt  bei  -1-3°  in  Na- 
deln, unlöslich  in  Wasser,  mit  Alkohol  und  Aether  mischbar.  Löslich  in 
verdünnten  Säuren,  daraus  fällbar  durch  Wasser,  wird  durch  concentrirte 
Schwefelsäure  zersetzt,  nicht  durch  Alkalien. 

Azobenzid. 

Entdeckt  von  Mitscherlich.  Formel:  C12  H10  N2.  Darstellung:  Man 
löst  Nitrobenzid  in  Alkohol  und  erwärmt  mit  trocknem  Kalihydrat;  die 
erhaltene  roihe  Auflösung  wird  destiliirt,  wo  zuerst  Alkohol  sodann  Azo- 
benzid übergeht,  was  in  einer  besondern  Vorlage  aufgefangen  wird.  Ei- 
genschaften: Grofse  rothe  Kristalle,  bei  65°  schmelzbar,  siedet  bei  193°. 
Die  Bildung  dieses  Körpers  ist  bis  jetzt  unerklärt. 


678 


Chlorbenzol.  Hy  dro  benzamid. 


Chlorbenzol . 

Von  Mitscherlich  und  Peligot  entdeckt,  Formel : C2  Ha  CI,  oder  C„ 
Hj,  Clia.  Darstellung:  Benzol  verwandelt  sich  in  Chlorgas  im  Sonnen- 
licht in  eine  kristallinische  Masse  von  Chlorbenzol.  Eigenschaften:  Farb- 
loser* kristailisirbarer,  bei  132°  schmelzbarer  Körper,  siedet  unter  theil- 
weiser  Zersetzung  bei  288°.  Unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol  und 
Aether,  aus  letzterem  leicht  kristallisirbar. 

Chlor  benzid . 

Entdeckt  von  .Mitscherlich.  Formel:  C12  H6  CI6.  Bildung:  Bei  der 
Destillation  des  Chlorbenzols  trennt  sich  davon  die  Hälfte  Chlor  und  Was- 
serstoff. Darstellung : Man  destillirt  Chlorbenzol  mit  Kalkhydrat.  Eigen- 
schaftent Farblose,  ölartige  Flüssigkeit;  siedet  bei  210°,  spec.  Gew.  des 
Gases  6,37,  der  Flüssigkeit  bei  7°  1,457. 

Mit  Brom  bildet  das  Benzol  ähnliche  Verbindungen. 

Benzon. 

Von  Peligot  und  Mitscherlich  entdeckt.  Synonyme:  Carbobenzid  von 
Mitscherlich.  Formel:  C15  HJ0  0.  Entsteht  bei  Destillation  des  benzoe- 
sauren Kalks  (S.  670).  Darstellung : Das  Produkt  der  Destillation  von 
benzoesaurem  Kalk  wird  zuerst  im  Wasserbade,  später  bis  auf  200°  erwärmt, 
solange  noch  Benzol  übergeht,  der  Rückstand  sodann  der  Destillation  un- 
terworfen. Das  Destillat  ist  Benzon , was  gewisse  Quantitäten  Naphthalin 
aufgelöst  enthält;  durch  eine  Erkältung  auf  — 20°  C.  scheidet  sich  letzte- 
res ab,  die  darüber  stehende  Flüssigkeit  betrachtet  Peligot  als  reines  Ben- 
zon. Eigenschaften:  Farblose  oder  schwachgelbliche,  dickflüssige,  öl- 
artige Flüssigkeit,  schwerer  wie  Wasser.  Wird  durch  Schwefelsäure  und 
Chlor  zerlegt,  nicht  durch  Salpetersäure  oder  Kalihydrat. 

Tier  Setzung  sprodukte  des  Benzoylwassersloffs. 
Hydrobenzamid. 

Von  Laurent  entdeckt.  Formel:  C42  H36  N4.  Darstellung : Reinen 
BenzoylwasserstofF  übergiefst  man  in  einem  verschliefsbareii  Gefäfse  mit 
dem  20fachen  Vol.  concentrirteu  Aetzammoniaks  und  erhält  die  Mischung 
einige  Stunden  laug  bei  einer  Temperatur  von  40  — 50°.  Die  gebildete 
weifse  kristallinische  Masse  wird  kalt  mit  Aether  ausgewaschen , wo  rei- 
nes Hydrobenzamid  zurückbleibt,  was  sich  durch  Auflösen  in  Alkohol  und 
Verdampfen  in  gewöhnlicher  Temperatur  in  regelmäfsigen  Kristallen  erhal- 
ten läfst.  Eigenschaften:  Regelmäfsige , farblose  Octaeder  oder  rhombi- 
sche Prismen,  färb-,  geruch-  und  geschmacklos,  schmilzt  bei  110°,  brenn- 
bar mit  rufsender  Flamme;  bei  trockner  Destillation  wird  es  unter  Zurück- 
lassung von  Kohle  zerlegt;  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol,  in 
geringerer  Menge  in  Aether.  Die  weingeistige  Auflösung  wird  beim  Ko- 
chen zerlegt  in  Ammoniak  und  Bittermandelöl.  Mit  Salzsäure  gelinde  er- 
wärmt, zerfällt  es  leicht  und  schnell  in  BenzoylwasserstofF  und  Salmiak. 
Kalihydrat  zeigt  kaum  eine  Einwirkung;  verändert  sich  beim  Aufbewahren. 
Bildung:  3 At.  BenzoylwasserstofF  zerlegen  sich  mit  2 Aeq.  Ammoniak  in 
Hydrobenzamid  und  Wasser  3(C14  Hia  02)  N4  HI2  6H2  0 und  C4,H56  N4. 

Wenn  zur  Darstellung  des  Hydrobeuzamids  rohes  Bittermandelöl  an- 
statt des  reinen  BenzoylwasserstofFs  genommen  wird,  so  erhält  man  eine 
gelbliche,  harzähnliche  Masse,  welche  ein  Gemenge  von  Hydrobenzamid , 
Benzhydramid , Azobenzoyl  und  Nitrobenzoyl  ist.  ( Laurent;  Ann.  de 
chim.  et  de  phys.  LXVI.  p.  180.) 

Benzhydramid.  Besitzt  dieselbe  Zusammensetzung  wie  das  Hydrobeu- 
zamid-  Darstellung : Man  kocht  die  erwähnte  harzähnliche  Masse  mit 
Aether,  wo  sich  Hydrobenzamid  und  Benzhydramid  löst;  das  erstere  zer- 
legt sich  bei  fortgesetztem  Sieden  in  Ammoniak  und  BenzoylwasserstofF, 


Benzoin. 


679 


das  letztere  kristallisirt  beim  Erkalten  der  Auflösung  gemengt  mit  Azo- 
benzoyl. Man  scheidet  beide  durch  Behandlung  mit  kochendem  Alkohol , 
welcher  Azobenzoyl  zuriickläfst , und  reinigt  das  Benzhydraraid  durch  neue 
Kristallisationen  in  Alkohol.  Eigenschaften : Kristallisirt  in  rechtwinklichen 
oder  sechsseitigen  Säulen , schmilzt  beim  Erhitzen  zu  einer  durchsichtigen, 
nach  dem  Erkalten  nicht  kristallinischen  Masse,  bei  höherer  Temperatur 
unter  Zurücklassung  von  Kohle  zersetzbar.  Wird  durch  kochende  Salz- 
säure nicht  verändert.  Die  Kristalle  des  Benzh}-dramids  sind  mehrentheils 
mit  andern  gemischt,  deren  Form  und  Verhalten  auf  einen  von  demselben 
verschiedenen  Körper  hinvveisen. 

Azobenzoyl.  C42  Il30  N4.  Der  Rückstand  von  der  Darstellung  des  Benz- 
hydramids  enthält  Azobenzoyl  und  Nitrobenzoyl  ; man  behandelt  ihn  mit 
dem  lOOfacheu  Gewichte  kochenden  Alkohols,  aus  welchem  das  erstere 
nach  dem  Erkalten  kristallisirt.  Eigenschaften : Feines,  weil'ses,  kristal- 
linisches, durch  die  Wärme  unter  Zurücklassung  von  Kohle  zersetzbares 
Pulver.  Kann  seiner  Zusammensetzung  nach  aus  Benzoyl  entstanden  seyn, 
von  welchem  sich  3 Atome  mit  4 At.  Ammoniak  in  Wasser  uud  Azoben- 
zoyl zerlegt  haben;  C42  Hä0  06  -f-  N4  HJ2  ~ C42  H50  N4.  H-  H12  06. 

Nitrobenzoyl.  C14  H10  N2.  Darstellung : Der  in  kochendem  Alkohol 
unlösliche  Rückstand  von  der  Darstellung  des  Azobenzoyls  ist  Nitrobenzoyl 
(Azotide  benzoilique).  Eigenschaften : Geschmackloses,  weifses,  kristal- 
linisches, in  Weingeist  sehr  schwerlösliches  Pulver,  wird  durch  eine  hohe 
Temperatur  zerstört.  Wird  durch  Alkalien  in  einen  andern  kristallinischen 
Körper  zersetzt. 

Benzimid. 

Entdeckt  von  Laurent.  Formel : C28  H22  04  Na.  Bestantheil  des  rohen 
Bittermandelöls.  Eigenschaften:  Weifse,  geruchlose,  flockige,  ungemein 
leichte,  perlmutterartig  glänzende  Nadeln  und  Lamellen,  unlöslich  in  Was- 
ser, sehr"wenig  in  kochendem  Alkohol  und  Aether,  etwas  mehr  in  Holzgeist; 
schmilzt  und  erstarrt  bei  1 67°  C.,  leicht  entzündlich,  brennt  mit  rother, 
rufsender  Flamme,  löslich  und  zersetzbar  durch  Salpetersäure,  Salzsäure 
und  concentrirte  Schwefelsäure;  die  letztere  wird  dadurch  dunkelindigblau, 
bei  Gegenwart  von  Feuchtigkeit  smaragdgrün,  gefärbt.  Nach  Laurent  zer- 
fällt es  mit  Säuren  in  Ammoniak  und  Benzoesäure,  doch  sind  seine  Versu- 
che, aus  Mangel  an  Materie,  als  nicht  entscheidend  über  die  Natur  derselben 
zu  betrachten.  Ueber  die  Art  seiner  Bildung  weifs  man  nichts,  der  For- 
mel nach  kann  es  angesehen  werden  als  wasserfreies  saures  benzoesaures 
Ammoniak,  welches  ܧ  At.  Wasser  verloren  hat. 

Isomere  Verbindungen  des  Benzogis . 

Benzoin . 

Entdeckt  von  Robiquet  und  Boutron  Charlard.  Empirische  Formel: 
C14  H12  0*.  Entsteht  bei  Berührung  von  blausäurebaltigem  Bittermandelöl 
mit  Alkalien,  nicht  mit  reinem  BenzoylwasserstofF.  Darstellung : Der  Rück- 
stand von  der  Destillation  des  rohen  Bittermandelöls  mit  Kalk  und  Eisen- 
chlorür  ist  ein  Gemenge  von  Benzoin  mit  Kalk  und  Eisenoxidulhydrat;  man 
behandelt  ihn  mit  Salzsäure,  welche  Eisen  und  Kalk  auflöst,  und  reinigt 
das  zurückbleibende  Benzoin  durch  Auflösung  in  Alkohol  und  Behandlung 
mit  Thierkohle.  Rohes  Bittermandelöl  wird  in  der  Wärme  in  Kalk-  oder 
Barytwasser  vollkommen  gelost  und  diese  Flüssigkeit  in  einer  verschlossenen 
Flasche  mehrere  Stunden  lang  in  siedendes  Wasser  gestellt,  wo  sie  sich 
mit  feinen,  Schneeflocken  ähnlichen,  Kristallen  an  füllt,  die  man  durch 
Auflösen  in  Alkohol  nach  dem  Abkühlen  rein  erhält. 

Eigenschaften.  Klare,  farblose,  stark  glänzende,  geruch-  und  ge- 
schmacklose Prismen,  bei  120°  schmelzbar,  in  höherer  Temperatur  ohne 
Veränderung  destillirbar,  leicht  entzündlich,  mit  rufsender  Flamme  bren- 
nend, unlöslich  in  kaltem,  wenig  in  kochendem  Wasser,  löst  sich  in  ko- 


680 


Benzil.  Benzilsäure. 


chendem  Alkohol  leichter  als  in  kaltem.  Löslich  in  Schwefelsäure  mit 
veilchenblauer  Farbe , in  der  Hitze  braun , grün  , zuletzt  schwarz  wer- 
dend unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure,  in  wässerigen  Alkalien 
nicht  löslich;  mit  Kalihylrat  geschmolzen  entsteht  benzoesaures  Alkali 
unter  Entwickelung  von  Wasserstoffgas.  Von  einer  Auflösung  von  Kali- 
hydrat in  Alkohol  wird  es  mit  violettblauer  Farbe  gelost,  beim  Kochen  in 
Benzilsäure  übergehend ; wird  beim  Durchtreiben  seines  Dampfes  durch 
eine  gluhende  Glasröhre  in  einen  öligen  Körper  verwandelt  vom  Geruch 
des  Bittermandelöls,  der  an  der  Luft  sich  in  Benzoesäure  verwandelt 
(Benzoyl Wasserstoff),  wird  durch  Brom  zersetzt,  Chlorgas  entzieht  ihm 
beim  Schmelzen  Wasserstoff,  wodurch  es  in  Benzil  übergeht. 

Erklärung.  Die  Rolle,  welche  die  Blausäure  bei  der  Bildung  des 
Benzoins  durch  die  Einwirkung  der  Alkalien  auf  Benzoylwasserstoff  spielt, 
ist  bis  jetzt  noch  dunkel;  es  ist  Thatsache,  dafs  es  aus  reinem  Benzoyl- 
wasserstoff  nicht  hervorgebracht  werden  kann,  dafs  es  aber  nach  wenigen 
Stunden  entsteht,  wenn  zu  einer  heifs  erhaltenen  Auflösung  von  Benzoyl- 
wasserstoff  in  Barytwasser  sehr  wenig  Blausäure  zugesetzt  wird.  Nach 
der  Abscheidung  des  Benzoins  findet  sich  in  der  Flüssigkeit  Ammoniak  und 
Benzoesäure,  aber  nur  Spuren  von  Mandelsäure. 

Hydrobenzoinamid.  Benzoinamid.  Besitzt  dieselbe  Zusammensetzung 
wie  das  Hydrobenzamid.  Darstellung : Man  erwärmt  Benzoin  gelinde  mit 
wässerigem  Ammoniak.  Eigenschaften : Weifses,  geruch-  und  geschmack- 
loses Pulver,  destillirbar  ohne  Zersetzung. 

Benzil. 

Synon.:  Benzoyl  von  Laurent;  von  demselben  zuerst  erhalten.  Em- 
pirische Formel:  C14  H10  02.  Darstellung : Man  leitet  über  geschmolzenes 
Benzoin  solange  Chlorgas,  als  man  noch  ein  Entweichen  von  Chlorwas- 
serstoffsäure  bemerkt.  Die  rückbleibeude  nach  dem  Erkalten  kristallinische 
Masse  wird  in  heifsem  Alkohol  gelöst,  aus  dem  sich  nach  dem  Erkalten 
reines  Benzil  absetzt.  Der  Rückstand  von  der  Destillation  des  rohen  Bit- 
termandelöls mit  Kalk  uud  Eisenchlorür  besteht  zuweilen  aus  einem  Ge- 
menge von  Benzil  mit  Benzoin,  sie  lassen  sich  leicht  durch  Kristallisation 
von  einander  trennen. 

Eigenschaften.  Grofse  schwefelgelbe,  durchscheinende,  regelmäfsige 
sechsseitige  Säulen,  dem  rhomboidalen  Systeme  angehörend,  farblos, 
geruch-  und  geschmacklos,  schmelzbar  bei  90  — 92° , unlöslich  in  Wasser, 
löslich  in  Alkohol  und  Aether,  von  der  Härte  des  Zuckers,  zwischen  den 
Zähnen  knirschend,  unzersetzt  destillirbar,  an  der  Luft  erhitzt  entzünd- 
lich, mit  rother  rul'sender  Flamme  verbrennend,  löslich  in  concentrirter 
Schwefelsäure  und  daraus  wieder  fällbar  durch  Wasser,  unlöslich  und  un- 
zersetzbar beim  Kochen  mit  wässeriger  Kalilauge , löslich  unter  Zersetzung 
in  einer  weingeistigen  Lösung  von  Kalihydrat  mit  violettblauer  Farbe  und 
in  Benzilsäure  übergehend. 

Benzilsäure. 

Entdeckt  von  J.  L.  Formel : Cas  H22  Os  -4-  aq.  Darstellung  i Man 
kocht  Benzoin  oder  Benzil  mit  einer  concentrirten  Lösung  von  Kalihydrat 
in  Alkohol,  worin  es  sich  leicht  mit  violetter  Farbe  löst,  die  beim  Kochen 
wieder  verschwindet,  setzt  von  Zeit  zu  Zeit  neue  Mengen  der  frischen 
Kalilösung  zu  , und  zwar  so  lange  als  bei  jedem  Zusatz  sich  die  Flüssig- 
keit noch  blau  färbt,  neutralisirt  alsdann  vorsichtig  mit  Salzsäure,  wo  sich 
etwas  harzartige  Materie  äbscheidet , die  man  von  der  kochend  heifsen 
Flüssigkeit  abfiltrirt;  inan  setzt  dem  Filtrat  einen  Ueberschufs  von  Salz- 
säure zu  und  läfst  erkalten,  wo  Benzilsäure  kristallisirt. 

Eigenschaften.  Durchsichtige,  farblose,  glänzende,  rhomboedrische 
Kristalle,  in  kaltem  Wasser  schwer,  in  heifsem  leichter  löslich,  beim  Er- 
kalten der  Auflösung  der  harzhaltigen  Säure  wird  die  Flüssigkeit  vor  der 
Kristallbildung  trübe  milchähnlich,  schmelzbar  bei  120°,  nicht  flüchtig,  in 


Amygdalin. 


681 


höherer  Temperatur  sublirairt  Benzoesäure , es  entwickelt  sich  ein  veil- 
chenblau gefärbter  Dampf  und  es  bleibt  Kohle  zurück.  Kalt  mit  concen- 
trirter  Schwefelsäure  in  Berührung  färbt  sich  diese  lebhaft  carminroth. 

Ausser  dem  Silbersalze,  was  man  in  Gestalt  eines  weifsen  kristalli- 
nischen, im  Wasser  unlöslichen,  Niederschlags  erhält,  sind  keine  Verbin- 
dungen dieser  Säure  bekannt;  in  diesem  Salz  ist  das  Hydratwasser  der 
Säure  durch  ein  Aequivalent  Silberoxid  ersetzt. 

Erklärung.  Wenn  man  zu  2 At.  Benzil  die  Elemente  von  2 At.  Was- 
ser hinzurechnet,  so  hat  man  die  Zusammensetzung  der  Benzilsäure,  in 
welcher  letzteren  1 At.  Wasser  als  Hydratwasser  zu  betrachten  ist,  in- 
dem es  durch  Metalloxide  vertreten  werden  kann.  Die  Menge  der  er- 
wähnten harzartigen  Materie,  die  sich  gleichzeitig  mit  dieser  Säure  bildet, 
ist  gering  und  steht  wahrscheinlich  damit  in  keiner  Beziehung.  An  der  Bil- 
dung der  Benzilsäure  aus  Benzoin  scheint  der  Sauerstoff  der  Luft  wesent- 
lichen Antheil  zu  haben,  doch  sind  alle  diese  Vorgänge  noch  nicht  gehö- 
rig erforscht. 

Azobenzoid.  C42  H35  Ns  ? Bittermandelöl,  was  durch  Dampf- Destil- 
lation aus  bittern  Mandeln  per  descensum  dargestellt  war,  gab  mit  Ammo- 
niak zusammengestellt  einen  braunen,  zähen  Körper,  der  durch  Alkohol 
und  Aether  von  allem  Löslichen  befreit  , Azobenzoid  zurückliefs.  Weifser, 
pulverförmiger,  nicht  kristallinischer  Körper ; zerlegbar  durch  Hitze  ( Lau- 
rent). 

ln  die  Benzoy  Ireihe  gehörende  Verbindungen. 
Amygdalin . 

Von  Robiquet  und  Boutron  Charlard  entdeckt.  Formel  im  wasser- 
freien Zustande  C40  HS4  N2  022.  Bestandtheil  der  bittern  Mandeln  und  der 
Beeren  des  Kirschlorbeers  (Winkler").  Darstellung : Bittre  Mandeln  wer- 
den feingepulvert  und  zur  Entfernung  des  fetten  Oels  zwischen  heifsen 
Eisenplatten  ausgeprefst.  Die  rückständige  Kleie  kocht  man  wiederholt  mit 
Weingeist  von  93  — 94  p.  c.  aus,  destillirt  von  den  erhaltenen  Abkochun- 
gen den  Weingeist,  am  besten  im  Wasserbade,  ab,  verdünnt  den  syrup- 
artigen  Rückstand  mit  Wrasser,  setzt  etwas  Hefe  hinzu  und  überläist  ihn 
an  einem  warmen  Orte  sich  selbst.  Nach  dem  Aufhören  der  bald  eintre- 
tenden Gährung  filtrirt  man  die  Flüssigkeit,  dampft  sie  im  Wasserbade  zur 
Syrupconsistenz  ab  und  mischt  sie  mit  Alkohol  von  94  p.  c.  Alles  Amyg- 
dalin schlägt  sich  beinahe  vollständig  in  Gestalt  eines  weifsen  kristallini- 
schen Pulvers  nieder.  Man  prefst  es  aus  und  reinigt  es  durch  neue  Kri- 
stallisationen aus  Alkohol. 

Eigenschaften.  Aus  Alkohol  kristallisirt  stellt  das  Amygdalin  seiden- 
glänzende Schuppen  oder  kurze  Nadeln  dar,  geruchlos,  von  schwach  bit- 
termandelartigem Geschmack,  einer  höheren  Temperatur  ausgesetzt  zer- 
legt es  sich  unter  Aufblähen  mit  einem  Geruch  nach  Weifsdornblüthe 
und  hinterläfst  eine  voluminöse  Kohle;  kaum  löslich  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  in  wasserfreiem  Alkohol,  in  kochendem  leichter;  die  nach 
dem  Erkalten  erhaltenen  Kristalle  enthalten  Alkohol,  den  es  an  der  Luft 
verliert.  In  Wasser  löst  es  sich  leicht  und  in  grofser  Menge,  eine  bei 
40°  gesättigte  Auflösung  giebt  beim  Erkalten  grofse,  seidenartig  glän- 
zende, durchsichtige  Prismen,  welche  6 Atome  (10,57  p.  c.)  W’asser  ent- 
halten, wrovon  sie  über  concentrirter  Schwefelsäure  2 Atome  (3,52  p.  c.) 
verlieren.  In  trocknem  Chlorgas  bleibt  es  unverändert,  in  feuchtem  wird 
es  zersetzt,  indem  es  aufschwillt  und  ein  weifses,  nicht  in  Wasser  und 
Alkohol  lösliches  Pulver  hinterläfst,  was  nicht  untersucht  ist.  Bei  Behand- 
lung mit  verdünnter  Salpetersäure,  oder  mit  Braunstein  und  Schwefelsäure, 
zerfällt  es  in  Ammoniak,  Benzoylwasserstoff,  Benzoesäure,  Ameisensäure 
und  Kohlensäure,  welche  letzteren  bei  der  Destillation  übergehen;  mit 
ätzenden  Alkalien  wird  es  zerlegt  in  amygdalinsaure  Salze  und  Ammoniak, 
mit  übermangansaurem  Kali  zerfällt  es  in  cyansaures  und  bonzoesaures  Kali. 

Geiger' t Pharmacia.  /*  ( Sie  Jlufl,)  44 


682 


Bittermandel  wasser. 


Erklärung.  Das  Amygdalin  ist  in  den  bittern  Mandeln  fertig  gebildet 
enthalten  und  wird  durch  Weingeist  neben  Zucker  daraus  aufgenommen  5 
letzterer  verhindert  die  Kristallisation  des  Amygdalins , welche  Schwierig- 
keit durch  Gährung  hinweggeräumt  wird.  Man  erhält  3 — 4 p.  c.  Amyg- 
dalin, 

Amygdalinsäure. 

Von  W.  und  J.  L.  entdeckt.  Formel  der  wasserhaltigen:  C4'0  HS2  024 
H-  aq.  Darstellung:  Man  löst  Amygdalin  in  Barytwasser  und  erhält  die 
Auflösung  so  lange  im  Sieden,  als  noch  Ammoniak  entwickelt  wird;  man 
schlägt  alsdann  allen  Baryt  mit  Schwefelsäure  nieder  und  dampft  im  Was- 
serbade ab.  Eigenschaften : Farblose,  durchsichtige,  nicht  kristallinische 
Masse,  von  angenehm  saurem  Geschmack,  zerfliefst  an  feuchter  Luft, 
unlöslich  in  Alkohol  und  Aether.  Wird  mit  Salpetersäure  oder  mit  Man- 
ganhyperoxid  und  Schwefelsäure  erwärmt  zerlegt , wobei  Benzoylwasser- 
stoff,  Ameisensäure  und  Kohlensäure  sich  entwickeln.  Bildet  mit  allen 
Basen  lösliche  Salze,  mit  Bleioxid  ein  basisches  unlösliches  Salz;  sie  sind 
sehr  wenig  untersucht.  In  dem  trocknen  amygdalinsauren  Baryt  ist  das  in 
obiger  Formel  angeführte  Kristallwasser  durch  1 At.  Baryt  ersetzt. 

Anhang  zu  den  Benzoyl  Verbindungen. 
Blausäurehallige  Auflösung  von  Ben%oylwassersloff  in  Wasser . 

Bittermandelwasser . 

§.  68.  Darstellung . Der  Rückstand  von  2 Pfund  durch 
Auspressen  zwischen  heifsen  Eisenplatten  von  allem  fetten  Oel 
befreiten  bittern  Mandeln  wird  in  einem  verschliefsbaren  De- 
stillirapparate  mit  kaltem  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei  ange- 
rührt und  nach  zwölfstündiger  Digestion  der  Destillation  un- 
terworfen. (Um  das  Anbrenuen  zu  vermeiden  geschieht  diese  am  zweck- 
mäfsigsten  durch  Dampfdestillation  oder  in  einem  Bade  von  Chlorcalcium.) 

Von  dem  Destillate  werden  zwei  Pfund  aufgefangen,  f Geiger.  J 

§,  69.  Eigenschaften.  Weifslich  trübe  Flüssigkeit  von 
starkem  Geruch  und  Geschmack  nach  Blausäure  und  Bitter- 
mandelöl 5 meistens  setzt  sich  daraus  in  der  Ruhe  eine  gewisse 
Quantität  Oel  ab  (blausäurehaltender  Benzoyl wasserstotf). 
Nach  2 A Stunden  wird  sie  klar  und  wird  oft  in  lufthaltenden 
Flaschen  wieder  trübe.  Enthält  frisch  bereitet  in  der  Unze 
1 V14  Gran  wasserfreie  Blausäure,  dieser  Gehalt  vermindert  sich 
sehr  schnell  mit  der  Dauer  des  Autbewahrens.  (Dieses  Wasser 

besitzt  die  Eigenthümlichkeit , dafs  sein  Blausäuregehalt  durch  directeu 
Zusatz  von  salpetersaurem  Silberoxid  nicht  abscheidbar  ist,  sie  erfolgt 
vollkommen,  wenn  das  Wasser  mit  salpetersaurem  Silberoxid  und  Ammo- 
niak versetzt  und  das  Ammoniak  nach  einiger  Zeit  mit  Salpetersäure  neu- 
tralisirt  wird,  wo  sich  Cyansilber  niederschlägt.  Eine  Auflösung  von  rei-j 
neni  Benzoylwasserstoff,  dem  man  Blausäure  zusetzt,  verhält  sich  auf  die- 
selbe Weise.  Mit  Salzsäure  vermischt  abgedampft  liefert  dieses  Wasser 
einen  Rückstand  von  Salmiak  und  Mandelsäure.) 

Wird  als  Arzneimittel  angewendet ; ist  giftig. 

Kirschlorbeerwasser. 

%.  76.  Darstellung.  2 Theile  frische  Blätter  von  Prunus 
Lauro- cerasus  L.  werden  mit  Wasser  der  Destillation  unter- 
worfen und  3 Theile  des  Destillats  aufgefangen.  Verhält  sich 
wie  das  Bittermandelwasser  und  dient  zu  demselben  Gebrauche.) 


S y n a p t a s. 


683 


Die  meisten  Pliarmacopöen  schreiben  zur  Darstellung  beider  Wasser 
feinen  Zusatz  von  Weingeist  vor,  welcher  vor  der  Destillation  zwecklos 
und  nachtheilig  ist;  dem  dargestellten  Wasser  zugesetzt  hindert  der  Wein- 
geist hingegen  das  Trübwsrden , giebt  aber  alsdann  leicht  Veranlassung 
zum  Sauerwerden. 


Bildung  des  Benzogiwasserstoff s aus  bitter n Mandeln . 

Das  Weifse  der  siifsen  sowie  der  bittern  Mandeln  besteht  zum  grofsen 
Theil  aus  einer  Materie,  welche  in  hohem  Grade  ausgezeichnet  ist  durch 
eine  eigenlhümliche  Zersetzung,  die  sie  bei  Gegenwart  von  Wasser  und 
Amygdalin  selbst  erleidet  und  auf  Amygdalin  hervorbringt.  W.  und  J.  L. 
bezeichneten  diese  Materie  mit  Emulsin.  Robiquet  hat  diese  Substanz  isolirt 
und  Synaptase  genannt.  Sie  ist  im  Wasser  löslich,  wird  durch  Weingeist 
in  weifsen  Flockeu  gefällt,  die  sich  wieder  in  Wasser  lösen,  wird  weder 
durch  Säuren  noch  durch  essigsaures  Bleioxid  gefällt,  wird  bei  60°  coa- 
gulirt  wie  Eiweifs,  enthält  Stickstoff  und  zerlegt  sich  mit  Alkalien  ge- 
kocht in  Ammoniak  und  eine  neue  Säure.  Löst  man  10  Theile  Amygdalin 
in  100  Theilen  Wasser  und  setzt  eine  Emulsion  von  süfsen  Mandeln  oder 
eine  Auflösung  von  t Th.  Synaptase  in  10  Wasser  hinzu,  so  geht  augen- 
blicklich die  erwähnte  Veränderung  vor  sich,  das  Gemisch  wird  in  reflec- 
tirtem  Lichte  schwach  opalisireud  ohne  seine  Klarheit  zu  verlieren;  man 
bemerkt  in  der  Mischung  den  Geruch  naeh  Bittermandelöl , und  bei  der 
Destillation  geht  mit  dem  Wasserdampfe  Blausäure  und  Benzoylwasserstoff 
über.  Der1  Rückstand  ist  trübe  von  coagulirter  Synaptase,  er  liefert  ab- 
gedampft eine  sehr  süfse  Flüssigkeit,  welche  kristallisirbaren  Zucker  ent- 
hält, nach  der  Zerstörung  dieses  Zuckers  durch  Gährung  findet  man  im 
Rückstand  eine  nicht  flüchtige  Säure.  Die  Menge  des  Zuckers  ist  gröfser, 
als  das  Amygdalin  seinen  Bestandtheilen  nach  enthalten  kann;  an  seiner 
Bildung  scheinen  die  Elemente  des  Synaptas  wesentlichen  Autheil  zu  haben. 

Die  vollständige  Zersetzung  ist  abhängig  von  der  Menge  des  Wassers, 
worin  Amygdalin  und  Synaptase  gelöst  sind;  beträgt  sie  weniger,  als  der 
abgeschiedene  BenzoylwasserstolF  bedarf,  um  davon  gelöst  zu  werden,  so 
bleibt  eine  entsprechende  Menge  Amygdalin  unzersetzt.  Coagulirtes  Sy- 
naptas hat  keine  bemerkbare  Wirkung  auf  Amygdalin. 

Diese  Thatsachen  erklären  eine  Reihe  von  Erscheinungen,  die  man 
schon  lange  kennt.  In  den  frischen  bittern  Mandeln  ist  Synaptas  neben 
Amygdalin  und  fettem  Oel  in  einer  Weise  enthalten,  dafs  die  beiden  er- 
steren  auf  einander  keine  Wirkung  ausüben  können.  Durch  die  Entfer- 
nung des  Wassers  beim  Trocknen  der  Mandeln  wird  jeder  Wirkung  dieser 
Art  eine  Grenze  gesetzt.  Beim  Pressen  der  zerriebenen  Mandeln  wird  das 
fette  Oel  getrennt,  und  beim  Behandeln  der  Kleie  mit  siedendem  Weingeist 
löst  sieh  das  Amygdalin  auf,  während  Synaptas  coagulirt  wird. 

Wird  die  Bittermandelkleie  mit  Wasser  befeuchtet,  so  geht  augen- 
blicklich die  oben  beschriebene  Zersetzung  vor  sich;  man  bemerkt  Geruch 
und  Geschmack  von  Blausäure  und  Bittermandelöl;  wird  eine  Emulsion  mit 
wenig  Wasser  davon  gemacht,  so  bleibt  eine  Portion  Amygdalin  unzer- 
setzt; man  kann  es  durch  Zusatz  von  Weingeist  von  den  darin  unlöslichen 
Materien  trennen  und  kristallisirt  erhalten.  Ist  die  Quantität  Wasser  hin- 
reichend, so  findet  sich  nach  einiger  Zeit  kein  freies  Amygdalin  mehr  vor. 

Läfst  man  die  Bittermandelkleie  in  siedendes  Wasser  fallen,  so  wird 
das  Synaptas  in  den  Zustand  versetzt,  wo  es  aufhört  zersetzend  zu  wir- 
ken , man  erhält  bei  der  Destillation  keine  Spur  von  Blausäure  oder  Bit- 
termandelöl. 

Bei  der  Destillation  der  Bittermandelkleie  zum  Behuf  der  Darstellung 
des  Oels  und  der  io  der  Arzneikunde  gebräuchlichen  destillirten  Wasser 
mufs  aus  den  angeführten  Gründen  die  Bittermandelkleie  mit  etwa  20  Tb- 
lauwarmen  Wassers  aBgerührt  und  dieses  Gemisch  24  Stunden  sich  selbst 
überlassen  bleiben. 


684 


Bildung  des  Benzoylwasserstoffs. 


100  Theile  Amygdalin  geben  47  Tlieile  rohes  Bittermandelöl , was  5,9 
wasserfreie  Blausäure  enthält;  und  17  Gran  Amygdalin  in  einer  Unze 
Mandelmilch  von  süfsen  Mandeln  gelöst;  giebt  eine  Flüssigkeit;  worin  1 
Gran  wasserfreie  Blausäure  enthalten  ist;  diese  Mischung  ist  als  Arznei- 
mittel in  Vorschlag  gebracht  worden.  Da  ßenzoylwasserstoff  und  Blau- 
säure vor  allen  andern  Materien  ausgezeichnet  siBd  durch  ihre  Neigung 
in  Berührung  mit  Wasser  und  Luft  neue  Verbindungen  einzugehen;  oder 
sich  in  neue  Produkte  zu  zerlegen;  so  ist  das  destiHirte  Bittermandelwas- 
ser ein  je  nach  der  Dauer  der  Aufbewahrung  höchst  veränderliches  Arz- 
neimittel. 

Die  Blätter  des  Kirschlorbeers  scheinen  ebenfalls  Amygdalin  zu  ent- 
halten neben  einem  Körper,  welcher  bei  der  Destillation  derselben  mit 
Wasser  auf  eine  ähnliche  Weise  darauf  zersetzend  einwirkt  wie  Synap- 
tas,  indem  das  destillirte  Kirschlorbeerwasser  die  nemlichen  Bestandteile 
enthält  wie  das  destillirte  Bittermandelwasser. 

Das  Amygdalin  enthält  in  1 Atom  die  Elemente  von  1 Aeq.  Blausäure, 
2 Aeq.  ßenzoylwasserstoff,  1 At.  Zucker  (C6  H10  Os),  2 Aeq.  Ameisen- 
säure und  7 Atome  Wasser;  die  Amygdalinsäure  die  Elemente  von  2 At. 
ßenzoylwasserstoff,  1 At.  Zucker,  3 Aeq.  Ameisensäure  und  6 At.  Was- 
ser. Robiquet  machte  neuerdings  (Journal  de  pharm.  1838.  S.  328)  ein 
Verfahren  bekannt,  nach  welchem  man  den  eigentümlichen  Stoff  aus  den 
süfsen  Mandeln,  nemlich  das  Synaptas,  dem  die  Eigenschaft  angehört, 
das  Amygdalin  in  Berührung  mit  Wasser  zu  zerlegen , auf  folgende  Weise 
gewinnt.  Durch  Pressen  von  allem  fetten  Oel  möglichst»  befreite  sülse 
Mandeln  werden  in  ihrem  doppelten  Gewicht  Wasser  verteilt  und  nach 
zweistündiger  Maceration  einem  steigenden  Druck  in  einer  Presse  unter- 
worfen. Man  filtrirt  die  erhaltene  Flüssigkeit,  setzt  Essigsäure  hinzu  so 
lange  sich  ein  dicker  weifser  Niederschlag,  von  sogenanntem  vegetabilischem 
Eiweils,  bildet,  vermischt  sie  sodann  mit  essigsaurem  Bleioxid  zur  Ab- 
scheidung des  Gummi’s,  und  erhält  auf  diese  Weise  eine  Flüssigkeit,  worin 
freie  Essigsäure,  essigsaures  Bleioxid,  Zucker  und  Synaptas  allein  ent- 
halten sind  ; durch  Schwefelwasserstoffgas  entfernt  man  das  Bleioxid  und 
schlägt  sodann  durch  Weingeist  das  Synaptase  nieder,  Zucker  und  freie 
Essigsäure  bleiben  aufgelöst.  Man  wäscht  den  Niederschlag  mit  Alkohol 
und  trocknet  ihn  im  luftleeren  Raume  über  Schwefelsäure. 

Nach  dem  Trocknen  stellt  das  Synaptas  eine  gelblichweifse , horn- 
artige, harte,  brüchige,  undurchsichtige,  poröse  Masse  dar,  sehr  löslich 
in  kaltem  Wasser,  die  wässerige  Auflösung  zerlegt  sich  sehr  bald  von 
selbst,  sie  wird  trübe,  es  bildet  sich  darin  ein  weifser  Niederschlag  und 
sie  nimmt  einen  Fäulnifsgeruch  an.  In  der  frischen  Auflösung  bewirkt 
Jodtinktur  eine  intensive  rosenrothe  Färbung,  ohne  Niederschlag.  Die 
Zusammensetzung  dieser  Materie  ist  noch  nicht  ausgemittelt. 


"Wenn  einer  Emulsion  von  süfsen  Mandeln  mit  Aether  alles  fette  Oel 
entzogen  wird,  so  erhält  man  eine  klare  dickliche  Flüssigkeit,  welche  mit 
Alkohol  vermischt,  einen  dicken  weifsen  Niederschlag  fallen  läfst,  wel- 
cher zu  einer  durchscheinenden  hornartigen  Masse  austrocknet,  es  ist  dies 
der  Körper,  welcher  von  W.  und  J.  L.  Emulsin  genannt  wurde,  der 
aber,  wie  es  nach  der  Darstellungsmethode  von  Robiquet  scheint,  vege- 
tabilisches Eiweifs  eingemengt  enthält.  Richctrdson  und  Thomson  haben 
dieses  Emulsin  analysirt  und  darin  in  zwei  Analysen  gefunden: 

Kohlenstoff  49,025  — 48,555 

Wasserstoff  7,788  — 7,677 

Sauerstoff  24,277  — 25,026 

Stickstoff  18,910  — 18,724 

100,000  — 100,000 

Mit  Baryt  oder  kaustischen  Alkalien  gekocht  entwickelt  dieser  Körper 
reichlich  Ammoniak. 


Salicyl. 


685 


Theoretische  Ansichten  über  die  Zusammensetzung 
der  Benzoylverbi n düngen. 

In  dem  Vorhergehenden  sind  die  Benzoyiverbindungen  nach  einer  An- 
sicht entwickelt  worden,  die  sich  auf  eine  natürliche  Weise  an  das  Ver- 
halten der  einfachen  Radikale  anschliefst,  mit  den  Abweichungen  und  Ver- 
schiedenheiten jedoch,  die  in  der  Zusammengesetztheit  des  Benzoyls  be- 
gründet liegen  und  an  und  für  sich  vorausgesetzt  werden  müssen.  Das  Bit- 
termandelöl läfst  sich  übrigens  auch  als  eine  Verbindung  von  2 At.  Ben- 
zoesäure mit  einem  Kohlenwasserstoff  betrachten , der  nach  der  Formel 
C14  ff10  + OH  zusammengesetzt  ist.  Das  eigentliche  Radikal  der  Benzoe- 
verbindungen wäre  hiernach  ein  nach  der  Formel  C14  H10  zusammengesetz- 
ter Kohlenwasserstoff,  die  Benzoesäure  wäre  die  höchste  Oxidatiousstufe 
C14  H10  4-  Oj,  und  in  dem  Bittermandelöl  die,  diesem  Oxide  correspondi- 
rende,  Wasserstoffverbinduug  enthalten;  das  Benzoylchlorid  würde  nach 
dieser  Ansicht  eine  Verbindung  seyn  von  2 At.  Benzoesäure  mit  dem  cor- 
respondirenden  Chlorid  dieses  Radikals  2C14  H10  03  -4-  CI4  H10  Cl6.  In  der 
anorganischen  Chemie  existiren  in  dem  chromsauren  Chromclilorid,  molyb- 
dänsauren Molybdänchlorid  analoge  Verbindungen.  Es  ist  schwer,  nach 
dieser  von  Dumas  zuerst  aufgestellten  Vorstellung  sich  Rechenschaft  über 
die  Bildung  des  Hydrobenzamids , des  Benzamids  und  anderer  Verbindun- 
gen zu  geben.  Mitscherlich  betrachtet  die  sublimirte  Benzoesäure  als 
eine  wasserfreie  Säure,  welche  aus  2 At.  Kohlensäure  und  1 At.  Benzol 
(C12  H12)  besteht,  bei  dem  Zusammenbringen  mit  eiuer  Base  würden  nach 
ihm  2 At.  Wasserstoff  aus  dem  Benzol  sich  mit  1 At.  Sauerstoff  aus  der 
Kohlensäure  zu  Wasser  verbinden,  und  ein  wasserfreies  benzoesaures  Salz 
würde  Benzid  (CI2  H10)  und  wasserfreie  Oxalsäure  (C405)  enthalten. 
JEs  fehlen  alle  Beweise,  um  einer  oder  der  andern  dieser  Meinungen  eine 
vorzugsweise  Gültigkeit  zu  geben. 


Salicyl. 

Unter  dem  Namen  Salicylwasserstoff  beschrieb  Piria  eine  eigentüm- 
liche Säure,  welche  von  ihm  als  Zersetzuugsprodukt  des  Salicins  in  dem 
Laboratorium  des  Herrn  Dumas  entdeckt  wurde.  Das  Interesse,  welches 
dieser  Körper  durch  seine  ungewöhnlichen  Eigenschaften  erregte,  wurde 
dadurch  ausnehmend  gesteigert , dafs  Dumas  es  sehr  wahrscheinlich  zu 
machen  wufste,  dafs  dieser  Körper  identisch  sey  mit  dem  einen  Bestand- 
teile eines  ätherischen  Oels,  welches  Pagenstecher  zuerst  durch  Destil- 
lation der  Blüten  der  Spiraea  Ulmaria  erhielt  und  der  von  Löwig  als 
Spiroylwasserstoffsiiure  beschrieben  wurde.  Durch  genaue  Analysen  von 
Ettling  wurde  die  Identität  beider  Materien  ausser  allen  Zweifel  gestellt. 
Die  Zusammensetzung  dieser  aus  Salicin  erhaltenen  öligen  Säure , so  wie 
der  Säure  aus  dem  Oel  der  Spiraea  Ulmaria , ist  nach  Piria  und  Ettling 
dieselbe,  wie  die  der  kristallisirten  Benzoesäure.  Diese  Säure  verbindet 
sich  mit  den  Basen  zu  Salzen,  welche  die  Zusammensetzung  der  benzoe- 
sauren  Salze  besitzen ; allein  die  Verschiedenheit  in  ihren  Eigenschaften 
ist  so  grofs,  dafs  sie  mit  einander  nicht  verwechselt  werden  können.  Aus 
dem  Verhalten  der  Säure  gegen  Chlor  und  ätzende  Alkalien  schlofs  Du- 
mas , dafs  sie  ein  Radikal  enthalte,  was  als  eine  höhere  Oxidationsstufe 
des  Benzoyls  angesehen  werden  könne;  dieses  Radikal  bilde  mit  Wasser- 
stoff die  Salicylwasserstoff  säure , mit  Sauerstoff  die  Salicylsäure ; beim 
Zusainmenbringen  mit  Chlor , Brom  und  Iod  werde  der  Wasserstoff  dieser 
Säure  ersetzt  durch  ein  Aequivalent  von  diesen  einfachen  Körpern , eine 
Zersetzuugsweise,  welche  er  vergleicht  mit  der  Bildung  des  Benzoyl- 
clilorids  aus  Bittermandelöl;  diese  Ansicht  wird  in  den  folgenden  Formeln 
anschaulich  werden : 


CI4  H10  02  Benzoyl 
C14  H10  Os  Benzoesäure 
C14  H10  04  Salicyl 
Ci4  Hio  Os  Salicylsäure 


C14  H10  04  *4-  H2  Salicylwasserstoff 
Cu  H10  04  -4-  O Salicylsäure 
C14  H10  04  -4-  Cla  Salicylchlorid 
Cu  H10  04  4-  Br*  Salicylbromid» 


Salicylige  Säure, 


680 

Wenn  man  lediglich  die  Zusammensetzung  dieser  Verbindungen  ins  Äuge 
fafst,  so  erscheint  diese  Ansicht  ausserordentlich  wahrscheinlich;  sie  ist ^ 
was  hier  bemerkt  zu  werden  verdient,  von  Döivig  für  die  Constitution  des 
Oels  der  Spir.  ulmaria  mehrere  Jahre  früher,  ehe  man  den  Zusammenhang 
beider  auf  so  verschiedenen  Wegen  gewonnenen  Stoffe  ahnen  konnte, 
aufgestellt  worden,  obwohl  sich  später  seine  analytischen  Resultate  nicht 
bestätigten.  Aus  den  neueren  Untersuchungen  über  die  Zusammensetzung 
vieler  von  organischen  Säuren  gebildeten  Salze  ergiebt  sich,  dafs  sehr 
viele,  vielleicht  alle  diese  Säuren  als  Wasserstoffsäuren  betrachtet  werden 
müssen;  obwohl  wir  also  der  Ansicht  von  Dumas  den  Vorzug  geben,  so 
haben  wir  es  doch  für  nützlich  gehalten , bis  zur  Entscheidung  dieser  wich- 
tigen Fragen  in  der  Beschreibung  aller  dieser  Körper  die  Form  beizube- 
halten, welche  man  in  der  anorganischen  Chemie  gewöhnt  ist. 

Die  Formel  der  Salicylwasserstoffsäure  wird  hiernach  C14H1005  -f-  H20, 
sie  wäre  isomerisch  mit  der  Benzoesäure;  wir  bezeichnen  sie  als  das 
Hydrat  der  salicyligen  Säure.  Diese  Säure  besitzt  ihrem  Verhalten  nach 
einen  doppelten  Charakter : gegen  Basen  spielt  sie  die  Rolle  einer  starken 
Säure  und  gegen  Ammoniak  und  Salzbilder  verhält  sie  sich  genau  wie 
Benzoylwasserstoff. 

Aus  dein  Verhalten  dieser  Säure  und  der  Chlorverbindung  gegen  Am- 
moniak und  aus  ihrer  Fähigkeit,  mit  Kali  uud  Natron  saure  Salze  zu  bilden, 
scheint  nun  hervorzugehen,  dafs  die  salicylige  Säure  zu  der  Benzoesäure 
in  der  nemlichen  Beziehung  stehe,  wie  die  Knallsäure  oder  Cyanursäure 
zu  der  Cyansäure;  in  der  Art  also,  dafs  als  Wasserstoffsäuren  betrach- 
tet, die  salicylige  Säure  das  zweifache  Radikal  der  Benzoesäure  mit  4 
oder  das  dreifache  Radikal  derselben  in  Verbindung  mit  6 At.  Wasserstoff 
enthalten  würde. 

Als  Sauerstoffsäure  angesehen  wäre  die  Benzoesäure  eine  einbasi - 
sehe,  die  salicylige  Säure  eine  zwei - oder  dreibasische  Säure. 

Die  Verbindungen,  welche  durch  die  Einwirkung  des  Chlors  und  Broms 
auf  salicylige  Säure  entstehen,  entbehren  durchaus  den  Charakter  der  Ver- 
bindungen von  Chlor  mit  Radikalen,  indem  das  Chlor  oder  Brom  darin  nicht 
ersetzt  werden  können  durch  andere  einfache  Körper;  sie  lassen  sich  be- 
trachten als  Salicylsäure , in  welcher  ein  Aequivalent  Sauerstoff  vertreten 
ist  durch  1 Acq.  Chlor  oder  Brom ; sie  besitzen  in  der  Tkat  den  Charakter 
der  Säuren. 

Cu  HI0  Os  wasserfreie  Selicylsäure. 

C„  H10  | Chlorsalicylsäure. 

H10  g4  | Bromsalicylsäure. 

3 (Cx  4 Hla  02)  -f-  N4  Salicylimid. 

3 (C, 4 H,o  02  Cl2)  H-  N4  Chlorosalicylimid. 

Salicylige  Säure. 

Synonyme:  Salicylsäure , Salicy  Iwasser  Stoff , Spiroylwasser Stoff säure 
fLöwig').  Formel  “ C14  H10  05  aq.  Entdeckt  von  Pagenstecher  in  dem 
flüchtigen  Oel  der  Spiraea  ulmaria , als  Zersetzungsprodukt  des  Salicins 
von  Piria , welcher  letztere  seine  Natur  und  Zusammensetzung  ausmittelte. 
Die  Identität  beider  wurde  durch  Dumas  höchst  wahrscheinlich  gemacht,  j 
durch  die  Analyse  der  Säure  aus  dem  Spiraea-Oel  durch  Ettling  bewiesen. 

Darstellung.  Das  flüchtige  Oel  der  Bliithen  der  Spiraea  Ulmaria  wird  ! 
mit  etwas  überschüssiger  verdünnter  Kalilauge  der  Destillation  unterwor- 
fen, so  lange  noch  das  Destillat  Oeltröpfchen  enthält.  Die  rückständige 
Auflösung  von  salicyligsaurem  Kali  übersättigt  man  nun  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  und  destillirt  aufs  neue,  wo  mit  den  Wasserdäinpfen  sali- 
cylige Säure  übergeht.  Oder  nach  Piria : Man  unterwirft  eine  Mischung 
von  Salicin,  saurem  chromsaurem  Kali  und  verdünnter  Schwefelsäure 
4er  Destillation.  Am  besten  1 Th.  Salicin,  1 Th.  saures  chromsaures  Kali, 


S a 1 1 c y 1 i in  i <1, 


687 


«i/  Th  Schwefelsäurehydrat  und  20  Th.  Wasser.  Iu  einem  Theil  des 
letzteren  löst  man  vorher  das  Salicin  auf,  mit  dem  andern  Theil  verdünnt 
man  die  Schwefelsäure  und  mischt  alles  in  einer  Retorte,  worauf  sich  un- 
fpr  «eibsterhitzuiiff  ein  gelindes  Brausen  zeigt,  nach  dessen  Aufhören  man 
die  Destillation  beginnt.  % Pfund  Salicin  giebt  etwa  2 Unzen  sahcylige 
Säure  (Ettling .)  Die  Destillate  enthalten  iu  beiden  Fällen  salicylige  Saure, 
welche  sich  aus  der  wässerigen  Flüssigkeit  absetzt;  sie  wird  durch  Wa- 
schen mit  etwas  Wasser  und  durch  Rectifikation  über  Chlorcalcium  ge- 

rGmiE%enschaften.  Farblose  oder  schwachgelbliche,  ölartige,  entzünd- 
liche, mit  rufsender  Flamme  brennende  Flüssigkeit,  schwerer  als  Wasser, 
von  1,178t  spec.’ Gewicht , siedet  bei  196,5°  (aus  Salicin  dargestellt,  Pt- 
ria')  (das  Del  der  Spiraea  ulmaria  siedet  bei  182°,  Ettling ),  wird  bei 
— 20°  fest  ( Löwig),  von  brennendem  Geschmack  und  aromatisch  angeneh- 
men Geruch,  mischbar  mit  Weingeist  und  Aether  in  allen  Verhältnissen, 
löst  sich  ziemlich  leicht  in  Wasser,  die  Auflösung  röthet  die  Lackmus- 
tinktur und  entfärbt  sie  später,  Lackmuspapier  wird  davon  anfangs  grün 
gefärbt,  später  gebleicht.  Durch  concentrirte  Schwefelsäure  wird  die 
Säure  zersetzt,  mit  Chlor  und  Brom  zusammengebracht  wird  der  Saure  1 
Aequivalent  Wasserstoff  entzogen,  welche  Salzsäure  und  Bromwasser- 
stoffsäure  bilden,  und  durch  1 Aeq.  Chlor  oder  Brom  ersetzt;  es  entsteht 
Chlorsalicylsäure , Bromsalicylsäure.  Mit  Kalihydrat  im  Ueberschuls  be- 
handelt entwickelt  das  Hydrat  der  salicyligen  Säure  W asserstoffgas , es 
entsteht  Salicylsäure.  Mit  Kalium  gelind  erwärmt  entwickelt  sich  eben- 
falls Wasserstoffgas  unter  Bildung  von  salicyligsaurem  Kali. 


Salicylige  Säure  und  Basen . 

Die  salicylige  Säure  vereinigt  sich  mit  den  Metalloxiden  zu  den  sali- 
cyligsauren  Salzen , indem  ihr  Hydratwasser  ersetzt  wird  durch  1 Aeq. 
Metalloxid.  Die  Verbindungen  der  salicyligen  Säure  mit  den  Alkalimetal- 
len und  Ammoniak  sind  löslich  und  besitzen  eine  alkalische  Reaction,  alle 
übrigen  unlöslich ; die  meisten  dieser  Verbindungen  sind  gelb  und  enthalten 
Kristaliwasser.  Eine  Auflösung  von  Salicyhvasserstoffsäure  färbt  Eisen- 
oxidsalze  violettroth,  die  Farbe  verschwindet  nach  einiger  Zeit;  in  essig- 
saurem Kupferoxid  bringt  sie  einen  grünen  Niederschlag  hervor.  Alle 
Verbindungen  der  Salicylwasserstoffsäure  werden  durch  stärkere  Sauren 
unter  Abscheidung  der  Salicylwasserstoffsäure  zersetzt. 


Salicylig saures  Ammoniak. 

Salicglig saures  Ammoniumoxid . Wahrscheinliche  Formel:  C14  H10  03 
N*  H8  O.  Darstellung : Man  iibergiefst  Salicylwasserstoffsäure  mit  concen- 
trirtem  Ammoniak..  Eigenschaften : Feste  gelbe  Masse,  geschmacklos,  von 
schwachem  Rosengeruch,  im  Wasser  uud  Alkohol  sehr  wenig  mit  gelber 
Farbe  löslich,  in  heifsem  Alkohol  leicht;  nach  dem  Erkalten  der  gesättigten 
Lösung  erhält  man  zarte,  durchsichtige,  büschelförmig  vereinigte  Nadeln 
von  hellgelber  Farbe.  Zersetzt  sich  im  feuchten  Zustande  leicht,  wird 
schwarz,  halbflüssig,  entwickelt  Ammoniak  und  einen  durchdringenden 
Geruch  nach  Rosen.  (LöwigJ  Trockne  salicylige  Säure  absorbirt  leicht 
trocknes  Ammoniakgas , die  Verbindung  ist  nach  Ettling  aus  3 At.  saK- 
cyliger  Säure  und  2 Aeq.  Ammoniak  zusammengesetzt  (in  100  Th.  91,1681 
Säure  und  8,8319  Ammoniak). 

Salicylimid.  Formel : C42  H56  06  N4.  Löst  man  salicylige  Säure  in 
ihrem  dreifachen  Volum  Weingeist  und  setzt  tropfenweise  AetzammoniaK 
zu,  so  erstarrt  die  Flüssigkeit  zu  einem  festen  Brei  von  feinen  gelben  Na- 
deln. Bei  schwacher  Erwärmung  lösen  sich  die  Kristalle  vollständig  aut 
und  es  bilden  sich  in  dieser  Auflösung  bei  ruhigem  Stehen  goldgelbe,  glan- 
zende, durchsichtige  Prismen,  welche  im  trocknen  Zustande  hart  und  pul- 
verisirbar  sind.  Bei  der  Bildung  dieses  Körpers  zerlegen  sich  3 At.  sali- 
cyliger  Säure  (als  dreibasische  Säure  betrachtet  1 Atom  der  Saure)  mit  a 
Aeq.  Ammoniak  unter  Abscheidung  von  6 At,  Wasser.  Die  weingeistige 


688 


Salicylsäure. 


Flüssigkeit,  in  der  sich  dieser  Körper  gebildet  hat,  ist  nicht  mehr  vermö- 
gend, selbst  nicht  bei  Siedhitze,  die  gebildeten  Kristalle  wieder  aufzulö- 
sen ; sie  bedürfen  eines  dreimal  grÖfseren  Volumens  Alkohol.  Dies  scheint 
zu  beweisen,  dafs  sich  im  Anfang  salicyligsaures  AmmoDiak  bildet,  wel- 
ches, leicht  in  Weingeist  löslich,  bei  längerer  Berührung  mit  Ammoniak  und 
langsamer  Ausscheidung  in  Salicylimid  übergeht.  Durch  trockne  Destilla- 
tion wird  dieser  Körper  unter  Rücklassung  von  Kohle  zersetzt.  Durch 
Säuren  und  Alkalien  wird  er  zerlegt  in  salicylige  Säure  und  Ammoniak; 
er  ist  in  kaltem  und  siedendem  Wasser  unlöslich.  (Ettling.') 

Salicyligsaures  Kali.  Neutrales.  Formel : C14  H10  05  -h  KO.  Salicy- 
lige Säure  erstarrt,  mit  Kalilauge  zusammengebracht,  zu  einer  gelben 
glimmerartigen  Masse  von  salicyligsaurem  Kali;  man  stellt  es  am  besten 
dar,  indem  man  in  eine  warme  Auflösung  von  Kalihydrat  in  Alkohol  Sali- 
cylwasserstoffsäure  bringt  und  erkalten  läfst,  wo  sich  die  Verbindung  rein 
in  beinahe  farblosen,  vierseitigen,  perlmutterglänzenden  Tafeln  abschei- 
det. Es  ist  sehr  löslich  im  Wasser,  schwärzt  sich  im  feuchten  Zustande 
der  Luft  ausgesetzt;  es  enthält  Krisfcallwasser,  was  es  bei  100°  verliert. 

KO ) 

Saures.  Formel  2C14  H10  03  -f-  > Löst  man  das  neutrale  Salz  in 

«4  ) 

heifsem  Alkohol  und  setzt  salicylige  Säure  hinzu,  so  kristallisirt  beim 
Erkalten  saures  Salz  in  gelblichweifsen,  feinen,  langen,  glänzenden  Na- 
deln. Im  trocknen  Zustande  wird  es  bei  120°  gelb.  Zerlegt  sich  mit 
Wasser  in  Säure,  die  sich  abscheidet,  und  in  neutrales  Salz. 

Salicyligsaures  Natron , Kalk , Baryt  und  Magnesia  können  direct 
hervorgebrächt  werden,  ihre  Eigenschaften  sind  die  der  Kaliverbindung; 
das  salicyligsaure  Natron  enthält  2 At.  Kristall wasser,  was  es  bei  120° 
abgiebt;  das  Natron  bildet  ebenfalls  ein  saures,  in  feinen,  glänzenden  Na- 
deln kristallisirendes  Salz;  salicyligsaures  Kupferoxid  ist  wasserfrei,  von 
grüner  Farbe;  die  Zink-  und  Quecksilberverbindungen  sind  gelb  und  un- 
löslich. 

Salicyligsaures  Bleioxid.  Basisches.  Löst  man  salicylige  Säure  in 
schwachem  Alkohol  und  setzt  der  kochenden  Flüssigkeit  essigsaures  Blei- 
oxid zu,  so  setzt  sie  beim  Erkalten  salicyligsaures  Bleioxid  ab,  welchem 
eine  gewisse  Menge  Säure  anhängt,  die  man  durch  kochenden  Alkohol 
hinvvegnehmen  kann.  Eigenschaften:  Citrongelbes  Pulver,  was  beim  Er- 
hitzen sich  unter  Wasser-  und  Säureverlust  aufbläht,  unlöslich  im  Wasser. 
Seine  Zusammensetzung  wird  durch  die  Formel  C14  H10  03  H-  2PbO  aus- 
gedrückt. Fällt  man  basisch  essigsaures  Bleioxid  mit  salicyliger  Säure, 
so  erhält  man  ein  säurefreies  gelbes  Pulver  von  derselben  Zusammensetzung. 

Salicyligsaures  Silberoxid.  Silberoxid  löst  sich  in  wässeriger  salicyli- 
ger Säure,  wie  es  scheint  unter  Zersetzung,  auf.  (L'öwig.)  Ist  darauf 
ohne  bemerkbare  Wirkung.  (Ettling.)  Vermischt  man  eine  Auflösung  von 
salpetersaurem  Silberoxid  mit  salicyligsaurem  Kali,  so  entsteht  ein  grün- 
gelber Niederschlag,  der  sich  beim  Erhitzen  ohne  Gasentwickelung  redu- 
cirt,  indem  das  Gefäfs  mit  glänzendem  metallischem  Silber  überzogen  wird. 

Salicylsäure. 

Die  salicylige  Säure  verhält  sich  gegen  Kalihydrat  im  Ueberschufs  wie 
Benzoylwasserstoff,  es  entwickelt  sich  Wasserstoffgas  und  es  bildet  sich 
eine  Säure,  welche  im  wasserfreien  Zustande  nach  der  Formel  C14  H10  O, 
zusammengesetzt  ist.  Ihre  Eigenschaften  und  Verbindungen  sind  von  dem 
Entdecker  (Piria)  nicht  näher  angegeben  worden. 

Chlor  salicylsäure. 

Salicylchlorid.  Chlor spiroyl.  Formel:  Cx4H10O4  ) Darstellung:  Man 

Cl2  ] 

leitet  trocknes  Chlorgas  durch  wasserfreie  salicylige  Säure  so  lange  sich 
noch  Chlorwasserstoffsäure  entwickelt,  nach  dem  Erkalten  wird  die  Ver- 
bindung fest  und  kristallinisch;  man  reinigt  sie  durch  Kristallisation  aus 


Salicy  lsäure. 


689 


der  warm  gesättigten  Lösung  in  Alkohol.  Eigenschaften : Schwachgelb- 
liche , schiefe  rhombische  Tafeln , von  Perlmutterglanz,  von  eigentümlich 
aromatischem  Geruch,  schmelzbar  und  flüchtig  ohne  Zersetzung,  entzünd- 
lich, mit  grüner  Flamme  verbrennend,  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in 
Alkohol  und  Aether  und  daraus  kristallisirbar.  Verbindet  sich  ohne  Zer- 
setzung mit  Alkalien  und  wird  daraus  durch  Säuren  unverändert  gefällt. 
Die  weingeistige.  Lösung  giebt  mit  essigsaurem  Kupferoxid  einen  grüngel- 
ben, mit  essigsaurem  Bleioxid  einen  gelben  Niederschlag;  Eisenoxidsalze 
werden  davon  schwarzblau  gefärbt.  Beim  Erhitzen  mit  Kalium  wird  es 
unter  Feuerentwickelung  zersetzt.  Durch  Ammoniakgas  wird  es  in  Chloro- 
salicylimid  verwandelt. 

Durch  ihre  Fähigkeit,  sich  mit  Basen  zu  vereinigen,  und  ihre  Un- 
zersetzbarkeit durch  diese  Körper,  unterscheidet  sich  diese  Chlorverbin- 
dung wesentlich  von  allen  analogen  Verbindungen  zusammengesetzter  Ra- 
dikale; sie  verbindet  sich  mit  den  Metalloxiden  zu  eigenthiimlichen  Salzen, 
in  welchen  1 At.  Chlorsalicylsäure  verbunden  ist  mit  1 At.  Metalloxid,  in 
der  Art,  dafs  sie  betrachtet  werden  können  als  Verbindungen  von  Salicyl- 
säure  und  Chlormetallen,  C14  H10  Os  H-  Cl2  M,  ähnlich  den  Verbindungen 
des  chromsauren  Chromchlorids  mit  Alkalien  oder  Chlormetallen. 

Chlor  osalicylimid. 

Bildung : Durch  die  Einwirkung  von  Ammoniakgas  auf  Chlorsalicyl- 
säure. Darstellung : Man  leitet  trocknes  Ammoaiakgas  in  einem  passen- 
den Apparate  über  Chlorsalicylsäure  so  lange  als  noch  Bildung  von  Was- 
ser bemerkbar  ist,  die  tiefgelbe  Verbindung  bleibt  rein  zurück.  Eigen- 
schaften: Fester  gelber  Körper,  unlöslich  in  kaltem  Wasser,  zerlegbar 
durch  kochendes  Wasser,  durch  Säuren  und  Alkalien  in  Ammoniak  und 
Chlorsalicylsäure. 

Bei  seiner  Entstehung  zerlegen  sich  3 At.  Chlorsalicylsäure  mit  2 Aeq. 
Ammoniak  in  6 At.  Wasser  und  1 At.  Chlorosalicylimid  • C42  H30  CI6  012  -H 
H12  =:  6H2  0 -f-  C42  H50  Cl6  06  N4;  es  ist  hiernach  Salicylimid,  in  wel- 
chem 6 At.  Wasserstoff  vertreten  sind  durch  6 At.  Chlor. 

Bromsalicylsäure. 

In  der  Darstellung,  Eigenschaften  und  Verhalten  gegen  Ammoniak  ist 
diese  Verbindung  vollkommen  analog  der  Chlorsalicylsäure. 

lodsalicy  lsäure. 

Salicylige  Säure  löst  Iod  in  grofser  Menge  und  ohne  bemerkbare  Zer- 
setzung auf  und  bildet  damit  eine  schwarzbraune  Flüssigkeit.  lodsalicyl- 
säure erhält  man  durch  Destillation  von  lodkalium  mit  Chlorsalicylsäure. 
Es  sublimirt  in  Gestalt  einer  schwarzbraunen  schmelzbaren  Masse,  deren 
Verhalten  mit  dem  der  vorherbeschriebenen  Verbindungen  übereinstimmt. 

Zersetzungsprodukte  des  Salicy l wasserst ofjfs. 
Nitrosalicy  lsäure. 

Formel:  C12  H6  N8  012  (JPiria).  (Spiroglsäure.  Formel  nach  Löwig: 

Hio  Os )• 

Darstellung : Beim  Erwärmen  von  salicyliger  Säure  mit  mäfsig  con- 
centrirter  Salpetersäure  verwandelt  sie  sich  unter  Entwickelung  von  sal- 
petriger Säure  in  eine  kristallinische  Masse,  sie  wird  durch  Waschen 
mit  Wasser,  Auflösung  in  Alkohol  und  Kristallisation  gereinigt.  Eigen- 
schaften: Kristallisirt  aus  Alkohol  bei  freiwilligem  Verdampfen  in  zarten, 
durchsichtigen  Prismen  von  goldgelber  Farbe,  sehr  wenig  löslich  in  Was- 
ser, die  Auflösung  färbt  die  Haut  und  Nägel  bleibend  gelb,  schlägt  Blei- 
oxidsalze gelb,  Kupferoxidsalze  grün  nieder;  geruchlos,  von  kratzendem, 
zum  Husten  reizendem  Geschmack,  leichtlöslich  in  Alkohol,  beim  Erhitzen 
mit  Kalium  wird  sie  mit  Explosion  und  Feuererscheinung  zersetzt.  Ver- 
bindet sich  mit  Alkalien  zu  kristallisirbaren  Verbindungen,  welche,  trocken 


690 


Salicin. 


erhitzt_,  sich  mit  einer  Detonation  zersetzen.  Ammoniak  färbt  die  Säure 
dunkel  blutroth , Eisenchlorid  wird  davon  kirschroth  gefärbt.  Die  Verbin- 
dungen dieser  Säure  bedürfen  einer  näheren  Untersuchung. 

Rauchende  Salpetersäure  wirkt  sehr  heftig  auf  salicylige  Säure  ein, 
unter  starker  Entwickelung  von  salpetriger  Säure  entsteht  eine  tiefgelbe 
weiche  Masse,  welche  mit  Wasser  destillirt  sich  verflüchtigt  und  in  dein 
sauren  Rückstand  eine  Materie  hinterläfst,  welche  daraus  in  ungefärbten 
prismatischen  Kristallen  erhalten  werden  kann. 

Anhang  zu  Salicyl. 

Flüchtiges  Oel  der  Spiraea  ulmaria . 

Nach  der  Untersuchung  von  Pagenstecher  ist  in  den  Bliithen  der  Pflanze 
das  flüchtige  Oel  nicht  fertig  gebildet  vorhanden , sondern  ein  Produkt  der 
Einwirkung  des  Wassers  bei  der  Destillation.  Das  Oel , was  man  erhält, 
ist  gelb  und  ein  Gemenge  von  zwei,  vielleicht  drei,  flüchtigen  ölartigen 
Stoffen,  von  denen  der  eine  als  salicylige  Säure  beschrieben  ist.  Läfst 
man  das  Oel  mehrere  Wochen  bei  einer  Temperatur  von  — 18  bis  20°  stehen, 
so  scheiden  sich  grofse  durchsichtige  Kristalle  der  Säure  aus  , welche  in 
gewöhnlicher  Temperatur  schmelzen.  Das  Oel  enthält  ausserdem  eine 
kampherartige,  in  weifsen  perlmutterglänzenden  Schuppen  kristallisirende 
Materie,  die  in  gewöhnlicher  Temperatur  fest  bleiben.  ( [Ettling. ) Bringt 
man  es  mit  Kalilauge  zusammen , so  verbindet  sich  die  Säure  mit  dem 
Alkali,  während  das  nicht  saure  Oel  abgeschieden  ward,  es  kann  durch 
Destillation  mit  Wasser  daraus  erhalten  werden.  Es  ist  farblos,  weniger 
flüchtig  wie  Wasser,  und  besitzt  ebenfalls  den  Geruch  der  Pflanze  $ es  ist 
nicht  weiter  untersucht. 

Salicin. 

Von  Le  Roux  und  Büchner  entdeckt.  Formel:  nach  Piria  und  Mulder 
C2i  H24  09  -4-  2aq  ; die  Bleiverbindung  C21  Ha4  09  -f-  3PbO,  In  der  Rinde 
und  den  Blättern  aller  bitterschmeckenden  Weidenarten,  in  Salix  Helix  W. 
(Salix  mon.  Hoffm.)  (Salix  purpurea  JL.),  ferner  Salix  amygdalina  L.  (Sa- 
lix triandra)  etc.  und  in  einigen  Pappelarten. 

§.  71.  Die  getrocknete  oder  frische  Weidenrinde  wird 
zerschnitten  und  durch  mehrmaliges  Sieden  mit  Wasser  alles 
Auflösliche  ausgezogen.  Die  Abkochungen  werden  concentrirt 
und  so  lange  mit  Bleiglätte  siedend  behandelt,  bis  die  Flüssig- 
keit beinahe  farblos  erscheint.  Das  gelöste  Bleioxid  wird  an- 
fänglich mit  Schwefelsäure,  zuletzt  mit  Schwefelbarium  ent- 
fernt und  nach  Abscheidung  des  Schwefelbleies  zur  Kristalli- 
sation verdunstet,  wo  Salicin  kristaliisirt,  was  durch  wieder- 
holtes Auflösen  et c>  gereinigt  wird  QMerckJ.  (Aus  frischer 
reichhaltiger  Weidenrinde  erhält  man  Salicin  durch  vorsichtige 
Verdunstung  des  kalt  bereiteten  wässrigen  Auszugs  [Merck J.) 
Auf  gleiche  Weise  verfährt  man  mit  den  Weidenblättern,  mit 
der  weifsen  Pappel-  und  Espenrinde. 

Erklärung.  Bleioxid  entfernt  aus  dem  Auszug  Gummi,  Gerbestoff  und 
extraktive  Theile,  welche  die  Kristallisation  des  Salicins  hindern;  es  geht  i 
mit  dem  Salicin  eine  salzartige  Verbindung  ein,  welche  durch  Schwefel- 
säure und  Schwefelbarium  zerlegt  wird.  Bei  vorsichtigem  Zusatz  des  letz- 
tem bleibt  weder  Schwefelsäure  noch  Baryt  in  der  Flüssigkeit.  Das  ge- 
bildete Schwefelblei  wirkt  hierbei  als  Entfärbungsmittel. 

72.  Die  Eigenschaften  des  Salicins  sind:  Es  kristalii- 
sirt in  weifsen,  durchsichtigen,  geruchlosen,  seidenglänzen- 


Phloridzin. 


691 


den,  luftbeständigen,  sehr  zerbrechlichen  Nadeln  und  Blättern, 
von  bitterem  Geschmack,  ohne  Reaction  auf  Pflanzen  färben, 
verliert  bei  100°  nichts  an  seinem  Gewichte,  schmilzt  bei  120°, 
bei  höherer  Temperatur  tritt  Zersetzung  ein,  es  wird  gelb, 
harzähnlich,  die  sich  entwickelnden  Dampfe  entzünden  sich 
an  der  Luft  mit  heller  Klamme,  es  bleibt  eine  aufgeblähte 
Kohle,  die  ohne  Rückstand  verbrennt.  Löst  sich  in  5 6 Th. 
Wasser  von  gewöhnlicher  Temperatur,  in  jeder  Menge  in 
siedendem.  Löslich  in  Alkohol,  nicht  in  Aether  und  fetten 
Oelen.  Wird  durch  kein  Reagens  gefällt.  Löst  sich  in  con- 
centrirter  Schwefelsäure  mit  blutrother  Farbe  (Erkenuungsmittei 
des  Salicins  in  der  Rinde,  wenn  sie  damit  befeuchtet  wird),  liefert  mit 

Salpetersäure  viel  Kohlenstickstotfsäure.  Salzsäure  und  ver- 
dünnte Schwefelsäure  verwandeln  es  in  ein  weifses,  ge- 
schmackloses, in  Wasser  unlösliches  Pulver,  Salicetin , was 
leichtlöslich  in  Alkalien  und  Weingeist  ist  und  daraus  durch 
Säuren  und  Wasser  wieder  gefällt  wird.  In  de  Flüssigkeit 
findet  sich  nach  dieser  Zersetzung  Traubenzucker . (Piria.J 
Giebt  mit  basisch  essigsaurem  Bleioxid  keine  Fällung;  beim 
Zusatz  von  Ammoniak  entsteht  ein  weifser  Niederschlag. 

Mit  Chlor  behandelt  entsteht  eia  gelber  kristallinischer  Körper,  wel- 
cher wasserhaltiges  Salicin  darstellt,  in  dem  4 At.  Wasserstoff  ersetzt 
sind  durch  4 At.  Chlor  (C<„  H24  Cl4  01(). 

Mit  saurem  chromsaurem  Kali  der  Destillation  unterworfen  erhält  man 
Ameisensäure,  Kohlensäure  und  salicylige  Säure. 

Die  Prüfung  auf  seine  Reinheit  ergiebt  sich  aus  der  Beschreibung  sei- 
ner Eigenschaften. 

Rutilin.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  Braconnot  das  Produkt  der 
Zersetzung  des  Salicins  mit  conoentrirter  Schwefelsäure.  Rein  dargestellt 
ist  es  eine  im  feuchten  Zustande  rothbraune,  ins  Gelbe  übergehende  Masse, 
trocken  schwarzbraun,  zerreiblich,  geschmacklos,  unlöslich  in  Wasser 
oder  Weingeist.  Starke  Mineralsäuren  färben  es  schön  blutroth,  Alkalien 
djinkel  violett. 

Phloridzin. 

Entdeckt  von  de  Konink  in  der  frischen  Wurzelrinde  der  Aepfel-, 
Birn-,  Kirsch-  und  Pflaumenbäume.  Formel:  C21  H24  09  -4-  3aq  (Mulder ). 
Seiner  Zusammensetzung  und  seinem  ganzen  Verhalten  nach  steht  das 
Phloridzin  in  einer  bestimmten  Beziehung  zu  dem  Salicin;  es  läfst  sich 
betrachten  als  kristallisirtes  Salicin  plus  1 At.  Wasser. 

Darstellung.  Die  zerschnittene  Rinde  wird  mit  Weingeist 
von  80  p.  c.  bei  80°  ausgezogen,  der  Weingeist  vom  Auszug 
abdestillirt,  wo  nach  dem  Erkalten  aus  dem  Rückstand  Phlo- 
ridzin kristallisirt.  Man  reinigt  es  durch  Behandlung  mit  Blut- 
kohle. 

Eigenschaften . Farblose,  vierseitige,  feine  Nadeln  von 
Seidenglanz,  löslich  in  1000  Th.  kaltem,  in  jedem  Verhältnis 
siedendem  Wasser  ; die  Auflösung  besitzt  einen  bittern,  schwach 
zusammenziehenden  Geschmack.  Löslich  in  Alkohol,  sehr 
wenig  in  Aether;  von  1,4298  spec.  Gewicht.  Verliert  bei  100° 
2 At.  Kristall wasser,  in  diesem  Zustande  besitzt  es  die  Zu- 
sammensetzung des  kristallisirten  Salicins  minus  1 At.  Wasser. 


C i n n a m y 1.  Z i in  m t ö 1. 


692 

Eine  Auflösung  von  Phloridzin  giebt  mit  basisch  essigsaurem 
Bleioxid  einen  weifsen  Niederschlag,  welcher  nach  Mulder 
dieselbe  Zusammensetzung  besitzt  wie  das  Salicinbleioxid. 

Das  Phloridzin  verhält  sich  gegen  verdünnte  Säuren  genau  wie  Salicin. 
Wurde  mit  Erfolg  in  der  Mediciu  gegen  intermittirende  Fieber  angewendet. 

Cinnamyl. 

Hypothetisches  Radikal  des  Zimmtöls  und  der  Zimmtsäure.  Symb.  Ci. 
Nach  den  Untersuchungen  von  Dumas  und  Peligot  ist  das  ceylonische  Zimmt- 
öl  nach  der  Formel  C18  H16  02  = 1 Aeq.  zusammengesetzt  und  besitzt  die 
Eigenschaft,  durch  Aufnahme  von  2 At.  Sauerstoff  aus  der  Luft  in  Zimmt- 
säure überzugehen.  Mit  Salpetersäure  bildet  es  eine  in  schiefen  rhombi- 
schen Säulen  kristallisirte  Verbindung,  die  aus  gleichen  Atomgewichten 
Zimmtöl , Salpetersäure  und  Wasser  besteht ; mit  Chlorwasserstoffsäure 
eine  grüne  feste  Masse,  die  gleiche  Aequivalente  wasserfreies  Zimmtöl 
und  Chlorwasserstoffsäure,  mit  Ammoniak  eine  feste,  zu  Pulver  zerreib- 
bare Masse,  die  1 Aeq.  Ammoniak  (N2H6)  uud  1 Aeq.  Zimmtöl  enthält. 

Durch  Chlor  wird  das  Zimmtöl  zersetzt,  es  wird  eine  flüssige  und  eine 
in  langen  weifsen  Nadeln  sublimirbare  Verbindung  gebildet,  welche  letz- 
tere nach  der  Formel  C18  H8  Cl8  02  zusammengesetzt  ist,  in  der  also  die 
Hälfte  des  Wasserstoffs  im  Gel  vertreten  ist  durch  1 Aeq.  au  Chlor.  Aus 
diesem  Verhalten  ergeben  sich  gewisse  Aehnlichkeiten  mit  dem  der  Ben- 
zoylverbindungen , allein  auf  der  andern  Seite  auch  wieder  grofso  Ver- 
schiedenheiten. Sie  scheinen  sich  daraus  erklären  zu  lassen,  dafs  das 
Zimmtöl  nach  Blanchet  und  Seil  aus  zwei  verschiedenen  Gelen  besteht, 
wovon  das  eine  schwerer,  das  andere  leichter  wie  Wasser  ist.  Das  schwe- 
rere besitzt  bei  35°  ein  spec.  Gewicht  von  1,008  und  siedet  bei  320°. 
Behandelt  man  das  käufliche  Oel  mit  Barytwasser,  so  entsteht  eine  salz- 
artige Verbindung  des  schwereren  Gels,  die  sich  löst  und  aus  der  sich  das 
Oel  durch  Säuren  scheiden  läfst.  Aus  der  Mischung  des  käuflichen  Gels 
mit  Baryt  kann  das  leichtere  Gel  durch  Destillation  geschieden  werden. 

Nach  einer  späteren  Untersuchung  von  Mulder  mufs  die  Zusammen- 
setzung des  Zimmtöls  aus  dem  Ceylon-Zimmt,  des  Javanischeu  Zimmtöls, 
des  chinesischen,  des  Cassiablütheu-  und  CassiarindenÖls  durch  die  Formel 

H22  02  = 1 Aeq.  ausgedrückt  werden;  die  salzsaure  Verbindung  ent- 
hält 1 Aeq.  Salzsäure,  die  Ammoniakverbindung  1 Aeq.  Ammoniak;  das 
CassiablüthenÖl  vereinigt  sich  nur  mit  halb  so  viel  Ammoniak.  Der  Unter- 
schied in  dem  Wasserstoff  der  von  Herrn  Dumas  und  Peligot  und  Mulder 
analysirten  Oele  beträgt  in  100  Theilen  über  1 p.  c. , was  nicht  von  einem 
Fehler  in  der  Analyse  herrühren  kann.  Eine  von  Blanchet  angestellte 
Analyse  von  Zimmtöl,  was  aus  Ceylon-Zimmt  dargestellt  war,  gab  übri- 
gens ein  mit  Mulder’ s Analyse  sehr  nahe  übereinstimmendes  Resultat,  und 
bei  einer  neuen  Wiederholung  seiner  früheren  Analysen  sah  sich  Dumas 
veranlafst,  gegründete  Zweifel  an  der  Richtigkeit  der  Formel  von  Mulder 
auszusprechen.  Man  sieht  leicht,  dals  auch  die  analytischen  Resultate 
auf  die  Existenz  von  zwei  Oelen  in  dem  Zimmtöl  hinweisen  und  dafs  neue 
mit  aller  Umsicht  angestellte  Untersuchungen  erforderlich  sind,  um  diese 
Widersprüche  aufzuklären.  Es  scheint  als  gewifs  betrachtet  werden  zu 
können,  dals  das  Oel,  was  mit  Salpetersäure  die  ebenerwähnte  kristal- 
lisirbare  Verbindung  bildet,  nach  der  Formel  Cl8  H16  02  zusammengesetzt 
ist.  CDumas.') 

Zimmtöl,  Cassiaöl. 

Darstellung.  Durch  Destillation  der  Rinde  von  Laurus  Cinnamomum , 
der  Cassia- Rinde  und  Blüthe.  Gelbes  Gel,  schwerer  wie  Wasser,  vom 
Geruch  des  Zimmts  oder  der  Cassienrinde,  wird  unter  0°  fest,  schmilzt 
bei  — 5°,  schmeckt  brennend  scharf  und  süfslich,  setzt  bei  — 30°  Kristalle 
ab,  wird  an  der  Luft  braun  und  verwandelt  sich  in  Zimmtsäure;  löst  sich 
in  Wasser  in  geringer  MeDge,  diese  JLösung  giebt  mit  Iod  und  lodkalium 


tm 


Zimmtsäure.  Cinnamyl  Wasserstoff. 


^pr„ph/(i  «länzende  rothbraune  Kristalle  von  starkem  Metallglanz , für  de- 
ren wahrscheinliche  Zusammensetzung  Apjohn  die  Formel  I2 K -+- 6I2 CiH, 
an^iebt  welche  12,36  Iodkaliuui,  28,08  Iod  und  59,66  Cinnamylwasser- 
sfoff  entspricht.  240  Gr.  Iodkalium  und  10  Gr.  Iod  werden  in  wenig 
Wasser  gelöst  mit  2 ^ Zimmt wasser  gemischt,  einer  Temperatur  von  0 
ausiresetzt , wo  sich  diese  Kristalle  bilden;  sie  lösen  sich  in  Aether  und 
Alkohol  ohne  Veränderung,  werden  aber  durch  Wasser  zersetzt.  Apjohn. 
Kalilauge  löst  das  Zimmtöl  (nach  Mulden  leicht  und  vollständig  auf,  ver- 
dünnte Säuren  scheiden  es  daraus  wieder  unverändert  ab ; wird  die  Auf- 
lösung des  Oels  in  Kalilauge  der  Destillation  unterworfen,  so  geht  mit  den 
Wasserdämpfen  ein  auf  dem  Wasser  schwimmendes  Oel  über,  was  nach 
Zimmt  und  bittern  Mandeln  riecht  und  nach  der  Formel  C18  H20  02  zusam- 
mengesetzt ist,  im  Rückstand  bleibt  benzoesaures  Kali  ( Mulder)  und  eine 
schwarze  Materie.  Das  Zimmtöl  entwickelt,  mit  Kalihydrat  erhitzt,  Was- 
serstoffgas  (Dumas,  Mulden.  Alle  diese  Zersetzungen  sind  bis  jetzt  un- 
erklärt Mit  Salpetersäure  kalt  zusammengestellt  verdickt  sich  das  Zimmtöl 
und  verwandelt  sich  ganz  oder  zum  Theil  in  eine  kristallinische  Masse. 
Damit  gekocht  bemerkt  man  Geruch  nach  BenzoylwasserstofF  und  im  Rück- 
stand findet  sich  Benzoesäure;  dieselbe  Säure  wird  durch  die  Einwirkung 
unterchlori •'saurer  Alkalien  auf  Zimmtöl  gebildet.  Mit  Ammoniakgas  in 
Berührung  wird  das  Oel  aus  Ceylon-Zimmt  fest,  es  entstehen  hierbei  un- 
streitig mehrere  Substanzen,  von  denen  eine  sich  in  Alkohol  und  Aether 
löst  und  daraus  in  seidenartigen,  feinen,  gruppenförmig  vereinigten  Nadeln 
kristallisirt.  Die  Zusammensetzung  derselben  ist  nicht  untersucht. 


Cinnamylsäure.  Zimmtsäure. 

Entdeckt  von  Dumas  und  Peligot.  Formel  der  kristallisirten  C18  H14Os 
-H  aq.  Symb.  CiO.  Bildet  sich  in  harten,  durchscheinenden  Säulen,  wenn 
Zimmtöl  lange  der  Luft  ausgesetzt  wird  und  bei  Behandlung  des  Perubalsamöls 
mit  Kalilauge.  Darstellung:  Man  löst  Perubalsamöl  in  einer  weingeistigen 
Lösung  von  Kalihydrat  auf,  erwärmt  gelinde,  dampft  alsdann  die  Flüssig- 
keit zur  Trockne  ab,  löst  die  zurückbleibende  Masse  von  cinnamylsaurem 
Kali  in  kochendem  Wasser  und  setzt  Salzsäure  im  üeberscliufs  zu,  wo 
die  Zimmtsäure  nach  dem  Erkalten  kristallisirt;  man  reinigt  sie  durch  wie- 
derholte Kristallisation.  Eigenschaften:  Farblose,  durchsichtige  Blatter, 
von  schwachem,  aromatischem,  kratzendem  Geschmack,  in  kaltem  und 
heifsem  Wasser  schwerer  löslich  wie  Benzoesäure  , kristallisirt  aus  Alko- 
hol in  farblosen  rhombischen  Säulen,  ziemlich  hart,  leicht  in  Pulver  zu 
verwandeln,  schmilzt -bei  127°,  siedet  bei  290°,  und  destillirt  in  Gestalt 
eines  schweren  Oels  über,  was  im  Retortenhals  zu  einer  weifsen  kristal- 
linischen Masse  erstarrt;  sublimirbar  bei  einer  niedrigeren  Temperatur; 
wird  durch  Salpetersäure  in  Bittermandelöl  und  eine  kristallisirbare  Säure 
verwandelt , welche  sehr  nahe  die  Zusammensetzung  der  Benzoesaure 
besitzt,  aber  sich  durch  ihre  Salze  wesentlich  von  der  Benzoesäure  unter- 
scheidet; ihre  wahrscheinliche  Formel  ist  C13  H10  03  ( Plantamourj . Diese 
Zersetzung  ist  unerklärt. 


Cinnamylsaure  Sal&e. 

Die  Cinnamylsäure  bildet  mit  Metalloxiden  Salze,  die  im  Allgemeinen 
ähnlich  sind  den  benzoesauren;  in  diesen  Salzen  ist  das  Hydratwasser  der 
Säure  ersetzt  durch  1 Aeq.  Metalloxid.  Cinnamylsaures  Silberoxid  erhält 
man  bei  Vermischung  eines  neutralen  cinnamylsauren  Alkali’s  mit  salpeter- 
saurem Silberoxid  in  Gestalt  eines  weifsen,  flockigen,  nicht  kristallinischen 
Niederschlags,  der  in  siedendem  Wasser  schwarz  wird. 


Cinnamylwasser  Stoff . 

Von  Dumas  und  Peligot  entdeckt.  Formel:  C18  H16  Oa.  Symb.  CiH?. 
Man  bringt  frischbereiteten  reinen  salpetersauren  Cinnamylwasserstoff  mit 
Wasser  zusammen,  wo  sich  die  Verbindung  trennt  in  Salpetersäure,  welche 
an  das  Wasser  tritt,  und  in  CinnamylwasserstofF,  der  sich  abscheidet.  Die  Ei- 


694 


Perubalsam  ÖL 


genschaften  desselben  sind  von  den  Chemikern,  die  darüber  gearbeitet 
haben,  nicht  angegeben;  man  weifs  nur,  daf's  es  eine  ölige  Flüssigkeit 
ist,  die  mit  Salpetersäure  wieder  zusammengebracht  aufs  neue  und  voll- 
ständig erstarrt. 

Salpetersaurer  Cinnamylwasserstoff. 

Von  Dumas  und  Peligot  entdeckt.  Formel  : C18  H16  Oa,  Na  Os  -h  aq, 
Bildet  sich  , wenn  Zimmtöl  mit  concentrirter  farbloser  Salpetersäure  zu- 
sammengebracht wird.  Die  käuflichen  Zimmtöle  sind  in  Beziehung  auf  ihre 
Fähigkeit,  mit  Salpetersäure  diese  kristallinische  Verbindung  zu  liefern, 
äusserst  verschieden ; das  Oel  aus  Ceylonzimmt  erstarrt  beinahe  gänzlich, 
die  andern  nur  zum  Theil.  Die  blätterigen,  mit  einer  schmierigen,  wei- 
chen Masse  durchdrungenen  Kristalle  werden  zuerst  zwischen  Papier  ge- 
prefst,  sodann  in  warmem  Alkohol  bis  zur  Sättigung  gelöst,  wo  nach  dem 
Erkalten  die  reine  Verbindung  in  farblosen,  langen,  schiefen,  rhombischen 
Prismen  kristallisirt.  Eigenschaften : Die  Kristalle  zerlegen  sich  nach  eini- 
ger Zeit  von  selbst,  indem  salpetrige  Säure  und  Geruch  nach  Benzoyl- 
wasserstoff  bemerkbar  ist.  Wärme  befördert  diese  Zersetzung.  Mit  Was- 
ser zerfallen  sie  augenblicklich  in  Cinnamylwasserstoff  und  Salpetersäure. 

Chlor  und  Zimmtöl. 

Durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  chinesisches  Zimmtöl  werden 
mehrere  Produkte  gebildet,  es  entwickelt  sich  unter  Erhitzung  reichlich 
Chlorwasserstoffsäure,  das  Oel  wird  zuerst  braun,  dann  farblos  und  ver- 
dickt sich.  Destillirt  man  das  Oel  in  einem  Strom  Chlorgas,  so  ist  die 
zuerst  ubergehende  Portion  farblos,  sehr  flüssig,  dieses  Produkt  mit  Kali- 
lauge zusammengebracht  zerlegt  sich  damit  augenblicklich  in  eine  im  Was- 
ser lösliche  kristallinische  Masse;  es  läfst  sich  mit  Schwefelsäure  unzer- 
setzt  mischen,  nach  einiger  Zeit  erstarrt  es,  sich  selbst  überlassen,  zu 
einer  kristallinischen  Masse,  welche  Benzoesäure  zu  seyn  scheint;  später 
kommt  ein  braunes  Oel,  was  diese  Eigenschaft  in  geringerem  Grade  be- 
sitzt und  bei  Behandlung  mit  Kali  und  Wasser  einen  ölartigen  chlorhaltigen 
Körper  ungelöst  zurückläfst.  Werden  die  Produkte  dieser  Destillation 
wiederholt  der  Einwirkung  des  Chlors  in  erhöhter  Temperatur  ausgesetzt,  j 
so  erhält  man  zuletzt  einen  schwarzen,  kohligen  Rückstand  und  einen 
flüchtigen,  bei  gewöhnlicher  Temperatur  festen,  kristallinischen,  farblosen 
Körper,  welcher  bei  gelinder  Wärme  schmilzt  und  ohne  Rückstand  sub- 
limirt;  er  wird  von  concentrirter  Schwefelsäure  und  in  Ammoniakgas  sub- 
limirt  nicht  verändert,  seiner  Zusammensetzung  entspricht  die  Formel 
C18  H8  Cl8  02.  Die  Herren  Dumas  und  Peligot  nennen  ihn  Chlor ocinnose. 

Anhang  zu  den  Cinnamyl Verbindungen. 

Perubalsamöl. 

Der  Perubalsam  und  Tolubalsam  enthalten  Verbindungen,  welche  in 
die  Cinnamylreihe  gehören.  Nach  den  Untersuchungen  von  Stoltz  und 
Wernher  trennt  sich  beim  gelinden  Erwärmen  von  2 Vol»  Perubalsam  mit 
3 Vol.  einer  Kalilauge  von  1,3  spec.  Gewicht  ersterer  in  zwei  Flüssig- 
keiten; in  ein  gelbes  oder  gelbbraunes  Oel  (Perubalsämöl) , was  auf  einer 
dunkelbraunen  oder  schwarzen,  im  Wasser  löslichen,  alles  Kali  enthal-  , 
tenden,  syrupartigen  Flüssigkeit  schwimmt.  Das  erstere  wird  durch  De- 
stillation, wo  ein  schwach  kohliger  Rückstand  bleibt,  farblos  und  rein  er- 
halten. Fremy  nennt  es  Cinnamein , seine  Zusammensetzung  nähert  sich 
der  Formel  C72  H 65  0IO  (79,66  C — 5,87  H — 14,47  O).  Nach  den  Un- 
tersuchungen von  Plantamour  und  Fremy  verwandelt  sich  dieser  den  fet- 
ten  Oelen  sehr  nahestehende  Körper,  mit  Alkalien  gekocht,  in  eine  Säure,  ,i 
die  mit  dem  Alkali  in  Verbindung  tritt,  und  in  einen  andern  neutralen  Kör- 
per, das  Perurin,  ähnlich  wie  beim  Verseifen  der  Fette.  Die  hierbei  ge- 
bildete Säure  ist  Cinnamylsäure . Vermischt  man  eine  Auflösung  dieses 


Myroxilin.  My  riospermin. 


695 


Oels  in  Weingeist  mit  einer  weingeistigen  Lösung  von  Kalihydrat,  so  er- 
starrt es  augenblicklich  zu  einer  gliramerartigen  Masse  von  cinnamylsau- 
rem  Kali,  nach  Entfernung  des  Weingeistes  durch  gelinde  Erwärmung  er- 
hält man  aus  dem  alkalischen  Rückstand  durch  Destillation  mit  Wasser 
anfänglich  ein  klares  farbloses  Oel , welches  schwerer  wie  Wasser  und 
seiner  Zusammensetzung  und  Verhalten  nach  cinnamylsaures  Aethyloxid 
(Zimratsäureäther)  ist,  dessen  Entstehung  unter  den  angegebenen  Um- 
ständen sehr  merkwürdig  ist;  das  letzte  Produkt  der  Destillation  ist 
Peruvin . 

Das  Peruvin  ist  eine  farblose,  ölartige  Flüssigkeit,  leichter  wie  Was- 
ser, von  starkem  Lichtbrechungsvermögen;  seine  Zusammensetzung  läfst 
sich  durch  die  Formel  C18  H2S  0?  (79,5  C — 9,5  H — 11  0)  ausdriicken. 
Hiernach  würde  1 At.  Cinnamein  sich  zerlegen  in  3 At.  Zimmtsäure  und 
1 At.  Peruvin. 

Bei  Anwendung  von  trocknem  Kalihydrat  anstatt  Kalilauge  oder  einer 
weingeistigen  Lösung  von  Kalihydrat,  wird  das  Cinnamein  auf  eine  andere 
Weise  zersetzt;  es  entwickelt  sich  reines  WasserstofFgas,  während  sich 
ebenfalls  zimmtsaures  Kali  bildet. 

Setzt  man  das  Cinnamein  einer  Temperatur  von  —3°  aus,  so  setzen 
sich  daraus  neutrale  Kristalle  ab,  welche  in  Alkohol  und  Aether  löslich 
sind,  ihre  Zusammensetzung  entspricht  ^ er  Formel  C18  H16  02  (82,1  C 
— 5,9  H — 12  0),  was  genau  mit  der  des  Cinnamylwasserstoffs  über- 
einstimmt, dies  wäre  demnach  ein  Körper  analog  dem  Benzoin. 

Mit  concentrirter  Schwefelsäure  gemischt  wird  das  Perubalsamöl  (Cin- 
namein) in  einen  braunen,  harzähnlichen  Körper  verwandelt,  welcher  als 
eine  Verbindung  von  Cinnamein  mit  7 At.  Wasser  betrachtet  werden  kann. 

Durch  die  Einwirkung  des  Chlors  verwandelt  sich  das  Cinnamein  in 
Chlorbenzoyl  und  eine  chlorfreie  ölartige  Flüssigkeit,  die  sich  davon  nicht 
trennen  läfst. 

Der  Tolubalsam  enthält  dieselben  Verbindungen  wie  der  Perubalsam 
CFremyJ.  Alle  diese  Materien  und  ihre  Zersetzungen  bedürfen  einer  ge- 
naueren Untersuchung. 

Nach  Richter  besteht  das  Perubalsamöl  aus  zwei  verschiedenen  Oelen, 
welche  man  durch  Schütteln  mit  2 Theilen  75procentigen  Alkohol  trennen 
kann.  Das  in  Weingeist  lösliche  Oel  nennt  derselbe  Myriospermin , das 
zurückbleibende  unlösliche  Myroxilin. 

Myroxilin.  Das  durch  anhaltendes  Schütteln  von  allem  Myriospermin 
befreite  braune  Oel  löst  man  nach  Richter  in  absolutem  Alkohol,  setzt  die 
Auflösung  dem  Gefrierpunkte  aus,  wo  sich  noch  etwas  braunes  Oel  ab- 
sondert, vermischt  die  Flüssigkeit  sodann  mit  etwas  Wasser  und  läfst  an 
der  Luft  verdampfen,  wo  bei  6°  C.  das  Myroxilin  in  talgartigen,  roset- 
tenartig zusammengehäuften  Massen  kristallisirt.  Das  spec.  Gewicht  des 
Myroxilins  ist  1,111,  es  verwandelt  sich  bei  Behandlung  mit  Kalilauge  in 
Cinnamylsäure  und  einen  harzartigen  Körper. 

Myriospermin.  Die  alkoholische  Flüssigkeit,  welche  das  Myriospermin 
enthält,  wird  abgedampft,  wo  es  in  Gestalt  eines  wenig  gefärbten  Oels 
von  1,090  spec.  Gewicht  und  starkem  Lichtbrechungsvermögen  zuriick- 
bleibt.  Es  kristallisirt  aus  einer  concentrirten  Lösung  in  75procentigem 
Weingeist  bei  — 10°  bis  —16°  C.  in  zusammengehäuften  feinen  Nadeln, 
welche  Alkohol  enthalten.  Nach  Richter  verwandelt  sich  dieses  Oel  bei 
Behandlung  mit  einer  weingeistigen  Lösung  von  Kalihydrat  in  eine  von 
der  Cinnamylsäure  durch  ihre  Sättigungscapacität  wesentlich  verschiedene 
Säure , die  er  Myriosperminsiiure  nennt.  Das  Atomgewicht  der  an  Silber- 
oxid gebundenen  Säure  ist  nach  ihm  1553,85.  ( Richter  in  Er  dm.  Journal 
13.  Bd.  S.  175.) 


696 


Aethyl. 


II.  Basen  bildende  Radikale . 

IV)  Aethyl.  Formel:  C4H10.  Symb.  Ae. 

4 At.  Kohlenstoff  = 305,74 
10  At.  Wasserstoff  = 62,40 

l~At.  Aethyl  ~ = 368,14 

Das  Aethyl  ist  das  hypothetische  Radikal  der  Aetherver« 
bindungen;  es  ist  bis  jetzt  nicht  isolirt  dargestellt  worden.  Mit 
1 Aeq.  Sauerstoff  bildet  das  Aethyl  den  Äether , das  Aethyl - 
oxid,  weicher  die  Eigenschaften  einer  Salzbasis  besitzt.  Der 
Alkohol  ist  das  Hydrat  des  Aethers. 

Aethyl  und  Sauerstoff. 

Aethyloxid,  Aether.  Formel:  C4H100.  Symb.  AeO. 

1 At.  Aethyl  = 368,14 

1 At.  Sauerstoff  rr  100,00 

1 At.  Aethyloxid  = 468,14 

Synonyme.  Schwefeläther,  Vitriolnaphtha  (Aether  sulphuricus,  Naph- 
tha Vifcrioli,  Oleum  Vitrioli  dulce). 

Schon  im  13ten  und  löten  Jahrhundert  scheint  man  den  ätherhaltigen 
Weingeist  gekannt  zu  haben.  Valerius  Cordus  gab  aber  erst  1544  eine 
bestimmte  Vorschrift  zur  Bereitung  des  Aethers.  wonach  eine  Mischung 
von  gleichen  Theilen  Weingeist  und  Vitriolöl  destillirt  wird,  welches  Ver- 
fahren zum  Theil  heute  noch  gebräuchlich  ist.  Später  scheint  die  Aether- 
bereitung  wieder  in  Vergessenheit  gekommen  zu  seyn,  bis  1729  Frobenius 
sie  aufs  Neue  beschrieb. 

Bildung.  Durch  Zerlegung  des  sauren  schwefelsauren , phosphorsau- 
ren und  arsensauren  Aethyloxids  ( Aetherschwefel-  und  Aetherphosphor- 
Säure);  bei  Behandlung  des  Alkohols  mit  Fluorboron,  Chlorzink,  Chlor- 
zinn und  andern  Chloriden. 

§.  73.  Dar  Stellung.  5 Theile  Weingeist  Von  90  p.  c. 
werden  mit  9 Th.  Schwefelsäurehydrat  in  einem,  in  kaltem 
Wasser  stehenden,  Kupfer-  oder  Eisen-Gefäfs  vermischt,  diese 
Mischung  in  einen  Destillirapparat  gebracht  und  durch  starkes 
Feuer  in  fortwährendem  Kochen  erhalten,  wo  Aetherdämpfe 
gleichzeitig  mit  Wasser-  und  Weingeistdämpfen  übergehen. 
Indem  man  diese  Produkte  durch  einen  guten  Kühlapparat  lei- 
tet, werden  sie  verdichtet.  Zu  der  siedenden  Mischung  in 
dem  Destillirapparat  läfst  man  dem  Volumen  nach  soviel  Wein- 
geist von  derselben  Stärke  nachfliefsen,  als  an  Produkten  über- 
gegangen ist.  Dem  erhaltenen  Destillat  setzt  man  eine  Auf- 
lösung von  Kalihydrat  in  Weingeist  hinzu,  bis  deutliche  alka- 
lische Reaction  bemerkbar  ist,  und  rectificirt  im  Wasserbade, 
so  lange  der  übergehende  Aether  noch  ein  spec.  Gewicht  von 
0,720 — 0,725  bei  ‘26°  C.  zeigt.  Man  kann  es  auch  vor  der 
Rectifikation  mit  Kalkmilch  und  seinem  gleichen  Volumen  Was- 
ser mischen.  Völlig  rein  erhält  man  ihn  durch  mehrtägiges 
Stehenlassen  über  Chlorcalcium  oder  gebranntem  Kalk  und  eine 
neue  Rectifikation  über  die  nemlichen  Materien. 


A e t h e r. 


«97 


Man  verbinde  eine  geräumige  tubulirte  Retorte,  welche  nicht  allzu 


fischer  Röhre , deren  inneres  Ende  hier  auf  den  Boden  reichen  mufs  und 
setze  eine  geräumige  Vorlegflasche,  die  aber  bei  keinem  der  angewende- 
ten Apparate  ganz  luftdicht  schliefsen  darf,  unter;  bringe  obige  Mischung 
von  Schwefelsäure  und  Weingeist  in  die  Retorte,  welche  ungefähr  bis 
zur  Hälfte,  auch  etwas  darüber,  angefüllt  werden  darf.  (Es  lassen  sich 
grofse  Mengen  von  Schwefelsäure  und  Alkohol  schnell  mischen,  wenn 
man  die  Säure  in  einen  Kessel  von  Gufseisen , der  mit  kaltem  Wasser 
umgeben  ist,  bringt,  und  den  Weingeist  ganz  langsam,  indem  man  ihn  an 
der  Wand  des  Kessels  herablaufen  läfst,  darüber  giefst,  und  nach  ein  Paar 
Minuten  Ruhe  beide  Flüssigkeiten  mit  einem  eisernen  Spatel  rasch  tüchtig 
durcheinander  rührt,  dann  den  Kessel  bedeckt.  Das  Gemisch  erwärmt 
sich  kaum  und  kann  sogleich  zur  Aetherbereitung  verwendet  werden.) 
Dann  verbindet  mau  mittelst  eines  durchbohrten  Korks  das  kürzere  Ende 
einer  starken  kuieförmig  gebogenen  Glasröhre  von  2 — 3 Linien  Durchmes- 
ser im  Lichten , welches  in  eine  am  Ende  etwa  1 Linie  weite  Spitze  aus- 
ffezo^en  wnrrlfl  . «n  mil.  rfpr  E? c < . i 


--  — o-  — mit  einem,  mit 

einem  Hahn  versehenen  Messingrohr  verbunden,  das  mit  einer  Flasche, 
die  den  Weingeist  enthält,  verbunden  ist.  (Gut  ist  es,  die  Verbindung 
der  Theile  durch  Cautschuckröhreu  zu  bewerkstelligen,  um  etwas  Be- 
weglichkeit zu  gestatten,  und  so  dem  Zerbrechen  mehr  vorzubeugen.) 
In  Ermangelung  eines  Hahns  biegt  man  sich  eine  ungleichschenklige  he- 
berförmige Glasröhre,  verbindet  den  längern,  gegen  3 Fufs  langen,  in 
eine  Spitze  ausgezogenen  Schenkel  auf  angeführte  Art  mit  der  Retorte; 
die  Spitze  kann  auch  1"  über  der  Flüssigkeit  stehen.  In  das  kürzere 
Ende  der  Röhre  steckt  man  einen  mit  Baumwollenfaden  umwickelten  Sto- 
pfer, welcher  mit  einem  zuerst  in  einen  rechten  Winkel  gebogene.;,  dann 
spiralförmig  lose  um  die  Glasröhre  gewundenen  starken  Eisendraht  so  ver- 
bunden ist,  dafs  man  durch  Anziehen  und  Abwärtsdrücken  den  Stopfer 
nach  Belieben  mehr  anschliefsen  oder  lüften  kann,  um  so  das  Nachfliefsen 
zu  reguliren.  Dieses  Ende  senkt  man  fast  auf  den  Boden  einer  Flasche 
mit  Weingeist,  und  füllt  die  Röhre  mit  Weingeist  an,  indem  man  nach 
Lüftung  des  Stopfers  in  die  Flasche  bläst,  wobei  durch  Schliefsen  mit  den 
Fingern  das  Entweichen  der  Luft  (nach  S.  158)  verhindert  wird;  die  Röhre 
füllt  sich  so  mit  Weingeist , oder  man  füllt  sie  vorher  damit  an,  senkt  sie 
in  die  Flasche  und  verbindet  sie  mit  der  Retorte.  Diese  Röhre  mufs  immer 
untergetaucht  seyn,  uud  wenn  es  uöthig  ist,  Weingeist  in  die  Flasche  ge- 
geben werden.  — Im  Grofsen  kann  auch  eine  gewöhnliche  Destillirblase 
die  innen  dick  verbleit  ist , zur  Aetherbereitung  genommen  werden.  [Auch 
eine  rein  kupferne  ist  anwendbar,  doch  wird  das  Kupfer  leicht  angegrif- 
fen ; in  keinem  Fall  darf  die  Mischung  bis  an  die  Füge  der  Blase  reichen?) 

Ist  alles : vorgerichtet  und  die  Mischung  kocht,  so  regulirt  man  das  Nach- 
tlie Isen  des  Weingeistes  durch  Drehung  des  Hahns  oder  Lüften  des  Stopfers 
so,  dals  das  Niveau  der  stark  kochenden  Flüssigkeit  immer  dasselbe  bleibt 
wenn  nur  Aether  und  Wasser  (mit  wenig  Weingeist)  übergeht,  welches 
der  Ball  ist,  wenn  das  Gemisch  aus  ungefähr  2 Theilen  concentrirter 
Schwefelsäure  und  1 Theil  Weingeist  von  0,84  besteht.  Die  Kühlapparate 
müssen  durch  laufendes  Wasser  beständig  möglichst  kalt  erhalten  werden. 
Bei  Anw  endung  einer  gläsernen  Vorlage  bedeckt  mau  diese  mit  FJiefspapier 
und  leitet  einen  Strahl  kaltes  Wasser  darauf,  oder  bedeckt  sie  im  Winter 
“ °”er  ^ch“^e.  (Büchner’ s Repertorium  für  die  Pharmacie  ßd.  7.  S. 

Anua,eu  Bd-  xx  S.  461.  und  Magazin  für  Pharmacie 
aa.  4+  & 148.)  Es  erzeugt  sich,  bei  gut  regierter  Arbeit,  auf  diese  Art 
immerfort  nur  Aetber  und  Wasser,  und  die  Schwefelsäure  läfst  sich,  so 
lange  man  will,  auf  Aether  benutzen,  ohne  merklichen  Verlust  zu  erlei- 
Geigers  Pharmacie , /.  (5 te  Auß.)  45 


Aether. 


698 

den.  — Die  Rectifikation  geschieht  im  Grofsen  am  vortheilhaftesten  in  einer 
gewöhnlichen,  wohlgereinigten  Destillirblase.  Man  lutirt  mit  Mandelkleie 
und  Blase,  legt  eine  geräumige,  mit  YorlegfSasche  versehene  Vorlage  luft- 
dicht an,  verbindet  die  Vorlegflasche  durch  2 Heber  (nach  S.  177)  mit  2 
kleinen  Flaschen,  von  denen  die  letztere  halb  mit  Weingeist  gefüllt  und 
nicht  lutirt  wird  (s.  Repertor.  f.  die  Pharm,  a.  a.  O.  S.  112).  Die  Destil- 
lation geht  bei  gelindester  Wärme  (Milchwärme)  äusserst  rasch,  das  Kühl- 
rohr  mufs  immer  mit  kaltem  Wasser  umgeben  seyn.  Nimmt  die  Wärme 
plötzlich  zu,  so  entfernt  man  schnell  alles  Feuer.  — Nach  dem  Erkalten 
bringt  man  das  mit  Kalkmilch  gereinigte  Abwaschwasser  in  die  Blase,  wenn 
man  nicht  das  ganze  Gemenge  einsetzte,  und  erhält  davon  noch  etwas 
Aether  und  ätherischen  Weingeist. 

Erklärung  s.  Zersetzungsprodukte  des  sauren  schwefelsauren  Aethyl- 
oxids. 

§.74.  Eigenschaften . Wasserhelle,  tropfbare,  sehr  be- 
wegliche Flüssigkeit,  von  0,7119  sp.  Gew.  bei  24°  (19.2°  R.), 
von  0,7154  bei  20°  (16°  R.),  von  0,7237  bei  12,5°  (tÖ°  11.); 
bricht  das  Licht  stark,  Nichtleiter  der  Electricität ; siedet  bei 
35,6°  C.  (28,4°  R.);  gefriert  bei  —31  bis  — 44°  C.,  bringt  beim 
Verdunsten  einen  hohen  Kältegrad  hervor.  Bläst  man  mit  einem 
Löthrohr  auf  einige  Tropfen  Aether,  unter  welchen  ein  Wassertropfen 
schwimmt,  so  gefriert  das  Wasser.  Riecht  angenehm,  durchdrin- 
gend ätherisch;  schmeckt  (durch  schnelle  Verdunstung)  küh- 
lend, durchdringend  gewürzhaft.  Höchst  verbrennlich.  Seine 
Dämpfe,  mit  Luft  oder  Sauerstoffgas  gemischt,  bilden  eia  höchst  gefähr- 
liches explosives  Gasgemenge.  Löst  sich  in  10  Th.  Wasser;  36  Th. 
Wasser  lösen  I Th.  Aether.  Mischt  sich  mit  Weingeist,  fetten 
und  ätherischen  öelen  in  jedem  Verhältnifs.  Beim  Zutritt  von 
Sauerstoff  (Aufbewahrung  in  lufthalteuden  Gefallen)  verwandelt  sich  der 
Aether  theilweise  in  Wasser  und  Essigsäure,  die  mit  einer  andern  Portion 
eine  Verbindung  eingeht  oder  frei  wird;  sehr  oft  wird  die  saure  Reaction 
durch  schweflige  Säure  bedingt,  die  nach  und  nach  in  Schwefelsäure  über- 
gegangen ist,  oder  welche  von  Zersetzung  von  beigemischtem  ätherschwe- 
felsaurem Aetherol  herrührt.  Bei  einer  höheren  Temperatur  absorbiren  die 
Aetherdämpfe  mit  ausserordentlicher  Schnelligkeit  Sauerstoffgas , wodurch 
Essigsäure,  Ameisensäure  und  Lampensäure  (Aldehydsäure)  gebildet  wird, 
welche  letztere  sich  als  die  Augen  zu  Thränen  reizender  Dampf  und  durch 
ihren  erstickenden  Geruch  zu  erkennen  giebt.  Läfst  man  im  Dunkeln  Ae- 
ther auf  einen  heifsen  Ziegelstein  fallen,  so  werden  diese  Produkte  mit 
einer  schwachen  Lichterscheinung  gebildet.  Durch  eine  rothglühende  Glas- 
röhre getrieben  zerfällt  er  in  Aldehyd,  ölbildendes  Gas  und  Sumpfgas. 
Der  Aether  löst  %0  Schwefel  und  Vsr  Phosphor  auf.  Brom  und  lod  wer- 
den von  Aether  in  Menge  und  unter  Zersetzung  aufgenommen,  es  bildet 
sich  Brom-  uad  lod- Wasserstoffsäure  nebst  andern  nicht  untersuchten  Pro- 
dukten. Beim  Hindurchleiten  von  Chlorgas  durch  Aether  wird  er  augen- 
blicklich zersetzt;  bei  gewöhnlicher  Temperatur  entzündet  sich  jede  Blase 
Chlorgas  unter  Bildung  von  Chlorwasserstoffsäure  und  Abscheidung  von 
Kohle;  bei  niederer  Temperatur  wird,  neben  Chlorwasserstoffsäure,  unter 
andern  ein  flüssiges,  chlorhaltiges  Produkt  gebildet,  was  mit  Alkalien  sichi 
zerlegt  in  Chlorkalium  und  essigsaures  Kali.  (Malaguti. ) Wasserfreie 
Schwefelsäure  zerlegt  den  Aether  auf  zweierlei  Weise.  In  der  Kälte  wird 
durch  ihre  Wirkung  Isäthionsäure,  AUhionsäure,  schwefelsaures  Aethyl- 
oxid,  Aetherol,  saures  schwefelsaures  Aethyloxid  hervorgebracht,  in  derl 
Wärme  zerlegen  sich  diese  Produkte,  es  destillirt  schwefelsaures  Aethyl- 
oxid, Aetherol,  Wasser,  Aether,  begleitet  von  Essigsäure,  Ameisensäure,1 
Kohlenoxid,  schwefligsaurem  und  ölbildendem  Gas,  über. 

Salpetersäure  verwandelt  den  Aether  beim  Erwärmen  in  Aldehyd,! 
Essigsäure,  Ameisensäure,  Oxalsäure  und  Kohlensäure. 


Aether  phosphoratus. 


699 


Beim  Hinzutreten  von  2 At.  Sauerstoff  aus  der  Salpetersäure  zu  den  Elemen- 
ten des  Aethers  entsteht  1 At.  Aldehyd  und  2 At.  Wasser. 

— — 4 At.  Sauerstoff  — 1 At.  Essigsäure  u.  2 At.  Wasser. 

— — 8 At.  — — 2 At.  Ameisensäure  u.  3 At.  Wasser. 

— — 10  At.  — — 2 At.  Kleesäure  u.  5 At.  Wasser. 

— — 12  At.  — — 4 At.  Kohlensäure  u.  5 At.  Wasser. 

Salzsäuregas  wird  von  Aether  in  Menge  verschluckt;  wird  eine  con- 

centrirte  Auflösung  destillirt,  so  erhält  man  Aethylchlorür. 

Alkalien  üben  im  wasserfreien  Zustande  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
keine  Wirkung  auf  reinen  Aether  aus,  bei  Zutritt  von  Sauerstoff  und 
Feuchtigkeit  wird  der  Aether  braun,  und  man  findet  nach  einiger  Zeit  ei- 
nen Theil  des  Alkali’ s mit  Essigsäure  und  Ameisensäure  verbunden,  wel- 
che durch  Oxidation  gebildet  worden  sind;  die  braune  Materie  scheint 
durch  Zersetzung  von  Aldehyd  gebildet  zu  seyn. 

Kalium  und  Natrium  zerlegen  den  Aether  durch  Sauerstoffentziehung, 
wiewohl  sehr  unvollständig  und  langsam;  es  bilden  sich  hierbei  gasförmige 
und  ölartige  Kohlenwasserstoffverbindungen;  das  gebildete  Kaliumoxid, 
Natriumoxid,  geht  eine  salzartige  Verbindung  mit  unzersetztem  Aether 
ein.  Blei,  Zink  und  Eisen,  in  Berührung  mit  Aether  und  Sauerstoff,  ver- 
anlassen durch  Sauerstoffabsorbtion  die  Bildung  von  essigsauren  Salzen. 

Das  Aethyloxid  verbindet  sich  mit  Wasser  zu  Alkohol  (Aethyloxid- 
ihydrat),  mit  Säuren  zu  sauren  und  neutralen  Salzen.  Die  sauren  Salze 
nennt  man  gewöhnlich  Aether  säur  en , die  neutralen  zusammengesetzte 
Aether  arten. 

Prüfung  auf  die  Reinheit  des  Aethers.  Er  mufs  wasserhell  seyn  und 
den  reiuen  Aethergeruch  und  Geschmack  besitzen;  darf  Lackmus  nicht 
rötlien  und  mufs  das  angegebene  spec.  Gewicht  besitzen  (zum  pharmaceu- 
tischen  Gebrauch  0,73  bei  20°  C.  [16°  R.]),  darf  mit  Wasser  gemischt 
nicht  milchig  werden  und  sich  nicht  in  stärkerem  Verhältnifs  als  1 zu  10 
im  Wasser  lösen. 

Anwendung.  Der  Aether  wird  in  Tropfen  und  Mixturen  innerlich,  auch 
äusserlich  zu  Einreibungen  und  als  Erkältungsmittel  benutzt.  In  der  Phar- 
macie  hat  man  noch  Lösungen  von  Phosphor,  Iod,  Eisenchlorid  und  Am- 
moniak in  Aether. 

Aetherische  Phosphor lösung. 

Synonyme.  Aether  phosphoratus. 

In  der  Mitte  des  18ten  Jahrhunderts  wurde  die  Auflösung  des  Phos- 
phors in  Aether  als  Arzneimittel  eingeführt. 

§.  75.  Den  phosphorhaltigen  Aether  bereitet  man , indem 
nach  Buchhol % 60  Theile  wasserfreier  Aether  mit  i Th.  fein- 
gekörntem  Phosphor,  der  schnell  zwischen  Druckpapier  ge- 
trocknet wurde,  in  einem  verschlossenen  Gefäfse  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  y2  Stunde  geschüttelt  wird.  (Erwärmung  ver- 
hindert die  Löslichkeit  des  Phosphors,  und  bewirkt  Oxidation  desselben.) 

Die  Lösung  läfst  man  24  Stunden  an  einem  kühlen  Orte  ste- 
hen, und  giefst  das  klare  Flüssige  von  dem  ungelösten  Phos- 
phor ab.  Eben  so  verfährt  man  mit  gewöhnlichem  Aether  von 
0,73  spec.  Gewicht.  — Die  Eigenschaften  dieser  Verbindung 
sind:  Es  ist  eine  klare,  kaum  gelblich  gefärbte  Flüssigkeit, 
welche  neben  dem  Geruch  von  Schwefeläther  den  von  phos- 
phoriger  Säure  verbreitet,  im  Dunkeln  leuchten  die  Dämpfe. 

— Mit  siedendem  Wasser  in  Berührung  gebracht  entzündet  er  sich.  — 

Nach  Buchholz  löst  1 Theil  wasserleerer  Aether  y8o  Phosphor, 
gewöhnlicher  Aether  aber  nur  Vs4o«  Die  Lösung  zersetzt  sich  bald 
unter  Bildung  von  Phosphorsäure , daher  sie  nie  lange  vorräthig  bereitet 
werden  darf. 


700 


A 1 ko  hei. 


Mediciniscke  Anwendung . Der  phosphorhaltige  Aether  wird  innerlich 
und  äusserlich  als  Arzneimittel  verwendet.  Da  Wasser  die  Verbindung 
zerlegt,  so  vermeide  man,  dasselbe  beizumischen.  Gewöhnlich  glaubt 
inan,  der  Phosphor  sey  weit  löslicher  in  Aether,  und  verschreibt  yao  bis 
Vio  in  Aether  zu  lösen.  Allein  der  Arzt  erhält  keine  gesättigtere  Verbin- 
dung als  oben  angegeben  wurde. 

Aetherische  lodlösung. 

lodhaltender  Aether  (Aether  iodatus).  Ein  Theil  Iod  wird  in  10  Th.  | 
Aether  gelöst.  Eine  dunkelbraune  Flüssigkeit,  riecht  nach  den  Bestand- i, 
theilen. 

Ammoniakhaltiger  Aether. 

Ammoniakhaltiger  Aether  (Aether  ammoniacatus)  wird  nach  de v schwe- 
dischen Pharmacopoe  bereitet,  wenn  ein  Gemenge  von  gleichen  Theileni 
Salmiak,  Kalkhydrat,  Wasser  und  Aether  bei  gelinder  Wärme  der  De- 
stillation unterworfen  wird.  Wasserhelle  Flüssigkeit. 

Aetherische  lodquecksilberlösung. 

Solutio  Iodeti  Hydrargyrici  in  Aethere  nach  Magendie.  Man  löst  Ij 
Th.  Quecksilberiodid  (Quecksilber  im  Maximo)  in  12  Th.  Aether. 

Aetherische  Eisenchloridlösung. 

1 Theil  Eisenchlorid  löst  sich  leicht  in  4 Theilen  Aether.  Wird  was- 
serhaltiges Eisenchlorid  mit  Aether  geschüttelt,  so  entzieht  derselbe  dem 
Wasser  diese  Verbindung.  Die  Auflösung  ist  goldgelb.  Dem  Lichte  aus-, 
gesetzt  wird  sie  farblos  unter  Abscheidung  alles  Eisens  in  Form  von  kri-l 
stallinischem  Eisenchlorür.  Die  rückständige  Flüssigkeit  ist  reich  an  freier! 
Salzsäure,  sie  enthält  Aethylchlorür  (Chlorwasserstoffsäureäther) , eine 
andere  chlorhaltige  Verbindung,  und  giebt  beim  Abdampfen  eine  braune, 
harzähnliche,  in  Aether,  nicht  in  Weingeist,  Wasser  und  Terpentinöl, 
lösliche  Masse. 

Aethyloxid  und  Wasser. 

Alkohol , Aethyloxidhydrat.  Formel:  C4  Hi2  02  = AeO  + aq. 

1 At.  Aethyloxid  m 468,14 

1 At.  Wasser  = 112,48 

1 At.  Alkohol  = 580,62 

Bildung.  Bei  langer  Berührung  von  Aether  und  Wasser  vereinigen; 
sich  beide  direkt  zu  Alkohol;  augenblicklich  geht  diese  Verbindung  vor; 
sich,  wrenn  beide  in  dem  Moment  miteinander  Zusammentreffen,  wo  sie; 
aus  irgend  einer  andern  Verbindung  frei  werden;  namentlich  geschieht  dies 
beim  Erhitzen  der  sauren  Aethyloxidsalze  mit  Wasser;  bei  Zersetzung  der' 
neutralen  Aethyloxidsalze,  der  Haloidverbindungen  des  Aeth3rls,  mit  Al- 
kalihydraten ; bei  Destillation  der  Doppelsalze  des  Aethyloxids  mit  Kalk 
bei  niederer  Temperatur;  bei  der  eigentümlichen  Zersetzung  der  Zucker- 
arten durch  die  geistige  Gährung.  (Siehe  Anhang  zu  den  Aetbyl verbin- i 
düngen.) 

§.76.  Darstellung . Durch  Destillation  aller  der  geisti-| 
gen  Gährung  unterworfenen  Flüssigkeiten  erhält  man  einen, 
mehr  oder  weniger  mit  Wasser  gemengten,  Alkohol,  dessen 
Gehalt  durch  das  specifische  Gewicht  oder  durch  die  gebräuch- 
lichen Alkoholometer  bestimmt  wird.  Branntwein  nennt  man 
eine  alkoholhaltige  Flüssigkeit,  welche  50  — 52  p.  c.  Alkohol 
enthält  (spec.  Gewicht  0,95  — 0,94  oder  10  Grade  nach  Becke 
18°  nach  Cartier .)  Rectificirter  Weingeist  mufs  66  — 70  p.  c 
(0,89  — 0,88  spec.  Gew.),  höchstrectificirter  Weingeist  9C 
p.  c.  (0,8«Ä— 841  spec.  Gew.)  Alkohol  enthalten.  (Diese  Be- 

f 11  fl,  ' 1 


Alkohol. 


701 


Stimmungen  beziehen  sich  auf  eine  Temperatur  von  60°  F.  = 
15,55°  C.  = 12,44°  R.)  Durch  wiederholte  Destillationen  er- 
hält man  ihn  von  diesen  Graden  der  Reinheit,  lieber  90  p.  c. 
hinaus  läfst  sich  der  Weingeist  durch  Destillation  nicht  ent- 
wässern ( wenn  man  das  darin  enthaltene  Wasser  nicht  in  ei- 
nen Zustand  versetzt,  in  welchem  es  bei  dem  Siedepunkte  des 
Alkohols  seine  Verdampfbarkeit  verliert). 

Reinen  Alkohol  erhält  man  durch  Sättigung  von  90pro- 
centigem  Weingeist  mit  geschmolzenem  Chlorcalcium  und  De- 
stillation dieser  Auflösung.  Das  Wasser  bleibt  in  Verbindung  mit 
Chlorcalcium  zurück.  Gebrannter  Kalk,  geglühte  Pottasche  können  eben- 
falls angewendet  werden.  Oder  man  bringt  nach  Graham  zwei  Schalen, 
die  eiue  mit  1 Tlieil  Weingeist  von  90  p.  c. , die  andere  mit  3 Th.  ge- 
branntem Kalk  unter  die  Luftpumpe,  exautlirt  bis  der  Weingeist  anfängt 
zu  sieden,  und  überläfst  das  Ganze  einige  Tage  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur sich  selbst.  Füllt  man  eine  reine  Ochsen-  oder  Schweinsblasc  mit 
Weingeist  von  90  p.  c.  und  hängt  sie  über  ein  warmes  Sandbad  einige  Tage 
auf,  so  findet  man  ihn  bis  zu  96  — 98  p.  c.  verstärkt.  Wasser  befeuchtet 
und  durchdringt  uemlich  die  Blase  und  verdunstet  auf  der  Aussenseite, 
Weingeist  befeuchtet  sie  nicht;  es  geht  hierbei  % Alkohol  verloren,  in- 
dem durch  die  Poren  des  oberen,  nicht  mit  Flüssigkeit  gefüllten,  Theils 
der  Blase  Alkoholdampf  entweicht. 

Der  Alkohol , welcher  aus  Kartoffel-,  Getreide-  oder  Wein-Branntwein 
dargestellt  worden  ist,  erhält  vom  beigemischten  sog.  Fuselöl  einen  ei- 
genthümlichen  Beigeruch;  er  wird  davon  im  Kleinen  am  besten  durch  Rec- 
tifikation  über  etwas  Kalihydrat  ( Gabel , J.  L.)  oder  durch  Digestion  des 
Branntweins  mit  grobgepulverter,  frischgeglühter  Holzkohle  (Fichten-  oder 
Lindeukohle)  in  der  Kälte  befreit. 

$J.  77.  Eigenschaften.  Tropfbare,  leicht  bewegliche,  sehr 
dünne,  wasserhelle  Flüssigkeit  von  0,792 — 0,791  ( bei  16°  R. 
= 20°  C.  = 68°  F.),  von  0,7947  (bei  12°R.  = 15°  C.).  Siedet 
bei  62°  R.  ( Velin  und  Fuchs ) = 77,32°  C.,  bei  78,41  C.  = 
62,5°  R.  £ Üay-Lussac } bei  28"  B.  Bei  den  höchsten  bis 
jetzt  hervorgebrachten  Kältegraden  wird  reiner  Alkohol  nicht 
fest.  (Spec.  Gewicht  des  Dampfes  siehe  Tabelle.)  Bricht  das  Licht 
stark,  leitet  nicht  die  Elektricität.  Riecht  angenehm,  durch- 
dringend, wirkt  stark  berauschend.  Leicht  entzündlich,  lie- 
fert beim  Verbrennen,  bei  hinreichendem  Sauerstoffzutritt, 
Kohlensäure  und  Wasser;  bei  Mangel  an  Sauerstoff  setzt  die 
Flamme  Rufs  ab.  Der  Alkohol  zieht  mit  grofser  Begierde 
Wasser  aus  der  Luft  an,  er  entzieht  wasserhaltigen  thierischen 
Materien  das  Wasser  (sie  schrumpfen  zusammen:  Anwendung  zur  Auf- 
bewahrung anatomischer  Präparate).  Wasser  und  Alkohol  verbin- 
den sich  mit  einander  unter  Wärmeentwickelung,  mit  Schnee 
vermischt  entsteht  ein  hoher  Kältegrad,  das  Volumen  der  Mi- 
schung ist  kleiner  als  das  ursprüngliche  Volumen  der  beiden 
Flüssigkeiten.  Die  stärkste  Zusammenziehung  findet  statt  bei 
dem  Verhältnifs  von  1 Atom  Alkohol  (580,625  Th.)  mit  6 At. 
Wasser  (674,88  Th.).  100  Vol.  dieser  Mischung  enthalten 
53,939  Vol.  Alkohol  und  49,836  Wasser.  103,735  haben 
sich  mithin  auf  100  zusammengezogen.  Spec.  Gewicht  dieser 
Mischung  bei  10°  C.  (129  R.)  = 0,927. 


702 


lodtinctur. 


Der  Siedepunkt  einer  Mischung  von  Alkohol  mit  Wasser 
steigt  mit  dem  Wassergehalt  bis  zu  einer  gewissen  Gränze. 
Weingeist  von  94  p.  c.  besitzt  denselben  Siedpunkt  wie  reiner 
Alkohol,  Weingeist  von  96  — 99  p.  c.  siedet  bei  einer  etwas 
niedrigeren  Temperatur,  woher  es  kommt,  dafsbei  Darstellung 
von  reinem  Alkohol  die  ersten  Portionen  wasserhaltig  sind, 
während  wasserfreier  später  übergeht. 

üeber  den  Gehalt  des  wässerigen  Weingeistes  an  Alkohol  siehe  di© 
Tabelle  am  Ende  des  Buches. 

Die  Reinheit  und  Güte  des  Weingeistes  hängt  von  seinem  specifischen 
Gewicht  ab.  Er  mufs  ferner  wasserklar  und  fuselfrei  seyn  (das  Fuselöl 
entdeckt  sich  auch  beim  Zumischen  von  weifsem  Vitriolöl  , welches  den 
fuselölhaltigen  Weingeist  roth  färbt.  — Nach  Vogel  ist  Silbersolution  noch 
empfindlicher  gegen  Fusel  und  andere  ätherische  Oele  in  Weingeist;  eine 
solche  färbt'  sich  damit  im  Sonnenlicht  bald  roth,  während  ganz  reiner 
Weingeist  unverändert  bleibt) ; überhaupt  keinen  Beigeruch  haben , nicht 
sauer  oder^/ basisch  reagiren,  und  mufs  sich  beim  Erhitzen  leicht  und  ohne 
Rückstand  verflüchtigen.  Branntwein  wird  zuweilen  mit  scharfen  Substan- 
zen, spanischem  Pfeffer,  oder  betäubenden  Stoffen,  Kokkelskörnern  u.  s. 
w.,  verfälscht.  Dies  giebt  schon  der  scharfe  oder  widerlich  bittere  Ge- 
schmack, besonders  nach  dem  Verdampfen  des  Weingeistes,  zu  erkennen. 
Kupfergehalt  entdeckt  Hydrothionsäure.  (Ueber  einen  Zinngehalt  des  in 
zinnernen  Flaschen  auf  bewahrten  Weingeistes  s.  Magazin  für  Pharmacie 
Bd.  31.  S.  227.)  Göhel  kocht  Branntwein  mit  Aetzkali,  auf  1 Unze  etwa 
4 Gran,  bis  auf  % Rückstand  rasch  ein,  übergiefst  dann  den  Rückstand 
mit  verdünnter  Schwefelsäure,  wo  sich  Fuselgeruch  (so  wie  überhaupt 
jeder  Beigeruch  des  Branntweins)  entwickeln  wird. 

Man  wendet  den  Weingeist  häufig  in  der  Pharmacie  an.  Der  recti- 
ficirte  dient  zur  Bereitung  der  Tincturen  (S.  152),  geistiger  Lösungen  (S. 
150),  der  geistigen  Wässer  (S.  178)  und  aromatischen  Geister  (S.  179) 
ii.  s.  w.  Der  höchst-rectificirte  wird  zu  ähnlichen  Zwecken  benutzt,  zu 
Lösungen  reiner  Harze,  Oele,  Darstellung  der  Aetherarten  u.  s.  w.  — 
Absoluter  Weingeist  wird  zur  Darstellung  einiger  organischen  Alkalien, 
und  als  Reagens  (auf  die  Aechtheit  des  Ricinusöls  u.  s.  w.)  gebraucht. 

Der  Weingeist  verschluckt,  wie  das  Wasser,  mehrere  Gasarten.  — 
Absoluter  Alkohol  löst  etwas  Phosphor,  %40,  und  Schwefel  J/J00.  Die 
Verbindungen  sind  nicht  officinell.  Büchner  schlägt  aber  die  Phosphor- 
lösung anstatt  des  phosphorhaltigen  Aethers  vor  (Repert.  für  die  Pharmacie 
Bd.  8.  S.  368). 

Weingeist  und  Ammoniak. 

§.  78.  Weingeist  absorbirt  viel  Ammoniakgas  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur.  — Ein  Gemisch  von  i Theil  Salmiak- 
geist und  2 Th.  höchst-rectifieirtem  Weingeist  ist  der  offici- 
nelle  weinige  Salmiakgeist  ( Liquor  Ammoniaci  vinosus , Spirit, 
sal.  Ammoniac.  vinos.). 

Weingeist  und  lod. 
lod- Tinktur.  ( Tinctura  lodi.J 

§.  79.  Der  Weingeist  löst  lod  schon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  in  bedeutender  Menge.  — Zum  pharmaceutischen 
Gebrauch  werden  48  Gran  lod  in  einer  Unze  durch  Schütteln 
gelöst.  — Eine  dunkelblaue  Tinktur.  Riecht  nach  lod,  schmeckt 
widerlich  herb  nach  lod.  — Zusatz  von  viel  Wasser  scheidet  den 
gröfsten  Theil  lod  wieder  ab.  Verwandelt  sich  mit  der  Zeit  zum  Theil 
in  Hydriodnaphtha. 

Anwendung ; Innerlich,  aber  mit  Vorsicht.  Wirkt  leioht  giftig. 


' K a 1 i i i n c t u r. 


703 


Weingeist  und  Kali. 

Kalitinktur  ( Tinctura  kalina). 

Synonyme.  Scharfe  oder  tartarisirte  Spiefsglanztinktur,  Weinsteinsalz- 
Tinktur  (Tinctura  Antimonii  acris  seu  tartarisata,  Tinctura  salis  Tartari). 

üasilius  Valentinus  kannte  schon  im  löten  Jahrhundert  die  tartarisirte 
Spiefsglanztinktur,  welche  mit  der  von  Hoffmann  1722  eingeführten  schar- 
fen Spiefsglanztinktur  übereinkoinmt.  — Man  bereitete  sie  durch  Digeriren 
des  Rückstandes,  welcher  beim  Verpuffen  von  gleichen  Theilen  Salpeter 
und  Spiefsglauzmetall  erhalten  wird,  mit  Alkohol.  Da  jedoch  hiebei  vom 
Alkohol  keine  Antimontheile,  sondern  nur  Kali  aufgenommen  wird,  so 
löst  man  jetzt  letzteres  geradezu  in  Weingeist.  (Vergl.  jedoch  hierüber 
Hermbstiidt  im  Berliner  Jahrbuch  der  Pharmacie  Bd.  32.  S.  43.  und  Klauer 
Ann.  d.  Pharm.  XIV.  S.  270.) 

Jj,  80.  Die  Kalitinktur  bereitet  man,  indem  1 Theil  trock- 
nes  Aetzkali  mit  6 Theilen  höchst-rectificirtem  Weingeist  in 
gelinder  Wärme  digerirt  wird,  bis  sich  nichts  mehr  löst.  Gutes 
geschmolzenes  Aetzkali  löst  sich  in  Weingeist  schon  durch  blofses  Schüt- 
teln in  einigen  Stunden  unter  beträchtlicher  Erwärmung.  Man  wendet  aber 
bei  Bereitung  der  Kalitinktur  Wärme  am,  um  ihr  Farbe  zu  -geben , was 
unnöthig  und  im  Grunde  zweckwidrig  ist.  Die  klare  Flüssigkeit  wird 
vom  Bodensatz  abgegossen  und  in  wohlverschlossenen  Ge- 
fäfsen  aufbewahrt.  — Es  ist  eine  helibräunliche  Flüssigkeit, 
die  mit  der  Zeit  immer  dunkler  wird  (indem  das  Kali  zerlegend  auf 
den  Weingeist  wirkt,  wodurch  Aldehydharz,  Essigsäure  und  Ameisensäure 
erzeugt  wird);  riecht  nach  Weingeist,  schmeckt  und  wirkt  sehr 
ätzend  alkalisch.  — Die  Bestandtheile  erhellen  aus  dem  An- 
gegebenen. 

Die  Güte  der  Tinktur  besteht  in  ihrem  Gehalt  an  Alkohol  und  Aetz- 
kali. Ersteren  giebt  der  Geruch , die  Eutzündlichkeit  u.  s.  w.  zu  erken- 
nen, letzteres  wird  ausser  dem  Geschmack  (indem  man  die  Tinktur  mit 
viel  Wasser  verdünnt)  durch  Säurezusatz  bestimmt,  von  welchen  die  ge- 
hörige Menge  neutralisirt  werden  mufs.  Die  Farbe  allein  entscheidet  nichts. 

Anwendung.  Die  Spiefsglanztinktur  wird,  mit  vielem  Wasser  verdünnt, 
innerlich  gegeben.  Sie  verträgt  keine  Säuren  und  zerlegt  fast  alle  Salze, 
ausgenommen  kalihaltige. 

Gegen  Natron  verhält  sich  der  Weingeist  wie  gegen  Kali.  Die  Ver- 
bindung ist  nicht  officinell. 

Die  erdigen  Alkalien  (S.  197)  sind  schwerlöslich  oder  unlöslich  in 
Weingeist. 

§.  81.  Der  Weingeist  absorbirt  ferner  die  meisten  Gase, 
ähnlich  dem  Wasser.  Er  nimmt  von  manchen  weit  mehr  auf 
als  das  Wasser,  z.  B.  von  Sauerstoff,  Stickoxidul,  Kohlen- 
säure, öl  bildendem  Gas  u.  s.  w.  Er  löst  ferner  viele  Salze. 
Von  den  anorganischen  sind  (bis  auf  einfach  kohlensaures  Kali)  alle 
an  der  Luft  zerfiiefsliche  in  Weingeist  leichtlöslich  (Scheidung 
derselben  von  andern  durch  Weingeist);  ferner  die  Schwefellebern. 
— Der  absolute  Alkohol  geht  nach  Graham  mit  mehreren  in 
demselben  leichtlöslichen  Salzen  feste  kristaliisirbare  Verbin- 
dungen nach  stöchiometrischen  Verhältnissen  ein,  ähnlich  wie 
Wasser  als  Hydrat-  und  Kristallisations-Wasser,  und  bildet 
damit  Atkoholate.  (Vergl.  Magaz.  f.  Pharm.  Bd.  28.  S.  337.)  Doch 
sind  diese  Verbindungen  meistens  leicht  zerlegbar.  — Die  mei- 
sten organischen  Säuren  sind  in  Weingeist  löslich.  Sehr  viele 


704 


A etherhaltiger  Weingeist. 


organischsaure  Salze  mit  anorganischen  Salzbasen , auch  sol- 
che, die  nicht  zerfliefslich  sind,  lösen  sich  leicht  in  Weingeist. 
— Mehrere  Lösungen  der  Art  sind  officinell,  wie  die  Lösung 
der  Oelnatron-Seife  in  Weingeist,  Seifenspiritus  (Spiritus  sa~ 
poms),  der  Talgseife  in  Alkohol,  Opodeldoc.  — Die  Vorschriften 
zur  Bereitung  dieser  Lösungen  sind  in  den  Dispensatorien.  Der  Wein- 
geist ist  das  beste  Lösungsmittel  der  Aetherarten , der  ätheri- 
schen Oele  und  der  meisten  Harze.  In  geringerer  Menge  löst 
er  die  Fette.  Der  wässerige  Weingeist  löst  die  Fette  nicht, 
dagegen  löst  er  leicht  den  sogenannten  Extractivstoff,  welcher 
zuweilen  (im  unreinen  Zustande?)  in  absolutem  Weingeist  un- 
löslich ist,  ferner  den  Zucker  u.  s.  w.  Alkohol  löst  ferner 
mehrere  stickstoffhaltige  indifferente  Stoffe,  wie  Piperin,  Caf- 
fein  u,  s.  w. , und  alle  organische  Salzbasen. 

Aether  und  Weingeist. 

Aether  haltig  er  Weingeist  £ Spiritus  vini  aether  eusj. 

Synonyme.  Schwefeläther- Weingeist,  Hoffmann’s  schmerzstillende 
Flüssigkeit,  Hoffmännische  Tropfen  (Spiritus  sulphurico-aethereus,  Liquor 
anodinus  mineralis  Hoffmanni'). 

Die  Geschichte  des  Schwefelätherweingeistes  fällt  mit  der  des  Aethers 
zusammen.  Hofpmann , der  in  der  ersten  Hälfte  des  18ten  Jahrhunderts 
lebte , trug  vieles  zu  seiner  Bekanntmachung  bei.  Daher  er  nach  ihm  be- 
nannt wurde. 

§.  82.  Den  ätherhaltigen  Weingeist  erhält  man  am  ein- 
fachsten durch  Vermischen  von  3 Theilen  fuselfreiem  Wein- 
geist mit  1 Theil  Aether.  Auch  bereitet  man  ihn  durch  De- 
stillation eines  Gemisches  von  1 Theil  Vitriolöl  und  4 Theilen 
Weingeist,  wobei  man  wie  bei  der  Aetherbereitung  nach  äl- 
terer Angabe  verfährt.  Das  Destillat  wird  auf  die  beim  Aether 
angegebene  Art  gereinigt  und  rectiflcirt. 

§.  83.  Die  Eigenschaften  des  ätherhaltigen  Weingeistes 
sind  denen  des  Aethers  ähnlich,  nur  riecht  und  schmeckt  er 
etwas  weniger  nach  Aether,  zugleich  nach  Weingeist,  ist  et- 
was weniger  flüchtig;  mit  gleichen  Theilen  Wasser  vermischt 
scheidet  er  etwas  Aether  ab,  in  jedem  gröfsern  Verhältnifs  ist 
er  mit  Wasser  ohne  Trübung  mischbar.  Sein  spec.  Gewicht 
beträgt  0,8^0  bis  0,825. 

Seine  Prüfung  erhellt  aus  den  angegebenen  Eigenschaften.  Er  mufs 
rein  nach  Aether  und  Weingeist,  nicht  fuselig  oder  schwefelicht  riechen, 
nicht  Lackmus  röthen.  Mit  Wasser  vermischt  darf  er  nicht  milchig  wer- 
den, und  schweres  Oel  absondern;  mufs  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
leicht  und  vollständig  verflüchtigen.  Wird  er  mit  seinem  gleichen  Volumen 
essigsaurer  Kalilösung  (aus  gleichen  Theilen  Salz  und  Wasser  bereitet) 
geschüttelt,  so  mufs  sich  der  vierte  Theil  als  Aether  absondern. 

Die  Hoffmännischen  Tropfen  werden  wie  der  Aether  angewendet. 

Aether , Weingeist  und  Eisenchlorid. 

Eisenchloridhaltiger  Aetherweingeist  f Spiritus  vini  aethereus 

martiatus 

Synonyme:  Eisenhaltiger  schmerzstillender  Liquor,  Bestuscheff’s  Ner- 
ventinktur,  de  Lamotte’s  Goldtropfen  (Spiritus  sulphurico-aethereus  mar- 
Hiatus,  Liquor  anodinus  martiatus,  Tinctura  tonico-nervina  Bestuscheffiy . 


Eisenchloridhaltiger  Aetherweingeist.  705 

Diese  Composition  wurde  1725  von  Bestuscheff  erfunden  und  als  Ge- 
heimmittel verkauft.  De  Lamotte  erhielt  das  Geheimnifs  vou  eiuem  Labo- 
ranten bei  Bestusclieff , und  verbreitete  es  in  Frankreich.  Man  glaubte 
lange,  die  Tinktur  sey  goldhaltig,  bis  die  russische  Kaiserin  Katharina 
das  Geheimnifs  den  Erben  BestuschefFs  abkaufte  und  die  Bereitung  bekannt 
machen  liel's.  Die  Originalvorschrift  ist  äusserst  umständlich  und  langwie- 
rig. Klaproth , Bucholt, , Trommsdorff  u.  A.  verbesserten  und  vereinfach- 
ten die  Darstellung  dieses  Mittels. 

§.  84.  Der  eisenchloridhaUige  Aetherweingeist  wird  am 
einfachsten  auf  folgende  Art  bereitet.  Gleiche  Theile  an  der 
Luft  'zerflossenes  Eisenchlorid  (Eisenöl)  und  Aether  werden  1 
bis  2 Stunden  anhaltend  geschüttelt  und  die  wässerige  Flüs- 
sigkeit durch  einen  Scheidetrichter  von  dem  eisenhaltigen  Ae- 
ther getrennt.  Oder  man  löst  i Theil  wasserfreies  oder  was- 
serhaltiges kristallisirtes  Eisenchlorid  in  4 Th.  Aether  durch 
anhaltendes  Schütteln,  und  trennt  die  durch  Absetzen  klar  ge- 
wordene Flüssigkeit  von  dem  Ungelösten.  Dieser,  auf  eine 
oder  die  andere  Art  erhaltene  Eisenchlorid  haltende  Aether 
wird  mit  2 Theilen  Weinalkohol  vermischt,  und  in  verschlos- 
senen, weifsen,  etwas  hohen,  engen  Gläsern  so  lange  den 
Sonnenstrahlen  ausgesetzt,  bis  die  Flüssigkeit  ganz  entfärbt 
und  völlig  wasserklar  ist. 

Erklärung.  Die  entfärbte  Auflösung  enthält  die  Produkte,  welche 
durch  die  gegenseitige  Zersetzung  des  Eisenchlorids  mit  Aether  entstehen 
(s.  ätherische  Eisenchloridlösung).  Durch  den  zugesetzten  Weingeist  wird 
eine  Portion  Eisenchiorür  in  Auflösung  behalten. 

§.85.  Die  Eigenschaften  des  eisenchloridhaltigen  Aether- 
weingeistes  sind : Er  ist,  frisch  bereitet,  eine  farblose  Flüssig- 
keit, erhält  aber  mit  der  Zeit,  an  einem  dunkeln  Orte  aufbe- 
wahrt, wenn  das  Gefäfs  öfters  geöffnet  wird,  eine  schöne  gold- 
gelbe Farbe  5 hat  neben  dem  ätherischen  einen  starken  eisen- 
haften Geschmack;  verhält  sich  sonst  wie  ätherhaltiger  Wein- 
geist. — Be slandf heile:  Eisenchiorür,  Aether,  Weingeistund 
etwas  Salzäther  (Aldehyd). 

Prüfung  auf  seine  Reinheit  und  Güte.  Er  mufs  entweder  wasserhell 
oder  goldgelb,  nicht  braungelb , gefärbt  seyn;  darf  keinen  ocherartigen 
Bodensatz  fallen  lassen,  welches  der  Fall  ist,  wenn  er  nicht  dem  Lichte 
ausgesetzt  wurde,  und  keine  freie  Salzsäure  enthält.  Der  Geschmack 
desselben  mufs  ätherisch  und  herb  eisenhaft,  nicht  sauer,  seyn;  wässerige 
Alkalien,  damit  geschüttelt,  müssen  einen  weifsen  oder  schmutzig  blau- 
grünen, keinen  gelben,  Niederschlag  veranlassen.  Hydrothionsäure  darf 
ihn,  wenn  er  mit  wenig  Säure  versetzt  wurde,  nicht  dunkel  färben. 

Medicinische  Anwendung.  Der  eisenchlorid haltige  Aetherweingeist  wird 
innerlich  in  Tropfen,  auch  Mixturen  beigemischt,  gegeben.  Darf  nicht  mit 
Substanzen  vermischt  werden,  welche  mit  Chlor  unlösliche  Verbindungen 
bilden  und  die  Eisenoxidsalze  zerlegen. 

Die  Lösung  des  Sublimats  in  Aether  wird  auch  als  Arzneimittel  an- 
gewendet. 

Der  Aether  löst  auch  andere  Chlormetalle,  wie  Chlorzink,  Chlorgold 
u.  s.  w.  Bis  jetzt  ist  sonst  keine  derartige  Verbindung  officinell.  Sie  las- 
sen sich  aber,  wenn  sie  verordnet  werden,  am  einfachsten  durch  unmit- 
telbares Lösen  des  Chlormetalls  in  Aether  darstellen.  Insofern  nämlich 
diese  Verbindungen  in  Aether  löslich  sind. 


706 


Aethylchlorür, 


§.  86.  Der  Aether  löst  ferner  viele  Substanzen,  welche 
in  Weingeist  löslich  sind,  wie  einige  organische  Säuren,  Es- 
sigsäure, Gallussäure,  Benzoesäure,  Oel-  und  Talg-Säure: 
ätherische  Oele  und  Fette,  Wachs,  viele  Harze;  mehrere  in 
Weingeist  lösliche  Harze  (sogenannte  Halbharze?)  sind  in 
Aether  unlöslich,  dagegen  andere,  die  in  Weingeist  unlöslich 
sind,  sich  in  Aether  lösen.  Auch  manche  organische  Salzbasen 
sind  in  Aether  löslich,  andere  darin  unlöslich.  Dient  darum  zur 
Ausscheidung  derselben  und  zur  Trennung  der  löslichen  von  den  unlös- 
lichen. 

Die  Säuren  zerlegen  das  Hydrat  des  Aethers  (den  Alko- 
hol); die  Sauerstoffsäuren,  indem  sie  sich  mit  dem  Aether  ver- 
binden, die  Wasserstoffsäuren,  indem  sie  den  Aether  (das 
Aethyloxid)  zerlegen;  in  dem  erstem  Falle  entstehen  saure 
Salze,  in  dem  andern  Verbindungen  des  Aethyls  mit  den  Ra- 
dikalen der  Wasserstoffsäuren.  Mit  Kalium  und  Natrium  zu- 
sammengebracht, wird  das  Hydratwasser  des  Alkohols  zerlegt, 
es  entwickelt  sich  Wasserstoffgas  und  es  entsteht  Kalium-  und 
Natriumoxid,  die  mit  dem  Aether  kristallisirbare  Verbindungen 
bilden. 

Aethyl  und  Chlor. 

Aethylchlorür.  Formel:  C4Hi0Cl2=Ae,  Cl2> 

1 At.  Aethyl  = 368,14 

1 Aeq.  Chlojr tz:  443,65 

1 At.  Aethylchlorür  810,70 

Synon.  Chlorvvasserstoffäther , leichter  Salzäther  oder  leichte  Salz- 
uaphta  (Aether  hydrochloricus , muriaticus , Naphta  muriatica). 

Bildung.  Entsteht  überall,  wo  Salzsäure  mit  Alkohol  oder  Aether 
zusammenkommt,  ferner  bei  Destillation  vieler  leicht  zersetzbarer  Chloride, 
wie  Antimonchiorür  und  -Chlorid,  Zinnchlorid,  Platinchlorid  mit  Alkohol 
etc. ; in  den  letzteren  Fällen  ist  dem  Aethylchlorür  stets  Aldehyd  beige- 
mischfc;  bei  Destillation  von  Salzsäure  mit  essigsaurem,  oxalsaurem  und 
anderen  Aethyloxidsalzen. 

§.  87.  Bar  Stellung.  Man  sättigt  Alkohol  mit  gasförmiger 
Chlorwasserstoffsäure  und  destilfiri  im  Wasserbade.  Das  über- 
gehende Produkt  wird  durch  eine  Röhre  in  eine  zweihalsige 
Flasche  geleitet,  welche  etwas  Wasser  enthält  und  mit  Was- 
ser von  §0  — 25°  umgeben  ist;  die  andere  Oeffnung  steht  mit- 
telst einer  zweiten  Röhre  mit  einem  mit  Eis  umgebenen  Kühl- 
apparat in  Verbindung.  Oder  man  giefst  in  einen  Destillir- 
apparat  eine  Mischung  von  3 Theilen  Schwefelsäure -Hydrat 
und  2 Theilen  Alkoholauf  4 Th.  geglühtes  Kochsalz,  und  ver- 
fährt auf  dieselbe  Weise.  Wenn  man  das  erhaltene  Produkt 
in  der  mit  Eis  umgebenen  Flasche,  worin  es  aufgefangen 
wurde,  eine  Zeitlang  mit  groben  Stücken  Chforealcium  in  Be- 
rührung läfst,  so  wird  das  Aethylchlorür  wasser-  und  wein- 
geistfrei;  man  giefst  es  nach  24  Stunden  in  kleine  wohlzuver- 
schliefsende  Giasgefäfse  ab,  die  man  auf  dem  Stöpsel  stehend 
aufbewahrt. 

§.  88.  Eigenschaften.  Farblose  Flüssigkeit,  von  durch- 
dringend gewürzhaft,  etwas  knoblauchartigem  Geruch,  von 


Aethylbromür. 


707 


0,874  spec.  Gewicht  bei  5°,  siedet  bei  11°,  röthet  nicht  Lack- 
mus, löst  sich  in  24  Th.  Wasser,  die  Auflösung  schmeckt 
kühlend  gewürzhaft,  trübt  nicht  salpetersaures  Silberoxid, 
leicht  entzündlich,  mit  leuchtender  Flamme,  mit  grünem  Saum 
und  Ausstofsung  von  Salzsäuredämpfen  verbrennend  \ zerlegt 
sich,  durch  eine  glühende  Röhre  geleitet,  in  gleiche  Raum- 
theile  ölbildendes  Gas  und  Salzsäure,  sein  Dampf  mit  Chlorgas 
gemischt,  zuerst  24  Stunden  im  Dunkeln  gelassen,  sodann 
dem  Sonnenlicht  ausgesetzt,  wird  davon  zersetzt  in  Kohlen- 
stoffchlorid (C4  Cl12)  und  Salzsäure  ( Laurent ).  Mit  Alkalihy- 
draten längere  Zeit  in  Berührung,  zerlegt  er  sich  in  Chlor- 
metall  und  in  Aethyloxidhydrat  (Alkohol).  Mit  Weingeist  in 
allen  Verhältnissen  mischbar. 

Aethyl  und  Brom. 

Aethylbromür.  AeBr2. 

Synon.:  Bromwasserstoffsäureäther.  Von  Sertdlas  entdeckt. 

Bar  Stellung : Man  löst  1 Th.  Brom  in  4 Th.  Alkohol,  bringt  diese  Auf- 
lösung in  eine  tubulirte  Retorte,  welche  mit  einem  guten  Kühlapparat  in 
Verbindung  steht,  und  setzt  nun  % von  dem  Gewichte  des  Broms  Phosphor 
hinzu.  Nachdem  die  starke  Wärmeentwickeluog  bei  der  Auflösung  des 
Phosphors  nachgelassen  hat,  destillirt  man  in  gelinder  Warme.  Zusatz  von 
Wasser  zu  dem  Destillate  scheidet  den  Aether  ab.  Eigenschaften  : Farblose, 
wasserhelle,  sehr  flüchtige  Flüssigkeit,  von  durchdringend  ätherartigem 
Geruch  und  Geschmack,  schwerer  wie  Wasser,  mit  Alkohol  und  Aether  in 
allen  Verhältnissen  mischbar,  durch  Berührung  mit  Wasser  nicht  zersetzbar. 

Aethyl  und  lod. 

Aethyliodür.  Ael2. 

Synon. : Iodwasserstoffäther.  Entdeckt  vou  Gay-Lussac. 

Bar  Stellung : Beim  Sättigen  von  Alkohol  mit  lodwasserstoffsäure  und 
Destillation,  oder  durch  Anwendung  von  Iodphosphor  und  Alkohol,  wie 
bei  der  vorhergehenden  Darstellung,  wird  diese  Verbindung  erhalten.  Ei - 
genschaften : Farblose  Flüssigkeit,  von  durchdringend  ätherartigem  Ge- 
ruch; siedet  für  sich  bei  71,5°,  mit  Wasser  zum  Aufwallen  erwärmt  steigt 
die  Temperatur  desselben  nicht  über  64,8°  C.;  spec.  Gewicht  bei  32,3°  = 
1,9206 ; schwierig  entzündlich,  (sein  Dampf,  durch  ein  glühendes  Porzellan- 
rohr geleitet,  wird  zersetzt  in  Kohle,  lod  und  einen  neuen,  nicht  unter- 
suchten Körper,  welcher  lod  und  Kohlenstoff  enthält , wenig  flüchtig  und 
in  Wasser,  Säuren  und  Alkalien  nicht  löslich  ist).  Das  Aethyliodür  be- 
netzt nicht  Glas,  wird  bei  der  Einwirkung  der  Luft  rotk,  unter  Absatz 
von  lod.  Mit  Alkohol  und  Aether  mischbar. 

Bei  der  Bildung  des  Aethyl-Bromürs  und  -Iodiirs  mit  Brom-  oder  Iod- 
Phosphor  zerlegt  sich  das  letztere  mit  dem  Wasser  des  Aethyloxidhydrats 
in  eine  Phosphorsäure  und  Brom-  und  lodwasserstoffsäure , die,  mit  dem 
Aether  des  Alkohols  im  Entstehungsmoment  zusammenkommend  , sich  da- 
mit in  Wasser  und  in  die  Haloide  des  Aethyls  zerlegen,  oder  der  Phosphor 
oxidirt  sich  auf  Kosten  des  Sauerstoffs  des  Aethers  und  giebt  ein  Aequiva- 
lent  Brom  oder  lod  an  das  Aethyl  ab.  3 At.  Alkohol  mit  1 At.  Phosphor- 
iodiir  werden  in  letzterem  Falle  geben  1 At.  Phosphorigesäurehydrat  und 
3 At.  Aethyliodür  3AeO,  3aq  -1-  P2I6  rzr  3AeI2  -4-  Pa03  -f-  3aq. 

Aethyl  und  Schwefel. 

Aethylsulfür.  AeS. 

Schwefelwasserstoffsäureäther.  Soll  sich  nach  Böbereiner  bilden  beim 
Auflösen  von  Schwefeleisen  in  Alkohol , der  mit  salzsaurem  Gas  gesättigt 


708 


Mercaptan. 


ist.  Beim  Zusatz  von  Wasser  wird  er  aus  der  Flüssigkeit  gefällt.  Nach 
Löwig  soll  er  durch  Destillation  von  trocknem  Schwefelkalium  (KS), 
Schwefelbariuni  (BaS)  mit  ätherschwefelsaurem  Kali  entstehen.  Da  aber 
beide  Chemiker  keine  der  physikalischen  Eigenschaften  dieses  Körpers  an- 
geben (spec.  Gewicht,  Siedepunkt  etc.),  und  seine  chemischen  sehr  ähnlich 
der  folgenden  Verbindung  sind,  so  bedarf  ihre  Existenz  einer  weiteren 
Bestätigung. 

Aethylsulfür  - Schwefelwasserstoff , Mercaptan. 

Entdeckt  von  Zeise . Formel:  AeS,  SH*. 

Darstellung.  Eine  concentrirte  Auflösung  von  schwefelsaurem  Aethyl- 
oxidkalk,  von  1,28  spec.  Gewicht,  vermischt  man  mit  einer  Kalilauge  von 
gleicher  Stärke , die  man  vorher  mit  Schwefehvasserstoffsäure  vollkommen 
gesättigt  hat  und  destillirt  im  Wasserbade  mit  sorgfältiger  Abkühlung.  Das 
erhaltene  Destillat  wird  beim  Vorhandenseyn  von  freiem  Schwefel  Wasser- 
stoff, Weingeist  und  Wasser  durch  Rectifikation  über  etwas  Quecksilber- 
oxid und  Stehenlassen  über  Chlorcalcium  gereinigt. 

Eigenschaften.  Farblose,  ätherartige,  wasserklare,  leichtflüssige  Flüs- 
sigkeit von  durchdringend  unangenehmem,  zwiebelartigem  Geruch,  siedet 
bei  36°,2  (nach  Zeise  bei  62  — 63°),  von  0,842  spec.  Gewicht  bei  15°, 
von  0,835  bei  21°;  höchst  entzündlich,  mit  blauer  Flamme  verbrennend; 
mit  Weingeist  und  Aether  mischbar,  in  Wasser  in  geringer  Menge  löslich, 
ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben,  erstarrt  bei  einem  hohen  Kältegrad  zu 
einer  blätterig  kristallinischen  Masse.  Schwefel,  Phosphor  und  Iod  lösen 
sich  darin  auf. 

Der  chemische  Charakter  dieser  Verbindung  ergiebt  sich  aus  ihrer 
Constitution;  es  ist  die  dem  Alkohol  eorrespondirende  Schwefelverbindung 
Alkohol  = AeO  + OH* 

Aethj'lsulfür-SchwefelwasserstofF  zr:  AeS  -4-  SH* 

Wie  in  den  Hydraten  von  Basen  spielt  in  dem  Alkohol  das  Hydrat- 
wasser die  Rolle  einer  schwachen  Säure;  in  dem  Mercaptan  ist  dieses 
Wasser  durch  seine  eorrespondirende  Schwefclverbindung,  durch  Scbwe- 
fel wasserstoffsäure , ersetzt.  Beim  Zu^ammenbringen  von  Schwefeläthyl- 
Schwefelw  asserstofF  mit  Metalloxiden  wird  der  Wasserstoff  des  Schwefel- 
wasserstoffs ersetzt  durch  ein  Aequivalent  von  Metall,  es  entstehen  Schwe- 
felmetalle, Welche  mit  dem  Aethylsulfür  festere  oder  schwächere  Verbin- 
dungen eingehen.  Es  entstehen  analoge  Verbindungen,  wenn  der  Schwe- 
felwasserstoff (die  Säure)  darin  ersetzt  wird  durch  eorrespondirende  saure 
Sulfide,  aber  die  Verbiudungsfähigkeit  der  Basis  (des  Aethylsulfiirs ) mit 
den  Schwefelmetallen,  welche  den  Schwefelwasserstoff  ersetzen  sollen, 
nimmt  in  dem  nämlichen  Verhältuifs  ab,  als  der  Charakter  derselben  sich 
mehr  dem  der  Basen  selbst  nähert.  Kali  und  Natronhydrat  haben  auf  Ae- 
thylsulfür-Schwefehvasserstoff  keine  bemerkbare  Einwirkuug,  Quecksilber- 
und  Goldoxid  werden  davon  unter  heftiger  Wärmeentwickelung  in  Schwe- 
felmetalle verwandelt,  die  eine  salzartige  Verbindung  mit  dem  Schwefel- 
äthyl bilden;  sie  werden,  mit  Ausnahme  des  Aethylsulfür-Goldsulfids,  durch 
Schwefelwasserstoffsäure,  als  dem  stärkeren  sauren  Sulfid,  wieder  zerlegt, 
indem  dieses  unter  Abscheidung  von  Schwefelmetall  an  seine  Stelle  tritt. 

Bildung.  Schwefelsaurer  Aethyloxid-Kalk  zerlegt  sich  mit  Schwefel- 
wasserstoff-Schwefelkalium  io  schwefelsaures  Kali,  schwefelsauren  Kalk 
und  Schwefeläthyl- Schwefelwasserstoff.  Das  Kalium  in  dem  Schwefel- 
wasserstoff-Schwefelkalium tritt  an  die  Stelle  des  Aethyls  in  dem  schwe- 
felsauren Aethyloxid-Kalk,  das  Aethyl  nimmt  seinen  Platz  in  der  ersten 
Verbindung  ein. 

Schwefelwasserstoff,  Schwefelkalium  und  schwefelsaurer  Aethyloxid-Kalk 
SH*  -f-  SK  2S03  4-  AeO  -+-  CaO 

geben 

Schwefelwasserstoff,  Schwefel- Aethyl  und  schwefelsaures  Kali  und  Kalk 
SH*  -h  SAeO  SSO,  •+•  KO  -H  CaO 


709 


* 


Schwefeläthyl  Verbindungen. 

Verbindungen  des  Schwefeläthyls. 

Sie  werden  im  Allgemeinen  gebildet  durch  direktes  Zusammenbringen 
der  wässerigen  oder  weingeistigen  Losung  des  Aethylsulfür-Schw  efelwasser- 
stoffs  mit  den  entsprechenden  Metalloxiden  , mit  deren  Chloriden  oder  mit 
ihren  Sauerstoffsalzen.  Der  Sauerstoff  des  Metalloxids  verbindet  sich  mit 
dem  Wasserstoff  des  Schwefelwasserstoffs,  damit  Wasser  bildend,  während 
das  Metall  an  seine  Stelle  tritt.  Die  Verbindungen  des  Aethylsulfürs  mit 
Kalium-  und  Natrium -Sulfür  können  nur  durch  direktes  Zusammenbringen 
von  Kalium  und  Natrium  mit  Aethylsulfür- Schwefelwasserstoff  gebildet 
werden,  es  entwickelt  sich  in  diesem  Falle  Wasserstoffgas  und  es  ent- 
stehen weifse  kristallinische  Verbindungen  von  Aethylsulfür  mit  Schwefel- 
kalium oder  -Natrium,  die  durch  W7asser  augenblicklich  wieder  in  Kali 
und  Aethylsulfiir-Schwefelwasserstoff  zerlegt  werden. 

Alle  Verbindungen  des  Aethylsulfürs  mit  Schwefel- Blei , -Kupfer, 
-Quecksilber,  -Gold  sind  unzerlegbar  durch  Alkalien  und  die  meisten  Säu- 
ren;'sie  sind  im  Wasser  unlöslich. 

Aethylsulfür -Schwefelblei,  Bleimercaptid.  AeS,  PbS.  Citrongelbe 
Nadeln  und  Blättchen. 

Aethglsulfür-Schwefelquecksilber , Quecksilbermercaptid.  AeS,  HgS. 
Weifse,  kristallinische,  fettig  anzufühlende  Masse,  schmelzbar  bei  85  — 87° 
zu  einer  klaren  Flüssigkeit,  löslich  in  siedendem  Alkohol  und  daraus  kri- 
stallisirbar,  wird  bei  der  trocknen  Destillation  zersetzt  unter  Bildung  von 
Zinnober,  metallischem  Quecksilber  und  einer  farblosen,  flüchtigen,  nicht 
untersuchten  Flüssigkeit. 

Aethylsulfür-Schwefelyold.  AeS,  Au2S.  Farbloser,  dicker,  gallert- 
artiger Niederschlag.  Liefert  bei  der  Destillation  eine  farblose  , nicht  un- 
tersuchte Flüssigkeit,  unter  Abscheidung  von  sehr  wenig  Schwefel  und 
metallischem  Gold. 

Aethylsulfid. 

Bei  Destillation  von  höheren  Schwefelungsstufen  des  Kaliums  (nament- 
lich KS5 ) und  Bariums  mit  schwefelsaurem  Aethyloxid- Kali  erhält  man 
neben  Aethylsulfür- Schwefelwasserstoff,  einen  andern,  bei  weitem  we- 
niger flüchtigen,  Körper,  den  Zeise  Thialöl  nennt,  und  von  wrelchem  er 
es  wahrscheinlich  gemacht  hat,  dafs  es  eine  Verbindung  des  Aethyls  mit 
3 At.  Schwefel  ist. 

Aethyls  elenür. 

Soll  nach  Löivig  durch  Destillation  von  Selenkalium  mit  schwefelsau- 
rem Aethyloxid-Kaii  gebildet  werden  können. 

Aethylcyanür . 

Cyanwasserstoffsäureäther.  Ae,  Cy2.  Entdeckt  von  Pelouze.  Mail 
unterwirft  ein  trocknes  Gemenge  von  gleichen  Theilen  schwefelsaurem 
Aethj'loxidkali  mit  Cyankalium  einer  gelinde  steigenden  Wärme.  Das  er- 
haltene Produkt  wird  bei  gelinder  Wärme  über  Chlorcalcium  rectificirt. 
Eigenschaften : Farblose  Flüssigkeit  von  durchdringendem  Knoblauchgeruch, 
siedet  bei  82°;  spec.  GeAvicht  0,7;  wird  durch  Quecksilberoxid,  nicht  durch 
Alkalien,  zerlegt;  sehr  giftig,  brennbar,  mischbar  mit  Alkohol  und  Aether, 
löslich  in  geringerer  Menge  in  Wasser.  Bildung : Das  Aethyloxid  in  dem 
Schwefelsäuren  Aethyloxidkali  zerlegt  sich  mit  Cyankalium  in  Kali , was 
sich  mit  der  Schwefelsäure  verbindet,  und  Aethylcyanür,  wras  überdestillirt. 

Aetliylschwefelcyanür. 

Bei  Destillation  von  Schwefelcyankalium  mit  einem  Gemenge  von  Schwe- 
felsäure und  Alkohol  erhält  man  eine  unerträglich  riechende,  schwere. 
Ölartige  Flüssigkeit , während  im  Rückstand  sclwefelsaures  Kali  und  Am- 
moniak bleibt.  Diese  Flüssigkeit  scheint  frei  von  Stickstoff,  nemlich  einer 
Cyan  Verbindung,  zu  seyn. 


710 


Aethyloxidsalze. 


Aethyloxidsalze . 

§.  89.  Das  Acthyloxid  (der  Aether)  bildet  mit  den  Säuren 
saure  und  neutrale  Salze,  ln  Beziehung*  auf  seine  Fähigkeit, 
die  Säuren  zu  neutralisiren , folgt  es  den  allgemeinen  Ge- 
setzen der  Sättigungscapacität  der  Säuren. 

Die  neutralen  AelhyloxidSalze  sind  ohne  Reaction  auf 
Pflanzenfarben.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  anorganischen 
Salzen  dadurch,  dafs  die  Säure  oder  das  Aethyloxid  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  darin  nicht  ersetzbar  sind  durch  an- 
dere Säuren  oder  durch  Metalloxide,  wenn  sie  mit  andern  an- 
organischen Salzen  vermischt  werden.  (Oxalsaures  Aethyloxid 
giebt  mit  einer  weingeistigen  Auflösung  von  Chlorcalcium  keinen  Nieder- 
schlag von  oxalsaurem  Kalk  etc.) 

§.  90.  Bei  Berührung  mit  den  Hydraten  der  Alkalien 
werden  sie  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  schneller  in  der 
Wärme,  zerlegt,  indem  sich  das  Alkali  mit  der  Säure  verbin- 
det; der  freigewordene  Aether  vereinigt  sich  in  diesem  Falle 
mit  dem  Hydratwasser  des  AJkali’s  zu  Alkohol. 

§.  91.  Manche  von  diesen  neutralen  Salzen  werden  durch 
Alkalien  und  Metalloxide  nur  zur  Hälfte  zersetzt,  so  dafs  sich 
Doppelsalze  bilden,  welche  Aethyloxid  und  eine  metallische 
Basis  enthalten.  Alle  bis  jetzt  bekannten  Doppelsalze  dieser 
Art  sind  im  Wasser  löslich,  sie  besitzen  in  Beziehung  auf  den 
Zustand  der  einen  Base  des  Aethyloxids  den  nemlichen  Cha- 
rakter wie  die  neutralen  Salze,  so  dafs  also  die  Säuren  durch 
die  gewöhnlichen  Reactionen,  welche  den  anorganischen  Ver- 
bindungen angehören,  nicht  nachgewiesen  werden  können. 
Sie  sind  in  diesem  Verhalten  ähnlich  den  Doppelsalzen,  welche 
Chromoxid  und  andere  Basen  mit  Kleesäure  bilden,  in  welchen 
die  Kleesäure,  z.  B.  durch  Kalksalze,  nicht  angezeigt  wird. 
In  diesen  Doppelsalzen  läfst  sich  das  Metalloxid  vertreten  durch 
andere  Metalloxide,  es  kann  denselben  durch  stärkere  Affini- 
täten entzogen  werden,  in  diesem  Falle  wird  es  ersetzt  durch 
ein  Aequi valent  von  Wasser,  und  es  entstehen  die  sogenann- 
ten sauren  Aethyloxidsalze. 

Die  sauren  Aethyloxidsalze  besitzen  im  concentrirten  Zu- 
stande eine  gewisse  Beständigkeit ; sie  lassen  sich  auf  100° 
erhitzen  ohne  Veränderung,  manche  davon,  deren  Säuren 
nicht  oder  nur  wenig  flüchtige  Hydrate  bilden,  zerlegen  sich 
bei  einer  höheren  Temperatur  in  Aether,  der  sich  abscheidet, 
und  in  das  Hydrat  der  Säure,  was  zurückbleibt;  werden  diese 
sauren  Salze  mit  vielem  Wasser  verdünnt,  so  zerlegen  sie 
sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  noch  schneller  in  der  Wär- 
me, es  entsteht  ein  Hydrat  der  Säure  und  der  sich  abschei- 
dende Aether  vereinigt  sich  mit  Wasser  zu  Weingeist. 

§.  92.  Wird  concentrirtes  saures  schwefelsaures  Aethyl- 
oxid mit  Lösungen  der  Hydrate  vieler  andern  Säuren  erwärmt, 
so  ist  es  meistens  der  Fall,  dafs  sich  diese  andern  Säuren  mit 
dem  Aethyloxid  des  sauren  Salzes  verbinden  zu  einem  neutra- 


Saures  Schwefels.  Aethyloxid. 


711 


Jen  Salz,  währen i ein  Hydrat  der  Schwefelsäure  zurückbleibt. 

(Schleimsäure,  Oelsäure,  Talgsäure,  mit  einer  Mischung  von  Schwefelsäure 
und  Alkohol  giebt  schleimsaures,  ölsaures,  talgsaures  etc.  Aethyloxid.) 

§.  93.  Werden  die  coneentrirten  sauren  Aethyloxid  Verbin- 
dungen mit  andern  Salzen  der  Destillation  unterworfen,  deren 
Säuren  flüchtig  sind  und  flüchtige  Verbindungen  mit  Aethyloxid 
bilden,  so  verbindet  sich  die  Säure  des  Aethyloxidsalzes  mit 
der  Basis  des  andern  Salzes  und  das  Aethyloxid  geht  in  Verbin- 
dung mit  der  flüchtigen  Säure  über;  auf  diesem  Wege  werden 
alle  neutralen  Aethyloxidsalze  mit  flüchtigen  Säuren  dargestellt. 

(Saures  schwefelsaures  Aethyloxid  mit  essigsaurem  Kali,  ameisensaurem 
Kali,  der  Destillation  unterworfen,  giebt  neutrales  essigsaures,  ameisen- 
saures Aethyloxid  etc.  und  saures  schwefelsaures  Kali.) 

§.  91.  Die  neutralen  Doppelsalze  des  Aethyloxids , wenn 
sie  mit  manchen  Säuren  erhitzt  oder  der  Destillation  unterwor- 
fen werden,  zerlegen  sich  in  ein  saures  Salz  mit  metallischer 
Basis,  was  zurückbleibt,  während  der  Aether  mit  der  zuge- 
setzten Säure  eine  Verbindung  bildet.  (Schwefelsaures  Aethyl- 
oxid-Kali  giebt  mit  Oenanthsäurel^drat,  Essigsäurehydrat,  erwärmt, 
önanthsaures , essigsaures  Aethyloxid  und  im  Rückstand  saures  schwefel- 
saures Kali.) 

Benzoylchlorid  zerlegt  sich,  mit  Alkohol  erwärmt,  auf  Kosten  seines 
Hydratwassers  in  Salzsäure  und  in  Benzoesäure,  die  sich  mit  dem  frei- 
werdenden Aethyloxid  zu  neutralem  benzoesaurem  Aethyloxid  vereinigt. 

Aethyloxid  und  Schwefelsäure . 

Saures  schwefelsaures  Aethyloxid.  Aether  Schwefelsäure. 

Formel:  2S03,  AeO. 

2 At.  Schwefelsäure  ™ 1003,33 

1 At.  Aethyloxid = 468,14 

1 At.  saures  schwefelsaures  Aethyloxid  rz:  1470,47 

Die  neutrale.  Verbindung  des  Aethyloxids  mit  Schwefelsäure  ist  unbe- 
kannt. Die  saure  Verbindung,  bekannt  unter  dem  Namen  Wein - oder 
Aether  Schwefelsäure , erhält  man  direkt,  wenn  man  Aetherdampf  in  Schwe- 
felsäurehydrat leitet,  solange  derselbe  noch  aufgenommen  wird.  Wird 
diese  Mischung  nach  einigen  Stunden  mit  Wasser  vermischt,  so  scheidet 
sich  der  unverbundene  Aether  ab,  ein  anderer  bleibt  in  Verbindung  mit 
Schwefelsäure.  Das  wasserhaltige  saure  schwefelsaure  Aethyloxid  entsteht 
am  leichtesten  und  in  gröfster  Menge  beim  Erhitzen  einer  Mischung  von 
Schwefelsäurehydrat  mit  Alkohol. 

Hierbei  zerlegt  die  Schwefelsäure  den  Alkohol,  indem  sie  sich  mit 
dem  Aether  verbindet;  der  Wassergehalt  des  Alkohols  und  der  Schwefel- 
säure bleibt  mit  dem  gebildeten  sauren  schwefelsauren  Aethyloxid  vereinigt. 

Man  hat  die  Erfahrung  gemacht,  dafs  Schvvefelsäurehydrat,  welches 
mit  55  p.  c.  Wasser  (1  At.  wasserfreie  Säure  auf  4 At.  Wasser)  verdünnt 
worden  ist,  bei  gewöhnlicher  Temperatur  diese  Zersetzung  nicht  bewirkt, 
dafs  sie  hingegen  erfolgt,  wenn  diese  Mischung  zum  Sieden  erhitzt  wird. 

ä)  Man  hat  ferner  gefunden  , dafs  beim  Erkalten  dieser  Mischung  die 
Menge  des  gebildeten  sauren  Aethyloxidsalzes  wieder  abnimmt,  dafs  bei 
Verdünnung  derselben  mit  Wasser  das  saure  Salz  eine  weitere  Zerlegung 
erfährt, 

c ) In  diesem  Falle  scheidet  sich  das  Aethyloxid  wieder  von  der  Säure 
ab,  es  vereinigt  sich  wieder  mit  Wasser  zu  Alkohol. 

d)  Eine  Mischung  von  9 Th.  Schwefelsäurehydrat  mit  5 Th.  Weingeist 
von  85  p.  c.  Alkoholgehalt,  welche  bis  auf  ihren  Siedepunkt  erhitzt  wor- 


7i2 


Aeth  erb  il  düng. 


den  ist , enthält  genau  die  Bestandtheile  von  2 At . wasserfreier  Schwe- 
felsäure^ 1 At.  Aether,  oder  von  1 At.  wasserfreiem  saurem  schwefel- 
saurem Aethyloxid  mit  4 At.  Wasser. 

Nach  der  gewöhnlichen  Annahme  zerlegen  sich  die  2 At.  Schwefel- 
säurehydrat mit  1 At.  Alkohol  in  der  Weise,  dafs  nur  die  Hälfte  der  er- 
steren  eine  Verbindung  eingebt  mit  Aether,  so  dafs  demnach  eine  ver- 
dünnte Schwefelsäure  mit  4 At.  Wasser  und  auf  der  andern  Seite  wasser- 
freies saures  schwefelsaures  Aethyloxid  entsteht.,  es  wäre  ferner  hiernach 
die  Hälfte  des  Alkohols  frei  in  der  Mischung.  Beide  Voraussetzungen  sind 
gänzlich  unstatthaft. 

e)  Wenn  nemlich  das  saure  schwefelsaure  Aethyloxid  seinen  Doppel- 
salzen analog  zusammengesetzt  ist  (s.  §.  91.),  so  mufs  neben  dem 
Aethyloxid  noch  eine  gewisse  Menge  Wasser  die  Stelle  eines  zweiten 
Atoms  Basis  vertreten;  man  hat  ferner  aus  dem  Verhalten  der  Aether- 
mischungen  bei  der  Destillation  Grund  zu  glauben,  dafs  das  saure  schwe- 
felsaure Aethyloxid  zum  Wasser  eine  ebenso  grofse  Verwandtschaft  be- 
sitzt, als  die  Schwefelsäure  selbst,  die  einen  seiner  Bestandtheile  aus- 
macht.  In  diesem  Falle  müfste  aber  die  Mischung  eine  wasserhaltige 
Schwefelsäure  mit  weniger  als  4 At.  Wasser  enthalten,  und  eine  solche 
kann  neben  freiem  Alkohol  nicht  bestehen  ohne  ihn  zu  zerlegen,  d.  li. 
saures  schwefelsaures  Aethyloxid  zu  bilden  (siehe  «). 

f ) Eine  Mischung  von  100  Th.  Schwefelsäurehydrat , 48  Th.  Alkohol 
und  18%  Th.  Wasser  ( 2 At.  Schwefelsäure,  1 At.  Aether  und  6 At.  Wasser) 
siedet  z.  ß.  bei  140°.  Wäre  darin  nur  die  Hälfte  der  Schwefelsäure  als 
wasserfreies  saures  schwefelsaures  Aethyloxid  vorhanden , so  imifste  ein 
Hydrat  der  Schwefelsäure  mit  6 At.  Wasser  neben  freiem  Alkohol  sich  vor- 
finden ; eine  bis  zu  diesem  Punkt  verdünnte  Säure  kocht  aber  schon  bei  106°. 

</)  Leitet  man  durch  diese  beiden  Mischungen  einen  Strom  von  trocknem 
Chlorgas,  so  wird  keine  Salzsäure  gebildet.  Da  nun  der  freie  Alkohol 
bei  78°  C.  siedet  und  durch  Chlor  augenblicklich  zerlegt  wird  in  Salzsäure 
und  in  chlorhaltige  Produkte,  da  die  Aethyloxidsalze  hingegen  durch  Chlor 
keine  Veränderung  erfahren,  so  geht  aus  diesem  Verhalten  hervor,  dafs 
diese  Mischung  keinen  freien  Alkohol  enthält.  Da  nun  ferner  sich  in  die- 
ser Mischung  Aether  und  Schwefelsäure  in  dem  Verhältnifs  befinden,  wie 
in  dem  sauren  schwefelsauren  Aethyloxid,  so  folgt  daraus,  dafs  sie  keine 
freie  Schwefelsäure  enthalten  kann,  dafs  sie  also  als  eine  Verbindung  von 
saurem  schwefelsaurem  Aethyloxid  mit  Wasser  betrachtet  werden  mufs. 

h)  lieber  die  Temperatur  von  140°  erwärmt  zerlegt  sich  das  saure 
schwefelsaure  Aethyloxid  in  dieser  Mischung  in  Aether  und  W asser,  wel- 
che überdestilliren,  es  entsteht  ein  dem  Sieden  ähnliches  Aufwallen,  in- 
dem der  Aether  Gaszustand  annimmt.  W ird  derselben  Schwefelsäurehydrat 
zugesetzt,  so  mufs  die  Temperatur  auf  150  — 100°  gesteigert  werden,  ehe 
diese  Zersetzung  erfolgt.  Bei  einem  grofsen  Uebermaafs  von  Schwefel- 
säure schwärzt  sich  die  Mischung,  es  destilliren  nur  Spuren  von  Aether, 
der  gröfste  Theil  davon  wird  in  neue  Produkte  zerlegt. 

i)  Setzt  man  dieser  Mischung  Alkohol  zu,  so  destillirt  der  Alkohol  im 
wasserfreien  Zustande  wieder  ab,  bis  die  Temperatur  auf  126  — 127°  ge- 
stiegen ist,  wo  sich  neben  Alkohol  Spuren  von  Aether  entwickeln.  Die 
Zerlegung  des  sauren  Schwefelsäuren  Aethyloxids  fängt  also  an  bei  einer 
Temperatur  von  127°,  wenn  Alkohol  im  Uebermafs  vorhanden  ist.  Setzt 
man  derselben  so  viel  Wasser  zu,  dafs  ihr  Siedpuukt  unterhalb  126°  her- 
abfällt, so  erhält  man  bei  der  Destillation  keinen  Aether,  sondern  Alkohol. 

k~)  Leitet  man  durch  die  auf  140°  erwärmte  Aethermiscbung  einen 
Strom  trockner  Luft,  so  sinkt  der  Siedpunkt  bis  auf  134°,  bei  der  Ab- 
kühlung derselben  verdichtet  sich  kein  Aether,  sondern  Alkohol. 

Dieses  Verhalten  findet  in  dem  Folgenden  seine  Erklärung:  l)  lieber 
die  Temperatur  von  140J  hinaus  erlös zt  zerlegt  sich  das  saure  schwefel- 
saure Aethjdoxid  in  Aether,  der  sich  im  Gaszustande  abscheidet,  und  in 
Schwefelsäure,  die  sich  mit  dem  uuzerlegten  Theile  mischt. 

m)  Denkt  man  sich  jedes  Theilchen  des  wasserhaltigen  sauren  schwefel- 
sauren  Aethyloxids  aus  Aether,  wasserfreier  Schwefelsäure  und  Wasser 


Aetherbildung. 


713 


zusammengesetzt , so  ist  klar,  dafs  die  wasserfreie  Schwefelsäure  in  dem 
Moment,  wo  sie  sich  von  dem  Aether  trennt,  sich  alles  freien  oder  ge- 
bundenen Wassers  in  der  Umgebung  des  Aethers  bemächtigen  mufs. 

n)  In  dem  Augenblick  also,  wo  Aether  frei  wird,  hindert  ihn  die  gleich- 
falls freie  Schwefelsäure,  sich  mit  Wasser  zu  verbinden  und  damit  Alko- 
hol zu  bilden.  Wenn  aber  der  Aetherdampf  durch  das  unzerlegte  wasser- 
haltige saure  schwefelsaure  Aethyloxid  streicht,  so  mufs  in  dem  Aether- 
gase  eine  gewisse  Quantität  seines  Wassers  zum  Verdampfen  gebracht 
werden,  beide  vereinigen  sich  in  diesem  Falle  nicht  miteinander. 

Die  Oberfläche  der  wallenden  Flüssigkeit  besitzt  die  Temperatur,  bei 
welcher  sich  das  saure  schwefelsaure  Aethyloxid  zerlegt,  aber  bei  diesem 
Wärmegrade  ist  das  damit  verbundene  Wasser  nicht  feuerbeständig;  es 
entsteht  gleichzeitig  durch  Verdunstung  Wasser-  und  durch  Zersetzung 
Aether-Dampf , die  sich  zu  Alkohol  vereinigen,  da  sie  im  Entstehungsmo- 
ment miteinander  Zusammentreffen. 

Der  überdestillirende  Weingeist  rührt  also  von  der  Oberfläche  her, 
der  übergehende  Aether  und  das  Wasser  stammen  von  der  Zersetzung, 
die  im  Innern  der  Flüssigkeit  vor  sich  geht.  Hieraus  erklärt  sich,  warum 
man  keinen  Aether  erhält,  wenn  sich  die  Flüssigkeit  nicht  im  Aufwallen, 
gleichgültig  wie  hoch  ihre  Temperatur  sey,  befindet;  es  erklärt  sich  dar- 
aus ferner,  warum  man  nur  Weingeist  erhält,  wenn  durch  die  heifse 
Aethermischung  ein  Luftstrom  geleitet  wird,  indem  in  dem  Innern  der  Flüs- 
sigkeit dieselbe  Zersetzung  vor  sich  geht,  wie  an  der  Oberfläche. 

Mit  dem  Wassergehalte  des  sauren  schwefelsauren  Aethyloxids  mufs 
die  Tension,  d.  h.  die  Menge  des  bei  einer  bestimmten  Temperatur  durch 
Verdunstung  gebildeten  Wasserdampfes  zunehmen.  Ein  saures  schwefel- 
saures  Aethyloxid,  was  4 Atome  Wasser  enthält,  mufs  bei  140°  weniger 
Wasser  abgeben,  als  ein  anderes,  was  5 oder  6 Atome  enthält.  Hieraus 
erklären  sich  folgende  Erscheinungen: 

Bei  der  Destillation  der  angegebenen  Aethermischung,  welche  den  Pro- 
portionen nach  besteht  aus: 

2 At.  Schwefelsäure 
1 At.  Aether 

destillirt  bei  140°  Aether,  Wasser  und  Alkohol  über,  und  zwar  enthalten 
die  ersten  Portionen  auf  100  Aether  19  Wasser.  Das  specifische  Gewicht 
des  Destillats  ist  0,758.  Es  destillirt  also  weniger  Wasser  über  als  dem 
Verhältnifs  entspricht,  in  welchem  sich  beide  zu  Alkohol  vereinigen  (100 
Aether  auf  23,36  Wasser). 

Destillirt  man  eine  Mischung  von 
2 At.  Schwefelsäure  ) 100  Th.  Schwefelsäurehydrat 

1 At.  Aether  f ==  48  Th.  AJkohol 

5 At.  Wasser  ) 18  % Wasser 

so  besitzt  das  übergehende  Destillat  ein  spec.  Gewicht  von  0,778  und 
enthält  auf  100  Aether  21,43  Wasser. 

Wird  eine  Mischung  von 

2 At.  Schwefelsäure  ) 100  Th.  Schwefelsäurebydrat 

1 At.  Aether  > m 48  Th.  Alkohol 

6 At.  Wasser  ) 27  Th.  Wasser 

der  Destillation  unterworfen,  so  enthält  das  Destillat  Aether  und  Wasser 
im  Verhältnifs  wie  100  auf  22,  das  specifische  Gewicht  desselben  beträgt 
0,796  — 0,798.  Diefs  ist  aber  so  nahe  wie  möglich  das  spec.  Gewicht, 
welches  der  Alkohol  besitzt.  Wenn  also  in  dieser  Mischung  sich  3 At. 
Wasser  auf  1 At.  Schwefelsäure  befinden,  so  verdunstet  in  dem  frei  wer- 
denden Aetherdampf  ein,  seinem  Volumen  gleiches,  Volumen  Wasserdampf. 

Denken  wir  uns  nun  in  der  letzteren  Mischung  die  Hälfte  des  sauren 
schwefelsauren  Aethyloxids  zersetzt,  so  wird  sie  enthalten 

y ^At  SAether6*SäUre  f verbunden  zu  saurem  schwefelsaurem  Aethyloxid. 

1 At.  freie  Schwefelsäure, 
ö1/,  At.  Wasser. 

Geiger 's  Phnrmaeie.  /,  ( Ste  jiufl.) 


^ + 4 At.  Wasser, 


46 


714 


Aetherbildung. 


Weuu  wir  nun  % At.  Alkohol  derselben  wieder  zufliefsen  lassen , so  wird 
die  freie  Schwefelsäure  diesen  Alkohol  zerlegen.,  wir  werden  die  ursprüng- 
liche Mischung  wieder  haben,  nemlich 

2 At.  Schwefelsäure, 

1 At.  Aether, 

6 At.  Wasser. 

Diese  Mischling  wird  bei  der  Destillation  Aether  und  Wasser,  iip  Verhälfc- 
nifs  wie  im  Alkohol,  übergehen  lassen.  Es  ist  klar,  dafs  dieses  Verhält- 
nifs  in  keiner  Weise  sich  ändert,  wenn  in  dem  Grade  Alkohol  tropfen- 
weise zufliefst,  als  seine  Bestandteile,  nemlich  Aether  und  Wasser,  iiber- 
destilliren;  in  diesem  Falle  behält  die  Schwefelsäure  ihr  Vermögen,  den 
Alkohol  in  Aether  und  Wasser  zerfallen  zu  machen  bis  ins  Unendliche 
fort.  Bei  der  Aetherbereitung  wird  aber  kein  Alkohol , sondern  ein  was- 
serhaltiger Weingeist,  von  85  bis  90  p.  c.,  angewendet;  es  kommt  also 
mit  jedem  Tropfen  des  zufliefsenden  Weingeistes  mehr  Wasser  zur  Schwefel- 
säure, als  derp  obigen  Verhältnifs  (1  At.  Schw.  auf  3 At.  Wasser)  entspricht. 

Es  ist  nun  ervvähut  werden , dafs  eine  mit  4 At.  Wasser  verbundene 
Schwefelsäure  in  der  Wärme  das  Vermögen,  den  Alkohol  in  saures  schwe- 
felsaures Aethyloxid  zu  zerlegen,  noch  besitzt;  2 At.  Schwefelsäure  neh- 
men in  diesem  Falle  1 At.  Aether  auf,  und  das  entstandene  saure  schwe- 
felsaure Aethyloxid  enthält  9 At.  Wasser  (8  At.,  welche  die  Säure  ent- 
hält, und  1 At.  vom  Alkohol).  Aber  diese  Mischung,  welche  bei  134  bis 
137°  siedet,  liefert  keinen  Aether,  sondern  Alkohol. 

Ein  Schwefelsäurehydrat,  welches  auf  1 At.  Schwefelsäure  4 V*  At. 
Wasser  enthält,  siedet  für  sich  bei  134 — 136°,  nemlich  bei  dem  An- 
fangspunkt der  Zersetzung  des  sauren  schwefelsauren  Aethyloxids.  Es  ist 
also  klar,  dafs  wenn  diese  wasserhaltige  Säure,  mit  Aether  verbunden,  zum 
Sieden  erhitzt  wird,  dafs  gleichzeitig  an  allen  Punkten,  wo  durch  Zerlegung 
Aether  frei  wird,  auch  Wasserdampf  gebildet  wird.  Weno  aber  Wasser- 
und  Aetherdampf  im  Entstehungsmoment  Zusammentreffen,  so  vereinigen 
sich  beide  zu  Alkohol.  Ein  Wassergehalt,  welcher  auf  3 At.  Schwefel- 
säure 9 At.  Wasser  beträgt,  ist  mithin  die  Grenze  der  Verdünnung  des 
sauren  schwefelsauren  Aethyloxids,  über  welche  hinaus  beim  Sieden  kein 
Aether  mehr  erhalten  wird.  Bei  der  Aetherdarstellung  mit  wasserhaltigem 
Alkohol  wird  man  also  so  lange  Aether  erhalten,  bis  durch  den  Wasser- 
gehalt des  nachfliefsenden  Alkohols  eine  Mischung  entstanden  ist,  in  wel- 
cher auf  1 At.  Schwefelsäure  4*4  At.  Wasser  enthalten  sind. 

Die  Erfahrung  lehrt  nun,  dafs,  bei  Anwendung  von  einer  Mischung 
von  9 Th.  Schwefelsäure  auf  5 Th.  Weingeist  von  90  p.  c. , die  Aether- 
bildung  aufhört,  sobald  31  Th.  dieses  Weingeistes  nachgeflossen  sind;  mau 
bekommt,  wenn  man  mehr  nachflielsen  Iäfst,  Weingeist  begleitet  von 
höchst  geringen  Mengen  Aether. 

Wenn  man  nun  aunimmt,  dafs  der  ganze  Wassergehalt  dieses  Wein- 
geistes bei  der  Schwefelsäure  zuriickbleibt , während  Alkohol  (als  Aether 
uüd  Wasser)  überdestillirt,  so  enthält  bei  diesem  Punkte  die  rückbleibeodc 
Schwefelsäure  auf  1 At.  wasserfreier  Säure  etwas  mehr  wie  3 At.  Was- 
ser; da  nun  aber  im  Anfänge  <Jer  Destillation  mehr  Aether,  d.  h.  weniger 
Wasser,  übergeht,  als  dem  Verhältnifs  wie  im  Alkohol  entspricht,  so 
kann  man,  ohne  viel  zu  irren,  einen  Wassergehalt  von  3%  bis  4 At. 
Wasser,  auf  1 At.  Schwefelsäure,  als  die  durch  die  Erfahrung  festge- 
setzte Grenze  einer  vorteilhaften  Aetherbereitung,  betrachten.  Fifefst 
alsdann  kein  absoluter,  sondern  wasserhaltiger  Weingeist  weiter  zu,  so 
entsteht,  da  sich  diese  Flüssigkeiten  nicht  augenblicklich  an  allen  Punkten 
vollkommen  mischen  können,  an  einzelneu  Stellen  eine  Mischung,  welche 
4%  At.  Wasser  auf  1 At.  Schwefelsäure  enthält,  die,  vvie  bemerkt,  beim 
Sieden  keinen  Aether  mehr  liefert. 

Durch  Zusatz  von  einem  Uebermafs  von  Schwefelsäurehydrat  zu  der 
Acthermischung,  wird  die  Zersetzung  des  sauren  schwefelsauren  Aethyl- 
oxids bis  zu  der  Temperatur  aufgehalten  und  verhindert,  wo  die  Elemente 
des  Aethyloxids  nnd  Schwefelsäure  auf  einander  wirken.  Diefs  ge- 


Doppelsalze  des  Schwefels.  Aethvloxids.  715 


schiebt  über  der  Temperatur  voa  Die  Hauptprodukte ; die  hierbei 

auftreten,  sind  schweflige  Säure,  ölbildendes  Gas , Wasser  und  Kohle;  in 
gewissen  Verhältnissen  bildet  sich  ebenfalls  Essigsäure,  bei  einem  grolsen 
Uebermals  von  Schwefelsäure  erhält  man  Spuren  von  Ameisensäure  und 
Kohlenoxidgas;  so  lange  sich  ölbildendes  Gas  entwickelt;  ist  keine  Spur 
von  Kohlensäuregas  nachweisbar.  Während  dieser  Zersetzung  entwickelt 
sich  ölbildendes  Gas  und  schweflige  Säure  zu  gleichen  Raumtheilen,  was 
den  Vorgang  hinreichend  aufklärt. 

Die  Elemente  von  1 At.  saurem  schwefelsaurem  Aethyloxid  vertheilen 
sich  in  folgender  Weise:  es  entstehen 

2 At.  schweflige  Säure  8a  04 

2 At.  ölbildendes  Gas  C3  H4 

3 At.  Wasser  H6  O, 

2 At.  Kohle  im  Rückstand  C3 

S2  C4  H10  Or 

Kohlenstoff  und  Wasser  sind  ferner  die  Elemente  der  Essigsäure , de- 
ren Bildung  eine  Verminderung  der  rückbleibenden  Kohlenmenge  veran- 
lassen mufs.  Durch  die  Einwirkung  der  freien  Schwefelsäure  im  Ueber- 
schufs  auf  Essigsäure  entsteht  Ameisensäure  und  schweflige  Säure;  und 
durch  die  Zersetzung  der  Ameisensäure  durch  überschüssige  Schwefelsäure 
Kohlenoxidgas. 

Es  ist  wahrscheinlich;  dafs  sich  bei  dieser  Zersetzung  die  Elemente 
der  Schwefelsäure  und  des  Aethers  zu  Aethion-  oder  Isäthionsäure  ordnen 
und  dafs  aus  der  weiteren  Zerlegung  derselben  die  genannten  Produkte 
hervorgehen ; Ettling  hat  wenigstens  in  dem  Rückstand  eine  Säure  gefun- 
den , welche  in  vielen  ihrer  Eigenschaften  mit  der  Isäthionsäure  überein- 
stimmt; allein  diese  Bildung  würde  die  Mengenverhältnisse  der  Produkte  nicht 
ändern.  In  geringer  Menge  erhält  man  hierbei  schwefelsaures  Aethyloxid- 
Aetherol;  dessen  Bildung  sich  leicht  erklärt;  da  es  die  Elemente  von  neu- 
tralem schwefelsaurem  Aethyloxid  minus  1 At.  Wasser  enthält.  Die  ira 
Rückstände  bleibende  Kohle  bildet;  ausgewaschen;  ein  stark  abfärbendes 
Pulver,  welches  trocken  erhitzt  Wasser;  später  Schwefel  liefert.  Der 
Schwefelgehalt  kann  demselben  durch  Alkalien  und  Schwefelkohlenstoff 
nicht  entzogen  werden. 

95.  Das  reinste  saure  schwefelsaure  Aethyloxid  erhält 
raanj  wenn  schwefelsaures  Aethyloxid-  Aetherol  mit  4 Th  eilen 
Wasser  gelinde  erwärmt  wird;  es  zerlegt  sich  in  diesem  Falle 
indem  sich  Aetherol,  in  Gestalt  eines  gelben  Oels;  abscheidet, 
während  saures  schwefelsaures  Aethyloxid  an  das  Wasser 
tritt.  Versetzt  man  eine  wässerige  Lösung  von  schwefelsau- 
rem Aethyl oxid-Baryt  so  lange  mit  verdünnter  Schwefelsäure, 
bis  aller  Baryt  gefällt  ist,  oder  zerlegt  man  eine  Auflösung  des 
schwefelsauren  Aethyloxid-Bleioxids  mit  Schwefelwasserstoff- 
säure, so  erhält  man  diese  Verbindung  ebenfalls. 

§.  96.  Eigenschafleti.  Sehr  sauer  schmeckende  Flüssig- 
keit, kann  im  verdünnten  Zustande,  weder  in  der  Wärme 
noch  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  ohne  Zersetzung  abge- 
dampft werden  (siehe  §.  90.  91.),  bildet  mit  Basen  eine  Reihe 
von  Doppelsalzen. 

Doppelsalze  des  schwefelsauren  Aethyloxids. 

Bei  der  Neutralisation  des  sauren  Schwefelsäuren  Aethyloxids  mit  Ba- 
sen entstehen  Doppelsalze,  welche  auf  2 At.  Schwefelsäure  1 At.  Aethyl- 
oxid und  1 Aeq.  der  zugesetzten  Basis  enthalten.  Sie  sind  ohne  Ausnahme 
in  Wasser  und  in  Weingeist  löslich;  woher  es  kommt;  dafs  die  Schwefel- 
säure in  diesen  Salzen  durch  die  gewöhnlichen  Reagentien  nicht  angezeigt 


716 


Doppelsalze  des  Schwefelsäuren  Aethyloxids. 


wird.  Setzt  inan  aber  zu  einer  Auflösung  von  einem  derselben  etwas  Salz- 
säure und  erhitzt  sie  zum  Sieden , so  entweicht  mit  den  Wasserdäinpfen 
Alkohol , und  in  der  rückständigen  Flüssigkeit  läfst  sich  die  freigewordene 
Schwefelsäure  nachweisen  Der  trocknen  Destillation  unterworfen  werden 
sie  zersetzt;  je  nach  der  Temperatur  entwickelt  sich  hierbei  schwefelsau- 
res Aethyloxid-Aetherol  und  Alkohol,  schweflige  Säure,  ölbildendes  Gas, 
und  es  bleibt  ein  schwefelsaures  Salz  mit  Kohie  gemengt.  Mit  trockncm 
Kalk  nicht  über  150°  destillirt,  zerlegen  sie  sich  gänzlich  in  sclrwefelsaur© 
Salze  und  in  die  beiden  ersteren  Produkte.  Mit  Schwefelsäure,  welche 
4 At.  Wasser  enthält,  destillirt,  liefert  das  Barytsalz  ein  Gemenge  von 
Aether  und  Alkohol.  Die  meisten  dieser  Doppelsalze  enthalten  Kristall- 
wasser, was  sie  bei  gewöhnlicher  Temperatur  im  luftleeren  Raume  über 
concentrirter  Schwefelsäure  vollständig  abgeben.  Das  einzige  Schwefel- 
säure Aethyloxidkali  kristallisirt,  ohne  Wasser  zurückzuhalten.  Beim  Ko- 
chen ihrer  concentrirten  Auflösungen  werden  sie,  obwohl  sehr  langsam, 
zersetzt;  es  entstehen  saure  schwefelsaure  oder  freie  Schwefelsäure  und 
neutrale  Schwefelsäure  Salze,  während  Alkohol  entweicht.  Mit  Kalk  oder 
Barythydrat  trocken  erhitzt,  zerlegen  sich  diese  Salze  in  neutrale  fixe 
schwefelsaure  Salze  und  in  Alkohol.  Chlorgas,  wras  durch  diese  Auflösungen 
geleitet  wird,  zerlegt  das  Aethyloxid  nicht,  es  wird  keine  Schwefelsäure 
in  Freiheit  gesetzt.  Mit  kaustischem  Kali  übersättigt,  kann  das  Kali  und 
Natronsaiz  gekocht  und  abgedampft  werden,  ohne  Veränderung.  Mit  den 
Hydraten  der  Alkalien  geschmolzen  wird  das  Aethyloxid  zerstört,  es  bleibt 
alle  Schwefelsäure  in  Verbindung  mit  dem  Alkali. 

Zur  Darstellung  dieser  Salze  wird  eine  siedendheifse  Mischung  von 
gleichen  Theilen  Schwefelsäurehydrat  und  Weingeist  von  85  p.  c.  mit 
Kalkmilch,  kohlensaurem  Baryt  oder  Bleioxid  gesättigt,  wobei  ein  lösliches 
Doppelsafz  von  schvvefelsaurein  Aethyloxid  mit  Baryt,  Kalk  oder  Bleioxid 
entsteht.  Wird  eins  dieser  Salze  vermittelst  kohlensaurem  Kali,  Natrou 
oder  Ammoniak  zerlegt,  so  erhält  man  die  correspondirenden  Doppelsalze 
mit  alkalischer  Basis.  Oder  mau  sättigt  das  reine  saure  schwefelsaure 
Aethyloxid  direkt  mit  den  andern  Metalloxiden,  oder  man  zerlegt  schwe- 
felsauren Aethyloxidbaryt  mit  löslichen  Schwefelsäuren  Salzen;  auf  die 
letztere  Art  stellt  mau  die  Doppelsalze  mit  Bittererde,  Maogauoxidul  etc. 
dar.  Da  die  übrigen  Eigenschaften  dieser  Salze  kein  specielles  luteresse 
darbieten,  so  halte  ich  die  Beschreibung  derselben  für  überflüssig. 

Schwefelsaures  Aethyloxid- Kali  ; 2S05,Ae0,K0  CMarchand ). 

Eigenschaften:  Farblose,  klare,  wasserfreie,  dem  chlorsauren  Kali  ähn- 
liche, Blätter  von  siifslich  salzigem  Geschmack,  luftbeständig,  in  seinem 
gleichen  Gewicht  Wasser  löslich,  löslich  in  Weingeist,  unlöslich  in  Al- 
kohol uud  Aether,  über  100°  erhitzt  wird  es  zerlegt  ohne  zu  glchmelzen. 

Schwefelsaurer  Aethyloxid- Baryt ; 2S03  , AeO  , BaO  -f-  Saq  CMar- 
chand).  Eigenschaften:  Glänzende,  durchsichtige , luftbeständige  Tafeln 
oder  rhombische  Prismen  von  scharf  salzigem  Geschmack,  löslich  in  sei- 
nem gleichen  Gewicht  Wasser,  unlöslich  in  kaltem,  wenig  löslich  in 
heifsem  Alkohol.  Verliert  bei  Behandlung  mit  kochendem  Alkohol  die 
Hälfte,  in  einem  trocknen  Luftstrom  bei  50°  oder  in  der  Leere  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  seinen  ganzen  Wassergehalt ; das  wasserhaltige 
Salz  zerlegt  sich  bei  100°,  das  wasserfreie  nicht. 

Schwefelsaurer  Aethyloxid-Kalk , 2S05,  AeO,  CaO  -f-  Saq  (Ä'erwWtfs,  ' 
Marchandj.  Eigenschaften:  Breite,  lange,  dünne,  sechsseitige  Blätter;  j 
4 Th.  Wasser  von  17°  lösen  5 Th.  Salz.  Löslich  in  der  Wärme  in  Alko-  ! 
hol,  liefert  bei  trockner  Destillation  neben  den  bekannten  Produkten  nach 
Marchand  einen  besonderen,  flüchtigen,  mit  Wasser,  Alkohol  und  Aether 
mischbaren  Körper  in  höchst  geringer  Menge. 

Schwefelsaures  Aetliyloxid-Bleioxid , neutrales ; 2S03 , AeO,  PbO  -4- 
2aq  C Dumas,  Marchandj.  Eigenschaften:  Grofse,  farblose,  durchsichtige 
Tafeln,  sehr  löslich  in  Wasser  uud  Alkohol,  von  saurer  Reaction;  zer- 
legt sich  allmählig  von  selbst,  dunstet  Aether  aus  und  wird  schmierig  von 
schwefelsaurem  Aethyloxid-Aetherol.  Basisches , 2S0s,  AeO,  2PbO 


Saures  phosphors.  Aethyloxid. 


717 


Durch  Digestion  des  neutralen  Salzes  mit  Bleioxid.  Unkristallinische,  weifso 
Masse,  sehr  löslich  in  Wasser  und  Alkohol,  ohne  Wirkung  auf  Pflanzen- 
farbeu,  liefert  bei  trockner  Destillation  Alkohol  und  schwefelsaures  Ae- 
tbyloxid-Aetherol , ohne  sonstige  Produkte. 

Aethyloxid  und  Phosphorsäure. 

Saures  phosphorsaures  Aethyloxid . Aetherphosphor säure. 

Formel:  PaOs,  AeO,  2H20. 

1 At.  Phosphorsäure  892,28 

1 At.  Aethj'loxid  =r  468,14 

2 At.  Wasser  zzz  224,96 

1 At.  saures  phosphorsaures  Aethyloxid  1585,38 

Wenn  man  das  Hydrat  der  Phosphorsäure  mit  Alkohol  mischt,  so  ent- 
steht eine  starke  Erhitzung;  von  den  drei  Atomen  Hydratwasser,  was 
diese  Säure  enthält,  wird  1 At.  abgeschieden  und  ersetzt  durch  Aethyl- 
oxid, es  entsteht  ein  sauer  reagirendes  Salz  init  3 Atomen  Base,  analog 
den  gewöhnlichen  phosphorsauren  Salzen.  Ist  die  Säure  mit  soviel  Was- 
ser verdünnt,  dafs  ihr  spec.  Gewicht  1,2  beträgt,  so  zerlegt  sie  den  Al- 
kohol nicht  (Pelouze). 

Darstellung.  Im  reinen  Zustande  erhält  man  diese  Verbindung  durch 
Zerlegung  des  phosphorsaureo  Aethyloxid-Baryts  vermittelst  Schwefelsäure. 
100  Theile  des  kristallisifbaren  Salzes  erfordern  £5,33  Schwefelsäure- 
hydrat. Man  filt.rirt  den  entstandenen  schwefelsauren  Baryt  ab  und  dampft 
im  Wasserbade,  zuletzt  im  luftleeren  Raume  über  coucentrirter  Schwefel- 
säure, ab  (Pelouze). 

Eigenschaften.  Syrupartige , farblose , sehr  saure  Flüssigkeit,  misch- 
bar mit  Wasser,  Weingeist  und  Aether.  Kann  in  verdünnter  Auflösung 
ohne  Zerlegung  zum  Sieden  erhitzt  werden.  Die  coneentrirte  Säure  zer- 
legt sich  in  höherer  Temperatur  unter  Entwickelung  von  Aether,  Alkohol, 
zuletzt  von  brennbaren  Gasen  und  Abscheidung  von  Kohle.  Sie  coagulirt 
das  Eiweifs.  Zeigt  in  sehr  concentrirtem  Zustande  Neigung,  zu  kristalli- 
siren  ( Pelouze ). 


Phosphorsaures  Aethyloxid  und  Metalloxide. 


Wird  das  saure  phosphorsaure  Aethyloxid  mit  Metalloxiden  zusam- 
mengebracht, so  werden  die,  als  Basis  darin  enthaltenen,  zwei  Atome 
Wasser  abgeschieden  und  ersetzt  durch  ihre  Aequivalente  Metalloxid;  es 
entstehen  Salze  mit  drei  Atomen  Basis  nach  folgender  Formel : 

p o -4~  AeO  / 

^ 2M0 ) 


MO  bedeutet  hier  ein  Metalloxid,  was  l Aeq.  Sauerstoff  enthält:  Verbin- 
dungen der  Pjrro-  und  Metaphosphorsäure  mit  Aethyloxid  sind  bis  jetzt 
nicht  hervorgebracht  worden. 

Die  phosphorsauren  Aethyloxidsalze  mit  zwei  Basen  werden  entweder 
direkt  durch  Sättigung  des  sauren  phosphorsauren  Aethyloxids  mit  Mcfcall- 
oxiden  oder  durch  Zerlegung  des  Barytsalzes  vermittelst  löslicher  kohlen- 
saurer oder  schwefelsaurer  Salze  dargestellt  (Pelouze). 

Phosphor  saurer  Aethyloxid-  Baryt ; P~  Os  -f-  2BaO,  AeO  *4-  12  aq. 
Bis  zu  starker  Syrupsdicke  abgedampfte  Phosphorsäure  mischt  inan  mit  ih- 
rem gleichen  Gewicht  Alkohol  oder  95procentigem  Weingeist,  erhitzt  zum 
Sieden,  mischt  sie  nach  24  Stunden  mit  Wasser  und  sättigt  mit  kohlen- 
saurem Baryt  bei  gewöhnlicher  Temperatur  Man  filtrirt  die  Auflösung  von 
dem  niedergefallenen  phosphorsauren  Baryt  ab  und  dampft  sie  bei  40a  zur 
Kristallisation  ein.  Eigenschaften:  Farblose,  perlmutterglänzende,  sechs- 
seitige Tafeln.  Löst  sich  in  11  Theilen  Wasser  von  40°,  in  15  Th.  von 
20%  in  30  Th.  von  0°  und  in  36  Th.  von  100°.  Eine  bei  40°  gesättigte 
Auflösung  gerinnt  beim  Erhitzen  zum  Sieden  zu  einem  Brei  des  wasser- 
haltigen Salzes.  Der  Wassergehalt  beträgt  29,1  p.  c. ; bei  150°  wird  er 
vollständig  ausgetrieben  (Pelouze). 


716  Salpetrigsaures  Aethyloxid. 

Arsensäure  und  Aethyloxid. 

Nach  Darcet  bildet  die  concentrirte  Arsensäure,  wenn  sie  mit  Alkohol 
erwärmt  wird,  ein  saures  Salz,  verschieden  in  seiner  Zusammensetzung 
von  dem  sauren  phosphorsauren  Aethyloxid.  Das  saure  arsensaure  Aethyl- 
oxid enthält  drei  Atome  Basis,  nemlich  2 At.  Aethyloxid  und  1 At.  Was- 
ser, was  durch  Metalloxide  vertreten  werden  kann.  Seine  Formel  ist: 
Asa  Ot,  2AeO,  H*  O.  Die  Formel  seiner  Verbindung  mit  Metalloxiden: 
As,  0, , 2AeO,  MO.  Diese  Angaben  sehen  der  Bestätigung  entgegen. 

Aethyloxid  und  Salpetersäure . 

Die  Salpetersäure  zerlegt  den  Aether,  ohne  damit  eine  Verbindung 
einzugehen  (s.  S.  719).  Ein  Gemisch  von  Alkohol  mit  starker  Salpeter- 
säure kommt  von  selbst  bei  gewöhnlicher  Temperatur  oder  durch  eine 
schwache  Erwärmung  zum  Sieden , es  entsteht  eine  zahlreiche  Menge  von 
Produkten,  je  nach  der  Conccntration  der  Säure  und  der  Temperatur. 
Bei  Anwendung  einer  verdünnten  Salpetersäure,  oder  wenn  die  Aufeinan- 
derwirkung bei  einer  niedrigen  Temperatur  erfolgt,  entstehen  nur  zwei, 
nemlich  Aldehyd  und  salpetrigsaures  Aethyloxid.  Ist  die  Salpetersäure  cou- 
centrirt,  so  werden  neben  den  eben  erwähnten  Produkten  hierbei  Oxida- 
tionsprodukte des  Kohlenstoffs,  Kohlensäure  und  Oxalsäure,  sowie  Essig- 
säure, Ameisensäure,  Essigäther  und  Aineisenäther  gebildet. 

Aethyloxid  und  salpetrige  Säure. 

S alpe trig saures  Aethyloxid , Salpeteräther.  Formel : N2  ös , AeO. 

1 At.  salpetrige  Säure  = 477,0-1 
1 At.  Aethyloxid  zzz  868,14 

1 At.  Salpeteräther  = 845,18 
Synonyme:  Salpeternaphta  (Aether  nitricus,  Naphta  uitrica). 

§.  97.  Darstellung.  1)  Man  leitet  salpetrige  Säure  durch 
verdünnten  Weingeist  und  verdichtet  das  sich  abscheidende 
galpetrigsaure  Aethyloxid  durch  einen  galten  Kühlapparat.  Zu 
diesem  Zweck  bringt  man  in  eine  geräumige  Retorte  1 Theil 
Stärke  und  10  Th.  Salpetersäure  von  1,3  spec.  Gewicht;  man 
verbindet  den  offnen  Hals  derselben  vermittelst  einer  weiten, 
rechtwinkelig  gebogenen,  Glasröhre  mit  einer  zweihalsigen 
Flasche  in  der  Art,  dafs  die  andere  Oeffnung  der  Röhre  bis 
auf  den  Boden  der  Flasche  reicht.  In  diese  Flasche  giefst 
man  eine  Mischung  von  2 Th.  Weingeist  von  85  p.  c.  und  1 Th. 
Wasser  und  umgiebt  sie  mit  kaltem  Wasser.  Die  zweite 
Oeffnung  der  Flasche  steht  vermittelst  einer  langen,  weiten 
Glasröhre  mit  einem  guten  Kühlapparate  in  Verbindung.  Das 
Frhitzen  der  Stärke  mit  Salpetersäure  geschieht  im  Wasser- 
bade, es  entwickelt  sich  reine  salpetrige  Säure,  welche  durch 
den  Weingeist  geleitet  sich  augenblicklich  mit  dem  Aether 
derselben  verbindet  und  salpetrigsaures  Aethyloxid  bildet,  was 
in  einem  continuirlichen  Strahle  überdestiliirt.  (Man  erhält  eine 
grofse  Ausbeute.  Durch  Zusatz  von  Wasser  wird  er  vom  beigemischten 
Alkohol  und  durch  Stehenlassen  über  Chlorcalcium  vom  Wasser  befreit.  ! 
Es  ist  nöthig  der  Verbindungsröhre  der  Retorte  mit  der  zweihalsigen  Fla- 
sche eine  Länge  von  2 — 3 Fufs  zu  geben  und  sie  während  der  Entwicke- 
jung  der  salpetrigen  Säure  mit  nassem  Papier  zu  umgeben.  Wenn  die  Er-  ! 
hitzung  des  Weingeistes  nicht  sorgfältig  vermieden  wird,  so  kommt  der-  ; 
selbe  bei  einem  gewissen  Grade  der  Sättigung  mit  salpetriger  Säure  von 
selbst  in  das  heftigste  Sieden  5 von  diesem  Momente  an  erhält  man  keinen 
reinen  Salpeteräther  mehr.) 


719 


Salpetrigsäures  Äethyl  öxid. 

Nach  den  folgenden  Methoden  bereitet,  erhält  man  stets 
ein  Gemenge  ton  salpetrigsaurem  Aethyloxid  mit  Aldehyd  in 
wechselnden  Verhältnissen.  2)  Man  mischt  3 Th.  Weingeist 
tan  85  p.  c.  mit  2 Th.  Salpetersäure  von  1,284  spec.  Gew,, 
erwärmt  die  Mischung  gelinde  in  einer  Retorte  mit  angesetz- 
tem Kühlappärat,  den  man  mit  Eis  umgeben  mufs.  Die  Mi- 
schung kommt  rasch  Äura  Sieden,  man  entfernt  sogleich  das 
Feuer.  Wenn  nichts  mehr  ubergeht  , scheidet  man  den  Aether 
vom  Wasser,  Weingeist  und  andern  Produkten  durch  eine 
Reclifikation  bei  Milch  wärme..  3)  Oder  man  bringt  in  ein  star- 
kes cylindrisches  Glasgefäfs  9 Theile  Weingeist  von  85  p.  c. , 
vermittelst  eines  langen,  bis  Auf  den  Boden  der  Flasche  rei- 
chenden Trichters  mit  sehr  feiner  Öeffnung  läfst  man  unter  den 
Weingeist  4 Theile  Wasser  fliefsen,  mit  der  Vorsicht,  dafs 
sie  sich  nicht  vermischen,  und  giefst  hierauf  auf  dieselbe  Art 
8 Th.  rot  he  rauchende  Salpetersäure  unter  das  Wasser,  so 
dafs  die  Flasche  drei  Schichten  enthält.  Die  Flasche  mufs  zu 
% damit  angefüllt,  und  damit  die  Wasserschicht  hoch  genug 
wird,  dreimal  höher  seyn  als  sie  weit  ist.  Man  überläfst  die- 
ses Gemisch  lose  verschlossen  sich  selbst,  bei  einer  Tempera- 
tur, die  12°  C.  nicht  übersteigt.  Nach  2 bis  3 Tagen  befinden 
sich  in  der  Flasche  zwei  Schichten,  wovon  die  obere  der 
Ä ettier  ist  ( BerzeliusJ,  Durch  Rectifikation  wird  er  am  besten 
gereinigt.  ( Ks  findet  bei  seiner  Bildung  nur  eine  geringe»  Gasenfcvvicke- 
lung  statt.  Ko Iilensäuregas  und  Stickoxidgas  entwickeln  sich  im  Anfang, 
zuletzt  Spuren  von  Stickoxidulgas.) 

Bildung.  Die  Salpetersäure  zerlegt  sich  mit  1 At.  Alkohol,  indem  sie 
an  4 At.  Wasserstoff  des  letzteren  3 At.  Sauerstoff  abgiebt , wodurch  3 
Ät.  Wasser,  1 At.  Aldehyd  und  1 At.  salpetrige  Säure  gebildet  werden, 
welche  letztere  einen  anderen  Atom  Alkohol  zerlegt  in  Aether,  der  sich 
damit  verbindet,  und  in  Wasser,  was  sich  abscheidet. 

§.  98.  Eigenschaften,  Der  nach  1 bereitete  reine  Aefher 
ist  blafsgelb , von  höchst  angenehmem  Geruch  nach  Aepfeln 
und  Ungarweinen,  er  siedet  bei  16,4°  C.,  sein  spec.  Gewicht 
ist  0.947  bei  io°  €.,  mischt  sich  mit  einer  weingeistigen  Lö- 
sung von  Kali  ohne  Bräunung  unter  Bildung  von  salpetrig- 
saurem  Kali  und  Alkohol.  Der  nach  2 und  3 bereitete  alde- 
hydhaltige Aether  siedet  bei  21°.  spec.  Gewicht  0,886  bei  &°, 
sein  Geruch  ist  erstickend,  dem  obigen  ähnlich.  Mit  Kali  in 
Weingeist  gelöst  gemischt,  färbt  sich  das  Gemenge  dunkelbraun 
unter  Bildung  von  Aldehydharz ; er  ist  sehr  leicht  entzünd- 
lich, mit  weifser  Flamme  brennend.  Der  nach  2 und  3 berei- 
tete Aether  wird  beim  Aufbewahren  sauer,  indem  sich  Stick- 
oxid gas  entwickelt;  zersprengt  dabei  sehr  leicht  die  Gefäfse, 
worin  er  eingeschlossen  ist  , mufs  deshalb  und  seines  niedrigen 
Siedepunktes  wegen  in  kleinen,  nicht  über  1 Unze  fassenden 
starken  Glasfläschchen  an  einem  kühlen  Orte  aufbewahrt  wer- 
den. Dieses  Sauerwerden  findet  schneller  statt  bei  Zutritt  der 
Luft,  und  rührt  zum  Theil  davon  her,  dafs  sich  der  beige- 
mengte Aldehyd  auf  Kosten  des  Sauerstoffs  der  Luft  oder  der 


720 


S alpet  er  äth  er- Weingeist 


salpetrigen  Säure  oxidirt;  es  entsteht  Aldehydsäure,  Essig- 
und  Ameisensäure.  Läfst  man  den  Aether  mit  Kalkmilch  oder 
mit  Kalilauge  stehen,  so  zerlegt  sich  das  Aldehyd  in  Aldehyd- 
harz; die  Flüssigkeit  enthält  salpetersauren , salpetrigsauren 
Kalk  und  ein  anderes  nicht  untersuchtes  Kalksalz.  Durch 
Stehenlassen  und  Rectifikation  über  trocknen  salpetersauren 
Kalk  erhält  man  den  Salpeteräther  wasser-  und  alkoholfrei. 
Mischbar  in  allen  Verhältnissen  mit  Aether  und  Weingeist, 
löslich  in  48  Theilen  Wasser. 

Salpeteräther-  Weingeist . 

Versüfster  Salpeter geisty  Spiritus  nitri  dulcis , Spiritus  nitrico - 

aetliereus. 

%.  99,  Den  salpeterätherhaltigen  Weingeist  (Spiritus  Ni- 
tri dulcis)  bereitet  man  durch  Vermischen  eines  Theils  Salpeter- 
äther mit  8 Theilen  reinem  (fusel freiem)  absoluten  Alkohol, 
öder  indem  Salpetersäure  mit  einer  gröfsern  Menge  Weingeist 
destillirt  wird.  Auf  1 Tbeil  verdünnte  Salpetersäure  werden  6 
Theile  Weingeist  genommen , und  davon  5 Theile  abdestillirt. 

Auch  kaBn  man  den  Rückstand  von  der  Salpeterätherbereitung,  nach  Berze- 
liuSy  mit  3 Th.  Weingeist  vermischen  und  destilliren.  Das  Destillat  schüt- 
telt man  mit  verdünnter  Lösung  von  einfach  kohlensaurem  Kali, 
bis  es  nicht  mehr  sauer  reagirt,  giefst  es  von  der  wässerigen 
Flüssigkeit  ab  und  rectificirt  es.  Schmidt,  rectificirt  den  so  bereite- 
ten Salpeteräther- Weingeist,  um  ihn  zu  entwässern,  über  scharf  getrock- 
nete Thonerde  (weifsen  Bolus).  Ihn  über  Magnesia  oder  andere  Alkalien 
zu  destilliren,  wie  mehrere  PharmacopÖen  vorschreiben,  taugt  nicht,  weil 
er  dadurch  zum  Theil  zerlegt  wird!  Milfs,  in  kleine  wohlverschlos- 
sene  Gefäfse  vertheilt,  an  einem  kühlen  Orte  aufbewahrt  wer- 
den. — Die  Eigenschaften  des  Salpeteräther- Weingeistes 
stimmen  mit  denen  des  reinen  Salpeteräthers  gröfstentheils 
überein;  sein  spec.  Gewicht  ist  0,825.  Er  ist  schwach  gelb- 
lich, riecht  und  schmeckt  minder  stark  ätherisch  als  der  Aether, 
ist  nicht  so  flüchtig  und  läfst  sich  in  jedem  Verhäitnifs  mit  Was- 
ser mischen.  An  der  Luft  säuert  er  sich  schnell;  nach  Duflos  um  so 
langsamer,  je  wasserfreier  er  ist. 

Prüfung  auf  die  Reinheit  und  Güte  des  versüfsten  Salpetergeistes:  Er 
mufs  den  starken  und  angenehmen  Geruch  und  Geschmack  des  Salpeter- 
äthers in  hohem  Grade  besitzen  , darf  nicht  sauer  reagiren  ( eine  geringe 
saure  Reaction  schadet  indessen  seiner  Anwendung  nicht,  und  kann  nicht 
vermieden  werden,  wrenn  das  Standgefäfs  öfters  geöffnet  wurde  und  zum 
Theil  mit  Luft  erfüllt  ist.  Der  durch  Vermischen  von  1 Theil  Aether  und 
8 Th.  wasserfreiem  Weingeist  bereitete  wird  bei  weitem  weniger  leicht 
sauer,  als  der  durch  Destillation  erhaltene  Spir.  Nitr.  dulc. , und  hat  noch 
das  Vorzügliche,  dafs  er  immer  von  gleicher  Stärke  ist).  Mit  Wasser 
vermischt  darf  er  kein  schweres  Oel  (Salzöl)  fallen  lassen,  und  beim  Ver- 
brennen keine  Salzsäure  frei  werden,  welches  man  prüft,  indem  man  ihn 
mit  etwas  Wasser  vermischt,  Silbersolution  zusetzt  und  anzündet;  enthält 
er  Salzäther,  so  bildet  sich  Chlorsilbcr.  Er  mufs  sich  beim  Erwärmen 
leicht  und  vollständig  verflüchtigen.  Das  spec.  Gewicht  desselben  soll 
0,825  — 0,830  seyn. 

Medicinische  Anwendung : Der  versüfste  Salpetergeist  wird  innerlich 
in  Tropfen  und  Mixturen  gegeben.  Bei  seiner  Verbindung  mit  gefärbten 


Oxaläther. 


721 


organischen  Auszügen  mufs  auf  die  Eigenschaft  desselben  , die  Farbe  man- 
cher zu  verändern , Rücksicht  genommen  werden.  So  macht  er  Guajac 
blau,  eine  Abkochung  von  China  mit  Nelkenwurz  schmutziggrün  u.  s.  w. 

Aethyloxid  und  Kohlensäure. 

Direct  liefsen  sich  bis  jetzt  nur  Doppelverbindungen  von  kohlensaurem 
Aethyloxid  mit  kohlensaurem  Kali  darstellen ; sie  sind  von  Dumas  und 
Peligot  entdeckt  worden.  Bei  einer  bis  jetzt  noch  unerklärten  Zersetzungs- 
weise des  oxalsauren  Aethyloxids  mit  Kalium  und  Natrium  entdeckte  Ett- 
ling das  neutrale  kohlensaure  Aethyloxid,  den  Kohlensäureäther. 

Kohlensaures  Aetliyloxid-Kali ; C02  AeO , C02  KO.  Darstellung:  Glü- 
hend geschmolzenes  Kalihydrat  löst  man  in  Alkohol  und  sättigt  die  Auf- 
lösung mit  trocknem  kohlensaurem  Gas.  Die  Masse  gerinnt  zu  einem  weis- 
sen  Brei,  welcher  neutrales  und  doppeltkohlensaures  Kali  neben  kohlen- 
saurem Aethj  loxid-Kali  enthält.  Man  bringt  sie  auf  ein  Filter,  wäscht  sie 
mit  reinem  Aether  aus,  iibergiefst  sie  alsdann  mit  reinem  Alkohol,  welcher 
das  kohlensaure  Aethyloxid-Kali  auflöst  und  die  andern  Salze  zurückläfst. 
Vermischt  man  nun  diese  Lösung  mit  Aether,  so  wird  das  Doppelsalz  nie- 
dergeschlagen. Man  sammelt  es  auf  einem  Filter,  prefst  es  sorgfältig  zwi- 
schen Fliefspapier  und  trocknet  es  im  leeren  Raume  über  Schwefelsäure. 
Eigenschaften:  Pcrlmutterglänzende , weich  und  wie  fettartig  anzufühlende 
Schuppen,  liefert  bei  der  trocknen  Destillation  kohlensaures  Gas,  eine 
ätherartige  Flüssigkeit,  ein  brenubares  Gas  und  hinterläfst  ein  Gemenge 
von  Kohle  mit  kohleusaurem  Alkali.  Mit  Wasser  zusammengebracht  zer- 
legt es  sich  augenblicklich  in  Alkohol  und  doppeltkohlensaures  Kali. 

Mit  Ammoniak  und  Alkohol  bildet  die  Kohlensäure  ein  ähnliches  Aethyl- 
oxid-Doppelsalz,  welches  aber  von  wasserfreiem  kohlensaurem  Ammoniak, 
was  neben  demselben  gebildet  wird,  auf  demselben  Wege  nicht  geschieden 
werden  kann. 

Kohlensaures  Aethyloxid.  Kohlensäure- Aether . 

Formel:  C02,  AeO. 

Entdeckt  von  Ettling.  — Darstellung : Man  trägt  iu  der  Wärme  in 
reinen  Oxaläther  Stücke  von  Kalium  oder  Natrium  so  lange  man  noch  Gas- 
entwickelung bemerkt,  entfernt  so  gut  als  möglich  die  freien  Metallstücke, 
und  setzt  dem  entstandenen  braunen  Brei  Wasser  zu  und  destillirt,  wo 
sich  auf  der  Oberfläche  des  Destillats  kohlensaure':  Aethyloxid  abschei- 
det. Nach  seiner  Scheidung  vom  Wasser  bringt  man  es  mit  Chlorcalcium 
zusammen  und  rectificirt  es  so  lange  über  frisches  Natrium  oder  Kalium, 
bis  eine  Probe  davon,  mit  Kalihydrat  zerlegt,  an  dieses  keine  Spur 
mehr  von  Oxalsäure  abgiebt.  — Eigenschaften:  Farblose,  dünnflüssige, 
ätherartige  Flüssigkeit,  von  aromatischem,  dem  Oxaläther  etwas  ähnlichen 
Geruch  und  brennendem  Geschmack,  leichter  als  Wasser,  von  0,975  sp. 
Gewicht  bei  19°,  siedet  bei  126°,  brennbar,  schwierig  entzündlich,  mit 
blauer  Flamme  verbrennend,  mischbar  mit  Alkohol  und  Aether,  unlöslich 
in  Wasser,  zerlegt  sich  mit  einer  weingeistigen  Lösung  von  Kali  oder 
Natronhydrat  nach  einigen  Augenblicken  in  Alkohol  und  kohleusaures  Kali 
oder  Natron  , was  sich  als  Ölartige  Flüssigkeit  oder  kristallinisch  abschei- 
det. — Bildung  ist  unerklärt. 

Aethyloxid  und  Opalsäure. 

Oxalsaures  Aethyloxid,  Oxaläther.  Formel:  0,  AeO. 

Die  Oxalsäure  bildet  mit  dem  Aethyloxid  eine  saure  und  eine  neutrale 
Verbindung;  die  saure  wurde  von  Mitscherlich , die  neutrale  von  Thenard 
entdeckt.  Die  Analyse  der  letzteren  von  Dumas  und  Boullay  war  ent- 
scheidend für  die  Ansicht  über  die  Zusammensetzung  aller  sogenannten 
zusammengesetzten  Aetherarten. 

Darstellung.  4 Theile  doppelt  oder  einfach  kleesaures  Kali  übergiefst 
man  in  einer  Retorte  mit  einem  Gemenge  von  5 Th.  Schwefelsäurehydrat 


Saures  oxalsaures  Aethyloxid. 


und  4 Th.  Weingeist  von  90  p.  c.  und  destilfirt  bei  raschem  Feuer.  So- 
bald das  Uebergehende  beim  Wasserzüsatz  sich  trübt , werden  die  Pro- 
dukte in  einer  Vorlage  aufgefangen,  die  maü  nicht  abkühlt.  Man  mischt 
das  Destillat  aufs  schnellste  mit  dern  4fachen  Volum  Wasser,  scheidet  den 
sich  absetzeuden  Aether  von  der  Flüssigkeit  und  schüttelt  ihn  4-  bis  5mal 
mit  stets  zu  erneuerndem  Wasser,  oder  so  lange,  bis  man  keine  saure 
Heaction  mehr  bemerkt.  Man  bringt  den  gewaschenen  Aether  alsdann  in 
eine  kleine  trockne  Retorte,  welche  damit  bis  zu  9/10  ungefüllt  seyn  mnfs, 
und  rectificirt.  Sobald  das  übergehende  farblos  und  klar  ist  und  der  Inhalt 
in  der  Retorte  nicht  stofsweise,  sondern  ruhig  siedet,  wechselt  man  die 
Vorlage.  Was  von  diesem  Punkte  an  übergellt,  ist  reiner  wasserfreier 
Oxaläther.  Im  Rückstand  bleiben  zuletzt  geringe  Spuren  von  Oxalsäure. 
Ettling, 

Eigenschaften:  Farblose,  wasserhelle,  ölartige  Flüssigkeit , schwerer 
wie  Wasser,  spec.  Gewicht  bei  7,50°  1,0929 > siedet  bei  184°  C.  (Dumas 
und  Bmillagyf  mischbar  mit  Alkohol  und  Aether,  von  eigenthümlich  aro- 
matischem Geruch.  Kann  im  reinen  Zustande  viele  Tage  mit  Wasser, 
worin  er  nur  wenig  löslich  ist , in  Berührung  gelassen  werden  ohne  Zer- 
setzung f bei  einem  geringen  Säure-  und  Alkohol -Gehalt  zerlegt  er  sich 
hingegen  sehr  schnell  iu  Oxalsäure  und  Alkohol;  dasselbe  geschieht  bei 
Gegenwart  von  überschüssigen  fixen  Alkalien. 

Doppele  er  bin  düngen  der  Oxalsäure  mit  Aethyloxid  und 
Metalloxiden . 

Löst  man  hingegen  Oxaläther  in  Alkohol  auf  und  setzt  soviel  einer 
Auflösung  von  geschmolzenem  Kali  oder  Natronhydrat  in  Alkohol  hinzu  , 
dafs  nur  die  Hälfte  der  Oxalsäure  gesättigt  wird,  so  scheidet  sich  die 
Hälfte  des  Aethyloxids  ab,  verbindet  sich  mit  dem  Hydratwasser  des  AI- 
Jcali’s  zu  Alkohol , und  wird  ersetzt  durch  ein  Aequivalent  dieser  Basen , 
es  entstehen  Verbindungen,  welche  2 At.  Oxalsäure,  1 At.  Aethjdoxid 
und  1 At.  Kali  oder  Natron  enthalten.  Bringt  man  Oxaläther  mit  Ammo- 
niak zusammen,  so  wird  er  zerlegt,  bei  überschüssigem  Ammoniak  er- 
zeugt sich  Oxamid,  im  entgegengesetzten  Falle  Oxamethän.  Kalium  und 
Natrium  zerlegen  den  Oxaläther  unter  Bildung  von  Kohlensäureäther  und 
andern  Produkten. 

Saures  oxalsaures  Aethyloxid , 0,  AeO  -4-  0,  aq.  Löst  man  oxal- 
saures Aethyloxidkali  in  Weingeist  und  versetzt  die  Auflösung  mit  Kiesel- 
fluorwasserstoffsäure so  lange  man  noch  einen  Niederschlag  erhält,  so 
bleibt  wasser-  und  weingeisthalteudes  saures  oxalsaures  Aethyloxid.  Frei 
von  Weingeist  erhält  man  diese  saure  Verbindung,  wenn  eine  wässerige 
Lösung  des  oxalsauren  Aethyloxidbaryts  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
vorsichtig  zerlegt  wird.  Eigenschaften : Sehr  sauer  schmeckende  Flüssig- 
keit, wird  beim  Abdampfen  für  sich  oder  in  der  Warme  in  Alkohol  und 
Oxalsäure  zerlegt. 

Oxalsaures  Aethyloxid- Kali.  — Darstellung : Man  löst  1 Vol.  Oxal- 
äther in  2 VoL  Alkohol,  nimmt  von  dieser  Mischung  eine  Probe  von  be- 
kanntem Gewicht  oder  Voluin  und  sättigt  sie  vorsichtig  mit  einer  Auflösung 
von  Kalihydrat  in  Alkohol,  bis  schwach  alkalische  Reaction  bemerkbar  ist; 
man  bestimmt  das  Gewicht  oder  Volum  der  letzteren  und  nimmt  etwas 
weniger  als  die  Hälfte  davon  zur  Sättigung  einer  verhältnifsmäfsigen  Por- 
tion des  übrigen  Gemisches.  (Zur  Sättigung  aller  Oxalsäure  in  10  Kubik- 
centimetern  oder  Gevvichtstheilen  der  Mischung  von  Oxaläther  mit  Alkohol 
habe  man  verbraucht  16*  K.  C.  oder  Gewichtstheile  der  alkoholischen  Auf- 
lösung des  Kalihydrats;  auf  100  Vol.  oder  Gewichtstheile  der  ersteren 
Mischung  setzt  man  mithin  70  — 75  Theile  der  Kalilösung.)  Das  entste- 
hende Doppelsalz  scheidet  sich  ab,  indem  es  unlöslich  im  Alkohol  ist;  man 
wäscht  es  mit  Alkohol  ab  und  trocknet  es  im  luftleeren  Raume.  Eigen- 
schaften : Kristallinische  Blättchen  oder  Schuppen , welche  vollständig  in 
Weingeist  von  75  p.  c.  löslich  und  wasserfrei  sind.  Durch  Säuren  und 


Xanthogensäure.  723 

Basen  wird  es  mit  Leichtigkeit  zerlegt , verträgt  im  trocknen  Zustande 
eine  Temperatur  von  100°  ohne  Veränderung. 

Oxalsaurer  Aethyloxid  - Baryt.  Wird  das  obenbeschrichene  durch 
Kieselfluorwasserstoffsäure  aus  dem  Kalisalz  dargestellte  saure  oxalsaure 
Aethyloxid  mit  kohleusaurem  Baryt  gesättigt,  so  erhält  man  dieses  Dop- 
pelsalz beim  Abdampfen  in  gewöhnlicher  Temperatur  oder  im  luftleeren 
Baume;  es  ist  im  Wasser  äusserst  löslich,  schwierig  kristallisirbar.  Durch 
Zerlegung  dieses  Salzes  mit  schwefdlsauren  Salzen  lassen  sich  andere 
Doppelsalze  ähnlicher  Art  hervorbringen. 

Oxalsaure s Aethyloxid  und  Ammoniak. 

Oxamethan . Oxalsaure»  Aethyloxid-  Oxamid.  (Berzf) 
Formel:  C8Hl4Na06. 

Aetheroxamid  ( Mitscherlich ).  Darstellung:  Man  löst  Oxaläther  in 
Alkohol  und  setzt  nach  und  nach  in  kleinen  Portionen  soviel  mit  Ammo- 
niakgas gesättigten  Alkohol  hinzu,  bis  ein  wcifses  Pulver  anfängt  sich 
abzuscheiden.  Nach  einigen  Stunden  fiitrirt  man  die  klare  Flüssigkeit  von 
dem  Niederschlage  ab  und  dampft  ab,  wo  Oxamethan  kristallisirt,  was 
man  dureh  Wiederauflösung  in  Alkohol  und  neue  Kristallisationen  reinigt. 
Eigenschaften:  Farblose,  durchsichtige  Blätter,  von  Fettglanz ; schmilzt 
nahe  bei  100°,  destillirt  unverändert  bei  220°,  leichtlöslich  in  Wasser 
und  Weingeist,  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben,  bringt  in  Metallsalzen 
keinen  Niederschlag  hervor.  Beim  Sieden  der  wässerigen  Lösung  wird  es 
zersetzt  in  Alkohol  und  doppelt  oxalsaures  Ammoniak.  Mit  überschüssigem 
Ammoniak  zusammengebracht  zerlegt  es  sich  augenblicklich  in  Oxamid  und 
Alkohol. 

Bildung  und  Zersetzung.  Wenn  man  zur  Zusammensetzung  von  2 At. 
Oxaläther  1 Aeq.  (2  At.)  Ammoniak  addirt  und  hiervon  die  Elemente  von 
1 At.  Alkohol  abzieht,  so  bleibt  Oxamethan 

C12  HJ0  03  zsi  2 At.  Oxaläther 
-4-  Na  H6  = 1 Aeq.  Ammoniak 

n.Cx.Hm  V ~ " 

— C4  H12  02  = 1 At.  Alkohol 

N2  C8  H14  06  = Oxamethan. 

Wird  das  Oxamethan  aufs  neue  mit  überschüssigem  Ammoniak  zusammen- 
gebracht, so  wiederholt  sich  diese  Zersetzung,  es  wird  aufs  neue  Alkohol 
abgeschieden,  der  sich  nach  weisen  läfst,  und  es  bildet  sich  Oxamid. 

N,  C8  Hi4  06  = Oxamethan 
-4-  N*  Hs  zsi  1 Aeq.  Ammoniak 

n4  c8  h20  o6  ~ 

— C4  Hia  O,  = 1 At.  Alkohol 

N4  C4  H8  Ö4  = 2 At.  Oxamid.  ~~ 

Die  Zersetzung,  welche  hierbei  vor  sich  geht,  entwickelt  sich  leicht  aus 
der  Coustitution  des  Ammoniaks  und  der  Oxalsäure.  Die  letztere  ist 
200  0 , das  Ammoniak  Na  H4  -+-  H2.  Ueberschüssiger  Oxaläther  und 

Ammoniak  geben  Oxamethan  und  Alkohol,  indem  sich  1 Aeq.  Wasserstoff 
des  Ammoniaks  mit  1 At.  Sauerstoff  der  Oxalsäure  zu  Wasser  vereinigt, 
was  mit  der  Hälfte  Aether  Alkohol  bildet.  Der  dritte  Atom  Sauerstoff  in 
der  Oxalsäure  ist  ersetzt  worden  durch  Amid  2C0  -+-  N,  H4 ; es  ist  Oxamid 
entstanden , was  mit  dem  Oxaläther  in  Verbindung  blieb.  Bei  mehr  Am- 
moniak erleidet  der  zweite  Atom  Oxaläther  die  nemliche  Zersetzungsweise. 

Doppelt  kohlenschwefelsaures  Aethyloxid.  Xanthogensäure. 
Formel:  2CSa,  AeO. 

Synonyme:  Aethyloxid- bisul fo  carbonat  fBerzelius J.  Von  Zeise  ent- 
deckt. Existirt  nicht  im  wasserfreien  Zustande,  nur  in  Verbindung  mit 
Wasser  oder  Metalloxiden. 


724 


Kohlen schwefel s.  Aethyioxid-Kali. 

Kohlenschwefelsaures  Aethyloxid  - Hydrat,  2CS3 , AeO  -f-  aq.  Dar- 
stellung : Kohlenschwefelsaures  Aethyloxidkali  wird  trocken  mit  verdünn- 
ter Schwefel-  oder  Salzsäure  übergossen , worauf  sich  nach  einiger  Zeit 
eine  milchige  Flüssigkeit  bildet,  aus  der  sich  bei  Zusatz  von  mehr  Wasser 
die  Verbindung  in  Gestalt  eines  farblosen  oder  gelblich  gefärbten  schweren 
Oels  absetzt,  cs  wird  schnell  mit  Wasser  gewaschen  und  durch  Stehen- 
lassen  über  Chlorcalcium  von  anhängendem  Wasser  befreit. 

Eigenschaften.  Oelartige  Flüssigkeit  von  eigentümlichem , stark  und 
durchdringend  unangenehmen  Geruch  und  scharfem,  schwachsaürem , hin- 
tenuach  bitterlichen  Geschmack;  röthet  Lackmus,  die  Farbe  verschwindet 
nach  einiger  Zeit,  das  Papier  wird  weifs.  Sehr  entzündlich,  mit  blauer 
Flamme  verbrennend , zerlegt  sich  bei  und  über  24°  für  sich  oder  mit 
Wasser  erwärmt  in  Alkohol  und  Schwefelkohlenstoff;  in  lufthaltigem  Was- 
ser wird  es  undurchsichtig  und  weifs  und  bedeckt  sich  mit  einer  undurch- 
sichtigen, harten  Kruste;  zerlegt  die  kohlensauren  Alkalien  unter  Auf- 
brausen, indem  das  Alkali  die  Stelle  des  Hydratwassers  annimmt  und  mit 
dem  kohlenschwefelsauren  Aethyloxid  eine  Doppelverbindüng  bildet. 

Doppelverbindungen  des  Schwefelkohlenstoffs  mit  Aethyloxid 
und  Metalloxiden. 

Diese  Verbindungen  sind  dem  kohlenschwefelsauren  Aethyloxidhydrat 
analog  zusammengesetzt,  insofern  darin  das  Hjdratwasser  ersetzt  ist  durch 
1 Aeq.  Metalloxid.  Die  Verbindungen  mit  Kali  und  Natron  werden  gebil- 
det, wenn  man  zu  Alkohol,  welcher  mit  Kali-  oder  Natron -Hydrat  ge- 
sättigt ist,  Schwefelkohlenstoff  bringt,  so  lange  er  sich  noch  auflöst.  Die 
übrigen  Verbindungen,  deren  Basis  ein  schweres  Metalloxid  ist,  sind  un- 
löslich und  werden  durch  Wechselzersetzung  erhalten;  sie  besitzen  mei- 
stens eine  gelbliche  oder  gelbe  Farbe.  Werdeu  diese  Salze  der  trocknen 
Destillation  unterworfen,  so  zerlegen  sie  sich  in  flüchtige  gasförmige  und 
flüssige  Produkte.  Unter  letzteren  hat  Zeise  ein  bernsteingelbes  Oel  von 
besonderen  Eigenschaften  Xanthogenöl  genannt. 

Die  Auflc  mug  der  löslichen  Salze  im  Wasser  wird  beim  Sieden  zer- 
legt in  Alkohol,  Schwefelkohlenstoff,  Schwefelwasserstoff,  es  bleibt  ein 
Gemenge  von  kohlensaurem,  unterschwefligsaurem  Alkali,  Schwefel  und 
Schwefelkohlenstoff-Schwefel- Alkalimetall  in  der  Flüssigkeit. 

Bei  Ahschiufs  der  Luft  können  die  Salze  und  die  Auflösungen  unver- 
ändert aufbewahrt  werden , doch  verbreiten  sie  stets  beim  Oeffnen  des 
Gefäfses  den  eigeuthiimlichen  Geruch  des  kohlenschwefelsauren  Aethylr 
oxids.  Die  Verbindungen  der  Alkalien  und  alkalischen  Erden  werdeu  durch 
Säuren  zersetzt,  die  sich  mit  der  metallischen  Basis  verbinden;  die  Blei- 
und  Kupferoxidulverbindung  hingegen  erleidet  durch  verdünnte  Säuren  keine 
Aenderung;  im  trocknen  Zustande  wird  das  Bleisalz  nicht  durch  Schwefel- 
wasserstoffsäure, in  feuchtem  nur  unbedeutend  zersetzt. 

Kohlenschwefelsaures  Aethyloxid -Kali.  2CS2 , AeO,  KO.  Darstel- 
lung: Man  bringt  in  absoluten  Alkohol,  welcher  mit  glühend  geschmolze- 
nem Kalihydrat  kalt  gesättigt  ist,  bei  gelinder  Wärme  so  viel  Schwefel- 
kohlenstoff, als  sich  darin  auflöst  Meistens  erstarrt  die  Flüssigkeit,  einer 
Temperatur  von  0°  ausgesetzt,  zu  einem  Brei  von  feinen  Kristallen,  die 
man  auf  einem  Filter  sammelt,  mit  Aether  auswäscht,  zwischen  Papier 
preist  und  bei  Abschlufs  der  Luft  trocknet.  Setzen  sich  bei  der  Abküh- 
lung keine  Kristalle  ab,  so  wird  die  Auflösung  bei  gelinder  Wärme,  am 
besten  in  einer  Retorte,  coucentrirt.  Eigenschaften : Farblose  oder  schwach 
gelbliche,  wasserfreie  Nadeln,  löslich  in  Wasser  mit  gelber  Farbe,  die 
Auflösung  besitzt  einen  sehr  bittern , eigentümlichen  Geschmack;  löslich 
in  Alkohol , nicht  in  Aether ; verwandelt  sich  an  feuchter  Luft  in  unter- 
schwefligsaures Kali. 

Kohlenschwefelsaures  Aethyloxid-Kupf er oxidul . Beim  Vermischen  ei- 
ner Auflösung  des  Kalisalzes  mit  einem  Kupferoxidsalz  erhält  man  citron- 


Cblorkohlensäureäther. 


725 


gelbe  Flocken  von  Kupferoxidulsalz.  Hierbei  wird  durch  den  Sauerstoff, 
welchen  das  Kupferoxid  abgiebt  um  in  Oxidul  überzugehen,  eine  andere 
Verbindung  gebildet,  welche  dem  Niederschlag  anhängt.  Sie  kann  dem- 
selben , nach  Couerbe , durch  Aether  entzogen  werden  und  besitzt  die  Be- 
schaffenheit eines  bei  gewöhnlicher  Temperatur  flüssigen,  bei  niederer 
kristallisirbaren  Oels,  welches  keinen  Schwefel,  sondern  Kohlenstoff  und 
Wasserstoff  im  Verhältnils  wie  im  ölbildenden  Gas  enthält.  Derselbe  Kör- 
per scheint  nach  Zeise  bei  der  Auflösung  des  Kupferoxidulsalzes  in  Sal- 
petersäure ungelöst  zurückzubleiben. 

Aethyloxid  und  Cyansäurehydrat. 

Doppelt  cyanursaures  Aethyloxid.  2Cye  O3  , 3AeO,  6aq. 

Synonyme : Cyansäure  - Aether.  Entdeckt  von  Wähler  und  J.  L. 
Darstellung:  Man  leitet  die  Dämpfe  von  Cyansäurehydrat  in  ein  Gemisch 
von  gleichen  Volumtheilen  Alkohol  und  Aether,  so  lange  sie  noch  aufge- 
nommen werden,  und  läfst  34  Stunden  ruhig  stehen,  wo  sich  die  Verbin- 
dung vollkommen  abscheidet.  Man  reinigt  die  Kristalle  von  beigemischtem 
Cyamelid  durch  eine  neue  Kristallisation  aus  heifsem  Alkohol  oder  Wasser. 
Eigenschaften:  Farblose,  durchsichtige,  glänzende  Nadeln  und  Säulen, 
geruch-  und  geschmacklos,  unlöslich  in  kaltem,  leichtlöslich  in  kochendem 
Wasser  und  Alkohol,  schwerlöslich  in  Aether  und  kaltem  Alkohol.  Die 
Auflösungen  haben  keine  Wirkung  auf  Pflanzenfarben  und  auf  Metalisalze. 
Geht  keine  Verbindungen  ein  mit  Metalloxiden.  Schmilzt  in  der  Wärme 
zu  einer  farblosen  Flüssigkeit,  welche  sich  in  offenen  Gefäfsen  in  Däm- 
pfen verflüchtigt,  die  als  feiner,  lockerer,  sehr  voluminöser  Schnee  in 
der  Luft  sich  verdichten.  In  einer  Retorte  der  trockenen  Destillation  un- 
terworfen zerlegt  sich  die  Verbindung  in  Alkohol  und  Wasser,  welche 
übergehen,  und  in  rückbleibende  Cyauursäure.  Durch  Alkalien  wird  er 
zerlegt  in  Alkohol,  cyanursaures  und  cyansaures  Kali. 

Aethyloxid  und  Benzoesäure. 

Benzoesäur  eäther.  Formel:  Bz  Os,  AeO. 

Synonyme:  Benzoeäther.  Von  Scheele  entdeckt.  Darstellung : 4 Th. 
Weingeist  von  0,83  spec.  Gewicht,  3 Th.  kristallisirte  Benzoesäure  und 
1 Th.  concentrirte  Salzsäure  werden  der  Destillation  unterworfen.  Sobald 
das  Uebergehende  sich  mit  Wasser  trübt,  wechselt  man  die  Vorlage  und 
sammelt  das  Destillat,  aus  dem  man  durch  Zusatz  von  Wasser  den  Aether 
scheidet,  durch  Kochen  mit  Wasser  und  Bleioxid  befreit  man  ihn  von  Ben- 
zoesäure, und  durch  Stehenlassen  über  Chlorcalcium  wird  er  von  Wasser 
und  Alkohol  frei.  Dieser  Aether  bildet  sich  ebenfalls,  wenn  man  gleiche 
Volumina  Benzoylchlorid  und  Alkohol  mischt;  bei  gelinder  Wärme  erhitzt 
sich  dieses  Gemenge,  es  entwickelt  sich  Salzsäure  und  bei  Zusatz  von 
Wasser  scheidet  sich  der  Benzoeäther  ab.  Hierbei  wird  das  Hydratwasser 
des  Alkohols  zerlegt,  das  Chlor  vereinigt  sich  mit  dem  Wasserstoff,  das 
Benzoyl  mit  dem  Sauerstoff  dieses  Wassers,  es  wird  Benzoesäure  gebil- 
det, die  sich  im  Entstehungsmoment  mit  dem  freiwerdenden  Aether  ver- 
einigt. Eigenschaften:  Farblose,  ölartige  Flüssigkeit  von  schwachem, 
aromatisch  obstartigem  Geruch  und  scharfem,  stechend  aromatischem  Ge- 
schmack, spec.  Gewicht  1,0539  bei  10°,  siedet  nach  Dumas  und  Boullay 
bei  309°,  mischbar  mit  Alkohol  und  Aether,  unlöslich  in  W7asser,  wird 
nach  Malaguti  durch  Chlor  zerlegt,  unter  andern  Produkten  entsteht  hier- 
bei wieder  Benzoylchlorid. 

Aethyloxidverbindungen  von  ungewisser  Constitution. 
Chlorkohlensäureäther.  Formel:  CeHjoO^lj. 

Beim  Zusammenbringen  von  Chlorkohlenoxid  mit  Alkohol  entsteht  eine 
eigenthiimliche , ätherartige  Flüssigkeit,  welche  von  Dumas  entdeckt  und 
Chlorkohlensäureäther  benannt  worden  ist.  Ob  diese  Verbindung  Aethyl 


726 


Urethan, 


oder  Aethyloxid  enthält,  ist  in  so  fern  ungewifs,  als  es  nicht  gelingt;  eine 
andere  Aetliylverbindung , Alkohol  z.  B , durch  seine  Zersetzung  daraus 
darzustellen. 

Darstellung.  Wasserfreier  Alkohol  wird  mit  Chlorkohlenoxid  gesät- 
tigt; wobei  er  sich  erwärmt  und  in  zwei  Schichten  theilt,  wovon  die  un- 
tere die  neue  Verbindung  ist;  die  obere  enthält  Wasser,  Alkohol  und  Salz- 
säure. Durch  Stehenlassen  über  Bleioxid  und  Chlorcalcium  und  Rectifica- 
tion  wird  sie  vom  Wasser  und  freier  Salzsäure  gereinigt. 

Eigenschaften : Farblose,  dünnflüssige  Flüssigkeit,  von  ätherartigem, 
erstickendem,  die  Augen  zu  Thränen  reizenden  Geruch,  ohne  Wirkung 
auf  Pflanzenfarben,  von  1,133  spec.  Gewicht  bei  15°,  siedet  bei  94°, 
entzündlich  mit  grüner  Flamme  brennend,  zerlegt  sich  mit  warmem  Was- 
ser in  Salzsäure  und  nicht  untersuchte  Produkte;  durch  concentrirte  Schwe- 
felsäure in  der  Kälte  zersetzbar  unter  Entwickelung  von  Salzsäure,  bei 
höherer  Temperatur  tritt  Schwärzung  ein,  zerlegt  sich  mit  Ammoniak  in 
Salmiak  und  Urethan. 

Bildung . Wenn  man  zur  Zusammensetzung  von  1 At.  Alkohol  2 At. 
Cklorkohlenoxid  adriirt  und  die  Elemente  von  1 Aeq.  Salzsäure  binweg- 
nimmt,  so  bleibt  Chlorkohlensäureäther. 

C4  Hia  Oa  =1  At.  Alkohol 
*+•  Ca  Oa  Cl4  = 2 At.  Chlorkohlenoxid 

c7^rorci4 

— Ha  Cla  1 Aeq.  Salzsäure 

C6  H10  04  Cla  ==  1 At.  Chlorkohlensäureäther. 

Dumas  betrachtet  diesen  Körper  als  eine  Verbindung  einer  eigenthüm- 
lichen  Säure  mit  Aether,  welche  Säure  betrachtet  werden  kann  als  Koh- 
lensäure, worin  ein  Theil  des  Sauerstoffs  ersetzt  ist  durch  ein  Aequivalent 
von  Chlor. 

C’  cij  ■**  c*  H«  0 = c»  “■»  °*  Cl» 

Berzelius  hält  ihn  für  eine  Zusammensetzung  von  Kohlensäureäther 
Cs  H10  Os  mit  Chlorkohlenoxid,  CO  Cla. 

Urethan.  Formel:  C6  H14  04  Na.  Entdeckt  von  Dumas.  Zersetzungs- 
produkt der  vorhergehenden  Verbindung  mit  Ammoniak.  Darstellung: 
Man  löst  den  Chlorkohlensäureäther  in  wässerigem  Ammoniak,  wobei  au- 
genblicklich und  unter  Wärmeentwickelung  eine  gegenseitige  Einwirkung 
erfolgt.  Man  verdampft  die  Auflösung  im  luftleeren  Raume  über  Schwefel-' 
säure  bis  zur  Trockne  und  unterwirft  den  festen  Rückstand  der  Destillation 
bei  gelinder  Wärme.  Das  Urethan  geht  als  farblose  Flüssigkeit  über, 
welche  beim  Erkalten  erstarrt,  während  Salmiak  zurückbleibt.  Eigen- 
schaften: Farblose,  perlmutterglänzende,  dem  Wallrath  ähnliche,  kristal- 
linische Masse,  schmelzbar  bei  100°,  unverändert  destillirbar  bei  180°, 
leichtlöslich  in  Wasser  und  Alkohol  und  daraus  bei  freiwilligem  Verdam- 
pfen leicht  in  voluminösen  Kristallen  sich  abscheidend.  Die  wässerige  Lösung 
besitzt  keine  Wirkung  auf  Metallsalze  ; wird  es  im  feuchten  Zustande  er- 
hitzt, so  zerlegt  es  sich  unter  starker  Ammoniakentwickelung.  Wird  durch 
Alkalien  zersetzt,  die  hier  entstehenden  Produkte  sind  nicht  untersucht. 
Bildung : Seiner  Zusammensetzung  nach  ist  in  dem  Uretlian  das  Chlor  des 
Chlorkohlensäureäthers  ersetzt  durch  1 Aeq.  Amid  C6  H10  04 , Na  H4.  Bei 
der  Berührung  düs  ersteren  mit  Ammoniak  tritt  das  Chlor  an  2 At.  Was- 
serstoff von  1 Aeq.  Ammoniak,  es  entsteht  Salzsäure,  die  sich  mit  über- 
schüssigem Ammoniak  zu  Salmiak  verbindet,  und  Amid  (Na  H4),  was  die 
Stelle  des  Chlors  eionimmt.  Kann  als  eine  Verbindung  von  2 At . Kohlen- 
säureäther  und  1 At.  Harnstoff  2C4  H10  03,,Ca  N4  H8  Öa , wovon  sein  Name 
Urea  ether  abgeleitet  ist,  betrachtet  werden.  Besitzt  ferner  die  Zusam- 
mensetzung des  wasserfreien  milchsauren  Ammoniaks,  was  bis  jetzt  nicht 
dargestellt  wurde. 


Zersetzungen  der  Aetfiyl  Verbindungen. 


727 


Transformationen  und  Zersetxungsprodukte  des  Aethyls  und 
seiner  Verbindungen . 

Leitefc  man  die  Dämpfe  von  Aether  oder  Alkohol  durch  eine  schwach 
glühende  Röhre , so  werden  sie  zerlegt  in  brennbare  Gase,  Aldehyd  und 
Wasser.  Diese  brennbaren  Gase  sind  Gemenge  von  ölbildendem  Gas  und 
Grubengas,  deren  Kohlenstoff  sich  zum  Wasserstoff  verhält  wie  4:10; 
dies  sind  die  nemlichen  Verhältnisse  wie  im  Aethyl.  Die  empirische  For- 
mel des  Aldehyds  ist  C4  H8  Oa,  und  es  mufs  aus  seiner  Entstehung  ge- 
schlossen werden,  dars  2 At.  Aether  ihren  Sauerstoff  an  einen  dritten 
Atom  Aether  abgeben ; die  beiden  ersten  Atome  Aether  zerfallen  in  ölbil- 
dendes Gas  und  Grubengas,  der  Aether,  welcher  Sauerstoff  aufgenommen 
hat , liefert  Aldehyd  und  Wasser. 

C8  H20  ~ ölbildendes  Gas  und  Sumpfgas 

C4  H8  02  = Aldehyd 

H,  0 = Wasser 

C,*  Hjo  Oj  = 3 At.  Aether. 

Nach  dieser  Entwickelung  müssen  die  beiden  Kohlenvvasserstoffgase  sich 
dem  Volumen  nach  verhalten  wie  3 : 2.  Zwei  Atome  Aether  können  sich 
ferner  zerlegen  in  1 Atom  Aldehyd , 2 At.  ölbildendes  Gas  und  2 Atome 
Grubengas. 

C4  Hs  0,  =1  At.  Aldehyd 
C?  H8  = 2 At.  Grubengas 
C2  H4  —2  At.  ölbildendes  Gas 
C8  Hjo  Oa  = 2 At.  Aether. 

ln  diesem  Falle  würde  sich  das  Volumen  des  Grubengases  zu  dem  des 
ölbildenden  Gases  verhalten  wie  2:1,  und  bei  der  Verbrennung  des  Ge- 
menges müfsten  auf  4 At.  Kohlensäure  6 At.  Wasser  gebildet  werden. 

Alle  Zersetzungen,  welche  der  Aether  unter  andern  Verhältnissen  in 
hohen  Temperaturen  erfährt,  sind  den  beschriebenen  ähnlich,  nur  dafs  die 
Produkte  wechseln;  es  entstehen  auf  der  einen  Seite  Körper,  welche  al- 
len Sauerstoff  des  Aethers  enthalten,  auf  der  andern  bilden  sich  Kohlen- 
wasserstoffverbindungen. 

Löst  man  nach  Massoti  und  Dumas  geschmolzenes  Zinkchlorür  in  Al- 
kohol, so  vereinigen  sich  beide  mit  einander,  auf  der  eine  Seite  entsteht 
eine  wasserhaltige  Verbindung  von  Aethyloxid  mit  Zinkchlorür,  die  sich 
bei  140°  zerlegt  in  Aether,  welcher  sich  entwickelt,  und  in  Wasser,  was 
in  dem  freivverdenden  A ethergase  abdunstet;  beide  verdichten  sich  getrennt 
von  einander.  Ist  die  Menge  des  Ziukctilorürs  überwiegend , so  zerlegt 
sich  der  Aether  bei  160  — 200°  in  Wasser  und  in  zwei  flüssige  Kohlen- 
wasserstoffverbindangen  von  ungleicher  Flüchtigkeit,  die  eine  siedet  bei 
300°,  die  andere  bei  100°,  Die  Zusammensetzung  der  flüchtigsten  ist 

C8  Il14  (in  100  Th.  88,1  Kohlenstoff  u.  12,1  Wasserstoff) 
der  minderflüchtigen  C8  H1S  (in  100  Th.  84,5  — u.  15,7  — 

beide  zusammen  C,6  HJ2  haben  genau  die  procentiscbe  Zusammensetzung 
des  ölbildenden  Gases.  Bei  ihrer  Bildung  zerlegen  sich  mithin  4 Atome 
Aethor  in  4 Atome  Wasser  und  in  diese  beiden  Kohlenwasserstoffe. 

Bei  der  Darstellung  des  Aethers  aus  Schwefelsäure  uud  Weingeist, 
wenn  der  rohe  Aether  in  gröfseren  Quantitäten  mit  Kalkmilch  rectificirt 
wird,  bleibt  in  dem  Destillirgefafs  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  ein 
ölartiger  Körper  zurück,  längst  bekannt  unter  dem  Namen  Weinöl.  Höchst 
wahrscheinlich  ist  dieses  Weinöl  ein  Gemenge  von  dem  oben  beschriebenen 
Kohlenwasserstoff,  welcher  bei  300°  siedet,  mit  dem  andern.  Eigenschaf- 
ten: Gelbes  dickflüssiges  Oel  von  aromatischem  Geruch,  von  0,0174  spec. 
Gewicht  bei  10,4°  ( Dumas  und  Boitllag) , löslich  im  Aether,  wenig  lös- 
lich in  Alkohol  und  Wasser,  verändert  sich  an  der  Luft,  indem  es  eine 
terpentinähnliche  Beschaffenheit  annimmt;  wird  durch  Chlor,  unter  Bildung 
von  Salzsäure,  vveifs  und  harzähnlich,  durch  Kalilauge  wird  es  braun, 
durch  <?oncentrirte  Schwefelsäure  schwarz  gefärbt ; beim  Zusatz  von  Was- 
ser scheidet  es  sieb  farblos  wieder  ab.  Pa*  ruhe  Oel  gab  bei  der  Analyae 


728 


Schwefelsaures  Aethyloxid-Aetherol. 


88,58  Kohlenstoff  und  11,42  Wasserstoff  (Dumas')  , 87,72  Kohlenstoff,  11,6 
Wasserstoff  (J.  L.).  Atomen verhältnifs  wie  16:30. 

Schwefelsäure s Aethyloxid-Aetherol.  Formel:  2S03  , C8  Hl8  0. 

Synonyme:  Aether  schwefelsaures  Aether  ol , Schwefelsäurehaltiges 

Weinöl . Die  Natur  und  Zusammensetzung  dieses  lange  bekannten  Körpers 
wurde  zuert  von  Serullas  ins  Klare  gebracht. 

Bildung.  Das  schwefelsaure  Aethyloxid-Aetherol  entsteht  durch  Zer- 
setzung des  neutralen  Schwefels.  Aethyloxids.  Diese  Verbindung  kann  nemlich 
für  sich  nicht  bestehen,  es  wird  stets  gebildet,  wenn  Aether  und  wasser- 
freie Schwefelsäure  direkt  oder  indirekt  mit  einander  in  Berührung  kom- 
men. Sättigt  man  wasserfreien  Aether  mit  wasserfreier  Schwefelsäure, 
so  wird  ersterer  augenblicklich  zerlegt  in  Alkohol,  der  sich  abscheidet, 
und  in  Aethyloxid-Aetherol;  beide  verbinden  sich  mit  Schwefelsäure,  es 
entsteht  saures  schwefelsaures  Aethyloxid  in  Verbindung  mit  1 At.  Wasser 
und  schwefelsaures  Aethyloxid-Aetherol. 

4 At.  Schwefelsäure  4S03  und  3 At.  Aethyloxid  C12  HJ0  03 
geben  1 At.  saures  schwefelsaures  Athyloxid  2S05 , C4  H10  0 -f-  H20 
-+-  1 At.  schwefelsaures  Aethyloxid-Aetherol  2S03  C8 , H18  0 
Von  zwei  Atomen  Aether  trennen  sich  also  die  Elemente  von  1 At.  Was- 
ser, welches  letztere  in  Verbindung  tritt  mit  2 At.  Schwefelsäure  und  1 
At.  Aether.  Neben  diesen  beiden  Körpern  wird  durch  einq  andere  Zer- 
setzungsweise Aethion-  und  Isäthionsäure  gebildet.  Vermischt  man  die 
Flüssigkeit  mit  Wasser,  so  scheidet  sich  der  überschüssige  Aether  ab,  das 
schwefelsaure  Aethyloxid-Aetherol  bleibt  darin  aufgelöst  und  kann  durch 
Verdampfung  des  Aethers  erhalten  werden,  während  Isäthiousäure  und 
saures  schwefelsaures  Aethyloxid  an  das  Wasser  treten. 

Unterwirft  man  schw’efelsauren  Aethyloxid-Kalk  oder  Kali  der  trocknen 
Destillation,  so  erhält  mau  schwefelsaures  Aethyloxid-Aetherol,  Alkohol, 
schweflige  Säure , ölbildendes  Gas,  und  im  Rückstand  bleibt  ein  Gemenge 
von  schwefelsaurem  Salz  mit  Kohle.  Diese  Produkte  bilden  sich  in  zwei 
nebeneinander  vorgehenden  Zersetzungsweisen;  aus  2 At.  schwefelaurem 
Aethyloxid  entstehen  1 At.  schwefelsaures  Aethyloxid-Aetherol  und  1 At. 
Wasser, 

2SOä  , C8  H20  02  = 2S03  C8  Hi8  0 ) 

H2  OS 

in  der  andern  bilden  sich  aus  dem  nemlichen  Verhältnifs 

2 At.  schweflige  Säure  = S2  04 

1 - Alkohol  = C4  HJ2  0*  (C4  Hj0  O -f-  aq) 

2 - ölbildendes  Gas  C2  H4 

2 - Wasser  = H4  02 

2 - Kohle  C2 

S3  C8  H20  08  = 2S03  -+-  2C4  Hi0  0 

Durch  den  Zusatz  einer  wasserfreien  fixen  Basis  (Kalk,  Baryt),  welche 
man  mit  dem  trocknen  schwefelsauren  Aethyloxid -Doppelsalz  mengt, 
wird  die  eine  dieser  Zersetzungsweisen  vermieden,  es  entsteht  in  diesem 
Falle  schwefelsaures  Aethyloxid-Aetherol  und  Kalkhydrat,  welches  letz- 
tere sich  mit  einem  Atom  schwefelsaurem  Aethyloxid  zerlegt  in  schwefel- 
sauren Kalk  und  Alkohol. 

3 Atome  schwefelsaures  Aethyloxid  3S03  -J-  CIS  H30  03  geben  mit 
1 At.  Kalk 

1 At.  schwwefelsaures  Aethyloxid-Aetherol  2S03  C8  H18  0 

1 - Alkohol  C4  H12  02 

1 - schwefelsaurer  Kalk  S03  CaO 

3S03  C12  Hjo  03  -+-  CaO 

Darstellung : Ein  inniges  Gemenge  von  vollkommen  trocknem  schwe- 
felsaurem Aethyloxid-Kali  oder  Kalk  mit  seinem  gleichen  Gewicht  gebrann- 
tem Kalk  destillirt  man  bei  einer  Temperatur,  welche  280°  nicht  über- 


Aethion-  u.  Isäthion-Säure. 


729 


steigt.  Das  Destillat  wird  durch  Verdampfung  an  der  Luft  oder  im  luft- 
leeren Raume  über  Schwefelsäure  vom  Alkohol  befreit.  Oder  man  unter- 
wirft basisch  schwefelsaures  Aethyloxid-Bleioxid  der  trocknen  Destillation 
und  verfährt  auf  dieselbe  Weise. 

Eigenschaften : Farblose  , ölartige  Flüssigkeit , schwerer  wie  Wasser, 
von  1,133  spec.  Gewicht  (Serullas) , von  aromatisch  ätherartigem  Geruch 
und  kühlendem  Geschmack,  ohne  Wirkung  auf  trockne  Pflanzenfarben, 
siedet  bei  280°,  läfst  sich  im  wasserfreien  Zustande  ohne  Veränderung 
destilliren , Kalium  behält  darin  bei  gewöhnlicher  Temperatur  seinen  Glanz, 
bei  höherer  tritt  Zersetzung  ein;  mit  Alkohol  und  Aether  mischbar. 

Mit  Wasser  oder  mit  Alkalien  in  Berührung  wird  dieser  Körper  zer- 
legt in  wasserhaltiges  saures  schwefelsaures  Aethyloxid  und  in  Aetherol. 
Mit  Schwefelkalium  entsteht  daraus  beim  Erwärmen  Mercaptan  und  ein 
schwerer,  schwefelhaltiger,  ölartiger  Körper.  (Zeise.) 

Aetherol  und  Aetlierin. 

Leichtes  Weinöl.  Weinölcamp f er.  Beide  Materien  sind  Zersetzungs- 
produkte des  schwefelsauren  Aethyloxid- Aetherols ; sie  sind  von  Hennell 
beobachtet,  aber  von  Serullas  am  genauesten  studirt  worden.  Sie  enthal- 
ten nach  Serullas  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  in  dem  nemlichen  Verhält- 
nifs  wie  im  ölbildenden  Gas,  eine  Zusammensetzung,  welche  neuerlichst 
durch  Marchand  bestätigt  wurde. 

Darstellung : Man  erwärmt  scliwefelsaures  Aethyloxidätherol  gelinde 
mit  Wasser  und  mischt  das  sich  abscheidende  leichte  Oel  mit  Wasser  bis 
zur  Entfernung  aller  sauren  Reaction ; beim  Stehenlassen  über  Chlorcal- 
cium wird  es  wasserfrei.  Eigenschaften  : Farblose , ölartige  Flüssigkeit 
von  0,917  bis  0,920  spec.  Gewicht,  siedet  bei  280*  (Serullas) , wird  bei 
— 25°  dickflüssig,  bei  — 35°  fest;  sehr  schwerlöslich  in  Weingeist,  leicht 
in  Alkohol  und  Aether,  läfst  sich  mit  Schwefelsäurehydrat  in  allen  Ver- 
hältnissen mischen,  Wasser  scheidet  es  unverändert  wieder  ab;  vereinigt 
sich  mit  wasserfreier  Schwefelsäure  unter  Bräunung,  Zusatz  von  Wasser 
scheidet  nichts  ab ; die  entstandene  saure  Flüssigkeit  giebt  mit  Baryt  neu- 
; tralisirt  ein  lösliches  Barytsalz,  welches  Marchand  für  äthionsauren  Baryt 
hält,  mit  dem  es  mehrere  Eigenschaften  gemein  hat. 

Bei  ruhigem  Stehen  in  niederer  Temperatur  bilden  sich  in  dem  Aetherol 
Kristalle  von  Aetherin. 

Aetlierin . Wenn  sich  nach  tagelangem  Stehen  in  dem  Aetherol  keine 
Kristalle  mehr  bilden , bringt  man  das  Gemenge  derselben  mit  dem  flüssigen 
1 Theil  auf  ein  Filter  und  prefst  die  rückbleibenden  Kristalle  zwischen  Fliefs- 
! papier.  Durch  Auflösung  in  Aether  und  Verdampfung  an  der  Luft  erhält 
man  sie  rein.  Eigenschaften:  Glänzende,  lange,  durchscheinende,  ge- 
schmacklose, zerreibliche,  zwischen  den  Zähnen  knirschende  Prismen  und 
Blätter,  schmelzbar  bei  110°,  verbreitet  dabei  einen  schwachen  aromati- 
schen Geruch,  siedet  bei  260°,  von  0,980  spec.  Gewicht,  löslich  in  Alko- 
hol, nicht  in  Wasser. 

Aethion - und  Isäthion-Säure. 

Diese  beiden  Säuren,  von  welchen  die  eine  besonders  merkwürdig  ist 
durch  ihre  grofse  Beständigkeit,  sind  von  Magnus  entdeckt  und  von  ihm 
beim  Zusammenbringen  in  der  Kälte  von  Alkohol  mit  wasserfreier  Schwe- 
felsäure erhalten  worden.  Wird  die  entstandene  Flüssigkeit  nach  dem 
Verdünnen  mit  Wasser  mit  kohlensaurem  Baryt  gesättigt,  so  erhält  man 
schwefelsauren  Baryt,  der  sich  niederschlägt,  und  in  der  Auflösung  ist 
äthionsaurer  Baryt  enthalten.  Dampft  man  die  Flüssigkeit  bei  gelinder 
Wärme  ab  und  vermischt  sie  bei  Syrupconsistenz  mit  Alkohol , so  gerinnt 
sie  zu  einem  weifsen  nicht  kristallinischen  Brei  von  äthionsaurem  Baryt, 
der  mit  Alkohol  ausgewaschen  rein  erhalten  wird.  Aus  der  wässerigen 
Geigers  Pharmacie.  I.  (5 te  Aufl.)  A7 


730 


Aethion-  u.  Isäthion-Säure. 


Auflösung  dieses  Salzes  kann  durch  vorsichtigen  Zusatz  von  verdünnter 
Schwefelsäure  die  Aethionsäure  erhalten  werden.  Sie  ist  von  geringer 
Beständigkeit;  erhitzt  man  sie  zum  Sieden,  so  erhält  man  Alkohol,  und  die 
rückständige  Flüssigkeit  enthält  nun  freie  Schwefelsäure  und  Isäthionsäure. 
Man  erhält  dieselbe  Säure  bei  der  Sättigung  von  wasserfreiem  Aether  mit 
wasserfreier  Schwefelsäure^,;  setzt  man  dieser  Mischung  Wasser  zu,  so 
scheidet  sich  mit  dem  überschüssigen  Aether  schwefelsaures  Aethyioxid- 
Aetherol  ab,  und  eine  saure  Flüssigkeit,  welche  beim  Erwärmen  zuerst 
Aether  und  beim  weitern  Sieden  eine  grofse  Menge  Alkohol,  welcher  auf 
diesem  Wege  direct  aus  Aether  regeuerirt  ist,  liefert.  Die  rückständige 
Flüssigkeit  enthält  freie  Schwefelsäure  und  Isäthionsäure. 

Nach  den  Analysen  von  Magnus  und  J.  L.  enthalten  die  Salze  der 
Aethion-  und  Isäthionsäure  die  Elemente  der  schwefelsauren  Aethyloxiddop- 
pelsalze  genau  in  dem  nemlichen  Gewichtsvcrhältnifs,  aber  ihre  Eigenschaf- 
ten weichen  gänzlich  dav«jn  ab.  Die  Aethionsäure  liefert,  wie  das  saure 
schwefelsaure  Aethyloxid,  beim  Sieden  mit  Wasser  Alkohol  und  Isäthion- 
säure, aber  die  letztere  bleibt  unzersetzt.  Ein  isäthionsaures  Salz  der 
oxidirenden  Wirkung  von  schmelzenden  Alkalihydraten  ausgesetzt,  liefert! 
freies  Wasserstoffgas  neben  kohlensaurem  und  kleesaurem  Alkali  (aus  dem 
Kohlenstoff  der  organischen  Materie)  und  ein  Gemenge  von  gleichen  Atom- 
gewichten schwefelsaurem  und  schwefligsaurem  Alkali,  welche  im  Rückstand 
bleiben.  Dieses  Verhalten  charakterisirt  die  unterschwefelsauren  Salze. 

Regnault  bat  ferner  die  Beobachtung  gemacht,  dafs  wasserfreie  Schwe- 
felsäure reines  ölbildendes  Gas,  ohne  Schwärzung  und  ohne  Entwickelung 
von  schwefliger  Säure,  in  grofser  Menge  absorbirt  und  damit  eine  kristalli- 
nische Verbindung  bildet,  welche  mit  Wasser  zusammengebracht  Isäthion- 
säure erzeugt.  Diese  Entdeckung  erklärt  das  Verhalten  der  Schwefelsäure 
zum  Aether  und  Alkohol  auf  eine  unzweideutige  Weise. 

Die  erste  Wirkung  der  wasserfreien  Schwefelsäure  auf  den  Alkohol 
besteht  darin,  dafs  sie  sich  damit  zu  saurem  schwefelsaurem  Aethyloxid- 
hydrat  verbindet;  bei  mehr  wasserfreier  Schwefelsäure  wirkt  sie  zer- 
setzend auf  das  gebundene  Aethyloxid,  sie  entzieht  ihm  Wasserstoff  und 
Sauerstoff  in  dem  Verhältnis  wo  sie  Wasser  bilden,  wodurch  Aetherol 
oder  eine  demselben  gleich  zusammengesetzte  Kohlenwasserstoffverbindung 
in  Freiheit  gesetzt  wird,  die  sich  mit  den  zwei  Atomen  Schwefelsäure, 
welche  mit  dem  Aethyloxid  verbunden  waren,  zerlegt  in  Isäthionsäure 
und  Wasser. 

Sa  06  -4-  C4  H10  0 saures  schwefelsaures  Aethyloxid 

minus  t At.  Wasser  II2  O 

giebt  S2  06  Hs  die  Elemente  der  von  Regnault  entdeckten 

Verbindung. 

Reiner  Aether  wird  durch  wasserfreie  Schwefelsäure  zerlegt  in  Was- 
ser und  schwefelsaures  Aethyloxid-Aetherol.  Das  Wasser  vereinigt  sich 
mit  der  Schwefelsäure  zu  Hydrat,  welches  mit  einer  andern  Portiou  Ae- 
ther saures  schwefelsaures  Aethyloxid  bildet.  Durch  die  Einwirkung  der 
wasserfreien  Schwefelsäure  auf  das  entstandene  Aetherol  geht  eine  ähn- 
liche Zersetzung  vor,  wie  wenn  ölbildendes  Gas  mit  dieser  Säure  zusam- 
mengebracht wird;  es  entsteht  der  Körper,  welcher  mit  Wasser  zusam- 
mengebracht Isäthionsäure  bildet.  Bei  der  weitern  Einwirkung  der  was- 
serfreien Schwefelsäure  auf  das  gebildete  saure  schwefelsaure  Aethyloxid 
geht  die  nemliche  Zersetzung  vor  wie  heim  Alkohol.  Aus  dem  mit  Schwe- 
felsäure gesättigten  Alkohol  erhielt  Magnus  weifse  Kristalle  , ohne  Zwei- 
fel identisch  mit  der  von  Regnault  direct  erhaltenen  Verbindung. 

Unter  allen  Umständen  enthält  eine  Mischung  von  Aether  oder  Alkohol 
mit  wasserfreier  Schwefelsäure  saures  schwefelsaures  Aethyloxid  und  ei- 
nen durch  die  gegenseitige  Zersetzung  von  Schwefelsäure  mit  einem  Koh- 
lenwasserstoff entstandenen  neueu  Körper,  der  mit  Wasser  zusamnienge- 
bracht  Isäthionsäure  liefert.  Wird  die  saure  Flüssigkeit  gekocht,  so  zer- 
legt sich  das  saure  schwefelsaure  Aethyloxid  in  Alkohol  und  freie  Schwe- 
felsäure, die  neben  der  Isäthionsäure  in  der  Flüssigkeit  bleibt.  Wird  si® 


Isäthionsaurer  Baryt. 


731 


mit  Baryt  neutralisirt,  ohne  sie  vorher  zum  Sieden  zu  erhitzen , so  erhält 
man  isäthionsauren  Baryt  und  schwefelsauren  Aethyluxidbaryt , die  mit 
einander  eine  Verbindung  eingehen.  Beide  besitzen  im  trocknen  Zustande 
einerlei  Zusammensetzung.  Die  Aethionsäure  ist  hiernach  eia  Gemenge 
von  saurem  schwefelsaurem  Aethyloxid  mit  Isäthionsäure. 

Die  von  Regnault  entdeckte  Verbindung  enthält  die  Elemente  von  2 
At.  Schwefelsäure  und  einem  dem  ölbildendcn  Gas  gleich  zusammengesetz- 
ten Kohlenwasserstoff, 

s*  06  c4  h8. 

Da  sie  aber,  wie  aus  ihrem  Verhalten  zu  den  Alkalihydraten  hervorgeht, 
keine  Schwefelsäure,  sondern  Unterschwefelsäure  enthält,  so  mufs  ihre 
Constitution  durch  die  Formel 

S2  Oj , c4  h8  o 

ausgedrückt  werden.  Mit  Wasser  zusammengebracht  nimmt  sie  im  Hydrat- 
zustand 2 Atome  Wasser  auf,  von  welchen  1 At.  nicht  mehr  durch  Basen 
ersetzbar  ist. 

Sa  04,C4  Hs  0 
H2  O 

S2  04,  C4  H10O2  -h  aq  Isäthionsäurehydrat. 
Isäthionsäurehydrat. 

Darstellung : Man  zerlegt  eine  Auflösung  von  isäthionsaurem  Baryt 
durch  vorsichtig  zugesetzte  verdünnte  Schwefelsäure,  und  dampft  die  von 
dem  Niederschlage  getrennte  Flüssigkeit  in  der  Wärme,  zuletzt  im  luft- 
leeren Raume  über  Schwefelsäure  ein.  Eigenschaften : Dickflüssige,  öl- 
artige Flüssigkeit  von  sehr  saurem  Geschmack,  leicht  in  Weingeist  und 
Aether  löslich,  verträgt  eine  Temperatur  von  150°  ohne  Zersetzung,  iu 
höherer  tritt  Schwärzung  ein. 

Isäthionsäure  und  Metalloxide. 

Die  Isäthionsäure  verbindet  sich  mit  den  Metalloxiden  zu  Salzen  , wel- 
che ohne  Ausnahme  löslich  sind;  sie  zerlegt  alle  Salze,  welche  durch 
organische  Säuren  gebildet  sind,  indem  sie  sich  mit  der  Basis  derselben 
vereinigt ; ferner  bei  Erwärmung  die  alkalischen  Chlormetalle  unter  Ent- 
wickelung von  Chlorwasserstoffsäure.  Alle  diese  Salze  sind  ohne  Wirkung 
auf  die  Pflanzenfarben,  sie  lassen  sich  einer  Temperatur  von  250°  ohne 
Zersetzung  aussetzen.  Alle  isäthionsauren  Salze  zerlegen  sich  beim  Schmel- 
zen mit  Kalihydrat  und  hinterlassen  ein  Gemenge  von  schwefligsaurem  und 
schwefelsaurem  Alkali.  Das  Ammoniahsalz  kristallisirt  in  Octaedern,  das 
Kalisalz  in  wasserfreien,  farblosen,  durchsichtigen,  breiten  Blättern  oder 
rhombischen  Tafeln,  das  Kupfersalz  in  meergrünen,  regelmäfsigen  Octae- 
dern, welche  2 At.  Kristallwasser  enthalten,  was  sie  bei  120°  verlieren 
und  dabei  milchweifs  werden.  Das  Silbersalz  ist  leichtlöslich  und  in  glän- 
zenden breiten  Blättern  kristallisirbar.  Das  Bleisalz  kristallisirt  in  harten, 
wasserfreien,  sternförmig  gruppirten  Nadelu. 

Isäthionsaurer  Bargt.  Formel:  S2  05 , C4  H10  02,  BaO.  Darstellung : 
In  eine  U förmig  gekrümmte  Röhre  bringt  man  flüssige  wasserfreie  Schwefel- 
säure und  leitet  anfänglich  bei  äusserer  Abkühlung,  später  unter  gelinder  Er- 
wärmung, welche  den  Schmelzpunkt  der  Schwefelsäure  nicht  übersteigen 
darf,  ölbildendes  Gas  durch  diese  Röhre,  was  man  vorher  durch  Kalkmilch, 
sodann  durch  concentrirte  Schwefelsäure  leitet,  um  es  von  schwefliger  Säure 
und  Wasser  zu  befreien.  Sobald  kein  ölbildendes  Gas  mehr  absorbirt  wird, 
löst  man  die  entstandene  Verbindung  in  Wasser,  kocht  sie  im  verdünnten 
Zustande  eine  halbe  Stunde  lang,  sättigt  sie  sodann  mit  kohlensaurem 
Baryt  und  dampft  zur  Kristallisation  ein.  Oder:  man  sättigt  wasserfreien 
Aether  bei  sorgfältiger  und  starker  Abkühlung  mit  wasserfreier  Schwefel- 
säure, vermischt  die  entstandene  Verbindung  mit  Wasser,  wodurch  der  über- 
schüssige Aether  mit  dem  gebildeten  schwefelsauren  Aethyloxid-Aetherol, 


782 


Methion-  u.  Althion-Säure. 


was  darin  gelöst  bleibt,  abgeschieden  wird,  kocht  die  saure  wässerige 
Flüssigkeit  so  lange,  als  man  noch  das  Entweichen  von  Aikoholdämpfen 
bemerkt,  sättigt  sie  jetzt  mit  kohlensaurem  Baryt  und  dampft  zur  Kristal- 
lisation ein.  Eigenschaften : Kristallisirt  leicht  aus  seiner  syrupdicken, 
wässerigen,  noch  leichter  aus  seiner  heifs  gesättigten  Auflösung  in  Wein- 
geist, in  undurchsichtigen,  sechsseitigen  Blättern  oder  Tafeln ; die  Kristalle 
sind  wasserfrei  an  der  Luft  und  in  der  Wärme  unveränderlich  , schmilzt 
bei  200°  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit,  zersetzt  sich  in  höherer  Tempe- 
ratur unter  starkem  Aufblähen. 

Wenn  bei  der  Sättigung  des  Aethers  mit  Schwefelsäure  die  Flüssig- 
keit nicht  sehr  kalt  erhalten  wird,  so  beobachtet  man  eine  Entwickelung 
von  schwefliger  Säure,  die  Mischung  schwärzt  sich  und  enthält  alsdann 
eine  andere,  von  der  Isäthionsäure  verschiedene,  Säure,  Methionsäure, 
besonders  ausgezeichnet  durch  ihre  Eigenschaft,  mit  dem  Baryt  ein  in 
Weingeist  vollkommen  unlösliches  Salz  zu  bilden,  was  mit  dem  isäthion- 
sauren  Baryt  kristallisirt,  aber  durch  dieses  Lösungsmittel  leicht  davon 
befreit  werden  kann. 

Methionsäure . 

Formel  der  wasserfreien  Säure  in  dem  Barytsalz:  Sa  C2  H6  07.  Dar- 
stellung: Wie  die  der  Isäthionsäure  aus  dem  Barytsalz.  Eigenschaften: 
Sehr  saure  Flüssigkeit,  läfst  sich  ohne  Zersetzung  kochen  und  abdampfen. 

Methionsaurer  Baryt.  Wenn  Aether  bei  gewöhnlicher  Temperatur  mit 
Schwefelsäure  gesättigt  und  auf  die  beschriebene  Weise , wie  bei  der  Dar- 
stellung des  isäthionsauren  Baryts,  verfahren  und  die  concentrirte  Auflö- 
sung dieses  Salzes,  ehe  sie  zum  Kristallisiren  gebracht  wurde,  mit  ihrem 
gleichen  Volumen  Weingeist  vermischt  wird,  so  schlägt  sich  methionsaurer 
Baryt  nieder,  den  man  durch  neue  Kristallisationen  aus  Wasser  reinigt. 
Eigenschaften  : Farblose,  durchsichtige,,  glänzende,  wasserfreie,  dem  chlor- 
sauren Kali  ähnliche  Blättchen  , löslich  in  40  Th.  kaltem , leichter  in  sie- 
dendem Wasser;  die  Auflösung  fällt  kein  Metallsalz,  uulöslich  in  Wein- 
geist, verliert  bei  100°  nichts  an  seinem  Gewichte,  in  höherer  Temperatur 
färbt  es  sich  vorübergehend  gelb,  giebt  Wasser,  schweflige  Säure  und 
Schwefel,  im  Rückstand  bleibt  schwefelsaurer  Baryt.  Wird  durch  Schmel- 
zen mit  Kalihydrat  zersetzt,  die  rückständige  Masse  enthält  kein  schwef- 
ligsaures Kali. 

A Ithionsäure. 

Wenn  der  Rückstand  der  Bereitung  des  ölbildenden  Gases  aus  Wein- 
geist und  Schwefelsäure  mit  Wasser  verdünnt  und  mit  Kalkhydrat  gesät- 
tigt wird,  so  bleibt  ein  Kalksalz  in  Auflösung,  weiches  ohne  Veränderung 
abgedampft  und  kristallisirt  werden  kann.  Wird  aus  diesem  Salz  durch 
Schwefelsäure  oder  Kleesäure  der  Kalk  ausgeschieden  , so  erhält  man  eine 
saure  Flüssigkeit,  die  beim  Sieden  Alkohol  liefert,  während  jetzt  freie 
Schwefelsäure  nachweisbar  ist.  Regnault  schlug  zu  ihrer  Bezeichnung  den 
Namen  Althionsäure  vor.  Dieses  Verhalten  ist  identisch  mit  dem  des  sau- 
ren schwefelsauren  Aethyloxids;  auch  sind  die  Salze,  die  sie  mit  Basen 
bildet,  vollkommen  gleich  zusammengesetzt  mit  den  Schwefelsäuren  Aethyl- 
oxiddoppelsalzen,  sie  wurden  lange  dafür  angesehen,  bis  Ettling  die  Be- 
obachtung machte,  dafs  die  Form  der  Salze,  die  diese  saure  Flüssigkeit 
mit  Basen  neutralisirt  bildet,  wesentliche  Verschiedenheiten  von  denen  der 
Aethyldoppelsalze  zeigte.  Diese  Beobachtung  ist  von  Regnault  bestätigt 
worden.  Der  althionsaure  Kalk  ist  nicht  in  regelmäfsigen  Kristallen  zu 
erhalten , seine  sehr  concentrirte  Auflösung  gestellt  zu  einer  amorphen 
Masse.  Das  Barytsalz  kristallisirt  nicht  in  regelmäfsigen  Tafeln  wie  der 
schwefelsaure  Aethyloxidbaryt,  sondern  in  kugelartigen  Anhäufungen  sehr 
feiner,  sternförmig  zusammengesetzter  Nadeln.  Das  Kupfersalz  bietet  die 
bestimmtesten  Verschiedenheiten  dar;  es  kristallisirt  nicht  in  rein  blauen, 
grofsen,  rcchtwinklichen  Prismen  oder  achtseitigen  Blättern,  so  wie  das 


Oxidationsprodukte  des  Aethyis.  733 

schwefelsaure  Aethyloxid-Kupferoxid , sondern  in  laugen,  sehr  dünnen, 
rhombischen  Blättern,  deren  spitzer  Winkel  60°  beträgt,  von  blafsgrüner 
Farbe. 

Bei  langem  Kochen  des  althionsauren  Baryts  scheidet  sich  schwefel- 
saurer Baryt  ab,  während  die  Flüssigkeit  sehr  sauer  wird;  beim  Sättigen 
mit  kohlensaurem  Baryt  schlägt  sich  noch  mehr  schwefelsaurer  Baryt  nie- 
der, und  es  bleibt  eine  kleine  Menge  eines  sehr  löslichen  Barytsalzes  in 
Auflösung,  was  nicht  näher  untersucht  ist. 

Man  kann  kaum  daran  zweifeln,  dafs  die  Verschiedenheiten  in  den 
Eigenschaften  der  sogenannten  althionsauren  Salze  von  den  Aethyloxid- 
Doppelsalzen  auf  einer  ähnlichen  Ursache  beruht,  wie  die  der  äthionsau- 
ren  von  den  nämlichen  Verbindungen;  es  sind  Doppelsalze  von  Isäthion- 
säure  oder  einer  derselben  gleich  zusammengesetzten  Säure  mit  Aethyl- 
oxidsalzen. 

Oxidationsprodukte  des  Aethyis  und  seiner  Verbindungen , welche 
eine  dem  Aelher  und  Alkohol  gleiche  Anzahl  von  Kohlenstoff- 
atomen  enthalten . 

Acetyl  und  seine  Verbindungen  mit  Sauerstoff. 

§.  100.  Es  ist  S.  699  erwähnt  worden,  dafs  durch  die  Ein- 
wirkung der  Salpetersäure  auf  den  Aether  oder  Alkohol,  je 
nach  der  Menge  des  Sauerstoffs,  welche  an  die  brennbaren  Ele- 
mente des  Aethyis  tritt,  verschiedene  Produkte  neben  salpe- 
triger Säure  und  niedrigeren  Oxidationsstufen  des  Stickstoffs 
gebildet  werden.  Diese  Produkte  sind:  Aldehyd , Essigsäure., 
Ameisensäure , Kleesäure , Kohlensäure  und  Wasser.  Die 
Elemente  des  Aethyis  besitzen  eine  ungleiche  Verwandtschaft 
zum  Sauerstoff;  der  Wasserstoff  verbindet  sich  leichter  damit 
als  der  Kohlenstoff,  woher  es  kommt,  dafs  bei  der  ersten  Ein- 
wirkung vorzugsweise  das  erstere  Element  oxidirt  und  hin- 
weggenommen oder  durch  Sauerstoff  ersetzt  wird.  Bei  An- 
wendung anderer  Oxidationsmittel  ändern  sich  diese  Produkte 
in  Beziehung  auf  ihre  Anzahl,  d.  h.  auf  ihre  gleichzeitige  Bil- 
dung; sie  ändern  sich  aber  keineswegs  hinsichtlich  ihrer  Ent- 
stehungsweise. Bei  langsamer  Einwirkung  des  Sauerstoffs 
der  Luft  auf  den  Alkohol,  in  dem  sog.  Essigbildungsprocefs, 
wird  ausschliefsiich  Wasser,  Aldehyd  und  Essigsäure  gebil- 
det. 2 Atome  Sauerstoff  treten  in  diesem  Fall  an  4 Atome 
Wasserstoff  des  Aethers,  es  entsteht  Aldehyd,  welches  direct 
zwei  weitere  Atome  Sauerstoff  aufnimmt  und  damit  Essig- 
säure bildet. 

C4  Hl0  O -f-  aq  Alkohol 
" H4  -HO, 

C4  H6  O -+-  aq  Aldehyd.  Acetyloxid. 

~f~ 0,  2 At.  Sauerstoff 

giebt  C4  H6  03  -i-  aq  Essigsäurehydrat.  Acetylsäure. 

Bei  Anwendung  kräftigerer  Oxidationsmittel,  einer  Mi- 
schung von  Braunstein,  chromsaurem  Kali  mit  verdünnter 
Schwefelsäure,  oder  Berührung  von  Alkohol  und  Aetherdäm- 
pfen  mit  glühendem  Platindrath  bei  Gegenwart  von  Luft  z.  B. 


734 


Acetyl.  Aldehyd. 


entstehen  Oxidationsprodukte  des  Aldehyds,  nemlich  Aldehyd - 
säure  und  Essigsäure , so  wie  ferner  Oxidationsprodukte  der 
letzteren,  nemlich  Ameisensäure  und  Kohlensäure j bei  der 
Einwirkung  von  Salpetersäure  wird  ferner  Oxalsäure  gebil- 
det, die  im  Rückstand  bleibt.  Essigsäure  und  Ameisensäure 
verbinden  sich  aber  leicht  mit  Aethyloxid,  woher  es  kommt, 
dafs  essigsaures  und  ameisensaures  Aethyloxid  stets  diese 
Oxidationsprodukte  begleiten.  Bei  Anwendung  von  Salpeter- 
säure erzeugt  sich  hierbei  noch  ausserdem  salpetrigsaures 
Aethyloxid . 

Bei  Berührung  von  Alkohol  mit  Platinschwamm  oder  Pla- 
tinschwarz wird  bei  Gegenwart  von  Sauerstoff  noch  ein  ande- 
rer Körper,  das  Acetal , gebildet,  was  als  eine  Verbindung 
von  Aldehyd  mit  Aethyloxid  betrachtet  werden  mufs. 

V)  Acetyl . Formel:  C*  H6. 

4 At.  Kohlenstoff  = 305,750 
6 At.  Wasserstoff  — 37,439 
1 At.  Acetyl  = 344,189 

$J,  101.  Durch  die  Hinwegnahme  von  Wasserstoff  entsteht 
aus  dem  Aethyl  ein  neues  Radikal,  was  man  Acetyl  genannt  hat. 
Man  betrachtet  den  Aldehyd  als  das  Hydrat  der  ersten  Oxi- 
dationsstufe des  Acetyls,  wonach  ihm  der  Name  Acetyloxid- 
hydrat zukommt.  Dieser  Körper  besitzt  nicht,  wie  der  Ae- 
ther,  basische  Eigenschaften ; sondern  in  seiner  Fähigkeit, 
mit  Ammoniak  eine  kristallisirbare  Verbindung  zu  bilden,  ist 
sein  Charakter  als  ein  säurebildendes  Oxid  hinlänglich  aus- 
gedrückt. Dieses  Oxid  absorhirt  aus  der  Luft  mit  grofser 
Schnelligkeit  Sauerstoffgas,  und  verwandelt  sich  in  Essig - 
Säurehydrat  Bei  Behandlung  seiner  wässerigen  Lösung  mit 
Silberoxid  entsteht  eine  andere  Säure,  welche  weniger  Sauer- 
stoff als  die  Essigsäure  enthält  5 man  nennt  sie  Aldehydsäure 
oder  acetylige  Säure . Die  Verbindungen  des  Acetyls  sind : 
Acetyl  Ci  He 

Acetyloxid  C4H60  unbekannt. 

Acetyloxidhydrat  C4  H«  0 + H2  0 Aldehyd. 

Acetylige  Säure  C4  H«  02  4*  H2  0 Aldehydsäure. 
Acetylsäure  C4  H6  08  -j-  H2  0 Essigsäure. 

Acetyloxidhydrat.  Aldehyd . Formel : C4  He  O -f  aq. 

4 At.  Kohlenstoff  = 305,750 

8 At.  Wasserstoff  = 49,918 

2 At.  Sauerstoff  ==  200,000 

1 At.  Acetyloxidhydrat  =:  555,668 

Bildung.  Beim  Durchtreiben  von  Aether  und  Alkoholdämpfen  durch 
schwach  glühende  Röhren,  bei  Behandlung  von  schwachem  Weingeist  mit 
Chlor  und  unter  den  oben  angeführten  Verhältnissen. 

Böbereiner  entdeckte,  dafs  bei  der  Destillation  von  concentrirter 
Schwefelsäure  mit  Alkohol  und  Manganhypcroxid  ein  Destillat  erhalten 

\ 


A 1 d e h 7 d. 


735 


werde y welches,  mit  Kali  zusammeogebracht  und  erwärmt,  sich  braun 
färbt  und  bei  Zusatz  von  Säuren  einen  braunrothen , harzähnlichen  Körper 
fallen  läfst.  Der  Körper,  welcher  zu  dieser  Erscheinung  Veranlassung 
gab,  wurde  zuerst  von  J.  L.  dargestellt. 

§.  102.  Darstellung . 2 Th.  Acetyloxid-Ammoniak  (Alde- 
hydammoniak) werden  in  2 Theilen  Wasser  gelöst,  mit  einem 
wohl  abgekühlten  Gemisch  von  3 Th.  Schwefelsäure  und  4 Th. 
Wasser  in  einer  tubulirten  Retorte  übergossen  und,  nach  An- 
fügung eines  mit  Eis  umgebenen  Kühlapparates,  der  Destilla- 
tion im  Wasserbade  unterworfen.  Das  Destillat  wird  zweimal 
über  sein  gleiches  Volumen  Chlorcalcium,  im  Wasserbade  bei 
einer  25  — 30°  nicht  übersteigenden  Temperatur,  rectificirf, 
um  es  von  beigemischtem  Wasser  zu  befreien. 

§.103.  Eigenschaf  len.  Wasserhelle,  farblose,  das  Licht 
wenig  brechende,  Flüssigkeit,  von  eigenthümlich  ätherartigem, 
erstickendem  Geruch;  siedet  bei  21,8°  C. ; sp.  Gew.  bei  18°  C. 
= 0,79.  Mischt  sich  in  allen  Verhältnissen  mit  Wasser,  Ae- 
ther  und  Alkohol,  wird  von  dem  Wasser  durch  Sättigung  mit 
Chlorcalcium  nicht  auf  diese  Weise  vom  Weingeist  abge- 
schieden; ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben:  leicht  entzünd- 
lich, brennt  mit  weifser,  blasser  Flamme.  In  Berührung  mit 
Sauerstotfgas  verwandelt  er  sich,  unter  Absorbtion  desselben, 
in  Essigsaurehydraf ; löst  Phosphor,  Schwefel  und  Iod  auf; 
wird  durch  Chlor  und  Brom,  unter  Bildung  von  Chlor-  und 
Brom-Wasserstotfsäure  und  chlor-  und  brora-haltiger,  ölarti- 
ger Produkte  zerlegt.  Bei  Berührung  mit  wässerigem  Chlor 
geht  er  in  Essigsäure  über,  dasselbe  geschieht  beim  Erwär- 
men mit  verdünnter  Schwefelsäure.  Mit  Schwefelsäurehydrat 
vermischt  verdickt  er  sich,  wird  zuerst  braun,  später  scheidet 
sich  ein  schwarzes  kohleartiges  Gerinnsel  ab;  erhitzt  man 
seine  wässerige  Lösung  mit  Kalihydrat,  so  wird  die  Mischung 
bald  braun,  und  nach  einiger  Zeit  scheidet  sich  auf  seiner 
Oberfläche  ein  hellbrauner  Körper  ab,  der  sich  wie  Harz  in 
lange  Fäden  ziehen  läfst.  Mit  Silberoxid  und  Wasser  schwach 
erwärmt,  wird  das  Metalloxid  ohne  Gasentwickelung  zu  Metall 
reducirt,  was  das  Gefafs  mit  einem  spiegelnden  Ueberzug  be- 
kleidet. Die  Flüssigkeit  enthält  aldehydsaures  Silberoxid. 
Eine  aldehydhaltige  Flüssigkeit,  der  man  etwas  ätzendes  Am- 
moniak und  so  viel  neutrales  salpetersaures  Silberoxid  zusetzt, 
dafs  alle  alkalische  Reaction  verschwindet,  verhält  sich  in  der 
Wärme  auf  die  nämliche  Art,  und  die  hierbei  ohne  Gasent- 
wickelung vorgehende  Reduction  des  Silbers  ist.  neben  dem 
Verhalten  des  Kalihydrats,  eiu  einfaches  und  sicheres  Mittel, 
die  Gegenwart  des  Aldehyds  nachzuweisen.  Der  Aldehyd 
verwandelt  sich  von  selbst  beim  Aufbe wahren  in  zwei  mit  ihm 
und  untereinander  gleich  zusammengesetzte  Körper,  wovon 
der  eine  bei  gewöhnlicher  Temperatur  fest  QM  ei a Idehyd der 
andere  flüssig  (Eialdehyd J ist. 


736 


Aldehyd- Ammoniak. 


Verbindungen  des  Acetyloxids  { Aldehyds 

§.  104.  Von  diesen  Verbindungen  können  nur  zwei  direct 
dargestellt  werden  5 die  eine  ist  seine  Ammoniakverbindung , 
die  andere  enthält  Acelyloxid  und  Kali ; eine  dritte,  das  von 
Döbereiner  entdeckte  Acetal , entsteht  gleichzeitig,  neben 
Aldehyd  und  Essigsäure,  bei  Berührung  von  Alkohbldäiapfen 
mit  Platinschwarz,  bei  Gegenwart  von  Luft  oder  Sauerstoffgas. 

Acetyloxid- Ammoniumoxid.  Aldehyd- Ammoniak. 

Formel;  C4H60,  N2H6,  H20. 

1 At.  Acetyloxidhydrat  ==  555,668 
1 Aeq.  Ammoniak  = 214,474 

1 At.  Aldeliydammoniak  = 770,142 

Döbereiner  beobachtete,  dafs  beim  Sättigen  von  rohem  Acetal  mit 
Ammoniakgas  eine  weifse  kristallinische  Substanz  gebildet  werde,  in  wel- 
cher J.  L.  die  Gegenwart  von  Aldehyd  nachwies. 

§.  105.  Darstellung . 6 Schwefelsäure  werden  mit  4 Was- 
ser und  4 Weingeist  (von  80  p.  c.)  vermischt  und,  nach  Zusatz 
von  6 Th.  feingepulvertem  Manganhyperoxid,  der  Destillation 
bei  gelinder  Wärme  unterworfen.  Die  Retorte  mufs  das  Drei- 
fache der  Mischung  fassen  können  und  mit  einem,  mit  Eis 
oder  Wasser  von  0°  umgebenen,  Kühlapparat  luftdicht  ver- 
bunden seyn.  Sobald  kein  Schäumen  mehr  in  der  Retorte  be- 
merkbar ist,  wird  das  Destillat,  welches  6 Th.  beträgt,  mit 
seinem  gleichen  Gewichte  Chlorcalcium  rectificirt.  Das,  3 Th. 
betragende,  Rectifikat  destillirt  man  zum  zweitenmal  über  sein 

fleiches  Gewicht  Chlorcalciura.  Man  erhält  auf  diese  Art  1 */2 
h.  einer  Flüssigkeit,  welche  zum  grofsen  Theil  aus  Aldehyd 
besteht,  dem  Weingeist,  etwas  Wasser,  ferner  Essig-  und 
Ameisensäureäther  beigemischt  sind.  Man  vermischt  diese 
iy2  Th.  mit  ihrem  gleichen  Volum  Aether  und  sättigt  diese 
Mischung  mit  trocknem  Ammoniakgas,  wo  sich  die  Ammoniak- 
verbindung abscheidet,  welche  durch  Waschen  mit  Aether 
nach  dem  Trocknen  an  der  Luft  vollkommen  rein  ist. 

§.  106.  Eigensch.  Farblose,  durchsichtige,  glänzende,  spitze 
rhombische  Kristalle  von  starkem  Lichtbrechungsvermögen, 
leicht  pulverisirbar,  riechen  nach  Terpentin,  schmelzen  zwi- 
schen 70  und  80°  und  destilliren  bei  100°  unverändert  über. 
Geschieht  die  Destillation  bei  Luftzutritt,  so  bleibt  ein  brauner 
harzartiger  Rückstand;  die  Verbindung  ist  entzündlich  und 
verbrennt  mit  gelber  Flamme.  Die  Kristalle  bräunen  sich  an 
der  Luft  und  in  hermetisch  verschlossenen  Gefäfsen  und  neh- 
men einen  Geruch  nach  verbrannten  Federn  an;  sie  lassen  sich 
am  längsten  unter  einer  Schicht  von  reinem  Aether  unverän- 
dert aufbewahren,  doch  halten  sie  sich  auf  die  Dauer  auch  in 
diesem  Zustande  nicht.  Sie  lösen  sich  im  Wasser  in  jedem 
Verhältnifs,  die  Auflösung  reagirt  alkalisch.  In  der  Wärme 
lösen  sie  sieh  in  Alkohol  leichter,  wie  in  der  Kälte;  sie  lösen 


Acetal. 


737 


sich  in  Acetal  und  Essigäther.  In  Aether  sind  die  Kristalle 
wenig  löslich;  setzt  man  zu  einer  gesättigten  Auflösung  der- 
selben in  Alkohol,  Essigäther  oder  Acetal,  ein  gleiches  Vo- 
lumen Aether,  so  scheidet  sich  der  aufgelöste  Theil  langsam, 
in  sehr  grofsen  und  deutlichen  Kristallen,  ab.  Eine  concen- 
trirte  Lösung  von  Aldehydara moniak  giebt  mit  salpetersaurem 
Silberoxid  einen  leicht  in  Wasser,  nicht  in  Weingeist  löslichen 
Niederschlag,  welcher  Salpetersäure,  Silberoxid,  Ammoniak 
und  Aldehyd  enthält  5 beim  Erwärmen  mit  Wasser  zerlegt  es 
sich  unter  Ueduction  von  Metall  und  unter  Entwickelung  von 
Aldehyd.  Nach  seiner  Formel  enthält  diese  Verbindung  glei- 
che Aequivalente  Ammoniak  und  Aldehyd,  oder  1 At.  Acetyl- 
oxid,  1 At.  Wasser  und  1 Aeq.  Ammoniak. 

Acetal. 

\erbindung  des  Acetyloxidhydrats  mit  Aether. 

Formel:  C4H60,  AeO,  H20.  Empyrische  Formel:  CgHigOj. 

1 At.  Acetyloxidhydrat  =;  555,668 

1 At.  Aether =:  468,146 

1 At.  Acetal  = 1083,814 

Von  Bober  einer  entdeckt  und  unter  dem  Namen  Sauerstoffäther  be- 
schrieben. Bildung:  Bei  der  Berührung  von  Alkoholdämpfen  mit  Platin- 
schwarz bei  Gegenwart  von  Sauerstoffgas.  Darstellung : In  einer  hohen 
Flasche,  mit  weiter  Oeffnung,  deren  Boden  mit  Weingeist  etwa  1 Zoll 
hoch  bedeckt  ist,  hängt  man  3 bis  4 Uhrgläser  über  der  Oberfläche  der 
Flüssigkeit  auf;  man  bringt  in  diese  Uhrgläser  eine  3 Linien  dicke  Lage 
Platinschwarz,  was  man  mit  Wasser  befeuchtet  hat,  und  läfst  die  Flasche 
lose  bedeckt  an  einem  warmen  Orte  mehrere  Wochen  stehen.  Nach  die- 
ser Zeit  ist  die  Flüssigkeit  sehr  sauer  geworden,  sie  enthält  Acetal,  Es- 
sigsäure, Aldehyd  und  etwas  Essigäther;  man  neutralisirt  sie  mit  Kreide, 
unterwirft  sie  der  Destillation  und  bringt  das  Destillat  mit  stets  zu  er- 
neuerndem trocknem  Chlorcalcium  zusammen , wo  Alkohol  und  Wasser  an 
das  Chlorcalcium  treten,  während  Acetal,  Aldehyd  und  Essigäther  in  Ge- 
stalt einer  ätherartigen  Schicht  abgeschieden  werden.  Man  nimmt  sie  ab, 
sobald  das  Chlorcalcium  nicht  mehr  befeuchtet  wird,  und  rectificirt  zum 
zweitenmal  in  einer  tubulirten  Retorte,  in  deren  Tubulus  ein  Thermometer 
befestigt  ist.  Sobald  der  Siedpunkt  der  destillirenden  Flüssigkeit  auf  94° 
gestiegen  ist,  wechselt  man  die  Vorlage  und  fängt  das  Uebergehende  für 
sich  auf,  es  ist  reines  Acetal. 

Eigenschaften:  Farblose,  dünnflüssige,  ätherartige  Flüssigkeit,  von 
eigentümlichem , den  Ungarweinen  ähnlichen  Geruch,  siedet  bei  95°,8, 
iht  spec.  Gewicht  ist  0,833  bei  30%  löst  sich  in  6 — 7 Th.  Wasser,  mischt 
sich  in  allen  Verhältnissen  mit  Alkohol.  Läfst  sich  mit  einer  weingeistigen 
Auflösung  von  Kalihydrat  mischen,  ohne  sich  selbst  bei  dem  Erhitzen  zu 
bräunen , diese  Mischung  absorbirt  aber  bei  Luftzutritt  Sauerstoffgas  und 
wird  tief  dunkelbraun , es  entsteht  hierbei  Aldehydharz.  Mit  concentrirter 
Schwefelsäure  gemischt  wird  es  braun,  schwarz  und  dick.  Seiner  empi- 
rischen Formel  nach  liefse  sich  das  Acetal  als  eine  Verbindung  von  3 At. 
Aethyloxid  mit  1 At.  Essigsäure  betrachten  S(C4  H10  O)  C4  H6  05  z=z 
C16  H46  06  rs  3C8  H18  Oj  , allein  sein  Verhalten  gegen  Alkalien  und  Schwe- 
felsäure scheint  die  Gegenwart  von  Aldehyd  unverkennbar  darin  dar- 
zuthun. 


738 


Aldehydharz.  Metaldehyd, 


Aldehyd  und  Alkalimetalle . 

Wenn  man  in  Aldehyd  Kalium  bringt,  so  wird  durch  die  entstehende 
Erwärmung  der  Aldehyd  ins  Sieden  gebracht;  ein  Theil  zerlegt  sich  in 
Wasserstoffgas,  was  frei  wird,  und  in  eine  feste  alkalihaltige  Verbindung, 
welche  nach  dem  Austrocknen  zurückbleibt;  sie  ist  löslich  in  Wasser  mit 
alkalischer  Reaction,  reducirt  beim  Erwärmen  Silbersalze  und  wird  durch 
Säuren  zersetzt,  ohne  dafs  man  ein  Freiwerden  von  Aldehyd  beobachtet. 

Aldehyd  und  Alkalien. 

Aldehydharz. 

Produkt  der  Zersetzung  des  wässerigen  Aldehyds  mit  kaustischen 
Alkalien . — Entstellt  ebenfalls  beim  Aussetzen  einer  Auflösung  von  Kali- 
hydrat  in  Alkohol  an  die  Luft;  bei  der  Einwirkung  der  Elektricität  auf 
kalihaltigen  Alkohol.  Die  Zersetzung,  welche  der  Aldehyd  bei  der  Bil- 
dung dieses  Körpers  erleidet,  ist  noch  unerforscht;  man  weifs  nur,  dafs 
es  nicht  das  einzige  Zersetzungsprodukt  ist.  Erwärmt  man  Kalkhydrat 
oder  Kalihydrat  mit  einem  Gemisch  von  4 Th.  Wasser  und  1 Th.  Aldehyd 
in  einem  Destillirapparate , so  geht  eine  in  hohem  Grade  durchdringend 
geistig  riechende,  die  Augen  heftig  schmerzende,  brennbare  Flüssigkeit 
über,  welche  mit  Wasser  mischbar  ist.  Auf  der  alkalischen  Flüssigkeit  in 
der  Retorte  schwimmt  eine  weiche,  gelbe  oder  gelbbraune  Masse,  welche 
leichtlöslich  in  Alkohol  und  verdünnter  Kalilauge  ist,  und  daraus,  nach 
dem  Abdampfen  oder  nach  Sättigung  mit  einer  Säure,  wieder  erhalten 
werden  kann.  Es  scheint  bei  Luftzutritt  eine  fortschreitende  Veränderung 
zu  erfahren;  wird  es  trocken  und  in  Pulverform  auf  100°  erwärmt,  so 
bemerkt  mau  stets  einen  seifenartigen,  widrigen  Geruch,  und  zuweilen  ist 
ee  der  Fall,  dafs  es  sich  von  selbst  entzündet. 

Elaldehyd. 

Ein  Produkt  der  Umsetzung  der  Elemente  des  Aldehyds.  — Entdeckt 
von  Fehling.  — Läfst  man  reinen , wasserfreien  Aldehyd  bei  einer  Tem- 
peratur von  0°  eine  Zeitlang  stehen,  so  verliert  es  nach  und  nach  seine 
Mischbarkeit  mit  Wasser  und  verwandelt  sich  in  lange,  durchsichtige,  eis- 
artige Nadeln,  welche  eine  zusammenhängende  Masse  bilden.  Bei  -f-2° 
verwandeln  sie  sich  in  eine  durchsichtige  Flüssigkeit,  welche  ätherartig 
und  leichter  als  Wasser  ist,  von  ähnlichem,  wiewohl  schwächerem,  Ge- 
ruch wie  Aldehyd;  sie  siedet  bei  .04°,  der  Dampf  ist  leicht  entzündlich 
und  brennt  mit  blauer  Flamme.  Mit  Kalihydrat  erwärmt  wird  es  nicht 
braun  und  besitzt  keine  Wirkung  auf  Silberoxid  ; es  vereinigt  sich  nicht 
mit  Ammoniak,  durch  concentrirte  Schwefelsäure  wird  es  in  der  Kälte 
braun  gefärbt,  in  der  Wärme  geschwärzt.  Besitzt  dieselbe  procentischc 
Zusammensetzung  wie  Aldehyd  dem  Gewichte,  aber  eine  sehr  verschie- 
dene dem  Volumen  seiner  Elemente  nach. 

1 Vol.  Aldehyddampf  enthält  1 Vol.  Eialdehyddampf  enthält 

1 Vol.  Kohlenstoff  3 Vol.  Kohlenstoff 

2 - Wassserstoff  6 - Wasserstoff  * 

y2  - Sauerstoff  l1/*  - Sauerstoff. 

Die  Elemente  von  3 Vol.  Aldehyddampf  haben  sich  mithin  bei  seiner  Bil- 
dung auf  1 Vol.  verdichtet. 

Metaldehyd, 

Produkt  der  Umsetzung  der  Elemente  des  Aldehyds.  — Entdeckt  von 
J.  L.  — üeberläfst  man  reinen  Aldehyd  in  einem  verschlossenen  Gefäfse 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  sich  selbst,  so  sieht  man  lange  feine  Nadeln 
oder  weifse,  durchsichtige,  farblose  Säulen  darin  entstehen,  die  bis  zu 
einem  gewissen  Zeitpunkte  an  Gröfse  zunehmen.  Die  Bildung  dieser  Kri- 
stalle scheint  befördert  zu  werden,  wenn  Materien  mit  unebner  Ober- 


Aid  ehy  dsäure. 


739 


fläche,  Stücke  von  Chlorcalcium  in  dem  Aldehyd  liegen.  Zuweilen  sieht 
man  diese  Kristalle  nach  längerer  Zeit  in  der  Flüssigkeit  wieder  ver- 
schwinden, ohne  dafs  man  im  Stande  ist,  sie  in  Auflösung  nachzuweisen. 
Das  Elaldehyd  kristallisirt  in  4seitigen  harten  Prismen,  welche  sich  leicht 
zu  Pulver  zerreiben  lassen  und  bei  120°  verdampfen,  ohne  vorher  zu 
schmelzen.  Der  Dampf  verdichtet  sich  in  der  Luft  zu  feinen,  schneeähn- 
lichen , leichten  Flocken.  Sie  sind  in  Wasser  unlöslich,  leichtlöslich  in 
Alkohol  und  daraus  kristallisirbar.  Die  Zusammensetzung  derselben  ist 
die  nemliche,  wie  die  des  Aldehyds  ( [Fehling ).  Die  Bestimmung  des  Vo- 
lumenverhältnisses seiner  Elemente  wird  auch  bei  diesem  Körper  eine  we- 
sentlich von  der  des  Aldehyds  verschiedene  Constitution  feststellen. 


Der  groisen  Neigung  wegen,  welche  der  Aldehyd  besitzt,  sich  in 
Körper  von  andern  Eigenschaften  umzuwandeln,  ist  es  wahrscheinlich  zu- 
zuschreiben, da£s  durch  seine  Zersetzung  mit  Chlor  mannichfaltige  und 
neue  Produkte  entstehen , die  mit  denen , welche  aus  Alkohol  direct  ge- 
bildet werden,  wenig  Aehnlichkeit  besitzen.  Versuche,  die  man  anstellte, 
aus  Aldehyd  und  Chlor  Chloral  zu  erzeugen,  lieferten  zuweilen  eine 
chlorhaltige  Flüssigkeit,  die  mit  Schwefelsäure  in  Berührung  fest  und  weifs 
wurde  und  den  Geruch  des  unlöslichen  Chlorals  besafs , allein  in  andern 
bekam  man  von  Chloral  in  ihrem  Verhalten  verschiedene  Materien.  Die 
eigenthümliche  Umsetzung  aber,  die  das  Chloral  für  sich,  ohne  Zutritt 
einer  andern  Materie  erleidet,  nähert  sein  chemisches  Verhalten  zu  sehr 
dem  des  Aldehyds,  als  dafs  man  an  einem  Zusammenhänge  in  der  Con- 
stitution beider  zweifeln  könnte. 

Acelylige  Säure . Aldehydsäure, 

Formel  der  wasserhaltigen  Säure : C4  H6  02  + aq. 

Mit  diesen  Namen  hat  man  die  Säure  bezeichnet,  welche  bei  Erwär- 
mung von  wässerigem  Aldehyd  mit  Silberoxid  entsteht,  und  welche,  mit 
Silberoxid  verbunden,  in  der  wässerigen  Flüssigkeit  bleibt.  Leitet  man 
durch  die  Auflösung  dieses  Salzes  Schwefelwasserstoffsäure  , so  wird  das 
Silber  als  Schwefelsilbcr  abgeschieden,  und  man  erhält  die  Säure  rein, 
wiewohl  mit  vielem  Wasser  verdünnt.  Sie  röthet  in  diesem  Zustande  das 
Lackmuspapier  und  besitzt  einen  sauren  stechenden  Geschmack;  neutrali- 
sirt  die  Alkalien  und  Metalloxide,  allein  es  gelingt  nicht,  ihre  Salze  im 
Zustande  der  Reinheit  darzustelleu;  beim  Abdampfen  der  Salze  mit  alka- 
lischen Basen  in  der  Wärme  färbt  sich  ihre  Auflösung  dunkelbraun,  indem 
sich  die  Säure  in  Essigsäure  und  in  einen  dem  Aldehydharz  ähnlichen  Kör- 
per zersetzt.  Unter  der  Luftpumpe  abgedampft  erhält  man  sie  von  gelber 
Farbe;  ihre  charakteristische  Eigenschaft  ist,  mit  coucentrirter  Schwefel- 
säure schon  in  der  Kälte,  unter  Entwickelung  eines  die  Augen  stark  an- 
greifenden Geruches,  geschwärzt  zu  werden.  Wird  eine  Auflösung  von 
aldehydsaurem  Baryt  mit  salpetersaurem  Silber-  oder  Quecksilber-Oxid  ver- 
mischt und  erwärmt,  so  scheidet  sich  metallisches  Silber  oder  Quecksilber 
ab,  ohne  dafs  ein  Aufbrausen  bemerkbar  ist,  und  man  findet  alsdanu  rei- 
nen essigsauren  Baryt  in  der  Auflösung.  Ueber  die  Zusammensetzung  die- 
ser Säure  läfst  das  folgende  Verhalten  keinen  Zweifel  zu. 

Aldehyd  giebt,  mit  Silberoxid  erwärmt,  ein  lösliches  Silbersaiz,  un- 
ter Reduction  von  einem  Theii  des  Silberoxids;  ohne  sich  einem  Irrthum 
auszusetzen,  kann  man  voraussetzen,  dafs  das  hier  entstehende  Salz  ein 
Atom  Silberoxid  enthält.  Wird  die  Auflösung  dieses  Silbersalzes  mit  so- 
viel Barytwasser  vermischt,  dals  das  Silberoxid  vollständig  gefällt  wird, 
und  erhitzt  man  dieses  Silberoxid  in  der  Auflösung,  welche  das  neu  ent- 
standene Barytsalz  enthält,  so  wird  es  vollständig  reducirt,  und  es  ent- 
steht neutraler  essigsaurer  Baryt.  In  dem  letzteren  verhält  sich  der  Sauer- 
stoff der  Basis  zu  dem  der  Säure  wie  1:3;  aber  1 At.  von  diesen  drei 
Atomen  Sauerstoff  war  mit  Silberoxid,  in  dem  aldehydsauren  Salze,  ver- 
einigt und  von  diesem,  bei  dem  Uebergange  der  Aldehydsäure  in  Essig- 


740 


Essigsäure. 


säure,  abgegeben  worden.  Die  Formel  C4  H6  05  drückt  die  Zusammen- 
setzung der  Essigsäure  in  ihren  trocknen  Salzen  aus,  und  demzufolge 
mufs  die  Aldehydsäure  durch  C4  H6  0*  dargestellt  werden. 

Die  Aldehydsäure  scheint  ein  Gemengtheil  der  sog.  Lampensäure  zu 
seyn,  welche  von  Davy  und  Faraday  zuerst  beobachtet,  von  Daniell  und 
O’Connell  näher,  wiewohl  sehr  unvollkommen,  untersucht  worden  ist. 
Befestigt  man  nahe  über  dem  Dochte  einer  Lampe,  welche  Alkohol  oder 
Aether  enthält,  einen  spiralförmig  gewundenen  Platindrath  von  gewisser 
Feinheit,  und  erhitzt  denselben  bis  zum  Glühen,  so  fährt  der  Drath  in 
dem  verdunstenden  Alkohol  oder  Aetherdampf,  der  stets  mit  einer  gewis- 
sen Menge  Luft  sich  mischt,  zu  glühen  fort.  Man  bemerkt,  wenn  man 
das  Gesicht  über  diese  Glühlampe  hält,  einen  eigenthümlichen,  stechenden 
Geruch,  welcher  von  einer  Materie  herrührt,  die  die  Augen  schmerzt  und 
zu  heftigen  Thränen  reizt.  Wird  über  dieser  Vorrichtung  ein  Verdich- 
tungsapparat angebracht  (ein  Helm  z.  B.  mit  Ableitungsrohre),  so  erhält 
man  eine  saure  Flüssigkeit,  welche  ein  Gemenge  von  mehreren  Säuren 
enthält,  zu  denen  namentlich  Ameisensäure  gehört  C O’Connell).  Die  Salze 
mit  alkalischer  Basis,  welche  von  Daniell  mittelst  dieser  Säure  dargestellt 
wurden,  besafsen  sehr  nahe  die  Zusammensetzung  der  essigsauren,  unter- 
schieden sich  aber  wesentlich  davon  durch  ihr  Verhalten  gegen  Silber-  und 
Quecksilbersalze,  deren  Auflösungen,  damit  erwärmt,  die  Metalle  reguli- 
nisch  niederfallen  liefsen  unter  Entwickelung  von  Kohlensäuregas.  Ein 
Theil  des  schweren  Metalloxids  blieb  in  der  Auflösung  als  essigsaures  Salz 
zurück.  Dieses  Verhalten  veranlafste  O’  Connell , diese  Säure  für  ein  Ge- 
menge von  Essigsäure  mit  Ameisensäure  zu  erklären.  Allein  die  Auflösun- 
gen der  alkalischen  Salze  dieser  Säure  werden  beim  Abdampfen  dunkel- 
braun, und  die  Säure  selbst  wird,  mit  concentrirter  Schwefelsäure  ge- 
mischt, dunkelbraun  und  dick,  beim  Erhitzen  schwarz;  dies  sind  Eigen- 
schaften, welche  weder  der  Essigsäure  noch  der  Ameisensäure  angehören, 
sondern  mit  denen  der  Aldehydsäure  übereinstimmen;  auch  besitzen  wohl 
beide  Säuren  einen  stechendeu  Geruch,  allein  sie  haben  keine  Wirkung 
auf  die  Augen.  Daniell  hielt  die  Lampensäure  für  Essigsäure  in  Verbin- 
dung mit  einem  harzartigen  Körper.  Eine  nähere  Untersuchung  der  aus 
Aldehyd  und  Silberoxid  direct  gebildeten  Aldehydsäure  mufs  über  ihre 
Identität  mit  der  Lampensäure  entscheiden. 

Läfst  man  gewöhnlichen  Salpeteräther,  welcher  ein  Gemenge  von 
Aldehyd  mit  salpetrigsaurcm  Aethyloxid  ist,  in  der  Lampe  ohne  Flamme 
auf  eine  ähnliche  Weise  verbrennen,  so  setzt  sich  am  Platindrath  eine 
hellgelbe,  harzähnliche,  stickstoffhaltige  Materie  ab,  die  in  Alkohol  und 
Wasser,  nicht  in  Aether  löslich  ist.  Die  wässerige  Auflösung  schmeckt 
bitter,  röthet  Curcuma  und  riecht  nach  Ammoniak,  sie  reducirt  Silber- 
und Quecksilbersalze. 

Acetylsäure.  Essigsäure . Symb.  A. 

Formel  der  wasserhaltigen  Säure : C4  H6  O3  -f-  aq. 

4 At.  Kohlenstoff  = 305,750 

6 At.  Wasserstoff  = 37,439 

3 At.  Sauerstoff = 300,000 

1 At.  wasserfreie  Säure  = 643,189 

1 At.  Wasser = 112,480 

1 At.  Essigsäurehydrat  = 755,669 

Der  rohe  Essig  ist  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  bekannt.  Die  Al- 
chemisten kannten  den  Kupfer  Spiritus.  Stahl  und  Westendorf  lehrten  eine 
reinere  und  stärkere  Essigsäure,  durch  Zersetzung  essigsaurer  Salze  ver- 
mittelst Schwefelsäure,  gewinnen;  Läwitz  in  Petersburg  stellte  1793  zu- 
erst das  Essigsäurehydrat  dar.  Aus  Wein,  Bier  und  allen  der  geistigen 
Gährung  fähigen  Flüssigkeiten  wurde  schon  in  den  frühesten  Zeiten  Essig 
bereitet ; ein  Auszug  von  gemalztem  Getreide  sowie  zuckerige  Flüssigkei- 


Essig  I)  i 1 <1 11  n g\ 


741 


ten  liefern  ebenfalls  Essig.  In  diesen  letzteren  Fällen  gebt  die  Bildung 
des  Weingeisies  (d.  h.  die  geistige  Gährung)  der  weiteren  Verwandlung 
in  Essig  voraus.  Man  beobachtete  sehr  frühzeitig , dafs  hierbei  die  Tem- 
peratur der  in  Essig  übergehenden  geistigen  Flüssigkeit  und  mit  dem  Wein- 
geistgehalt derselben  der  Säuregehalt  des  Essigs  zunahm,  und  dafs  keine 
Essigbildung  statt  fand,  wenn  alle  Luft  abgeschlossen  wurde.  Da  aber  in 
den  gegohrnen  Flüssigkeiten,  welche  den  gewöhnlichen  Essig  liefern, 
noch  andere  Materien  enthalten  sind,  die  sich  bei  Gegenwart  von  Luft 
ebenfalls  verändern,  und  die  Produkte  dieser  secundären  Veränderung 
gleichzeitig  mit  denen,  welche  der  Weingeist  liefert,  auftraten,  so  machte 
dieses  eine  wissenschaftliche  Erklärung  des  wahren  Vorgangs  unmöglich. 
Man  verglich  den  Essigbildungsprocefs  mit  der  Gährung  des  Traubensaftes, 
mit  welchem  aber  die  Umwandlung  des  Weines  iu  Essig  nichts  gemein  hat, 
als  dafs  sie  bei  Luftzutritt  vor  sich  geht,  ohne  dafs  man  sonst  etwas  hin- 
zubringt. Daher  die  Bezeichnung  Essiggährung  von  dieser  Zeit  her.  Diese 
Ansichten  erhielten  eine  bestimmtere  Richtung  durch  die  merkwürdige  Ent- 
deckung von  J.  Davy , welcher  gefunden  hatte,  dafs  Platinschwarz  in 
Berührung  mit  Alkohol,  indem  er  glühend  wurde,  zur  Bildung  von  Essig- 
säure Veranlassung  gab,  und  wurde  diese  Beobachtung  in  der  Hand  von 
Döbereiner  der  Schlüssel  zur  theoretischen  Entwickelung  der  Verwand- 
lung von  Alkohol  in  Essigsäure.  Er  zeigte,  dafs  der  Alkohol  hierbei 
Sauerstoff  aufnimmt,  dafs  sich  neben  Wasser  und  Essigsäure  keine  Koh- 
lensäure bildet;  aus  dem  Volumen  des  von  einer  gewogenen  Quantität 
Alkohols  aufgeoommenen  Sauerstoffgases  bewies  er,  dafs  zu  1 At.  Alkohol 
4 At.  Sauerstoff  treten  , woraus  sich  nach  der  bekannten  Zusammensetzung 
der  Essigsäure  der  Schlufs  ergab,  dafs  sich  hierbei  1 At.  Essigsäure  und 
3 At.  Wasser  bilden  müssen,  C4  H12  O*  -4-  40  = C4  H6  03  -h  3H2  O.  Die 
Art,  auf  welche  die  4 Atome  Sauerstoff  verwendet  werden,  ist  S.  733 
auseinandergesetzt.  Die  Essigbildung  auf  gewöhnlichem  Wege  bedarf  in 
Beziehung  auf  die  dabei  nothwendige  Mitwirkung  fremder  organischer  Ma- 
terien noch  einiger  Aufklärung,  die  sich,  wie  ausdrücklich  hervorgehoben 
werden  mufs,  lediglich  auf  die  vortheilhafte  Weise  erstreckt,  wie  sie  dazu 
beitragen,  um  die  Absorbtion  des  Sauerstoffs  durch  den  Alkohol  einzulei- 
ten und  zu  begünstigen.  Der  chemische  Procefs  selbst  ist  eine  Verbren- 
nung in  niederer  Temperatur,  die  man  bekanntlich,  insofern  sie  organische 
Materien  erfahren,  Verwesung  nennt. 

Reiner  oder  mit  Wasser  verdünnter  Alkohol  säuert  sich  nemlich  an 
der  Luft  nicht.  In  Wein  oder  Bier  oder  gegohrnen  Flüssigkeiten,  welche 
neben  dem  Alkohol  noch  fremde  org.  Materien  enthalten,  verschwindet 
bei  Zutritt  der  Luft  in  einer  angemessenen  Temperatur  der  Alkohol  und 
an  seiner  Stelle  findet  sich  Essigsäure.  Die  nemliche  Verwandlung  erleidet 
der  Alkohol,  wenn  ihm  im  verdünnten  Zustande  gewisse  organische  Ma- 
terien, Malzextrakt,  Honig,  Wein,  Weintrestern,  Hefe  oder  schon  fer- 
tiger Essig  zugesetzt  werden.  Diese  Materien  nehmen  also  in  gewissem 
Sinne  Antheil  an  der  Essigbildung,  insofern  sie  den  Alkohol  fähig  machen, 
Sauerstoff  aufzunehmen,  eine  Fähigkeit,  die  er,  wie  bemerkt,  im  reinen 
Zustande  nicht  besitzt.  Wenn  man  das  Verhalten  dieser  Materien  und  alle 
Erscheinungen  ins  Auge  fafst,  so  kann  man  sich  über  die  Rolle,  welche 
sie  spielen,  nicht  täuschen.  Die  Verwandlung  des  Alkohols  in  Essigsäure 
ist  absolut  derselbe  Vorgang,*  wie  der  Schwefelsäurebildungsprocefs , so 
wie  durch  das  Stickstoffoxidgas  der  Sauerstoff  der  Luft  auf  die  schweflige 
Säure  übergetragen  wird,  auf  eine  völlig  gleiche  Weise  verhalten  sich 
diese  organische  Substanzen  gegen  den  Weingeist,  sie  absorbiren  Sauer- 
stoffgas und  versetzen  es  in  einen  Zustand,  wo  es  fähig  wird,  von  dem 
Alkohol  aufgenommen  zu  werden.  Versuche,  welche  neuerdings  de  Saus- 
sure über  das  Verhalten  gährender  Pflanzenstoffe  gegen  Wasserstoffgas 
und  Sauerstoffgas  bekannt  gemacht  hat,  entfernen  jeden  Zweifel  über 
diese  Wirkungsweise.  Feuchte  Dammerde,  angefeuchtete  Pfian zenstoffe 
und  Saamen,  bei  einer  gewissen  Temperatur  mit  diesen  Gasen  iu  Berüh- 
rung, veranlassen  eine  Verschwindung  beider,  und  zwar  genau  in  dem 
Raumverhältnisse,  wo  sie  Wasser  bilden.  Bei  Abschlufs  des  Wasserstoff- 


Essigsäure. 


7U 

gases  würden  lediglich  Oxidationsprodukte  der  organischen  Materien  selbst 
entstanden  seyn.  Denkt  man  sich  das  Wasserstoffgas  durch  Weingeist- 
dampf ersetzt;  so  hat  man  alle  Bedingungen  der  Essigbildung.  Hobelspäne 
oder  Sägespäne  von  Holz  absorbiren  an  der  Luft  im  feuchten  Zustande 
mit  ausserordentlicher  Schnelligkeit  Sauerstoffgas,  sie  verschwinden  nach 
und  nach  (verwesen),  indem  sich  Kohlensäure  und  eine  im  Wasser  lös- 
liche Verbindung  bildet;  diese  Absorbtionsfähigkeit  bleibt  die  nemliche, 
wenn  das  Holz  mit  verdünntem  Weingeist  befeuchtet  ist,  aber  iu  diesem 
Falle  tritt  der  Sauerstoff  an  den  Alkohol  und  es  entsteht  Essigsäure.  Fein 
zertheiltes  Platin  verhält  sich  gegen  Sauerstoffgas  durchaus  auf  dieselbe 
Weise,  in  seinen  Poren  wird  eine  dem  Volumen  nach  ausserordentlich 
grofse  Menge  verdichtet,  ohne  dafe  hierbei  eine  eigentliche  den  Oxiden 
analoge  Verbindung  entsteht,  denn  dieser  Sauerstoff  kann  unter  der  Luft- 
pumpe wieder  entfernt  werden.  In  den  organischen  Materien  würde  die- 
ser Sauerstoff  nach  und  nach  au  die  Elemente  derselben  treten,  das  Platin 
bleibt  in  diesem  eigentümlichen  Zustande  unverändert.  Wird  nun  dieses 
Platin  mit  Weingeist  befeuchtet,  so  tritt  dieser  verdichtete  Sauerstoff  an 
den  Wasserstoff  desselben,  es  entsteht  Aldehyd , was  bei  Ueberschufs  von 
Sauerstoff  in  Essigsäure  übergeht.  Das  Platin  fährt  fort  Sauerstoff  anzu- 
ziehen und  an  den  Weingeist  abzugeben,  ohne  die  geringste  Aenderung 
zu  erleiden;  die  organischen  Materien  nehmen  aber  in  der  höheren  Tem- 
peratur bei  dem  Essigbildungsprocef?  und  durch  den  Einflufs  des  Sauer- 
stoffs neue  Formen  an,  es  entstehen  in  der  warmen  Flüssigkeit,  wie  in 
warmen  Mineralquellen,  eigentümliche  Vegetationen,  ähnlich  den  sog. 
Thermalpflanxen , die  sich  als  sog.  Essigmutter  iu  grol'ser  Menge,  iu  Ge- 
stalt gelatinöser  weifser  Massen,  in  den  Gefäfsen  absetzea.  Wein  und 
Bier  werden  an  der  Luft  nur  dann  sauer,  wenn  sie  Materien  enthalten, 
die  fähig  sind  Sauerstoff  anzuziclien.  Der  klarste  junge  Wein  setzt  bei 
der  Aufbewahrung  an  einem  kühlen  Orte  (in  Kellern)  noch  mehrere  Jahre 
lang  sogenannte  Unterhefe  ab,  sie  wird  gebildet  durch  die  Oxidation  ge- 
wisser stickstoffhaltiger  Materien,  welche  in  dem  Wein  gelöst  sind;  dieser 
Wein  wird  in  höherer  Temperatur  zu  Essig,  so  lange  noch  die  kleinste 
Spur  dieser  Sauerstoff  absorbirenden  Materien  darin  enthalten  ist;  völlig 
abgelagerter  Wein  verliert  aber  diese  Fähigkeit  in  dem  Grade,  als  die 
Menge  derselben  abnimmt.  Dasselbe  findet  statt  bei  dem  Bier,  was  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  in  Fässern  gegoliren,  was  die  sog.  Obergähruny 
erlitten  hat,  indem  es  noch  eine  reichliche  Menge  oxidatiousfähige  stick- 
stoffhaltige Materie  enthält.  Läfst  man  aber  das  Bier  bei  einer  niederen 
Temperatur,  welche  die  Essigbildung  verhindert,  in  weiten  offenen  Ge- 
fäfsen gäliren,  eine  Gährung,  welche  4—6  Wochen  dauert,  so  tritt  aller 
Sauerstoff  der  Luft  an  diese  stickstoffhaltige  Substanz,  sie  scheidet  sich 
in  unauflöslichem  Zustande  auf  dem  Boden  der  Gefäfse  als  sog.  Unterliefe 
ab,  und  sobald  diese  Abscheidung  vollständig  erfolgt  ist,  bat  dieses  Bier 
seine  Fähigkeit  verloren,  bei  gewöhnlicher  Temperatur  sauer  zu  werden 
(baierisches  Bier').  Alle  frische  Pflanzenstoffe,  oder  Pflanzentheile , fri- 
sche fleischige  Früchte  verhalten  sich  gegen  den  Sauerstoff  der  Luft  wie 
das  feinzertheilte  Platin , bei  Gegenwart  von  wasserhaltigem  Alkohol  ver- 
anlassen und  unterhalten  sie  die  Säuerung  d.  h.  die  Oxidation  des  Wein- 
geistes. 

Man  hat  die  Wirkung  dieser  organischen  Materien  bei  dem  Essigbil- 
dungsprocels  dem  Einflufs  einer  eigentümlichen  Kraft,  welche  man  kata- 
lytische Kraft  genannt  hat,  zuschreiben  wollen,  welche  Kraft,  durch  den 
blofsen  Contakt  mit  gewissen  Materien  hervorgerufen,  chemische  Zersetzun- 
gen und  Verbindungen  bedingt,  ohne  dafs  diese  Materien  nun,  wie  bei 
andern  chemischen  Processen , directen  Antheil  daran  nehmen ; allein  es 
kann  keine  Frage  seyn,  dafs  man  die  Schwefelsäurebildung  ebenfalls  zu 
den  sog.  katalytischen  Processen  gerechnet  haben  würde,  wenn  nicht  zu- 
fällig die  Färbung  des  Stickstoffoxidgases  bei  Gegenwart  von  Sauerstoff 
und  die  Entfärbung  der  entstandenen  salpetrigen  Säure  durch  schweflige 
Säure  bei  Gegenwart  von  Wasser,  die  wahre  Rolle,  die  dieses  Gas  in 
der  That  übernimmt,  entschleiert  hätte. 


Scbnellessig  fabrikation.  74-3 

Das  Vorhergehende  wird  das  Verfahren  bei  der  gewöhnlichen  Essig- 
fabrikation  verständlich  machen. 

Im  Kleinen  liefern  100  Th.  Wasser,  13  Th.  Branntwein,  4 Th.  Honig 
und  1 Th.  Weinstein,  oder  120  Th.  Wasser,  12  Th.  Branntwein,  3 Th. 
brauner  Zucker,  1 Th.  Weinstein  und  % Th.  Sauerteig,  an  einem  war- 
men Orte  stehend,  nach  einigen  Wochen  einen  starken  und  angenehmen 
Essig. 

§.107.  Im  Grofsen  wendet  man  einen  Auszug  von  gemalztem 
Getreide  an,  welches  man  der  geistigen  Gahrung  unterworfen, 
in  offenen  Gefäfsen  mit  etwas  Zusatz  von  Sauerteig  gewöhn- 
lich in  geheizten  Zimmern,  sog.  Essigstuben,  bis  zur  vollen- 
deten Essigbildung  stehen  Jäfst. 

In  Weinländern  wird  hierzu  Wein  angewendet,  welcher 
einen  gewissen  Grad  von  Säure  beim  Aufbewabren  bekommen 
hat;  er  wird  mit  etwas  Essig  vermischt,  in  offenen  Kufen,  die 
ganz  oder  zum  Theil  mit  Weintrestern  (grappes  des  raisinsj 
angefüllt  sind,  stehen  gelassen.  Von  Zeit  zu  Zeit  wird  die 
Flüssigkeit  an  dem  unteren  Theile  des  Gefäfses  abgelassen, 
wodurch  Luft  an  die  Stelle  derselben  tritt;  die  von  der  alko- 
holhaltigen Flüssigkeit  durchdrungenen  Trestern  erwärmen 
sich  unter  Absorbtion  des  Sauerstoffs  dieser  Luft,  und  bei  ab- 
wechselndem Aufgiefsen  und  Ablassen  geht  die  Essigbildung 
sehr  schnell  vor  sich.  Durch  Zusatz  von  mehr  oder  weniger 
Branntwein  wird,  wie  oben  erwähnt,  der  Essig  nach  Belieben 
verstärkt. 

Durch  Beachtung  aller  zur  Oxidation  des  Alkohols  günsti- 
gen Bedingungen,  nemlich  angemessene  Temperatur,  unge- 
hinderter Zutritt  der  Luft  und  möglichst  grofse  Oberfläche  der 
Flüssigkeit,  kann  die  Zeit,  in  welcher  die  Essigbildung  vor 
sich  geht,  ausnehmend  verkürzt  werden.  Die  sog.  Schnell- 
es sig  fabrikation  ist  auf  die  Einhaltung  dieser  von  der  Wissen- 
schaft vorgeschriebenen  Erfordernisse  gebaut. 

Die  erste  Bekanntmachung  dieses  Verfahrens  rührt  von  Wagenmann 
und  Schützenbach  her.  Man  bedient  sich  dazu  eines  Gemenges  von  1 Tb. 
Branntwein  (von  80  p.  c.  Alkoholgehalt)  nnd  4 — 6 Th.  Wasser,  dem  man 
im  Anfang  etwas  ( yio0o ) Sauerteig  oder  Weinessig,  oder  Honig,  Malz- 
auszug, Syrup  zusetzt.  Man  bedient  sich  zur  Säuerung  dieses  Gemisches 
eines  Apparates,  der  aus  einem  hohen  cylindrischen  Fasse  besteht,  wel- 
ches oben  und  unten  mit  Löchern  versehen  ist,  um  der  Luft  Durchgang 
zu  verstatten.  In  dieses  Fal's  werden  Hobelspäne  von  Weifsbuchenholz 
mäfsig  fest  eingetreten , welche  man  mit  starkem  Essig  getränkt  hat.  Die 
zu  säuernde  Flüssigkeit  wird  tropfenweise  durch  diese  Hobels[?äne  fliefsen 
gelassen , wodurch  ihre  Oberfläche  bis  ins  Unendliche  vermehrt  wird.  Die 
Flüssigkeit  wird  beim  ersten  Aufgiefsen  bis  zu  24  — 28°  erwärmt,  sehr 
schnell  steigt  die  Temperatur  von  selbst  im  Innern  des  Fasses  bis  auf  38 
— 40°,  bei  welcher  Temperatur  sie  stehen  bleibt,  wenn  die  Operation 
fortgesetzt  und  im  guten  Gange  erhalten  wird.  Wenn  die  Flüssigkeit  zwei- 
bis  dreimal  durch  die  Späne  gelaufen  ist,  so  ist  aller  darin  enthaltene  Al- 
kohol in  Essigsäure  verwandelt,  was  in  24  — 36  Stunden  geschieht.  Es 
ist  klar,  dafs  alle  weingeisthaltigen  Flüssigkeiten,  namentlich  Trauben» 
und  Obstweine,  sich  zur  Säuerung  in  diesem  Apparate  eignen. 

Ist  nur  soviel  Sauerstoff  in  der  Luft,  welche  durch  das  Fafa  hindurch- 
streicht,  als  der  Alkohol  nöthig  hat,  um  zu  Aldehyd  zu  werden, — nicht 
genug  also  um  den  Aldehyd  in  Essigsäure  zu  verwandeln,  — so  entweicht 


744 


Essigsäure. 


der  Aldehyd  io  der  entsauerstofften  Luft,  man  erleidet  einen  entsprechen- 
den Verlust  an  Essigsäure.  Wenn  man  eine  gewisse  Quantität  des  Essigs 
destillirt  und  das  Destillat  mit  Aetzkali  erhitzt  , so  zeigt  die  entstehende 
braune  Färbung  die  Gegenwart  des  Aldehyds  an.  Es  ist  zweckmäfsig, 
die  aus  den  Essigbildern  entweichende  Luft  durch  aufgesetzte  Holzröhren 
ausserhalb  des  Lokals  zu  leiten.  Zusatz  von  aromatischen  gewürzhaften 
Stoffen,  flüchtigen  Oelen , so  wie  die  kleinste  Spur  von  Holzessig,  ver- 
hindert die  Umwandlung  des  Alkohols  in  Essigsäure. 

Ein  guter  Essig  zum  Haus-  und  Arzneigebrauche  mufs  für  1 Unze  80 
bis  32  Gran  trocknes  kohlensaures  Kali  sättigen ; er  enthält  in  diesem 
Falle  nahe  5 p.  c.  wasserfreie  Essigsäure,  das  spec.  Gewicht  desselben 
wechselt  von  1,01 — 1,03. 

Enthält  der  Essig  fremde  organische  Materien  in  Auflösung,  so  ver- 
anlassen diese  eine  fortschreitende  Zersetzung  der  Essigsäure;  indem  sie 
nach  und  nach  verschwindet,  finden  sich  an  ihrer  Stelle  schleimige,  gal- 
lertartige Materien  , oder  weifse  rahmartige  Flocken  und  Häute.  Sehr  oft 
entsteht  in  dem  Essig  entweder  bei  seiner  Darstellung  oder  bei  seiner  Auf- 
bewahrung eine  unendliche  Menge  von  Thieren , sog.  Essigaalen,  die  man 
mit  blofsen  Augen  erkennen  kann;  ihre  Erzeugung  soll  sich  verhindern 
lassen,  wenn  die  Oeffnungen,  durch  welche  Luft  zu  der  in  Essig  über- 
gehenden Flüssigkeit  tritt , mit  feinem  Mousselin  überzogen  wird.  Durch 
Erhitzen  zum  Sieden  werden  diese  Thiere  getödtet. 

Verfälschung  des  Essigs  mit  Miaeralsäuren , namentlich  mit  Schwefel- 
säure und  Salzsäure,  entdeckt  man  mit  Barytsalzen  oder  salpetersaurem 
Silberoxid.  Es  ist  zu  beachten,  dafs  die  meisten  Essigsorten  geringe  Men- 
gen von  schwefelsauren  Salzen  enthalten.  Weinessig  enthält  Weinstein; 
der  mit  Silber-  und  Barytsalzcn  ebenfalls  weifse  Niederschläge  giebt,  aber 
die  letztem  lösen  sich  in  Salpetersäure.  Eine  Auflösung  von  Brechwein- 
stein trübt  sich  mit  jedem  Essig,  welcher  Mineralsäuren  enthält  ( Kühne ). 
Enthält  er  scharfe  Pflanzenstoffe,  Capsicum  annuum,  Daphne  Mezereum , 
Rad.  pyrethri , so  werden  diese  Beimischungen  bemerkbar,  sobald  der 
Essig  mit  einem  Alkali,  am  besten  mit  kohlensaurem  Kalk,  gesättigt  wor- 
den ist. 

§.108.  Der  angenehme,  erquickende  Geruch  der  meisten  Es- 
sigarten rührt  von  Essigäther  her.  Man  unterscheidet  Weinessig 
(rothen  und  weifsen),  Bier - und  Malzessig ; sie  enthalten  ne- 
ben Essigsäure  alle  in  dem  Wein  und  Malzauszug  enthaltenen 
aufgelösten  fremden  Materien.  Durch  Destillation  erhält  man 
daraus  eine  reinere,  von  allen  nicht  flüchtigen  Gemengtheilen 
befreite,  obwohl  an  Säuregehalt  geringere,  Essigsäure,  de- 
stillirlen  Essig . Zusatz  von  gepulverter  Holzkohle  verhindert 
das  Brandigwerden.  Er  ist  wasserhell,  unveränderlich  beim 
Aufbewahren.  Der  saure  extractartige  Rückstand  (Sapo  acelij 
giebt  bei  einer  zweiten  Destillation  einen  schwächeren  destil- 
lirten  Essig.  Ein  sehr  wasserhaltiger  Essig  kann  durch  Ge- 
frieren, obwohl  mit  bedeutendem  Verlust,  verstärkt  werden. 
Der  aus  Branntwein  und  Wasser  in  der  Schnellessigfabrikation 
dargestellte  Essig  kann  in  seiner  Reinheit  dem  destillirten 
gleichgestellt  werden.  Durch  trockne  Destillation  des  Holzes 
erhält  man  den  Holzessig,  die  rohe  Holzsäure  £ Acidum  pyro - 
HgnOSUm  crudumj.  Im  Grofsen  kann  man  ihn  durch  schickliche  Vor- 
richtungen bei  Holzbrennereien  in  Meilern  oder  Oefcn  erhalten.  Die 
Säure  wird  mechanisch  von  Theer  und  Oel  geschieden.  Es  ist 
eine  dunkelbraune  Flüssigkeit  von  brenzlichem  sauren  Geruch 
und  Geschmack.  Durch  Rectifikation  derselben  in  gläsernen 


Essigsäurehydrat 


745 


Destillirapparaten  bis  auf  J4  Rückstand  erhält  man  daraus  die 
reclificirle  Holzessigsäure  £ Acidum  pyro-lignosum  reclifica - 
tum}.  Diese  ist  eine  mehr  dünnflüssige,  heller  gelbbraune, 
durchsichtige  Flüssigkeit,  welche  der  vorhergehenden  ähnlich, 
jedoch  minder  widerlich  empyreumatisch  riecht  und  schmeckt. 
Beide  Flüssigkeiten  bestehen  hauptsächlich  aus  Essigsäure  und 
Wasser  5 der  Gehaltan  ersterer  ist  beträchtlicher  als  in  rohem 
Essig.  Ausserdem  enthalten  sie  sogenanntes  brenzlich-äthe- 
risches Oel,  d.  i.  ein  Gemisch  von  Paraffin  und  Eupion,  wohl 
auch  Naphthalin  ; ferner  sogenanntes  Brandharz  und  Brand- 
extract  £ Berzelius };  desgleichen  brenzlichen  Holzessiggeist, 
Holzgeist  und  Kreosot,  welchen  Theilen  sie  ihre  Farbe,  den 
besondern  Geruch  und  Geschmack  und  eigene  medicinische 
Kräfte  verdanken.  Der  Holzessig  wirkt  giftig,  besonders  der 
unrectificirte. 

Reine  Essigsäure,  Essigsäurehydrat . 

Zusammensetzung  und  Formel  siehe  oben. 

Nur  in  Verbindung  mit  Wasser  bekannt. 

§ 109.  Darstellung : Aus  trocknen  essigsauren  Salzen  durch 
Destillation  mit  Schwefelsäurehydrat.  Im  Grofsen : 1)  3 Th. 
vollkommen  ausgetrocknetes,  fein  pul verisirtes,  essigsaures  Na- 
tron bringt  man  in  eine  Retorte  von  doppeltem  Rauminhalt,  und 
setzt  9,7  Th.  Schwefelsäurehydrat,  welches  man  vorher  durch 
Aufkochen  von  Wasser  und  aller  salpetrigen  Säure  gereinigt 
und  bis  zu  50°  erkalten  gelassen  hat,  hinzu.  Durch  die  hef- 
tige Wärmeentwickelung  bei  der  Zersetzung  des  essigsauren 
Salzes  destillirt  y8  der  Essigsäure  von  selbst  über,  man  destil- 
lirt  bei  gelinder  Wärme  bis  der  Rückstand  vollkommen  flüssig 
geworden  ist.  Das  zuerst  von  selbst  übergehende  Destillat  ist 
schwächer  als  das  später  kommende  5 das  ganze  Destillat  wird 
zur  Befreiung  von  etwas  Schwefelsäure  und  übergespritztem 
schwefelsaurem  Natron  einer  Rectifikation  unterworfen.  Man 
erhält  im  Ganzen  2 Th.  concentrirte  Säure  von  20  p.  c.  .Was- 
sergehalt. Die  letzten  zwei  Drittel  des  Rectifikats  werden 
besonders  aufgefangen  und  in  einem  verschliefsbaren  Gefäfse 
einer  Temperatur  von  4 — 5°  über  0°  ausgesetzt;  hierbei  kri- 
stallisirt  das  Essigsäurehydrat,  die  mehr  wasserhaltige  bleibt 
flüssig  und  wird  von  den  Kristallen  abgegossen.  Durch  eine 
neue  Schmelzung  der  Kristalle  für  sich  und  eine  zweite  Kri- 
stallisation erhält  man  das  reine  Essigsäurehydrat > Eisessig. 

2)  Oder  man  unterwirft  3 Th.  vollkommen  trocknes  essig- 
saures Bleioxid  mit  0,8  Schwefelsäurehydrat  der  Destillation 
und  verfährt  wie  angegeben.  Früher  erhielt  man  die  reine 
Säure  weniger  vortheilhaft  und  verunreinigt  durch  Essiggeist 
£ Aceton },  durch  trockne  Destillation  des  getrockneten , kri- 
stallisirten  essigsauren  Kupferoxids  (^Kupfer  Spiritus}.  Ein  Ge- 

Geiger  s Pharmacie t /.  (5 ie  Aufl.)  48 


716 


Essigsäure. 


halt  von  schwefliger  Säure  wird  vor  der  Recfcifikation  durch  Zusatz  von 
etwas  braunem  Bleibyperoxid  (Braunstein  ist  hierzu  weniger  tauglich)  ent- 
fernt. Bei  Digestion  mit  wasserfreiem  schwefelsaurem  Natron  giebt  eine 
Essigsäure  j welche  20  p c.  Wasser  enthält  einen  Th  eil  desselben  an  das 
Salz  ab  5 davon  abgegossen  und  rectificirt  Jiefert  sie  eine  gröfsere  Menge 
Essigsäurehydrat. 

§.  110.  Eigenschaften:  Kristaliisirt  unter  17°  C.  in  was- 
serhellen, breiten,  glänzenden,  durchsichtigen  Blättern  und 
Tafeln;  schmelzbar  über  17°  C.  zu  einer  wasserhellen  Flüs- 
sigkeit von  1,063  spec.  Gewicht  und  durchdringendem , eigen- 
thümlichem  Geruch;  von  höchst  beifsendem  Geschmack;  zieht 
auf  der  Haut  weifse  Blasen;  die  flüssige  Säure  siedet  bei  120°, 
raucht  schwach  an  feuchter  Luft  und  zieht  Wasser  daraus  an; 
mischbar  in  allen  Verhältnissen  mit  Wasser,  Alkohol  und 
Aether,  sowie  vielen  ätherischen  Gelen;  löst  Kampher  und 
verschiedene  Harze  auf.  Der  Dampf  der  erhitzten  Essigsäure 
läfst  sich  entzünden,  verbrennt  mit  blafsblauer  Flamme  zu 
Kohlensäure  und  Wasser.  Concentrirte  Schwefelsäure  mischt 
sich  damit,  die  Mischung  bräunt  und  schwärzt  sich  beim  Er- 
hitzen , unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure.  Salpeter- 
säure ist  ohne  bemerkbare  Einwirkung,  durch  (Jebcriodsäure 
zerlegt  sie  sich  in  Ameisensäure,  Iodsäure  und  freies  lod.  ln 
der  Kälte  und  im  Dunkeln  wird  sie  durch  Chlor  nicht  zerlegt; 
bei  Einwirkung  des  Sonnenlichts  wird  ihr  Wasserstoff,  in  der 
Form  von  Salzsäure,  abgeschieden  und  ersetzt  durch  ein  Ae- 
quivalent  von  Chlor  ( Chlor acelylsäare ).  In  Dampfgestalt 
durch  eine  schwach  glühende  Bohre  getrieben,  zerlegt  sie  sich 
in  Kohlensäure  und  Aceton,  in  hoher  Temperatur  zerlegt  sich 
das  Aceton  in  brennbare  Gasarten,  unter  Absatz  von  Kohle. 

Essigsäurehydrat  und  Wasser. 

§.  III.  Beim  Vermischen  von  Essigsäurehydrat  mit  einem 
gewissen  Verhältnis  Wasser  ist  das  Volumen  der  Mischung 
kleiner  als  das  der  Bestandteile  zusammen,  und  das  spec. 
Gewdcht  gröfser  als  wie  das  des  Hydrats  der  Säure  für  sich. 
Ein  mit  seinem  gleichen  Gewichte  Wassers  vermischtes  Essig- 
säurehydrat besitzt  dasselbe  spec.  Gewicht  wie  die  reinste 
Säure.  Eine  Mischung  von  77,2  Hydrat  und  22,8  Wasser 
besitzt  das  höchste  spec.  Gewicht  ==  1,079,  sie  siedet  bei  104°. 
Diese  Säure  enthält  genau  3 Atome  Wasser  auf  i At.  was- 
serfreie Säure.  Die  zu  medicinischen  und  andern  Zwecken 
angewendete,  mehr  wasserhaltige,  Essigsäure  wird  stets  aus 
essigsaüren  Salzen  durch  Destillation  mit,  mehr  oder  weniger 
verdünnter,  Schwefelsäure  gewonnen.  Die  unter  dem  Namen 
concentrirter  Essig  im  Handel  vorkommende  Säure  gewinnt 
man  aus  dem,  aus  Holzessig  dargestellten,  essigsauren  Na- 
tron. 10  Theile  kristallisirtes  Salz  destillirt  man  mit  6 Th. 
Schwefelsäurehydrat,  in  kupfernen  oder  eisernen  Gefäfsen  mit 
aufgesetztem  Helm  von  Steinzeug  oder  Glas.  Die  erhaltene 


747 


Essigsäure  Salze, 

Saure  wird  rectifieirt  und  das  erstere  schwächere  Destillat  für 
sich  aufgefangen.  Man  erhält  eine  Säure  von  1,035  spec. 
Gewicht,  wovon  2 Theile  1 Theil  kohlensaures  Kali  sättigen. 

Bei  allen  andern  Säuren  nimmt;  in  Mischungen  derselben  mit  Wasser, 
das  specifische  Gewicht  mit  der  Menge  des  zugesetzten  Wassers  ab;  bei 
der  Essigsäure  nimmt  es  bis  zu  einem  gewissen  Punkte  zu,  woher  es 
kommt,  dafs  eine  Säure  von  einem  höheren  specifischen  Gewichte  weni- 
ger Alkali  neutralisirt,  als  die  stärkste  Essigsäure.  Man  schrieb  früher 
diese  ungewöhnliche  Erscheinung  einer  veränderten  Zusammensetzung  zu, 
und  da  mau  damals  die  Ameisensäure  nur  unvollkommen  kannte  und  für 
eine  Art  Essigsäure  hielt,  so  schreibt  sich  hierher  die  Annahme  einer  es- 
sigen  Säure.  Dumas  macht  übrigöns  auf  bestimmte  Unterschiede  in  dem 
Verhalten  der  im  Handel  vorkommenden  Sorten  von  Essigsäure  aufmerk- 
sam. Das  reine  Hydrat  der  Essigsäure  löst  nemlich  Quecksilberoxid  ohne 
Veränderung  auf  und  verbindet  sich  damit;  manche  andre  Essigsorten,  mit 
dem  nemlichen  Oxid  zusammengebracht,  bilden  hiugegen  nur  essigsaures 
Quecksilberoxidul , ohne  dafs  man  einsieht,  wohin  die  Hälfte  des  Sauer- 
stoffs, den  das  Oxid  abgab  um  zu  Oxidul  zu  werden,  hingekommen  ist. 
Dieses  Verhalten  scheint  offenbar  auf  einen  Gehalt  von  fremden  Materien 
in  den  gewöhnlichen  ^Sorten  von  concentrirtem  Essig  hinzuweisen. 

Prüfung  auf  ihre  Reinheit . Das  reine  Essigsäurehydrat  mufs  wasser- 
hell, leicht  kristallisirbar  und  entzündlich  seyn.  Sie  darf  nicht  brenzlich 
oder  nach  schwefliger  Säure  riechen,  mit  Wasser  verdiinut  weder  mit 
Barytsalzen  noch  mit  Silbersalzeu  einen  Niederschlag  geben.  Salpeter- 
säure eutdeckt  man  darin,  wenn  die  Säure  mit  etwas  iudiglösuug  versetzt 
und  gekocht,  die  blaue  Farbe  der  letzteren  in  Gelb  verwandelt. 

Anwendung . Der  Eisessig  wird  gewöhnlich  als  Riechmittel  bei  Ohn- 
mächten, der  destillirte  und  gemeine  Essig  wird  in  der  Fharmacie  zur 
Darstellung  vieler  Arzneimittel  angewendet;  der  rohe  Holzessig  ist  seines 
Gehaltes  an  Kreosot  und  anderer  empyreumatischen  Stoffe  wegen  als  äus- 
serliches  Mittel  gegen  bösartige  hartnäckige  Geschwüre  und  Wunden  sehr 
geschätzt;  dient  ferner  zuih  Conserviren  des  Fleisches  und  leicht  verderb- 
licher animalischer  Stoffe. 

Essigsäure  und  Basen. 

Jf.  i\2.  Die  Essigsäure  bildet  mit  dem  Ammoniak  und 
den  Metalloxiden  lösliche  Salze,  mit  Ausnahme  einiger  ihrer 
Verbindungen  mit  Molybdän - und  Wolfram- Oxid , welche 
unlöslich  sind;  das  Silberoxid  - und  Quecksilber  oxid  - Sal% 
sind  schwerlöslich. 

Der  Sauerstoff  der  Base  terhält  sich  in  den  neutralen  Sal- 
zen zu  dem  der  Säure  wie  1:3.  Sie  bildet  basische  Salze 
mit  anderthalb  und  dreimal  so  viel  Basis,  wie  in  den  neutralen. 
Alle  essigsauren  Salze  werden  durch  die  Hitze  zerstört.  Die 
Salze  der  Alkalien  und  alkalischen  Erden  liefern  bei  der  trock- 
nen Destillation  im  Rückstand  kohlensaure  Salze,  während 
Aceton  (Essiggeist)  mit  dem  Kristallwasser  der  Salze  über- 

destillirt.  Da  die  wasserfreie  Essigsäure  ihren  Elementen  nach  die  Be- 
standteile von  1 At.  Aceton  und  1 At.  Kohlensäure  enthält,  so  erklärt 
sich  diese  Zersetzung  leicht.  Das  Aceton  ist  meistens  mehr  oder 
weniger  mit  einem  brenzlichen  Oele  verunreinigt,  dessen  Ur- 
sprung auf  seiner  eignen  Zersetzung  in  der  mehr  oder  weniger 
hohen  Temperatur  beruht.  Die  andern  essigsauren  Salze  ge- 


74S 


Essigäther* 


ben  unter  denselben  Umständen  ein  Gemenge  von  Essigsäure, 
Kohlensäure  und  Aceton,  während  entweder  Metalloxide  oder 
regulinische  Metalle  Zurückbleiben. 

Die  Auflösung  der  essigsauren  Alkalien  erleiden  für  sich, 
namentlich  bei  Ueberschufs  von  Alkaligehalt,  im  verdünnten 
Zustande  eine  eigentümliche  Art  von  Zersetzung,  die  Base 
findet  sich  nemlich  mit  Kohlensäure  verbunden  und  es  erzeu- 
gen sich  in  der  Flüssigkeit  schleimige  gelatinöse  Materien  oder 
Vegetationen. 

Beim  Uebergiefsen  mit  concentrirter  Schwefelsäure  ent- 
wickeln sie  den  eigenthümlichen  Geruch  der  Essigsäure.  Man 

erkennt  auf  die*  zuverlässigste  Weise  die  Gegenwart  der  Essigsäure  oder 
eines  essigsauren  Salzes , wenn  man  es  mit  verdüunter  Schwefelsäure  de- 
stillirt  und  das  Destillat  mit  Bleioxid  in  der  Kälte  digerirt.  Das  Bleioxid 
löst  sich  auf  und  beim  Vorhandeuseyn  von  Essigsäure  reagirt  die  Auflö- 
sung alkalisch.  Essigsäure  Salze  mit  alkalischer  Basis  lassen 
sich  mit  Eisen,  Chromoxid  und  Zinnoxidsalzen  ohne  Verände- 
rungmischen, werden  aber  diese  Mischungen  zum  Sieden  er- 
hitzt, so  schlägt  sich  in  der  heifsen  Flüssigkeit  alles  Eisenoxid, 
Zinnoxid,  Chromoxid  als  basisches  Salz  vollständig  nieder. 
Läfst  man  den  Niederschlag  in  der  Flüssigkeit,  so  löst  er  sich 
nach  dem  Erkalten  wieder  auf. 

Essigsäure»  Aethyloxid , Essigäther } Essignaphtha  (Ae t her 
aceticuSy  Naphtha  acetica ). 

Formel:  C4H<j03  + C4H10O  oder  A,  AeO, 

1 At.  Essigsäure  =,  643/189 
1 At.  Aethyloxid  — : 468,146 
1 At.  Essigäther  = 1111,335 

Die  Bereitung  des  Essigäthers  lehrte  zuerst  Lauragais  1759.  Scheele 
erklärte  1782,  dafs  die  Bildung  des  Essigäthers  ohne  Anwendung  einer 
Mineralsäure  (vorzüglich  Schwefelsäure)  nicht  gelinge,  dieses  bestätigte 
1805  Bucholz , 1806  Schulze  und  Lichtenberg.  (Durch  wiederholte  De- 
stillation einer  Mischung  von  Essigsäure  und  Weingeist  bildet  sich  jedoch 
nach  und  nach  etwas  Aether,  aber  immer  sehr  wenig,  während  eine  Spur 
von  Schwefelsäure  die  Essigätherbildung  auffallend  befördert.)  Dumas 
und  Boullay  stellten  1827  viele  Versuche  über  diese  und  die  vorhergehen- 
den Aethcrarten  zur  Ausrnittelung  ihrer  Bestaudtheile  an  (Journal  de  pharm. 
Mars  1828,  und  Magazin  für  Pharm.  Bd.  22.  S.  33.) 

§.  113.  Darstellung . 16  Th.  wasserfreies  essigsaures  . 
Bleioxid,  4V2  Th.  Alkohol  und  6 Th.  Schwefelsäurehydrat, 
oder  10  Th.  kristallisirtes  essigsaures  Natron,  15  Th.  Schwe- 
felsäurehydrat und  6 Th.  Weingeist  von  80  — 85  p.  c.  werden 
der  Destillation  unterworfen.  Das  Destillat  wird  in  eine  tu- 
bulirte  Betörte  gebracht,  so  lange  Kalkhydrat  zugesetzt,  als 
noch  saure  Beaction  bemerkbar  ist,  sodann  ein  gleiches  Vo- 
lumen Chlorcalcium  hinzugefügt  und  nach  einigen  Stunden  im 
Wasserbade  rectificirt.  Man  erhält  ein  dem  Weingeist  glei- 
ches Gewicht  reinen  Essigäther.  Die  letzten  Spuren  eines 
etwaigen  Alkoholgehaltes  entfernt  man  durch  eine  neue  Di- 


Essigsaures  Ammoniak. 


749 


gestion  mit  Chlorcalcium  5 nachdem  man  ihn  davon  abgegossen 
hat,  rectificirt  man  ihn  zum  zweitenmal.  Die  Schwefelsäure  wird 
mit  dem  Alkohol  gemischt  und  nach  dem  Erkalten  auf  das  feingepulverte 
Salz  in  der  Retorte  gegossen;  man  giebt  im  Anfang  wenig,  zuletzt  ziem- 
lich starkes  Feuer;  es  mufs  für  eine  möglichst  gute  Abkühlung  Sorge  ge- 
tragen werden;  beigemischter  Aether  geht  im  Anfang  der  Rectifikation  über. 

Früher  wurde  der  Essigäther  durch  Destillation  von  coneentrirter  Es- 
sigsäure mit  Alkohol;  wiewohl  wenig  vorteilhaft,  dargestellt;  kann  auch 
erhalten  werden,  wenn  6 Th.  trocknes  schwefelsaures  Xethyloxidkali  oder 
ein  anderes  dieser  Doppelsalze  mit  starker  Essigsäure  im  Wasserbade  de- 
stillirt  wird.  Bildet  sich  überall,  wo  Alkohol  der  Einwirkung  des  Sauer- 
stoffs ausgesetzt  wird,  oder  wenn  Essigsäure  in  dem  Moment,  wo  sie  aus 
einer  andern.  Verbindung  frei  wird,  in  Berührung  mit  Alkohol  kommt,  bei 
der  Zersetzung  von  essigsaurein  Kali  in  Alkohol  durch  Kohlensäure,  bei 
der  Einwirkung  von  Chlor  und  Brom  auf  Weingeist. 

Erklärung.  Saures  schwefelsaures  Aethyloxid  zerlegt /sich  mit  essig- 
saurem Natron  oder  Bleioxid  in  saures  schwefelsaures  Natron,  oder  schwe- 
felsaures Bleioxid  und  essigsaures  Aethyloxid. 

§.114.  Eigenschaften , Farblose,  brennbare,  leicht  ent- 
zündliche, mit  gelber  Flamme  brennende  Flüssigkeit  von  höchst 
angenehmem,  eigenthiimlich  erfrischenden  Geruch,  siedet  bei 
74°,  von  0,89  spec.  Gew.  bei  15°,  ohne  Keaction  auf  Pflan- 
zenfarben, läfst  sich  in  reinem  Zustande  unverändert  aufbe- 
wahren, bei  Wasser-  oder  Weingeistgehalt  wird  er  mit  der 
Zeit  sauer 5 löst  sich  in  7 Th.  Wasser,  mischt  sich  mit  Alko- 
hol und  Aether  in  jedem  Yerhältnifs.  (Mit  Chlorcalcium  anhaltend 
geschüttelt  löst  er  eiue  gewisse  Quantität  davon  auf  und  erstarrt  damit  zu 
einem  weifsen  kristallinischen  Brei,  aus  welchem  bei  Zusatz  von  Wasser 
der  Aether  wieder  abgeschieden  wird.)  Besonders  leicht  zerlegbar  durch 
Alkalien.  Mit  Vitriolöi  erhitzt  zerfällt  er  in  Aether  und  Essigsäure ; Salz- 
säure bildet  damit  leichten  Salzäther,  und  Salpetersäure  Salpeteräther, 
unter  Freiwerden  der  Essigsäure,  Duflos.  — 1 Theil  Fssigäther  und 
0 Theile  Weingeist  bilden  den  essigäther halligen  Weingeist 

versüfsten  Essiggeist  ( Spiritus  acetico -aether  eus , Liquor  anodinus  vege- 
tabilis).  Er  löst  ferner  die  ätherischen  Oele,  viele  Harze  u.  s.  vv. , über- 
haupt iu  der  Regel  dieselben  Substanzen,  welche  auch  Aether  löst.  Mit 
2 Theilen  Weingeist  und  9 Theilen  essigsaurem  Eisenoxid  vermischt,  ist 
es  die  Tinctura  Ferri  acetici  aetherea. 

Seine  Reinheit  erhellt  aus  den  angegebenen  Eigenschaften.  Er  mufs 
den  reinen,  angenehm  ätherischen  Geruch  und  Geschmack,  so  wie  das 
angezeigte  specifische  Gewicht  haben.  Darf  sich  nicht  in  einem  gröfsern 
Verhältnifs  als  wie  1 — 7 mit  Wasser  verbinden;  mufs  sich  leicht  und  voll- 
ständig verflüchtigen.  Darf  Lackmus  nicht  röthen  und  durch  Hydrothion- 
säurc  nicht  gefärbt  werden. 

Medicinische  Anwendung Der  Essigäther  wird  wie  die  vorhergehen- 
den officinellen  Aether-Arten  innerlich  und  äusserlich  verwendet. 

Essigsäure  und  Ammoniak. 

Saures  essigsaures  Ammoniak.  Darstellung : Gleiche  Theile  essig- 
saures Kali  und  Salmiak  werden  innig  gemengt  bei  möglichst  niederer  Tem- 
peratur der  Destillation  unterworfen.  Es  entwickelt  sich  im  Anfänge  rei- 
nes Ammoniakgas,  später  geht  saures  Salz  in  Gestalt  einer  schweren,  dicken, 
farblosen  Flüssigkeit  über,  die  bei  gewöhnlicher  Temperatur  erstarrt. 
Eigenschaften:  Strahlige,  von  nadelförmigen,  durchsichtigen,  farblosen 
Kristallen  gebildete  Masse,  reagirt  sauer,  zerfliefslich  an  der  Luft,  in  je-- 
dem  Verhältnifs  in  Wasser  und  Alkohol  löslich. 


750 


Essig  saures  Ammoniak. 


Neutrales.  Man  schmilzt  das  vorhergehende  saure  Salz  im  Wasser- 
bade  und  leitet  dnrch  Aetzkalk  getrocknetes  Ammoniakgas  hinzu , bis  dafs 
es  nach  und  nach  eine  feste  Beschaffenheit  annimmt.  Oder  man  sättigt 
kristallisirtes  und  geschmolzenes  Essigsäurehydrat  mit  Ammoniakgas.  Ei- 
genschaften: Feste  weifse  Masse,  geruchlos,  iin  Wasser  und  Alkohol  sehr 
löslich;  von  schwach  saurer  Keaction,  verliert  in  höherer  Temperatur 
Ammoniakgas  und  wird  zu  saurem  Salz. 

Neutrales  flüssiges  essig saures  Ammoniak  ( Liquor  ammoniaci 

aeelici).  \ 

Formel : C4  H6  03 , N2  fJ6 , H2  0 oder  A , Am  -f  aq. 

Synonyme:  Minderer’«  Geist,  im  verdünnten  Zustande  (Spiritus  seu 
Liquor  Minderen,  Liquor  Acetatis  ammonici,  Acetas  Ammoniae  dilutus). 

Diese  Flüssigkeit  beschrieb  zuerst  Boerhaave  1733  und  führte  sie  als 
Arzneimittel  ein;  später  empfahl  Minderer , vorzüglich  in  Schottland,  das 
Mittel,  und  nachher  benannte  man  es  nach  seinem  Namen. 

§.  tS5.  Darstellung : Das  flüssige  essigsaure  Ammoniak 
bereitet  man  sich  am  einfachsten,  indem  6 Theile  wässeriges 
Aetzammoniak  von  0,96  genau  mit  concenlrirtem  Essig  ge- 
sättigt, dann  der  Mischung  so  viel  Wasser  zugesetzt  wird, 
dafs  das  Ganze  21  Theile  beträgt.  Zur  bessern  Kemigung 
schüttelt  man  die  neutrale  Flüssigkeit  mit  etwas  frischgeglüh- 
ter  (etwa  Vso — V20)  Kohle  und  filtrirt.  Man  setzt  zweckmäfsig 
etwas  weniger  Wasser  zu  und  wäscht  das  Filter  mit  Wasser  nach,  bis 
das  angegebene  VcrhäKnifs  durch  ist.  Bemerkt  man  genau,  wieviel  con- 
centrirter  Essig  zur  Neutralisation  nöthig  war,  so  braucht  mau  später  nur 
beide  Flüssigkeiten  ln  dem  gefundenen  Verhältnifs  zu  mischen.  Der  Zu- 
satz von  Kohle  ist  nöthig,  um  den  Beigeruch,  der  vom  Salmiakgeist  her- 
rührt, zu  entfernen.  Die  neueste  preufsische  Pharinacopöe  von 
1829  läfst  geradezu  ätzendem  Salmiakgeist  mit  concentrirtem 
Essig  sättigen,  ohne  Wasserzusatz.  Nach  mehreren  neuern 
Pharmacopöen  bereitet  man  dieses  Mittel,  indem  3 Theile 
trocknes  einfach  kohlensaures  Ammoniak  mit  concentrirtem 
Essig  vollkommen  gesättiget,  und  der  neutralen  Flüssigkeit 
so  viel  Wasser  zugesetzt  wird,  bis  das  Ganze  24  Th.  beträgt. 

Dabei  ist  zu  bemerken,  dafs  man  reines,  selbstbereitetes,  kohlensaures 
Ammoniak  anwende;  denn  das  käufliche  ist,  wie  S.  337  angeführt  wurde, 
öfters  ungleich  an  Ammoniakgehait  und  zuweilen  bleihaltig.  Mau  erhält 
also  ein  ungleiches  Produkt  in  der  Stärke,  und  zuweilen  ein  metallhaltiges. 

Gleiche  Theile  dieser  stärkern  Flüssigkeit  und  Wasser  geben 
nach  mehreren  neuen  Pharmacopöen  das  verdünnte  essigsaure 
Ammoniak  oder  den  Spiritus  Minderen . Ursprünglich  bereitere 

man  den  Spiritus  Minderem  durch  Sättigen  von  destillirtem , auch  rohem 
(Wein-)  Essig,  mit  trockenem  oder  flüssigem  kohlensauren  Ammoniak, 
und  nach  Buchol%  verhält  sich  die  Stärke  des  nach  der  frühem  preus- 
sischen  Pharmacopöe  bereiteten  essigsauren  Ammoniaks  za  diesem  ur- 
sprünglichen wie  ft  zu  1 ! — Bei  einem  so  häufig  angewendeten  Mittel 
ist  es  wirklich  nothwendig,  dafs  mehr  Uebereinstiinmung  in  den  Vorschrif- 
ten wäre,  sonst  erhält  man  in  jedem  kleinen  Staate,  unter  demselben  Na- 
men, ein  anderes  Produkt.  - — Mit  gewöhnlichem  destillirtem  Essig  läfst 
sich  nur  schwierige  eine  neutrale  Flüssigkeit  erhalten,  auch  verdirbt  sie 
mit  der  Zeit.  (Nach  Bronner  verdirbt  der  mit  gereinigtem  Holzessig  be- 
reitete Spir.  Minderen  im  verdünnten  Zustande  besonders  leicht.  Magazin 
£ Pharmacie  Bd.  19.  S.  14.9.) 


751 


Essigsäure«  Kali. 

§.  liö.  Die  Eigenschaften  des  flüssigen  essigsauren  Am- 
moniaks sind:  Es  ist  eine  wasserheile  Flüssigkeit  von  schwach 
erwärmendem  und  etwas  stechend  salzigem  Geschmack  (die 
verdünnte  Flüssigkeit  schmeckt  fade  salzig),  in  der  Hitze  ist  es, 
unter  theilvveiser  Zersetzung,  vollständig  flüchtig.  Anfangs  entweicht  Am- 
moniak, dann  saures  essigsaures  Ammoniak , welches  beim  Yerdampfen 
leicht  in  Nadeln  krystallisirt. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit:  Die  Flüssigkeit  mufs  wasserhell  und  neu- 
tral seyn  (darf  weder  Lakmus-  noch  Rhabarber-Papier  ändern).  Concen- 
trirte  Schwefelsäure  mufs  Essigsäure,  Kali  oder  Kalk  mufs  Ammoniak 
entwickeln.  Hydrothiousäure  darf  keine  Farbe  veranlassen.  Essigsaures 
Silberoxid  und  Barytsalze  dürfen  keine  Niederschläge  veranlassen.  Beim 
Erhitzen  nuifs  es  sich  leicht  und  vollständig  verflüchtigen.  Das  specifische 
Gewicht  der  concentrirten  Flüssigkeit  ist  1,04. 

Medicinische  Anwendung : Wird  häufig  innerlich  in  Mixturen  gegeben. 
Darf  nicht  mit  stärkern  Mineralsäuren  oder  mit  fixen  Alkalien  vermischt 
werden.  Desgleichen  zerlegen  es  viele  Mittelsalze,  welche  eine  stärkere 
Säure  enthalten,  wie  schwefel-,  Salpeter-  und  salz-saure  Erd-  und  Me- 
tall-Salze. 


Essigsaurcs  Kali  ( Kali  aceficum). 

Formel  : C4  H6  03,  KO  oder  A,  KO. 

I Ät.  Essigsäure  = 643,189 

1 At.  Kali  ~ 589,93g  1 

i At.  essigsaures  Kali  - = 1233,109 

Synonyme : Geblätterte  Weinsteinerde  (Acetas  kalicus  seu  Potassae, 
Lixivae,  Terra  foliata  Tartari,  Arcanum  Tartari). 

Das  essigsaure  Kali  beschrieb  zuerst  Raymund  Lullius  im  13ten  Jahr- 
hundert. Es  findet  sich  in  einigen  Mineralquellen. 

$•  117.  Man  hereilet  das  essigsaure  Kali  durch  Sättigung 
von  concentrirter  Essigsäure  oder  destiiiirtem  Essig  mit  reinem 
kohlensaurem  Kali  und  Abdampfen  bis'  zur  Trockne,  wobei 
man  stets  etwas  Essigsäure  vor  walten  läfst.  (Wird  ohne  diese 
Vorsicht  leicht  alkalisch  und  im  trocknen  Zustande  gelb  oder 
von  brauner  Farbe.)  Oder  man  fällt  essigsaures  Bleioxid'mit 
etwas  überschüssigem  kohlensaurem  Kali,  trennt  den  Nieder- 
schlag durch  Filtriren,  sättigt  das  freie  Kali  mit  reiner  Essig- 
säure und  dampft  zur  Trockne  ab,  nachdem  man  sich  vorher 
durch  Einleiteri  von  etwas  Schwefel  wasserstoffgas  von  der 
Abwesenheit  alles  Bleies  überzeugt  hat. 

118.  Die  Eigenschaften  des  essigöäuren  Kali’s  sind: 
Es  kristallisirt  etwas  schwierig  in  verworrenen,  langen, 
dünnen  Nadeln  und  Säulen.  Gewöhnlich  erhält  man  es  beim 
gelinden  Abdampfen  in  sehr  lockeren,  weifsen,  sich  fettig 
anfühlenden  Schuppen.  Hat  einen  erwärmenden,  etwas  ste- 
chend und  angenehm  süfslich  salzigen  Geschmack,  in  der  Hitze 
wird  es  zerstört  (s.  g.  112).  An  der  Luft  zerfliefst  es  leicht  5 ist 
sehr  leicht  in  Wasser  löslich.  Eide  Auflösung  von  essigsaurem  Kali 
löst  in  der  Siedhitze  eine  beträchtliche  Menge  schwefelsaures  Bleioxid 


759 


Essigsaares  Natron. 


auf  und  läfst  es  beim  Erkalten  nur  zum  Theil  fallen.  1 Theil  in  2 
Th.  Wasser  gelöst  ist  das  flüssige  essigsaure  Kali  (Liquor 
Kali  acelici,  Acetas  Potassae  seu  Kalicus  liquidus,  Liquor  i 
terrae  flolialae  lartari) . Lost  sich  leicht  iu  Weingeist.  Eine  gesät- 
tigte Lösung  desselben  in  Alkohol  wird  durch  Kohlensäure , die  man  durch- 
leitet, zersetzt,  es  schlägt  sich  doppelt  kohlensaures  Kali  nieder  unter 
Bildung  eitler  reichlichen  Menge  essigsauren  Aethyloxids.  Die  wässerige 
Auflösung  absorbirt  reichlich  Chlorgas  und  nimmt  die  bleichenden  Eigen- 
schaften der  unterchlorigsaurea  Salze  in  hohem  Grade  an.  Das  trockne 
Salz  mit  arseniger  Säure  zusammen  destillirt  liefert  Alkarsen.  Es  findet 
sich  in  vielen  Pflanzensäften  aufgelöst  und  giebt  beim  Verbrennen  der 
Pflanzen  kohlensaurer  Kali. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit.  Es  mufs  schön  weifs  und  vollkommen 
neutral  seyn,  leicht  in  Wasser  und  Weingeist  löslich,  mit  Säuren  iiber- 
gossen  darf  die  concentrirte  Lösung  keinen  Weinstein  bilden.  Die  Prü- 
fungen auf  Salz-  und  Schvvefel-Säyre  und  Metallgehalt  sind  wie  bei  essig- 
saurem  Ammoniak. 

Medicinische  Anwendung.  Das  essigsaure  Kali  wird  innerlich  iD  Mix- 
turen gegeben.  Es  darf  mit  keiner  starken  Mineral-  und  Weinsteinsäure, 
ferner  mit  keinem  Salz  vermischt  werden,  welches  eine  stärkere  Säure 
als  Essigsäure,  und  eine  schwächere  Base  als  Kali  enthält.  — In  Pulver- 
und  Pillen-Forin  kann  es  wegen  seiner  Zerfliefslichkeit  nicht  gegeben  wer- 
den. — Uebergiefst  inan  in  einem  trockenen  verschliefsbarcn  Glase  1 Th. 
mit  % Vitriolöl,  so  erhält  man  das  saure  Riechsalz. 

Nach  Dr.  Thomson  erhält  man  saures  essigsaures  Kali,  wenn  eine 
Auflösung  von  gleichen  Aequivalenten  essigsaurem  Kali  und  Essigsäure  im 
luftleeren  Raume  über  Schwefelsäure  verdampfen  gelassen  wird.  Es  kri- 
stallisirt  in  dünnen,  breiten,  durchsichtigen  Blättern  und  enthält  6 Atome 
Kristallwasser. 


Essigsaures  Natron  (Nafrum  aceticumj . 

Formel:  C4H6O3,  NaO  -f  6aq  oder  A,  NaO  4.  6aq. 

1 At.  Essigsäure  = 643,189 

1 At.  Natron  = 390,900 

1 At.  wasserfr.  Salz  = 1034,089 

6 At.  Wasser  = 674,880 

1 At.  krist.  Salz  = 1708,969 

Synonyme:  Kristallisirbare  geblätterte  Weinsteinerde  (Terra  foliata 
tartari  cristallisabilis , Acetas  natricus  seu  Sodae).  Dieses  Salz  wurde 
1767  von  Fr.  Meyer  dargestellt. 

§.  119.  Man  erhält  das  essigsaure  Natron  im  Kleinen  auf 
ähnliche  Weise  wie  das  essigsaure  Kali , indem  man  die  ver- 
dünnte oder  concentrirte  Essigsäure  mit  reinem  kohlensaurem 
Natron  sättigt  oder  Bleizucker  mit  kohlensaurem  Natron  fällt. 
Die  r^ine  bleifreie  Lösung  dampft  man  zur  schwachen  Syrup- 
consistenz  ab  und  läfst  langsam  erkalten. 

Dieses  Salz  wird  im  Grofsen  aus  rohem  Holzessig  darge- 
stellt und  dient  zur  Darstellung  der  concentrirten  und  reinen 
im  Handel  vorkommenden  Essigsäure.  — Man  verfährt  im  All- 
gemeinen auf  folgende  Weise:  Der  rohe  Holzessig  wird  recti- 
Icirt  und  anfänglich  mit  kohlensaurem  Kalk  (Kreide),  zuletzt 


Essigsaures  Natron. 


753 


mit  Kalkmilch  vollkommen  neutralisirt.  (Auf  1000  Th.  Holz- 
essig werden  gewöhnlich  125 — 128  Th.  Kreide  und  2 — 3 Th. 
gebrannter  Kalk  verbraucht  ; giebt  beim  Abdampfen  zur  Trockne 
190  — 200  Th.  trocknes  Kalksalz.)  Die  concentrirte  Auflösung 
wird  heifs  mit  schwefelsaurem  Natron  versetzt,  so  lange  noch 
ein  Niederschlag  entsteht  5 es  schlägt  sich  hierbei  ein  Doppel- 
salz von  Gyps  mit  schwefelsaurem  Natron  nieder,  während 
essigsaures  Natron  in  Auflösung  bleibt.  (Auf  125  Kreide  wer- 
den gewöhnlich  800  Th.  kristallisirtes  oder  350  — 360  was- 
serfreies schwefelsaures  Natron  verbraucht,  auf  1 At.  kohlens. 
Kalk  2 At.  schwefelsaures  Natron.)  Nach  dem  Erkalten  setzt 
man  etwas  kohlensaures  Natron  hinzu,  um  den  letzten  Rest 
von  Kalk  zu  entfernen,  filtrirt  und  dampft  die  Lauge  in  ku- 
pfernen oder  bleiernen  Gefäfsen  ab;  sobald  sie  ein  spec.  Ge- 
wicht von  1,356  erreicht  hat,  läfst  man  sie  nach  dem  Klären 
in  Gefäfsen  von  Thon  oder  Eisenblech  kristailisiren.  Mit  der 
Mutterlauge  setzt  man  dieses  Verfahren  fort,  so  lange  man  noch 
Kristalle  erhält.  (Anstatt  die  rolle  Essigsäure  mit  Kalk  zu  neutralisiren 
uud  durch  schwefelsaures  Natron  in  essigsaures  Natron  zu  verwandeln, 
ist  es  meistens  vorteilhafter,  sie  direct  mit  roher  Sodalauge  zu  sättigen, 
oder  sich  dazu  des  Schwefelnatriums  zu  bedienen,  was  man  durch  Glühen 
von  Glaubersalz  mit  Kohle  erhält.) 

Die  gefärbten  Kristalle  des  rohen  holzessigsauren  Natrons 
werden  nun  zur  weiteren  Reinigung  in  einem  eisernen  Kessel 
solange  geschmolzen,  als  man  noch  das  Entweichen  von  brenz- 
lichem Del  bemerkt.  Nach  Verschwinden  alles  Rauchs  und 
Geruchs  wird  der  schwarze  kohlige  Rückstand  mit  kaltem 
Wasser  ausgezogen  und  die  klare  Auflösung  zum  zweitenmal 
zur  Kristallisation  gebracht.  Das  Salz,  von  der  Beschaffenheit 
wie  man  es  nun  erhält,  dient  zur  Darstellung  der  gewöhnlich 
im  Handel  vorkommenden  concentrirten  Essigsäure.  Soll  es 
zur  Gewinnung  von  ganz  reiner  Säure  benutzt  werden,  so 
mufs  es  einer  zweiten  Schmelzung  und  Kristallisation  unter- 
worfen werden. 

§.  120.  Die  Eigenschaften  des  essigsauren  Natrons  sind: 
Es  kristallisirt  beim  langsamen  Verdunsten  der  Lösung  in  was- 
Tserhellen,  schiefen  rhombischen  Säulen,  mit  abgestumpften 
scharfen  Seitenkanten  und  Ecken,  gewöhnlich  in  undeutlich 
ausgebildeten,  langen  gestreiften  Säulen  oder  Spiefsen  (über 
die  Anomalien  bei  der  Kristallisation  dieses  Salzes  s.  S.  165);  schmeckt 
angenehm  kühlend,  salzig.  Löst  sich  in  seinem  dreifachen 
Gewicht  Wasser  von  gew.  Temperatur,  in  seinem  gleichen  Gew. 
kochendem,  in  5 Th.  Alkohol,  verwittert  an  trockner  Luft, 
schmilzt  in  der  Wärme  zuerst  in  seinem  Kristallwasser  unter 
starkem  Aufblähen,  bei  höherer  Temperatur  wird  das  trockne 
Salz  flüssig,  verträgt  eine  schwache  Glühhitze  ohne  Zer- 
setzung. Das  wasserfreie  geschmolzene  Salz  zerspringt  nach 
dem  Erkalten  mit  lebhaftem  Geräusch  nach  allen  Richtungen. 
(Bei  einem  Gehalt  von  essigsaurem  Kali  ist  es  zerfliefslich.) 


754  Essigsaurer  Baryt,  — Thonerde. 

Die  Prüfung  auf  seine  Reinheit  ist  wie  bei  essigsaurem  Kali;  es  mufs 
luftbeständig  seyn,  oder  in  trockener  warmer  Luft  zerfallen , nicht  zer- 
fliefslich,  sonst  ist  es  kalihaltig.  — Es  wird  wie  jenes  Salz  angewendet, 
kann  aber  auch,  da  es  nicht  zerfliefslich  ist,  in  Pulverform  gegeben  wer- 
den. Es  müssen  dieselben  Substanzen  w'ie  bei  essigsaurem  Kali,  so  wie 
auch  Kalisalze  mit  schwächerer  Säure  vermieden  werden. 

/ 

Essigsaurer  Baryt  (Baryta  acetica } Formel:  Ä,BaO  + aq 

wird  erhalten  durch  Zerlegen  des  Schvvefelbaryums  oder  kohlensauren 
Baryts  mit  Essigsäure  und  Kristallisiren  der  klar  filtrirten  und  bis  zum 
Kristallhäutchen  verdampften  Losung;  am  besten  durch  freiwilliges  Ver- 
dunsten an  der  Luft.  Kristallisirt  in  weifsen,  durchsichtigen,  glänzenden, 
schiefen,  rhomboidisChen , unregelmäßig  achtseitigen  Säulen  u.  s.  w. , von 
widerlich  stechendem  Geschmack;  reagirt  alkalisch;  ist  in  Wasser  leicht- 
löslich, löslicher  in  kaltem  als  in  heißem , die  gesättigte  kalte  Lösung 
kristallisirt  zum  Theil  beim  Erhitzen,  und  hellt  sich  wieder  auf  beim  Er- 
kalten; auch  in  Weingeist  etwas  löslich.  Wenn  es  in  gesättigter  Auflö- 
sung unterhalb  15°  kristallisirt,  so  enthalten  die  Kristalle  3 At.  Wasser; 
sie  besitzen  die  Form  des  essigsauren  Bleioxids  und  verwittern.  Ueber- 
halb  15°  kristallisirt  enthält  das  Salz  nur  1 At.  Kristallwasser  (6,6  p.  c.). 

Essigsaurer  Strontian.  Formel : A , SrO  + J/2  aq. 

Darstellung  wie  beim  essigsauren  Baryt.  Die  Kristalle,  welche  sich 
über  15°  bilden,  enthalten  1 Aeq.  Wasser  auf  2 At.  Salz,  das  in  niederer 
Temperatur  kristallisirte  enthält  4 At.  (26  p.  c.)  Wasser,  sie  verwittern 
an  der  Luft  und  sind  in  2%  Th.  Wasser  löslich. 

Essigsaurer  Kalk  ( Calcaria  aceticaj  Formel:  Ä , CaO 

kann  auf  gleiche  Art  durch  Zerlegung  des  kohlensauren  Kalks  mit  Essig- 
säure erhalten  werden.  (Das  einfache  Hydrat  greift  aber  trockenen  koh- 
lensauren Kalk  nicht  an;  Pelouze . ) Er  wird  im  Großen  bei  der  Hofz- 
essigbereitung  erhalten.  Kristallisirt  in  seidenglänzenden  Säulen  und  Na- 
deln, von  etwas  herbem,  bitter  salzigem  Geschmack;  zerfällt  bei  80°  R. 
und  läßt  sein  Kristallwasser  fahren ; phosphorescirt  stark , wenn  er  bis  auf 
97°  R.  erhitzt  und  im  Dunkeln  gerieben  wird.  Ist  leicht  in  Wasser  lös- 
lich; die  Lösung  efflorescirt  leicht  beim  Verdampfen.  — Nicht  officinell, 
dient  aber  zur  Darstellung  der  reinen  Essigsäure  und  mehrer  essigsaurer 
Salze,  wie  cssigsauren  Natrons,  Bleizuckers  u.  s.  w.  aus  brenzlicher  Es- 
sigsäure. 

Essigsäure  Bitter  er  de,  Formel : A , MgO. 

Leichtlösliches,  sehr  bitter  schmeckendes,  schwer  kristallisirbares  Salz. 

Essigsäure  Thonerde  (Alumina  aceticaj,  Formel:  3A,  A1203. 

Darstellung : Durch  wechselseitige  Zersetzung  von  essigsaurem  Baryt 
mit  einer  Auflösung  von  schwefelsaurer  Thonerde.  Eigenschaften:  (Jnkri- 
stallisirbares,  unter  der  Luftpumpe  zu  einer  gummiartigen  Masse  eintrock- 
nendes Salz,  sehr  löslich  in  Wasser,  von  stark  zusammenziehendem  Ge- 
schmack, in  mäßiger  Wärme  wird  es  zerlegt  in  Essigsäure  und  in  eiu  in 
Wasser  unlösliches  basisches  Thonerdesalz.  Die  Auflösung  kann  ohne  Ver- 
änderung zum  Sieden  erhitzt  werden , sie  besitzt  aber  die  merkwürdige 
Eigenschaft,  sich  beim  Erwärmen  zu  trüben  unter  Absetzung  von  basi- 
schem Salz,  wenn  derselben  eine  Menge  neutraler  Salze  von  andern, 
namentlich  Mineral-Säuren  mit  alkalischer  Basis  zugesetzt  werden.  Eine 
concentrirte  Auflösung  wird  beim  Erhitzen  zu  einem  weißen  gallertartigen 
Brei , der  beim  Erkalten  völlig  wieder  verschwindet , indem  er  sich  wie- 


Essigsaures  Zinkoxid. 


755 


der  auflösfc.  Die  leichte  Zersetzbarkeit  in  der  Wärme  und  die  eben  er- 
wähnten Eigenschaften  geben  diesem  Salz  in  der  Färberei  eine  hohe  Wich- 
tigkeit; es  dient  nemlich  als  Mittel,  um  die  Zeuge,  welche  zu  den  mei- 
sten Farbestoffen  keine  Verwandtschaft  besitzen,  mit  unlöslichem  und 
farblosem  Thonerdehydrat  zu  überziehen,  welches  durch  seine  Neigung, 
sich  mit  Pigmenten  zu  verbinden,  in  hohem  Grade  ausgezeichnet  ist,  und 
das  damit  überzogene  Zeug  fähig  macht,  den  Farbstoff  aufzunehmen  d.  h. 
sich  zu  färben.  Man  nennt  diese  Operation  heitren.  Die  eigentliche  in 
der  Färberei  dienende  Beitze  ist  essigsaure  Thonerde,  welche  durch  wech- 
selseitige Zersetzung  Von  Alaun  mit  essigsaurem  Bleioxid  bereitet  wird , in 
dem  Veihältnifs,  dafs  alles  schwefelsaure  Kali  des  Alauns  unzersetzt  darin 
vorhanden  bleibt  (auf  120  Bleizucker  100  Alaun).  Man  verdickt  diese 
Flüssigkeit  mit  Gummi,  Stärke,  Pfeifenerde,  und  bedruckt  damit  die  Stel- 
len , welche  gebeitzt  werden  sollen.  Nach  der  Hand  setzt  man  das  Zeug 
der,  Einwirkung  einer  höheren  Temperatur  aus,  wodurch  die  Essigsäure 
ausgetrieben  wird,  während  die  damit  verbunden  gewesene  Thonerde  oder 
ein  basisches  unlösliches  Thonerdesalz  auf  dem  Zeuge  fest  haftet.  Wird 
nach  dem  Auswaschen  das  Zeug  in  eine  E'arbenflotte  getaucht,  so  nehmen 
nur  die  gebeitzten  Stellen  die  Farbe  an.  'Wird  das  Zeug  in  verdünnter 
Beitze  zu  einer  gewissen  Temperatur  erwärmt,  so  schlägt  sich  die  Thon- 
. erde  oder  das  basische  unlösliche  Salz  auf  die  Fasern  des  Zeuges  nieder, 
und  aus  der  warmen  Flüssigkeit  herausgenommen  und  abgewaschen  kann 
es  nun  gefärbt  werden. 

Essigsaures  Manganoxidul.  Formel:  A,  MnO. 

Darstellung : Entweder  direct  durch  Auflösung  von  Manganoxidul  in 
Essigsäure  oder  für  die  ^gewöhnlichen  Anwendungen  in  der  Färberei  durch 
wechselseitige  Zersetzung  von  essigsaurem  Kalk  mit  schwefelsaurem  Man- 
-gauoxidul,  welches  letztere  als  Nebenprodukt  bei  der  Chlorbereitung  mit 
Schwefelsäure,  Kochsalz  und  Braunstein  gewonnen  wird.  Mao  sättigt  die 
Auflösung  des  letzteren  in  der  Kälte  mit  Kreide,  wodurch  alles  Eisenoxid 
abgeschieden  wird,  und  mischt  sie  alsdann  in  concentrirter  Lösung  mit 
dem  essigsauren  Kalk,  wo  sich  Gyps  und  essigsaures  Manganoxidul  bildet, 
was  als  Beitzmittel  dient,  namentlich  um  auf  Zeugen  eine  braune,  solide 
Farbe  hervorzubringen. 

Das  reine  essigsaure  Manganoxidul  löst  sich  in  3,5  Wasser  und  Alko- 
hol und  kristallisirt  in  farblosen,  an  der  Luft  unveränderlichen,  rhom- 
boidalen Säulen. 

Essigsaures  Zinkoxid  ( Zincam  aceticum ), 

Formel:  A,  ZnO  -f-  3aq. 

1 At.  Essigsäure  = 643,189 

1 At.  Zinkoxid  ==  503,230 

1 At.  wasserfreies  Salz  = 1146,419 

3 At.  Wasser ~ 337,440 

1 At.  krist.  Salz  = 1483,859 

Die  Verbindung  war  schon  Wenzel  bekannt. 

§.  121.  Man  bereitet  das  essigsaure  Zinkoxid  durch  Auf- 
lösen des  Metalls  oder  Oxids  in  Essigsäure  und  Kristaflisiren 
der  gesättigten  Auflösung. 

§.  122.  Die  Eigenschaften  des  essigsauren  Zinkoxids 
sind:  fCs  kristallisirt  in  biegsamen,  weifsen,  glänzenden,  schie- 
fen rhombischen  und  sechsseitigen  Blättchen  oder  Tafeln  von 
talkartigem  Ansehen  und  Perlmutterglanz.  Die  Lösung  hat  die 
Eigenschaft,  beim  freiwilligen  Verdunsten  in  schönen  moos- 


756  E saigsaures  Kisenoxidul. 

artigen  Dendriten  zu  effloresciren) ; ist  luftbeständig,  schmeckt 
herb  metallisch.  In  Wasser  ist  es  leicht  löslich,  die  Lösung 
wird  durch  Schwefelwasserstoffgas  vollständig  als  Schwefel- 
zink und  durch  Gallustinktur  weifs  gefällt  [Schindler ). 

Nach  demselben  existirt  auch  essigsaures  Zinkoxid  mit  1 At.  Wasser. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit.  Es  mufs  weifs  seyn.  Die  Lösung  darf 
durch  Hydrothionsäure  nur  weifs  gefällt  werden , bei  vorherrschender 
Säure  darf  sie  nichts  fällen,  ebensowenig  dürfen  Barytsalze  sie  fällen. 
Ammoniak  mufs  es  weifs  fällen , der  Niederschlag  mufs  in  überschüssig 
zugesetztem  Ammoniak  wieder  verschwinden.  Beim  Verbrennen  mufs  es- 
reines  Zinkoxid  hinterlassen. 

Medicinische  Anwendung.  Wird,  jedoch  selten,  wie  schwefelsaures 
Zinkoxid  gebraucht.  Dient  vorzüglich  zur  Bereitung  von  Cyanzink. 

Essigsaures  Eisenoxidul.  Formel:  A , FeO. 

§.123.  Darstellung : Man  löst  Schwefeleisen  in  concen- 
trirter  Essigsäure  auf,  oder  man  fällt  Bleizucker  mit  einer 
Auflösung  von  schwefelsaurem  Eisenoxidul,  öder  man  bringt 
Eisenspäne  mit  Essigsäure  zusammen.  Einen  möglichen  Oxid- 
gehalt entfernt  man  nach  Zusatz  von  freier  Säure  durch  Ein- 
leiten von  Schwefelwasserstoffgas.  Die  Auflösung  dampft  man 
bei  Abschlufs  der  Luft  am  besten  in  einer  Retorte  ab  5 läfst 
man  sie  in  concentrirtem  Zustande  erkalten,  so  erstarrt  sie  zu 
einer  grünlich  weifsen  aus  feinen  seidenglänzenden  Nadeln 
bestehenden  Masse,  welche  sehr  löslich  in  Wasser  ist  und  mit 
grofser  Begierde  Sauerstoff  a*us  der  Luft  anzieht,  ist  im  reinen. 
Zustande  nicht  officinell , macht  aber  einen  Bestandteil  der  längst  bekann- 
ten gemeinen  Eisentinktur  C Tinctura  Märtis  adstrinyens')  aus,  welche 
bereitet  wird,  indem  man  1 Th.  Eisenfeile  mit  6 Th.  rohem  Essig  kocht 
und  die  gesättigte  Auflösung  bis  auf  den  vierten  Theil  verdampft;  diese 
wird  mit  etwas  Zimmtwasser  versetzt.  — Ist  jetzt  wenig  mehr  gebräuch- 
lich. — Dient  in  der  Färberei  als  Beitze. 

Die  Tinct.  Acetatis  Ferri , Pharm.  Edinb.  et  Dublin.,  ist  eine  Lösung 
des  essigsauren  Eisenoxiduls  in  Weingeist;  wird  erhalten  durch  Digestion 
eines  Gemenges  von  1 Th.  Eisenvitriol  und  2 Th.  essigsaurem  Kali  in  20 
Th.  rectificirtem  Weingeist. 

Essigsaures  Eisenoxid  (Ferrum  aceticum  oxy datum). 

Synonyme  (mit  Essignaphtha  vermischt) : Klaprotld sehe  Eisentinktur, 
(Tinct.  Ferri  acetici  aetherea,  Acetas  oxydi  Ferri  liquidus). 

Diese  Verbindung  wurde  von  Klaproth  1802  beschrieben. 

§.  124.  Darstellung.  Man  löst  frisch  niedergeschlagenes, 
wohlausgewaschenes  und  durch  Pressen  von  allein  Wasser 
möglichst  befreites  Eisenoxidhydrat  in  gelinder  Wärme  in 
mäfsig  starker  Essigsäure  und  filtrirt.  (Am  besten  dient  hiezu  das 
Eisenoxidhydrat,  was  durch  Fällung  einer  Auflösung  von  metallischem  Ei- 
sen in  Salpetersäure  mit  kohlensaurem  Natron  oder  Kali  erhalten  wird.) 
Enthält  das  Eisenoxidhydrat  Kali  oder  Eisenoxidul , so  wird  es  von  der 
Säure  nicht  gelöst.  Am  reinsten  erhält  man  es  durch  wechselsei- 
tige Zersetzung  von  essigsaurem  Baryt  mit  schwefelsaurem 
Eisenoxid,  weniger  rein  wenn  anstatt  des  Barytsalzes  essig- 


Essigsaures  Bleioxid. 


757 


saures  Bleioxid  genommen  wird.  9 Th.  dieser  Auflösung  und 
ein  Gemisch  von  1 Th.  Essignaphtha  mit  2 Th.  höchstrectificir- 
tem  Weingeist  ist  die  officinelle  älherhallige  essigsaure  Eisen- 

tillktur j die  in  wohlverschlossenen  Gefäfsen  an  einem  kühlen  Orte  auf- 
bewahrt werden  mufs. 

§.  125.  Eigenschaften.  Dunkelbraungelbe  Flüssigkeit 
von  herbsaurem  stark  eisenhaftem  Geschmack. 

Das  essigsaure  Eisenoxid  verhält  sich  wie  die  essigsaure  Thonerde. 
Die  Auflösung  läfst  sich  ncmlich  zum  Sieden  erhitzen  ohne  Veränderung, 
entläfst  beim  Abdampfen  Essigsäure,  während  ein  basisches  Salz  bleibt; 
bei  starkem  Erhitzen  des  Rückstandes  erhält  man  nur  Eisenoxid. 

Wird  aber  der  Auflösung  schwefelsaures  Kali,  Salpeter  oder  andere 
Salze  zugesetzt,  so  trübt  sie  sich  beim  Sieden,  alles  Eisenoxid  scheidet 
sich  in  der  Hitze  ab  und  löst  sich  beim  Erkalten  wieder  auf.  Durch  sehr 
vorsichtiges  Abdampfen  einer  reinen  Auflösung  bleibt  ein  basisches  Salz, 
was  sich  im  Wasser  mit  tief  brauner  Färbe  löst  und  dessen  Auflösung 
durch  Blutlaugensalz  und  bei  Zusatz  einer  Säure  als  Berliuerblau  gefällt 
wird.  Ein  Gemenge  von  essigsaurem  Eisenoxid  mit  essigsaurem  Eisen- 
oxidul dient  in  der  Färberei  als  Beitzmittel  und  zum  Schwarzfärben,  es 
hat  den  Vorzug  vor  dem  schwefelsauren  und  andern  Eisenoxidsalzen,  dafs 
die  Säure  die  Zeuge  nicht  angreift ; es  wird  für  diesen  Zweck  direkt  aus 
Eisenschnitzel  und  roher  oder  gereinigter  Holzessigsäure  bereitet,  die  man 
bei  Zutritt  der  Luft  sich  mit  dem  Eisenoxid,  was  sich  bildet,  sättigen  läfst. 

Prüfung  auf  ihre  Reinheit  und  Güte.  Die  Tinktur  mufs  dunkel  roth- 
braun,  fast  undurchsichtig,  aber  klar  seyn.  Durch  den  Geruch  und  Ge- 
schmack müssen  sich  ihre  Bestandtheile  zu  erkennen  geben.  Salzsäure- 
und  Schwefelsäure-Gehalt  geben  Silbersolution  und  Barytsolution  zu  erken- 
nen. Wird  etwas  davon  verdampft  und  der  Rückstand  geglüht,  so  mufs 
es  reines  Eisenoxid  seyn.  Färbt  Hydrothionsäure  den  in  Säuren  aufgelös- 
ten Rückstand,  so  ist  die  Tinktur  unrein. 

Medicinische  Anwendung.  Die  Tinktur  wird  innerlich  gegeben.  Sie 
darf  mit  keinen  Substanzen,  welche  auf  die  Eisenoxidsalze  (S.  519)  oder 
die  essigsauren  Salze  (S.  747)  zerlegend  wirken,  gegeben  werden. 

Essigsaures  Kobaltoxid. 

Darstellung : Durch  Auflösung  des  kohlensauren  Kobaltoxids  oder  des 
Kobaltoxkihydrats  in  Essigsäure.  Die  rothe  Auflösung  giebt  beim  Ver- 
dampfen eine  violette  zerfliefsliche  Salzmasse.  Die  mit  Kochsalz  versetzte 
Flüssigkeit  giebt  eine  sog.  sympathetische  Tinte,  die  das  Papier  nicht  an- 
greift. Die  schwache  rothe  Farbe  derselben  ist,  wenn  die  Schrift  trocken 
ist,  nicht  sichtbar,  wird  aber  beim  Erwärmen  deutlich  blau.  Neutrales 
essigsaures  Kobaltoxid  wird  durch  Schwefelwasserstoff  vollständig  als 
Schwefelkobalt  niedergeschlagen,  beim  Vorhandenseyn  von  freier  Essig- 
säure entsteht  keine  Fällung. 

Essigsaures  Nickeloxid . 

Grüne  Kristalle  von  süfslich  metallischem  Geschmack,  löslich  in  6 Th. 
Wasser,  nicht  in  Alkohol.  Verhält  sich  gegen  Schwefelwasserstoff  wie 
das  essigsaure  Kobaltoxid. 

Essigsaures  Bleioxid. 

Die  Essigsäure  verbindet  sich  in  mehrern  Verhältnissen 
mit  Bleioxid.  Das  neutrale  Salz,  bekannt  unter  dem  Namen 
Bleizucker , enthält  gleiche  Atomgewichte  Essigsäure  und 
Bleioxid , ein  zweites  enthält  auf  2 At.  Säure  drei  At.  Oxid 
(anderthalbbasisches),  ein  drittes  enthält  auf  1 At.  Säure  3 At. 


758  Neutrales  essigsaures  Bleioxid. 

Oxid  (drittel  essigsaores  Bleioxid),  ein  viertes  enthält  auf  die- 
selbe Menge  Säure  6 At.  Bleioxid  (sechstel  essigsaures  Blei- 
oxid). 

Neutrales  essigsaures  Bleioxid  ( Plumbum  aceticum 

Formel:  Ä,  PbO  + 3aq. 

1 At.  Essigsäure  r±  643,189 

1 At.  Bleioxid  =r  1394,500 

1 At.  wasserfr.  Salz  ~ 2037,689 

3 At.  Wasser  337,440 

l At.  fcryst.  Salz  = 2375,129 

Synonyme,  ßleizucker  (Saccharum  Saturni,  Acetas  plumbicus).  Die- 
ses Salz  war  schon  im  löten  Jahrhundert  bekannt. 

§.  126.  Darstellung . Entweder  durch  Außösung^  des 

Oxids  (Massieot,  Bieigläüe)  in  der  Säure,  oder  durch  Behand- 
lung von  metallischem  Blei  mit  Essig  bei  Zutritt  der  Luft. 

1)  Gewöhnlich  wird  concentrirte  Essigsäure  von  8°  ß.  aus  Holzessig 
mit  der  zur  Sättigung  üöthigcn  feinpul verisirten  Glätte  gemengt,  worauf 
die  Auflösung  mit  starker  Wärmeentwicklung  sogleich  erfolgt,  durch  et- 
was später  angebrachte  Wärme  wird  sie  vollkommen  beendigt.  Je  nach 
dem  mehr  oder  weniger  compacten  Zustande,  in  welchem  mau  das  Salz 
zu  erhalten  wünscht,  läfst  man  diese  Auflösung  geradezu  oder  mit  mehr 
oder  weniger  Wasser  gemischt  erkalten,  wodurch  man  entweder  eine 
feste  weifse  kristallinische  Masse  oder  deutlich  ausgebildete  Kristalle  erhält. 
Die  Mutterlauge  liefert  beim  Abdampfen  gefärbte  Kristalle,  welche  durch 
eine  zweite  Kristallisation  gereinigt  werden.  Die  letzten  Mutterlaugen, 
welche  keine  Kristalle  mehr  geben,  zerlegt  man  mit  kohlensaurern  Natron 
und  erhält  kohlensaures  Bleioxid,  was  als  Bleioxid  zur  Wiederauflösung 
verwendet  wird,  und  essigsaures.  Natron , aus  dem  man  wieder  Essigsäure 
darstellt.  Die  Rückstände  von  der  Behandlung  der  Glätte  enthalten  Rupfer, 
Silber  und  Blei , sie  werden  wie  Silbererze  benutzt.  Das  mit  dem  Bleioxid 
sich  lösende  Kupferoxid  wird  durch  Einlegen  von  metallischem  Blei  in  die 
Auflösung  vollständig  abgeschieden. 

Bei  Anwenflung  von  gewöhnlichem  Essig  zur  Auflösung  der  Glätte  er- 
hält man  stets  gefärbte,  schwer  zu  reinigende  Kristalle,  und  je  schwächer 
derselbe  ist,  desto  mehr  unlösliches  sechstel  essigsaures  Bleioxid  wird 
hierbei  gebildet.  Um  farbloses  Salz  zu  erhalten  mufs  entweder  aus  Brannt- 
wein bereiteter  farbloser  Essig  genommen  oder  der  gewöhnliche  mufs  vor- 
her destillirt  werden.  Der  Auflösung  wird  vor  dem  Abdampfen  etwas 
überschüssige  Säure  zugesetzt. 

2)  Das  metallische  Blei , was  direkt  zu  dieser  Darstellung  dienen  soll, 
wird  geschmolzen  und  löffelweise  in  einen  kupfernen  Ressel  getragen,  dem 
man  eine  rotirende  Bewegung  giebt.  Indem  das  Blei  erstarrt,  erhält  man 
es  in  Form  von  äusserst  dünnen  Blechen,  welche  dem  Sauerstoff  der  Luft 
eine  grofse  Oberfläche  darbieten ; maaj  bringt  sie  in  offne  Tbonschiisseln 
und  übergiefst  sie  mit  Essig,  so  dals  sie  zur  Hälfte  damit  bedeckt  sind; 
das  benetzte  und  der  Luft  ausgesetzte  Metall  oxidirt  sich  mit  grofser 
Schnelligkeit,  es  entsteht  Bleioxid,  wras  sich  in  der  Säure  löst.  Die  Flüs- 
sigkeit wird  oftmals  des  Tages  von  dem  Blei  ab-  und  wieder  aufgegossen 
und  die  Bleche  umgeweudet.  Die  gesättigte  Flüssigkeit  wird  von  trüben- 
den darin  herumschwimmenden  Bleitheiichen  durch  Absetzen  geklärt  und 
zur  Kristallisation  abgedampft. 


Anderthalb  basisch  essigsaures  Bleioxid,  759 

127-  Die  Eigenschaften  des  einfach  essigsauren  Blei- 
oxids sind:  Es  kristallisirt  in  weifsen,  durchsichtigen,  geraden 
rhomboidischen  Säulen,  mit  zwei  auf  den  schmalen  Endkanten 
aufgesetzten  Flächen  zugeschärft,  oder  in  Nadeln;  schmeckt 
widerlich  süfs  und  zusammenziehend,  wirkt  giftig,  Gegengifte 
siehe  Bleiessig  g.  131.  Rötbet  schwach  Lakmus,  grünt  aber 
auch  Violensaft.  An  der  Luft  verwittert  es  schwach , und  ver- 
liert dabei  etwas  Essigsäure,  ist  dann  nicht  mehr  ohne  Trübung 
in  Wasser  löslich.  Bei  57,5°  schmilzt  es  leicht  und  läfst  beim 
vorsichtigen  Erwärmen  das  Kristall wasser  fast  ohne  allen  Ver- 
lust an  Säure  fahren,  es  bleibt  wasserleeres  Salz,  aus  glei- 
chen At.  Bleioxid  und  Essigsäure  bestehend.  in  stärkerer 
Ilitze  wird  es  zerlegt,  liefert  in  trockener  Destillation  vorzüglich  viel 
Aceton,  es  bleibt  sehr  feinzertheiltes  pyrophorisches  kohlenhaltiges  Metall. 

Der  Bieizucker  löst  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  an- 
derthalb Theilen  Wasser  und  in  8 Th.  Alkohol.  Die  wässerige 
Lösung  wird  nach  Walclmer  (Magazin  für  Pharin.  Bd.  17.  S.  140)  durch 
Kohlensäure  partiell  zersetzt;  100  Theile  Bieizucker  liefern  54  Theile 
kohiensaurcs  Bleioxid.  Aetzammoniak  fällt  die  wässerige  Lösung 
in  der  IKälte  nicht,  sondern  verwandelt  das  neutrale  Salz  in 
dreifach  basisches;  mit  einem  Ueberschufs  Ammoniak  erhitzt 
schlägt  sich  Bleioxid  kristallinisch  nieder. 

Prüfung  auf  seifte  Reinheit . Er  mufs  schön  kristallisirt  und  \veifs 
seyn,  sich  leicht  und  vollständig  in  Wasser  lösen  (soll  zuweilen  init  gröb- 
lich gepulvertem  Schwerspath  vermengt  werden).  Die  Lösung  mufs  durch 
Schwefelsäure  vollständig  gefällt  werden.  Verflüchtigt  sich  die^vom  Nie- 
derschlag abfiltrirte  Flüssigkeit  beim  Verdampfen  nicht  vollständig,  so  ent- 
hält er  fremde  Salze.  Ebenso  mufs  Hydrothionsäure  alles  Feuerbeständige 
als  Schwefelblei  fällen.  Beim  Erhitzen  mit  Schwefelsäure  darf  sich  nur 
Essigsäure,  keine  rothen  Dämpfe,  entwickeln.  Beim  Glühen  in  verschlos- 
senen Gefäfsen  darf  er  nur  kohlenhaltiges  Blei  hinterlassen. 

Anwendung.  Der  Bleizucker  wird  (mit  Vorsicht!)  innerlich  in  Pul- 
verform und  in  Lösungen  gegeben , häufig  aber  äusserlich  in  wässerigen 
Lösungen.  Ist  fast  eben  so  leicht  zersetzbar  als  der  Bleiessig,  — Dient 
in  der  Pharmacie  zu  mehreren  Präparaten  (zur  Darstellung  der  Essigsäure 
und  mehrerer  essigsauren  Salze,  Essignaphtha  u.  s.  w,). 

Anderthalb  basisch  essigsaures  Bleioxid. 

Formel:  2A  -f  3PbO. 

2 At.  Essigsäure  = 1286,38 

3 AL  Bleioxid  = 4 5 83,49 

1 At.  anderth.  bas.  Salz  = 5469,87 

§.  128.  Darstellung . Trocknes  neutrales  essigsaures 

Bleioxid  wird  in  einer  Porzellanschale  oder^ einer  Retorte  so 
lange  bei  gelindem  Feuer  erhitzt,  bis  die  flüssig  gewordene 
Masse  von  selbst  zu  einer  porösen  weifsen  Masse  erstarrt;  sie 
wird  in  Wasser  aufgelöst,  die  Auflösung  zur  Syrupsdicke  ein- 
gedampft und  stehen  gelassen. 

%.  129.  Eigenschaften . Perlmutterglänzende,  blättrige, 
concentrisch  vereinigte,  sechsseitige  Blätter,  unveränderlich 


760 


Drittel  essigsanres  Bleioxid. 


in  der  Luft  und  im  luftleeren  Raume,  leichtlöslich  in  Wasser 
und  Alkohol,  von  alkalischer  Reaction,  wird  durch  Kohlen- 
säure, unter  Bildung  von  Bieiweifs,  in  neutrales  Salz(  verwan- 
delt. Giebt  bei  Digestion  mit  Bleioxid  drittel  und  sechstel  es- 
sigsaures Salz.  \ 

Bildung.  Von  3 Atomen  cssigsaurem  Bleioxid  trennen  sich  die  Ele- 
mente von  1 At.  wasserfreier  Essigsäure  in  der  Form  von  Kohlensäure 
und  Aceton. 

Der  nach  der  preufsischen  Pharmaeopöe  durch  kalte  Digestion  bereitete 
Bleiessig  enthält  dieses  anderthalbbasische  Salz. 

Drittel  essigsaures  Bleioxid. 

Formel:  Ä,  3PbO. 

1 At.  Essigsäure  = 643,189 

3 At.  Bleioxid  ~ 4183,490 

1 At.  zweifach  bas.  Salz  = 4826,679 

§.  130.  Darstellung  im  kristallisirien  Zustande . Man 
vermischt  eine  kalt  gesättigte  Auflösung  von  Bleizucker  mit 
ihrem  Fünftel  Volumen  Aetzammoniak  und  läfst  ruhig  stehen. 
ln  Auflösung:  7 Th.  geglühte  und  geschlämmte  Bleiglätte  und 
6 Th.  krist.  essigsaures  Bleioxid  werden  mit  30  Th.  Wasser 
in  einem  zu  verschliefsenden  Gefäfse  übergossen  und  an  einem 
mäfsig  warmen  Orte  unter  öfterem  Umschütteln  digerirt,  bis 
das  ungelöste  Oxid  eine  ganz  weifse  Farbe  angenommen  hat. 
Früher  wurde  destillirter  oder  roher  Essig  mit  Bleiglätte  im 
Ueberschufs  gekocht  und  die  Flüssigkeit  bis  zu  1,24  — 1,5 
spec.  Gewicht  abgedampft  5 etwaigen  Kupfergehalt  entfernt 
man  durch  eingelegtes  Blei. 

§.  131.  Eigenschaften . Die  reine  Auflösung  liefert  beim 
Abdampfen  in  kohlensäurefreier  Luft  eine  weifse  undurchsich- 
tige Masse,  welche  aus  feinen  Nadeln  besteht.  Das  aus  Aetz- 
ammoniak und  Bleizucker  erhaltene  Salz  stellt  seidenglänzende 
lange  feine  Nadeln  dar,  welche  leichtlöslich  im  Wasser  und 
wasserfrei  sind.  In  der  Pharmacie  ist  es  nur  im  flüssigen  Z im- 
stande gebräuchlich,  welches  wasserhell,  oder,  bei  Anwen- 
dung von  rohem  Essig,  zum  Theil  mehr  oder  weniger  gelb 
oder  bräunlich  gefärbt  ist  (spec.  Gewicht  siehe  oben,  die  Vorschrif- 
ten weichen  in  dieser  Hinsicht  sehr  von  einander  ab,  es  wird  von  1,34, 
1,36,  1,42  bis  1,5  verlangt);  etwas  dickflüssig 5 von  süfsem  und 
herbem  Geschmack;  reagirt  alkalisch,  wirkt  giftig.  Gegengifte: 
Schwefelsäure  Alkalien.  — Das  officinelle  Präparat  enthält  fast  immer 
eine  veränderliche  Menge  einfach  essigsaures  Bleioxid  beigemischt  (s. 
oben).  — Die  Lösung  setzt  mit  der  Zeit  etwas  sechstel  essigsaures  und 
kohlensaures  Bleioxid  gb  (daher  die  Niederschläge  in  den  Standgläsern  von 
Extractum  Saturni),  gleichzeitig  entsteht  einfach  essigsaures  Bleioxid. 
Schneller  noch  wird  es  beim  Verdünnen  mit  Wasser,  besonders  kohlen- 
säurehaltigem, in  die  genannten  Verbindungen  zerlegt  ( Aqua  Goulardi'). 
Die  Lösung  des  arabischen  Gummi’s  schlägt  sie  auch  nieder;  desgleichen, 
ausser  den  bei  den  Bleioxidsalzen  angezeigten  Verbindungen,  sehr  stark 
Sublimatlösung  (s.  auch  unten).  Uebersclnissiges  Ammoniak  fällt  daraus 
sechstel  essigsaures  Bleioxid.  In  Weingeist  ist  es  unlöslich. 


Neutrales  essigsaures  Kupferoxid.  761 

Papier , Holz  etc.  mit  Bleiessig  getränkt  und  ausgetrocknet,  werden  da- 
durch ausnehmend  entzündlich;  sie  glimmen  fort  wie  Zunder. 

Seine  Reinheit  und  Güte  erhellt  aus  den  angeführten  Eigenschaften. 
Die  Flüssigkeit  mufs  klar  seyn  , das  verlangte  specifische  Gewicht  haben, 
stark  alkalisch  reagiren,  mit  Ammoniak  im  Ueberschufs  versetzt  sich  nicht 
blau  färben. 

Medicinische  Anwendung : Aeusserlich  , mit  Wasser  vermischt.  1 Theil 
in  24  Theilen  Wasser  gelost,  ist  das  Goulard’  sehe  Wasser  CAqua  satur - 
nina,  Aqua  vegeto-mineralis  Goulardi , Subacetas  Plumbi  dilutus).  — Darf 
nicht  mit  Substanzen  vermischt  werden,  welche  mit  Bleioxidsalzen  Nie- 
derschläge bilden  (S.  504)  und  die  essigsauren  Salze  zersetzen;  schon 
Kohlensäure  zersetzt  es.  — Mit  eiweifs-  und  käse- haltigen  Substanzen 
(Milch  u.  s.  w. ),  so  wie  mit  den  meisten  Extracten,  Gummi  u.  s.  w. , 
gerinnt  es.  Der  Bleiessig  ist  Ingredienz  von  Ceralum  Saturni. 

Sechstel  essigsaures  Bleioxid . 

Formel:  A,  ßPbO. 

1 At.  Essigsäure  = 643,189 

6 At.  Bleioxid  ==  8367,000 

1 At.  sechstel  essigs.  Salz  9010,189 

§.  132.  Darstellung : Man  giefst  Bleizuckerlösung  oder 
Bleiessig  in  einen  Ueberschufs  von  kaustischem  Ammoniak, 
Wird  stets  in  mehr  oder  weniger  grofsen  Mengen  beim  Zusammenbringen 
von  verdünnter  Essigsäure  mit  Bleioxid  , oder  von  Bleizuckerauflösung  mit 
Bleioxid  gebildet.  (Es  besteht  daraus  der  weifse  Schlamm,  der  bei  Dar- 
stellung des  Bleiessigs  ungelöst  zurückbleibt.) 

$.  133.  Eigenschaften : Weifser,  unter  dem  Mikroskop 
kristallinischer  Niederschlag,  in  kochendem  Wasser  etwas 
löslich  und  sich  daraus  in  glänzenden  federförmigen  Kristal- 
len absefzend.  Verliert  im  luftleeren  Raume  alles  Wasser. 
Schwärzt  sich  beim  trocknen  Erhitzen  nicht,  sondern  liefert 
Essiggeist  und  Kohlensäure  wie  die  andern  essigsauren  Blei- 
oxide. (Ist  neuerlichst  von  Rayen  als  Bleioxidhydrat  beschrieben  wordeu.) 

Das  gewöhnliche  Bleiweifs  ist  stets  ein  Gemenge  von  diesem 
Salz  mit  kohlensaurem  Bleioxid. 

Essigsaures  Kupferoxidul.  Produkt  der  Zersetzung  des  neutralen 
essigsauren  Kupferoxids  durch  trockne  Destillation.  Legt  sich  in  dem  obern 
Theile  der  Retorte  in  Gestalt  perlmutterglänzender,  farbloser  Blättchen 
oder  einer  schneeähnlichen,  wolligen  Vegetation  an.  Unveränderlich  in 
feuchter  Luft.  Mit  Wasser  zusammengebracht  zerlegt  es  sich  in  Kupfer- 
oxidulhydrat und  bei  Zutritt  der  Luft  in  essigsaures  Kupferoxid.  Wenig 
löslich  in  Weingeist. 

Neutrales  essigsaures  Kupferoxid. 

Formel:  A,  CuO  4*  aq  und  A,  CuO  -f  öaq. 

1 At.  Essigsäure  = 643,189 

1 At.  Kupferoxid  = 495,700 

’ 1 At.  Wasser  = 112,480 

1 At.  krist.  Salz  = 1251,369 

Synonyme.  Destillirter  Grünspan,  Grünspanblumen  (Acetas  eupricus, 
Flores  Viride  Aeris,  Acetas  Oxydi  Cupri). 

Geiger'»  Phnrmncic.  /*  (5 te  Auß,) 


49 


76Ä  Zweifach  bas.  essigs.  Kupferoxid. 

Aueh  diese  Verbindung  ist  "schon  lange  bekannt.  — Proust  geigte 
aber  zuerst  die  Verschiedenheit  des  neutralen  essigsauren  Kupferoxids  von 
dem  basischen.  ' 

134.  Das  neutrale  essigsaure  Kupferoxid  wird  durch 
Auflösen  des  Grünspans  in  Essigsäure,  oder  durch  Fällen  des 
Kupfervitriols  (S.  544)  mit  seinem  gleichen  M.  G.  Bleizucker, 
und  Kristallisation  der  filtrihen  Flüssigkeit  erhalten. 

jj.  135.  Die  Eigenschaften  des  neutralen  essigsauren 
Kupferoxids  sind:  Es  bildet  dunkelgrüne,  schiefe  rhomboidi- 
sche  Säulen,  mit  zwei  Flächen  zugeschärft;  hat  einen  herben, 
widerlich  metallischen  Geschmack.  — An  der  Luft  werden  die  Kri- 
stalle nach  und  nach  undurchsichtig  und  dunkler  grün;  beschlagen  dann 
mit  einem  hellgrünen  Pulver.  Beim  Erhitzen  verbrennen  sie  mit  lebhafter 
grüner  Flamme.  Der  trockneu  Destillation  ausgesetzt  entweicht  zuerst 
Wasser,  später  erhält  man  Essiggeist,  Essigsäure  üUd  Gasarten,  es  bleibt 
ein  Rückstand  von  feiuzertheiltem , sehr  leicht  entzündlichem  Kupfer;  man 
erhält  43—49  p.  c.  Essiggeist  haltende  Essigsäure. 

Eine  Auflösung  von  diesem  Salz,  mit  Zucker,  Honig  etc.  vermischt 
und  erhitzt,  zerlegt  sich  unter  Fällung  von  rotheb,  octaedrischen , sehr 
kleinen  Kristallen  von  Kupferoxidul;  die  rückbleibende  Flüssigkeit  ist  grün 
und  wird  bei  hinreichendem  Zuckergehalt  durch  Alkalien  nicht  gefällt.  — 

Ist  in  13,4  kaltem  und  5 kochendem  Wasser  löslich.  — Löst 

mau  Grünspan  in  Wässer,  welches  durch  Essigsäure  sauer  gemacht  ist, 
und  läfsfc  die  Auflösung  unterhalb  8°  kriställisire-a,  so  setzen  sich  daraus 
Kristalle  von  neutralem  essigsaürem  Kupferoxid  äb,  welche  5 At.  Wasser 
enthalten.  Die  Kristalle  sind  geschobene  vierseitige  Prismen  vöb  der  Farbe 
des  Kupfervitriols;  auf  30°  erwärmt  zerfalleb  die  Kristalle  zu  einem  Brei 
von  regelmäfsigen  grünen  Kristallen  des  gewöhnlichen  Salzes  unter  Ab- 
scheidung von  4 At.  Wasser.  (Wühler.') 

Anwendung.  Als  Arzneimittel  selten ; zum  Theil  kommt  es  als  Zusatz 
zu  Salben.  Ehedem  benutzte  man  es  zur  Bereitung  der  concentrirten  Es- 
sigsäure. — Dient  auch  als  Malerfarbe. 

Zweifach  basisches  essigsaures  Kupferoxid. 

Formel : A , 2CuO  -f  6aq  oder  A , CuO , Öaq  -f  CuO , aq. 

1 At.  Essigsäure  =r  643,189 

£5  At.  Kupferoxid  * =.  991,390 

6 At,  Wasser  = 674,880 

1 At.  zweifach  basisches  Salz  nr  2309,459 
oder  1,  At.  neutr.  essigs.  Salz  (mit  öaq)  ==  1701,289 

1 At.  Kupferoxidhydrat  = 608,180 

1 At.  zweif.  basisches  Salz  =r  2309,469 

Synonyme.  Grünspan,  Spangrün,  Subacetas  cupricus,  Aerugo,  Viride 
aeris  , Vert  degris. 

%•  136.  Man  bereitet  den  Grünspan  im  Grofsen,  indem 
erhitzte  Kupferbleche  mit  sauer  fahrenden  Weintrestern  ge- 
schichtet und  4 — 6 Wochen  liegen  gelassen  werden.  Der 
erzeugte  Grünspan  wird  abgekratzt,  gewöhnlich  mit  Essig  zu 
Brei  angerieben  und  in  Formen  gedrückt  oder  meist  in  Säcken 
von  Leder  geprefst.  Oder  man  schichtet  Kupferplatten  mit  in 
Essig  getränkten  dicken  Tüchern  und  verfährt  wie  vorher. 

Das  Kupferoxid  erzeugt  sich  hieir  auf  ähnliche  Weise,  wie  das  Bleioxid 
bei  der  Bieiweifsfabrikation.  Der  nach  der  ersten  Methode  bereitete  Grün- 


763 


Üeberbasischcs  essigs.  Kupferoxid. 

span  ist  blau,  der  andere  grün;  die  Zusammensetzung  des  letzteren  weicht 
von  der  des  ersteren  ab.  Das  sich  auf  kupfernen  Gefäfsen  durch 
die  Einwirkung  der  feuchten  Luft  oder  Kochsalz  haltiger  Flüs- 
sigkeiten bildende  grüne  Pulver,  was  man  gewöhnlich  Grün- 
span nennt,  ist  entweder  basisch  kohlensaures  Kupferoxid  oder 
basisch  Chlorkupfer. 

§.  137.  Eigenschaften . Feste  zusammengebackene  Masse 
von  blauer  oder  blaugrüner  bis  grüner  Farbe,  schwer  zerreib- 
lich, zähe,  schmeckt  schwach  metallisch  nach  Kupferoxid, 
vertheilt  sich  in  kaltem  Wasser  leicht  zu  einem  feinen  etwas 
schlüpfrigen  Brei,  der  aus  kleinen  Kristallnadeln  besteht. 
Wird  durch  Wasser  zersetzt  in  lösliches  anderthalbbasisches 
und  in  unlösliches  dreifach  basisches  essigsaures  Kupferoxid. 

Anderthalb  basisches  essigsaures  Bleioxid,  3CuO,  A*-+-  6aq.  Darstel- 
lung : Mau  laugt  gewöhnlichen  Grünspan  mit  warmem  Wasser  aus  und 
läfst  die  Auflösung  freiwillig  verdampfen  oder  mischt  sie  mit  Alkohol.  — 
Eigenschaften  : Blaue,  nicht  kristallinische  Masse  oder  kristallinische  Schup- 
pen, leichtlöslich  in  heifsem,  schwer  in  kaltem  Wasser,  nicht  in  Wein- 
geist; die  gesättigte  Lösung  setzt,  zum  Sieden  erhitzt,  ein  braunes  Pulver 
ab  und  wird  zu  neutralem  Salz.  Kann  trocken  auf  100°  erhitzt  werden, 
verliert  dabei  10  p.  c.  = 3 At.  Wasser. 

Dreifach  basisch  essigsaures  Kupferoxid ; 3CuO,  A-J-3aq.  Darstel- 
lung: Bleibt  nach  dem  vollständigen  Auslaugen  des  Grünspans  mit  Wasser 
unlöslich  zurück,  entsteht  wenn  Kupferoxidhydrat  mit  einer  Auflösung  von 
neutralem  essigsaurem  Rupferoxid  digerirt  wird.  Eigenschaften  : Hellgrü- 
nes Pulver,  verliert  bei  100°  kein  Wasser,  geschmacklos,  verbrennt  beim 
Erhitzen  mit  einer  kleinen  Verpuffung,  wird  durch  Kohlensäure  nicht  zer- 
setzt, beim  Kochen  mit  Wasser  wird  es  braun,  indem  sich  neutrales  Salz 
auflöst. 

Ist  der  hauptsächlichste  Cemengtheil  des  grünen  Grünspans.  Der 
blaue  enthält  im  Durchschnitt  43  — 44,  der  grüne  46  — 50  p.  c.  Kupfer- 
oxid. 

V eberbasisches  essigsaures  Kupferoxid.  — Bildung  und  Darstellung : 
Entsteht,  wenn  gemeiner  Grünspan  oder  eins  der  vorherbeschriebenen  ba- 
sischen Salze  anhaltend  mit  Wasser  bei  Siedhitze  behandelt  wird.  Eigen- 
schaften: Leberbraune,  ^enig  in  Wasser  lösliche  Flocken,  beim  Trock- 
nen schwarz  werdend,  beim  Erhitzen  verpuffend,  enthält  nach  der  Ana- 
lyse von  Ber%elius,  von  welchem  die  Zusammensetzung  der  beschriebenen 
Salze  ebenfalls  bestimmt  wurde,  92  Kupferoxid,  2,45  Essigsäure  und 
5,55  Wasser. 

Die  basisch  essigsauren  Kupferoxide  lösen  sich  nach  Vre  unter  Reduk- 
tion von  einem  Theil  Oxid  in  Zuckerwasser,  die  Lösung  ist  grün  und  soll 
weder  durch  Schwefelwasserstoff  noch  durch  Blutlaugensalz  gefällt  werden. 

Prüfung  auf  die  Reinheit  des  Grünspans.  Er  mufs  trocken  seyn,  eine 
schöne,  satte,  bluugrüne  Farbe  besitzen,  sich  in  verdünnter  Essig-  und 
Schwefel-Säure  vollständig  auflösen  und  beim  Glühen  in  verschlossenen 
Gefäfsen  nur  mit  etwas  Kohle  gemengtes  Kupfer  hinterlassen. 

Anwendung : Für  sich  wird  der  Grünspan  selten  als  Medicament  ge- 
braucht. Kommt  aber  als  Ingredienz  zu  Salben  ( Gera  viridis ).  Dient 
zur  Bereitung  des  Grünspansauerhonigs  (Oxyrnel  Aeruginis , Unguentum 
Aeyyptiacurn ).  — In  der  Technik  wird  er  als  Malerfarbe  verwendet.  Mit 
weifsem  Arsenik  und  Essig  bereitet  man  daraus  das  Wienergrün  oder 
IW  ithgrün.  Das  essigsaure  Kupferoxid  verbindet  sich  mit  essigsaurem  Kalk 
un  d andern  Salzen  zu  Doppelsalzen , von  denen  das  Schweinfurtergrün 
eine  der  am  allgemeinsten  aßgewendeten  Malerfarben  ist. 


764 


Essigsaures  Queck  stiberoxid  ul. 

Essigsaures  Kupferoxid  und  arsenigsaures  Kupferoxid . 

Formel:  A,  CuO  -f  3(As2Os,  CuO). 

Synonyme.  Schweinfurter  Grün,  Mitisgrün,  Wienergrün. 

§.  138.  Darstellung  im  Grofsen.  10  Th.  Grünspan  wer- 
den mit  Wasser  von  50  — 60°  Temp.  zu  einem  dünnen  Brei 
gemischt,  durch  ein  feines  Haarsieb  geschlagen,  um  Kupfer 
und  fremde  beigemischte  Stoffe  abzusondern.  Man  trägt  die- 
sen Brei  warm  in  eine  kochend  heifse  Auflösung  von  8 Th. 
arseniger  Säure  in  100  Theilen  Wasser;  den  entstehenden 
schmutzig  grünen  Niederschlag  läfst  man  mit  der  Flüssigkeit 
erkalten,  wo  die  Verbindung  nach  einigen  Stunden  entsteht. 

Ara  schönsten  erhält  man  diese  Verbindung,  wenn  man  eine 
kochende  Auflösung  von  gleichen  Theilen  arseniger  Säure* 
und  essigsaurem  Kupferoxid  in  Wasser  mit  einander  mischt, 
ein  der  Mischung  gleiches  Volumen  kaltes  Wasser  zusetzt 
und  mehrere  Tage  ruhig  stehen  läfst. 

§.  139.  Eigenschaften . Seladongrünes  Pulver  von  leb- 
hafter glänzender  Farbe,  im  Wasser  unlöslich,  wird  von  Säu- 
ren, selbst  von  concentrirter  Essigsäure,  unter  Zurücklassung 
von  arseniger  Säure  zerlegt,  von  Ammoniak  vollkommen  mit 
blauer  Farbe  aufgelöst.  Alkalische  Laugen  nehmen  in  der 
Kälte  arsenige  Säure  und  Essigsäure  auf  und  hinterlassen  Ku- 
pferoxid. Mit  Kalilauge  gekocht  hinterläfst  es  Kupferoxidul, 
indem  sich  eine  entsprechende  Menge  Arsensäure  in  der  Auf- 
lösung bildet.  Sehr  giftig,  enthält  58,680  arsenige  Säure,  31,844 
Kupferoxid  und  10,135  Essigsäure. 

Anwendung . Dient  zur  Darstellung  des  schönsten  Kupferoxiduls  und 
als  Malerfarbe. 

Essigsaures  Quecksilberoxiaul. 

Formel : A , Hg2  0. 

1 At.  Essigsäure  — 643,18.9 

1 At.  Quecksilberoxidul  rr:  8631,650 

1 At.  essigs.  Quecksilberoxidul  = 3874,839 

Die  Verbindung  des  Quecksilbers  mit  Essigsäure  kannte  schon  Le  Fe~ 
bur  im  17.  Jahrhundert,  Stahl  und  Marggrajf  erweiterten  unsere  Kennt- 
nisse über  dieselbe.  1809  unterschied  aber  zuerst  Stromeyer  genau  das 
essigsaure  Quecksilberoxidul  vom  essigsauren  Quecksilberoxid. 

§.  140.  Man  erhält  das  essigsaure  Quecksilberoxidul 
durch  Auflösen  des  reifen  Quecksilberoxiduls  (S.  551)  in  Es- 
sigsäure, oder  Zerlegung  des  kohlensauren  Quecksilberoxi- 
duls mit  Essigsäure;  ferner,  indem  essigsaures  Kali  mit  sal- 
petersaurem Quecksilberoxidul  im  gelösten  Zustande  vermischt 
wird.  Reines  kohlensaures  Quecksilberoxidul,  durch  Zerlegung  des  sal- 
petersauren Quecksilberoxiduls  (S.  555)  mit  einfach  kohlensaurem  Kali 
und  Auswaschen  des  Niederschlags  erhalten,  wird  mit  8 Th.  Wasser  zum 
Kochen  erhitzt  und  nach  und  nach  so  viel  concentrirter  Essig  (S.  746) 
zugesetzt,  bis  alles  aufgelöst  ist;  die  oxidfreie  heil's  filtrirte  Flüssigkeit 
läfst  man  erkalten.  — Oder  saures  salpetersaures  Quecksilberoxidul  wird 


Essigsaures  Quecksilber oxid. 


765 


mit  6 bis  8 Theilen  Wasser  verdünnt  uud  mit  seinem  gleichen  M.  G.  es- 
sigsaurem Kali,  welches  in  8 Theilen  Wasser  gelöst  ist  und  etwas  freie 
Essigsäure  enthält,  kochendheifs  vermischt  uod  erkalten  lassen  (4  Theile 
des  aufgelösten  Quecksilbers  erfordern  1 Theil  essigsaures  Kali.  Es  ist 
aber  besser,  man  vermehrt  die  Menge  des  letzteren).  Das  ausgeschiedene 
Salz  wird  mit  kaltem  Wasser  gewaschen,  im  Dunkeln  bei  gelinder  Wärme 
getrocknet  und,  vor  dem  Licht  geschützt,  aufbewahrt. 

Erklärung.  Heines  Quecksilberoxidul  löst  sich  in  verdünnter  Essig- 
säure auf.  Kohlensaures  wird  durch  Essigsäure  zerlegt,  die  Kohlensäure 
entweicht,  und  das  essigsaure  Quecksilberoxidul  kristallisirt  aus  der  heis- 
sen, freie  Säure  haltenden  Lösung  beim  Erkalten  heraus.  — Die  Zerle- 
gung des  salpetersauren  Quecksilberoxiduls  durch  essigsaures  Kali  geschieht 
durch  doppelte  Wahlverwandtschaft,  wobei  sich  salpetersaures  Kali  und 
essigsaures  Quecksilberoxidul  erzeugen. 

%.  14! . Die  Eigenschaften  des  essigsauren  Queeksilber- 
oxiduls  sind:  Es  kristallisirt  in  weifsen,  silberglänzenden,  \ 
biegsamen,  sich  fettig  anfiihlenden,  leichten  Blättchen;  werden 
bei  der  dritten  Methode  die  Salzlösungen  kalt  gemischt,  so  erscheint  es  in 
weifsen,  sehr  kleinen,  glimmerartigeo , zusammengebackenen  Blättchen 
(dieses  enthält  aber  leicht  etwas  salpetersaures  Quecksilberoxidul  und  Kali); 
hat  einen  widrigen  Metallgeschmack.  — Durch  Licht  wird  es  leicht 
geschwärzt,  mufs  darum  im'  Dunkeln  aufbe wahrt  werden.  In  der  Hitze 
wird  es  zerstört.  — ln  kaltem  Wasser  ist  es  sehr  schwer  lös- 
lich, erfordert  bei  gewöhnlicher  Temperatur  333  Theile,  beim 
Erwärmen  des  Wassers  vermehrt  sich  seine  Löslichkeit  sehr. 
— Durch  kochendes  Wasser  wird  es  partiell  in  saures  und  basisches  Salz 
und  Quecksilber  zerlegt.  In  kaltem  Alkohol  ist  es  unlöslich , erhitzter 
zerlegt  es  aber  und  scheidet  Oxidul  aus. 

Die  Prüfung  ergiebt  sich  aus  den  angegebenen  Eigenschaften.  Beim 
Erhitzen  mufs  es  sich  vollständig  verflüchtigen. 

Medicinische  Anwendung.  Das  essigsaure  Quecksilberoxidul  wird  in- 
nerlich in  Pulver-  und  Pillen-Form  verwendet.  Dasselbe  in  Lösungen  zu 
geben,  geht  nicht  wohl,  w;egen  seiner  Schwerlöslichkeit.  — Wird  sehr 
leicht  durch  Säuren,  Alkalien  und  viele  Salze  zerlegt  (s.  essigsaure  und 
Quecksilberoxidul-Salze). 

Essigsaures  Quecksilber  oxid. 

Formel:  A,  HgO. 

1 At.  Essigsäure  rr:  643,189 

1 At.  Quecksilberoxid  ~ 1365,820 

1 At.  essigs.  Quecksilberoxid  = 2009,009 

Geschichte,  siehe  vorher. 

§.  142.  Das  essigsaüre  Quecksilberoxid  wird  durch  Auf- 
lösen des  rothen  Quecksilberoxids  in  Essigsäure  (concentrir- 
tem  Essig,  S.  746)  und  Abdampfen  der  Auflösung  zur  Trock- 
ne, besser  Kristallisiren,  gereinigt.  Ersteres  ist  eine  weifse 
Salzmasse ; aus  der  heifsen  concentrirten  Lösung  kristallisirt 
es  aber  beim  Erkalten  in  der  öoraxsäure  ähnlichen  Blättchen, 
die  nicht  biegsam  und  leicht  zerreibiieh  sind ; von  widerlich 
metallischem  Geschmack.  Erfordert  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur nur  4 Theile  Wasser  zur  Lösung.  Durch  kochendes  Wasser 
wird  es  partiell  zerlegt,  es  scheidet  sich  rothes  Oxid  aus.  Auch  schon 
beim  Zutritt  der  Luft  erleidet  die  Lösung  diese  Veränderung.  100  Theile 
Alkohol  lösen  5*/, , die  Lösung  wird  auch  leicht  zerlegt.  Enthält  häufig 


766 


Aether  und  Chlor. 


etwas  Oxidulsalz,  welches  sich  durch  Kochen  des  Oxids  mit  Essigsäure 
und  Wasser  erzeugt,’;  daher  die  Kristallisation  dem  Verdampfen  zur  Trockne 
vorzuziehen  ist. 

Jetzt  wird  das  essigsaure  Quecksilberoxid  kaum  mehr  angewendet. 
Es  war  Bestaadtheil  der  Keyser’schen  Pillen , worin  aber  viel  Oxidulsalz 
enthalten  ist. 

Essigsaures  Silberoxid,  A , Ag'O, 

wird  durch  Auflösen  des  Silberoxids  in  Essigsäure,  oder  beim  Zusammen- 
bringen einer  heifsen,  concentrirten , wässerigen  Lösung  von  salpet-ersau- 
rem  Silberoxid  und  essigsaurein  Kali  erhalten.  — Kristallisirt  in  perlmut- 
terglänzenden, biegsamen  Nadeln;  schmeckt  scharf  metallisch;  ist  schwer- 
löslich  in  Wasser;  enthält  kein  Kristallisationswasser.  — Etwas  concen- 
trirte  Salpetersäure  zerlegt  das  Salz  selbst  durch  Sieden  nicht,  aber  ver- 
dünnte zerlegt  es  nach  und  nach  unter  Entwickelung  von  Essigsäure. 
Wird  leicht  in  der  Hitze  zerlegt,  wobei  reine  Essigsäure  destillirt  und 
Silber  zurückbleibt.  — Nicht  officinell.  Dient  aber  als  Reagens  auf  Salz- 
säure, besonders  bei  essigsauren  Salzen. 

Zerselxungsprodukte  des  Aethers  und  seiner  Ver- 
bindungen durch  Chlor . 

Acel yloxy  Chlorid. 

Die  Veränderungen,  welche  der  Aether  durch  Chlor  erleidet,  sind 
neuerdings  durch  M alaguti  näher  studirt  worden , und  die  von  ihm  aufge- 
fuodenen  Thatsachen  verbreiten  Licht  über  eine  Menge  von  Erscheinun- 
gen, deren  Erklärung  mau  seit  langem  vergebens  versuchte.  Es  ist  bei 
der  Bildung  der  Essigsäure  aus  dem  Alkohol  erwähut  worden,  dafs  durch 
die  Einwirkung  des  Sauerstoffs  8 Aeq.  Wasserstoff  oxidirt  und  hinweg- 
genommeu  und  durch  8 Aeq.  Sauerstoff  ersetzt  werden.  Dasselbe  ge- 
schieht durch  die  Einwirkung  des  Chlors.  Es  entsteht  ein  Körper,  wel- 
cher nach  der  Formel  C4  H6  J zusammengesetzt  ist.  Diese  Formel  drückt 

die  Zusammensetzung  der  wasserfreien  Essigsäure  aus,  in  welcher  8 At, 
Sauerstoff  ersetzt  sind  durch  8 Aeq.  Chlor.  Sättigt  man  wasserfreien  Ae- 
ther mit  trocknem  Chlorgas,  anfänglich  bei  starkem  Abkühlen,  später  bei 
gelinder  Erwärmung  des  Aethers , so  entwickelt  sich  eine  Menge  Salz- 
säure, es  bleibt  zuletzt  eine  farblose  ölähnliche  Flüssigkeit,  welche  die 
neue  Verbindung,  obwohl  nicht  gänzlich  rein,  darstellt.  Sie  enthält  nämlich 
eine  geringe  Beimischung  von  Chloral  und  einer  andern  Chlorverbindung, 
welche  sich  beim  Zusammenbringen  mit  Wasser  in  Aldehyd  und  Salzsäure 
zu  zerlegen  scheint.  Läfst  man  sie  einige  Tage  mit  Wasser  in  Berührung, 
was  man  häufig  wechselt,  so  bleibt  die  der  Essigsäure  entsprechende 
Chlorverbindung  allein  zurück.  Im  luftleeren  Raume  über  concentrirter 
Schwefelsäure  und  gebranntem  Kalk  wird  sie  wasserfrei  und  rein. 

Sie  stellt  eine  farblose,  neutrale,  schwere,  ölartige  Flüssigkeit  von 
durchdringendem,  eigentümlichem , fenchelartigem  Gerüche  dar;  bei  140® 
C.  kommt  sie  zum  Sieden,  wobei  sie  zersetzt  wird;  ihre  ausgezeichnetste 
Eigenschaft  ist,  dafs  sie,  mit  Wasser  längere  Zeit  in  Berührung  oder  da- 
mit erwärmt,  sich  zerlegt  io  Essigsäure  und  Chlorwasserstoffsäure.  Diese 
Zerlegung  erfolgt  augenblicklich  durch  Berührung  mit  alkalischen  Metall- 
oxiden. Mit  concentrirter  Schwefelsäure  vermischt  wird  diese  Verbindung 
schwarz,  unter  Entwickelung  von  Chlorwasserstoftsäure.  Mit  Kalium  er- 
wärmt zerlegt  sich  die  Chlorverbindung  in  Chlorkalium  und  in  einen  gas- 
förmigen Körper  C4  H6  O Ci2,  welcher  nur  halb  so  viel  Chlor  enthält  als 
die  ursprüngliche  Verbindung. 

Verbindungen  ähnlicher  Art,  in  welchen  ein  Theil  oder  alles  Chlor 
durch  Schwefel  ersetzt  ist,  erhält  man  aus  dieser  Chlorverbindung,  wenn 
man  sie  mit  Schwefelwasserstoffsäure  zusaramenbringt.  Beim  Durchleiten 


Aoetyloxichlorid.  76? 

des  Gases  durch  die  Chlorverbindung  entwickelt  sich  Chlorwasserstoff- 
säure , und  man  erhält  eine  farblose,  übelriechende,  ölähnliche  Flüssig- 
keit, welche  an  der  Luft  sich  schwärzt  und  nach  und  nach  zum  gröfsten 
Tbeil  zu  einer  kristallinischen  Masse  erstarrt.  Bei  Behandlung  derselben 
mit  kochendem  Alkohol  wird  sie  aufgelöst,  und  die  Flüssigkeit  giebt  nach 
dem  Erkalten  farblose,  ziemlich  grofse , prismatische  Nadeln,  welche 
schmelzbar  zwischen  120  — 123°,  nicht  flüchtig,  unlöslich  im  Wasser, 
löslich  im  Alkohol  und  Aether  sind.  Ihre  Formel  ist  C4  H6  Os*,  wonach 
dieser  Körper  als  wasserfreie  Essigsäure  betrachtet  werden  kann,  in  wel- 
cher 2 Atome  Sauerstoff  ersetzt  sind  durch  2 Atome  Schwefel.  Bei 
Berührung  mit  einer  weingeistjgen  Lösung  von  Kalihydrat  zerlegt  er  sich 
in  Schwefel kalium  und  essigsaures  Kali.  Die  Flüssigkeit,  aus  der  dieser 
Körper  krisiallisirt  ist,  giebt  bei  weiterem  Verdampfen  gelbe,  im  Anfühlen 
fettige  Blättchen,  welche  zwischen  70  — 72°  schmelzen  und  im  übrigen 
ähnliche  Eigenschaften  besitzen.  Sie  unterscheiden  sich  von  dem  beschrie- 
benen Körper  dadurch,  dafs  sie  nur  ein  Atom  Schwefel  und  an  der  Stelle 

0 ) 

des  zw  eiten  Atoms  ein  Aeq.  Chlor  enthalten.  C4  H6  Cl2  £ . Mit  einer  wein- 

8 ) 

geistigen  Lösung  von  Kali  giebt  dieser  Körper  Schwefelkalium , Chlor- 
kalium und  essigsaures  Kali. 

Die  Verbindungen  des  Aethers  mit  den  Säuren  verhalten  sich  gegen 
Chlor  ähnlich  wie  der  Aether  für  sich,  nur  mit  dem  Unterschied,  dafs  die 
Säuren,  wrenn  sie  selbst  durch  Chlor  keine  Veränderung  erfahren,  oder 
das  neue  Produkt,  was  durch  die  Einwirkung  des  Chlors  daraus  gebildet 
wird , mit  der  aus  dem  Aether  entstehenden  Chlorverbindung  zusammen 
vereinigt  bleiben. 

Oxalsaures  Aetl^ioxid  erleidet  durch  Chlor  keine  Veränderung;  essig- 
saures Aethyloxid  giebt  damit  eine  Verbindung,  welche  nach  der  Formel 
C8  H12  04  Cl4  zusammengesetzt  ist;  sie  besteht  aus  wasserfreier  Essigsäure 
und  Acetyloxichlorid  , der  aus  dem  Aether  entstandenen  Chlorverbindung 

C4  h6  Os  -f-  c4  h6  0 Cl4. 

Durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  benzoesaures  Aethyloxid  werden 
6 At.  Chlor  aufgenpnunen , aber  nur  4 At.  Wasserstoff  abgeschieden;  es 
entsteht  ein  Körper,  den  man  als  eine  Verbindung  von  1 At.  Benzoyl- 
chlorid mit  der  Chlorverbindung  des  Aethers  betrachten  kann  Bz  CI*  -4- 
C4  H6  0C14. 

Das  Benzoylchlorid  entstand  hier  offenbar  durch  die  gegenseitige  Zer- 
legung von  1 Atom  der  durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  die  Basis 
(den  Aether)  entstandenen  Salzsäure,  welche  im  Entstehungsmoment,  mit 
der  wasserfreien  Benzoesäure  in  Berührung,  sich  damit  in  Wasser  und 
Benzoylchlorid  umsetzte. 

Wird  der  Aether,  bei  stets  steigender  Erwärmung,  der  fortgesetzten 
Einwirkung  des  Chlors  unterworfen,  so  bleibt  zuletzt  eine  schwere  öl- 
artige Flüssigkeit , welche  von  Wasser  und  Kalilauge  nicht  angegriffen 
wird ; sie  besitzt  einen  aromatischen  dem  festen  Chlorkohlenstoff  ähnlichen 
Geruch  und  wird  durch  Vitriolöl  nicht  geschwärzt;  damit  destillirt  schwärzt 
sich  die  Säure,  es  entwickelt  sich  Salzsäure,  der  gröfste  Theil  des  Kör- 
pers scheint  aber  unverändert  überzugehen;  er  siedet  bei  139°  und  be- 
sitzt ein  spec.  Gewicht  von  1,61t. 

In  einer  Auflösuug  von  Kali  in  Alkohol  löst  er  sich  auf,  es  scheidet 
sich  reichlich  Chlorkäliura  aus,  uud  aus  der  daniber  schwimmenden  Flüs- 
sigkeit schlägt  Wasser  einen  neuen  ölartigen  Körper  nieder. 

Setzt  man  Aethyichlorür  in  einem  passenden  Apparate  mit  Chlorgas 
dem  Sonnenlichte  aus,  so  bemerkt  man  unter  Freiwerden  von  Salzsäure 
eine  heftige  Einwirkung.  Das  Aethylchlorid  wird  in  eine  neue  eigenthüm- 
liche  Flüssigkeit  verwandelt,  deren  Eigenschaften,  Geruch  etc.  sehr  ähn- 
lich sind  dem  Oel  des  ölbildenden  Gases;  ihre  Zusammensetzung  und  spec. 
Gewicht  im  Gaszustande  sind  genau  die  nemlichen  wie  die  der  obenge- 
nannten Verbindung,  aber  ihre  chemischen  Eigenschafieli  weichen  gänz- 


768 


Alkohol  and  Chlor. 


lieh  davon  ab,  sie  siedet  nämlich  bei  65"  und  läfst  sich  über  Kalium  und 
imt  emer  weingeistigen  Auflösung  von  Kalihydrat  ohne  Veränderung  de 
sttlliren  , ihre  Zusammensetzung  wird  durch  die  Formel  C,  H,  CI  °aus 
gedruckt;  seiner  Bildung  nach  entsteht  dieser  Körper  aus  Aetbv-lchlo?ür 

°*HlT°Jr!y  Wdem  Wasserstoff  darin  ersetzt  werden  durch  2 At  Chlor 
Lafst  man  auf  diesen  Körper  aufs  neue  Chlorgas  im  Sonnenlicht  einl 
wirken  , so  erhält  man  eine  Reihe  von  Chlorverbindungen  sehr  merkwür" 

daS  CrSte  Produkt*  vvas  mao  daraus  erhält^  ist  eine  nach  Art 
der  Essigsäure  zusammengesetzte  Flüssigkeit,  in  welcher  der  Sauerstoff 
ersetzt  ist  durch  ein  Aequivalent  von  Chlor,  ihre  Formel  ist  C H n • 
w r bezeichnen  sie  als  Acetylchlorid ; sie  siedet  bei  75“  das  soec  Ge 
Wicht  ihres  Dampfes  ist  4,6*1.  # ’ sPec*  trC" 

Die  Formel  des  zweiten  Produktes  ist  C4  H4  Ch  , es  siedet  bei  102° 
das  spec.  Gewicht  im  Gaszustande  ist  5,79.  Das  dritte  enth  ilt  C H CI  > 
und  das  vierte  und  letzte  Produkt  dieser  Einw.rkunglst  Chiorkohle’n,^ 
cÄ«Trm  a S°  r VUssei'stoff  des  Aethjls  ersetzt  ist  durch  Chlor 

Chlor  und  Alkohol. 

Sein!?rU'?h  d*e  Einw/rkung  des  Chlors  auf  Alkohol  wird  Clilorctl  gebildet 
Seiner  Zusammensetzung  nach  ist  das  Chloral  Acetyloxidhydrat  (Aldehyd/ 

des  Acetyloxids  erseLt  ist  "durch 

C4  H6  O -f-  H2  0 Acetyloxidhydrat 
C*  C,6  0 -j-  H,  0 Chloral. 

Was^Tni?11  U“f  ^ird  deraöach  der  Alkohol  durch  Entziehung  von  4 At. 
^fverln,dXe  Ch(;,lI,/t  4,At-  Chl0r  Sal^äure  bilden,  in  Acetyloxidhyl 

übergeht  VeltnrhJ a?  a i!i  E,Dvvirkuog  des  Chlors  in  Chloral 

Chlnfii  »„  Versucke/  das  Aldehyd  direkt  durch  Behandlung  mit  Chlor  in 
dem  dt  R.rr^üd,eI^  habe°  kei°  befriedigendes  Resultat^egeben,  in“ 
setzen  dlCSeS  Korpers  sich  schnell  in  andere  Materien  um. 

dukten.  Gemenge  von  Chloral  mit  anderen  chlorhaltigen  Pro- 

versSr^a^rAlk0h01  Iieferfc  je  nach  dem  Grad  «einer  Verdünnung 
dfe S Eint?rk ii ° t ^ t ? i*”^  l°“f8  Th*  Wasser  verdünnt,  entsteht  durch 
IJehcr^r,  g ChIors  Ied,g|,ch  Aldehyd  und  Salzsäure;  bei  einem 
Ueberschufs  von  Chlor  geht  ein  Theil  des  Aldehyds  in  Essigsäure  über. 

ChloJten^t  VOÜ,80~®5  P-  c-  Alkoholgehalt  liefert  beim  Sättigen  mit 
VWor  den  sogenannten  schweren  Salzäther. 

Chloral.  Formel:  C4H2C1602. 

t*nn\?»l'StntliUng'  Man3eitefc  iö  reinen,  vollkommen  wasserfreien,  Alkohol 
Erwärm nn^h!|0rsaf  11  aüffDS1,cb  bei  Abkühlung,  zuletzt  unter  fortgesetzter 
Erwarmung  des  Alkohols,  solange  sich  noch  Chlorwasserstoffsäure  oder 

hrtZn  T .e“tW1Cke‘\  ^ao  kanü  den  A!küho1  in  eine  tubulirte  Retorte 
a UrCih  deren  Jabulus  das  Chlor  eingeleitet  wird ; man  läfst  das 
Ch  orgas  durch  concentnrte  Schwefelsäure  streichen,  die  man  von  Zeit  zu 
Zeit  wechselt  r um  es  von  allem  Wasserdampfzu  befreien.  Die  Retorte 
umgiebt  man  anfänglich  mit  kaltem  Wasser,  später  befördert  man  die  Ein- 
wirkung  durch  gelinde  Wärme.  In  den  Hals  der  Retorte  setzt  man  eia 
a"f!,Glasro  r e,ü>  was  ^wendig  bis  in  den  Bauch  der  Retorte  reicht, 
nach  aussen  ist  es  zur  Hinwegfuhrung  der  Salzsäure  nach  aufwärts  gebo- 
f®?.5.  die«eni  ?°hr  verd,chtefc  sich  der  Alkohol  oder  ein  Theil  des  neu- 
gebildeten  Produktes  und  fliefst  wieder  in  die  Retorte  zurück.  Es  bedarf 

?AriLf?r  mafsiSe  Quantitäten  Alkohols  vollständig  zu 

zerlegen.  Sobald  das  Chlor,  selbst  beim  Sieden,  ungeändert  durch  die 
. “*s,fkeiJJ!liadnrchgeht,  ist  die  Operation  beendigt;  meistens  erstarrt  als- 
2inn  J 1^?/uck*ta5d  ?ach dera  Erkalten  zu  einer  weifsen  kristallinischen 
Masse  CChloralhydrat ).  Man  schmilzt  sie  bei  gelinder  Wärme  und  bringt 
äde  io  ein  verschließbares  Gefäfs,  was  das  zwei-  bis  dreifache  Volumen 


Chloral. 


769 


Schwefelsäurehydrat  enthält , und  schüttelt  sie  damit,  um  eine  innige  Mi- 
schung zu  bewerkstelligen.  Bei  gelinder  Erwärmung  dieser  Mischung  im 
Wasserbade  scheidet  sich  unreines  Chloral,  in  Gestalt  einer  über  der 
Schwefelsäure  schwimmenden  farblosen  Schicht,  ab.  Sie  wird  abgenom- 
men und  für  sich  eine  Zeitlang  im  Sieden  erhalten,  um  freie  Salzsäure 
und  Alkohol  auszutreiben,  sodann  zur  Befreiung  von  Wasser  mit  einem 
gleichen  Volumen  SchwefeSsäurehydrat  der  Destillation  unterworfen.  Das 
Destillat  besteht  aus  Chloral,  welches  nur  noch  freie  Salzsäure  enthält; 
es  wird  nun  zur  völligen  Reinigung  über  fein  pulverisirten  gebrannten 
Kalk  rectificirt;  man  unterbricht  die  Destillation,  sobald  der  Kalk  in  der 
Retorte  nicht  mehr  von  der  Flüssigkeit  bedeckt  erscheint.  Das  Ueber- 
gehende  ist  reines  Chloral. 

Eigenschaften.  Oelartige , leichtflüssige  Flüssigkeit  von  eigenthümli- 
chem , durchdringend  angenehmen  Geruch;  reizt  die  Augen  zu  Thränen; 
von  anfänglich  gering  fettartigem,  später  ätzendem  Geschmack;  macht  auf 
Papier  einen  bald  verschwindenden  Fleck;  sein  spec.  Gewicht  ist  bei  18° 
m 1,502;  siedet  bei  94°  und  destillirt  unverändert;  leitet  man  die  Däm- 
pfe von  Chloral  über  erhitzten  fialk  oder  Baryt,  so  werden  diese  Mate- 
rien glühend,  es  entwickelt  sich  Kohlenoxidgas  Hnter  Abscheidung  von 
Kohle  und  das  Oxid  findet  sich  in  Chlormetail  verwandelt;  es  mischt  sich 
mit  Aether  und  Alkohol,, löst  in  der  Wärme  Schwefel,  Phosphor  und  lod, 
wie  es  scheint  ohne  Veränderung,  auf. 

Chloralhydrat . Besteht  nach  der  Analyse  von  Dumas  aus  1 At.  Chlo- 
ral und  2 At.  Wasser.  Chloral  mit  wenig  Wasser  zusammengebracht  löst 
sich  anfänglich  dann  auf  und  erstarrt  nach  einigen  Augenblicken  damit  zu 
einer  farblosen,  durchscheinenden,  nadelförmig  kristallinischen  Masse, 
welche  in  mehr  Wasser  vollkommen  löslich  ist,  und  daraus  durch  Ver- 
dunsten im  luftleeren  Raume  über  Schwefelsäure  in  grofsen  rhomboidalen 
Kristallen  wieder  erhalten  wird.  Die  Entstehung  dieses  Hydrats  bei  der 
Darstellung  des  Chlorais  beruht  auf  der  Einwirkung  der  entstandenen  Salz- 
säure auf  den  vorhandenen  unzersetzten  Alkohol,  wodurch  Wasser  und 
Aethylchlorür  gebildet  wird.  Die  Auflösung  des  Chlorals  in  Wasser  besitzt 
den  Geruch  und  Geschmack  des  Chlorais,  sie  ist  ohne  Wirkung  auf  Pflan- 
zenfarben, mischt  sich  ohne  Trübung  mit  salpetersaurem  Silberoxid,  er- 
leidet durch  Kochen  mit  Quecksilberoxid  keine  Veränderung. 

Das  trockne  Chloralhydrat  kann  der  Destillation  ohne  Veränderung 
unterworfen  werden.  Mit  kaustischen  Alkalien  erwärmt  zerlegt  sich  das 
Chloralhydrat  in  Fonnylchlorid , Chloralkalimetall  und  in  ameisensaure 
Alkalien. 

Wenn  zu  1 At.  Chloral  C4  H2  Cl6  02  die  Elemente  vop 
1 At.  Wasser  H2  0 treten,  so  hat  man 

C4H4C160S. 

Diese  Formel  entspricht  1 At.  Ameisensäure  C2  H2  Oä 

und  1 At.  Formylchlorid  C2  H2  Ci6 
” C4  H4  Oä  CI«,. 

Das  Chlormetall,  was  sich  neben  dem  ameisensauren  Alkali  bildet, 
scheint  ein  secundäres  Zersetzuugsprodukt  des  Formylchlorids  zu  seyn. 
Bei  einem  direkten  Versuch  verhielt  sich  die  Menge  des  Chlors  in  dem 
Chlormetall  zu  dem  des  Chlorals,  ans  dem  es  entsteht,  wie  1:6,  und 
auf  l At.  Chlormetall  erhielt  man  2,15  At.  ameisensaures  Alkali.  Hieraus 
geht  hervor,  dafs  aus  6 At.  Chloral  und  10  At.  Alkali  3 At.  Chloralkali- 
metall , 7 At.  ameisensaures  Alkali  und  5 At.  Formylchlorid  gebildet 
wurden. 

Das  Chloral  kann  ohne  Veränderung  ebensowenig  aufbewahrt  werden 
wie  der  Aldehyd;  es  erstarrt  nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit  zu  einer 
weifsen,  durchscheinenden,  porzellanartigen  Masse,  dem  sog.  unlöslichen 
Chloral;  diese  Verwandlung  gebt  vor  sich  in  offenen  oder  hermetisch 
verschlossenen  Gefäfsen,  man  bemerkt  dabei  keine  Gasen t wickelang  und 
keine  Gewichtszunahme. 


770 


Chi  ora  cety  isäure. 


Dieser  Körper  entsteht  besonders  leicht,  wenn  der  mit  Chlor  bei  der 
Darstellung  des  Chlorals  gesättigte  Alkohol,  mit  Schwefelsäure  vermischt, 
in  offenen  Gefäfsen  ruhig  stehen  gelassen  wird;  die  über  der  Schwefel- 
säure schwimmende  ölartige  Schicht  erstarrt  sehr  bald  zu  diesem  unlös- 
lichen Chloral  und  das  völlige  Festwerden  derselben  giebt  selbst  ein  gutes 
Mittel  ab , um  die  fortgeschrittene  oder  beendigte  Zersetzung  des  Alkohols 
zu  beobachten. 

Durch  Waschen  mit  Wasser  scheint  dieser  weifse  Körper  eine  Zer- 
setzung zu  erleiden;  das  Wasser  nimmt  eine  saure  Reaction  an,  mit  Al- 
kohol und  Wasser  gewaschen  trocknet  er  zu  einem  weifsen,  fettig  anzu- 
fühlendeu  Pulver  aus,  was  einen  schwachen  ätherartigen  Geruch  behält; 
in  diesem  Zustande  ist  er  höchst  schwerlöslich  im  Wasser,  Alkohol  und 
Aether;  durch  Salpetersäure  unter  Aufbrauseu  zersetzbar.  Fiir  sich  oder 
mit  Schwefelsäure  der  Destillation  unterworfen  geht  eine  klare  farblose 
Flüssigkeit  über,  welche  den  Geruch  und  die  Eigenschaften  des  Chlorals 
besitzt  und  nach  einiger  Zeit  wieder  unkristallinisch  erstarrt.  In  ätzenden 
Alkalien  ist  er  löslich  und  wird  darin  zersetzt,  es  entsteht  hierbei  Amei- 
sensäure und  je  nach  der  Conceutration  der  Kalilauge  mehr  oder  weniger 
Formylchlorid.  Beim  Schmelzen  mit  Kalihydrat  bemerkt  man  kein  Formyl- 
chlorid,  in  diesem  Fall  scheint  sich  ein  anderes  Produkt  zu  erzeugen, 
was  sich  in  dem  Kali  mit  brauner  Farbe  löst. 

Der  Art  seiner  Bildung  nach  mufs  das  unlösliche  Chloral  dieselbe  Zu- 
sammensetzung haben  wie  das  Chloral,  und  zu  diesem  in  derselben  Be* 
Ziehung  stehen  wie  das  Metaldehyd  oder  Eialdehyd  zu  dem  Aldehyd.  Die 
Differenzen,  welche  sich  in  der  Analyse  dieses  Körpers  zu  erkennen  ge- 
geben haben,  scheinen  diese  Ansicht  übrigens  nicht  zu  bestätigen,  wenn 
mau  nicht  annimmt,  dafs  die  Behandlung  mit  Wasser  oder  Alkohol  eine 
Veränderung  in  der  Zusammensetzung  bedingt  habe.  Die  von  Dumas  und 
J.  L.  angestellten  Analysen  gaben  67,74  — 67,1  Chlor,  17,6  — 17,75 
Kohlenstoff,  1,16  — 1,10  Wasserstoff  und  14 — 13,44  Sauerstoff.  Du- 
mas  entwickelt  hieraus  die  Formel  C12  Cl16  H8  07  , wonach  er  aus  3 At. 
Chloral  entstanden  seyn  kann  , von  welchem  sich  nach  dem  Hinzutreten 
von  2 At.  Wasser  2 Atome  Chlor  getrennt  haben. 

Chlor acety Isäure.  C*  CJ0  Os  -f-  aq. 

Von  Dumas  entdeckt.  — Bildung:  Bei  der  Einwirkung  von  Chlor  auf 
Essigsäurehydrat  wird  der  Wasserstoff  der  Essigsäure  hinweggenommen 
und  ersetzt  durch  seine  Aequivalente  an  Chlor,  das  Hydratwasser  bleibt 
in  der  neuen  Verbindung.  — Darstellung : Man  setzt  reines  Essigsäure- 
hydrat der  Einwirkung  von  trocknein  Chlorgas  im  Sonnenlichte  aus,  in- 
dem mau  in  Flaschen  von  5 — 6 Liter  die  Essigsäure  schüttet  und  ver- 
schliefst (auf  1 Liter  Chlor  0,8  — 0,9  Gnn.  Essigsäure).  Nach  24  Stunden 
linden  sich  die  Wände  des  Gefäfses  mit  rhomboedrischen  Blättern  und  Kri- 
stali Vegetationen  bedeckt;  man  läfst  die  Flaschen  einige  Stunden  lang  offen 
stehen  und  erhält  durch  Ausspülen  mit  wenig  Wasser  eine  concentrirte 
Lösung  von  Chloracetylsäure , welche  freie  Salz-,  Oxal-  und  Essigsäure 
und  Wasser  enthält.  Diese  Auflösung  läfst  man  in  der  Leere  neben  Schaa- 
len  mit  trocknem  Kalihydrat  und  concentrirter  Schwefelsäure  verdampfen, 
wo  zuerst  Oxalsäure,  später  Chloracetylsäure  kristallisiren ; die  letzten  Mut- 
terlaugen destillirt  man  mit  wasserfreier  Phosphorsäure,  welche  das  Was- 
ser zurückbehält  und  die  Oxalsäure  zersetzt;  zuerst  geht  Essigsäure,  zuletzt 
Chloracetylsäure  über,  die  man  von  anliegender  Essigsäure  vollkommen 
befreit,  indem  man  die  Kristalle,  in  Fliefspapier  eingewiekelt,  24  Stunden 
lang  im  luftleeren  Raume  läfst ; die  Essigsäure  wird  von  dem  Papier  ein- 
gesaugt und  die  Kristalle  sind  reine  Chloracetylsäure.  — Eigenschaften: 
Farblose  rhomboedrische  Blätter  uud  Nadeln,  von  schwachem  Geruch  und 
ätzendem  Geschmack,  sehr  zerfliefslich  in  feuchter  Luft,  bleicht  und  zer- 
stört die  Haut,  blasenziehend.  Der  Dampf  der  erhitzten  Säure  ist  sehr 
reizend,  erstickend,  und  fällt  den  Athmungsorganen  höchst  beschwerlich; 
die  Auflösung  röthefe  die  blauen  Pflanzenfarben  und  besitzt  keine  bleichen- 


Schwerer  Salzäther. 


77i 


den  Eigenschaften ; die  Kristalle  schmelzen  bei  45  — 46°  und  werden  erst 
bei  42°  und  niedriger  wieder  fest;  Siedpunkt  195  — 200°;  das  specifische 
Gewicht  der  geschmolzenen  Säure  ist  bei  40°  1,617;  mit  überschüssigen 
Alkalien  erwärmt  bietet  diese  Säure  eine  der  schönsten  Transformationen 
dar,  sie  zerlegt  sich  in  Forrnylchlorid  und  kohleusaure  Alkalien,  oder  man 
erhält  Chlormetall,  ameiseusaures  und  kuhiensaures  Alkali. 

Chloracetylsäure  Salze. 

Die  Chloracetylsäure  verbindet  sich  mit  Basen , indem  ihr  Hydratwas- 
ser ersetzt  wird  durch  ein  Aequivalent  der  Base;  alle  Salze  dieser  Säure 
sind  löslich  und  besitzen  in  ihrem  äusseren  Verhalten  grofse  Aehnlichkeit 
mit  den  essigsauren  Salzen;  ähnlich  wie  diese  bei  überschüssigen  Alkalien 
zerlegt  werden  und  sich  bräunen , so  zersetzen  sich  die  chloracetyisauren 
Salze  , obwohl  mit  gröfserer  Leichtigkeit;  die  Säure  vereinigt  sich  mit  Am- 
moniak und  mit  dem  Aethyloxid. 

Chloracetylsaures  Ammoniak ; C*  Cl6  03 , AdH40  -f-  4aq.  Dieses  Salz 
kristallisirt  beim  Abdampfen  der  mit  Aetzammouiak  neutralisirten  Säure  an 
der  Luft;  mit  überschüssigem  Ammoniak  erwärmt  zerlegt  sich  die  Säure, 
es  destillirt  Forrnylchlorid  und  kohlensaures  Ammoniak  über;  Chloracetyl- 
säure enthält  nemlich  die  Elemente  von  1 At.  Forrnylchlorid  und  2 At. 
Kohlensäure , C4  Cl6  H2  04  = C,  04  -f-  Ca  Ha  Cl6. 

Chluracetylsaures  Aethyloxid ; C4C1603  , AeO.  — Darstellung : Durch 
Destillation  eines  chloracetylsauren  Alkali’s  oder  von  Chloracetylsäure  mit 
Schwefelsäure  und  Alkohol.  Zusatz  von  Wasser  zu  dem  Destillat  schei- 
det die  Acethyloxidverbindung  in  Gestalt  eines  schweren , farblosen  Oels 
ab,  sehr  ähnlich  in  seinem  Gerüche  dem  sogenannten  schweren  Salzäther. 

Chloracetylsaures  Silberoxid ; C4  Cl6  03 , AgO.  — Durch  Auflösen  von 
Silberoxid  in  der  coucentrirten  wässerigen  Säure  und  Abdampfen  im  luft- 
leeren Raum  bei  Abschlufs  des  Lichtes  erhält  man  glänzende  Blätter  oder 
kristallinische  Körner  dieses  Salzes ; es  ist  wenig  im  Wasser  löslich  und 
verpufft  beim  Erhitzen ; mit  Alkohol  bonetzt  bleibt  nach  dem  Abbrennen 
des  Alkohols  reines  Chlorsilber. 

Chloracetylsaures  Kali;  C4  Cl6  03  , KO  -f-  aq.  — Durch  Sättigen  der 
Säure  mit  kohlensaurem  Kali  und  freiwilliges  Abdampfen  erhält  man  das 
Salz  in  seidenartigen  feinen  Kristallen,  welche  in  trockner  Luft  unver- 
änderlich sind,  in  feuchter  zerfliefsen.  Zersetzt  sich  mit  einer  schwachen 
Explosion  beim  Erhitzen;  mit  einem  Ueberschufs  von  Kalilauge  gekocht  er- 
hält man,  indem  der  gröfste  Theil  des  Formylchlorids  zersetzt  wird,  Chlor- 
kalium, ameisensaures  und  kohlensaures  Kali. 

Schwerer  Salzäther. 

Mit  diesem  Namen  bezeichnet  man  gewöhnlich  den  öligen  Körper,  wel- 
cher von  Scheele  durch  Destillation  von  Schwefelsäure,  Braunstein,  Koch- 
salz und  Alkohol  erhalten  wurde,  uud  der  zurückbleibt  oder  den  man  er- 
hält, wenn  wasserhaltiger  Alkohol  in  der  Kälte  mit  Chlor  gesättigt,  mit 
Wasser  vermischt  und  der  sich  abscheidende  ölige  Körper  solange  damit 
gewaschen  wird , bis  sich  nichts  mehr  davon  löst.  Dieses  Produkt  von 
niemals  gleichbleibender  Zusammensetzung  hat  Eingang  in  den  Arzneischatz 
gefunden,  und  macht,  in  Weingeist  gelöst,  den  Hauptbestandteil  des 
Spiritus  muriatico-aethereus  aus.  Man  erhält  von  dieser  Materie  die 
gröfste  Ausbeute,  wenn  der  mit  Chlorkalk  gesättigte  Alkohol  mit  seinem 
doppelten  Volumen  Wasser  vermischt,  ohne  Absonderung  des  niederfal- 
lenden ölartigen  Körpers,  über  sein  halbes  Gewicht  Manganhyperoxid  rec- 
tificirt  wird. 

Der  Braunstein  löst  sich  in  der  sauren  Flüssigkeit  zu  einer  dunkel- 
grünen Flüssigkeit  auf,  die  sich  nach  einigen  Augenblicken  unter  heftiger 
Erhitzung  braun  färbt.  Es  ist  gut,  die  Mischung,  welche  sich  zuweilen 
mit  rother  Flamme  entzündet,  bei  diesem  Zeitpunkte  von  aussen  stark  ab- 


772 


Bromal* 

Äükühlen.  Sobald  keine  Einwirkung  mehr  bemerkbar  ist,  wird  sie  der 
Destillation  unterwarfen.  Man  erhält  ein,  an  Wasser,  Weingeist  und  Es- 
sigather  reiches,  Destillat,  unter  welchem  sich  eine  ölartige  Schicht  ab- 
setzt, welche  nach  dem  Waschen  mit  Wasser,  von  welchem  er  keine 
Veränderung  mehr  erfahrt,  den  reinen  schweren  Salzäther  darstellt. 

Ende  der  Destillation , wenn  der  Rückstand  trocken  wird,  setzen 
sich  in  dem  Halse  der  Retorte  Kristalle  von  Chlorkohlenstoff  an-  Der  sog 
schwere  Salzather  ist  farblos,  von  aromatischem  Geruch,  ohne  Wirkung 
aut  i flanzenfarben,  beim  Zusammenbringen  mit  concentrirter  Schwefelsäure 
wird  er  unter  Entwickelung  von  Salzsäure  geschwärzt,  er  siedet  bei  112 
“ l.  sP,ec-  Gewicht  ist  1,227,  löslich  in  jedem  Verhäknifs  in 

Weingeist.  Mit  Kalihydrat  erwärmt  zerlegt  er  sich  mit  heftiger  Wärme- 
entwickelung, es  destillirt  eiu  anderer  chlorhaltiger  ölartiger  Körper  über, 
welcher  bei  104  siedet  und  ein  spec.  Gewicht  von  1,074  besitzt.  Bei 
dem  Kali  bleibt  hierbei  eine  braune  harzähnliche  Materie  zurück. 

. $•  * *!?;  0en  chlorütherbalti^en  Weingeist  (versüisteo  saiz- 
geist)  erhalt  man,  wenn  einem  Gemenge  von  4 Th.  Kochsalz, 
® 1 h.  Schwefelsäure  und  3 Th.  Braunstein,  4 Th.  Weingeist 
zugesetzt  , und  bei  gelinder  Hitze  4/s  des  angewendeten  Wein- 
geistes öberdestillirt  werden.  Dem  Destillat  setzt  man,  wenn  es 
sauei  ist,  unter  Schütteln,  wässeriges  einfach  kohlensaures  Kali  zu,  bis 
es  nicht  mehr  Lackmus  röthet,  giefst  den  Geist  von  der  wässerigen  Flüs- 
sigkeit  ah  und  rectificirt  ihn  in  gelinder  Wärme.  Hiebei  wird  aber  der 
Chlorather  leicht  zersetzt  oder  wesentlich  verändert,  und  das  Produkt  ist 
etwas  anderes,  als  wenn  Chloräthor  geradezu  mit  Alkohol  vermischt  wird. 

Auch  kann  man  reinen  Chlorather  in  8 Theilen  Weingeist  lö- 
sen. — Die  Eigenschaften  des  versüfsten  Salzgeistes  sind 
(lenen  des  schweren  Salzöls  ähnlich.  Er  ist  farblos  diirchsich- 
leichtflüssig  wie  Weingeist,  von  0,835  bis  0,840  spec. 
Gewicht,  hat  den  Geruch  und  Geschmack  des  schweren  Salz- 
äthers  und  verhält  sich  überhaupt  als  ein  Gemisch  von  schwe- 
rem Salzäther  und  Weingeist. 

Seine  Güte  erkennt  man  an  dem  reinen,  stark  ätherartigen  Geruch 
und  Feschmack.  Mit  3-4  Theilen  Wasser  gemischt , mufs  er  sich  trü- 
ben und  etwas  schweren  Salzäther  fallen  lassen.  Darf  nicht  Lackmus 
rothen,  die  geistige  Guajactiuctur  nicht  blau  färben,  und  mufs  sich  in  ge- 
linder Wärme  vollständig  verflüchtigen. 

Medicinische  Anwendung:  Man  gibt  deD  versüfsten  Salfegeist  innerlich 
an  Tropfen  und  Mixturen.  — Wird  auch  äusserlich  zu  Einreibungen  ge- 
braucht. ö 

Die  ölige  Flüssigkeit,  welche  beim  Vermischen  des  kalt  mit  Chlor  ge- 
sättigten Alkohols  niederfällt,  enthält  eine  grofse  Menge  Acetyloxichlo- 
rid,  was  sich  bei  Behandlung  mit  Wasser  in  Salzsäure  und  Essigsäure 
zerlegt;  sie  enthält  ferner  eine  Chlorverbindung,  die  sich  mit  Wasser  in 
Aldehyd  und  Salzsäure  zu  zerlegen  scheint.  Wie  man  leicht  bemerkt, 
bedarf  die  Entwickelung  der  hierbei  vorgehenden  Veränderungen  einer 
gründlichen  Untersuchung,  welche  in  diesem  Augenblicke  noch  fehlt. 


Bromal. 

Von  Löwig  beschrieben.  Formel:  C4  Br6  0 -f-  H2  O. 

Darstellung,  ln  l Theil  mit  Eis  umgebenen  Alkohol  giefst  man  nach 
und  nach  13,8  Brom  in  kleinen  Portionen,  indem  man  stets  mit  dem  Hinzu- 
fügen einer  neuen  Menge  wartet , bis  das  vorher  zugesetzte  verschwunden 
ist.  Man  setzt  nun  der  Mischung  das  dreifache  Volumen  concentrirter 
Schwefelsäure  zu  und  destillirt,  wo  im  Anfang  Bromwasserstoffsäure, 
freies  Brom  und  Aetbylbromid , zuletzt  reines  Bromal  übergehen.  Zur 


Chlorcyanäther. 


773 


weiteren  Reinigung  bedient  man  sich  des  bei  Chloral  beschriebenen  Ver- 
fahrens. — Eigenschaften : Oelartige,  farblose  Flüssigkeit  von  eigentüm- 
lichem, scharfen,  die  Augen  zu  Thränen  reizenden  Geruch  und  scbarfem, 
ätzendem  Geschmack;  von  3,34  spec.  Gewicht;  siedet  über  100°;  es  ist 
ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben  und  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether 
löslich;  durch  Chlor  und  rauchende  Salpetersäure Wird  es  zersetzt;  Schwe- 
fel und  Phosphor  lösen  sich  darin  auf.  Mit  ätzenden  Alkalien  zerlegt  es 
sich  in  ameisensaures  Alkali  und  Formylbromid. 

Bromalliydrat.  Eine  Auflösung  von  Bromal  in  Wasser  giebt  bei  lang- 
samem Verdunsten  an  der  Luft  grofse,  regelmäfsige,  farblose,  durchsich- 
tige, kampherartige  Kristalle,  ähnlich  in  ihrer  Form  dem  Schwefelsäuren 
Kupferoxid  ; sio  sind  bei  gelinder  Wärme  schmelzbar  und  enthalten  auf 
1 At.  Bromal  4 At.  Wasser,  mithin  2 At.  mehr  als  das  Chloralhydrat  (Xo- 
ivigj.  Bei  Behandlung  des  Aethers  mit  Brom  entsteht,  nach  Löwig,  Brom- 
wasserstolfsäure,  Aethylbromid,  Ameisensäure  und  ein  dem  schweren  Salz- 
äther analoger  Körper,  der  sog.  schwere  Bromäther,  ferner  Bromal.  Un- 
terwirft man  diese  Mischung  der  Destillation  bei  gelinder  Wärme,  so 
gehen  die  genannten  Produkte  bis  auf  Bromal  über,  welches  noch  schwe- 
ren Bromäther  beigemischt  enthält.  Dieser  Rückstand , mit  Wasser  über*- 
gossen,  giebt  das  Bromal  an  das  Wasser  ab,  während  schwerer  Bromäther 
sich  abscheidet.  Dieser  Körper,  von  dem  es  Löwig  ungewifs  läfst,  ob  er 
eine  für  sich  bestehende  Verbindung  oder  ein  Gemenge  mehrerer  ist,  ist 
sehr  flüchtig,  von  angenehmem,  durchdringendem  Geruch  und  süfsem  Ge- 
schmack, von  starkem  Lichtbrechungsvermögen , schwerer  wie  concen- 
trirte  Schwefelsäure;  mit  Kalilauge  behandelt  und  über  Aetzkalk  recti- 
ficirt,  ist  er  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben.  Durch  Erhitzen  mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  wird  er  in  Brom  und  in  eine  andere  flüchtige, 
ölartige  Flüssigkeit  zersetzt.  Mit  Kalilauge  erwärmt  zerfällt  er  in  For- 
mylbromid,  Bromkalium  und  ameisensaures  Kali.  Nach  Löwig’ s Analyse 
besteht  er  aus  C4  Br6  Ha  05, 

lod  und  Alkohol. 

Iod  löst  sich  in  reinem  oder  verdünntem  Alkohol  mit  tief  braunrother 
Farbe,  ohne  eine  bemerkbare  Wirkung  zu  äussern.  Wird  diese  Flüssig- 
keit mit  einer  Auflösung  von  Kalihydrat  in  Alkohol  vermischt,  so  entfärbt 
sie  sich,  es  entsteht  Iodkalium,  Ameisensäure  und  Formgliodid.  Eine  öl- 
ähnliche,  iodhaltige  Flüssigkeit,  deren  Natur  und  Zusammensetzung  un- 
bekannt ist,  erhält  man  nach  Johnston,  wenn  zu  starker  Salpetersäure 
nach  und  nach  eine  concentrirte  Lösung  von  Iod  in  Alkohol  und  lodpulver 
zugesetzt  wird,  solange  dies  geschehen  kann,  ohne  dafs  sich  die  Flüssig-  * 
keit  färbt.  Beim  Erkalten  scheidet  sich  eine  ölartige,  leicht  zersetzbare 
Flüssigkeit  von  1,34  Ipec.  Gewicht  ab.  An  der  Luft  und  im  Sonnenlicht 
färbt  sie  sich  braun,  auf  70°  erwärmt  geht  ein  ätherartiges  Liquidum  über,  ' 
während  eine  braune  Masse  bleibt,  welche  bei  144°  Iod  entläfst,  unter 
Rücklassung  von  Kohle.  Durch  Kali  wird  diese  Materie  zerlegt. 

Mischt  man  nach  Aime  in  einer  Flasche  4 Th.  Alkohol  mit  1 Th.  Iod 
und  fügt  1 Th.  rauchende  Salpetersäure  hinzu,  und  überläfst  diese»' Ge- 
menge lose  verschlossen  sich  selbst,  so  scheidet  sich  auf  dem  Boden  de® 
Gefäfses,  nachdem  alles  Iod  verschwunden  ist,  eine  ölartige  Flüssigkeit 
ab,  welche  mit  Wasser  gewaschen  und  über  kohlensauren  Kalk  und  Chior- 
calciura  destillirt  reiner  erhalten  wird.  Die  ätherische  Flüssigkeit  geht 
hierbei  zuerst  über,  später  Wasser  und  Alkohol. 

Diese  Materie  soll  dem  Chloral  ähnlich  riechen  und  durch  Alkalien  auf 
analoge  Art  zersetzt  werden.  Unter  Wasser  aufbew7ahrt  setzen  sich  nach 
Aime  weifse  nadelförmige  Kristalle  ab.  Man  sieht,  dafs  man  so  gut  wie 
nichts  über  die  Natur  dieses  Körpers  weifs. 

Chlor  cyanäther. 

Leitet  inan  durch  eine  gesättigte  Auflösung  von  Cyanquecksilber  in 
Alkohol  eioen  Strom  trocknes  Chlorgas,  so  destillirt  eine  ölartige  Flüssig- 


774 


Acetylwasserstoff.  Acetylchlorür. 


keit  über  von  1,13  spec.  Gewicht,  welche  unter  50°  siedet,  leicht  ent- 
zündlich ist  und  mit  rother  Flamme  brennt;  sie  besitzt  einen  die  Augen 
angreifenden  Geruch,  wird  bei  Berührung  mit  Wasser  und  Ammoniak 
zersetzt,  mit  letzterem  unter  Entwickelung  von  Gas.  Nach  Atme , welcher 
diese  Verbindung  entdeckt  hat,  soll  die  Formel  Cy4Cla,2AeO  ihre  Zu- 
sammensetzung ausdriicken,  was  höchst  unwahrscheinlich  ist. 

Produkte  der  Zer  Setzung  des  Alkohols  von  ungewis- 
ser Constitution . 

Es  ist  unter  den!  Namen  ölbildendes  Gas  in  dem  Früheren  sehr  häufig 
ein  Körper  erwähnt  worden , welcher  als  constantes  Zersetzung* pro dukt 
des  Alkohols  durch  ein  UebSfmaal’s  von  Schwefelsäure  erzeugt  wird.  Die- 
ser Körper  besteht  der  Analyse  nach  aus  Kohlenstoff  und  Wasserstoff,  die 
zu  gleichen  Aequivalenten  miteinander  verbunden  sind ; er  zeichnet  sich 
vor  ähnlichen  Verbindungen  durch  seist;  Fähigkeit  aus , sich  mit  andern 
einfachen  sowohl  als  zusammengesetzten  Körpern  zu  vereinigen;  sein  Name 
ist  von  einer  dieser  Verbindungen,  welche  e&e  ölartige  Beschaffenheit  hat, 
hergeleitet  worden,  ßerzelius  bezeichnet  ihn  »uit  Clayl.  Wenn  man  das 
chemische  Verhalten  dieses  Körpers  ins  Agge  faf$t,  so  wild  es  äusserst 
wahrscheinlich,  dafs  die  Formel  C4  H6  -f-  Ha  seiner  Constitution  am  näch- 
sten kommt.  Sie  giebt,  wie  es  scheint,  ein  helles  Liebt  über  die  Ursache 
seiner  Fähigkeit,  Verbindungen  einzugehen;  eine  Eigenschaft,  welche  an- 
dere Kohlenwasserstoffverbindungen  nicht  besitzen,  und  ein  klares  Bild 
über  das  Verhalten  dieser  Verbindungen  unter  Umständen,  wo  sie  zersetzt 
werden.  In  der  bezeichnetet^  Form  wäre  dieses  Gas  die  WasserstoftVer- 
bindung  des  Acetyls,  correspondirend  in  seiner  Zusammensetzung  mit  dem 
Acetyloxid,  sein  Symbol  würde  hiernach  AcHa  seyn.  Wir  nennet«  diesen 
Körper  Acetylwasser stoff  oder  Hydraeetyl. 

Man  erhält  das  Hydraeetyl  rein,  wenn  1 Theil  Alkohol  mit  6 —7  Th. 
concentrirter  Schwefelsäure  erwärmt  wird ; es  entwickelt  sich  anfänglich  ; 
Aether,  sodann  schwefelsaures  Aethyloxid- Aetherol,  später  kommt  ein 
Gemenge  von  gleichen  Raumtheilen  schwefliger  Säure  und  Hydracetylgas ; 
die  Mischung  schwärzt,  sich  bei  diesem  Zeitpunkte  und  nimmt  eine  gallert- 
artige Beschaffenheit  an.  Zur  Reinigung  des  Hydracetylgases  leitet  man 
es  zuerst  durch  Kalkmilch,  welche  die  schweflige  Säure  aufnimmt,  sodann 
durch  eine  Flasche  mit  ScluvefeJsäurehydrat , von  w elcher  der  begleitende 
Aether,  Wasser  und  Alkoholdarapf  aufgenommen  wird. 

Das  reiue  Hydraeetyl  besitzt  einen  schwachen  ätherartigen  Geruch, 
ist  brennbar  mit  hell  leuchtender  Flamme;  es  ist  in  Wasser,  concentrirter 
Schwefelsäure,  Alkohol  und  Aether  nur  in  sehr  geringer  Menge  löslich. 
Beim  Zusammenhängen  mit  Chlorgas  verdichten  sich  gleiche  Volumina  zu 
einer  ölähnlichen,  ätherartigen  Flüssigkeit,  dem  chlurwasserstuff'sauren 
Chloracetyl  oder  dem  sog.  Oel  des  ölbildenden  Gases;  es  verbindet  sich 
mit  Brom  und  Iod;  es  vereinigt  sich  mit  wasserfreier  Schwefelsäure.  Wird 
ein  Gemenge  von  2 Vol.  Chlorgas  mit  1 Vol.  Chloracetylgas  rasch  in  ei- 
nem offenen  Gefäfs  mit  einem  brennenden  Körper  in  Berührung  gebracht, 
so  tritt  Entzündung  mit  rother  Flamme  ohne  Explosion  ein,  es  entsteht 
Salzsäure,  und  Kohle  wird  in  dicken  Flocken  als  Kienrufs  niederge- 
schlagen. 

Acetylchlorür;  C4H6C12;  Symb. : AcCla.  Wenn  chlorwrasserstoffsaures 
Acetylchlorür  in  einer  weingeistigen  Auflösung  von  Kalihydrat  mehrere 
Tage  hei  einer  niederen  Temperatur  sich  selbst  überlassen  bleibt,  so  zer- 
legt sich  die  Salzsäure  dieser  Verbindung  mit  dem  Kali  in  Wasser  und 
Chlorkalium , was  sich  kristallinisch  absetzt,  und  in  Acetylchlorid , wTas 
in  der  weingeisfigen  Flüssigkeit  gelöst  bleibt.  Bei  gelinder  Erwarmung 
entwickelt  sich  das  Acetylchlorür  als  Gas,  dem  Weingeist-  und  Wasser- 
Dampf  beigemischt  sind.  Leitet  man  die  sich  bei  Erwärmung  entwickeln- 
den Dämpfe  durch  concentrirte  Schwefelsäure  , so  geht  Acetylchlorür  un- 


A cety  1 ch  1 orür  - Chlorwasserstoff.  r 75 

zersetzt  hindurch,  während  Weingeist  und  Wasser  bei  der  Schwefelsäure 
Zurückbleiben. 

Das  Acetylchlorür  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur  gasförmig,  von 
knoblauchartigem  Geruch , es  ist  schwierig  entzündlich  und  brennt  mit  trü- 
ber rother,  am  Saume  wie  bei  allen  Chlorverbindungen  grün  gefärbter, 
Flamme  ; sein  spec.  Gewichts  im  Gaszustande  ist  2,166;  bei  — 17°  ver- 
dichtet es  sich  zu  einer  wasserhellen  Flüssigkeit.  Kalium  zerlegt  das  Gas, 
wenn  es  darin  erhitzt  wird,  es  entsteht  Chlorkalium,  es  schlägt  sich  Kohle 
nieder  und  es  entwickelt  sich  Naphthalin  , was  sich  in  Kristallen  ansetzt. 

Leitet  man  das  Gas  von  Acetylchlorür  durch  einen  mit  Antimonper- 
chlorid ungefüllten  Apparat,  so  wird  es  davon  vollständig  und  mit  Wärme- 
entwickelung absorbirt.  Durch  Verdünnen  mit  Wasser  scheidet  sich  eine 
ätherische  Flüssigkeit  ab,  welche  ein  Gemenge  von  Aeetylchlorür-Chlor- 
wasserstoff  mit  einer  neuen  Verbindung  ist,  die  nach  ihrer  Formel  ebenso 
wie  eine  früher  erwähnte  als  Essigsäure  betrachtet  werden  kann  , in  wel- 
cher der  Sauerstoff  ersetzt  ist  durch  seine  Aequivalente  an  Chlor  C4  H6  Cl6, 
nach  der  Zersetzung  aber,  die  sie  durch  Kali  erleidet,  mufs  ihre  Zusam- 
mensetzung durch  C*  H4  Cl4  -1-  CI2  H2  ausgedrückt  werden.  Bis  115°  er- 
wärmt geht  aller  Acetylchloriir-Chterwasserstoff  über,  bei  dieser  Tempe- 
ratur destillirt  die  neue  Verbindung  rein.  Sie  ist  farblos,  dünnflüssig,  von 
1,422  spec.  Gewicht.  Das  spec.  Gewicht  ihres  Dampfes  ist  4,75.  Mit  ei- 
ner weingeistigen  Lösung  von  Kalihydrat  der  Destillation  unterworfen, 
zerlegt  sie  sich  in  Chlorkalium,  Wasser  und  eine  neue  bei  30°  siedende 
flüchtige  Flüssigkeit,  welche  nach  der  Formel  C4  fl4  Cl4  zusmmmengesetzfc 
ist;  das  spec.  Gewicht  des  Gases  der  letzteren  ist  3,34.  Nach  der  Formel 
C2  H2  CI2  wäre  dieser  Körper  die  niedrigste  Chlorstufe  des  Formyls , oder 
des  Radikals  der  Ameisensäure,  wir  bezeichnen  ihn  mit  Formylchlorür 
( 'Reghaiilt ). 

Acetylchlorid.  Als  eine  Verbindung  von  Acetyl  mit  Chlor,  welche 
der  Essigsäure  entspricht,  läfst  sich  wahrscheinlicher  Weise  der  Körper 
betrachten,  den  Regnault  durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  Acetyl- 
chlorür erhalten  hat  (siehe  S.  768). 

Acetylbromür ; C4  H6  Br2 ; AcBra.  Seine  Darstellung  ist  die  nemlicho, 
wie  die  des  Acetylchlorürs,  wenn  statt  des  chlorwasserstoffsauren  Acetyl- 
chlorürs  die  entsprechende  Broraverbindung  derselben  Zersetzufigsweise 
unterworfen . wird.  Das  Acetylbromür  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
ebenfalls  gasförmig  und  besitzt  einen  ähnlichen  Geruch  und  Eigenschaften 
wie  das  Acetylchlorür,  es  kann  aber  in  einem  niederen  Kältegrade  flüssig 
erhalten  werden.  Sein  spec.  Gewicht  im  Gaszustande  ist  3,691. 

Acetylchloriir-Chlorwasserstoff.  Sy  non. : Oel  des  ölbildendes  Gases, 
Oel  der  holländischen  Chemiker.  Formel:  C4H6C12,  CJ2  H2.  Symb.  AcC12, 
C12H4.  Entdeckt  von  D eimann,  Troostwyk , Lauwerenburyh  und  Vroliek. 
Gewöhnlich  wird  dieser  Körper  auf  die  Weise  dargestellt,  dals  man  0y- 
dräcetyl  und  feuchtes  Chlorgas  in  einer  grofsen  Flasche  zusammentreten 
läfst  (trocknes  Chlorgas  und  Hydracetylgas  vereinigen  sich  nach  Regnault 
nicht  miteinander);  es  ist  aber  bequemer,  sich  hierzu  des  Antimonsuper- 
chlorids zu  bedienen,  was  man  erhält,  wenn  man  Spiefsglanzbutter  bei 
gelinder  Wärme  schmilzt  und  solange  trocknes  Chlorgas  durchleitet,  bis 
selbst  bei  starker  Abkühlung  nichts  mehr  absorbirt  wird.  In  dieses  Anti* 
mousiiperchlorid  leitet  man  ölbildendes  Gas  (Hydracelyl)  solange  noch 
Aufnahme  bemerkbar  ist,  man  unterwirft  die  gesättigte  Flüssigkeit  alsdann 
der  Destillation,  wo  Acetylchlorür-Chlorwasserstoff  übergeht;  das  über- 
destillirende  wird  solange  aufgefangen,  als  es  mit  Wasser  gemischt  noch 
eine  ätherartige  Flüssigkeit  absondert  (1 f'öhler). 

Die  erhaltene  Verbindung  ist  unrein;  sie  wird  Mit  -Wasser  destillirt, 
von  dem  mit  übergehenden  Wasser  geschieden,  mit  concentrirter  Schwefel- 
säure geschüttelt  und  der  Destillation  im  'Wasserbade  unterworfen.  Diese 
letztere  Operation  wiederholt  mau  so  oft,  bis  die  rückbleibende  Schwefel- 
säure nicht  mehr  geschwärzt  und  keine  Entwickelung  von  Chlorvvasser- 
stoffsäure  mehr  bei  der  Destillation  bemerkbar  ist.  Nach  dem  Waschen 


776 


ChloretheraL 


mit  Wasser  und  ruhigen  Stehen  über  Chlorcalcium  erhält  man  das  Oel  rein 
und  wasserfrei. 

Der  Acetylchlorür- Chlorwasserstoff  ist  eine  farblose,  dünnflüssige 
Flüssigkeit,  von  angenehmem,  ätherartigem  Geruch  und  süfslichem  Ge- 
schmack; sein  Siedpunkt  ist  82,4°  C.;  das  spec.  Gewicht  seines  Dampfes 
ist  3,4484,  Wird  durch  Berührung  mit  concentrirter  Schwefelsäure  oder 
durch  Destillation  über  Kalihydrat,  in  dem  es  unlöslich  ist,  nicht  verän- 
dert; es  ist  entzündlich  und  brennt  mit  leuchtender,  grüngesäumter,  ru- 
fsend er  Flamme.  Wasser  ertheilt  es  seinen  Geruch , ohne  davon  bemerk- 
lich  gelöst  zu  werden ; mit  Alkohol  und  Aether  ist  es  in  allen  Verhältnis- 
sen mischbar.  In  Ammoniakgas  verdampft  soll  es  in  Salmiak,  Stickgas 
und  ein  brennbares,  nicht  weiter  untersuchtes,  Gas  zerlegt  werden.  In 
«iner  Auflösung  von  Kailhydrat  in  Alkohol  zerlegt  es  sich  allmählig  in 
Chlorkalium  und  in  Acetylchiorür.  Mit  Kalium  erwärmt  entwickelt  es 
W7asserstoffgas  und  Acetylchlorürgas. 

Chlorgas  wird  von  diesem  Körper  leicht  aufgenommen ; er  wird  grünlich- 
gelb und  nimmt  einen  erstickenden  Geruch  an.  Beim  Erwärmen  entwickelt 
sich  Salzsäure  und  es  erzeugen  sich  neue  an  Chlor  reichere  Verbindungen. 
Wird  das  Oel  lange  Zeit  bei  steigender  Erwärmung  der  Einwirkung  des 
Chlors  ausgesetzt  und  alsdann  der  Destillation  unterworfen,  so  geht  der 
unveränderte  Körper  im  Anfang  über,  bei  115°  destillirt  die  vorhererwähnte 
Verbindung  C*  H*  CI*  -+*  Cl2  II2  über;  bei  135°  erhält  man  einen  neuen, 
nach  der  Formel  C*  H*  CIS  zusammengesetzten  Körper,  den  man  als  das 
zweite  Chlorid  des  Furrnyls , als  Formylchlorid  ansehen  kann  C2  H2  Cl4. 
Bei  fortgesetzter  Einwirkung  des  Chlors  hei  Mitwirkung  des  Tageslichtes, 
oder  schneller  bei  Sonnenlicht,  geht  die  letztere  Verbindung  in  Chlorkoh- 
lenstoff über;  diese  Verwandlung  findet  statt,  indem  die  an  Chlor  weniger 
reichen  Flüssigkeiten  in  Formylchlorid  übergehen,  in  welchem  zuletzt  aller. 
Wasserstoff  durch  seipe  Aequivalente  an  Chlor  ersetzt  wird.  C2  H2  CI* 
gibt  mit  4C1  — 1 At.  Chlorkohlenstoff  C2  Cl6  und  2 At.  Salzsäure  Cl2  H2. 
Bei  der  Bildung  des  Acetylchiorür- Chlorwasserstoffs,  gleichgültig  ob  er 
durch  Zusammenbringen  der  Gase  oder  des  Ilydracetyls  mit  Antimonsuper- 
chlorid  dargestellt  worden,  erzeugt  sich  stets  eine  gewisse  Menge  Salz- 
säure, deren  Bildung  sich  dadurch  erklärt,  dafs  das  Hydracetyl,  was 
sich  beim  Erhitzen  von  Alkohol  mit  einem  Uebermafs  von  Schwefelsäure 
entwickelt,  stets  Kohlenoxidgas  enthält,  welches  die  Bildung  von  Chlor- 
kohlensäure und,  bei  Gegenwart  von  Wasser,  die  Entstehung  von  Koh- 
lensäure und  Salzsäure  bedingt.  Sodann  erklärt  sich  die  Bildung  der  Salz- 
säure durch  die  gleichzeitige  Entstehung  der  anderen  beschriebenen  Pro- 
dukte, welche  reicher  an  Chlor  sind  und  die  weniger  Wasserstoff  enthal- 
ten, als  der  Acetjlchlorür- Chlorwasserstoff.  Enthält  das  Hydracetylgas 
beigemischten  Aetherdampf  und  Alkohoidampf,  so  ist  die  Einmischung  des 
Acetyloxichlorids  (von  Malaguti ) unvermeidlich.  Dieses  letztere  wird 
durch  Destillation  mit  Wasser,  wobei  Salzsäure,  Essigsäure  und  Essig- 
äther übergehen,  zerstört. 

Unter  dem  Namen  Chloretheral  beschrieb  D’Arcet  ein  Produkt  der 
Einwirkung  des  Chlors  auf  Aether-  und  Alkoholdampf-haltiges  Hydracetyl- 
gas; man  erhält  es  bei  fortgesetzten  Rectifikationen  des  rohen  Oels  für 
sich.  Wenn  die  Temperatur  in  der  Retorte  bis  auf  180°  gestiegen  ist, 
geht  dieses  Produkt  in  reinem  Zustande  über.  Es  stellt  ein  farbloses, 
leichtflüssiges  Liquidum  dar  von  eigenthümlichem , süfslichem  Geruch,  sehr  i 
verschieden  übrigens  von  dem  des  Acetylchiorür -Chlorwasserstoffs.  Es 
ist  entzündlich  und  brennt  mit  grüner,  leuchtender  Flamme.  Durch  Was- 
ser, Alkalien  und  Schwefelsäure  wird  es  zersetzt.  Dieser  Körper,  wel- 
cher ein  genaueres  Studium  verdient,  ist  nach  D’Arcet  nach  der  Formel 
C*  H8  0 Cl2  zusammengesetzt,  wonach  es  eine  Verbindung  seyn  kann  von 
Acetyloxidhydrat  C*  H6  0 H2  O 
mit  Acetylchloriir-Chlorwasserstoff  C*  H6  Cl2  -f-  H2  CI, 
oder  von  Malaguti’s  Acetyloxichloriir  C*  H6  O CI* 
mit  1 At.  Aethyloxid  C*  H,0  O 


Acetylplatin  - Platin  chlorid. 


777 


Acetylbromür-Bromwasser  stoff > C4  H6  Br2  Bra  Ha.  JSymb.  Ac  Bra  , 
Br2  Ha.  Von  Serullas  zuerst  dargestellt. 

Diese  Verbindung  wird  erhalten , wenn  man  Brom  mit  Hydracetylgas 
zusammenbringt , solang^  noch  davon  absorbirt  wird.  Die  Produkte,  die 
sich  hierbei  bilden , sind  von  ähnlicher  Beschaffenheit  wie  bei  der  Darstel- 
lung der  entsprechenden  Chlorverbindung.  Die  Reindarstellung  geschieht 
auf  dieselbe  Weise.  Der  Acetylbromür-Bromwasserstoff  ist  eine  farblose 
Flüssigkeit  von  angenehmem,  ätherischem  Geruch  und  süfslichem , kühlen- 
dem Geschmack  , von  3,164  spec.  Gewicht  bei  31°  C.;  er  siedet  bei  139  5° 
und  wird  bei  —15*  kristallinisch,  fest  und  kampherartig.  Sein  chemisches 
Verhalten  gleicht  in  allen  Stücken  dem  Acetylchloriir- Chlorwasserstoff, 
nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs  er  nicht,  wie  dieser,  sich  in  Bromkohlen- 
stoff durch  Einwirkung  von  überschüssigem  Brom  verwandeln  läfst. 

Acetyli  o diir-  Io  dwass  er  stoff ; C4  H6  I*  -h  Ia  Ha ; Sy  mb.  Aca 12,  Ia  Ha. 

Bei  dieser  Verbindung  ist  es  ihrem  abweichenden  Verhalten  wegen 
zweifelhaft,  ob  die  angegebene  Formel  in  der  That  ihre  Constitution  aus- 
drückt; es  ist  wahrscheinlicher,  dafs  das  Iod  sich  gegen  das  Hydracetyl- 
gas  verhält  wie  gegen  Ammoniak,  mit  welchem  es  seiner  geringen  Ver- 
wandtschaft zum  Wasserstoff  wegen  eine  Verbindung  eingeht,  ohne  lod- 
wasserstoffsäure  zu  bilden;  hiernach  würde  seine  Formel  seyn  AcH2-t-3I2. 

Man  erhält  diese  Verbindung  nach  Regnault  am  besten,  wenn  man 
Iod  in  einem  passenden  Gefäfse  auf  50  — 60°  erhitzt  und  reines  Hydrace- 
tylgas  hineinleitet,  bis  alles  Iod  in  einen  gelben  oder  weifsen  pulverför- 
migen Körper  verwandelt  ist.  Das  überschüssige  Iod  nimmt  man  durch 
Waschen  mit  Kalilauge  hinweg.  Die  reine  Verbindung  ist  farblos,  kristal- 
linisch , von  durchdringend  ätherartigem  Geruch,  sie  ist  schwerer  als  con- 
centrirte Schwefelsäure,  schmilzt  bei  79°  und  erstarrt  zu  einer  aus  gelb- 
lichen Nadeln  bestehenden  Masse;  an  der  Luft  oder  im  luftleeren  Raume 
erhitzt  wird  sie  unter  Freiwerden  von  Iod  zersetzt,  in  einem  Strom  von 
Hydracetylgas  ist  sie  hingegen  in  weifsen  Nadeln  sublimirbar.  Zerlegt  sich 
beim  Auf  bewahren  , wobei  sie  gelb  wird.  Sie  ist  schwer  verbrennlich,  un- 
löslich in  Wasser , löslich  in  Alkohol  und  Aether.  Concentrirte  Schwefel- 
säure hat  in  der  Kälte  keine  Wirkung  darauf,  in  der  Wärme  hingegen 
tritt  Zersetzung  ein.  Chlor  und  Brom  zerlegen  sie  unter  Bildung  voiTlod- 
Chlorid  oder  -Bromid  und  den  entsprechenden  Chlor-  und  Brom  Verbindun- 
gen des  Hydracetyls.  Concentrirte  Kalilauge  zerlegt  sie  in  der  Wärme, 
mit  Kalihydrat  und  Alkohol  erwärmt  entwickelt  sich  Hydracetylgas  es 
entsteht  Iodkalium  und  andere  nicht  untersuchte  Produkte.  ö 3 

Acetyl-Vnter  Schwefelsäure;  Ac,  S2  Os  -h  aq  oder  AcIIa,  SS03.  Von 
Regnault  entdeckt.  —•  Hydracetylgas  wird  von  wasserfreiem  Schwefel- 
säure mit  grofser  Begierde  und  heftiger  Wärmeentwickelung  ohne  Schwär- 
zung absorbirt;  sie  verliert  hierdurch  die  Fähigkeit,  au  der  Luft  zu  rau- 
chen, und  verwandelt  sich  in  einen  weifsen,  in  langen  Nadeln  kristalli- 
sirten  Körper,  welcher  bei  80°  schmilzt  und  sublimirbar  ist.  Bei  der  Auf- 
lösung dieses  Körpers  in  Wasser  verwandelt  er  sich,  durch  die  Aufnahme 
von  3 At.  Wasser,  in  das  Hydrat  der  Isäthionsäure  C4  II10  Oa  , S2  Os.  Arn- 
moniakgas  wird  von  der  Acetyl- Unterschwefelsäure  mit  Begierde  absor- 
birt; bei  gelindem  Erhitzen  tritt  Entzündung  mit  einer  schwachen  Explo- 
sion ein,  wodurch  die  Verbindung  zerstört  und  in  eine  schwarze  Masse 
verwandelt  wird. 

Acetylplatin- Platinchlorid.  Formel:  C4  H6  Pt2  Cl4  oder  AcPt,  Pt  CI4 
oder  AcCJ2,  Cl2  Pt2.  — Die  erste  Beobachtung  dieser  Verbindung  gehört 
Berzelius  an;  sie  ist  später  von  Zeise  näher  untersucht  und  beschrieben  wor- 
den ; sie  entsteht  bei  der  Einwirkung  von  Platinchlorid  auf  Alkohol , neben 
Acetyloxidhydrat  (Aldehyd)  und  Aetbylchlorür  (leichtem  Salzäther).  Die 
Entstehung  dieser  Verbindung  erklärt  sich  ohne  Schwierigkeit,  wenn  man 
sich  an  die  zahllosen  Zersetzungsweisen  erinnert,  wo  Aethyloxid  (Aether) 
oder  Aetbyloxidhydrat  zerlegt  wird  in  Hydracetyl  (ölbildendes  Gas)  und 

Geiger  s Pharmacie%  /.  (5<e  Auf.)  50 


778 


Acetylplatin  chlorid. 


andere  Produkte.  Es  ist  nun  höchst  wahrscheinlich , dafs  durch  die  Ein- 
wirkung von  Platiuchiorid  auf  Alkohol  das  Aethyloxid  des  Alkohols  in 
Wasser  und  Hydracetyl  (H20  und  AcJH2)  zerfällt,  welches  letztere  sich 
mit  Platinchlorid  zerlegt  in  Acetylplatinchlorür,  Salzsäure  und  freies  Chlor. 
Durch  die  Einwirkung  der  Salzsäure,  in  dem  Moment  ihres  Freiwerdens, 
auf  den  Alkohol  entsteht  Aethylcliloriir,  und  durch  die  Einwirkung  des 
freien  Chlors  auf  denselben  Körper  Acetyloxidhydrat  (Aldehyd).  Mail 
kann  annehraen,  dkfs  3 At.  Aethyloxid  in  dem  Alkohol  sich  zerlegen  mit 
4 At.  Platinchlorid  in  1 At.  Acetyloxidhydrat  (Aldehyd),  1 At.  Wasser, 

2 At.  Acetylplatinchlorür  und  8 At.  Salzsäure.  Es  ist  erwähnt  worden, 
dafs  Hydracetyl  von  Antimonsuperchlorid  mit  Leichtigkeit  und  in  grofser 
Menge  aufgenommen  wird.  Bei  der  Destillation  trennt  sich  die  neue  Ver- 
bindung in  Antimonchlorür,  welches  zurückbleibt,  und  in  Acetylchlorür- 
Chlorwasserstoff,  welcher  übergeht.  Denkt  mau  sich  in  dem  letzteren  die 
Chlorwasserstoffsäure  ersetzt  durch  eine  gleichatomige  Verbindung  von 
Platin  mit  Chlor,  so  sind  beide  Verbindungen  correspoudirend. 

AcC3a  -f-  C12H2  Acetylchlorür-ChlorwasserstofF, 

AcC12  CI2Pt2  die  correspoudirend©  Platinverbindung. 

Wenn  man  sich  erinnert,  dafs  durch  die  direkte  Verbindung  des  Hydrace- 
tyls  mit  wasserfreier  Schwefelsäure  derselbe  Körper  (Isäthiousäure)  ge- 
bildet wird,  der  durch  die  Einwirkung  derselben  Schwefelsäure  auf  Aether 
entsteht,  so  kann  man  nun  über  den  Vorgang  der  Zersetzung  mit  Platin- 
chlorid keinen  Zweifel  hegen.  Nach  der  Ansicht  von  Zeise , dem  man  die 
Analyse  dieser  Verbindungen  verdankt,  ist  dieser  Körper  eine  Verbindung 
von  Acetylwasserstoff  mit  Platiuchloriir  AcH2,Pt2Ci4;  seine  Bildung  er- 
klärt sich  hiernach,  insofern  2 At.  Aethyloxid  aus  dem  Alkohol  mit  i At. 
Platinchlorid  sich  zerlegen  würden  in  1 At.  Wasser,  1 At.  der  Platin- 
verbindung  C*  118  Pt2  Cl4 , 1 At.  Aldehyd  und  4 At.  Salzsäure. 

Nach  Malayuti’s  Meinung  enthält  die  Platinverbindung  Acetyloxid  in 
Verbindung  mit  Platiuchlorär;  AcO  -f-  Pt2  CI4.  1 At.  Platinchlorid  würde 
sich  nach  ihm  mit  1 At.  Aethyloxid  zerlegen  in  4 At.  Salzsäure  und  1 At. 
Acetyloxid-Platinchlorür.  Nach  den  letzten  von  Zeise  bekannt  gemachten 
Analysen  scheint  aber  die  Abwesenheit  von  allem  Sauerstoff  in  den  Dop- 
pelverbindungen, die  dieser  Körper  mit  andern  Chlormetallen  eingeht, 
erwiesen  zu  seyn. 

Man  erhält  das  Acetyl-Platinchlorür  rein,  wenn  man  seine  Verbindung 
mit  Chlorammonium  oder  Chlorkalium,  in  wenig  Wasser  gelöst,  so  lange 
mit  Platinchlorid  vermischt,  als  sich  noch  Platinsalmiak  oder  Platinkalium- 
chlorid niederschlägt,  und  die  erhaltene  gelbe  Flüssigkeit  im  luftleeren  / 
Raume  über  Schwefelsäure  bei  Abhaltung  des  Lichts  abdampft.  Man  er- 
hält eine  honiggelbe  guimniäbnliche  Masse,  welche  im  Licht  geschwärzt 
wird  ; sie  wird  an  der  Luft  nicht  feucht  und  beim  Erhitzen  für  sich  zer- 
legt in  Salzsäure  und  brennbare  Gase;  es  bleibt  im  Rückstand  kohlehal-  , 
tiges  Platin.  Diese  Verbindung  löst  sich  langsam  in  Wasser  und  Alkohol,  < 
die  Auflösungen  besitzen  eine  saure  Reactiou,  die  wässerige  zersetzt  sich  i 
von  selbst  beim  Aufbewahren,  beim  Kochen  geht  diese  Zersetzung  rasch 
vor  sich  , es  bildet  sicii  ein  schwarzer  Niederschlag  und  Salzsäure  und  es 
entwickelt  sich  ein  brennbares  Gas.  Zusatz  von  freien  Mineralsäureu  ver- 
hindert oder  verlangsamt  diese  Zersetzung.  Eine  Auflösung  von  Platin- 
chlorid io  Alkohol  enthält  stets  eine  gewisse  Menge  von  dieser  Verbin- 
dung; sic  zerlegt  sich  von  selbst  beim  Aufbewahren  in  metallisches  Pla- 
tin, Aldehyd,  Essigsäure  und  Salzäther.  ( Ettling .) 

Ein  dünner  Ueberzug  der  weingeistigen  Lösung  auf  Glas  oder  Porzel- 
lan eingetrocknet  hinterläfst  nach  dem  Glühen  eine  spiegelglänzende  me- 
tallische Schicht  von  Platin,  welche  sehr  festhaftet. 

Die  Auflösung  des  Acetylplatinehlorürs  mit  Magnesiahydrat  digerirt, 
gibt  Cblormagnesium , was  in  Auflösung  bleibt,  und  einen  schleimigen, 
braungrauen  Niederschlag,  welcher  allinähüg  schwarz  und  dicht  wird.  > 
Wird  der  Ueberschufs  von  Bittererde  mit  verdünnter  Salpetersäure  ausge-  : 
zogen,  so  bleibt  ein  schwarzes  Pulver,  welches  trocken  erhitzt  mit  Ex- 
plosion  abbrennt , unter  Rücklassung  von  metallischem  Platin.  Es  ist  mög- 


Aceton. 


779 


lieh , dafs  dieser  Körper  eine  Verbindung  ist  von  Acetyl  mit  8 At.  Platin- 
oxidul oder  von  Acetylplatin  mit  Platiuoxid,  correspondirend  in  seiner 
Zusammensetzung  mit  der  Chlorverbindung.  Derselbe  Körper , obwohl 
vielleicht  mit  mehr  Platin  verbunden , scheint  sich  bei  gelinder  Digestion 
von  Platinchloriir  mit  Alkohol  zu  bilden,  wo  er  als  schweres,  körniges, 
schwarzes  Pulver  zurückbleibt,  welches  beim  Erhitzen  im  trocknen  Zu- 
stande ebenfalls  verpufft,  und  das  die  Eigenschaft,  Sauerstoff  und  andere 
Gase  zu  absorbiren,  Alkohol  in  Essigsäure  zu  verwandeln,  im  höchsten 
Grade  besitzt. 

Acetyl-Platinchlorür-Chlorkalium  ; Ac  Pt*  Cl4  , Cl2  K.  Von  Berzelius 
entdeckt.  — Darstellung  s Reines,  von  Salpetersäure  freies  Platinchlorid 
wird  in  Alkohol  mit  Zusatz  von  etwas  Salzsäure  und  ( % von  dem  Gewicht 
des  Platinchlorids)  Chlornatrium  gelöst  und  damit  mehrere  Stunden  lang  bei 
Siedhitze  digerirt,  der  Alkohol  wird  durch  Destillation  entfernt  und  der 
Rückstand  mit  kohlensaurem  Kali  gesättigt,  bei  gelinder  Wärme  zur  Kri- 
stallisation abgedampft,  wo  die  Doppelverbindung  des  Acetylplatinchlorürs 
mit  Chlorkalium  kristallisirt;  man  reinigt  die  Kristalle  durch  neue  Kristal- 
lisationen. — Eigenschaften:  Citrongelbe,  regelmäfsige , durchscheinende 
Prismen,  welche  bei  100°  4,625  p.  c.  ( 8 Atome)  Kristall wasser  verlieren, 
wobei  sie  undurchsichtig  werden ; es  löst  sich  in  5 Th.  warmen  Wassers, 
schwieriger  in  kaltem;  in  Alkohol  ist  es  ebenfalls  löslich;  die  Auflösung 
besitzt  einen  zusammenziehenden  metallischen  Geschmack,  röthet  Lack- 
mus und  wird  bei  90°  unter  Abscheidung  von  Platin  und  Bildung  von  freier 
Salzsäure,  welche  das  noch  übrige  Salz  vor  weiterer  Zersetzung  schützt, 
zersetzt.  Trocken  an  einer  Flamme  erhitzt,  entzündet  sich  das  Salz  und 
brennt  mit  Funkensprühen  unter  Rücklassung  von  Platin.  Iia  Sonnenlicht 
färbt  es  sich  grünlich,  zuletzt  schwarz.  In  trocknem  Wasserstoffgas  und 
Chlorgas  erw'ärmt  zerlegt  es  sich  ebenfalls,  bei  Anwendung  des  letzteren 
bemerkt  man  die  Bildung  von  Kuhlenstoff  Chlorid  C2  Cl6.  Mit  salpetersau- 
rem Silberoxid  vermischt  erhält  man  einen  weilsen  Platin-,  Silber-  und 
Chlor -haltigen  Niederschlag,  beim  Erwärmen  der  rückständigen  Silber- 
haltigen Flüssigkeit  entsteht  eine  neue  Fällung. 

Mit  Chlornatrium  und  Salmiak  bildet  das  Acetylplatinchlorür  der  Ka- 
liumverbinduug  in  der  Zusammensetzung  correspondirende  Doppelverbin- 
dungen. 

Acetyl  - Platinchlor ür-  Ammoniak  ; AcPt2  CI4  -+-  N2  H6.  Auflösungen 
von  einer  der  beschriebenen  Doppelverbindungen  geben  mit  Ammoniak  oder 
kohlensaurem  Ammoniak  versetzt  citrongelbe  Niederschläge,  welche  diese 
Verbindung  darstellen.  Sie  ist  wenig  löslich  in  kaltem  Wasser,  die  Auf- 
lösung kann  ohne  Zersetzung  nicht  abgedampft  werden,  sie  löst  sich  in 
Alkohol  und  bleibt  nach  dem  Verdampfen  desselben  unverändert  zurück. 
Wird  durch  das  Sonnenlicht  und  Wärme  zersetzt.  Kali  entwickelt  daraus 
Ammoniak. 

Zersetzungsprodukte  der  Essig  säur  e und  der  essig - 
sauren  Salze. 

Aceton , seine  Verbindungen  und  Zersetzungsprodukte . 

Treibt  man  die  Dämpfe  von  concentrirter  Essigsäure  durch  eine  inäfsig 
glühende  Porzellanröhre  oder  Röhre  von  Eisen,  so  wird  sie  vollständig, 
ohne  Absatz  von  Kohle,  in  eine  flüchtige,  brennbare  Flüssigkeit  C Aceton) 
und  in  Gasarten  zerlegt , welche  Gemenge  von  Kohlenoxidgas , Kohlen- 
säure und  Kohlenwasserstoff  sind.  In  einer  die  dunkle  Rüthglühhitze  über- 
steigende Temperatur  zerlegt  sich  die  Essigsäure  in  ein  brenzlich  riechen- 
des, braun  gefärbtes  Oel  und  in  brennbare  Gasarten  unter  Absatz  von 
Kohle.  Unterwirft  man  ein  essigsaures  Salz,  dessen  Basis  ein  Metailoxid 
ist,  w'as  in  der  Glühhitze  Kohlensäure  zurückbehält,  essigsaures  Natron, 
Kali,  Baryt,  der  trocknen  Destillation,  so  zerlegt  es  sich  in  ein  zurück- 
bleibendes kohlensaures  Salz  und  in  Aceton.  Bei  Oxiden,  welche  die 


780 


Aceton. 


Kohlensäure  beim  Rothglühen  verlieren  ( essigsaures  Mangan,  Bitter- 
erde etc.),  entwickelt  sich  neben  Aceton  kohlensaures  Gas;  bei  solchen, 
welche  leicht  reducirt  werden  (essigsaures  Kupferoxid,  Silberoxid) , erhält 
man  Essigsäurehydrat,  Kohlenoxid,  Kohlensäure,  Wasser  und  Aceton,  es 
bleibt  ein  Gemenge  von  Metall  mit  höchst  feinzertheilter  Kohle.  Neutrales 
essigsaares  Bleioxid  bei  18°  geschmolzen  erstarrt  nach  einiger  Zeit  zu 
einer  weifsen , kristallinischen  , aufgeblähten  Masse  von  anderthalb  basisch 
essigsaurem  Bleioxid,  während  % der  Essigsäure  in  der  Form  von  Koh- 
lensäure und  Aceton  entweicht.  Die  Zusammensetzung  des  Acetons  wird 
durch  die  Formel  C3  H6  O ausgedrückt,  rechnet  man  hierzu  die  Elemento 
von  1 At.  Kohlensäure,  so  hat  man  die  Bestandteile  von  1 Aeq.  wasser- 
freier Essigsäure,  was  alle  diese  Zersetzungen  hinreichend  erklärt. 

C3  Hö  O = Aceton 

C O*  = 1 At.  Kohlensäure 

C4  ö6  05  = 1 At.  wasserfreie  Essigsäure. 

Unterwirft  mau  essigsaures  Kali,  mit  seinem  gleichen  Gewicht  arseni- 
ger  Säure  gemengt , der  trocknen  Destillation,  so  erhält  man  die  unter 
dem  Namen  CadeV  sehe  Flüssigkeit  bekannte,  von  Bunsen  mit  Alkarsin 
bezeichnete,  durch  ihren  unerträglichen  Geruch  und  Selbstentzündlichkeit 
ausgezeichnete  Materie.  Die  von  Dumas  und  Bunsen  angestellten  frühe- 
ren analytischen  Versuche  liefsen  es  zweifelhaft,  ob  sie  nach  der  Formel 
C4H12As*  oder  nach  Ber%elius,s  Vermutung  aus  C4H12As*0  zusammen- 
gesetzt ist.  Die  letztere  ist  durch  neuere  Analysen  von  Bunsen  bestätigt 
worden.  Hiernach  lälst  sich  das  Alkarsin  als  eine  Verbindung  von  Ace- 
tyloxid  mit  Arsenwasserstoff  AcO,  As,  H6 , in  seiner  Zusammensetzung 
ähnlich  dem  Aldehydaminoniak,  betrachten,  nur  mit  dem  Unterschied,  dafs 
in  dem  letzteren  1 At.  Wasser,  wie  in  allen  Ammoniaksalzen,  enthalten 
ist,  der  im  Alkarsin  fehlt. 

Bei  der  Bildung  dieses  Körpers  zerlegen  sich  2 At.  Essigsäure  mit 
1 At.  arseniger  Säure  zu  Alkarsin  und  Kohlensäure. 

C8  H12  06>  (C4  H12  As*  0=1  At.  Alkarsin 

-f-  As*  03 ) fC4  06  = 2 At.  Kohlensäure. 

C8  H12  As*  09  C8  HJ2  As*  09 

Es  ist  übrigens  denkbar,  dafs  diese  Zersetzung  in  Folge  einer  secundären, 
neralich  zwischen  den  Elementen  des  Acetons  und  der  arseuigen  Säure, 
vor  sich  geht,  in  der  Art,  dafs  sich  2 At.  Aceton  und  1 At.  arsenige 
Säure  zerlegen  in  Kohlensäure  und  Alkarsin 

2 At.  Aceton  C6  HJ2  0*  ) 41  At.  Alkarsin  C4H120  As* 

1 At.  arsenige  Säure 03  As*  4 ( 2 At.  Kohlensäure  C*  04 

Gg  Hjl*  Oj  As*  Cg  HJ2  Oj  As* 

Das  Alkarsin  besitzt,  wie  das  Aldehydaminoniak,  die  Fähigkeit,  Sauer- 
stoff mit  grofser  Begierde  aus  der  Luft  anzuziehen  und  sich  damit  zu  ver- 
binden ; es  ist  denkbar,  dafs  sie  auf  der  Gegenwart  von  Acetyloxid  be- 
ruht, was  diese  Fähigkeit  in  einem  so  ausgezeichneten  Grade  besitzt;  es 
wird  hierbei  Sauerstoff  und  Wasser  aufgenommen,  und  es  entsteht  Alkar- 
gen, wras  die  Elemente  des  Essigsäurehydrats  und  Arsenwasserstoffs  ent- 
hält und  eine  dem  neutralen  essigsauren  Ammoniak  ähnliche  Constitution 
besitzt  Ac03,  As2  H6  + arj.  Nach  der  von  Bunsen  angenommenen  For- 
mel enthält  das  Alkargen  anstatt  vier  — 5 Atome  Sauerstoff ; hiernach 
hätten  nur  16,67  p.  c.  Kohlenstoff  gefunden  werden  dürfen,  während  durch 
zwei  Analysen  17,6  und  16,97  Kohlenstoff  erhalten  wurden,  Bestimmun- 
gen , welche  mehr  Zuverlässigkeit  verdienen  als  die  des  Arsens. 

Aceton, 

Formel:  C5  H6  0.  — Bildung:  Bei  der  trocknen  Destillation  essig- 
saurer Salze,  des  Zuckers,  der  Citronsäure  etc.  etc.  — Darstellung: 
Die  beim  Durchtreiben  der  Essigsäuredämpfe  durch  eine  schwach  roth- 
glühende  Röhre,  oder  durch  trockne  Destillation  von  essigsaurem  Kalk 
erhaltene  Flüssigkeit  wird  über  gebrannten  Kalk  im  Wasserbade  recti- 


Aceton. 


781 


ficirt,  bis  ihr  Siedpunkt  constant  bleibt.  — Eigenschaften:  Wasserhelle, 
farblose  Flüssigkeit,  von  durchdringendem,  eigentümlichem , etwas  brenz- 
lichem Geruch,  von  0,7931  spec.  Gewicht,  siedet  bei  55,6°  C.,  das  spec. 
Gewicht  ihres  Dampfes  ist  2,033  [Dumas'). 

Das  Aceton  besitzt  einen  beifsenden,  pfeffcrmünzähnlichen  Geschmack, 
mischt  sich  mit  Wasser,  Alkohol  und  Aether  in  jedem  Verhältnis;  aus 
der  wässerigen  Mischung  scheidet  sich  Aceton  ab,  wenn  sie  mit  Kalihy- 
drat, Chlorcalcium  und  anderen  Salzen  in  Berührung  gebracht  wird,  die 
sich  im  Aceton  nicht  lösen.  Aus  einer  alkoholischen  Auflösung  von  Chlor- 
calcium scheidet  sich  das  Chlorcalcium  kristallinisch  ab  , wenn  sie  mit  hin- 
reichendem Aceton  gemischt  wird. 

Bei  Berührung  von  Aetzalkalien  mit  Luft  und  Aceton  wird  Sauerstoff- 
gas mit  Schnelligkeit  absorbirt  und  unter  andern  nicht  untersuchten  Pro- 
dukten ein  brauner  harzähnlicher  Körper  gebildet.  Mit  unterchlorigsaurem 
Kalk  erwärmt  zerlegt  es  sich  unter  Bildung  von  Kohlensäure  in  Formyl- 
chlorid.  Durch  Chlor,  concentrirte  Schwefelsäure  erleidet  das  Aceton  eine 
Zersetzung. 

Dar  Aceton  ist  leicht  entzündlich  und  brennt  mit  leuchtender  Flamme. 

Bei  der  Darstellung  des  Acetons  bildet  sich  als  secuudäres  Zersetzungs- 
produkt, namentlich  bei  der  Destillation  von  unreinen,  brenzlich  öligen, 
essigsauren  Salzen,  ein  ölartiges  Produkt,  was  bei  den  Rectifikationen  des 
Acetons  im  Destillirgefäfse  bleibt.  Es  ist  von  Kane  analysirt  und  mit  dem 
unpassenden  Namen  Dumasin  belegt  worden.  Der  Geruch  dieses  brenz- 
lichen Oels  ist  unangenehm,  der  Geschmack  brennend,  es  siedet  bei  120% 
ist  im  unreinen  Zustande  braun,  im  reinen  farblos;  seine  Zusammensetzung 
wird  durch  die  Formel  C10  H16  0 ausgedrückt,  das  spec.  Gewicht  seines 
Dampfes  ist  5,204,  wonach  seine  Formel  3 Vol.  entspricht. 

lieber  die  chemische  Natur  de^  Acetons  ist  man  nicht  im  Klaren;  es 
enthält  die  Elemente  von  1 At.  kohlensaurem  Aethyloxid  plus  1 At.  Hy- 
dracetyl  (ölbildendem  Gas)  C9  H1S  03  oder  von  1 At.  essigsaurem  Aethyl- 
oxid plus  1 At.  Hydracetyl.  Nach  Kane  ist  das  Aceton  ein  dem  Alkohol 
ähnlicher  Körper,  nämlich  das  Hydrat  eines  organischen  Oxids,  welches 
nach  der  Formel  C6  H10  O H4  O zusammengesetzt  ist. 

Durch  Destillation  des  Acetons  mit  rauchender  Schwefelsäure  erhielt 
derselbe,  neben  einer  Menge  von  andern  Produkten,  schwefliger  Säure  etc., 
einen  Körper,  den  er  nach  der  Formel  C6  Il8  (oder  vielleicht  nach  einer 
richtigem  Berechnung  der  Resultate  seiner  Analyse  nach  der  Formel 
C12H18)  zusammengesetzt  fand.,  Kane  nennt  diesen  Körper  Mesitylen. 

Durch  Behandlung  mit  Phosphorchlorid  entstand  eine  Verbindung 
C6  H10  Cl2  [Mesitylchlorid) , welche  mit  Kalilauge  sich  in  Chlorkalium  und 
einen  neuen  Körper  C6  H10  0 [ Mesityloxid ) zerlegte,  welcher  von  dem 
Aceton  auf  eine  ähnliche  Weise  abweicht,  wie  der  Alkohol  vom  Aether, 
insofern  er  die  Elemente  des  Acetons  minus  1 At.  Wasser  enthält.  Durch 
Sättigung  einer  Mischung  von  Aceton  und  rauchender  Schwefelsäure  mit 
Kalk  erhielt  er  eigentümliche  Salze,  welche  die  Elemente  der  Schwefel- 
säure und  des  Mesityloxids , C6  H100,  enthielten.  Der  theoretische  Aus- 
druck der  Versuche  von  Kane , welche  denen  von  Dumas  und  Peligot 
über  das  Cetyl  nachgebildet  sind,  scheint  aber  der  wahren  Constitption 
des  Acetons  nicht  zu  entsprechen. 

Die  Ansicht  über  die  Constitution  des  Alkohols,  als  des  Hj'drats  eines 
organischen  Oxids  von  basischen  Eigenschaften,  erhält  die  bestimmteste 
Richtung  dadurch,  daS's  der  Aether,  wenn  er  aus  einer  seiner  Verbindun- 
gen abgeschieden  wird,  die  Fähigkeit  besitzt,  Wasser  wieder  aufzuneh- 
men und  damit  wieder  Alkohol  zu  bilden.  Aus  keiner  der  von  Kane  be- 
schriebenen Verbindungen,  welche  aus  Aceton  dargestellt  sind,  ist  man  aber 
im  Stande  das  Aceton  wiederherzustellen.  Der  Aether  ist  ein  Oxid , weil 
er  sich  mit  Säuren  zu  gleichen  Atomgewichten  verbindet;  er  bildet  Dop- 
pelsalze, worin  1 Atom  Säure  von  dem  Aethyloxid,  das  andere  Atom 
v*>n  einem  Metalloxid  neutralisirt  ist.  Weder  das  Aceton  noch  das  Mesityl- 
oxid gehen  Verbindungen  ähnlicher  Art  ein.  In  den  Verbindungen  des 
sogenannten  Mesityloxids  mit  Schwefelsäure  hat  die  Säure  ihre  ganze 


7H2 


Mesi  ty  len. 

Sättigungscapacitäfc  unverändert  beibehalten;  das  Mesityloxid  kann  darum 
nicht  als  Basis , sondern  mufs  in  dem  nemlichen  Zustande  darin  vorhanden 
seyn , wie  die  Benzoesäure  in  der  Benzoeunterschwefelsäure.  In  dem 
Metaceton  hat  ferner  Fremy  einen  Körper  beschrieben,  welcher  dieselbe 
Zusammensetzung  wie  das  Mesityloxid  Kane’s  besitzt,  aber  sehr  wesent- 
lich durch  seine  Eigenschaften  davon  abweicht.  Es  ist  gänzlich  unerforscht, 
in  welcher  chemischen  Beziehung  beide  zu  dem  Aceton  stehen. 

Wir  begnügen  uns,  diese  von  Kane  entdeckten  Verbindungen  zu  be- 
schreiben, ohne  die  Ansichten  zu  theilen,  nach  welchen  sie  benannt 
wurden. 

Mesitylen.  Formel:  C6  H8.  — Darstellung : Aceton  wird  mit  % Vol. 
rauchender  Schwefelsäure  der  Destillation  unterworfen.  Auf  dem  Destillat, 
welches  reich  an  Essigsäure  ist,  schwimmt  ein  gelbliches  Oel,  was  mit 
Wasser  gewaschen,  sodann  reetificirt  wird.  Die  ersten  übergehenden  Por- 
tionen enthalten  Aceton,  was  sich  im  W^asserbade  entfernen  läfst;  bei 
135,5°  (dem  Siedpunkte  des  Mesitylens)  destiliirt  der  neue  Körper  rein 
über,  zuletzt  kommt  eine  andere  Materie  von  ähnlicher  Beschaffenheit, 
aber  höherem  Siedpunkt.  — Eigenschaften:  Farblose,  ölartige  Flüssig- 
keit von  mildem  Knoblauchgeruch,  leichter  als  Wasser,  entzündlich,  mit 
weifser,  rulsender  Flamme  verbrennend,  wird  nicht  von  Alkalien  ange- 
griffen, verhält  sich  gegen  Schwefelsäure,  Salpetersäure  und  Chlor  ähn- 
lich dem  Benzol.  Enthält  nach  seiner  Formel  die  Elemente  von  2 At. 
Aceton  minus  2 At.  Wasser,  was  seine  Bildung  erklärt.  ( Kane  erhielt 
im  Mittel  von  drei  Analysen  89,602  Kohle  und  10,41  Wasserstoff,  die 
Formel  C6  Hs  giebt  90,19  C und  9,81  H.) 

Mesityloxid.  Formel:  C6  Hl0  O.  — Darstellung:  Man  versetzt  eine 
Auflösung  von  Mesitylchlorid  in  Alkohol  mit  Aetzkali  so  lange,  bis  alka- 
lische Reaction  bemerkbar  ist,  und  mischt  die  Flüssigkeit  mit  ihrem  6 bis 
8fachen  Volumen  Wasser.  Die  sich  abscheidende  ölartige  Flüssigkeit  wird 
abgenommen  und  durch  Rectifikation  und  Stellenlassen  über  Chlorcalcium 
gereinigt.  — Eigenschaften : Klare,  farblose  Flüssigkeit  von  aromatischem, 
der  Pfefferinünze  ähnlichen  Geruch;  sie  siedet  bei  120°,  ist  leicht  entzünd- 
lich und  brennt  mit  hellleuchtender  rufsender  Flamme. 

Mesitylchlorid.  Formel:  C6  H10  Cl2.  — Kann  nicht  durch  direkte  Ein- 
wirkung von  Salzsäure  auf  Aceton  oder  auf  die  vorherbeschriebene  Ver- 
bindung erhalten  werden.  Sättigt  man  Aceton  mit  salzsaurem  Gas,  so 
erhält  man  eine  dunkelgefärbte,  sehr  schwere  Flüssigkeit,  welche  mit 
Wasser  in  Berührung  oder  durch  Destillation  in  Salzsäure,  Aceton  und 
andere  Produkte  zerfällt.  — Darstellung : Man  setzt  2 Th.  Phosphor- 
chlorid in  kleinen  Portionen  zu  1 Theil  Aceton,  mit  der  Vorsicht,  letz- 
teres mit  kaltem  Wasser  zu  umgeben,  und  vermischt  die  Auflösung  mit 
3 — 4 Volumen  Wasser,  wo  sich  Mesitylchlorid  abscheidet.  Es  wird  mit 
wenig  Wasser  gewaschen  und  durch  Stellenlassen  über  Chlorcalcium  ge- 
reinigt. — Eigenschaften:  Oelartige  Flüssigkeit,  schwerer  wie  Wasser, 
wird  durch  die  Wärme  in  Salzsäure  und  Mesitylen  (?)  zersetzt.  Unter 
vielen  Analysen  lieferte  nur  eine  mit  der  Theorie  übereinstimmende  Re- 
sultate, sie  gab  47,27  Kohlenstoff,  6,76  Wasserstoff  und  45,88  Chlor. 

Mesityliodid  kann,  wiewohl  niemals  rein,  durch  Zusammenbringen  von 
lod,  Phosphor  und  Aceton  erhalten  werden.  Bei  der  Destillation  einer 
solchen  Mischung  geht  lodwasserstoffsäure  und  eine  schwere,  durch  freies 
lod  braungefärbte,  ölartige  Flüssigkeit  über,  von  dem  Geruch  des  Aethyl- 
iodids;  mit  verdünnter  Kalilauge  wird  sie  farblos,  färbt  sich  aber  schnell 
wieder  bei  Einwirkung  der  Luft;  wird  wie  das  Mesitylchlorid  durch 
Wärme  zerlegt.  Der  Rückstand  der  Destillation  enthält  Mesitylunterphos- 
phorige  Säure  und  eine  andere  in  gelben  glänzenden  Schuppen  sich  ab- 
setzende iodhaltige  Substanz,  die  Kane  Pteleyliodid  nennt. 

Mesityloxid  - Platinchlor iir . Metacecklorplatin  nach  Zeise.  Formel 
nach  Zeise:  C6  Hlo0,  Pt  CI*.  Mit  diesem  Namen  kann  man  einen  Körper 


Mesitylschwe  felsäure. 


' 783 


bezeichnen,  der  von  Zeise  durch  die  Einwirkung  von  Platinchlorid  auf 
Aceton  zuerst  erhalten  worden  ist.  1 Theil  Platinchlorid  in  2%  Aceton 
gelöst  giebt  bei  der  Destillation  und  Cohobation  Salzsäure  und  einen  äther- 
artigen Körper,  welche  übergehen,  und  einen  sauren,  braungefärbten 
Rückstand,  welcher  die  neue  Verbindung  neben  andern  harz-  oder  theer- 
artigen  Produkten  enthält.  Zur  Darstellung  derselben  wird  der  Rückstand 
mit  Wasser  oftmals  ausgewaschen,  wo  ein  brauner,  pechartiger  Körper 
ungelöst  zurückbleibt,  welchen  Zeise  Platinhark  nennt.  Die  wässerigen 
Auflösungen,  oder  das  Waschwasser,  trüben  sich  nach  einiger  Zeit,  es 
bilden  sich  darin,  vom  Boden  des  Gefäfses  an,  eine  Menge  gelber  Kri- 
stalle, welche  die  Verbindung  darstellen;  verdampft  man  die  Flüssigkeit, 
aus  der  sie  sich  abgesetzt  haben , im  luftleeren  Raume  über  Schwefelsäure 
und  behandelt  den  Rückstand  wie  vorher,  so  erhält  man  noch  mehr  da- 
von. Durch  Auflösung  und  Kristallisation  aus  salzsäurehaltigem  und  reinem 
Aceton  wird  er  frei  von  braunfärbendcn  Materien  erhalten. 

Die  Verbindung  ist  schwefelgelb  und  stellt  sich  in  kleinen  nicht  be- 
stimmbaren Kristallen  dar,  fast  geruchlos,  verliert  bei  100°  und  im  Vacuo 
nichts  am  Gewicht,  verbrennt  an  der  Luft  erhitzt  mit  grüner  Flamme  und 
hinterläfst  silberweifses  Platin ; in  einer  Retorte  erhitzt  erhält  man  Salz- 
säure, einen  eigenthümlich  riechenden  Dampf,  der  sich  zu  einem  öligen 
Körper  condensirt;  es  bleibt  kohlehaltiges  Platin.  In  Wasser  ist  er  wenig 
mit  gelber  Farbe  löslich,  die  Auflösung  wird  beim  Kochen  zersetzt;  in 
Alkohol  wrenig,  in  Aether  unlöslich.  Löst  sich  in  kochender  Salzsäure 
ohne  Veränderung,  in  Kalilauge  mit  brauner,  in  Chlorkalium  und  Koch- 
salzlösung mit  gelber  Farbe. 

Die  Mutterlauge,  aus  der  sich  die  Kristalle  des  Mesityl-Platinchlorürs 
abgesetzt  haben,  trübt  sich  bei  der  Destillation,  es  entsteht  eine  Gas- 
entwickelung, und  indem  die  Flüssigkeit  klar  und  farblos  wird,  schlägt 
sich  ein  schwarzes  flockiges  Pulver  nieder,  was  sich  beim  Erhitzen  mit 
Explosion  entzündet.  Zeise  nennt  es  Pyraceplatin.  Das  sog.  Platinharz 
ist  spröde  wie  Harz,  von  glasigem  Bruch,  pulverisirbar,  in  der  Wärme 
weich  und  knetbar,  verbrennt  mit  Flamme  und  hinterläfst  Platin;  löslich 
in  Kalilauge  und  Aceton  vollständig , in  Aether  und  Alkohol  theilweise. 
Zeise  bezeichnet  es  mit  Chlor aceplatin. 


Verhalten  des  Acetons  zu  Sauerstoffsäuren . 
Mesitylschwe felsäure. 

Bei  der  Vermischung  von  Aceton  mit  2 Gewichtstheilen  rauchender 
Schwefelsäure  entsteht  starke  Erhitzung  unter  Entwickelung  von  schwef- 
liger Säure.  Setzt  man  zu  dieser  Mischung  Wasser  und  neutralisirt  sie 
mit  Baryt  oder  Kalk , so  erhält  man  schwefelsauren  Kalk  oder  Baryt  und 
ein  lösliches  Kalk-  oder  Barytsalz.  Das  Kälksalz  ist  schwierig  kristallisir- 
bar,  zerfliefslich  , für  sich  erhitzt  entzündet  es  sich  und  hinterläfst  Gyps; 
von  schwacher  alkalischer  Reaction,  es  ist  nach  der  Formel  S03 , C3  H6  O, 
CaO  zusammengesetzt.  Das  Barytsalz  kristallisirt  in  perlmutterglänzenden 
Tafeln , w ird  beim  Erhitzen  braun  und  hinterläfst  nach  der  Calcination 
schwefelsauren  Baryt;  seine  Formel  ist  S03  , C3  H6  O,  BaO.  Beim  Erhitzen 
verliert  das  Kalksalz  ^/^  At.  Wasser. 

Wird  zu  2 Vol.  Aceton  1 Vol.  Vitriolöl  gesetzt  und  diese  Mischung 
nach  dem  Zusatz  vou  Wasser  mit  Kalk  neutralisirt,  so  erhält  man  ein 
neues  Kalksalz,  ähnlich  dem  beschriebenen,  aber  es  enthält  im  kristalli- 
sirten  Zustande  auf  dieselbe  Menge  von  Schwefelsäure  und  Kalk  doppelt 
soviel  Aceton  S03,  C6  HI2  02  , CaÖ. 

Eine  Isolirung  der  in  diesen  Salzen  enthaltenen  Säure  gelang  nicht; 
wird  die  Basis  davon  getrennt,  so  erhält  man  eine  Flüssigkeit,  welche 
beim  Abdampfen  schwarz  wird,  freie  Schwefelsäure  enthält  und  nach 
schwefliger  Säure  und  Mesil^yloxid  riecht. 


784 


Mesityl  aldehyd. 


Starke  Salpetersäure , mit  ihrem  doppelten  Volum  Aceton  gemischt 
und  erwärmt,  verursacht  eine  sehr  heftige  Zersetzung;  wird  diese  durch 
äussere  Abkühlung  gemäfsigt  und  giefst  man  nach  Beendigung  der  Reaction 
kaltes  Wasser  hinzu,  so  scheidet  sich  eine  schwere,  blafsgelbe  Flüssig- 
keit ab , welche  nach  Kane  zwei  Materien  enthält,  wovon  die  eine  dünn- 
flüssig, die  andere  dickflüssig  ist.  Bei  stärkerer  Einwirkung  der  Salpeter- 
säure erzeugt  sich  vorzugsweise  die  letztere,  welche  Kane  Mesityl- Alde- 
hyd nennt,  bei  schwächerer  die  erstere,  der  er  den  Namen  salpetrigsau - 
res  Pteleyloxid  gegeben  hat.  Kane  vermuthet,  dafs  durch  Einwirkung 
von  Salpetersäure  2 At.  Sauerstoff  derselben  an  4 At.  Wasserstoff  des 
Acetons  treten,  wodureh  2 At.  Wasser  und  die  Verbindung  N203  -+-C6H60 
gebildet  werden.  Die  Analyse  gab  darüber  keinen  Aufschlufs.  Das  salpe- 
trigsaure Pteleyloxid  ist  schwerer  wie  Wasser  und  wird  davon  zersetzt; 
es  löst  sich  in  Alkalien  mit  brauner  Farbe;  Papier  damit  getränkt  glimmt 
nach  dem  Trocknen  beim  Anzünden  wie  Feuerschwamm;  in  der  Flamme 
einer  Lampe  erhitzt  zerlegt  es  sich  mit  einer  heftigen  Explosion;  kann 
ohne  Zersetzung  nicht  destillirt  werden,  verträgt  aber  100°,  ohne  zu 
verdampfen. 

Das  Mesitylaldehyd , C6  H8  02,  entsteht,  rein,  wenn  Mesitylen  mit 
Salpetersäure  gekocht  wird,  solange  noch  eine  Einwirkung  bemerkbar 
ist;  es  ist  eine  röthlichgelbe,  dicke  und  schwere  Flüssigkeit,  von  süfs- 
lichem,  durchdringendem  Geruch,  schwerlöslich  in  Wasser,  leicht  in  Al- 
kalien mit  gelbbrauner  Farbe,  absorbirt  trocknes  Ammoniak,  damit  eine 
braune  harzähnliche  Masse  bildend,  die  sich  in  Wasser  löst  und  bei  vor- 
sichtigem Abdampfen  Kristalle  bildet;  salpetersaures  Silberoxid  wird  bei 
Zusatz  von  Kalilauge  davon  gefällt  uud  beim  Erwärmen  damit  reducirt, 
eine  Eigenschaft,  welche  allen  nichtsauren  organischen,  löslichen  Materien 
unter  diesen  Umständen  angehört.  Dieser  Körper  entsteht  mithin  nach 
Kane  durch  einfache  Aufnahme  von  2 At.  Sauerstoff  aus  der  Salpetersäure, 
die  an  das  Mesitylen  treten,  was  nicht  sehr  wahrscheinlich  ist. 

Glasige  Phosphorsäure  (Metaphosphorsäure?)  löst  sich  in  Aceton  un- 
ter Erhitzung  und  Bräunung;  bei  Neutralisation  mit  einer  Basis  erhält  man 
ein  lösliches  Salz.  Das  Natronsalz  kristallisirt  in  feinen  rhomboidalen  Ta- 
feln, die  an  der  Luft  durch  Verlust  von  Wasser  undurchsichtig  werden. 
Für  sich  erhitzt  schmelzen  sie  in  ihrem  Kristall wasser , werden  weifs, 
zuletzt  schwarz,  und  hinterlassen  48,8  p.  c.  phosphorsaures  Natron  (pyro- 
phosphorsaures  Natron?). 

Mesitylunterphosphoriye  Säure.  Formel  des  Barytsalzes:  PsC6Hi2Oj, 
BaO.  — Der  Rückstand  von  der  Destillation  eines  Gemenges  von  Iod, 
Aceton  uud  Phosphor  erstarrt,  bei  überschüssig  vorhandenem  Phosphor, 
zu  einer  Masse  amianthähnlicher  Kristalle,  welche  in  Wasser  löslich  sind 
und  damit  von  einer  gelben  kristallinischen  Materie  getrennt  werden  können, 
die  sich  mit  hierbei  erzeugt.  Die  wässerige  Auflösung  der  weifsen  Kri- 
stalle schmeckt  sauer  und  zugleich  bitter;  mit  kohlensaurem  Baryt  ueutra- 
lisirt  giebt  sie  ein  unlösliches  und  ein  lösliches  Salz,  welches  letztere 
nach  der  Concentration  und  Erkalten  zu  einer  kristallinischen  Masse  ge- 
steht. Diese  Masse  ist  ein  Gemenge  von  lodbarium  mit  mesitylunterphos- 
phorigsaurem  Baryt,  welche  beide  durch  Kochen  mit  Alkohol  getrennt 
werden;  es  löst  sich  in  diesem  Falle  das  lodbarium  auf  und  die  Mesityl- 
verbindung  bleibt  zurück;  sie  hat  durch  diese  Behandlung  ihre  Löslichkeit 
zum  grofsen  Theil  verloren  und  stellt  weifse  kristallinische  Körner  dar, 
welche  ohne  Reaction  auf  Pflanzenfarben  sind.  Beim  Erhitzen  entzündet 
es  sich,  brennt  mit  reiner  Phosphorflamme,  der  schwarze  Rückstand  wird 
bei  der  Calcination  zu  weifsem  phosphorsaurem  Baryt.  Mit  Salpetersäure 
erwärmt  entsteht  eine  sehr  heftige  Reaction.  Kane  erhielt  in  der  Analyse 
dieses  Körpers  19,44  — 20,40  Kohlenstoff  und  3,65  — 4,00  Wasserstoff. 
Der  Phosphor  wurde  nicht  bestimmt.  Auf  Iod  wurde  das  Salz  nicht  unter- 
sucht. Durch  Salpetersäure  oxidirt  gab  es  74 — 75  p.  c.  phosphorsauren 
Baryt,  enthaltend  43,8  — 44  p.  c.  Baryt,  woraus  hervorgeht,  dafs  darin 


Alkarsin. 


785 


auf  4 At.  Baryt  6 At.  Phosphor  anstatt  8 At.,  wie  in  der  Formel  von 
Karte  angenommen  , enthalten  sind.  Der  Formel  nach  sollte  es  enthalten 
43,8  Baryt,  18  Phosphor,  21  Kohlenstoff , 3,5  Wasserstoff  und  13,7 
Sauerstoff.  Nach  Versuchen  von  Plantamour  konnte  diese  Verbindung 
nicht  wieder  erhalten  werden. 

Zer  Setzungsprodukte  des  Acetons  und  Mesiiylens  durch  Chlor. 

Aceton,  durch  welches  man  solange  trocknes  Chlorgas  leitet,  als 
noch  Entwickelung  von  Salzsäure  bemerklich  ist,  verwandelt  sich  in  eine 
in  Wasser  unlösliche  Flüssigkeit  von  unerträglich  durchdringendem  Ge- 
ruch und  1,33  spec.  Gewicht;  auf  die  Haut  gebracht  zieht  sie  Blasen  und 
siedet  bei  ISO0  (Karte'),  wobei  sie  unter  Freiwerden  von  Salzsäure  sich 
zersetzt.  Durch  Alkalien  und  concentrirte  Schwefelsäure  erleidet  s^ keine 
merkbare  Veränderung.  Nach  der  Analyse  von  Dumas , welche  Karte 
bestätigt  hat,  drückt  die  Formel  C6  Hg  Cl4  0,  ihre  Zusammensetzung  aus, 
wonach  sie  in  100  Th.  28,86  Kohlenstoff,  3,13  Wasserstoff,  55,48  Chlor 
und  12,53  Sauerstoff  enthält.  (In  einer  nur  einmal  angestellten  Analyse 
erhielt  J.  L.  28  Kohlenstoff,  2,8  Wasserstoff,  52,6  Chlor  und  16  Sauer- 
stoff.) 

Diese  Materie,  welche  Karte  Mesitylcldoral  nennt,  löst  sich  in  war- 
mer überschüssiger  Kalilauge,  es  entsteht  Chlorkalium  und  eine  Säure, 
welche  lösliche  Salze  mit  fast  allen  Metalloxiden  liefert;  sie  ist  nicht  nä- 
her untersucht. 

Pteleylchiorid.  Formel:  C6  H6*C14.  — Leitet  man  Chlorgas  in  Mesi- 
tylen,  so  entweicht  Salzsäure  und  der  Rückstand  erstarrt  nach  der  Sät- 
tigung mit  Chlor  zu  einer  kristallinischen  Masse;  mit  kochendem  Aether 
behandelt  löst  sich  das  feste  Produkt  auf  und  kristallisirt  daraus  beim  Er- 
kalten. Die  erhaltenen  Kristalle  sind  Pteleylchiorid ; sie  werden  durch 
neue  Kristallisationen  gereinigt.  Das  Pteleylchiorid  ist  in  seiner  äusseren 
Beschaffenheit  den  Kristallen  des  käuflichen  schwefelsauren  Chinins  sehr 
ähnlich;  es  ist  unlöslich  im  Wasser  und  unzersetzbar  durch  Kalihydrat, 
in  wässeriger  oder  alkoholischer  Löung;  in  einer  sehr  hohen  Temperatur 
verflüchtigt  es  sich  ohne  Zersetzung,  und  kann  in  trocknem  Ammoniak- 
gas ohne  Veränderung  sublimirt  werden.  Karte’ s Analyse  lieferte  ihm 
40,15  bis  50,66  Kohle  und  4,0  bis  4,34  Wasserstoff;  das  Chlor  wurde 
nicht  bestimmt.  Der  obigen  Formel  nach  sollte  dieser  Körper  48,87  Kohle, 
3,99  Wasserstoff  und  47,14  Chlor  enthalten.  Es  ist  merkwürdig,  dafs 
Chlor  und  Salpetersäure  sich  verschieden  gegen  das  Mesitylen  verhalten. 

Pteleyliodid  nenne  Karte  die  gelbe  glinunerähnliche  Materie,  welche 
bei  der  Wiederauflösung  des  Rückstandes  von  der  Destillation  von  Aceton 
mit  Phosphor  und  Iod  erhalten  wird ; sie  besitzt  alle  Eigenschaften  des 
Formyliodids , mit  dem  einzigen  Unterschied,  dafs  sie  nahe  bei  Glühhitze 
unverändert  sublimirbar  ist.  Ihre  Zusammensetzung  ist  unbekannt. 

Die  Zusammensetzung  der  in  dem  Vorstehenden  beschriebenen  Verbin- 
dungen ist  als  der  Ausdruck  einer  Vorstellung  zu  betrachten;  sie  verdie- 
nen ohne  Ausnahme  eine  neue  und  gründlichere  Untersuchung, 

Alkarsin. 

Synonyme:  Cadet’ sehe  Flüssigkeit.  Formel:  C4H14OAs4.  (Nach  Du- 
mas C4  H,4  As2.)  — Darstellung : Gleiche  Gewichtstheile  essigsaures  Kali 
und  arsenige  Säure  (1  (tfi  von  jedem)  werden  im  Sandbade  in  einer  Glas- 
retorte mit  angefügtem  mit  Eis  umgebenem  Kühlapparate  langsam  bis  zum 
Rothglühen  erhitzt.  Es  entwickeln  sich  hierbei  Kohlensäure  und  wenig 
brennbare  Gase , es  sublimirt  Arsen  und  in  der  Vorlage  schwimmen  auf 
übergegangenem  Arsen  zwei  Flüssigkeiten,  von  denen  die  untere  Alkarsin 
und  eine  andere  schwer  flüchtige  arsenhaltige  Flüssigkeit  enthält,  die  obere 
aus  einer  Auflösung  von  Alkarsin  in  ACeton,  Wasser  und  Essigsäure  be- 
steht. Aus  500  Grm.  arseniger  Säure  erhält  man  etwa  150  Grm.  unrei- 
nes Alkarsin.  Zur  Reinigung  wird  es  von  der  oberen  Schicht  getrennt, 


786 


Alkarsin. 


getrennt,  mit  Wasser  geschüttelt  und  gewaschen,  um  es  von  allem  Ace- 
ton und  Essigsäure  zu  befreien,  sodann  über  trocknes  Kalihydrat  in  einer 
sauerstofffreien  Atmosphäre  rectificirt.  Durch  eine  neue  Destillation  über 
Kalk  oder  Baryt  erhält  man  es  wasserfrei. 

Eigenschaften:  Farblose,  wasserhelle,  ätherartige  Flüssigkeit  von  be- 
deutendem Lichtbrechungsvermögen  (1,732),  siedet  nach  einer  annähernden 
Bestimmung  bei  etwa  150%  erstarrt  unter  — 23°  zu  weifsen,  seidenglän- 
zenden Schuppen;  das  gefundene  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  ist  7,18. 
(Nach  der  Formel  C4  H12  As*  0 enthält  1 Vol.  Alkarsindampf  % Vol.  Ar- 
sendampf, 2 Vol.  Kohlenstoff,  6 Vol.  Wasserstoff,  % Vol.  Sauerstoff. 
Das  berechnete  spec.  Gewicht  sollte  hiernach  7,828  seyn,  nach  der  Formel 

As2  erhält  man  für  1 Vol.  die  Zahl  7,278.) 

Der  Geruch  des  Alkarsins  erinnert  an  den  des  Arsenwasserstoffs,  er 
ist  im  höchsten  Grade  widrig,  sein  Dampf  reizt  die  Augen  zu  heftigem 
Thränen,  auf  die  Haut  gebracht  verursacht  es  heftiges  Jucken;  der  Ge- 
schmack ist  dem  Geruch  ähnlich;  innerlich  genommen  wirkt  es  als  heftiges 
Gift. 

In  Wasser  ist  das  Alkarsin  wrenig  löslich,  mit  Aether  und  Alkohol  in 
allen  Verhältnissen  mischbar.  Bei  freiem  Zutritt  der  Luft  oder  Sauerstoff, 
entzündet  es  sich  von  selbst  und  brennt  mit  einer  blassen  Flamme,  weifse 
dicke  Nebel  bildend ; in  einem  offenen  Gefäfse  mit  Wasser  bedeckt  ver- 
schwindet das  Alkarsin  nach  und  nach  vollständig,  in  beiden  Fällen  wird 
als  das  bemerkenswertheste  Produkt  Alkargen  gebildet;  es  löst  sich  in 
Kalilauge  zu  eiuer  braunen  Flüssigkeit,  und  in  verdünnter  Salpetersäure 
ohne  Gasentwickclung,  beim  Erhitzen  erfolgt  Zersetzung.  Mit  rauchender 
Salpetersäure  und  in  Chlorgas  und  Bromgas  entzündet  es  sich.  Phosphor, 
Schwefel  und  lod  lösen  sich  darin  auf,  das  letztere  zu  einer  farblosen 
Flüssigkeit,  aus  der  sich  Kristalle  absetzen,  die  bei  Zusatz  von  mehr  lod 
verschwinden.  Mit  Schwefelsäurehj'drat  bildet  es  eine  in  feinen  Nadeln 
kristallisirbare  Verbindung,  welche  im  Wasser*  löslich  ist.  Kalium  damit 
zusammeugebraeht  verliert  nach  einiger  Zeit  seinen  metallischen  Glanz, 
später  entwickelt  sich  Gas  und  es  entsteht  ein  dicker  weifser  Brei , beim 
Erhitzen  erfolgt  eine  heftige  Zersetzung  mit  Feuererscheinung.  In  einer 
Auflösung  von  Quecksilberchlorid  löst  es  sich  auf  unter  Bildung  eines  weis- 
sen  dicken  Niederschlags,  der  sich  in  der  Wärme  unter  Zurücklassung 
von  Quecksilberchlorür  löst  und  nach  dem  Erkalten  in  seidenglänzenden 
kristallinischen,  in  Wasser  schwerlöslichen,  Schuppen  wieder  niederfällt. 
Die  wässerige  Lösung  bildet  mit  salpetersaurem  Silberoxid  einen  kristalli- 
nischen salpetersäurehaltigen  Niederschlag.  Quecksilberoxid-  und  Queck- 
silberoxidulsalze werden  davon  reducirt.  Die  Bildung  von  Alkargen  bei 
Anwendung  aller  Mittel  den  Arsengehalt  in  der  Analyse  in  Arsensäure  zu 
verwandeln,  und  die  Unzersetzbarkeit  dieser  Materie  durch  die  nemlichen 
Substanzen,  machte  die  Arsenbestimmung  des  Alkarsins  unzuverlässig; 
Bunsen  erhielt  in  einem  Versuche  nur  34,2  p.  c.  Diese  Umstände  sind 
die  Ursachen  des  Zweifels,  den  man  über  seine  Constitution  hegen  rnufs. 
Es  verdient  noch  bemerkt  zu  werden , dafs  das  Alkarsin  nach  der  Formel 
C12  H56  As6  die  Elemente  von  Kane’s  Mesityi  (C6  H10)*  Mesitylen  (C6  H8) 
und  Arsen  Wasserstoff  (3As2H6)  enthält. 

Chlorarsin.  Wahrscheinliche  Formel:  C4  H12  As*  Ci2  Bunsen.  — Bei 
Destillation  des  Alkarsins  mit  Chlorwasserstoffsäure  erhält  man  ein  dünn- 
flüssiges Fluidum,  von  höchst  ekelhaftem  Geruch,  schwerer  wie  Wasser, 
welches  bei  10.9,3°  siedet  und  bei  — 41°  noch  nicht  fest  wird.  An  der 
Luft  erhitzt  entzündet  sich  sein  Dampf.  Bei  gewöhnlicher  Temperatur  ver- 
wandelt es  sich  in  der  Luft  in  einen  kristallisirbaren  im  Wasser  löslichen 
Körper.  In  Chlorgas  gebracht  entzündet  es  sich;  in  Alkohol  und  Säu- 
ren löslich,  von  Aether  und  Wasser  wird  es  nicht  aufgenommen.  Mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  entwickelt  es  Salzsäure,  mit  Quecksilberchlorid 
vermischt  entsteht  eine  in  seidenglänzenden  Blättchen  kristaliisirende  Ver- 
bindung, dieselbe,  welche  das  Alkarsin  unter  Ausscheidung  von  Quecksilber- 


Alk  argen. 


787 


chloriir  bildet.  Mit  einer  weingeistige n Lösung  von  Kalihydrat  erwärmt 
entsteht  Chlorkalium  und  eine  ätherartige  Flüssigkeit  von  höchst  unange- 
nehmem Geruch,  welche  grofse  Aehnlichkeit  mit  Hydrarsin  hat.  Bei 
schwacher  Erwärmung  mit  Kupferoxid  wird  das  Chlorarsin  /.erlegt.  Bei 
der  Bildung  des  Chlorarsins  bemerkt  man  einen  zinüoberrotheu  nicht  flüch- 
tigen Körper,  welcher  geruchlos  ist,  beim  Erhitzen  mit  Seleugeruch  ver- 
brennt, mit  Salpetersäure  sich  entzündet  und  von  keiuem  Auflösungsmittel 
ußzersetzt  aufgenommen  wird,  fErytrarsinJ. 

Sulpharsin  entsteht  durch  Zersetzung  von  Alkargen  vermittelst  Schwe- 
felwasserstoff oder  durch  .Destillation  von  Chlorarsin  mit  Schwefelbarium. 
Aetherartige,  höchst  übelriechende,  wasserhelle  Flüssigkeit,  schwerer  wie 
Wasser  und  darin  nicht  löslich. 

lodarsin , Bromarsin , Fluorarsin , Cyanarsin  können  durch  Destilla- 
tion der  entsprehenden  Wasserstoffsäuren  mit  Alkarsin  erhalten  werden. 

Alkargen.  Formel : C4  HI4  Asx04  = Ac05  , As2  H6  -f-  aq , nach  Bimsen 
C4  H14  As2  Os.  Entdeckt  von  Bunsen.  — Darstellung:  Man  läfst  zu  Al- 
karsin Luft  oder  Sauerstoffgas  sehr  langsam  zutreten;  es  ist  gut  anfäng- 
lich stark  abzukühlen,  um  die  Heftigkeit  der  Verbrennung  zu  mäfsigen; 
es  entsteht  Alkargen,  was  aus  der  Flüssigkeit  kristallisirt , arsenige  Säure 
und  ein  ätherartiges,  im  Wasser  lösliches,  fluchtiges  Produkt  von  uner- 
träglichem Gerüche  fHydrarsinJ.  Zu  Ende  dieser  Oxidation  erstarrt  das 
Ganze  zu  einer  weifsen  oder  bräunlichen  Masse.  Sie  wird  mit  kaltem 
Wasser  übergossen,  worin  sich  Alkarsin  und  Hj'drarsin  lösen,  der  gröfste 
Theil  der  arsenigen  Säure  bleibt  ungelöst  zurück.  Die  Auflösung  wird  ab- 
gedampft bis  sie  zu  einer  festen  Masse  gesteht,  durch  starkes  Pressen 
zwischen  Löschpapier  entfernt  man  den  gröfsten  Theil  des  Hydrarsins, 
behandelt  den  trocknen  Rückstand  mit  siedendem  absoluten  Alkohol,  aus 
dessen  gesättigter  Lösung  man  nach  dem  Erkalten  Kristalle  erhält,  die 
man  von  anluingendem  Hydrarsin  und  arseniger  Säure  durch  Pressen  zwi- 
schen Löschpapier  uud  durch  neue  Kristallisationen  aus  Alkohol  oder  mehr- 
maliges Abdampfen  der  wässerigen  Auflösung  im  Wasserbade,  wo  Hy- 
drarsin weggeht,  reinigt.  Die  letzten  Spuren  von  arseniger  Säure  ent- 
fernt man  durch  Behandlung  der  wässerigen  Lösung  mit  Eisenoxidhydrat 
in  der  Kälte  und  neue  Kristallisationen  des  eiseuoxidhaltigen  Hydrarsins 
aus  Alkohol.  Aus  den  alkoholischen  Mutterlaugen  erhält  man  durch  Zu- 
satz von  Aether  eine  neue  Portion  Kristalle. 

Eigenschaften:  Spröde,  glasglänzende,  vollkommen  durchsichtige, 
farblose,  wohlausgebildete,  geschobene  vierseitige  Prismen,  mit  unglei- 
cher, gegen  die  Seitenflächen  schräg  eingesetzter  Zuschärfung;  sie  sind 
geruchlos,  ohne  hervorstechenden  Geschmack,  luftbeständig  in  trockner, 
zerfliei'slich  in  feuchter  Luft,  in  Wasser  und  Weingeist  in  allen  Verhält- 
nissen löslich,  aus  einer  gesättigten  heifsen  Auflösung  in  Alkohol  durch 
Abkühlen  kristallisirbar,  in  Aether  unlöslich.  Aus  der  alkoholischen  Auf- 
lösung wird  durch  Aether  Alkargen  niedergeschlagen. 

Das  Alkargen  besitzt  eine  schwach  saure  Reaction,  verbindet  sich  mit 
den  Alkalien  zu  gummiartigen,  nicht  in  regelmäfsigen  Formen  zu  erhal- 
tenden Verbindungen,  löst  Eisenoxidhydrat  und  Kupferoxidhydrat  in  der 
Wärme.  Die  Auflösungen  werden  beim  Abdampfen  wieder  zersetzt , indem 
sich  die  Oxide  davon  trennen.  Löslich  in  Schwefelsäurehydrat  und  daraus 
ohne  Aenderung  kristallisirbar,  unzersetzbar  durch  wasserfreie  Schwefel- 
s ure.  Durch  Salpetersäure  und  Königswasser  nur  schwierig  oxidirbar. 

Das  Alkargen  schmilzt  bei  200°  unter  theilweiser  Zersetzung,  und 
erstarrt  in  einer  niederem  Temperatur  (90°)  zu  einer  kristallinisch  strahli- 
gen  Masse;  bei  230°  bräunt  es  sich,  stöfst  nach  Alkarsin  riechende  Däm- 
pfe aus  und  setzt  Arsen  und  arsenige  Säure  ab. 

Durch  Behandlung  mit  Zinnchlorür,  phosphorige  und  phosphatige  Säure 
verwandelt  es  sich  in  Alkarsin  unter  Verlust  von  Wasser  und  Sauerstoff; 
durch  Schwefelwasserstoff  wird  aus  der  wässerigen  Lösung  kein  Schwe- 
felarsen gefällt;  sie  trübt  sich  weifslich,  es  setzen  sich  beim  Erwärmen 


788 


Constitution  des  Aethers  ete. 


Ölartige  Tropfen  von  Sulfarsin  von  starkem  durchdringendem  Lauchgeruch 
ab.  Das  Alkargen  besitzt  keine  giftige  Wirkung  auf  den  Organismus. 


berechnet 

gefunden 

berechnet 

gefunden 

C4  = 305,6 

— 17,84 

C4  = 305,6 

— 16,67 

— 16,97 

H14  = 87,3 

— 5,09 

H14  = 87,3 

— 4,76  • 

— 4,88 

04  = 400,0 

— 23,36 

03  = 500,0 

— 27,28 

— 27,43 

As*  = 020,0 

— 53,71 

As*  = 920,0 

— 51,29 

— 50,72 

1712,9 

100,00 

1832,9 

100,00 

100,00 

Cyanargen.  Durch  Destillation  des  Alkarsins  mit  Quecksilbercyanid 
erhält  man  eine  sehr  schön  kristallisirende  , der  Osmiumsäure  gleichende 
Verbindung,  von  welcher  Bunten  vermuthet,  dafs  sie  dem  Alkargen  analog 
zusammengesetzt  sey.  Der  Geruch  derselben  ist  höchst  betäubend,  Ohn- 
macht erregend;  durch  Zinnchlorür  wird  dieser  Körper  in  Alkarsin  und 
Cyanwasserstoffsäure  zerlegt. 

Constitution  der  beschriebenen  Arsenverbindungen. 

Wenn  der  Beweis  geführt  ist,  dafs  das  Alkarsin  in  der  That  in  die 
Acetylreihe  gehört  und  nicht  ein  Zersetzungsprodukt  des  Acetons  mit  ar~ 
seniger  Säure  ist,  so  nehmen  die  beschriebenen  Verbindungen  folgende 
Form  an: 

Alkarsin  Ac  0 -H  As*  H6 
Chlorarsin  AcCl*  -+-  As*  H6 
Sulfarsin  AcS  -+-  As*  H6 
Alkargen  Ac03  -4-  As*  H6  -+-  aq. 

Berzelius  hält  die  Existenz  von  Arsenwasserstoff  in  diesen  Verbin- 
dungen nicht  für  wahrscheinlich,  er  betrachtet  das  Alkarsin  als  das  Oxid 
eines  zusammengesetzten  Radikals,  Kakodyl  (von  kückc^  und  cfy;),  wo- 
nach C4  Hx*  As*  = Kakodyl 

C4  Hi2  As*  -I-  0 Oxid  (Alkarsin) 

C4  Hj*  As*  -4>  Oj  -+•  aq  (Alkargen). 

'Nach  Bunsen  steht  es  in  gewisser  Beziehung  zu  dem  Alkohol,  wenn  das 
Alkarsin  als  das  Hydrat  einer  aus  C4  H10  As*  zusammengesetzten  Verbin- 
dung angesehen  wird.  Nach  der  Formel  2C6  H18  As*  -f-  As*  05  würde  es 
in  die  Reihe  der  Acetonverbindungen  gehören.  Die  Beschreibung  dieser  so 
merkwürdigen  Arsenverbindungen  ist  aus  Dr.  Bunsens  Abhandlungen  und 
Privatmittheilungen  entnommen. 

Constitution  des  Aethers  und  seiner  Verbindungen. 

Der  Aether  und  das  Ammoniak  haben  in  ihren  Verbindungen  eine  ge- 
wisse Aehnlichkeit,  welche  von  Dumas  und  Boitllay  zuerst  hervorgehoben 
wurde,  und  die  Ansicht  über  die  Constitution  der  Ämmoniaksalze,  welche 
in  Frankreich  allgemein  ist,  wonach  nemlich  diese  Verbindungen  Wasser 
und  Ammoniak  als  solches  enthalten,  war  die  Ursache,  dafs  man  den  Aether 
als  das  erste  Hydrat  des  ölbildenden  Gases  (Hydracetylgas) , den  Alkohol 
als  das  zweite  Hydrat  etc.  ansah.  In  Deutschland  und  andern  Ländern 
betrachtete  man  im  Gegentheil  das  zur  Constitution  gehörende  Wasser  in 
den  sauerstoffsauren  Ammoniaksalzen  als  einen  iutegrirenden  Bestandteil 
der  Basis,  man  nahm  an,  dafs  dieses  Wasser  mit  dem  Ammoniak  Aramo- 
niumoxid  N*  H8  0 bilde,  und  diese  Ansicht  ebnete  gewissermafsen  einer 
andern  den  Weg,  wonach  die  Existenz  organischer  Oxide,  welche  die 
Fähigkeit  besitzen,  Säuren  zu  neutralisiren , als  ein  nothwendiger  Gegen- 
satz zu  den  organischen  Säuren  höchst  wahrscheinlich  erschien,  die  man 
längst  schon  als  Sauerstoffverbindungen  zusammengesetzter  Radikale  zu 
betrachten  geneigt  war.  Der  Aether  wurde  in  diesen  Ländern  als  ein  or- 
ganisches Oxid  angesehen,  und  diese  Verschiedenheit  der  Ansichten  erregte 
einen  zehnjährigen  Streit,  als  dessen  unmittelbare  Folge  man  die  Ent- 
deckung einer  grofsen  Anzahl  von  Verbindungen  betrachten  kann , welche 
die  Wissenschaft  mit  zahllosen  wichtigen  Beobachtungen  bereicherten.  Kein 


Constitution  dies  Aethers  etc. 


789 


Gebiet  der  organischen  Chemie  ist  so  gründlich  und  umfassend  studirt  wor- 
den , wie  das  der  Aetherverbindungen , und  jetzt,  wo  die  Existenz  orga- 
nischer Oxide  nicht  mehr*  geleugnet  wird,  horte  damit  die  Aufrechthaltung 
der  entgegengesetzten  Meinung  auf,  ohne  dafs  man  die  Frage  selbst  als 
durch  das  Experiment  entschieden  betrachten  kann.  Vergleicht  mau  nach 
dem  gegenwärtigen  Standpunkte  der  Wissenschaft  die  Ammoniakverbin- 
düngen  mit  den  Aetherverbindungen,  so  bemerkt  man  leicht,  dafs  die  sich 
entgegenstehenden  Ansichten  im  Grunde  die  nemlicheu  waren,  man  be- 
kämpfte sich  gegenseitig,  weil  man  über  die  Interpretation  der  Erschei- 
nungen nicht  einig  war.  Die  Aether^  und  Ammoniakverbindungen  nehmen 
nemlich  einerlei  Form  an,  wenn  das  Amid  als  das  unveränderliche  Radikal 
der  Ammoniakverbindungen  und  das  Acetyl  als  der  Ausgangspunkt  der 
Aetherverbindungen  angesehen  wird.  Die  Verbindungen  beider  trennen 
sich  nur  insofern  von  einander,  als  man  dem  Acetyl  die  Fähigkeit  zu- 
schreiben mufs,  Säuren  zu  bilden,  eine  Fähigkeit,  welche  das  Amid  nicht 
besitzt.  Bezeichnet  man  mit  Ad  die  Verbindung  JV2  H4  = Amid  und  mit 
Ac  die  Verbindung  C4  H6  = Acetyl,  so  haben  wir: 


Acetylv  erbindun  gen. 

Ac  = C4  H6  = Acetyl. 

AoH2  = Oelbildendes  Gas. 

Ac  H4  = Acthyl. 

AcH40  = Aether. 

AcH4  Cl2  = Aethylchlorür. 

AcH4  Bra  = Aethylbromür. 

AcH4I2  = Aethyliodür. 

AcH40  -4-  1 At.  Säure  = Aethyl- 
oxidsalze. 

AcH4  O -4-  H2  O = Alkohol. 


AcH4S  H-  H2S  = Mercaptad. 


Amidrerbindungen. 

Ad  = NjH4=:  Amid. 

AdH2  Ammoniak. 

Ad  H4  zzz  Ammonium. 

AdHiO  Ammoniumoxid. 

Ad  II4  Cl2  = Salmiak. 

Ad  H4  , Br*  Ammoniumbromür. 
Ad  H4 , I2  ~ Ammoniumiodür. 


Ad  H40 
Ad  H4  ö 


AdH4  S 


AcH4  0 •+■  CS2  = Xanthogensäure.  Ad  H4  S 


Ac  Pt  -f-  Pt  Cl4  = Zeise’ s Platin-  Ad  Hg  -f 
verbindung  (Säure). 

Ac , SPt  Cl2  -4-  C12K  mit  AdPtCl2 

Chlorkalium. 

Ac,  SPtCl*  -4-  AdH4Cl2  = AdPtCl2 

mit  Salmiak. 

AcH2  = Oelbildendes  Gas. 

AcH2  -h  2S03  = Isäthionsäure. 

AcO  = Acetyloxid. 

AcCI2  “ Acetylchlorür. 

AcBr2  = Acetylbromür. 

AcO  + HjO  = Aldehyd. 

Ac  Cl2  -4-  Ha  Cl2  = Oel  des  ölbil- 
denden Gases. 

AcBr*  -+*  H2Br2  = Brom  Verbindung. 

Ac  Cl2  -4-  Cl2  Pt2  = Zeise’ s Platin- 
verbindung. 

Ac  H-  CO ? *)  Ad  -4-  CO 


4-  1 At.  Säure  = Ammo- 
niumoxidsalze. 

4-  H2  0 Verbindung  in 
dem  schw  efelsauren  Am- 
moniak. 

h H2  S = Schwefelwas- 
serstoff - Schwefelammo- 
nium. 

-CS2  Kohlenschvvefel- 
wasserstoffsaures  Ammo- 
niak. 

HgCl2  = Weifser  Präci- 
pitat. 

-4-  Ad  H4  O Gros’s  Pla- 
tinbase. 

-4-  Ad  H4  CI2  = Salzsaure 
Verbindung. 


AdHa  -4-  S03  = Rose’s  wasser- 
freies Schwefels.  Ammoniak. 


Carbamid. 


*)  Ac,  CO  zzz  Gewürznelkenkampfer  (Dumas)?  Santonin?  (CsH60)  (Ettling), 
Ac,  2CO  ZZZ  Mannit  rz:  C6  H6  02  -f-  4aq.  Caffein,  Asparagin  und  viele  an- 
dere Materien  lassen  sich  ebenfalls  in  die  Acethylreihe  bringen,  obwohl  mit 
sehr  geringer  Wahrscheinlichkeit. 


790  Constitution  der  Aeth 


er  ver  b indungen. 


Ac  = Bz  = Zimmtöl  CPumas). 

AcBz  -4-  N2  Os  -f-  aq  = salpeter- 
saures Zimmtöl. 

Ac  H4 , O -4-  2C*  03  =£  Saures  oxal- 
saures  Aethyloxiö. 

AcH4,  Ad  -f-  2C2  03  =r  Oxamethan 
CDumas). 

Ac , O + O ~ Aldehydsäure. 

AcO  -4-  Oa  = Essigsäure. 

Von Malaguti,  durch  Be- 

AcO  -+-  Cl4  \ handluug  des  Aethers  mit 

AcO-4-Clj  ( Chlor  und  des  neuen  Pro- 
S )/dukts  mit  Schwefelwas- 

AcO-HS2  Jserstoff,  entdeckte  Ver- 
bindungen. 

Produkte  der  Substitution  des  Was- 
ser sto/js  durch  Chlor. 

C4H60  + Hj0  = Aldehyd. 

C4  Cl6  O -4-  H20  = Chi  oral. 

C4  H6  03  + H,0  = Essigsäure. 

C4  Cl6  03  -4-  H2  O = Chloressigsäure 
CDumas). 

C4II6 , H2  — Oelbildendes  Gas. 

C4CI6,  Cl2  = Kohlenstoffchlorür. 

C4CJ6,  Cl6  = Kohlenstoffchlorid , 
entsprechend  der  was- 
serfreien Essigsäure. 

C4  CI6  -4-  Bz  Cl2  = Chlorocinnose 
CDumas ). 


2Ad  -4-  2C0  = Harnstoff. 

Ad  -4-  2C0  ~ Oxamid. 

Ad  -+-  Bz  — Benzamid. 

Ad  Bz  -4-  C4  H,  03  -H  aq  ~ Hip- 
pursäure. 


Substitutionen  des  Wasserstoffs 
in  den  Amidverbindungen. 
N2H4  r=  Amid. 

N2  02  — Stickstoffoxid. 

N2C2  = Cyan. 

N2S2,  S Schwefelstickstoff 
CSoubeiran ). 
etc.  etc. 


Die  obigen  Formeln  bedürfen  keiner  Erläuterung;  sie  sind  entwickelt 
worden,  um  die  ausserordentliche  Aehnlichkeit  der  Ammoniak-  und  Aether- 
verbindungen  zu  zeigen,  und  die  Ursache  anzudeuten,  warum  das  ölbil- 
dende Gas  als  das  erste  Glied  der  Aetherverbindungen  von  vielen  Chemi- 
kern betrachtet  wurde.  Beide  früher  entgegenstehende  Theorien  haben, 
wie  man  leicht  bemerkt,  unter  diesem  Gesichtspunkte  einerlei  Grundlage, 
und  jede  weitere  Frage  über  die  Wahrheit  der  einen  oder  andern  Ansicht 
ist  damit  von  selbst  erledigt.  Die  Aufsuchung  des  Acetyls  in  bekannten 
Verbindungen  möchte  die  Reihe  derselben  um  viele  vermehren. 

Kane  und  Malaguti , von  der  Ansicht  ausgehend,  dafs  der  Aether  eine 
Verbindung  sey  von  4 At.  Wasserstoff  mit  1 At.  Acetyloxid,  gelangen  zu 
ähnlichen  Verbindungsreihen.  Es  ist  ersichtlich,  dafs  diese  Theorien  auf 
einen  und  denselben  Ursprung  zurückgeführt  werden  können.  1 


In  dem  Folgenden  werden  die  Zuckerarten  und  ihre  Zersetzungspro- 
dukte als  Anhang  zu  den  Aethylverbindungen  abgehandelt,  vorzüglich  des- 
halb, weil  der  Alkohol  und  mit  demselben  alle  Aethylverbindungen  daraus 
entspringen,  und  weil  die  Ungewifsheit  über  ihre  wahre  Constitution  jede 
Anordnung  nach  systematischen  Principien  im  Augenblick  noch  unzulässig 
macht. 


Sb 


It  oli  rz  ucker. 


79t 


Zucker. 

Wenn  man  diejenigen  Materien  mit  Zucker  bezeichnet,  welche  der 
geistigen  Gährung  fähig  sind,  d.  h.  in  einer  eigenthiimlichen  Zersetzungs- 
weise  in  Weingeist  und  Kohlensäure  zerfallen , so  gehören  hierher  der 
Rohrzucker , Traubenzucker  (Stärkezucker,  Honigzucker,  Harnzucker), 
unkristallisirbarer  Zucker  oder  Schleimzucker , Milchzucker , und  eine 
von  Wiggers  in  dem  Mutterkorn  aufgefundene  Zuckerart,  Schwammzucker . 

Rohrzucker. 

Formel:  Cj2Hi8  09  -f  £aq. 

Vorkommen : In  dem  Saft  des  Zuckerrohrs , des  Ahorns , vieler  Rü- 
benarten, von  Juglans  alba,  in  den  Bataten,  der  Althäwurzel,  in  den 
Nectarien  vieler  Blüthen,  in  den  Knollen  von  Lathyrus  tuberosus  etc.  etc. 

§.  144.  Darstellung : Durch  Kristallisation  aus  Pflanzein- 
säften, nach  vorangegangener  Reinigung  und  Klärung  dersel- 
ben durch  Behandlung  mit  Kalkmilch,  Blut,  Milch  etc.  Die 
durch  schnelle  Erkaltung  in  Zuckerhutformen  erhaltenen  fei- 
nten, gewaschenen,  nach  dem  Trocknen  zusammengebackenen 
Kristalle  liefern  den  weifsen  oder  Meliszucker  Durch  lang- 
same Kristallisation  ausgebildete  grofse  Kristalle  heifsen  Can- 
diszucker. 

Eigenschaften:  Farblose,  im  unreinen  Zustande  gelbe 
oder  braune,  durchsichtige,  harte,  leicht  spaltbare,  gescho- 
bene, vierseitige  und  unregelmäfsig  sechsseitige  Prismen  mit 
zweiflächiger  Zuspitzung,  von  1,6065  spec.  Gewicht,  leicht 
pulverisirhar,  beim  Reiben  im  Dunkeln  leuchtend,  in  trockner 
Luft  unveränderlich,  beim  Erhitzen  auf  180°  ( Peligol)  (14£° 
Proust ) zu  einer  klebrigen,  farblosen  Flüssigkeit  schmelzend, 
welche  nach  raschem  Erkalten  zu  einer  durchsichtigen,  amor- 
phen Masse  erstarrt  ( Gerslenzuckei'J , die  nach  langem  Auf- 
bewahren undurchsichtig  wird  (abstirbt),  und  beim  Zerschla- 
gen alsdann  die  gewöhnlichen  Spaltungsflächen  der  Zucker- 
kristalle zeigt.  Bei  £10  — ££0°  verwandelt  sich  der  Zucker 
unter  Verlust  von  3 Atomen  Wasser  in  Caramel , in  höherer 
Temperatur  erhält  man  brennbare  mit  kohlensaurem  Gas  ge- 
mischte Gasarten,  brenzliches  Oel,  Essigsäure,  unter  Riick- 
lassung  von  % Kohle  ( CruishaqkJ . 

Der  Rohrzucker  löst  sich  in  % kaltem,  in  heifsem  Wasser  in  allen 
Verhältnissen;  eine  bei  110°  gesättigte  Auflösung  erstarrt  beim  Erkalten 
zu  einer  weifsen  , festen , aus  kleinen  aneinanderhängenden  Kristallen  ge- 
bildeten Masse;  eine  kalte,  gesättigte  Auflösung  besitzt  eine  dickflüssige, 
zähe  Beschaffenheit  ( Zuckersyrup) , wird  sie  längere  Zeit  hindurch  bei 
einer  ihrem  Siedpunkte  naben  Temperatur  erhalten,  so  verliert  der  Zucker 
seine  Fähigkeit  zu  kristallisiren.  Beim  Sieden  von  concentrirtem  Zucker- 
syrup zerplatzen  die  Dampfblasen  der  dickflüssigen  Beschaffenheit  der  Flüs- 
sigkeit wegen  mit  einem  bemerkbaren  Geräusch  ( bouillonenient  seche).  Zu- 


792 


Zucker. 


satz  von  %0  Klee-,  Citronen-  oder  Aepfel- Säure  macht  den  siedenden 
Zuckersyrup  augenblicklich  dünnflüssig,  er  verliert  dadurch  seine  Kristal- 
lisationslähigkeit,  ohne  dars  sie  ihm  durch  Behandlung  mit  Alkalien  wie- 
dergegeben werden  kann,  er  bleibt  übrigens  gährungsfähig.  Beim  Erhitzen 
mit  verdünnter  Schwefelsäure  ( Kirchhof , Pelouze ),  mit  Weinsäure  fGui- 
bourt)  geht  er  in  Traubenzucker  über. 

In  concentrirter  Schwefelsäure  löst  er  sich  mit  brauner  Farbe;  wird 
die  überschüssige  Säure  mit  Kreide  entfernt,  so  bleibt  eine  Verbindung  von 
Schwefelsäure  zurück,  welche  beim  Abdampfen  sich  schwärzt  unter  Ent- 
wickelung von  schwefliger  Säure  (Braconnot) ; es  entsteht  hierbei  Zucker- 
schwefelsäure (^Peligot)  und  eine  braune  Materie  von  sauren  Eigenschaf- 
ten. Benetzt  man  Meliszucker  mit  concentrirter  Schwefelsäure,  so  be- 
merkt man  nach  einiger  Zeit  eine  sehr  heftige  Erhitzung,  uuter  Entwicke- 
lung von  schwefliger  Säure  und  Ameisensäure.  Der  Zucker  verwandelt 
sich  in  einen  weichen  Brei  von  kohlschwarzer  Farbe,  welcher  mit  Was- 
ser ausgewaschen  ein  schw'arzes  kohliges  Pulver  hinterläfst.  Mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  längere  Zeit  einer  höheren  Temperatur  ausgesetzt 
bildet  sich  durch  Absorbtion  von  Sauerstoff  Ameisensäure,  und  es  schlägt 
sich  eine  braune  im  Wasser  unlösliche  Materie  nieder,  welche  Malaguti 
für  identisch  mit  dem  durch  Verwesung  des  Holzes  entstehenden  braunen 
Körper  hält,  dem  man  den  Namen  Humus  oder  Humussäure  gegeben  hat. 

Salzsäure  löst  den  Zucker  leicht  auf,  beim  Erwärmen  entsteht  ein 
dicker,  schwarzer,  harzähnlicher  Brei.  Durch  Salpetersäure  verwandelt 
er  sich  in  Zuckersäure,  Kleesäure  und  Kohlensäure.  100  Th.  Zucker  lie- 
fern nach  Cruishank  54,  nach  Thenard  über  67  Th.  Kleesäure. 

Wird  Arsensäure  zu  Zuckersyrup  gesetzt,  so  färbt  sich  das  Gemenge 
nach  einigen  Stunden  rosen-,  später  purpurroth,  zuletzt  braun,  man  be- 
merkt den  Geruch  nach  Essigsäure;  Säuren  und  Alkalien  verändern  die 
Farbe  nicht;  fällt  man  alle  Arsensäure  durch  Schwefelwasserstoff  heraus, 
so  bleibt  eine  blafsgelbe  Flüssigkeit  von  sufsem  Geschmack,  welche  durch 
essigsaures  Bleioxid  nicht  gefällt  wird  iElsner). 

Der  Rohrzucker  löst  kohlensaures  Kupferoxid  und  Grünspan  zu  Flüs- 
sigkeiten von  grüner  Farbe  auf,  aus  denen  Alkalien  das  Metalloxid  nicht 
fällen.  Kupferoxid-  und  Eisenoxidsalze  verlieren  nach  Beimischung  von 
Zucker  ihre  Fällbarkeit  durch  Alkalien  (77.  J7o.se),  Kupferoxidhydrat  löst 
sich  nicht  in  reinem  Zuckerwasser,  wohl  aber  bei  Zusatz  eines  löslichen 
Alkali’s  ( Peliyut ) mit  violetter  Farbe.  Beim  Erhitzen  aller  dieser  Auflösun- 
gen schlägt  sich  metallisches  Kupfer  oder  Kupferoxidulhydrat,  letzteres 
rein  oder  mit  einer  braunen  in  Ammoniak  löslichen  Materie  verbunden, 
nieder,  und  in  der  rückständigen  Flüssigkeit  ist  Ameisensäure  enthalten 
CWöhler).  Beim  Erhitzen  einer  Auflösung  von  Rohrzucker  mit  salpeter- 
saurem Silberoxid  schlägt  sich  ein  schwarzes  Pulver  nieder;  Quecksilber- 
und  Kupferchlorid  werden  davon  zu  Chlorür  reducirt,  aus  Goldchlorid 
wird  unter  denselben  Umständen  ein  rofhes  Pulver  gefällt. 

Leitet  man  Chlorgas  durch  eine  siedende  Zuckerauflösung,  so  tritt 
Zersetzung  ein,  es  entsteht  Salzsäure  und  eine  andere  nicht  kristallisirbare 
Säure  f&imonin) , Aepfelsäure?  (Chenecix).  (Diese  Zersetzung  ist  sehr  un- 
vollständig J.  i.)  Zuckerpulver  absorbirt  langsam  feuchtes  Chlorgas  und 
verwandelt  sich  in  eine  braune,  salzsäurebaltende,  zerfliefsliche  Materie 
unter  Entwickelung  von  Kohlensäure  ( [Priestley , Bouillon  Lagrange,  Vogel). 
Trocknes  Chlorgas  über  trocknen  Zucker  geleitet  verändert  ihn  nicht  fJ.  L.). 

Der  Zucker  dient  in  der  Haushaltung  zur  Conservation  von  vegetabili- 
schen und  animalischen  Stoffen,  deren  Selbstzersetzung  er  verhindert;  in 
der  Pharmacie  zur  Bereitung  von  Syrupen,  Latwergen  etc.  Mit  andern 
Speisen  genossen  ist  der  Zucker  nährend,  für  sich  allein  vermag  er,  bei 
der  Abwesenheit  alles  Stickstoffgehaltes,  das  Leben  nicht  zu  unterhalten 
(Magendie). 

Biot  hat  gefunden , dafs  ein  Strahl  polarisirten  Lichtes , wenn  er  durch 
eine  Zuckerauflösung  geht,  in  der  Polarisationsebene  eine  Aufeinander- 
folge von  Regenbogenfarben  zeigt,  wenn  man  sie  oach  Rechts  in  einer 
kreisförmigen  Drehung  erhält. 


Zuckerkalk,  793 

Der  Rohrzucker  bildet  mit  Alkalien } Bleioxid  und  Kochsalz  salzartig© 
Verbindungen. 

Der  Rohrzucker  löst  sich  sehr  wenig  in  kaltem,  in  80  Th.  siedendem 
Alkohol,  in  4 Th.  Weingeist  von  0,830  spec.  Gew.  Die  Auflösung  wird 
durch  Aether  gefällt. 


Verbindungen  des  Rohrzuckers  mit  Basen. 

Saccharate.  Die  Eigenschaft  des  Zuckers,  sich  mit  Alkalien  und  Me- 
talloxiden zu  verbinden , namentlich  seine  Fähigkeit,  in  seiner  Lösung 
eine  bei  weitem  gröfsere  Menge  Kalk  aufzunehmen,  als  wie  reines 
Wasser,  so  wie  die  Eigenschaften  seiner  Verbindungen,  sind  längst  be- 
kannt gewesen.  Die  Zusammensetzung  seiner  basischen  Verbindung  mit 
Bleioxid  wurde  durch  Berzelius  und  Peligot,  von  letzterem  die  seiner  Ba- 
ryt- und  Kalkverbindung,  ausgemittelt.  In  diesen  Verbindungen  tritt  an 
die  Stelle  des  einen  Atoms  Wasser,  welches  der  Zucker  enthält,  1 At. 
der  alkalischen  Basis;  die  unlösliche  basische  Bleiverbindung  enthält  2 At. 
Bleioxid. 

CI2  Hi  8 09  -4-  2aq  kristallisirter  Rohrzucker 
C12  H18  09  4-  Zuckerbaryt, 

Ci  2 ^ 8 09  4-  Zuckerkalk, 

C12  Hj  8 09  4-  SPbO  Zuckerbleio’xid. 

2C19  Hjg  09  4-  Zuckerkochsalz. 

Die  Verbindungen  des  Zuckers  mit  den  Alkalien  lösen  viele  schwere 
Metalloxide  wahrscheinlich  zu  Doppelverbindungen  auf,  von  denen  es  bis 
jetzt  nicht  gelungen  ist,  sie  in  kristallinischem  Zustande  zu  erhalten.  Die 
alkalischen  Salze  in  Auflösung  ziehen  an  der  Luft  mit  grofser  Schnelligkeit 
Kohlensäure  an,  wodurch  der  Zucker  in  Freiheit  gesetzt  wird  und  sein 
süfser  Geschmack  wieder  hervortritt.  Bei  üeberschufs,  von  Alkali  scheinen 
diese  Auflösungen  sich  bei  langem  Aufbewahren  zu  zerlegen.  Braconnot 
beobachtete,  dafs  eine  Auflösung  von  Zuckerkalk  nach  vier  Jahren  in 
einem  nicht  hermetisch  geschlossenen  Gefäfse  auf  bewahrt,  einen  weirsen 
Niederschlag  absetzte,  der  aus  kohlensaurem,  kleesaurem  Kalk  und  einem 
andern  Kalksalze  bestand,  dessen  Säure  nicht  kristallisirbar  ist,  von  sehr 
saurem  Geschmack,  welche  Bleisalze  in  weifsen,  in  freien  Säuren  lös- 
lichen Flocken  niederschlägt.  Kalkwasser  wird  ebenfalls  von  dieser  Säure 
gefällt,  der  Niederschlag  verschwindet  bei  Zusatz  von  üeberschufs  an 
Säure.  Braconnot  hält  diese  Säure  für  Aepfelsäure,  was  nicht  sehr  wahr- 
scheinlich ist.  Die  Flüssigkeit , aus  der  sich  die  genannten  Kalksalze  ab- 
gesetzt hatten,  enthielt  unkristallisirbaren  Zucker,  sodann  eine  andere 
Materie,  die  in  Verbindung  mit  Kalk  beim  Zusatz  von  Alkohol  als  schlei- 
mige Masse  gefällt  wird.  Zusatz  von  Schwefelsäure  fällt  daraus  Gyps 
unter  Entwickelung  von  Essigsäure.  Beim  Kochen  des  Zuckers  in  Kali- 
lauge färbt  sich  die  Auflösung  gelb  und  braun,  er  scheint  in  Traubenzucker 
überzugehen,  aus  welchem  das  Kali  durch  Entziehung  und  Ersetzung  von 
Wasser  durch  diese  Base,  eine  eigenthümliche  Säure  bildet,  die  von  Pe- 
ligot  Kalizucker  säure  genannt  wurde. 

Der  Zuckerstaub  absorbirt  4,93  p.  c.  trocknes  Ammoniakgas  und  ver- 
wandelt sich  in  eine  dichte , biegsame,  oberflächlich  kristallinisch  glänzende 
Masse , welche  nach  Ammoniak  riecht,  ( Berzelius .) 

Indig  mit  Zucker  und  Alkalien  in  Berührung  löst  sich  darin  zu  farb- 
losem ledig  auf,  während  ein  Theil  des  Zuckers  in  Ameisensäure  übergeht 
(Wühler).  & 

Zuckerkalk . Bei  Digestion  einer  Zuckerauflösung  mit  KaSkhydrat  in 
der  Wärme  erhält  man  eine  bitterlich  alkalisch  schmeckende  Flüssigkeit, 
Geiger* & Phirmacie.  I.  ( 5 te  Aufi. ) oi 


794 


Zucker 


welche  auf  100  Zucker  50  ( Daniell ),  56  Th.  ( Osann  ) Kalk  enthält. 
Beim  Erhitzen  zum  Sieden  trübt  sie  sich  und  gerinnt  zu  einem  gallertartigen 
Kleister , welcher  beim  Erkalten  wieder  flüssig  wird  ( Lausonne , Lowitz , 

Osann).  Der  Niederschlag  ist  neutraler  Zuckerkalk  (C12  H18  09  -+-  ^ 

Peligot') , enthält  14  p.  c.  Kalk,  und  kann  durch  siedendes  Wasser,  in 
welchem  er  unlöslich  ist,  ausgewaschen  werden.  Man  erhält  dieselbe  Ver- 
bindung durch  Fällung  der,  freien  Zucker  enthaltenden,  Auflösung  mit  Al- 
kohol. Die  Auflösung  des  Zuckerkalks  giebt  abgedampft  eine  gelbe  Masse 
von  muscheligem  Bruch;  der  Luft  ausgesetzt  bilden  sich  darin  regelmäfsige 
spitze  Rhomboeder  von  wasserhaltigem  kohlensaurera  Kalk  (Pelouze). 

Zuckerbaryt.  Beim  Mischen  einer  Auflösung  von  1 Th.  Baryt  in  3 Th. 
siedendem  Wasser  mit  einem  aus  2 Th.  Zucker  und  4 Th.  Wasser  berei- 
teten Zuckersyrup  erstarrt  die  Mischung  nach  einigen  Augenblicken  zu 
einem  kristallinischen  Brei,  dessen  Consistenz  sich  noch  vermehrt,  wenn 
er  an  einem  warmen  Orte  stehen  gelassen  wird.  Durch  Auswaschen  mit 
kaltem  Wasser,  wobei  Zutritt  von  Kohlensäure  zu  vermeiden  ist,  erhält 
man  die  Verbindung  nach  dem  Trocknen  in  Gestalt  von  kleinen,  glänzen- 
den, blätterigen,  weichen  Kristallen  von  dem  Ansehen  der  Boraxsäure; 
die  Auflösung  desselben  im  Wasser  reagirt  und  schmeckt  alkalisch;  Kohlen- 
säure und  alle  andere  Säuren,  indem  sie  die  Basis  neutraiisiren , stellen 
den  süfsen  Geschmack  des  Zuckers  wieder  her.  Peligot,  indem  er  bei  der 
Analyse  die  nach  dpr  Verbrennung  bei  dem  Baryt  rückbleibende  Kohlen- 
säure C Vi»  der  ganzen  Quantität)  nicht  in  Rechnung  zog,  gab  die  Formel 

C12  H18  09  -f-  für  seine  Zusammensetzung  an;  hiernach  sollte  die 

Verbindung  30,7  Baryt  und  29,5  Kohlenstoff  enthalten,  die  corrigirte 
Analyse  giebt  31,6  Baryt  und  30,58  Kohlenstoff,  woraus  die  Formel 

C12  Hi8  09  -+-  sich  ergiebt. 

Zuckerbleioxid;,  basisches.  Bleioxid  löst  sich  in  kochendem  Zucker- 
wasser auf,  aus  der  Auflösung  bildet  sich  bald  ein  weifser  Niederschlag, 
der  mit  kochendem  'Wasser  gewaschen  und  getrocknet  die  Verbindung  rein 
darstellt.  Die  Flüssigkeit,  aus  der  sie  sich  abgesetzt  hat,  enthält  eine 
andere  lösliche  Verbindung  des  Zuckers  mit  Bleioxid.  Eine  Auflösung  von 
Zucker  und  essigsaurem  Bleioxid,  mit  überschüssigem  Ammoniak  gemischt, 
läfst,  an  einem  warmen  Orte  in  einem  verschlossenen  Gefäfse  stehend, 
dieselbe  Verbindung  im  kristallinischen  Zustande  fallen.  Im  luftleeren 
Raume  getrocknet  enthält  die  Verbindung  58,26  p.  c.  Bleioxid  (nach  Berze- 
lius  0,39  p.  c.  mehr  als  die  Formel  C12H20  010  -+-2PbO  verlangt);  bei  160  — 
170°  verliert  diese  Verbindung  1 At.  Wasser.  Nach  Peligot  und  Berze- 
lius  ist  seine  Formel  alsdann  C12  üi8  09  -h  2PbO,  aber  nach  dem  Letzte- 
ren enthält  diese  Verbindung  keinen  Zucker  mehr,  sondern  Caramel.  Pe- 
ligot hat  aber  durch  wiederholte  Untersuchungen  bewiesen,  daf#  die  Blei- 
oxidverbindung schon  bei  100°  getrocknet  die  von  ihm  angegebene  Zusam- 
mensetzung besitzt,  und  dafs  man  selbst  aus  der  bei  170°  getrockneten 
Materie  kristallisirten  Zucker  darstellen  kann. 

Verbindung  des  Zuckers  mit  Salzen. 

Eine  Auflösung  von  1 Th.  Kochsalz  und  4 Th.  Zucker  setzt  bei  lang- 
samem Abdampfen  in  trockner  Luft  zuerst  Kristalle  von  Candiszucker  ab, 
zuletzt  erhält  man  aus  der  Mutterlauge  wrohlausgebildete  Kristalle  der 
Kochsalz  Verbindung ; sie  besitzen  einen  süfssalzigen  Geschmack  und  sind 
zerfliefslich  in  feuchter  Luft.  Peligot. 

Traubenzucker. 

Der  süfse  Geschmack  der  Weintrauben  und  der  meisten  Früchte , des 
Honigs  etc.  gehört  dieser  Zuckerart  an;  der  Traubenzucker  entsteht  als 


Traubenzucker. 


i 


795 


Transformationsprodukt  aus  dem  Rohrzucker,  der  Stärke  (Lowitz ) und  der 
Holzfaser  ( Braconnot ),  dem  Milchzucker  ( Vogel ) bei  Behandlung  derselben 
mit  Säuren,  aus  der  Stärke  in  der  von  selbst  erfolgenden  Zersetzung  des 
Stärkekleisters  (Saussure ) bei  Einwirkung  des  Weizenklebers  (Kirchhof), 
des  Malzes  auf  Stärke.  Als  Produkt  einer  Desorganisation  in  dem  Harn 
der  an  Diabetes  mellitus  Leidenden. 

Darstellung : 1)  Aus  Weintrauben.  Der  ausgeprefste  Saft  von  reifen 
Weintrauben  wird  mit  Kreide  neutralisirt,  durch  Eiweifs  geklärt  und  zur 
Kristallisation  abgedampft. 

2)  Aus  Rosinen  und  Honig.  Man  zieht  aus  den  zerriebenen  Rosinen 
oder  dem  Honig  durch  kalte  Behandlung  mit  starkem  Weingeist  den  leich- 
ter darin  löslichen  Scbleimzucker  aus,  preist  stark  aus,  löst  ihn  in  Was- 
ser, behandelt  die  Lösung  mit  Kreide,  klärt  mit  Eiweifs  und  kristallisirt. 
Der  Honig  scheint  den  Traubenzucker  in  einem  eigenthiimlichen  Zustande 
zu  enthalten;  in  den  BienenzelJen  selbst  an  einem  trocknen  Orte  auf- 
bewahrt bleibt  er  halbflüssig,  durchsichtig  und  fadenziehend;  wird  er  durch 
Schmelzung  mit  etwas  Wasser  von  dem  Wachse  getrennt,  so  gerinnt  die 
verdünnte  Flüssigheit  nach  einigen  Tagen  zu  einer  kristallinischen  Masse, 
deren  feste  Theile  Traubenzucker  sind. 

3)  Aus  dem  Harn  der  Harnruhrkranken.  Man  dampft  ihn  zur  Kri- 
stallisation ab,  wäscht  ihn  auf  einem  Filter  mit  kaltem  Weingeist,  löst  den 
farblosen  Rückstand  in  Wasser  und  kristallisirt  aufs  neue. 

4)  Aus  Milchzucker.  100  Theile  Milchzucker,  400  Th.  Wasser  und 
2 Th.  Schwefelsäure  werden  3 bis  4 Stunden  lang  in  einer  der  Siedhitze 
nahen  Temperatur  erhalten,  die  Schwefelsäure  wird  durch  kohlensauren 
Baryt  oder  Kalk  hinweggenommen,  die  klare  Flüssigkeit  zum  Syrup  ab- 
gedampft , wo  sie  nach  einigen  Tagen  kristallisirt. 

5)  Aus  Stärke,  a)  durch  Schwefelsäure.  Kleberfreie  Stärke  (am  be- 
sten Kartoffelstärke)  wird  mit  %0  bis  l/100  Schwefelsäurehydrat  und  4 
Wasser  6 bis  36  Stunden  lang  gekocht  unter  Erneuerung  des  verdampften 
Wassers;  unter  erhöhtem  Druck  (wodurch  die  Temperatur  der  Flüssigkeit 
steigt)  geht  die  Verwandlung  schneller  vor  sich  und  der  Zusatz  der  Schwe- 
felsäure kann  vermindert  werden.  Läfst  man  die  mit  Wasser  zum  dünnen 
Brei  angerührte  Stärke  in  die  kochende  verdünnte  Schwefelsäure  fliefsen, 
so  verlieft  sie  sehr  schnell  die  kleisterartige  Beschaffenheit,  die  sie  an- 
fänglich annimmt,  und  bei  grofsea  Massen  reicht  die  Verhinderung  der 
Abkühlung  hin,  um  nach  10  bis  12  Stunden  ruhigen  Stehens  die  Verwand- 
lung der  Stärke  in  Traubenzucker  zu  bewirken,  b)  Durch  Malz.  Ein 
Auszug  von  gekeimtem  Getreide  (Malz)  zu  Stärkekleister  gebracht,  be- 
nimmt ihm  nach  einigen  Augenblicken  seine  dickflüssige  gallertartige  Be- 
schaffenheit , bei  hinreichendem  Malz  geht  die  Verwandlung  in  Zucker  vor 
sich,  wenn  man  das  Gemisch  mehrere  Stunden  lang  bei  einer  Temperatur 
von  70  bis  75°  erhält;  auf  6 Th.  gekeimte  Gerste  erhält  man  im  Durch- 
schnitt 25  Th.  Traubenzucker.  Die  Verwandlung  der  Stärke  im  Trauben- 
zucker ist  als  vollendet  zu  betrachten,  wenn  die  Flüssigkeit  durch  lod 
keine  Farbe  mehr  annimmt  und  durch  essigsaures  Bleioxid  oder  Alkohol 
nicht  mehr  gefällt  wird. 

6)  Aus  Holzfaser.  Zu  12  Th.  Leinwand  oder  Papier  mischt  man  in 
kleinen  Portionen  17  Th.  Schwefelsäurehydrat  (Braconnot)  (oder  besser 
5 Th.  Schwefelsäure  und  1 Wasser  (Vogel)  aufs  innigste,  wobei  sorgfäl- 
tig Erhitzung  zu  vermeiden  ist , überläfst  die  zähe  klebrige  Masse  24  Stun- 
den sich  selbst,  löst  sie  sodann  in  vielem  Wasser,  kocht  10  Stunden  lang, 
neutralisirt  durch  Kreide,  filtrirt,  dampft  zum  Syrup  ein  und  läfst  kristal- 
lisiren. 

100  Th.  Stärke  liefern  104  bis  106  Th.  (Brunner),  110  (Saussure) 
100  Th.  Leinwand  114  (Braconnot),  115,70  (Guerin)  kristallisirten 
Traubenzucker.  Der  Rechnung  nach  sollten  100  Stärkmehl  durch  Auf- 
nahme von  4 At.  Wasser  geben  122,03  kristallisirten  Traubenzucker. 

Bildung  aus  Stärkmehl.  Aus  der  Vergleichung  der  Zusammensetzung 
der  Holzfaser , der  Stärke , des  Milchzuckers  und  des  Rohrzuckers  mit 
der  des  Traubenzuckers  ergtebt  sich , dafs  sie  von  dem  letzteren  nur  durch 


796 


Zucker. 


f 

einen  Mindergehalt  an  Wasser  oder  seinen  Bestandteilen  verschieden  sind. 
Addirt  man  zu  den  Elementen  der  Holzfaser  die  Elemente  von  6 Atomen, 
zu  denen  der  Stärke  die  Elemente  von  4 At.,  zu  der  Formel  des  kristal- 
linischen Milchzuckers  die  Elemente  von  2 , zu  der  des  Rohrzuckers  die 
Elemente  von  3 Atomen  Wasser , so  erhält  man  die  Formel  des  kristalli-\ 
sirten  Traubenzuckers.  Auf  welche  Weise  die  Verwandlung  der  Stärke 
durch  Malz  in  Traubenzucker  vor  sich  geht,  ist  unbekannt.  Was  die  Ver- 
wandlung der  Stärke  und  des  Holzes  in  Zucker  „durch  Schwefelsäure  be- 
trifft, so  scheint  sie  der  Bildung  des  Alkohols  aus  saurem  schvvefelsaurein 
Aethyloxid  ähnlich  zu  seyn.  Stärke  bildet  mit  Schwefelsäure  nach  Saus- 
sure eine  kristallinische,  nach  Guerin  eine  gummiartige  neutrale  Verbin- 
dung, die  sich  beim  Kochen  der  Auflösung  zerlegt  in  Traubenzucker  und 
freie  Schwefelsäure ; auf  eine  ähnliche  Art  verhält  sich  die  Holzfaser  zu 
derselben  Säure;  vor  dem  IJebergang  in  Zucker  verwandelt  sich  die  Stärke 
in  einen  gummiartigen  Körper,  welcher  von  Iod  nicht  blau  sondern  wein- 
roth  gefärbt  wird.  Der  aus  Stärke  bereitete  Traubenzucker  enthält  wech- 
selnde Mengen  Mannit.  ( [Fremg. ) Die  Bildung  des  Traubenzuckers  in  der 
zuckerigen  Harnruhr  scheint,  allen  Beobachtungen  zufolge,  in  einer  ge- 
wissen Beziehung  zu  den  stärkmehlhaltigen  Nahrungsmitteln,  dem  Brod  etc. 
zu  stehen , da  aber  Gallerte  (thierischer  Leim)  mit  Schwefelsäure  nach  den 
Versuchen  von  Gerhardt  ebenfalls  gährungsfäliigen  Zucker  liefert,  so  ist 
es  denkbar,  dafs  auch  Theile  des  Organismus  an  dieser  Verwandlung  mit- 
wirken  und  ebenfalls  in  Zucker  übergehen. 

Eigenschaften  : Aus  einer  weingeistigen  Auflösung  kristallisirt  der  Trau- 
benzucker in  farblosen  quadratischen  harten  Tafeln  oder  Würfeln  f Saus- 
sure eine  concentrirte  wässerige  Lösung  gerinnt  zu  einem  festen  Brei, 
welcher  aus  feinen  Körnern  besteht.  Aus  grofsen  Quantitäten  nicht  zu 
concentrirten  Syrups  setzen  sich  zuweilen  grofse,  halbkugelförmige,  harte 
Kristallmassen  ab,  welche  aus  feinen  concentriscli  gruppirten  Nadeln  be- 
stehen von  1,3861  spec.  Gewicht.  (Guerin.)  Der  Traubenzucker  löst  sich 
weniger  leicht  und  schnell  im  Wasser  und  sein  Geschmack  ist  in  Auflösung 
süfser  als  in  Substanz,  es  bedarf  2y2  Traubenzucker,  um  einem  gleichen 
Volumen  Wasser  die  Süfsigkeit  zu  geben,  die  es  von  1 Th.  Rohrzucker 
enthält;  bei  100°  verliert  er,  indem  er  schmilzt,  2 At.  Wasser  (9  p.  c.), 
über  140°  erhitzt  wird  er  in  Caramel  verwandelt.  Der  mit  Malz  aus 
Stärke  bereitete  Zucker  wird  bei  65°  weich,  bei  70°  teigig,  bei  90  bis 
100p  syrupartig  und  verliert  9,8  p.  c.  Wasser  f Guerin).  Der  Trauben- 
zucker lost  sich  in  1 1/2  kaltem,  in  jedem  Verhältnis  in  kochendem, Was- 
ser zu  einem  Syrup  auf,  welcher  nie  die  Consistenz  des  Rohrzuckersyrups 
annimmt;  er  löst  sich  schwierig  in  kaltem,  bei  25°  C.  in  8 Th.  Weingeist 
von  85  p.  c.  und  in  20  Th.  Alkohol;  aas  der  heifsen  Auflösung  setzt  sich 
beim  Erkalten  der  Zucker  grofsentheils  ab  in  körnigen  Kristallen,  welche 
Alkohol  in  chemischer  Verbindung  enthalten.  Sein  Verhalten  gegen  Säu- 
ren und  Alkalien  unterscheidet  ihn  wesentlich  von  dem  Rohrzucker.  Wäh- 
rend der  letztere  durch  concentrirte  Schwefelsäure  verkohlt  und  durch 
Erwärmen  mit  etwas  verdünnter  Säure  in  eine  braune  unlösliche  Materie 
verwandelt  wird,  löst  sich  der  Traubenzucker  in  concentrirter  Schwefel- 
säure mit  schwach  gelblicher  oder  bräunlicher  Farbe  auf,  und  bildet  damit 
eine  Verbindung,  welche  von  Barytsalzen  nicht  gefällt  wird  ( Zucker- 
schwefelsäure). Alkalien  hingegen , welche  in  verdünnten  Auflösungen  die 
Farbe  einer  Rohrzuckerauflösung  selbst  beim  Sieden  nur  nach  und  nach 
ändern,  bewirken  beim  Erhitzen  mit  Traubenzucker  augenblicklich  die  Ent- 
stehung einer  braunen  oder  braunschwarzen  Materie,  in  die  sich  bei  An- 
wendung von  Kalihydrat  die  ganze  Quantität  des  Traubenzuckers  ver- 
wandelt. 

Verbindungen  mit  Baryt,  Kalk  und  Bleioxid  lassen  sich  mit  Trauben- 
zucker nur  schwierig  hervorbringen , mit  Kochsalz  geht  er  hingegen  leich- 
ter, wie  der  Rohrzucker,  eine  kristallinische  Verbindung  ein. 


Traubenzucker, 


797 


Werbindunyen  des  Traubenzuckers. 

Der  Traubenzucker  verbindet  sich  mit  Kochsalz  zu  einer  in  schönen, 
regelmäfsigen,  sechsseitigen  Doppelpyramiden  anschiefsenden  Verbindung, 
der  einzigen  von  diesem  Körper,  deren  Zusammensetzung  man  mit  einiger 
Gewifsheit  kennt.  Zu  ihrer  Darstellung  sättigt  man  eine  mäfsig  concen- 
trirte  Auflösung  von  Traubenzucker  mit  Kochsalz  und  läf.st  sie  langsam 
verdampfen;  im  Anfang  kristallisirt  Kochsalz,  zuletzt  entstehen  auf  dem 
Boden  des  Gefäfses  Kristalle  der  erwähnten  Verbindung,  die  sich  leicht 
an  ihrer  Form  und  Härte  erkennen  lassen,  sie  werden  durch  neue  Kristal- 
lisationen rein  erhalten;  sie  sind  farblos,  durchsichtig,  leicht  zu  pulvern, 
lösen  sich  leicht  in  Wasser,  die  Auflösung  schmeckt  salzig  söfs,  sie  sind 
sehr  schwer  in  OGprocentigem  Alkohol  löslich  {Brunner).  Nach  den  neue- 
sten Analysen  von  Peligot , Erdmann , Lehmann  und  Brunner  enthalten  die 
Kristalle  Wasser,  was  sie  bei  100°  (bei  140°  Peligot ) vollständig  verlie- 
ren, der  Verlust  entspricht  nach  E.  und  L.  2 Atomen  (4,337  p.  c.),  nach 
Peligot  3 Atome  ((>,1  p.  c.).  Die  Formel  der  kristallisirten  Verbindung  ist 
2C12  H24  Ol2,  NaCl2 , 2aq,  die  des  bei  100°  getrockneten  nach  E.  und  L. 
2C12  H24  013,  NaCJ2,  nach  Peligot  bei  1 (SO0  C24  H46  025  , NaCI3,  aber  nach 
Erdmann  bleibt,  bei  dieser  Temperatur  getrocknet,  in  der  aus  Harnzucker, 
Stärkezucker  und  Rosineuzucker  bereiteten  Verbindung  kein  Zucker  mehr 
zurück  , -sondern  eine  veränderte  Materie. 

Eine  Verbindung  von  Traubenzucker  mit  Bleioxid  erhält  man,  wenn 
man  eine  mit  Ammoniak  versetzte  Auflösung  von  essigsaurem  Bleioxid  mit 
einer  wässerigen  Zuckerlösung,  letztere  im  Ueberschufs , vermischt;  es 
bildet  sich  ein  Niederschlag,  der  anfänglich  wieder  verschwindet,  zuletzt 
aber  constant  wird:  Die  Bleioxidverbindung  wird  gewaschen  und  bei  ge- 

wöhnlicher Temperatur  ini  luftleeren  Raume  getrocknet.  Wird  sie  auf  150° 
in  der  Leere  erhitzt,  so  verliert  sie  ihre  weifse  Farbe  und  wird  gelblich 
{Peligot).  Erwärmt  man  Bleioxid  mit  Traubeuzuckerauflösung,  so  wird 
davon  eine  beträchtliche  Menge  gelöst,  eine  basische  Verbindung  bildet 
sich  nur  schwierig,  sie  kann  selbst  in  der  Flüssigkeit  nicht,  ohne  braun  zu 
werden,  zum  Sieden  erhitzt  werden.  100  Th.  Traubenzucker  verlieren 
hierbei  11,14  p.  c.  Wasser,  allein  der  Rückstand  besafs,  obwohl  die 
Temperatur  nicht  über  60°  stieg,  eine  braune  Farbe  und  roch  nach  Cara- 
mel  {Berzelius).  Dieser  Verlust  beträgt  auf  2 At.  kristallisirten  Zucker 
5 Atome  Wasser  (11,3).  Nach  Peligot  besitzt  die  nach  seiner  Methode 
dargestellte  und  bei  150°  getrocknete  Verbindung  folgende  Zusammen- 
setzung: C24H42  021,  6PI>0,  wonach  der  kristallisirte  Zucker  7 At.  Was- 
ser verliert , indem  er  6 At.  Bleioxid  aufnimmt.  Allein  die  von  Peligot 
erhaltenen,  Resultate  (66,0  — 66,4  Bleioxid,  14,1  Kohlenstoff  und  2,1 
Wasserstoff)'  stimmen  genauer  noch  mit  der  Formel  C12  H22  0X1  -4-  3PbO, 
als  mit  der  von  ihm  gewählten.  Es  ist  hieraus  klar,  dals  der  Trauben- 
zucker in  dieser  Bleiverbindung  dieselbe  Zusammensetzung  besitzt  wie  der 
kristallisirte  Rohrzucker,  und  dafs  die  Bleiverbindung  entsteht,  indem  3 
Atome  Wasser  in  dem  kristallisirten  Traubenzucker  ersetzt  werden  durch 
ihre  Aequivalente  au  Bleioxid. 

Kalk  und  Baryt  lösen  sich  leicht  und  in  beträchtlicher  Menge  in  einer 
Auflösung  von  Traubenzucker,  deren  Siifsigkeit  dadurch  vermindert  wird; 
sie  reagiren  alkalisch  und  bräunen  sich  äusserst  leicht  in  erhöhter  Tempe- 
ratur. Setzt  man  soviel  Kalk  zu  Traubenzucker  bis  die  Siifsigkeit  ver- 
schwunden ist,  so  erhält  man  beim  gelinden  Abdampfen  eine  weiche  kle- 
brige Masse,  die  sich  in  Alkohol  löst;  bei  überschüssigem  Kalk  entsteht 
eine  basische  lösliche  Verbindung,  die  von  Alkohol  in  weilsen  käsigen 
Flocken  gefällt  wird;  mit  Alkohol  gewaschen  bildet  sie  eine  weifse  Masse, 
die  an  der  Luft  durch  Anziehung  von  Feuchtigkeit  durchscheinend  wird, 
nach  völligem  Austrockuen,  wobei  sie  leicht  gebräunt  wird,  enthält  sie 
24,26  p.  c.  Kalk.  Diese  entsprechen  sehr  nahe  2 Atomen  Kalk,  die  bei 
ihrer  Verbindung  mit  dem  Zucker  2 At.  Wasser  ersetzt  haben  (100  Th. 
sollten  hiernach  geben  23,89  Kalk).  Mit  Kohlensäure  zersetzt  liefert  diese 
Verbindung  wieder  unveränderten  Zucker. 


798 


Zucker. 


Vermischt  mau  nach  Peligot  Auflösungen  von  Baryt  und  Zucker  in 
verdünntem  Holzgeist , so  entsteht  ein  weifser  flockiger  Niederschlag , wel- 
cher mit  stets  concentrirterem  Holzgeist  gewaschen,  geprefst  und  im  luft- 
leeren Raume  über  concentrirter  Schwefelsäure  und  gebranntem  Kalk  ge- 
trocknet , ein  weifses  sehr  poröses  Pulver  darstellt.  Bei  Gegenwart  von 
Wasser  wird  die  Verbindung  beim  Trocknen  braun.  Bei  gewöhnlicher 
Temperatur  getrocknet  ist  die  Zusammensetzung  derselben  unbekannt;  bei 
100°  wird  sie  gelblich  und  enthält  alsdann  38  — 37  p.  c.  Baryt.  Nach  der 
Voraussetzung  von  Peligot  ist  ihre  Formel  folgende:  C24  HS6  02S , 3BaO, 
nemlich  eine  Verbindung  von  3 At  kristallisirtem  Zucker,  der  seinen  gan- 
zen Wassergehalt  behalten  hat;  mit  3 At.  Baryt;  eine  Zusammensetzung; 
die  in  so  fern  unwahrscheinlich  ist;  da  der  Zucker  für  sich  schon  bei  100° 
Wasser  verliert.  Die  Verbrennungen  mit  Kupferoxid  gaben  33,1  bis  33,9 
p.  c.  Kohlenstoff  und  4,1  bis  4,6  Wasserstoff,  zu  der  angegebenen  Menge 
Kohlenstoff  ist  derjenige  nicht  hinzugerechnet  worden,  welcher  in  Verbin- 
dung mit  dem  Baryt  nach  der  Verbrennung  zurückblieb. 

Ueber  die  Identität  der  unter  dem  Namen  Traubenzucker  ver- 
einigten Zuckerarten. 

Obwohl  die  Gleichheit  in  der  Zusammensetzung  und  den  chemischen 
Eigenschaften  der  unter  dem  Namen  Traubenzucker  vereinigten  Zucker- 
arten allgemein  angenommen  wird,  so  ist  doch  nicht  unbemerkt  zu  lassen, 
dafs  die  Angaben  einiger  Chemiker  mit  dieser  Voraussetzung  im  Wider- 
spruche stehen.  Die  Formel  des  im  trocknen  luftleeren  Raume  getrockne- 
ten diabetischen  Zuckers  ist  naeh  Peligot  und  Prout  C12  H23  014.  Der  aus 
Malz  und  Stärke  bereitete  Zucker  verliert  hingegen  nach  Guerin  Varry 
unter  denselben  Umständen  3 Atome  Wasser  und  wird  zu  C12  H24  012. 
Alle  Beobachter  stimmen  darin  überein,  dafs  der  aus  Stärke  mit  Schwefel- 
säure bereitete  Zucker  sowie  der  Honig  und  Malzzucker  vor  dem  Siede- 
punkte des  Wassers  schmelzen  und  Wasser  verlieren.  Die  Formel  C12H28014 
mufs  sich  hiernach  ändern,  allein  Saussure  fand,  dafs  der  kristallisirte 
Traubenzucker  bei  100°  getrocknet  dieser  Formel  entspreche,  dafs  mithin 
kein  Wasserverlust  stattfinde. 


Zucker  Schwefelsäure. 

Entdeckt  von  Peligot.  Schmilzt  man  Stärkezucker  im  Wasserbade 
und  mengt  die  geflossene  Masse  mit  concentrirter  Schwefelsäure , welche , 
um  die  heftige  Erhitzung  zu  vermindern,  in  kleinen  Portionen  unter  be- 
ständiger Abkühlung  zugesetzt  werden  mufs,  so  vereinigen  sich  beide  mit 
einander  zu  einer  bei  unreinem  Zucker  oder  zu  grofser  Erhitzung  gefärb- 
ten Verbindung.  Löst  man  sie  im  Wasser  und  sättigt  sie  mit  kohlensau- 
rem Baryt,  so  fällt  schvvefelsaurer  Baryt  zu  Boden  und  zuckerschwefel- 
saurer Baryt  bleibt  aufgelöst.  Durch  Zusatz  von  basisch  essigsaurem  Blei- 
oxid zu  dieser  Flüssigkeit  erhält  man  anfänglich  einen  gefärbten  Nieder- 
schlag, den  man  absondert,  nach  diesem  einen  andern  Niederschlag,  der 
bei  170°  getrocknet  nach  der  Formel  C24  H40  020  , S03 , 4PbO  zusammen- 
gesetzt ist.  In  Wasser  zertheilt  und  durch  Schwefelwasserstoffsäure  zer- 
setzt, erhält  man  die  Zuckerschwefelsäure  als  eine  siifssaure  Flüssigkeit, 
welche  die  blauen  Pflanzenfarben  röthet,  Barytsalze  nicht  fällt  und  mit 
fast  allen  Basen  lösliche  Salze  bildet.  Durch  gelinde  Erwärmung  und  Ab- 
dampfen, selbst  in  der  Leere  bei  gewöhnlicher  Temperatur  wird  sie  zer- 
setzt in  Zucker  und  freie  Schwefelsäure,  welche  die  Barytsalze  fällt, 
iPeligot). 

Die  Verbindungen  des  Traubenzuckers  sind  hiernach: 

3Ci2  Hao  O10  in  der  Zuckerschwefelsäure. 

3C12  H20  010  -4-  63aq°(  in  der  B,eiverbindun& 


Constitution  der  Saccharate. 


T99 


n . NaCl2)  in  der  bei  100°  getr°ckneten  Kochsalz- 
2Cia  H20  G10  •+•  4aq  £ Verbindung. 


3BaO ) , 


ac13  h10  o„  + °8“rf 


in  der  ßarytverbindung?  ( Peligot .) 


2Cia  H20  010 
SC12  H20  010 


8aq  kristallisirt. 

4aq  getrocknet  bei  100°. 


lieber  die  Constitution  der  Verbindungen  der  Zuckerarten 
mit  Basen. 

Peligot  und  andere  Chemiker  betrachten  den  Trauben-  und  Rohrzucker 
als  einen  Körper,  der  sich  gegen  Basen  wie  eine  Säure  verhält,  die  Ver- 
bindungen selbst  als  Salze.  Gegen  die  saure  Natur  des  Zuckers  wendet 
Graham  ein,  dafs  es  keine  Säure  gebe,  welcher  die  Fähigkeit  abgehe  mit 
Kali  und  Natron  Salze  zu  bilden,  eine  Fähigkeit,  die  den  Zuckerarten 
mangele;  er  hält  es  fiir  wahrscheinlicher,  dafs  der  Zucker  ein  wasserhal- 
tiger, den  Salzen  analoger  Körper  sey,  in  dem-  sich  das  nicht  als  Kri- 
stallwasser gebundene  Wasser  durch  Bleioxid,  Kalk  und  Baryt  ersetzen 
lasse,  indem  sie  in  basische  Salze  übergehen;  Kali,  Natron  und  Silberoxid 
vertreten  in  sauren  Verbindungen  hingegen  stets  nur  dasjenige  Wasser, 
welches  darin  die  Rolle  einer  Baste  spielt,  daher  es  keine  basischen  Salze 
dieser  Oxide  giebt,  und  dies  erklärt,  warum  sie  keine  Verbindungen  mit 
den  Zuckerarten  bilden.  ObwTohl  sich  diese  Ansicht  iin  Allgemeinen  nicht 
als  begründet  ansehen  läfst,  indem  es  viele  Körper  giebt,  wäe  Allantoin 
und  andere,  welche  die  Fähigkeit  besitzen,  Verbindungen  mit  Silberoxid 
einzugeben,  ohne  mit  Kali,  Natron,  Baryt  etc.  Salze  zu  bilden,  so  giebt 
die  Eigenschaft  der  Zuckerarten,  mit  Kochsalz  Verbindungen  zu  bilden, 
welche  den  Doppelsalzen  analog  sind , dieser  Ansicht  nichts  desto  weniger 
ein  besonderes  Gewicht.  Wollte  man  diese  Verbindungen  als  Salze  gel- 
ten lassen,  so  müfste  mit  demselben  Rechte  der  Holzgeist, als  Säure  be- 
trachtet Werden,  denn  er  verbindet  sic.h  wie  der  Zucker  mit  Baryt  und 
Kalk  und  geht  eine  Verbindung  ein  mit  Chlorcalcium. 

ln  Beziehung  auf  die  Constitution  der  verschieden#)  Zuckerarten  ver- 
dient bemerkt  zu  wrerden,  dafs,  wie  Biot  entdeckte,  ein  Strahl  polarisir- 
teu  Lichtes,  wenn  er  durch  eine  Rohrzuckerauflösung  geht,  in  der  Pola- 
risationsebene eine  Aufeinanderfolge  von  Regenbogenfarben  zeigt,  w^enn 
sie  nach  Rechts  eine  kreisförmige  Drehung  erhält,  dafs  der  unkristallisir- 
bar  gewordene  Rohrzucker  und  der  Zucker  in  dem  Traubensaft,  welche 
beide  vollkommen  gährungsfähig  sind , diese  Farben  bei  einer  Drehung 
nach  Links  zeigen , dafs  der  kristallisirte  Traubenzucker , Stärkezucker 
und  diabetische  Zucker  dieselbe  Eigenschaft  wie  der  kristallisirte  Rohr- 
zucker zeigen,  obwohl  die  Intensität  der  Farben  geringer  ist,  dafs  die 
beginnende  Gährung  in  dem  Trauben-,  Stärke-  und  diabetischen  Zucker 
diese  Eigenschaft  nicht  ändert,  während  unter  denselben  Umständen  bei 
dem  Rohrzucker  die  Farben  bei  einer  Drehung  nach  Rechts  nicht  sichtbar 
sind,  sondern  erst  in  der  Polarisationsebene  erscheinen,  wenn  sie  eine 
Drehung  nach  Links  erhält. 


Transformationen  und  Zersetzungsprodukte  des  Rohr - und 
Traubenzuckers. 

Es  ist  früher  erwähnt  worden,  dafs  der  Rohrzucker  für  sich  in  der 
wässerigen  Auflösung  lange  Zeit  hindurch  einer  höheren  Temperatur  aus- 
gesetzt, noch  schneller  beim  Kochen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  in 
Traubenzucker  übergeht,  der  sich  mit  Schwefelsäure  zu  verbinden  yer- 
mag,  und  es  ist  höchst  wahrscheinlich,  dafs  die  Veränderung,  welche 
kochender  Rohrzuckersyrup  erleidet , wenn  demselben  selbst  kleine  Men- 
gen organischer  Säuren  zugesetzt  werden , auf  derselben  Ursache  beruht, 
dafs  sich  hierbei  Traubenzucker  bildet,  welcher  die  Fähigkeit  besitzt,  mit 
den  zugesetzten  Säuren  sich  zu  verbinden.  Diese  neuen  Verbindungen 
besitzen  den  süfsen  Geschmack  des  Zuckers  und  die  Eigenschaft,  durch 


800 


Zuoker, 


Zusatz  von  Hefe  in  Gährung  überzugehen  , allein  sie  sind  unkristallisirbar, 
werden  bei  starker  Concentration  in  der  Wärme  nach  der  Abkühlung  fest, 
und  diese  feste  Masse  zerfliefst  an  der  Luft  zu  einem  Syrup.  Weinsäure, 
Kleesäure,  Citronsäure,  Aepfelsäure,  Chinasäure,  selbst  Essigsäure,  ge- 
hen in  dieser  Weise  Verbindungen  mit  dem  Zucker  ein  und  können  davon 
durch  Alkalien  nicht  mehr  getrennt  werden  , sie  rauben  dem  Zucker  seine 
Kristallisirbarkeit.  Die  Existenz  dieser  Verbindungen  ist  die  Ursache,  dafs 
man  aus  süfsen  Pflanzensäften,  welche  eine  saure  Reaction  besitzen,  kei- 
nen kristallisirbaren  Zucker  erhält,  bei  dem  Abdampfen  liefern  sie  einen 
Syrup,  der  bis  auf  die  Abwesenheit  der  Fähigkeit,  regelmäfsige  feste 
Formen  anzunehmen,  alle  Eigenschaften  der  Zuckerarten  besitzt.  Man 
hat  diesen  Syrup  als  eine  eigene  Zuckerart  betrachtet  und  demselben  den 
Namen  Schleimzucker  gegeben  (Melasse),  allein  es  müfs  als  gewifs  betrach- 
tet werden,  dafs  er  keine  eigenthümliche  Art  ausmacht,  sondern  eine 
Verbindung  des  gewöhnlichen  Zuckers  oder  ein  Produkt  der  Einwirkung 
fremder  Materien  ist.  Der  bei  dem  Raffiniren  des  Rohrzuckers  abfallende 
Syrup  enthält  Zersetzungsprodukte  des  Zuckers,  welche  durch  Alkalien 
entstehen. 

a)  Zersetzungsprodukte  des  Zuckers  durch  Säuren.  Eine  Auflösung 
von  Rohrzucker  kalt  mit  verdünnter  Schwefelsäure  stehen  gelassen  ver- 
wandelt sich  vollständig  in  Traubenzucker,  die  concentrirte  Säure  verkohlt 
ihn  unter  einer  sehr  energischen  Einwirkung.  Der  Traubenzucker  kann, 
wie  schon  bemerkt,  mit  concentrirter  Schwefelsäure  zusammengerieben 
werden,  ohne  sich  zu  schwärzen  , es  ist  hieraus  klar,  dafs  die  Zersetzung 
durch  Schwefelsäure  erfolgt,  ehe  er  die  Verwandlung  in  Traubenzucker 
erlitten  hat.  Concentrirte  Salzsäure  verhält  sich  wie  die  Schwefelsäure, 
mehr  verdünnte  damit  zum  Sieden  erhitzt  verwandelt  ihn  in  eine  feste,  gal- 
lertartige, braune  Masse,  welche  im  Wasser  sehr  wenig  mit  brauner  Farbe 
löslich  ist  und  durch  Waschen  mit  Wasser  rein  erhalten  werden  kann.  Dieser 
Körper  hat  einerlei  Ansehen  und  Beschaffenheit,  gleichgültig  .bei  welcher 
Temperatur  oder  durch  welchen  Concentrationsgrad  der  Säure  er  erhalten 
wurde,  allein  seine  (Rheinische  Zusammensetzung  ist  höchst  verschieden.  Durch 
Auflösung  des  Zuckers  in  verdünnter  Salzsäure  (1  Th.  Salzsäure,  1 Th. 
Wasser)  beim  Sieden  erhalten,  stellt  er  getrocknet  ein  leichtes  braunes 
oder  braunschwarzes  Pulver  dar,  welches  bei  140°  getrocknet  nach  dbr 
Formel  C24  H22  09  (gefunden  64,1  Kohlenstoff,  4,70  Wasserstoff  (Nfem) 
zusammengesetzt  ist.  Durch  Kochen  des  Zuckers  mit  sehr  verdünnter 
Schwefelsäure  erhält  man  zwei  dem  Ansehen  nach  gleiche  Substanzen, 
welche  von  Boullay  und  Malaguti , die  sich  mit  ihrer  Untersuchung  be- 
schäftigten, als  identisch  mit  dem  TJlmin  und  Ulmsäure  angesehen  und 
demgemäfs  mit  demselben  Namen  benannt  wurden,  allein  höchst  wahr- 
scheinlicher Weise  haben  beide  mit  dor  Materie,  die  aus  vermodertem 
Holze  entsteht,  nur  die  Farbe  gemein.  Die  eine  dieser  Substanzen  löst 
sich  in  Ammoniak  und  Alkalien , die  andere  ist  darin  unlöslich ; die  letz- 
tere bezeichnen  wir  mit  Sachulmin , die  andere  mit  Sachulmsäure. 

Das  Sachulmin  setzt  sich  bei  langem  Kochen  einer  Auflösung  von 
Zucker  in  sehr  verdünnter  Schwefel-,  Salpeter-  oder  Salzsäure  ab,  (10 
Zucker,  30  Wasser  und  1 Schwefelsäure)  in  Gestalt  von  braunen,  glän- 
zenden, dem  Ansehen  nach  kristallinischen  Füttern , es  ist  stets  mit  Sach- 
ulmsäure gemengt,  von  der  man  es  durch  Behandlung  mit  Ammoniak  trennt, 
in  dem  das  Sachulmin  nicht  löslich  ist.  Die  Sachulmsäure  löst  sich  in  Al- 
kalien und  Ammoniak  mit  brauner  Farbe  und  wird  daraus  durch  Säuren 
in  braunen  Flocken  niedergeschlagen;  mit  den  alkalischen  Erden  und  Me- 
tallsalzen bilden  diese  Auflösungen  braune  Niederschläge;  getrQcknet  stellt 
sie  ein  braunes,  glanzloses  Pulver  dar,  welches  unlöslich  ist  in  Alkohol 
und  Aether;  bei  langem  Sieden  mit  Wasser  verwandelt  sie  sich  in  Sach 
ulmin  d.  h.  sie  verliert  ihre  Löslichkeit  in  Alkalien,  ohne  ihre  Zusammen- 
setzung zu  ändern.  Malaguti  erhielt  durch  ihre  Analyse  in  100  Theilen 
57,48  Kohlenstoff,  476  Wasserstoff  und  37,67  Sauerstoff , was  der  For- 
mel 02  Hj  O entspricht.  Boullay  gelangte  zu  derselben  Formel. 


Gl  ucinsäur  e. 


801 


Mit  Sachulmsäure  gesättigtes  Ammoniak  giebt  mit  Silber-  und  Kupfer- 
oxidsalzen und  cssigsaurem  Bleioxid  braune  Niederschläge,  die  sich  beim 
Waschen  mit  reinem  Wasser  nicht  in  salzhaltigem  ( Do  ullag')  lösen;  ist 
hingegen  das  Alkali  bei  der  Fällung  vorherrschend,  so  sind  die  Nieder- 
schläge beständig.  Nach  Buullaij’s  Analyse  enthält  der  Silbcrniederschlag 
mit  einer  gesättigten  Lösung  von  Sachulmsäure  in  Kali  bereitet,  28,57, 
nach  Malaguti  24,5  — 24,1  Silberoxid,  der  Kupferniederschlag  10—11 
p.  c.  Kupferoxid  , woraus  sich  fiir  das  Atomgewicht  der  Sachulmsäure  die 
Zahl  4061  und  ihr  zufolge  die  Formel  C30  H50  01S  ergiebt.  Hiernach  würde 
diese  Substanz  sich  mit  Oxiden  verbinden  ohne  ein  Aequivalect  Wasser 
abzugeben.  Ob  die  Materie  in  diesen  Niederschlägen  in  ihrer  Zusammen- 
setzung mit  der  Säure  selbst  übereinstimmt,  ist  nicht  untersucht. 

Wird  nach  Malaguti  eine  Auflösung  von  Zucker  in  verdünnter  Schwe- 
felsäure in  offenen  Gefäfsen  mehrere  Tage  lang  gekocht,  so  wird  Sauer- 
stoff aus  der  Luft  aufgenommen,  es  entsteht  neben  den  ebenerwähnten 
Produkten  Ameisensäure;  20  Th.  Hohrzucker,  60  Th.  Wasser  und  1 Th. 
Schwefelsänrehydrat  lieferten  nach  geständigem  Sieden  6,50  Sachulinin 
und  Sachulmsäure  und  2,236  wasserfreie  Ameisensäure,  bei  Abschlufs  der 
Luft  findet  die  Bildung  von  Ameisensäure  nicht  statt. 

Eine  Auflösung  von  Zucker  in  Schwefelsäure,  die  mit  4 Th.  Wasser 
verdünnt  ist,  verwandelt  sich  beim  Sieden  vollständig  in  eine  braune  Ma- 
terie und  in  eine  reichliche  Menge  Ameisensäure,  welche  iiberdestillirt. 
Die  ßilduug  der  letzteren  findet  statt  bei  völligem  Abschlufs ' der  Luft. 

b)  Durch  Alkalien . Rohrzucker  kann  in  Kalilauge,  Baryt  und  Kalk- 
wasser gelöst  und  zum  Sieden  ^erhitzt  werden,  ohne  dafs  die  Farbe  der 
Flüssigkeit  sich  ändert;  wird,  er  aber  in  diesem  Zustande  sehr  lange  einer 
höheren  Temperatur  ausgesetzt,  so  färbt  sich  die  Flüssigkeit  braun;  es 
entsteht,  wenn  dies  bei  Zutritt  der  Luft  vorgenommen  wird,  durch  Sauer- 
stoffaufuahme , Ameisensäure  (Malaguti),  die  mit  dem  Alkali  sich  verbin- 
det, und  zwei  neue  von  Peligut  entdeckte  Säuren,  wovon  die  eine  dun- 
kelbraun und  im  Wasser  unlöslich,  die  andere  farl^jps  und  an  der  Luft 
zerfliefslich  ist;  die  erstere  bezeichnet  Dumas  mit  Melasinsäure,  die  andere 
mit  Glucinsäure.  Es  ist  höchst  wahrscheinlich,  dafs  in  diesem  Fall  der 
Rohrzucker  sich  in  Traubenzucker  verwandelt,  welcher  durch  Alkalien 
diese  Veränderungen  leicht  und  schnell  erleidet. 

Glucinsäure.  Diese  Säure  bildet  sich  aus  Traubenzucker,  wenn  eine 
mit  Kalk  oder  Baryt  gesättigte  Lösuug  desselben  in  einem  verschlossene^ 
Gefäfse  sich  selbst  überlassen  wird.  Nach  einigen  Wochen  hat  die  Flüs- 
sigkeit ihre  alkalische  Reaction  verloren  und  die  Basen  ‘können  durch  einen 
Strom  Kohlensäure  nicht  mehr  abgeschieden  werden.  Versetzt  man  diese 
Auflösungen  mit  basisch  essigsaurem  Bleioxid  , so  erhält  man  e*inen  weifsen 
voluminösen  Niederschlag,  welcher  durch  Schwefelwasserstoffsäure  zer- 
setzt, die  Säure  in  Verbindung  mit  Wasser  liefert.  Sie  ist  ausserordent- 
lich löslich  und  stellt  im  luftleeren  Raume  getrocknet  eine  nicht  kristalli- 
nische, dem  Gerbstoff  ähnliche,  Masse  dar;  sie  zieht  mit  Begierde  Wasser 
aus  der  Luft  au,  die  Lösung  schmeckt  deutlich  sauer  und  röthet  die  Pflan- 
zenfarben, alle  ihre  neutralen  Salze  scheinen  löslich  zu  seyn,  bis  auf  das 
basische  Bleisalz,  aus  welchem  sie  abscheidbar  ist.  Nach  der  Analyse 
von  Peligot,  welche  der  Bestätigung  bedarf,  enthält  das  Bleisalz  69,3  bis 
70,5  Bleioxid,  14,2  bis  14,8  Kohlenstoff  und  1,9  Wasserstoff,  woraus 
sich  folgende  Formel  berechnet:  C24  Hä0  01S  -+•  6PbO , oder  im  hypothe- 
tisch wasserhaltigen  Zustande  C34  H30  01S  6 aq.  Die  Säure  in  diesem 

Salze  würde  sich  hiernach  bilden  indem  sich  von  2 At.  Traubenzucker  die 
Elemente  von  7 Atomen  Wasser  abscheiden.  Da  aber  das  Bleisalz  offen- 
bar mehr  Basis  enthält  als  dem  neutralen  Salze  entspricht,  so  ist  es  mög- 
lich, dafs  der  Säure  im  wasserhaltigen  Zustande  die  Formel  C2i  H3ü  01S  -4- 
3aq  oder  3(C8H1003  ■+•  aq)  angehört.  Das  als  Basis  functionirende  Wasser 
hinzugerechnet , trennen  sich  bei  ihrer-Bildung  von  2 At.  Zucker  die  Ele- 
mente von  10  At.  Wasser. 


802 


Zucker. 


Melasinsäure.  Diese  Säure  erzeugt  sich  aus  dem  Traubenzucker  bei 
der  Einwirkung  von  Alkalien  in  der  Wärme.  Mischt  man  eine  warm  ge- 
sättigte Lösung  von  Barythydrat,  Kali-  oder  Natronlauge  mit  geschmolze- 
nem Traubenzucker,  so  löst  er  sich  mit  heftiger  Wärme  und  Wasser- 
dampfentwickelung auf,  die  Mischung  nimmt  eine  braune  Farbe  an,  die 
bei  fortgesetzter  Erhitzung  noch  dunkler  wird ; es  entsteht  anfänglich  Glu- 
cinsäure , als  deren  Zersetzungsprodukt  Melasinsäure  auftritt.  Die  tief- 
braune  wässerige  Lösung  läfst,  mit  überschüssiger  Salzsäure  versetzt,  die 
Melasinsäure  in  Gestalt  eines  schwarzen  flockigen  Absatzes  fallen,  wel- 
cher anfänglich  mit  sehr  verdünnter  Salzsäure,  zuletzt  mit  Wasser  aus- 
gewäschen  rein  erhalten  wird.  Durch  die  Analyse  dieser  Materie  erhielt 
Peligot  63  bis  63,9  Kohlenstoff,  5,3  bis  5,4  Wasserstoff,  und  Dumas  be- 
rechnet hieraus  die  Formel  C24  H24  O10. 

Nach  Malaguti  entsteht  durch  Einwirkung  der  Alkalien  auf  Zucker  bei 
Zutritt  der  Luft  und  in  erhöhter  Temperatur  Ameisensäure  und  Sachulm- 
säure. 

Neben  der  Melasinsäure  findet  sich  mit  den  Alkalien  eine  nicht  flüchtige 
Materie  verbunden , welche  die  Silbersalze  mit  ausserordentlicher  Leich- 
tigkeit reducirt  (Zuckersäure?). 

c)  Durch  erhöhte  Temperatur  bei  Berührung  mit  Kalk.  — - Metaceton  ; 
Formel  C6  H10  O.  Ein  Gemenge  von  1 Th.  Zucker  mit  8 Th.  feingeriebe- 
nem Kalk  aufs  innigste  gemischt  und  in  einer  Retorte  bis  auf  14°  erhitzt, 
bläht  sich  plötzlich  auf,  es  destillirt  hierbei  neben  einer  schwachen  Ent- 
wickelung von  brennbarem  Gase  eine  brennbare  Flüssigkeit  über,  welche 
ein  Gemenge  von  Aceton  mit  Metaceton  ist.  Zusatz  von  Wasser  scheidet 
das  letztere  ab.  Durch  Rectifikation  erhält  man  die  zuletzt  übergehenden 
Portionen  rein.  Das  Metaceton.  stellt  eine  farblose  Flüssigkeit  dar  von 
angenehmem  Geruch,  sie  siedet  bei  84°,  ist  mischbar  mit  Alkohol  und 
Aether,  nicht  löslich  in  Wasser.  Seiner  Zusammensetzung  nach  läfst  sich 
dieser  Körper  als  Aceton  betrachten  minus  1 At.  Wasser  C6  Hi2  02 — H20 
==  C6  H,0  O.  1 At.gZueker  enthält  die  Elemente  von 

nl  At.  Aceton  C3  H6  O 

1 At.  Metaceton  C6  H10  O 

3 At.  Kohlensäure  C3  06 

1 At.  Wasser  02  O 

Ci2  H18  09 

d)  Durch  erhöhte  Temperatur.  — Caramel . Rohrzucker  schmilzt  bei 

180°  zu  einer  klebrigen,  farblosen  Flüssigkeit,  die  naoh  dem  Erkalten  zu 
einer  durchsichtigen  amorphen  Masse  erstarrt  bei  etwas 

höherer  Temperatur  wird  er  braun,  bei  310  — 320°  bläht  er  sich  auf  und 
verwandelt  sich  in  eine  schwarze,  dem  Anthrazit  ähnliche,  glänzende, 
poröse  Masse,  welche  Peligot  mit  Caramel  bezeichnet.  Bei  der  Bildung 
des  Caramel  entwickelt  sich  ausser  Wasser,  was  von  Spuren  eines  brenz- 
lichen Oels  und  Essigsäure  begleitet  ist,  kein  anderes  Produkt.  Der  käuf- 
liche Caramel  enthält  wechselnde  Beimischungen  von  Zucker.  Man  erhält 
den  Caramel  vom  Zucker  und  einem  bitterschmeckenden  Produkt,  was  den 
gebrannten  Zucker  stets  begleitet,  frei,  wenn  man  den  Rückstand  von  der 
Schmelzung  des  Zuckers  in  wenig  Wasser  löst  und  die  Lösung  mit  Alko- 
hol mischt;  der  Caramel  schlägt  sich  in  diesem  Fall  im  reinen  Zustande 
nieder,  während  die  Beimischungen  gelöst  bleiben. 

Reiner  Caramel  stellt  ein  tief  dunkelbraunes  oder  schwarzes  Pulver 
dar,  was  sich  sehr  leicht  in  Wasser  mit  schöner  Sepiafarbe  löst,  die  Auf- 
lösung ist  geschmacklos,  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben , sie  geht  durch 
Hefe  nicht  in  Gährung  über;  in  Alkohol  ist  er  unlöslich.  Basische  Blei- 
salze sowie  Barytwasser  werden  von  seiner  wässerigen  Auflösung  gefällt. 
Die  Zusammensetzung  des  Barytniederschlags  ist  wechselnd,  er  enthält 
30  bis  2 t p.  c.  Baryt. 

Wird  der  Zucker  über  die  angegebene  Temperatur  hinaus  erhitzt,  so 
entsteht  aus  dem  Caramel  durch  Verlust  einer  neuen  Quantität  Wasser  ein 


Zuckersäure  und  ihre  Salze. 


803 


im  Wasser  unlösliches  Produkt,  bei  höherer  Temperatur  entwickeln  sieb 
brennbare  Gasarten,  cs  bleibt  eine  schwerverbrennliche  Kohle  im  Rück- 
stand. 

Nach  den  Analysen  von  Peligot  besitzt  der  Caramel  die  nemliche  Zu- 
sammensetzung wie  der  Rohrzucker  in  seiner  Verbindung  mit  Bleioxid, 
nemlich  C12  Hx8  09  (die  Analysen  gaben  46,6  bis  47,5  Kohle  und  6,1  bis 
6,3  Wasserstoff).  Er  entsteht  hiernach  aus  dem  Rohrzucker,  indem  sich 
von  seinen  Bestandtheilen  die  Elemente  von  2 At.  Wasser  trennen.  Trau- 
benzucker liefert  unter  denselben  Umständen  das  nemliche  Produkt. 

Zuckersäure. 

Zusammensetzung:  CJ2  HI0  0X1  -f-  5aq  C12  H20  016. 

Oxidationsprodukt  der  Einwirkung  verdünnter  Salpetersäure  auf  Rohr- 
oder Traubenzucker.  Von  Scheele  für  Aepfelsäure  gehalten,  Guerirt  Varry 
gab  ihr  den  Namen  Acide  oxalhydrique  (Hydroxalsäure) ; sie  ist  von  Erd- 
mann, von  Hefs , zuletzt  von  Thaulow  näher  untersucht  worden. 

Darstellung : Man  erhitzt  1 Theil  Zucker  oder  Gummi  mit  2 Theilen 
Salpetersäure,  verdünnt  mit  10  Theilen  Wasser,  solange  man  noch  Ein- 
wirkung bemerkt,  sättigt  die  erhaltene  Flüssigkeit  mit  kohlensaurem  Kalk 
und  vermischt  sie  alsdann  mit  neutralem  essigsaurem  Bleioxid ; es  bildet 
sich  ein  reichlicher  weifser  Niederschlag,  der, ausgewaschen  und  mit  Schwe- 
felwasserstoffsäure zerlegt  wird.  Die  erhaltene  saure  Flüssigkeit  wird 
zur  Hälfte  mit  Kali  neutralisirt  und  im  Wasserbade  verdampft,  bei  hinrei- 
chender Concentration  überläfst  man  sie  dem  freiwilligen  Verdampfen,  wo 
saures  zuckersaures  Kali  kristallisirt,  was  man  durch  Behandlung  mit  Kohle 
entfärbt.  Die  durch  Verdampfen  der  farblosen  Flüssigkeit  erhaltenen  Kri- 
stalle w'erden  mit  essigsaurem  Bleioxid  zerlegt  und  aus  dem  erhaltenen 
reinen  Bleiuiederschlag  durch  Zerlegung  mit  Schwefelwasserstoffsäure  die 
Säure  im  reinen  Zustande  dargestellt. 

Eigenschaften  : In  verdünntem  Zustande  schwach  saure  Flüssigkeit, 
in  concentrirtem  ein  sehr  saurer  farbloser  Syrup,  in*  dem  sich  nach  langem 
Stehen  farblose  Kristalle  bilden  (Guerin) ; sie  fällt  Baryt-  und  Kalkwas- 
ser  in  weifsen  Flocken,  die  in  einem  Ueberschufs  der  Säure  verschwinden, 
schlägt  Kalk  und  Barytsalze  nicht  nieder,  bringt  in  salpetersaurem  Silber- 
oxid keinen  Niederschlag  hervor;  setzt  inan  zu  dieser  Mischung  Ammoniak, 
so  entsteht  ein  weifser  Niederschlag,  der  bei  dem  gelindesten  Erwärmen 
zu  Metall  reducirt  wird,  was  die  Oberfläche  des  Gefäfses  mit  einem  spie- 
gelnden Ueberzug  bekleidet.  Durch  Erwärmen  mit  Salpetersäure  entsteht 
daraus  Klee-  und  Kohlensäure,  mit  Manganhyperoxid  und  Schwefelsäure 
erhitzt  liefert  sie  Ameisensäure.  Mit  wässerigen  Alkalien  im  Ueberschufs 
erwärmt  bräunt  sie  sich  stark.  Die  Zuckersäure  löst  sich  in  allen  Ver- 
hältnissen in  Alkohol,  sehr  wenig  in  Aether;  sie  löst  Zink  und  Eisen  mit 
Entwickelung  von  Wasserstoffgas  auf;  in  verdünntem  Zustande  aufbewahrt 
zersetzt  sie  sich,  sie  bedeckt  sich  mit  Schimmel. 

Zuckersaure  Salze . 

Die  Zuckersäure  ist  ausgezeichnet  durch  die  zahlreiche  Klasse  von 
Verbindungen,  die  sie  mit  Basen  liefert.  Indem  von  den  5 Atomen  Was- 
ser, die  in  ihrer  Formel  die  Function  einer  Basis  vertreten,  ein,  zwei 
irnd  mehr  Atome  durch  Metalloxide  vertreten  werden , entstehen  fünf 
Reihen  von  Salzen,  von  denen  die  folgenden,  deren  Zusammensetzung 
bekannt  ist,  hier  erwähnt  werden: 

Cia  H10  Ou  -+-  5aq  Zuckersäurehydrat. 

KO  ) 

CI2  H10  On  -+•  4aa  £ Sauerreagirendes  Kalisalz. 

C,ft  Hi0  Ou  H-  A4aq°£  Ammoniaksalz 

Cu  H|0  Oji  -+•  3aq  i Bteisalz. 


804 


locker, 


#L 

C„  H10  Ou  •+■  Zinksalz. 

ft*  H„  Ou  -h  3}^\  3.  Bleisalz. 

C12  Hio  0,,  -+-  5PbO  8.  Bleisalz. 

Wenn  man  die  Bestandteile  des  Wassers,  <^as  in  diesen  Formeln  als 
die  Funktion  einer  Basis  vertretend  aufgefülirt  ist,  zu  den  Elementen  der 
Säure  rechnet,  so  beobachtet  man  leicht,  dafs  die  Zuckersäure  die  Ele- 
mente von  zwei  Atomen  Schleimsäure  C12  H20  016  = 2C6  H10  08  enthält, 
dafs  das  Zink-  und  Bleisalz  eine  dem  schleimsauren  Silberoxid  analoge 
Zusammensetzung  haben,  daPs  mehrere  der  andern  Salze  mit  den  analo- 
gen citfonsauren  isomer  erscheinen.  Die  Erzeugung  einer  isomeren  Säure 
durch  einen  Oxidationsprocefs  aus  zwei  Materien  (Zucker  und  Milchzucker), 
welche  durch  Gährung  einerlei  Produkte  liefern,  macht  die  Frage  über 
eine  ähnliche  Constitution  beider  zu  einer  höchst  interessanten  Aufgabe. 

Was  die  Eigenschaften  der  zuckersauren  Salze  betrifft,  so  bieten  sie 
wenig  Interesse  dar;  das  einatomige  Kalisalz  kristallisirt  in  farblosen,  fei- 
nen, kurzen,  concentriscli  gruppirten,  schiefen  rhombischen  Nadeln  oder 
Prismen,  es  ist  in  kaltem  Wasser  schwerlöslich;  das  einatomige  Ammo- 
niaksalz besitzt  das’uemliche  Aussehen  und  ist  in  82  Th.  kaltem,  in  4 Th. 
siedendem  Wasser  löslich.  Die  zweiatomigen  Natron-  und  Ammoniaksalze 
sind  nicht  kristallisirbar,  das  letztere  verliert  beim  Abdampfen  Ammoniak 
und  geht  theilweise  in  saures  Salz  über.  Das  zweiatomige  Zinksalz  erhält 
man  durch  Auflösung  von  Metall  in  der  wässerigen  Säure,  sobald  die  Flüs- 
sigkeit sich  der  Neutralität  nähert,  schlägt  es  sich  als  weifses,  kristalli- 
nisches, körniges  Pulver  nieder;  das  zwei-  und  dreiatomige  Bleisalz  er- 
hält man  durch  Fällung  des  eioatoinigeu  Kalisalzes  mit  Salpeter-  oder  es- 
sigsaurem Bleioxid ; das  fünfatomige  Bleisalz  bildet  sich  als  ein  schwerer, 
körniger  Niederschlag,  wenn  in  eine  kochende  Auflösung  von  essigsaurem 
Bleioxid  die  Säure  oder  eine  Auflösung  des  Kalisalzes  tropfenweise  zuge- 
setzt wird. 

lieber  sicht  der  Zusammensetzung  der  Verbindungen 
der  Zucker  arten  und  ihrer  Zersetzungsprodukte. 

Die  Analysen  der  Verbindungen  des  Zuckers  mit  Basen  und  Säuren , 
so  wichtig  sie  auch  für  die  nähere  Kenntnifs  dieser  verbreiteten  und  eine 
so  wichtige  Rolle  in  der  Natur  spielenden  Materien  sind,  lassen  stets  noch 
eine  groPse  Ungewifsheit  über  die  Formel,  welche  ihre  wahre  Constitution 
ausdrückt.  Obwohl  Rohr-  und  Traubenzucker  durch  ihren  Geschmack  und 
durch  manche  Produkte,  die  sie  durch  ihre  Zersetzung  liefern,  grofse 
Aehulichkeit  miteinander  haben,  so  ist  es  dennoch,  wenn  ihr  chemisches 
Verhalten  beachtet  wird,  ausserordentlich  wahrscheinlich,  daPs  beide  ein- 
ander nicht  näher  als  wie  Stärke  und  Holzfaser  zum  Traubenzucker  ste- 
hen. Die  concentrirten  Miueralsäuren , welche  auf  den  Traubenzucker 
kaum  eine  Wirkung  äufsern,  zerstören  den  Rohrzucker  mit  der  gröfstea 
Leichtigkeit,  und  umgekehrt  läfst  sich  ohne  Zersetzung  kaum  ein  Alkali  mit 
Traubenzucker  zusammenbringen,  während  Rohrzucker  mit  Kalk,  Baryt 
und  Bleioxid  Verbindungen  bildet,  die  sich  in  trocknem  Zustande  nicht 
verändern.  Traubenzucker  bildet  mit  Alkalien  eine  ganz  verschiedene 
Reihe  von  Zersetzungsprodukten  als  wie  Rohrzucker  CBraconnotJ , und 
ihr  Verhalten  gegen  polarisirtes  Licht  ist  eben  so  entgegengesetzt 
Wäre  ihre  Constitution  ähnlich  und  beide  nur  durch  einen  verschiedenen 
Hydratzustand  von  einander  verschieden,  so  müfste  sich  der  Trauben- 
zucker mit  derselben  Leichtigkeit  in  Rohrzucker  verwandeln  lassen  als 
wie  es  umgekehrt  geschieht,  und  jeder  Anhaltpunkt  zur  Erklärung  ihres 
so  ganz  entgegengesetzten  chemischen  Verhaltens  würde  fehlen. 

Die  Aehnliphkeit  zwischen  beiden  erstreckt  sich  nur  auf  ihren  Ge- 
schmack, den  sie  mit  andern  Substanzen  theilen,  auf  ihre  Fähigkeit  mit 


Milchzu  cker 


805 


J 

Kochsalz  eine  Verbindung  einzugehen,  und  auf  die  Eigenschaft  durch  Gäh- 
rung  bei  Berührung  mit  Hefe  in  einerlei  Produkte  zu  zerfallen;  allein  man 
kann  mit  Gewifsheit  annehmen,  dafs  der  Rohrzucker  erst  nach  seiner  Um- 
wandlung in  Traubenzucker  gährungsfähig  wird. 

Die  Zusammensetzung  der  Transformations-  und  Zersetzungsprodukte 
der  Zuckerarten  ist  folgende: 

C12  H18  09  -f-  2u q Rohrzucker. 

C12  H18  09  Caramel. 

C12  H1S  01S  Zuckersäure  C Thaiilow ) in  dem  sauren  Kalisalz. 

C12  H16  014  do.  in  dem  Zinksalz. 

Clt  Hi4  013  in  dem  2ten  Bleisalz. 

C12  H10  On  in  dem  5atomigen  Bleisalz. 

»VaCia  Hj2  t)6  Sach  ulmsäure  ( Malaguti , Boiillay ). 

2C12  H12  06  -S-  H6  03  Glucinsäure. 

%C12  H10  04  -J-  HjO  braune  Materie  aus  Rohrzucker  mit  conceu- 
trirter  Salzsäure  (^Stein ). 

2Cl2  Hx  2 Os  Melasinsäure  ( [Peligot ). 

Aus  dieser  Zusammenstellung  ergiebt  sich,  dafs  7 Atome  wasserfreier 
Zucker  die  Elemente  von  1 At.  Zuckersäure,  3 At.  Melasinsäure  und  17 
At.  Wasser  enthalten;  2 Atome  Zuckersäure  enthalten  ferner  die  Bestand- 
teile von  1 At.  Melasinsäure , 1 At.  Ameisensäure  und  4 At.  Kleesäure. 
Diese  Betrachtung  dürfte  vielleicht  zur  Aufklärung  der  Bildung  der  Me- 
lasinsäure führen  können.  Jedenfalls  verdient  hervorgehoben  zu  werden, 
dafs  die  Zuckersäure  eine  gleiche  Anzahl  KohlenstolFatome  mit  dem  Zucker 
gemein  hat,  und  dafs  ihre  Bildung  auf  eine  ähnliche  Weise  vor  sich  zu 
gehen  scheint  wie  die  der  Essigsäure  aus  Alkohol. 

Aus  dem  Verhalten  der  abgehandelten  Zuckerarteu  geht  für  den  Pro- 
cefs  ihrer  Darstellung  hervor,  dafs  Pflanzensäfte,  welche  freie  Pflanzen- 
säuren und  Rohrzucker  enthalten,  beim  Erhitzen  zum  Sieden  und  Abdam- 
pfen keinen  Rohrzucker,  sondern  Traubenzucker  und  Verbindungen  des 
letzteren  mit  Pflanzensäuren  liefern,  die  unkristallisirbar  sind.  Aber  bei 
lang  anhaltendem  Erhitzen  des  Rohrzuckers  für  sich,  bei  seinem  Cöntact 
mit  Schwefelsäure,  noch  schneller  beim  ^Erhitzen  damit,  wird  er  theilweise 
ebenfalls  in  Traubenzucker  umgeändert.  Dieser  letztere  nun,  welcher 
demnach  nur  selten  in  den  Flüssigkeiten  fehlt,  aus  denen  man  in  den 
Zuckerfabriken  den  Rohrzucker  gewinnt,  geht  bei  dem  Klären  des  Saftes 
mit  ätzendem  Kalk  schnell  und  leicht  entweder  in  Glucinsäure  oder  in 
Melasinsäure  über;  durch  die  Bildung  der  ersteren  verschwindet  ein  Ae- 
quivalcnt  von  Zucker  für  jedes  Äquivalent  Kalk,  es  entsteht  glucinsaurer 
Kalk  in  der  Melasse.  Der  Saft  der  Runkelrüben  enthält  Kochsalz  und 
Kalisalze;  mit  dem  Kochsalz  geht  der  Rohrzucker  eine  an  der  Luft  zer- 
fliefsliche  Verbindung  ein,  und  6 Theile  Zucker  werden  für  jeden  Theil 
Kochsalz  als  unkristallisirbarer  Syrup  in  der  Mutterlauge  bleiben.  Die 
Kalisalze  werden  durch  den  ätzenden  Kalk  zerlegt,  der  concentrirte  Sy- 
rup enthält  freies  Kali,  durch  die  Einwirkung  desselben  auf  den  Zucker  in 
der  Wärme  entsteht  Melasinsäure,  welche  den  Syrup  dunkelbraun  färbt. 
Es  ist  klar,  dafs  die  von  vielen  Fabrikanten  nach  der  Klärung  des  Saftes 
mit  Kalkmilch  vorgeschlagene  Neutralisation  des  freien  Alkali’s  mit  Schwe- 
felsäure ( Kodweis,  Annalen  der  Pharmacie  Bd.  XII.  S.  61)  der  Theorie 
vollkommen  entspricht,  indem  sie  von  der  Praxis  längst  schon  die  Bestä- 
tigung erhalten  hat. 

Milchzucker . 

Formell  C/24  U48  O24  oder  O24  O19  -}■*  önqj  bet  130° 

getrocknet  C24  H3s  öi9  + 3aq.  in  Verbindung  mit  Bleioxid 
C24  H3 8 Ö19  + 5PbO  und  C24  H38  Oi0  + lOPbO.  (Berzelius.J 

Zuerst  von  Bertholdi  1619  beobachtet,  bis  jetzt  ist  er  ausschliefslich 
nur  als  Bestandteil  der  Milch  der  Säugethiere  bekannt. 


806 


Milchzucker. 


§.  145.  Darstellung  .*  Durch  Verdunstung  und  Kristal- 
lisation aus  den  Molken.  Durch  Behandlung  mit  geglühter 
Holzkohle  und  neue  Kristallisationen  erhält  man  die  Kristalle 
farblos. 

§.  146.  Eigenschaften : Der  Milchzucker  kristallisirt  aus 
wässerigen  Lösungen  in  harten,  zwischen  den  Zähnen  kra- 
chenden, weifsen  durchscheinenden,  vierseitigen,  mit  vier 
Flächen  zugespitzten  Prismen,  von  blätterigem  Gefüge  und 
1,5+3  spec.  Gewicht;  löst  sich  in  5 — 6 Th.  kaltem,  in  .2% 
kochendem  Wasser,  ohne  einen  Syrup  zu  bilden.  Die  Kri- 
stalle auf  die  Zunge  gebracht,  besitzen  einen  schwach  süfsen 
Geschmack,  in  der  concentrirten  Auflösung  ist  derselbe  hervor- 
stechender. Zuerst  bis  ISO,  sodann  bis  140°  erwärmt  verliert 
er  sein  Wasser  ohne  zu  schmelzen  ; schnell  und  stark  erhitzt 
schmilzt  er  unter  starker  Färbung  bei  £50°,  er  verliert,  wenn 
das  Schmelzen  verhütet  wurde,  5,3  p.  c.  Wasser  = 1 At. ; 
verändert  sich  nicht  an  der  Luft,  nicht  bei  100°,  und  ist  in 
Aether  und  Alkohol  unlöslich.  In  sauren  und  alkalisehen  Flüssig- 
keiten ist  der  Milchzucker  viel  löslicher  als  in  reinem  Wasser,  in  Metall- 
auflösungen bringt  der  Milchzucker  keinen  Niederschlag  hervor,  seine 
Auflösung  wird  durch  Galläpfelinfusion  nicht  gefällt. 

Mit  verdünnten  Mineralsäuren,  Schwefel-  oder  Salzsäure  gekocht, 
verwandelt  sich  der  Milchzucker  in  Traubenzucker,  er  liefert  nach  Vogel 
etwas  weniger  als  sein  eigenes  Gewicht.  (Der  Theorie  nach  sollten  100 
Theiie  durch  Aufnahme  von  2 At.  Wasser  103,8  Th.  geben.) 

Mit  concentrirten  Mineralsäuren  liefert  er  die  nemlichen  Materien 
(Sachulmin  und  Sachulmsäure),  wie  der  Traubenzucker,  und  beim  Zu- 
sammenreiben mit  Kalihydrat  und  Wasser  löst  er  sich  unter  Erhitzung  auf 
zu  einer  braunen  Flüssigkeit,  aus  welcher  Weingeist  eine  fade  und  bitter- 
schmeckende, an  der  Luft  Feuchtigkeit  anziehende,  dicke  Flüssigkeit  fällt, 
welche  Metallsalze  fällt  CBouillon-Lagrange  und  Vogel).  Der  Weingeist 
soll  hierbei  essigsaures  Kali  aufnehmeu.  In  welcher  Beziehung  dieselbe  zu 
dem  Milchzucker  und  der  Glucinsäure  steht,  bleibt  noch  auszumitteln. 

Mit  Salpetersäure  erwrärmt  liefert  der  Milchzucker  Schleimsäure,  von 
welcher  ein  Theil  in  Kleesäure  verwandelt  wird.  Gegen  leicht  reducir- 
bare  Metalloxide  verhält  sich  der  Milchzucker  ähnlich  wie  Rohr-  und 
Traubenzucker,  die  Oxide  werden  in  Oxidul  und  Metall  verwandelt,  wäh- 
rend sich  Ameisensäure  bildet;  Metallauflösungen  zugesetzt  verhindert  er 
die  Fällung  vieler  Oxide  durch  Alkalien.  Wässerige  Arsensäure  nimmt, 
mit  Milchzuckerauflösuug  gemischt,  nach  einiger  Zeit  eine  rothbraune  Farbe 
an ; in  Pulvergestalt  absorbirt  der  Milchzucker  Ammoniak  CBerzelius ) und 
salzsaures  Gas  ( Bomllon-Lagrange  und  Vogel),  er  geht  eine  Verbindung 
mit  Bleioxid  ein.  — Geht  mit  Hefe  und  in  der  Milch  in  geistige  Gährung 
über. 

Milchzucker  - Bleioxid.  Bei  Digestion  einer  Milchzuckerauflösung  mit 
Bleioxid  in  der  Siedhitze  bräunt  sich  die  Flüssigkeit,  unterhalb  60°  bleibt 
sie  farblos;  es  bilden  sich  hierbei  drei  Verbindungsstufen,  ein  schweres 
körniges,  nach  dem  Trocknen  gelbes  Pulver  liegt  auf  dem  Boden  des 
Gefäfses,  es  enthält  87,3  p.  c.  Bleioxid;  eine  weifse  schleimige,  nach 
dem  Trocknen  durchscheinend  und  gelblich  werdende  Verbindung  schwimmt 
in  der  Flüssigkeit,  sie  enthält  63,539  Bleioxid.  Die  klare  Flüssigkeit  von 
beiden  abfiltrirt  hinterläfst  nach  dem  Trocknen  eine  durchsichtige,  gummi- 
artige, bei  100°  gelbe  Masse,  welche  18,13  p.  c.  Bleioxid  enthält  (Ber~ 
%elius). 


t 


Sehleimsäu  re. 


807 


Oxidationsprodukte  des  Milchzuckers . 
Schleimsäure. 

Zweibasische  Säure.  Formel:  C12  H16  014  -+-  2aq.  Symb.  M -+-  2aq 
(Berzelius , Malaguti).  Von  Scheele  entdeckt. 

Bildung:  Bei  der  Behandlung  des  Milchzuckers,  Gummi’s,  Gallen- 
siifs  , Manuit  mit  verdünnter  Salpetersäure.  Aus  t At.  kristallisirtem  Milch- 
zucker entstehen  2 At.  kristallisirte  Schleimsäure,  indem  zu  den  Bestand- 
teilen des  ersteren  12  Atome  Sauerstoff  treten,  während  4 Atome  Was- 
ser abgeschieden  werden. 

Darstellung : 1 Theil  Milchzucker  (oder  Gummi)  wird  in  einer  Retorte 
oder  Porzellanschaale  in  4 Th.  Salpetersäure  von  1,42  und  l Th.  Wasser 
aufgelöst  und  bis  zum  Aufhören  des  Aufbrausens  erwärmt;  beim  Erkalten 
fällt  die  Schleimsäure  nieder;  aus  Milchzucker  wird  sie  stets  rein  erhal- 
ten, aus  Gummi  ist  sie  kalkhaltig,  man  reinigt  die  letztere  durch  Auflö- 
sung in  einem  Alkali  und  Fällung  durch  eine  Säure. 

Eigenschaften : Weifses  kristallinisches  Pulver  von  sandig  säuerlichem 
Geschmack,  röthet  die  Pflanzenfarben,  in  66  Th.  siedendem  Wasser  lös- 
lich, unlöslich  in  Alkohol,  schwerlöslich  in  verdünnten  Säuren,  löst  sich 
mit  carminrother  Farbe,  bei  starker  Erhitzung  unter  Schwärzung,  in  con- 
centrirter  Schwefelsäure,  es  entsteht  hierbei  wahrscheinlich  eine  Doppel- 
verbmdung  beider  Säuren;  mit  Baryt  neutralisirt  bleibt  nemlich  in  der 
Auflösung  eine  grofse  Menge  Baryt  (Malaguti);  wird  durch  anhaltendes 
Sieden,  Abdampfen  bei  100°  in  modificirte  Schieimsäure  verwandelt;  bei 
der  trocknen  Destillation  schwärzt  sie  sich,  unter  andern  Produkten  sub- 
limirt  Pyroschleimsäure. 

Schleimsaure  Salze. 

Die  Schleimsäure  neutralisirt  2 Atome  Basis,  indem  die  beiden  als 
Hydratwasser  in  der  Formel  aufgefuhrten  Atome  Wasser  ganz  oder  zum 
Theil  ersetzt  werden  durch  Aequivalente  von  Metalloxiden.  Die  Salze  mit 
alkalischer  Basis  sind  löslich,  die  andern,  welche  eine  alkalische  Erde 
oder  ein  schweres  Metalloxid  enthalten,  sind  unlöslich.  Durch  Behandlung 
mit  Mineralsäurcn  werden  die  Metalloxide  unter  Frehverdung  der  Schleim- 
säure entzogen.  Das  Silbersalz  enthält  2 Aeq.  Silberoxid,  das  Bleisalz 
ist  M,2PbO-f-2aq;  sie  bildet  mit  Kali  und  Natron  2 Reihen  von  Salzen,  in 
der  einen  Reihe  ist  ein  Atom  Wasser  durch  1 Atom  des  Alkali’s,  in  der 
andern  sind  zwei  Atome  Wasser  durch  2 At.  Alkali  ersetzt.  Diese  Salze 
sind  ihrer  Zusammensetzung  nach  nur  wenig  bekannt.  Das  schleimsaure 
Silberoxid  erhält  man  in  Gestalt  eines  weifsen  gelatinösen  Niederschlags. 

Schleimsaures  Ammoniak ; MH-2AdH40  (Malaguti).  — Darstel- 
lung : Eine  reine  warme  Auflösung  von  Schleimsäure  wird  mit  kohlensau- 
rem Ammoniak  übersättigt;  nach  dem  Erkalten  kristallisirt  das  Salz  in 
vierseitigen  abgeplatteten  Prismen ; sie  lassen  sich  ohne  Zersetzung  um- 
kristallisiren  und  verlieren  bei  110°  kein  Ammoniak  (Malaguti). 

Schleimsaures  Aethyloxid ; M , 2AeO.  Von  Malaguti  entdeckt.  — 
Darstellung : Man  löst  1 Th.  Schleimsäure  in  4 Th.  concentrirter  Schwe- 
felsäure bei  gelinder  Erwärmung,  der  schwarzgewordenen  Mischung  setzt 
man  4 Th.  Alkohol  von  0,814  zu  und  läfst  24  Stunden  stehen,  nach 
welcher  Zeit  alles  zu  einem  Haufweike  von  gefärbten  Kristallen  erstarrt 
ist,  die  man  durch' Waschen  und  neue  Kristallisationen  aus  Alkohol  rein 
erhält. 

Eigenschaften:  Farblose,  durchscheinende,  dreiseitige  Prismen  von 
1,17  spec.  Gewricht  bei  20°,  bei  158°  schmelzbar,  bei  .135°  erstarrend, 
zerlegen  sich  bei  170°  in  Alkohol,  Kohlensäure,  Essigsäure,  Brenzschleim- 
säure,  es  bleibt  Kohle  im  Rückstand,  sie  lösen  sich  wenig  in  kaltem,  sehr 
leicht  in  siedendem  Wasser,  die  Auflösung  schmeckt  bitter  und  liefert  beim 
Erkalten  vierseitige  Prismen  mit  rhombischer  Basis,  von  1,32  spec.  Ge- 


808 


Modificirte  Schleimsäure, 


wicht , bei  158°  schmelzend  und  bei  122°  erstarrend,  sie  lösen  sich  in 
2,27  kaltem  Wasser  und  155  Th.  kaltem  Alkohol,  in  siedendem  leichter, 
unlöslich  in  Aether.  Zerlegt  sich  beim  Sieden  der  wässerigen  Auflösung, 
schneller  beim  Zusatz  von  Kalk-,  Baryt-  und  Strontianwasser  in  Alkohol 
und  schleimsaure  Salze.  Trocknes  Ammoniakgas  wirkt  unter  170°  nicht 
darauf  ein,  in  Ammoniakgas  der  trocknen  Destillation  ausgesetzt  erhält 
man  daraus  ein  sehr  aromatisch  riechendes  Oel,  was  sich  in  Wasser  mit 
gelber  Farbe  löst.  In  Chlorgas  gelinde  geschmolzen  entsteht  daraus  eine 
- gelbe,  nicht  kristallinische,  in  Alkohol  sehr  lösliche  Materie. 

Modificirte  Schleimsäure. 

Laugier  beobachtete,  dafs  beim  Kochen  und  kochendheifsen  Abdam- 
pfen einer  gesättigten  Auflösung  von  Schleimsäure  in  Wasser  diese  Säure 
neue  Eigenschaften  annimmt,  es  bleibt  ein  etwas  gefärbter  Rückstand  von 
viel  saureren  Eigenschaften,  als  die  Schleimsäure  besitzt,  sie  geht  in  mo- 
dificirte Schleimsäure  über.  Diese  modiflcirte  Schleimsäure  unterscheidet 
sich  von  der  Schleimsäure  durch  ihre  grölsere  Löslichkeit  in  Wasser  und 
durch  ihre  Löslichkeit  in  Alkohol,  so  wie  durch  die  Verschiedenheiten  in 
den  äusseren  Eigenschaften  der  Verbindungen,  die  sie  mit  Basen  bildet. 
Aus  Alkohol  kann  sie  durch  freiwillige  Verdunstung  in  quadratischen  Blätt- 
chen kristallisirt  erhalten  werden,  sie  löst  sich  in  17,2  siedendem  Was- 
ser, in  73  Th.  kaltem;  läfst  man  die  kochend  gesättigte  Auflösung  erkal- 
ten, so  bilden  sich  darin  Kristalle  der  gewöhnlichen  Schleimsäure;  ihre 
Salze  sind  leichter  löslich  wie  die  schleimsauren , in  ihrer  wässerigen  Lö- 
sung sowie  in  Verbindung  mit  Basen  geht  sie  leicht  in  gewöhnliche  Schleim- 
säure über.  Eine  kochend  gesättigte  Lösung  von  modificirter  Schleimsäure 
trübt  sich  bei  Neutralisation  mit  Aetzammoniak,  es  schlägt  ein  unauflös- 
liches Ammoniaksalz  dieser  Säure  nieder,  während  unter  gleichen  Ver- 
hältnissen eine  Auflösung  der  gewöhnlichem  Schleimsäure  erst  nach  langer 
Zeit  Kristalle  absetzt.  Durch  trockne  Destillation  liefert  die  modificirte 
Schleimsäure  die  nemlichen  Produkte  wie  die  gewöhnliche. 

In  Beziehung  auf  die  Zusammensetzung  der  kdstallisirteh  veränderten 
Schleimsäure  hat  Malaguti  in  beiden  einerlei  Mengen  derselben  Be- 
stand th  eile  erhalten ; durch  die  Analyse  des  Silbersalzes  der  modificirten 
Säure  erhielt  er  hingegen  weniger  Silber  als  der  Zusammensetzung  des 
gewöhnlichen  schleimsauren  Silbers  entspricht.  Das  Atomgewicht  der  letz- 
teren ist  1208,546,  das  durch  den  Versuch  gefundene  der  modificirten 
Säure  1329  und  1320,  mithin  um  die  Elemente  eines  Atoms  Wasser  gröfser. 
Die  nähere  Ausmittelung  der  Elemente  dieses  Silbersalzes  kann  allein  die 
Frage  über  gleiche  oder  ungleiche  Zusammensetzung  beider  Säuren  zur 
Entscheidung  bringen. 

Pyroschleimsäure . Symh.  pM  + aq. 

Formel:  C10  H6  04  -4-  aq  iBoussingault , Malaguti  und  Pelouze').  Von 
Scheele  entdeckt  und  für  Benzoesäure  gehalten.  Bildung  durch  trockne 
Destillation  der  Schleimsäure.  1 At.  Schleimsäure  enthält  die  Elemente 
von  1 At.  Pyroschleimsäure,  6 At.  Wasser,  2 At.  Kohlensäure.  — Dar- 
stellung: Die  flüchtigen,  festen  und  flüssigen  Produkte  der  Destillation  der 
Schleimsäure  werden  zusammen  im  Wasserbade  zur  Trockne  eingedampffc 
und  bei  130  — 140°  der  Sublimation  unterworfen.  Das  erhaltene  gelblich 
weifse  Sublimat  reinigt  man  durch  Kristallisation  aus  Wasser.  — Eigen- 
schaften: Weifse,  lange,  glänzende  Blätter,  bei  130°  schmelzend,  in  et- 
was höherer  Temperatur  ohne  Rückstand  verdampfend,  legt  sich  bei  der 
Sublimation  gewöhnlich  in  öligen  Tropfen  an,  die  beim  Erkalten  kristalli- 
nisch erstarren;  sie  ist  unveränderlich  an  der  Luft,  in  26  Th.  kaltem  Was- 
ser (Houtton-Labillardiaire) , in  4 Th.  siedendem  Wasser  (Trommsdorffi) 
löslich.  Aus  Wasser  kristallisirt  besitzt  sie  das  Ansehen  der  Benzoesäure, 
von  der  sie  sich  durch  ihre  gröfsere  Löslichkeit  in  kaltem  Wasser  unter- 
scheidet; sie  löst  sich  leicht  in  Alkohol  und  wird  durch  Salpetersäure  nicht 
zersetzt. 


Schwa  mmzucter, 


800 


Pyroschieimsaure  Salze. 

Io  den  Verbindungen  der  Pyroschieimsaure  mit  Basen  wird  das  Hy- 
dratwasser der  Säure  durch  ein  Aequivaleut  der  Base  ersetzt;  das  pyro- 
schieimsaure Aethyloxid,  -Baryt  uud  -Silberoxid  siud  wasserfrei.  Alle  neu- 
tralen pyroschleimsauren  Salze  mit  metallischer  Basis  sind  löslich,  die  al- 
kalischen sind  leichtlöslich  in  Wasser  und  zum  Theil  in  Alkohol,  die  übri- 
gen schwerlöslich  uud  kristallisirbar.  Basisch  essigsaures  Bleioxid  wird 
von  der  Säure  gefällt. 

> 

Pyroschleimsaures  Aethyloxid pMu,  AeO.  Von  Malayuti  entdeckt.  — 
Darstellung : 10  Th.  Pyroschieimsaure,  20  Th  Weingeist  (von  0,814)  und 
5 Th.  concentrirter  Salzsäure  werden  unter  Ömaliger  Cohobation  der  De- 
stillation unterworfen.  Das  Produkt  der  letzteren  Destillation  liefert  mit 
Wasser  vermischt  die  Verbindung;  sie  scheidet  sich  in  ölartigen  Tropfen 
ab,  welche  nach  einiger  Zeit  kristallinisch  erstarren.  Man  wäscht  sie  mit 
Wasser  und  unterwirft  sie  der  Destillation  ; das  zuletzt  übergehende  ist 
rein  und  wasserfrei.  — Eigenschaften:  Farblose,  durchsichtige,  breit- 
gedriickte  Prismen  mit  rhomboidaler  Zuspitzung,  fettig  im  Aofuhleu,  von 
aromatisch  eigentümlichem  Geruch  und  ähnlichem  Geschmack  und  1,21)7 
spec.  Gewicht,  schmelzbar  bei  34°,  siedet  bei  208  — 240°;  das  spec.  Ge- 
wicht des  Dampfes  ist  4,859.  In  Wasser  wenig,  in  Alkohol  und  Aether 
in  allen  Verhältnissen  löslich,  nicht  entzündlich  in  einer  Lichtflamme,  färbt 
sich  beim  Aufbewahren;  in  Ammoniakgas  unveränderlich,  zersetzbar  durch 
Alkalien,  löslich  und  zersetzbar  durch  Schwefelsäure,  Salzsäure  und  Sal- 
petersäure. ln  Chlorgas  gebracht  erleidet  er  eine  eigentümliche  Verän- 
derung, er  schmilzt  darin  unter  Erwärmung,  ohne  Entwickelung  von 
Salzsäure  oder  einem  andern  Produkt  und  sein  Gewicht  verdoppelt  sich. 
Nach  der  Entfernung  des  freien  Chlors  hat  man  eine  syrupartige  farblose 
Flüssigkeit  von  starkem  aromatischem  Geruch  uud  bitterin  anhaltendem 
Geschmack;  sein  spec.  Gewicht  ist  1,496,  ohne  Wirkung  auf  Pflanzen- 
farben; iu  der  Wärme  zersetzbar  unter  Salzsäureeutwickelung  und  Schwär- 
zung, leichtlöslich  in  Alkohol  und  Aether,  in  Wrasser  und  feuchter  Luft 
undurchsichtig  uud  milchähnlich  werdend;  er  wird  hierbei  unter  Bildung 
von  Salzsäure  zersetzt.  Mit  Kalilauge  in  Berührung  tritt  starke  Erhitzung 
ein,  der  Aether  forbt  sich  und  es  bildet  sich  ein  weifser  käseähnlicher 
Absatz,  der  bei  Zusatz  von  Wasser  und  Erwärmung  verschwindet,  die 
Auflösung  entwickelt  in  diesem  Fall  Alkohol,  sie  ist  braunroth  gefärbt, 
enthält  Chlorkalium,  aber  keine  Pyroschleimsäure.  In  Alkohol  gebracht, 
der  mit  Ammoniakgas  gesättigt  ist,  schwärzt  sich  der  Aether  unter  Bil- 
dung von  Salmiak  und  blausaurem  Ammoniak.  Nach  Malayuti  verbindet 
sich  das  pyroschieimsaure  Aethyloxid  in  diesem  neuen  Produkt  mit  8 At. 
Chlor  (seinem  gleichen  Gewicht).  Seine  empirische  Formel  ist  C14  H1606C18, 
was  mit  dem  Resultate  seiner  Analyse  genau  übereinstimmt.  Leber  die 
Art,  wie  die  Bestandteile  in  diesem  Produkt  mit  einander  vereinigt  sind, 
weifs  man  nichts , jedenfalls  scheint  die  Entwickelung  von  Alkohol  bet 
seiner  Zersetzung  mit  Alkalien  darauf  biuzodeuten , dafs  die  Pyroschleim- 
säure und  nicht  das  Aethyloxid  hierbei  eine  Veränderung  erlitten  bat. 
Die  neue  Verbindung  kann  nach  Berzelius  seyn  ein  Gemenge  von  pyro- 
traubensaurem  Aethyloxid  mit  der  niedrigsten  Chlorstufe  des  Kohlenstoffs 
C4  HJ0  0,  C6  H6  Oä,C4  Cl8. 

Schwammzucker . 

Wiggers  erhielt  durch  Ausziehung  des  Mutterkorns  mit  Alkohol  und 
Behandlung  des  weingeistigen  Extrakts  mit  Wasser  eine  süfs  schmeckende 
Flüssigkeit,  aus  der  sich,  zur  Syrupconsisteuz  abgedampft,  geschobene, 
vierseitige,  mit  zwei  Flächen  zugespitzte,  farblose,  durchsichtige  Prismen 
absetzten,  welche  sich  leicht  im  Wasser  und  Alkohol,  nicht  in  Aether 
lösten  und  mit  Hefe  in  Berührung  Alkohol  und  Kohlensäure  lieferten;  beim 

Geigers  Pharmacie . I.  (5(e  Auß.)  5% 


810 


Zucker. 


Erhitzen  schmelzend,  in  höherer  Temperatur  sich  mit  Caramelgeruch  ver- 
kohlend ; mit  Salpetersäure  erhitzt  lieferten  sie  Kleesäure , mit  essigsau- 
rem Kupferoxid  gekocht  wird  kein  Kupferoxidul  gefällt,  eine  Eigenschaft, 
worin  sich  diese  Zuckerart  von  Rohrzucker  unterscheidet.  Nach  einer 
von  Pelouze  und  J.  L.  angestellten  Analyse  mit  nicht  ganz  reiner  Materie 
erhielten  sie  38,3487  p.  c.  Kohlenstoff  und  die  übrigen  Bestandteile,  Was- 
serstoff und  Sauerstoff,  in  dem  nämlichen  Verhältuifs  wie  im  Wasser,  so 
dafs  seine  Zusammensetzung  durch  die  Formel  C12  H26  015  genau  ausge- 
drückt wird. 

Der  unter  dem  Namen  Schwamrazucker  von  Braconnot  beschriebene 
Körper  ist  Mannit. 

Geschmackloser  Zucker, 

Thenard  erwähnt  in  seinem  Handbuch  der  Chemie,  6.  Ausg.  T.  4. 
S.  351,  dafs  er  zuweilen  aus  dem  diabetischen  Haru  (Diabetes  insipidus) 
anstatt  des  gewöhnlichen  in  seinem  Verhalten  mit  dem  Traubenzucker 
identischen  Zuckers,  eine  grofse  Quantität  völlig  geschmackloser  oder  sehr 
wenig  süfser  Kristalle  erhalten  habe,  eine  Beobachtung,  die  von  Bouchar- 
dat  neuerdings  bestätigt  wurde.  Dieser  geschmacklose  Zucker  geht  mit 
Ferment  in  die  Weiugährung  über,  mit  yro  Schwefelsäure  und  hinreichen- 
dem Wasser  gekocht  nimmt  er  den  Geschmack  des  Traubenzuckers  an, 
dessen  Form  und  Löslichkeit  er  im  übrigen  besitzt.  Dieser  Körper  ver- 
dient eine  genauere  Untersuchung. 

Vorkommen  und  Bildung  des  Zuckers. 

Bei  dem  Traubenzucker  sind  mehrere  Verfahrungs weisen  angegeben, 
aus  denen  hervorgeht,  dafs  Zucker  aus  Holzfaser  und  Stärke  entstehen 
kann , wenn  diese  Materien  unter  gewissen  Bedingungen  mit  Säuren  in 
Berührung  gebracht  werden;  es  entsteht  ebenfalls  Zucker  durch  Berührung 
von  Stärke  mit  einem  warmen  Auszug  von  gekeimtem  Getreide ; es  ist 
ferner  erwähnt  worden,  dafs  durch  Zerlegung  des  Salicins,  des  Phlorid- 
zins mit  Sauren,  dafs  durch  Berührung  von  Amygdalin  mit  dem  Weifse'n 
von  süfsen  und  bittern  Mandeln  unter  andern  Materien  ebenfalls  Zucker 
gebildet  wird.  Diese  Entstehungsweisen  sind  für  die  Pflanzenphysiologte 
von  grofser  Wichtigkeit,  indem  sie  Aufschlufs  über  eine  Menge  von  Er- 
scheinungen geben.  In  Stärkmehl  enthaltenden  Früchten  und  Saamen  ent-  , 
wickelt  sich  beim  Keiinungsprocefs  Zucker,  sie  werden  süfs , indem  das 
Stärkmehl  verschwindet;  es  ist  evident,  dafs  hierbei  die  Veränderung  von 
einer  stickstoffhaltigen  Materie  abhängig  ist,  welche  ein  Auszug  von  ge- 
keimtem Getreide  aufgelöst  enthält  und  die  man  Diastasc  genannt  hat. 
Obwohl  die  eigentliche  Wirkungsweise  der  Diastase  noch  nicht  genügend 
erforscht  ist,  so  bleibt  es  eine  unläugbare  Thatsache,  dafs  der  Vorgang  , 
selbst  kein  organischer,  sondern  ein  chemischer  Procefs  ist.  Der  Zucker 
wird  bei  der  Entwickelung  der  jungen  Pflanze  zur  Bildung  ihres  Skeletts 
verbraucht,  er  verschwindet  bei  den  meisten  mit  der  Entstehung  der  Holz- 
faser. Holzfaser  und  Zucker  sind  bei  gleichem  Kohlenstoffgehalt  nur  durch 
das  Verhältuifs  von  einander  verschieden,  in  welchem  sie  die  Elemente  des 
Wassers  enthalten.  Bei  dem  Reifen  von  fleischigen  Früchten,  Aepfeln, 
Birnen  und  anderm  Winterobst  bemerkt  man  die  umgekehrte  Erscheinung; 
im  unreifen  Zustande  bestehen  sie  grofseutheils  aus  Zellgewebe , was  die 
Elemente  der  Holzfaser  enthält,  in  welchem  ein  Saft  eiugeschlossen  ist, 
der  wenig  Zucker,  eine  gummige  Materie  und  eine  grofse  Menge  freie 
Säure  enthält;  bei  dem  Reifen  derselben  verschwindet  ein  Thoil  der  Säure 
durch  den  Einflufs  des  Sauerstoffs  der  Luft,  das  Zellgewebe  vermindert 
sich  und  an  seiner  Stelle  vergröfsert  sich  der  Gehalt  au  Zucker;  anstatt 
einer  harten,  holzigen,  sauren  Frucht  hat  man  bei  manchen  Birnsorten 
einige  Wochen  nachher,  nachdem  sie  vom  Baume  genommen,  einen  syrup- 
artigen,  süfsen  Saft,  der  von  einer  lederartigen  Schaale  umgeben  ist. 


Weingeistige  Gährung, 


81! 


Weingeistige  Gährung. 

Mit  geistiger  Gährung  bezeichnet  man  eine  eigentümliche  Zersetzungs- 
weise der  Zuckerarten,  in  der  sich  ihre  Elemente  zu  neuen,  unter  den- 
selben Umständen  stets  gleichbleibenden,  Verbindungen  ordnen. 

Bei  Berührung  von  vielen  in  Zersetzung  begriffenen,  faulenden  oder 
verwesenden  Materien  mit  einer  Zuckerlösung  verschwindet  bei  einer 
Temperatur  zwischen  -j-4°  bis  30°  nach  24  Stunden  oder  länger  der  süfse 
Geschmack  der  Auflösung,  es  entwickelt  sich  reines  kohlensaures  Gas 
und  die  Flüssigkeit  erhält  berauschende  Eigenschaften;  sie  enthält  Alko- 
hol, den  man  durch  Destillation  daraus  gewinnt.  Vergleicht  man  die  Zu- 
sammensetzung der  Produkte,  die  man  bei  diesem  Zersetzungsprocefs  er- 
hält, mit  der  des  Zuckers,  woraus  sie  hervorgegangen  sind,  so  findet 
man  in  dem  Kohlenstoffgehalte  derselben  den  Kohlenstoffgehalt  des  Zuckers 
Mieder. 

Der  Traubenzucker  enthält,  in  dem  bei  100°  getrockneten  Zustande, 
die  Elemente  von  4 At-  Kohlensäure  und  2 At.  Alkohol. 

C4  08  ==:  4 At.  Kohlensäure, 

C8  H24  04  = 2 At.  Alkohol. 

C12  H24  Oia  = 1 At.  bei  100°  getrocknetem  Traubenzucker. 

Hiernach  müssen  sich  von  1 At.  kristallisirtem  Traubenzucker  bei  der 
Gährung  2 At.  Wasser  trennen  , und  100  Th.  von  diesem  Zucker  müssen 
liefern  44,84  Kohlensäure,  47,12  Alkohol  und  9,04  Wasser.  Gucrin- 
Varry  erhielt  in  seinen  Versuchen  auf  10,572  Kohlensäure,  11,071  Al- 
kohol und  10,632  Kohlensäure  auf  11,066  Alkohol,  in  dem  einen  also  auf 
44,82  Kohlensäure  46,95  Alkohol,  in  dem  andern  auf  dieselbe  Menge 
Kohlensäure  47,0  Alkohol.  Es  geht  hieraus  hervor,  dafs  in  der  Gährung 
durch  eine  einfache  Umsetzung  der  Elemente  des  Zuckers  die  neuen  Pro- 
dukte gebildet  werden,  ohne  dafs  die  Elemente  des  Körpers,  welcher  die 
Metamorphose  hervorbringt,  Antheil  daran  nehmen. 

Nach  der  Formel,  die  wir  für  die  Zusammensetzung  des  kristallisirten 
Rohrzuckers  angenommen  haben,  enthält  derselbe  die  Elemente  von  4 At. 
Kohlensäure,  2 At.  Aethyloxid  und  1 At.  Wasser,  und  es  fehlen  mithin 
die  Elemente  von  1 At.  Wasser,  um  bei  seiner  Zersetzung  die  nemlichen 
Produkte  zu  geben,  die  man  von  1 At.  trocknem  Traubenzucker  erhält. 

Durch  genaue  Versuche  ist  ermittelt  worden,  dafs  von  100  Theilen 
Rohrzucker  50,3  bis  51,27  Kohlensäure  und  52,62  Alkohol  erhalten  wer- 
den. Die  Summe  der  Gewichte  der  Produkte  beträgt  103,89,  mithin  mehr 
als  das  Gewicht  des  der  Gährung  unterworfenen  Zuckers.  Diesen  Mehr- 
betrag findet  man  als  Wasserstoff  und  Sauerstoff  in  dem  Verhältnifs,  wo 
sie  beide  Wasser  bilden,  in  dem  erhaltenen  Alkohol  wieder.  Es  ist  dem- 
nach gewifs,  dafs  bei  der  Gährung  des  Rohrzuckers  die  Elemente  von 
1 At.  Wasser  Antheil  an  der  Metamorphose  nehmen.  100  Theile  Rohr- 
zucker und  5,025  Wasser  (C12  Ha2  Ou  4-HjO)  liefern  bei  der  Gährung 
51,298  Kohlensäure, 

53,727  Alkohol. 

105,023 

Der  Procefs  der  Gährung  ist  die  Fäulnifs  eines  stickstofffreien  Kör- 
pers, das  heifst  eine  Metamorphose,  in  welcher  sich  die  Elemente  eines 
zusammengesetzten  Atoms  je  nach  ihren  speciellen  Anziehungen  zu  feste- 
ren , innigeren  Verbindungen  ordnen.  Sie  wird  beMirkt  durch  alle  Kör- 
per, deren  Elemente  sich  an  und  für  sich  in  einem  Zustande  der  Um- 
setzung befinden.  Bei  sehr  zusammengesetzten  stickstoffhaltigen  Materien 
fängt  die  Fäulnifs  (Gährung)  für  sich  bei  Gegenwart  von  Wasser  und 
einer  erhöheten  Temperatur  an  und  dauert  von  selbst  bis  zur  Zerstörung 
des  Körpers  fort;  stickstofffreie  hingegen  bedürfen  der  Gegenwart  eines 


8U 


Zucker. 


in  Fäulnifs  (io  Gährung)  befindlichen  stickstoffhaltigen  Körpers;  der  in 
Zersetzung  begriffene  Pflanzenleim,  Kleber,  das  vegetabilische  Eiweif s, 
die  man  im  Allgemeinen  mit  Ferment  bezeichnet,  eignen  sich  hierzu  am 
besten;  faulende  tierische  Stoffe  jeder  Art  können  aber  dieselbe  Zer- 
setzung hervorbriagen. 

Die  Rührung  oder  Fäulnifs  findet  nur  bei  zusammengesetzten  organi- 
schen Atomen  einer  höheren  Ordnung  statt.  Das  Verhalten  dieser  Verbin- 
dungen gegen  alle  darauf  einwirkende  Agentien  zeigt,  dafs  die  Kraft,  mit 
welcher  ihre  Elemente  zu  der  eigentümlichen  Verbindung  zusammenge- 
halten sind,  sehr  schwach  ist.  Jeder  darauf  einwirkende  Körper  veran- 
lafst  eine  neue  Ordnung  dieser  Elemente,  cs  entstehen  neue  zusammen- 
gesetzte Produkte,  welche  selbst  in  einer  und  derselben  Zersetzungsweise 
von  einander  verschieden  sind.  Man  kann  annebmen,  dafs  die  Atome  die- 
ser zusammengesetzten  Körper,  zu  weichen  die  Zuckerarten  gehören,  nur 
durch  das  Beharrungsvermögen,  durch  die  Trägheit  zusammengehalten  sind, 
dafs  jede  Störung  des  Gleichgewichts  in  der  Anziehung  der  Elemente  eine 
neue  Ordnung  derselben  bedingt.  Zu  diesen  Störungen  gehört  nun  der 
Einflufs,  den  ein  in  Zersetzung  begriffener  Körper  auf  einen  andern  aus- 
übt, welcher  der  nämlichen  Zersetzungsweise  fähig  ist.  Das  Ferment  ist 
ein  faulender  Körper,  dessen  Atome  sich  in  einer  beständigen  Umsetzung, 
in  einer  unaufhörlichen  Bewegung  befinden.  Diese  Bewegung  teilt  sich 
den  Atomen  des  Zuckers  mit,  sie  hebt  das  statische  Moment  in  der  An- 
ziehung seiner  Elemente  auf;  indem  sie  aufhöreu  in  dem  Zustande  oder  in 
der  Ordnung  zu  beharren,  in  welcher  sie  Zucker  bilden,  vereinigen  sie 
sich  nach  ihren  speciellen  Anziehungen.  Der  Kohlenstoff  des  Zuckers  theilt 
sich  in  den  Wasserstoff  und  Sauerstoff,  es  entsteht  auf  der  eineu  Seite 
eine  Kohlenstoffverbindung,  welche  den  gröfsten  Theil  des  Sauerstoffs 
(Kohlensäure),  auf  der  andern  eine  Kohleustoffverbindung,  die  allen  Was- 
serstoff (Alkohol)  enthält.  Diese  Zersetzungsweise  ist  bei  allen  faulenden 
oder  überhaupt  bei  allen  in  einer  Metamorphose  begriffenen  organischen 
Körpern  die  nämliche,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs  die  Produkte  je 
nach  der  Zusammensetzung  der  in  Fäulnifs  begriffenen  Materien  wechseln. 

Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dafs  der  Rohrzucker,  ehe  er  in  die  gei- 
stige Gäfarung  übergeht,  bei  Berührung  mit  Ferment  sich  iu  Traubenzucker* 
verwandelt,  dafs  es  mithin  der  Traubenzucker  allein  ist,  welcher  in  Koh- 
lensäure und  Alkohol  hierbei  zerfällt. 

Milchzucker  ist  zu  den  Zuckerarten  gerechnet  worden,  weil  als  eine 
wohlbewiesene  Thatfsache  angesehen  werden  mufs,  dafs  derselbe  in  der 
Milch  unter  denselben  Erscheinungen  verschwindet,  welche  die  Gähruiig 
der  ander«  Zuckerarten  charakterisiren  , wenn  sie  sich  selbst  bei  einer 
angemessenen  Temperatur  überlassen  wird ; es  entwickelt  sich  nämlich 
kohlensaures  Gas  und  in  der  Flüssigkeit  findet  sich  Alkohol.  Auch  bei  dem 
Milchzucker  ist  es  ausserordentlich  wahrscheinlich , um  nicht  zu  sagen 
gewifs,  dafs  er  vor  seinem  Zerfällen  in  die  genannten  Produkte  in  Trau- 
benzucker übergeht,  denn  die  Gährung  der  Milch  findet  erst  nach  ihrem 
Sauerwerden  statt,  und  zu  Ende  derselben  findet  sich  in  dem  Rückstände 
eine  grofse  Menge  einer  organischen  Säure.  Man  weifs  nun,  dafs  durch 
die  Wirkung  vieler  Säuren  der  Milchzucker  in  Traubenzucker  verwandelt 
wird  und  man  kann  kaum  daran  zweifeln , dafs  vor  oder  während  der 
Gährung  der  Milch  die  nämliche  Transformation  vor  sich  geht. 

Bei  der  Gährung  von  zuckerhaltigen  Pflanzensäften  scheinen  die  Ele- 
mente anderer  darin  aufgelöster  Bestandteile  wesentlichen  Anteil  an  der 
Bildung  der  hierbei  auftretenden  Produkte  zu  nehmen.  Durch  die  Einwir- 
kung der  Luft  auf  Trauben  und  Obst  und  andere  Pflanzensäfte  wird  eine 
Veränderung  der  aufgelösten  stickstoffhaltigen  Materien  des  Klebers,  Pflan- 
zenleims,  vegetabilischen  Eiweifses  eingeleitet,  in  Folge  deren  die  Zer- 
setzung des  Zuckers  beginnt  und  bis  zu  seinem  völligen  Verschwinden 
von  selbst  fortfährt.  Nach  dem  Beginnen  der  Gährung  dieser  Pflanzensäfte 
kann  die  Luft  abgeschlossen  werden,  ohne  dafs  damit  selbst  die  Zersetzung 
aufgehaUen  wird  , die  stickstoffhaltigen  Bestandteile  des  Saftes  schlage« 
sich  unaufhörlic?)  als  sogenannte  Hefe,  Ferment , nieder,  man  findet  in  J a 


M a n n i t 


8ia 


% 

gegohrnen  Flüssigkeiten  neben  Alkohol  noch  andere  Substanzen , Oenanth - 
säureäther , Fuselöl,  welche  vor  der  Gährung  in  den  Säften  nicht  vorhan- 
den waren,  sie  sind  höchst  wahrscheinlich  Erzeugnisse  gegenseitiger  Ein- 
wirkungen der  stickstoffhaltigen  Bestandteile  des  Saftes  auf  den  darin  ent- 
haltenen Zucker;  doch  ist  dieser  Procefs  nach  dieser  Seite  hin  zu  wenig 
erforscht,  als  dafs  man  jetzt  schon  eine  Erklärung  versuchen  könnte. 

Eine  ganz  bestimmte  Aufeinanderwirkung  der  aufgelösten  Stoffe  findet 
in  der  sogenannten  schleimigen  Gährung  statt,  als  deren  Hauptprodukte 
Mannit  und  Milchsäure  auftreten. 

Schleimige  Gährung. 

Wenn  der  Saft  von  Runkelrüben,  gelben  Rüben,  Zwiebeln  oder  an- 
dern zuckerhaltigen  Materien,  einer  Temperatur  von  30  — 40°  ausgesetzt 
wird,  so  stellt  sich  eine  lebhafte  Gasentwickelung  ein,  der  Rohrzucker 
geht  in  Traubenzucker  über,  es  entwickelt  sich  kohlensaures  Gas , nach 
beendigter  Zersetzung  ist  der  Zucker  völlig  verschwunden,  in  .der  Flüs- 
sigkeit findet  mau  nur  Spuren  von  Alkohol,  an  seiner  Stelle  enthält  sie 
aber  eine  reichliche  Menge  Milchsäure  und  Mannit ; sie  enthält  ausserdem 
eiuen  durch  Alkohol  iu  Gestalt  eines  dicken  syrupartigen  Schleims  fällba- 
ren Körper,  der  genau  die  Zusammensetzung  des  arabischen  Gummi’s  be- 
sitzt. Milchsäure  und  Mannit  so  wie  der  schleimige  Körper  scheinen 
hierbei  iu  Folge  der  Einwirkung  der  stickstoffhaltigen  eiweifsartigen  Be- 
staudtheile  des  Saftes  auf  den  Zucker  entstanden  zu  seyn,  ausser  Ammo- 
niak kann  kein  anderer  stickstoffhaltiger  Körper  in  der  gegohrnen  Flüs- 
sigkeit aufgefunden  werden.  Das  arabische  Gummi  oder  ein  demselben 
gleich  zusammengesetzter  Körper  enthält  aber  die  Elemente  des  Rohr- 
zuckers in  den  nämlichen  Gewichts-  und  Atom  Verhältnissen , und  Milch- 
säure und  Mannit  enthalten  zusammen  die  Elemente  des  getrockneten  Trau- 
benzuckers minus  l At.  Sauerstoff. 

Mannit  C6  Hi4  06 

Milchsäure  C6  H10  Os 

Ci*  H24  OiX 

Es  ist  denkbar,  dafs  beide  in  Folge  einer  Desoxidation  des  Zuckers  ent- 
stehen, von  welchem  1 At.  Sauerstoff  an  die  Elemente  der  stickstoffhalti- 
gen Bestandtheile  getreten  ist.  Die  schleimige  Gährung  wird  in  reinem 
Zucker  hervorgerufen,  wenn  er  in  20  Th.  Wasser  gelöst  wird,  welches 
vorher  mit  stärkmehlfreier  Bierhefe  oder  mit  Kleber  gekocht  wurde  und 
man  diese  Auflösung  einer  Temperatur  von  30  — 40°  längere  Zeit  aus- 
setzt.  C Desfosses , Pelou%e.~)  Verdünnte  Schwefelsäure , Galiäpfelaufgufs 
uud  viele  andere  Materien  verhindern  diese  Zersetzung.  Ihres  Zusammen- 
hanges wegen  mit  dem  Zucker,  der  zu  ihrer  Entstehung  Veranlassung 
giebt,  sollen  beide  in  dem  Folgenden  abgehandelt  werden, 

Mannit. 

Formel:  06  H14  06.  — Dieser  Körper  macht  den  Hauptbestandteil  der 
Manna  aus,  von  welcher  sein  Name  abgeleitet  ist;  er  findet  sich  in  dem 
ausgeschwitzten  Saft  mancher  Kirsch-  und  Aepfel - Bäume , in  vielen 
Schwämmen  und  manchen  Wurzeln,  namentlich  im  Selerie,  iu  dem  bei 
höherer  Temperatur  gegohrnen  Saft  der  Runkelrüben,  gelben  Rüben  und 
Zwiebeln;  er  ist  ferner  in  der  Flüssigkeit  enthalten,  welche  bei  der  Ver- 
wandlung der  Stärke  in  Zucker  durch  Kochen  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure erhalten  wird. 

§.  1 47.  Darstellung.  Zu  seiner  Darstellung  benutzt  man 
gewöhnlich  seine  Leichtkristallisirbarkeit  aus  Alkohol.  Die 
Materien,  welche  Mannit  enthalten,  werden  mit  Alkohol  ko- 
chend behandelt,  in  dem  er  sich  leicht  löst.  Beim  Erkalten 


814-  Milchsäure. 

dieser  Auflösung  setzt  er  sich  daraus  gröfstentheils  in  feinen 
Kristallen  ab,  die  inan  durch  wiederholte  Kristallisationen  rein  j 
erhält.  Um  aus  dem  gegohrnen  Saft  der  Runkelrüben  Mannit 
zu  erhalten,  dampft  man  denselben  nach  Vollendung  der  schlei- 
migen Gährung  bis  zur  Syrupconsistenz  ab,  und  mischt  ihn 
noch  heifs  mit  seinem  gleichen  Volumen  Alkohol,  wo  sich  ein 
dicker,  schlüpfriger,  zäher  Schleim  abscheidet.  Aus  der  al- 
koholischen  Lösung  kristallisirt  nach  der  Entfernung  des  Al- 
kohols Mannit  in  gefärbten  Kristallen,  die  man  auf  die  be- 
schriebene Weise  reinigt. 

$.  148.  Eigenschaften : Der  Mannit  stellt  sich  gewöhn- 
lich in  dünnen,  farblosen,  durchscheinenden,  seidenartig  glän- 
zenden, 4seitigen  Prismen  dar,  von  schwachem  süfsein  Ge- 
schmack, ist  leichtlöslich  im  Wasser,  schwerlöslich  in  kaltem, 
leichtlöslich  in  heifsem  Alkohol.  Die  wässerige  Lösung  kann 
durch  faulende  Stoffe  nicht  in  Gährung  versetzt  werden  5 er 
schmilzt  in  der  Hitze  ohne  Gewichtsverlust  zu  einer  farblosen 
Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  kristallinisch  erstarrt.  Wird 
durch  Salpetersäure  in  Oxalsäure  und  Zuckersäure,  nicht  in 
Schleimsäure,  durch  Behandlung  mit  übermangansaurem  Kali 
in  kleesaures  Kali  verwandelt.  Mit  concentrirter  Arsensäure 
in  Berührung  nimmt  er  eine  ziegelrothe  Farbe  an.  Seine  wäs- 
serige Auflösung  löst  Bleioxid  auf. 

Milchsäure. 

Formel  der  Milchsäure  in  dem  Zinksalz:  C6  H10  O*.  Symb.  L.  Das 
Milchsäurehydrat  ist  C6  H10  04  + aq  = Lj  a«j. 

Entdeckt  von  Scheele  in  den  sauren  Molken.  Als  Acide  nanceique 
beschrieben  von  Braconnot.  Die  Milchsäure  kommt  nach  Berzelius  als 
Bestandtheil  vieler  Flüssigkeiten  des  thierischen  Körpers  vor,  namentlich 
ist  sie  in  dem  Urin,  verbunden  mit  Harnstoff,  vorhanden  ( Henry sie  er- 
zeugt sich  bei  dem  Sauerwerden  der  Milch,  bei  der  Gährung  vieler  Pflan- 
zensäfte und  bei  der  Fäulnifs  thierischer  Materien.  Die  Säure  in  dem  ge- 
gohrnen Runkelrübensaft,  den  gegohrnen  weifsen  Rüben  (^Brassica  Rapa), 
dem  Sauerkraut,  den  gegohrnen  Abkochungen  von  Reis  und  Brechnüssen 
(Nux  vomica),  in  sauerer  Gerberlohe  (Jusee),  sauer  gewordenem  Hafer- 
schleim, Mandelemulsion,  ist  grofsentheils  reine  Milchsäure. 

Darstellung : Zu  ihrer  Darstellung  wird  milchsaurer  Baryt  in  Wasser 
gelöst  und  durch  vorsichtigen  Zusatz  von  verdünnter  Schwefelsäure  zer- 
legt. Die  von  dem  Niederschlag  getrennte  Flüssigkeit  befreit  man  zuerst 
bei  gelinder  Wärme,  zuletzt  durch  Abdampfen  in  der  Leere  über  Schwe- 
felsäure von  allem  Wasser.  Man  erhält  auf  diese  Weise  Milchsäurehy- 
drat, was  man  durch  Auflösung  in  Aether  nach  der  Verdampfung  des 
Aethers  vollkommen  rein  erhält. 

Eigenschaften:  Das  Hydrat  der  Milchsäure  stellt  eine  syrupähnliche, 
farblose  Flüssigkeit  dar,  von  1,215  spec.  Gewicht  bei  20°,  von  sehr  sau- 
rem Geschmack,  der  sich  durch  Verdünnen  mit  Wasser  auffallend  ver- 
mindert, aus  der  Luft  zieht  sie  Feuchtigkeit  an,  sie  ist  mischbar  mit  Al- 
kohol und  Aether. 

Bei  einer  Temperatur  von  250°  zerlegt  sich  das  Milchsäurehydrafc. 
Das  bemerkenswertheste  Produkt  dieser  Zersetzung  ist  ein  weifser  kri- 
stallinischer Körper,  den  man  gewöhnlich  sublimirte  Milchsäure  nannte. 

Per  gröfste  Theil  der  Milchsäure  verwandelt  sich  in  diese  Materie,  die 


Mil ch saurer  Harnstoff. 


815 


in  weifsen  glänzenden  Kristallen  sublimirt.  Durch  Pressen  zwischen  Druck- 
papier und  Kristallisation  aus  Alkohol  wird  sie  vollkommen  rein  erhalten 
und  stellt  in  diesem  Zustande  farblose,  glänzende,  rhomboidale  Blätter  dar, 
welche  bei  107*  schmelzen  und  bei  250°  unverändert  sublimiren.  Die  er- 
hitzte Substauz  verflüchtigt  sich  an  der  Luft  in  weifsen  reizenden  Däm- 
pfen , die  sich  entzünden  lassen  ; sie  besitzt  einen  schwach  sauren  Ge- 
schmack, löst  sich  sehr  langsam  in  kaltem,  schnell  und  leicht  in  kochen- 
dem Wasser,  an  der  Luft  ziehen  die  Kristalle  Wasser  an  und  zerfliefsen. 
Aus  diesen  Auflösungen  können  die  Kristalle  nicht  wiedererhalten  werden ; 
beim  Abdampfen  erhält  man  einen  Syrup,  welcher  die  Zusammensetzung 
des  Milchsäurehydrats  und  alle  ihre  Eigenschaften  besitzt. 

Das  Beinerkenswertheste  in  diesem  Körper  ist  seine  Zusammensetzung; 
sie  wird  durch  die  Formel  C6  H8  04  ausgedrückt  und  unterscheidet  sich 
von  der  Zusammensetzung  der  Milchsäure  durch  die  Bestandteile  von  2 
Atomen  Wasser,  welche  die  letztere  mehr  enthält,  was  ihre  Bildung  aus 
der  Milchsäure  erklärt.  Als  strenger  Beweis  für  diese  Zusammensetzung 
kann  die  Verwandlung  in  Milchsäurehj'drat  betrachtet  werden,  welche  bei 
ihrer  Auflösung  in  Wasser  vor  sich  geht. 

Da  bis  jetzt  durch  Verbindung  der  Milchsäure  mit  Basen  nur  das  Hy- 
dratwasser des  Hydrats,  also  nur  1 At.  Wasser,  abgeschieden  und  ersetzt 
werden  konnte  durch  Aequivalente  von  Metalloxiden,  und  die  damit  ver- 
bundene Säure  als  wasserfrei  zu  betrachten  ist,  so  scheint  die  sog.  sub- 
limirte  Milchsäure  ein  Zersetzungsprodukt  der  wasserfreien  Säure  zu  seyn, 
von  der  sich  die  Elemente  von  1 At.  Wasser  getrennt  haben.  Eine  nähere 
Untersuchung  ihrer  Eigenschaften  so  wie  ein  genaueres  Studium  der  milch- 
sauren  Salze  mufs  diese  Frage  entscheiden.  Jedenfalls  bleibt  es  merk- 
würdig, dafs  dieses  Sublimat  die  Fähigkeit  besitzt,  2 At.  Wasser  wieder 
aufzuuehmen,  von  denen  nur  1 At.  abscheidbar  durch  Metalloxide  (durch 
Zinkoxid)  ist. 

Die  Milchsäure  löst  frisch  gefällten  phosphorsauren  Kalk  in  Menge  auf, 
eine  Eigenschaft,  welche  der  Essigsäure  abgeht;  sie  bringt  Eiweifs  zum 
Gerinnen,  läfst  sich  mit  kalter  Milch  ohne  Veränderung  mischen,  coagu- 
lirt  sie  aber  beim  Erhitzen. 

Milchsaurer  Harnstoff.  Formel:  L,C202N2H8 

Als  Bestandteil  des  Urins  von  Cap  und  Henry  entdeckt. 

Darstellung.  Man  erhält  diese  Verbindung  direct  durch  wechselseitige 
Zersetzung  von  milchsaurem  Kalk  mit  oxalsaurem  Harnstoff;  nach  Entfer- 
nung des  oxalsauren  Kalks  dampft  man  die  Flüssigkeit  bei  gelinder  Wärme 
ab  und  läfst  sie  in  einer  Glocke  über  concentrirter  Schwefelsäure  oder  in 
der  Leere  kristallisiren. 

Aus  dem  Menschenharn  kann  man  diese  Verbindung  direct  darstellen, 
wenn  man  ihn  bis  zur  schwachen  Syrupconsistenz  abdampft,  durch  Zusatz 
von  kohlensaurem  Kalk  die  freie  Säure  hinwegnimmt,  die  durch  Abkühlen 
sich  abscheidenden  Salze  entfernt  und  die  filtrirte  Flüssigkeit  im  Wasser- 
bade bis  zur  Bildung  eines  kristallinischen  Absatzes  weiter  concentrirt. 
Sie  wird  jetzt  mit  eiuer  Mischung  von  2 Th.  Alkohol  und  1 Th.  Aether 
bei  gelinder  Erwärmung  digerirt , wo  sich  der  milchsanre  Harnstoff  auf- 
löst. Durch  Verdampfung  der  Lösung  erhält  man  ihn  in  gelblichen  pris- 
matischen Nadeln  kristallisirt,  die  inan  durch  Behandlung  mit  Kohle  entfärbt. 

Eigenschaften.  Der  railchsaure  Harnstoff  kristallisirt  in  sechsseitigen, 
farblosen  Nadeln  von  frischem,  stechendem  Geschmack;  die  Kristalle  zie- 
hen Wasser  aus  der  Luft  an  und  zerfliefsen,  sie  lösen  sich  leicht  in  Al- 
kohol, weniger  leicht  in  Aether.  Beim  gelinden  Erhitzen  schmelzen  sie 
und  verflüchtigen  sich  ohne  Zersetzung ; bei  raschem  Erhitzen  werden  sie 
zersetzt,  indem  ein  kokliger  Rückstand  bleibt. 

Nach  der  Untersuchung  von  Cap  und  Henry  unterscheidet  sich  der 
milchsaure  Harnstoff  in  seiner  Zusammensetzung  von  dem  oxal-  und  sal- 
petersauren Harnstoff,  insofern  die  letzteren  noch  I At.  Wasser  in  chemi- 
scher Verbindung  enthalten,  das  in  dem  ersfceren  fehlt. 


810  Milchsaures  Aethyloxid,  — Zinkoxid. 


Milchsäure  Salze. 

In  den  neutralen  milchsauren  Salzeu  ist  das  Hydratwasser  der  Säure 
durch  1 Aeq.  Metalloxid  ersetzt;  man  kennt  keine  sauren  Salze,  wohl 
aber  scheint  sie  basische  Salze  zu  bilden,  welche  nicht  untersucht  sind. 
Die  allgemeine  Formel  der  neutralen  milchsauren  Salze  ist  L,  MO.  Alle 
milchsauren  Salze  sind  löslich  im  Wasser.  Die  Schwerlöslichkeit  des  milch- 
sauren Zinkoxids  in  kaltem  Wasser  wurde  von  Braconnot  zuerst  zur  Rein- 
darstellung eines  milchsauren  Salzes  und  zur  Scheidung  von  fremden  Sal- 
zen benutzt. 

Milchsaures  Aethyloxid  ist  nicht  bekannt. 

Milchsaures  Ammoniumoxid , Kali , Natron , sind  zerfliefslich. 

Milchsaurer  Baryt.  Dieses  Salz  erhält  man  durch  Fällung  von  milch- 
saurem  Zinkoxid  mit  Barytwasser;  es  ist  im  Wasser  sehr  löslich  und  trock- 
net an  der  Luft  zu  einer  durchscheinenden  nicht  kristallinischen  Masse  ein. 
Es  dient  zur  Darstellung  der  Milchsäure. 

-Milchsaurer  Kalk ; L,  CaO.  Dieses  Salz  ist  in  den  Krähenaugen  nach 
Corriol  fertig  gebildet  enthalten.  Man  kann  es  daraus  erhalten,  wenn  die 
geraspelten  Krähenaugen  mit  Wasser  ausgezogen,  die  Flüssigkeit  zur  Ex- 
tractconsisteuz  abgedampft  und  dieser  Rückstand  mit  kochendem  Alkohol 
behandelt  wird,  welcher  den  milchsauren  Kalk  aofiöst.  Wird  der  Alkohol 
durch  Destillation  entfernt  und  die  coucentrirte  Flüssigkeit  der  Ruhe  über- 
lassen, so  kristallisirt  daraus  das  Salz  in  gelben  körnigen  Kristallen,  die 
man  durch  Behandlung  mit  Kohle  und  neue  Kristallisationen  reinigt.  Die 
Krähenaugen  enthalten  2 — 3 p.  c.  milchsaureu  Kalk.  Man  kann  es  leicht  aus 
saureu  Molken  gewinnen,  wenn  diese  bis  zur  schwachen  Syrupconsistenz 
abgedampft,  der  Rückstand  mit  Alkohol  behandelt  und  die  alkoholische  Flüs- 
sigkeit, welche  alle  Milchsäure  enthält,  mit  Kalkhydrat  oder  Kreide  ge- 
sättigt wird.  Mau  destillirt  alsdann  den  Alkohol  bis  zur  Trockne  im  Was- 
serbad ab,  löst  den  Rückstand  in  wenig  Wasser  und  läfst  ihn  kristallisi- 
ren.  ( Henry. } Der  milchsaure  Kalk  kristallisirt  in  weifsen  concentrisch 
vereinigten  feinen  Nadeln,  die  sich  in  kochendem  leichter  wie  in  kaltem 
Wasser  lösen;  er  enthält  29,5  p.  c.  Kristallwasser  = 5' Atome,  welche 
beim  Erhitzen  entweichen,  während  das  Salz  schmilzt. 

Milchsaures  Zinkoxid;  L,  ZnO.  Man  stellt  dieses  Salz  am  besten  aus 
Sauerkraut  auf  folgende  Weise  dar.  Das  Sauerkraut  wird  mit  Wasser  zum 
Sieden  erhitzt  und  der  heifsen  Flüssigkeit  solange  kohlensaures  Zinkoxid 
zugesetzt  als  man  noch  ein  Aufbrausen  bemerkt.  Die  Flüssigkeit  wird  ge- 
klärt und  zur  Syrupdieke  abgedampft , wo  das  milchsaure  Zinkoxid  kri- 
siallisirt.  Die  Kristalle  entfärbt  man  durch  Kohle  und  reinigt  sie  durch 
wiederholte  Kristallisationen.  Man  verfährt  auf  dieselbe  Weise,  wenn 
man  es  aus  sauren  Molken  oder  aus  Rübensaft  darsteJIen  will , mit  dem 
Unterschied  jedoch,  dafs  man  diese  Flüssigkeiten  bis  zur  schwachen  Sy- 
rupconsistenz abdampft,  mit  Alkohol  mischt,  wo  sich  die  Milchsäure  löst, 
während  Schleim,  Milchzucker  und  fremde  Substanzen  Zurückbleiben. 
Die  alkoholische  Lösung  der  Milchsäure  behandelt  man  nach  der  Entfer- 
nung des  Alkohols  mit  Zinkoxid  wie  oben  angeführt. 

Das  milchsaure  Zinkoxid  kristallisirt  beim  Erkalten  der  kochend  heifs 
gesättigten  Lösung  in  schiefen  vierseitigen  Prismen , welche  3 At.  Wasser 
enthalten.  Die  wässerige  Lösung  giebt  mit  Alkohol  vermischt  einen  weifsen 
Niederschlag,  welcher  ein  basisches  Salz  eingemengt  enthält,  was  sich 
im  Wasser  löst  und  daraus  kristallisirt ; es  scheint  3 At.  Zinkoxid  zu  enc- 
jbalten,  doch  bedarf  diese  Analyse  einer  Bestätigung. 

Die  folgenden  milchsauren  Salze:  Milchsaures  Kali , Natron , Ammo- 
niumoxid, Thonerde , Nickeloxid,  Bleioxid,  Quecksilberoxid,  sind  leicht 
löslich  und  nicht  in  regeimäfsigen  Kristallen  zu  erhalten. 


Methyl.  — Methyloxid. 


817 


Milchsäure  Bittererde  bildet  kleine  Kristallblättctien,  ist  in  30  Th. 
kaltem  Wasser  löslich  und  enthält  3 At.  Wasser. 

Milchsaures  Eisenoxidul , L , FeO,  3aq,  — Kupferoxid , L , CuO,  2aq, 
— Silberoxid  sind  kristallisirbar. 


VI)  M ethyl. 

Formel:  C2  H6.  Symb.  Me. 

2 At.  Kohlenstoff  = 1 52,88 

6 At.  Wasserstoff — 37,44 

1 At.  Methyl  ==  190,32 

Mit  Methyl  bezeichnen  wir  das  hypothetische  Radikal  des  Holzgeistes 
und  seiner  Verbindungen , entsprechend  in  seinem  chemischen  Charakter 
dem  Aethyl,  von  welchem  es  sich,  wie  man  leicht  bemerkt,  durch  seine 
Zusammensetzung  unterscheidet.  Seine  Verbindungen  mit  Sauerstoff,  Chlor, 
Iod,  Brom,  können  durch  Behandlung  des  Methyloxidhydrats  mit  Schwefel- 
säure oder  mit  den  entsprechenden  Wasserstoffsäuren  des  Chlors,  Broms 
und  Jods  gebildet  und  dargestellt  werden. 

Alle  Verbindungen  des  Methyls  lassen  sich  aus  dem  Holzgeist  dar- 
stellen , welcher  als  Produkt  der  trocknen  Destillation  des  Holzes  zuerst 
von  Taylor  entdeckt,  wurde. 

Die  Ausmittelung  seiner  chemischen  Natur,  seiner  Zusammensetzung 
so  wie  die  seiner  Verbindungen,  gehört  Dumas  und  Veligot  an,  welche 
ihre  wichtigen  Entdeckungen  in  den  Annales  de  chimie  Bd.  LVIII.  S.  5. 
bekannt  gemacht  haben.  Alles  Folgende  ist  aus  ihren  Abhandlungen  ent- 
nommen. 


Methyloxid. 

Formel:  C2  H6  0 = MeO.  (Dumas  und  Veligot,  Kane.l 

Darstellung : Man  unterwirft  eine  Mischung  von  gleichen  Raumtheilen 
Schwefclsäurehydrat  und  Methyloxidhydrat  (reinem  Holzgeist)  der  Destil- 
lation und  leitet  die  sich  entwickelnden  Gase  zuerst  in  Kalkmilch,  sodann 
durch  mehrere  dreihalsige  Flaschen,  die  mit  reinem  Wasser  angefüllt  sind. 
Die  wässerigen  Flüssigkeiten  enthalten  Methyloxid  in  Auflösung.  Man  er- 
hält beim  gelinden  Erwärmen  daraus  reines  Methyloxid,  was  sich  als  Gas 
entbindet;  es  wird  über  Quecksilber  aufgefangen,  und  kann  durch  Stehen- 
lassen über  Kalihydrat  von  allem  Wasser  und  den  Dämpfen  von  Methyl- 
oxidhydrat, von  denen  es  begleitet  ist,  befreit  werdeu. 

Eigenschaften:  Farbloses  Gas,  von  augeuehmem  Aethergeruch , leicht 
entzündlich,  mit  blafsblauer  Flamme  brennend,  wird  bei  — 16°  nicht  flüs- 
sig, löst  sich  in  Wasser,  was  37  Volumina  davon  aufnimmt  und  einen 
Aethergeruch  und  beifsenden  Geschmack  annimmt;  es  wird  von  Alkohol, 
von  Methyloxidhydrat  und  concentrirter  Schwefelsäure  in  grüfserer  Quan- 
tität als  von  Wasser  aufgenommen,  durch  Zusatz  von  Wasser  trennt  es 
sich  von  der  Schwefelsäure.  Leitet  man  gleichzeitig  Methyloxidgas  und 
die  Dämpfe  von  wasserfreier  Schwefelsäure  io  einen  abgekühlten  Ballon, 
so  vereinigen  sich  beide  zu  neutralem  schwefelsaurem  Methyloxid.  (Reg- 
nault.y  Es  vereinigt  sich  mit  den  übrigen  Sauerstoffsäuren  zu  neutralen 
und  sauren  Methyloxidsalzen.  Seiner  Zusammensetzung  nach  enthält  es 
die  nämlichen  Bestandthevle  und  in  dem  nämlichen  relativen  Verhältnisse 
wie  das  Aethyloxidhydrat  (Alkohol).  Nach  dem  specifisciien  Gewichte 
des  Gases  1,(5008  enthält  es  in  1 Vol.  Eiu  Vol.  Kohlenstoff,  3 Vol.  Was«» 
serstoff  und  % Vol.  Sauerstoffgas. 


/ 


818 


Methyl. 


Methyloxidhydrat . Hotzgeist . 

Formel:  C2  H6  0 -f  aq.  Sy  mb.  MeO,  aq. 

Darstellung : Der  im  Handel  vorkommende  Holzgeist  ist  sehr  unrein, 
er  enthält  neben  Methyloxidhydrat,  was  darin  in  gröfster  Menge  vorhanden 
ist,  Aceton  und  mehrere  andere  brennbare  Flüssigkeiten.  Die  Fähigkeit 
des  Methyloxidhydrats,  mit  Chlorcalcium  eine  Verbindung  einzugehen, 
welche  beim  Siedpunkte  des  Wassers  mir  schwierig  getrennt  wird,  be- 
nutzt man  vorteilhaft  zu  seiner  Reinigung.  Zu  diesem  Zwecke  wird  der 
concentrirte  käufliche  Holzgeisfc  mit  einem  Ueberschufs  von  Chlorcalcium 
in  einer  Retorte  zusammeugebracht , und  die  Mischung  im  Wasserbade  bei 
Siedhitze  so  lange  erhitzt  , als  noch  flüchtige  Materien  überdestilliren.  Za 
dem  Rückstand  in  der  Retorte  bringt  man  ein  dem  Volumen  des  ange- 
wendeten Holzgeistes  gleiches  Volumen  Wasser  und  setzt  die  Destillation 
im  Wasserbade  fort.  Das  jetzt  übergehende  ist  wasserhaltiges  reines  Me- 
tliyloxid , was  man  durch  Rectifikation  über  gebrannten  Kalk  rein  und 
wasserfrei  erhält. 

Es  ist  zuwreilen  der  Fall,  dafs  bei  dieser  zweiten  Destillation  die  er- 
sten übergehenden  Tropfen , wenn  sie  mit  Wasser  vermischt  w erden  , sich 
noch  milchig  trüben  ; in  diesem  Falle  mufs  die  Vorlage  gewechselt  werden. 

Eigenschaften : Das  Methyloxidhydrat  stellt  eine  wasserhelle  , farblose 
Flüssigkeit  dar  von  eigentümlichem  aromatisch  brenzlichem , dem  Essig- 
äther und  Alkohol  ähnlichen  Geruch  , es  ist  leicht  entzündlich  und  brennt 
mit  wenig  leuchtender  Flamme.  Es  ist  mischbar  mit  Wasser  ohne  Trübung, 
mit  Alkohol  und  Aether  in  allen  Verhältnissen,  ohne  Wirkung  auf  Pflanzeu- 
farben  , es  siedet  unter  einem  Luftdruck  von  7ölrotu  bei  66°, 5° 
unter  774tnm  Druck  bei  00°  (Kane)  und  hat  ein  spec.  Gewicht  von  0,798 
bei  20°  C.  Das  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  ist  1,120. 

Bei  der  Destillation  von  Methyloxidhydrat  mit  Braunstein  und  Schwe- 
felsäure oder  bei  Berührung  mit  Platinschwarz  und  Luft  entsteht  eine 
Reihe  Oxidationsprodukte,  unter  welchen  Ameisensäure  und  Formomethylel 
die  bemerkenswerthesten  sind.  Mit  einem  Ueberscliufs  von  concentrirter 
Salpetersäure  erhitzt  wird  das  Methyloxid  in  Wasser  und  Oxalsäure  zer- 
setzt, setzt  man  der  Mischung  salpetersaures  Silberoxid  hinzu,  und  ent- 
fernt durch  Verdampfen  die  Salpetersäure,  so  bleibt  ein  weifser  Rück- 
stand von  oxalsaurem  Silberoxid.  Durch  Chlor  wird  er  schnell  und  leicht 
und  mit  starker  Wärmeentwickelung  unter  Bildung  von  chlorhaltigen  Pro- 
dukten zersetzt.  Mit  Kalium  iu  Berührung  entwickelt  er  reines  Wasser- 
stoffgas, es  entsteht  eine  Verbindung  von  Kaliumoxid  mit  Methyloxid, 
welche  gelöst  bleibt.  fBoeckmann .)  Das  Methyloxidhydrat  löst  in  der 
Wärme  geringe  Mengen  von  Schwefel,  Phosphor  und  viele  Harze  auf,  ist 
mischbar  mit  den  meisten  ätherischen  Oelen  und  geht  kristallinische  Ver- 
bindungen ein  mit  Baryt,  Kalk  und  Chlorcalcium. 

Methyloxidhydrat  und  Baryt.  Formel:  MeO,  aq  -{-  BaO.  fDumas .) 
Reiner  Baryt  löst  sich  leicht  in  Methy 'oxidhydrat  unter  Erwärmung  auf, 
die  Auflösung  wird  braun  an  der  Luft,  in  der  Leere  abgedampft  erhält 
man  daraus  seidenglänzende  Kristallnadcln , wrelche  in  der  Wärme  schmel- 
zen und  bei  erhöheter  Temperatur  kohlensauren  Baryt  und  Kohle  binter- 
lassen.  Im  Anfang  dieser  Zersetzung  destillirt  Holzgeist,  zuletzt  ein  öl- 
ähnlicher Körper  über.  Nach  der  Analyse  von  Dumas  und  Peliyot  ent- 
halten 100  Theiie  dieser  Verbindung  70,5  Baryt , woraus  sich  obige  For- 
mel entwickelt. 

Methyloxidhydrat  und  Chlorcalcimn.  Formel : 2 (.MeO , aq)  -4-  CI2  Ca. 
(Kane.~)  Chlorcalcium  löst  sich  mit  grofser  Leichtigkeit  und  unter  starker 
Erhitzung  in  Methyloxidhydrat ; iäfst  man  die  warm  gesättigte  Auflösung 
erkalten,  so  gesteht  die  Flüssigkeit  meistens  zu  einer  kristallinischen  Masse; 
aus  minder  concentrirten  Auflösungen  erhält  man  beim  Abkühlen  breite, 
sechsseitige  Tafeln,  welche  an  der  Luft  zerfliefsen.  In  der  Leere  über 
Schwefelsäure  getrocknet  hinterlassen  sie  nach  dem  Giühen  46,7  p.  c. 


Methylchlorür, 


-i  odür. 


81  » 

Chlorcalcium.  Durch  Wasser  wird  die  Verbindung  unter  Abscheidung  des 
Methyloxidhydrats  zerlegt. 

Methyl  und  Haloide. 

Die  Verbindungen  des  Methyls  mit  Chlor,  Brom  und  Iod  werden  ent- 
weder direct  durch  Zusammenbriugen  der  Wasserstoffsäuren  dieser  Haloide 
mit  Methyloxidhydrat  oder  durch  Destillation  von  schvvefelsaurem  Methyl- 
oxid mit  den  correspondirenden  Metallhaloiden  hervorgebracht. 

In  dem  ersteren  Falle  verbindet  sich  der  Sauerstoff  des  Methyloxids 
mit  dem  Wasserstoff  der  Wasserstoffsäure,  während  das  Haioid  (Chlor, 
Brom,  Iod,  Fluor)  an  die  Stelle  des  Sauerstoffs  tritt,  z.  B. : 

Cl2  | H2  Chlorwasserstoffsäure  und 
Me  I O + aq  Methyloxidhydrat 
geben  Methylchlorür  j Wasser. 

oder  das  Metall  des  Metall haloids  oxidirt  sich  auf  Kosten  des  Sauerstoffs 
des  Methyloxids  zu  Metalloxid,  was  sich  mit  der  Schwefelsäure  vereinigt, 
während  das  Methyl  eine  Verbindung  mit  dem  Haioid  eingeht. 

S03 , O | Me  schwefelsaures  Methyloxid  und 
K I F2  Fluorkalium 
geben  schwefelsaures  I 

Kali  und  Methylfluorür. 

Die  Methylhaloide  sind  ohue  Wirkung  auf  die  Pflanzenfarben,  unzer- 
setzbar durch  Berührung  mit  Wasser  und  höchst  schwierig  durch  ätzende 
Alkalien , die  davon  nicht  zerlegt  werden.  Durch  Auflösungen  von  Alka- 
lien iu  Alkohol  oder  Methyloxidhydrat  werden  sie  hingegen  zersetzt;  Me- 
tallhaloide  uud  Methyloxidhydrat  sind  die  Produkte  dieser  Zersetzung.  In 
ihren  Auflösungen  in  Methyloxidhydrat  oder  Alkohol  zeigen  Metallsalze 
die  Gegenwart  der  Haloide  nicht  an,  sie  sind  brennbar,  leicht  entzünd- 
lich, unter  den  Produkten  der  Verbrennung  findet  sich  stets  das  Haioid  in 
seiner  Wasserstoffverbindung  wieder.  Methylchlorür  entwickelt  hierbei 
Chlorwasserstoffsäure  u.  s.  w.  Durch  glühende  Röhren  getrieben  werden 
diese  Verbindungen  zersetzt,  es  bilden  sich  Haloidwasserstoffsäuren  und 
brennbare  Kohlenwasserstoffgase  unter  Absatz  von  Kohle. 


Methylchlorür . 

Formel:  Me,  Cl2.  £Dumas  und  Peliyot.J 

Am  reinsten  erhält  man  diese  Verbindung  durch  Destillation  von  schwe- 
felsaurem  Methyloxid  mit  trocknem  Kochsalz,  oder  durch  Destillation  von 
Kochsalz , Schwefelsäure  und  Methyloxidhydrat.  Die  Produkte  der  De- 
stillation müssen  durch  Wasser  geleitet  werden,  welches  schweflige  Säure, 
Methyloxid hyd rat  und  Methyloxid  aufnimmt. 

Eigenschaften:  Farbloses  Gas  von  ätherartigem  Geruch  und  süfslichem 
Geschmack;  1 Vol.  Wasser  löst  bei  16°  und  765mm  Barometerstand  2,8 
Vol.  Methylchloriirgas  auf,  es  ist  entzündlich  und  brennt  mit  leuchtender,  . 
an  dem  Saume  grüngefärbter  Flamme,  sein  spec.  Gewicht  ist  1,7378,  es  ent- 
hält % Vol.  Chlor-,  % Vol.  Kohlen-  und  l1/*  Vol.  Wasserstoffgas;  bei 
— 18°  C.  behält  es  seine  Gasform. 


Methyliodür. 

Formel:  Me,  I2  (^Dumas'). 

Zu  seiner  Darstellung  bringt  man  12  — 15  Th.  Methyloxidhydrat  und 
8 Th.  Iod  in  eine  Retorte,  setzt  nach  und  nach  1 Theil  Phosphor  in  klei- 
nen Stücken  zu  und  unterwirft  das  Ganze  der  Destillation.  Beim  Yer- 


880 


Methyl. 


mischen  des  Destillats  mit  Wasser  scheidet  sich  das  Methyliodür  ab,  es 
wird  durch  neue  Destillationen  über  Chlorcalcium  und  Bleioxid  rein  er- 
halten. 

Eigenschaften:  Farblose  Flüssigkeit,  schwer  entzündlich,  sie  siedet 
bei  40  — 50°  und  besitzt  ein  spec.  Gewicht  von  2,237  bei  21°. 

Methyl fluorür . Me,  F2  (Dumas J. 

Darstellung : Durch  Destillation  von  schwefelsaurem  Methyloxid  mit 
Fluorkalium.  Eigenschaften:  Farbloses  Gas  von  angenehmem,  ätherarti- 
gem Geruch  und  1,180  spec.  Gewicht,  entzündlich , mit  blauer  Flamme 
brennend,  in  Wasser  löslich,  was  sein  anderthalbfaches  Volumen  aufnimmt. 

Methylcyanür . Me,  Cy2. 

Durch  Destillation  von  schwefelsaurem  Methyloxid  mit  Cyankalium 
erhält  man  Methylcyanür  als  eine  im  Wasser  unlösliche  ätherartige  Flüs- 
sigkeit. 

Methylsul  für.  Me,  S. 

Diese  Verbindung  soll  durch  Destillation  von  Schwefelcalcium  mit 
schwefelsaurem  Methyloxid  als  ätherartige  Flüssigkeit  von  knoblaucharti- 
gem unangenehmem  Geruch  erhalten  werden  können. 

Methylsulfür  - Schwefelwasserstoff  ( Sulfhydrate  de  Sulfur e 
de  melhylene). 

Bei  der  Destillation  von  gleichen  Theilen  einer  Auflösung  von  schwe- 
felsaurem Methyloxid-Kaii  und  schwefehvasserstoffsaurem  Schwefelkalium 
geht  ein  äusserst  flüchtiger  Körper  über,  welcher  den  Geruch  der  ent- 
sprechenden Acthyl  verbin  düng  besitzt.  Derselbe  stellt  eine  farblose  Flüs- 
sigkeit dar,  welche  leichter  wie  Wasser  ist  und  schon  bei  20°  siedet;  ge- 
gen Quecksilber  und  Bleioxid  verhält  sie  sich  wie  das  schwefelwasser- 
stoffsaure Aethylsulfür.  Die  Quecksilberverbindung  ist  weifs  und  kann  aus 
Alkohol  in  glänzenden  Blättern  kristallisirt  erhalten  werden,  welche  bei 
100°  noch  nicht  schmelzen. 

Methyloxidsalze. 

Das  Methyloxid  bildet  mit  den  Sauerstolfsäuren  saure  und  neutrale 
Salze.  In  den  neutralen  Salzen  ist  das  Hydratwasser  der  Säure  durch 
1 Aeq.  Methyloxid  ersetzt.  Die  saureu  Salze  sind  Verbindungen  von  1 
Aeq.  des  neutralen  Salzes  mit  1 Aeq.  des  Hydrates  der  Säure. 

Gegen  Alkalien  und  Salze  verhalten  sich  die  neutralen  und  sauren 
Methyloxidsalze  genau  wie  die  entsprechenden  Aetbyloxidsalze , so  dafs 
man  dieses  Verhalten  kennt,  wenn  man  in  der  Beschreibung  des  letzteren 
für  Aethyloxid,  Methyloxid  setzt. 

Durch  wasserfreie  Metalloxide  werden  diese  Verbindungen  nicht  zer- 
setzt, leicht  hingegen  durch  die  Hydrate  der  Alkalien. 

Schwefelsaures  Methyloxid , neutrales. 

Formel:  MeO,  S03  (Dumas  und  PeligolJ. 

Beim  Vermischen  von  Schwefelsäurehydrat  mit  Methyloxidhydrat  wird, 
ähnlich  wie  beim  Zusammenbringen  von  Alkohol  mit  demselben  Körper, 
saures  schwefelsaures  Methyloxid  gebildet,  was  sich  beim  Erhitzen  unter 
Schwärzung  in  schweflige  Säure,  Methyloxid  und  neutrales  schwefel- 
saures Methyloxid  zersetzt;  die  Menge  des  letzteren  steigt  bis  zu  einem 


82t 


Methyloxid,  schwefelsaures. 

gewissen  Grade , wenn  die  Menge  der  Schwefelsäure  vermehrt  wird.  Alle 
übrigen  Erscheinungen,  die  man  hierbei  bemerkt,  sind  denen  der  Zer- 
setzung von  Alkohol  durch  Schwefelsäure  vollkommen  ähnlich. 

Es  ist  schon  früher  bemerkt  worden,  dal’s  nach  den  Versuchen  von 
Regnault  Methyloxidgas  und  wasserfreie  Schwefelsäure  sich  direct  zu  neu- 
tralem schwefelsaurem  Methyloxid  vereinigen. 

Darstellung : Man  unterwirft  eine  Mischung  von  1 Theil  Methyloxid- 
hydrat mit  8 — 10  Th.  Schwefelsäurehydrat  der  Destillation,  wo  unreine» 
schwefelsaures  Methyloxid  in  Gestalt  eines  ölähnlichen  Liquidums  übergeht, 
was  man  durch  Waschen  mit  kaltem  Wasser  von  Schwefelsäure,  durch 
Stehenlassen  über  Chlorcalcium  von  Wasser  und  durch  Kectilikation  über 
gebrannten  Kalk  von  schwefliger  Säure  befreit  und  rein  erhält.  Man  kann 
es  ebenfalls  durch  Stellenlassen  in  der  Leere  über  Schwefelsäure  und  Kali- 
bydrat  von  Wasser,  schwefliger  Säure  und  freiem  Methyloxidhydrat  befreien. 

Eigenschaften:  Farblose,  schwere  Flüssigkeit  von  knoblauchartigem 
Geruch  und  1,324  spec.  Gew.  bei  22°;  sie  siedet  bei  188°  C.,  bei  761«“'» 
und  läfst  sich  ohne  Veränderung  destilliren. 

Bei  Berührung  mit  kaltem  Wasser  wird  es  allmählig,  beim  Erhitzen  da- 
mit augenblicklich  zersetzt,  es  entsteht  in  diesem  Falle  Methjdoxidhydrat 
und  saures  schwefelsaures  Methyloxid.  Durch  Berührung  oder  Destillation 
über  wasserfreie  Alkalien  und  Metalloxide  erleidet  es  keine  Veränderung, 
durch  die  Hydrate  der  Alkalien  wird  es  hingegen  schnell  und  rasch  auf 
die  nämliche  Weise  wie  mit  Wasser  zersetzt,  nur  verbindet  sich  dai^ Al- 
kali mit  dein  sauren  schwefelsauren  Methyloxid  zu  ein  «an  Doppelsalz. 

Beim  Erhitzen  mitChlormetallen,  Cyankalium,  benzoesaurem,  bernstein- 
saurem etc.  Alkali  zersetzt  sich  das  schwefelsaure  Methyloxid,  es  entsteht 
ein  schwefelsaurer  Salz,  während  Methylchlorür,  -Cyanür  oder  Verbin- 
dungen des  Methyloxids  mit  Benzoesäure,  Bernsteinsäure  etc.  überdestil- 
liren;  es  kann  mit  Vortheil  zur  Darstellung  der  übrigen  Methyloxidsalze 
verwendet  werden. 

Die  Verbindung  enthält  gleiche  Volumina  wasserfreier  Schwefelsäure 
und  Methyloxid,  die  sich  auf  die  Hälfte  verdichtet  haben;  das  spec.  Ge- 
wicht ihres  Dampfes  ist  4,3634.  Beim  Zusammenhängen  mit  Ammoniakgas 
oder  mit  wässerigem  Ammoniak  entsteht  Sulfomethylan . 

Schwefelsaures  Methyloxid , saures. 

Formel:  MeO,  aq,  2S0$. 

Diese  Verbindung  entsteht  bei  dem  Vermischen  von  concentrirter  Schwe- 
felsäure mit  Methyloxidhydrat  oder  beim  Auflösen  von  neutralem  schwefel- 
saurem Methyloxid  in  heifsem  Wasser ; sie  ist  von  Dumas  und  Peligot 
und  Kane  gleichzeitig  entdeckt  worden. 

Darstellung:  Eine  Auflösung  von  schwefelsaurem  Methyloxid -Baryt 
wird  mit  verdünnter  Schwefelsäure  vorsichtig  vermischt  solange  sich  noch 
ein  Niederschlag  bildet.  Die  baryt-  und  schwefelsäurefreie  Flüssigkeit 
dampft  man  in  der  Leere  über  Schwefelsäure  ab.  Man  kann  diese  Ver- 
bindung ebenfalls  aus  dem  Schwefelsäuren  Methyloxid-Bleioxid  durch  Zer- 
setzung desselben  mit  SchwefeJwasserstoffgas  gewinnen.  Am  leichtesten 
und  reinsten  erhält  man  diese  Verbindung  durch  freiwillige  Verdampfung 
der  Auflösung  des  neutralen  schwefelsauren  Methyloxids  in  heifsem  Wasser. 

Eigenschaften:  Syrupartige,  farblose,  sehr  saure  Flüssigkeit , welche 
in  trockner  Luft  zu  einem  Haufwerke  von  föiaen  vveifsen  Nadeln  erstarrt. 
Im  luftleeren  Raume  zersetzt  sich  die  aus  dem  Barytsalz  dargestellte  Ver- 
bindung schnell  unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure;  aus  schwefel- 
saurem Methyloxid  erhalten  ist  sie  beständiger.  Anwendung  von  Wärme 
beschleunigt  diese  Zersetzung,  sie  ist  mit  Wasser  in  allen  Verhältnissen 
mischbar  und  löst  sich  in  Alkohol.  Mit  Basen  zusammengebracht  verbindet 
sie  sich  damit,  es  entstehen  Doppelsalze,  indem  das  Hydratwasser  der 
Säure  ersetzt  wird  durch  1 Aeq.  Metalloxid;  sie  sind  ohne  Ausnahme  iß 
Wasser  löslich. 


$22 


Methyl. 


Doppelverbindungen  des  Methyloxids. 

Die  löslichen  Doppelverbindungen  des  Schwefelsäuren  Methyloxids  mit 
Metalloxiden  zerlegen  sich  beim  Kochen  und  Abdampfen  analog  den  cor- 
respondirenden  Aethyloxidverbindungen ; bei  der  trocknen  Destillation  der- 
selben erhält  man  unter  andern  Produkten  eine  reichliche  Menge  von  neu- 
tralem schwefelsaurem  Methyloxid. 

Schwefelsaures  Methyloxid  - Ammoniumoxid  so  wie  schwefelsaures 
Methyloxid- Aethyloxid,  sind  nicht  bekannt. 

Schwefelsaures  Methyloxid-  Kali ; MeO,  KO,  2S03 , aq  ( KaneJ.  — 
Dieses  Salz  wird  aus  dem  Baryt-  oder  Bleisalz  durch  Fällung  mit  kohlen- 
saurem Kali  erhalten;  es  kristallisirt  in  kleinen,  perlmutterglänzenden, 
rhomboidalen  Tafeln  , welche  zerfliefslich  sind ; von  der  correspondirendeu 
Aethyloxidverbindung  unterscheidet  es  sich  durch  den  Gehalt  an  Kristall- 
wasser, das  in  letzterer  fehlt. 

Wenn  man  in  einer  gesättigten  Auflösung  von  Ferrocyankalium  schwe- 
felsaures Methyloxid -Kali  auflöst  und  die  Mischung  beider  abdampft,  so 
kristallisirt  zuerst  eine  beträchtliche  Menge  eines  gelben,  in  Alkohol  un- 
löslichen, zuletzt  ein  weifses,  in  Alkohol  lösliches  Salz;  diese  beiden 
Salze  sind  von  Gregory  entdeckt  worden,  und  nach  seiner  Untersuchung 
sind  es  Doppelverbindungen , die  gelbe  von  Ferrocyankalium  mit  Ferro- 
cyanmethyl,  die  weifse  von  Methylcyaniir  mit  saurem  schwefelsaurem  Kali 
und  schwefelsaurem  Methyloxidkali.  Diese  beiden  Verbindungen  verdienen 
eine  genauere  Untersuchung. 

Schwefelsaurer  Methyloxid  - Baryt ; MeO,  BaO,  2S03 , 3aq.  — Zu 
seiner  Darstellung  sättigt  man  eine  Mischung  von  gleichen  Theilen  con- 
centrirter  Schwefelsäure  und  Methyloxidhydrat,  die  man  bis  zu  ihrem 
Siedpunkte  erhitzt  und  nach  dem  Erkalten  mit  Wasser  verdünnt  hat,  mit 
kohlensaurem  Baryt,  zuletzt  mit  Barythydrat,  entfernt  durch  einen  Strom 
Kohlensäure  den  freien  Baryt  und  dampft  bei  gelinder  Wärme  bis  zur  Kri- 
stallisation ab. 

Eigenschaften:  Farblose,  durchsichtige,  glänzende,  quadratische  Ta- 
feln und  Blätter,  welche  an  der  Luft  verwittern  und  in  der  Leere  ihr 
Kristallwasser  vollständig  verlieren.  Dieses  Salz  dient  zur  Darstellung  des 
sauren  schwefelsauren  Methyloxids  und  vermittelst  seiner  gegenseitigen 
Zersetzung  mit  andern  schwefelsauren  Salzen  zur  Darstellung  von  andern 
Doppelsalzen  des  Methyloxids. 

Schicefelsaures  Methyloxid- Bleioxid ; MeO,  PbO,  2S03,  aq  fKane ). 
Wird  auf  eine  ähnliche  Weise  wie  das  Barytsalz  erhalten,  wenn  die  Mi- 
schuug  von  Methyloxidhydrat  und  Schwefelsäure  mit  Bleioxid  gesättigt 
wird ; es  ist  zerfliefslich.  Kane  erhielt  zuweilen  dieses  Salz  in  derselben 
Form  kristallisirt  wie  das  Barytsalz  und  2 Atome  Kristallwasser  enthaltend. 

Phosphorsaures  Methyloxid  ist  bis  jetzt  nicht  dargestellt. 


Methyloxid  und  Salpetersäure. 

Das  Verhalten  des  Methyloxidhydrats  gegen  Salpetersäure  ist  ver- 
schieden von  dem  des  Alkohols;  während  der  letztere  sich  damit  äusserst 
leicht  zersetzt  in  Oxidationsprodukte  des  Aethers  und  in  salpetrigsaures 
Aethyioxid,  erleidet  das  Methyloxidhydrat  erst  beim  Kochen  mit  concenlrir- 
ter  Salpetersäure  und  bei  einem  grofsen  Ueberschufs  derselben  eine  Verän- 
derung, es  entsteht  hierbei  Ameisensäure  und  Kleesäure,  aber  kein  salpe- 
trigsaures oder  salpetersaures  Methyloxid  Das  salpetrigsaure  Methyloxid 
scheint  nicht  zu  bestehen,  das  salpetersaure  Methyloxid  Jäfst  sich  hingegen 
leicht  erhalten. 


Oxam  ethylan. 


823 


Salpetersaures  Methyloxid. 

Formel:  MeO,  N2  05  (Dumas^). 

Darstellung : Zu  seiner  Darstellung  übergiefst  man  in  einer  Retorte 
1 Th.  salpetersaures  Kali  mit  einer  Mischung  von  2 Th.  Schwefelsäure- 
hydrat mit  1 Th.  Methyloxidhydrat.  Die  Mischung  erhitzt  sich  stark  und 
das  neugebildete  Produkt  destillirt  über,  ohne  dafs  mau  die  Mitwirkung 
des  Feuers  nöthig  hat.  Man  hat  für  eine  gute  Abkühlung  des  Uebergehen- 
den  Sorge  zu  tragen.  In  der  Vorlage  erhält  man  zwei  Flüssigkeiten,  von 
denen  die  schwerere  salpetersaures  Methyloxid  ist,  dem  noch  eine  andere 
flüchtigere  Materie  (ameisensaures  Methjdoxid  ?)  von  Blausäuregeruch  bei- 
gemischt ist.  Zur  Reinigung  wird  das  salpetersaure  Methyloxid  über  Chlor- 
calcium und  Bleiglätte  im  Wasserbade  rectificirt.  Die  zuletzt  übergehen- 
den Portionen  sind  rein. 

Eigenschaften : Farblose  Flüssigkeit  von  schwachem  ätherartigem  Ge- 
ruch und  1,183  bei  22°  spec.  Gewicht.  Sie  siedet  bei  6*6°,  ist  entzünd- 
lich und  verbrennt  auf  einmal  mit  gelber  Flamme.  Erhitzt  man  den  Dampf 
dieses  Körpers  auf  eine  Temperatur  über  120°,  so  zersetzt  er  sich  mit 
einer  äusserst  gewaltsamen  Explosion,  wobei  sich  Kohlensäure,  Wasser 
und  Stickoxidgas  bildet.  Sie  ist  wenig  in  Wasser  löslich,  mit  Alkohol, 
Aether  und  Methyloxidbydrat  in  allen  Verhältnissen  mischbar.  Durch  Am- 
moniak und  Kalilauge  wird  sie  langsam,  durch  eine  Auflösung  von  Kali- 
hydrat in  Alkohol  schnell  in  salpetersaures  Kali,  was  sich  in  Kristallen 
abscheidet,  und  in  Methyloxidhj'drat  zerlegt. 

Kohlensaures  Methyloxid  kennt  man  im  neutralen  Zustande  nicht. 
Doppelsalze  von  kohlensaurem  Methyloxid  und  kohlensauren  Alkalien  las- 
sen sich  hingegen  ganz  auf  dieselbe  Weise  wie  die  entsprechenden  Aethyl- 
oxidverbindungen  erhalten. 

Oxalsaures  Methyloxid. 

Formel:  MeO,  O. 

Darstellung : Gleiche  Theile  Schwefelsäureh3’drat,  Oxalsäure  und  Me- 
thyloxidhydrat, oder  2 Theile  Schwefelsäurehydrat,  1 Th.  saures  oxal- 
saures Kali  und  1 Th.  Methyloxidhydrat  unterwirft  man  der  Destillation, 
wo  oxalsaures  Methyloxid  theils  aufgelöst  in  überschüssigem  Methyloxid- 
liydrat  theils  iu  fester  Gestalt  in  reinem  Zustande  übergeht.  Man  Jäfst 
das  überschüssige  Methyloxidhydrat  an  einem  warmen  Orte  verdampfen, 
prefst  die  erhaltenen  Kristalle  zwischen  Papier  und  destillirt  sie,  zur  Be- 
freiung von  der  freien  Säure,  über  Bleioxid. 

Eigenschaften:  Weifse,  feste,  glänzende,  durchscheinende  Masse, 
die  aus  dünnen  rhomboidaleu  Tafeln  besteht,  bei  51°  schmilzt  und  bei  161° 
siedet,  sie  löst  sich  leicht  im  Wasser  unter  Zersetzung  auf,  es  entsteht 
Oxalsäurehydrat  und  Methyloxidhydrat ; löst  sich  in  reinem  Methjdoxid- 
hydrat  und  Alkohol  leicht  auf,  in  der  Wärme  mehr  als  bei  gewöhnlicher 
Temperatur;  aus  warm  gesättigten  Auflösungen  erhält  man  beim  Abkühlen 
grofse  durchsichtige  Kristalle. 

Durch  Behandlung  mit  Ammoniakgas  entsteht  daraus  Oxamethylan , 
durch  flüssiges  wässeriges  Ammoniak  entsteht  Oxamid  und  Methyloxid- 
hydrat; die  Zersetzung  ist  dieselbe,  welche  das  correspondirende  Oxal- 
säure Aethyloxid  erleidet. 

Oxalsaures  Methyloxid  - Oxamid.  Oxamethylan. 

Formel:  C6Hi0N206  ==  MeO,  0 -f  C202,  Ad  £ DumasJ . 

Darstellung : Beim  gelinden  Schmelzen  von  oxalsaurem  Methyloxid  in 
einem  Strom  von  trocknen»  Aromoniakgas  verliert  es  nach  und  nach  seine 


824 


Methyl, 


Flüssigkeit  und  verwandelt  sich  in  eine  weifse  feste  Masse  von  Oxamethy- 
lao,  das  man  durch  Abdampfung  seiner  Auflösung  in  Alkohol  in  Würfeln 
von  Perlmutterglanz  kristallisirf  erhält. 

Ein  saures  oxalsaures  Methyloxid  ist  nicht  bekannt. 

Doppelt  kohlenschwefelsaures  Methyloxid  (Sulfocarbonate 
d’ oxide  de  methylene J.  2C$2  , MeO. 

Verbindungen  des  Schwefelkohlenstoffs  mit  Methyloxid  und  Metalloxi- 
den  können  auf  analoge  Weise  wie  die  correspondirenden  Aethyloxidver- 
bindungeu  erhalten  werden.  Kühlenschwefelsaures  Methyloxidkali  entsteht 
nach  Dumas  und  Peligot  in  Auflösung,  wenn  Schwefelkohlenstoff  in  Me- 
thyloxidhydrat gelöst  und  dazu  Kalihydrat  gebracht  wird. 

Doppelt  cyanursaures  Methyloxid . 

Formel:  2Cy606,  3MeO,  6aq  £ MchardsonJ . 

Die  Darstellung,  Eigenschaften  und  Verhalten  dieses  Körpers  sind  de- 
nen der  entsprechenden  Aethyloxidverbindung  vollkommen  analog. 

Benzoesaures  Methyloxid . 

Formel:  BzO,  MeO. 

Darstellung : Man  erhält  diesen  Körper  am  reinsten  durch  Destillation 
eines  Gemenges  von  trocknem  benzoesaurem  Kalk  oder  Natron  mit  neu- 
tralem schwefelsaurem  Methyloxid,  oder  durch  Destillation  von  2 Theilen 
Benzoesäure , 1 Th.  Schwefelsäure  und  1 Th.  Methyloxidhydrat. 

Eigenschaften : Farblose  ölartige  Flüssigkeit  von  angenehmem  balsa- 
mischem Geruch,  dem  Benzoylwasserstoff  ähnlich,  schwerer  wie  Wasser; 
sie  siedet  bei  198,5°  bei  76lmm-  Unlöslich  im  Wasser,  mischbar  mit  Al- 
kohol , Methyloxidhydrat  und  Aether.  Das  spec.  Gewicht  ihres  Dampfes 
ist  4,7506. 

Essigsaures  Methyloxid . 

Formel : MeO , ÄcOs  oder  MeO , A. 

Darstellung : Diese  Verbindung  wird  durch  Destillation  von  2 Theilen 
Methyloxidhydrat,  1 Th.  Essigsäurehydrat  und  1 Th.  Schwefelsäurehydrat 
erhalten,  oder  durch  Destillation  e:nes  essigsauren  Salzes  mit  einer  Mi- 
schung von  concenrrirter  Schwefelsäure  und  Holzgeist.  Bei  Digestion  des 
erhaltenen  Destillats  mit  groben  Stücken  Chlorcalcium  verbindet  sich  die- 
ses mit  allem  beigemischten  Methyloxidhydrat,  während  das  essigsaure 
Methyloxid  als  eine  leichte  ätherartige  Flüssigkeit  abgeschieden  wird. 

Nach  Berzelius  ist  dieser  Körper  in  reichlicher  Menge  im  rohen  Holz- 
geist vorhanden.  Reickenbach  hielt  denselben  für  eine  eigentümliche  Ver- 
bindung, welcher  er  den  Namen  Mesit  gegeben  hatte.  Man  erhält  ihn 
daraus  , wenn  die  ersten  Produkte  der  Destillation  von  Holzgeist  so  lange 
mit  Kalkhydrat  in  feinem  Pulver  vermischt  werden,  als  es  noch  gelb  wird; 
in  diesem  Fall  entsteht  eine  Verbindung  von  Kalk  mit  einem  beigemischten 
brenzlichen  Oel,  welche  zum  grofseo  Th  eil  hierdurch  unlöslich  niederfällt; 
Die  davon  abfiftrirte  Flüssigkeit  ist  noch  gelb  und  enthält  Kalk  in  Auflö- 
sung; man  setzt  ihr  nun  eine  kochend  gesättigte  Lösung  von  Alaun  bis 
zur  Neutralisation  zu,  der  Kalk  und  das  vorhandene  Ammoniak  werden 
hierdurch  an  Schwefelsäure  gebunden,  während  das  Harz  und  der  Farb- 
stoff mit  Thonerde  verbunden  niederfallen.  Unterwirft  man  die  Flüssigkeit 
nun  der  Destillation,  so  erhält  man  eine  farblose  Flüssigkeit,  die  man  von 
ihrem  brenzlichen  Geruch  durch  Schütteln  mit  einem  fetten  Oel  und  Fil- 


Chlorkohlensaures  Methyloxid. 


825 


tration  durch  Birkenkohle  befreit.  Nach  ihrer  Concentration  durch  fortge- 
setzte Destillation  bringt  man  sie  mit  Chlorcalcium  in  Berührung,  wo  sie 
sich  in  zwei  Flüssigkeiten  trennt;  die  obere  ist  essigsaures  Metbvloxid 
Durch  langes  Stehen  über  Aetzkalk  wird  es  von  anhängender  Säure  be- 
freit. (Berzelius 

Der  aus  Laubholz  erhaltene  Theer  enthält  reichlich  essigsaures  Me- 
thyloxid, von  dem  er  seine  liquide  Beschaffenheit  erhält. 

Eigenschaften : Farblose  Flüssigkeit  von  angenehmem,  ätherartigem 
dem  Methyloxidliydrat  ähnlichen  Geruch  und  brennendem  Geschmack* 
spec.  Gewicht  0,919  bei  22%  Siedpunkt  58*  (Dumas  und  Peligot),  spec 
Gewicht  seines  Dampfes  2,563.  y J r ' 

Reichenbachs  Mesit  siedete  bei  62°  und  besafs  ein  spec.  Gewicht  von 
2^?5i,rdas  essiSsaure  Methyloxid  löst  % Wasser  auf  und  mischt  sich  mit 
2 Th.  Wasser,  es  mischt  sich  in  allen  Verhältnissen  mit  Methyloxidhydrat 
und  Alkohol.  Chlorcalcium  und  Kalihydrat  mit  diesen  Auflösungen  in  Be- 
rührung gebracht  scheiden  ihn  davon  wieder  ab;  geringe  Mengen  Chlor- 
calcium werden  davon  gelöst. 

Durch  Chlorgas,  was  man  hineinleitet,  wird  es  zersetzt;  mit  concen- 
trirter  Schwefelsäure  mischt  es  sich  mit  heftiger  Wärmeentwicklung,  wo- 
bei es  eine  Veränderung  erfährt.  Mit  Kalkhydrat  in  Berührung  zerlegt 
es  sich  in  essigsauren  Kalk  und  Methyloxidhydrat.  Es  löst  viele  Salze, 
Pflanzensäuren , fette  und  flüchtige  Oele  und  verschiedene  Harze  auf  Es 
enthalt  die  nämlichen  Elemente  in  demselben  Atomverhältnifs  wie  das 
ameisensaure  Aethyloxid. 

Schleimsaures  Methyloxid , 

Formel : MeO , Mu  ( [Malaguti ). 

Man  verfährt  zur  Darstellung  dieser  Verbindung  ganz  auf  dieselbe 
Weise  wie  bei  der  des  schleimsauren  Aethyloxids,  mit  dem  Unterschied, 
dals  man,  anstatt  Alkohol,  Methyloxidhydrat  an  wendet.  9 

Eigenschaften : Fester,  farbloser,  kristallinischer,  durch  Wärme  zer- 
setzbarer Körper,  in  Wasser  und  Alkohol  löslich  und  daraus  in  sechs- 
seitigen Prismen  mit  rhombischer  Basis  kristallisirbar.  Die  Kristalle  , wel- 
iA,5°ho1  erhalten  werden,  besitzen  ein  geringeres  spec.  Gewicht 
J d*e  .a?s1  der  wasserigen  Lösung  (1,53).  Das  schleimsaure  Me- 
thyloxid lost  sich  leicht  in  Wasser,  in  210  siedendem  Weingeist  von  0.814 
spec,  Gewicht;  auf  163°  erhitzt  tritt  Zersetzung  ein. 

Verbindungen  des  Methyloxids  von  ungewisser  Constitution. 

Chlorkohlensaures  Methyloxid  (Oxichlorocarbonale  df oxide  de 

methylene). 

Formel:  C404C]2H6. 

Entsteht  beim  Zusammenbringen  von  Chlorkohlensäure  mit  Methyloxid- 
hydrat.  Die  Bildung,  Darstellung  und  Reinigung  geschieht  ganz  auf  die- 
selbe Weise  wie  die  der  entsprechenden  Aethylverbindung;  seine  Eigen- 
schaften sind  denen  der  letzteren  sehr  ähnlich;  es  ist  ein  farbloses , öl- 
artiges  Liquidum,  schwerer  und  flüchtiger  wie  Wasser,  von  durchdringen- 
dem Geruch,  es  ist  entzündlich  und  brennt  mit  grüner  Flamme.  Nach  Du- 
mas und  Peligot  kann  dasselbe  nach  der  Formel 


Cl2 1 ■+•  C2  H6  O 


betrachtet  werden^^  UUd  eigenthiimIiciiei1  Saure  zusammengesetzt 


Geiger’ s Pharmaeie.  I,  ( Sie  Jtuß.) 


53 


826 


Fo  rmy  1. 


Bei  Behandlung  dieser  Verbindung  mit  Ammoniak  scheint  eine  ganz 
ähnliche  Verbindung  unter  denselben  Zersetzungserscheinungen  gebildet  zu 
werden,  wie  bei  dem  Zusammenbringen  von  wässerigem  Ammoniak  mit 
Chlorkohlensäureäther.  Dumas  und  Peligot  überzeugten  sich,  dafs  hierbei 
Salmiak  und  eine  zerfliefsliche  kristallisirbare  Materie  entsteht,  welche  sie 
Vrethylan  nennen. 

Transformationen  und  Zersetzungsprodukte  des  Methyls  und 
seiner  Verbindungen. 

Genaue  Versuche  über  die  Transformationsprodukte  des  Methyls  und 
seiner  Verbindungen  fehlen  bis  jetzt  noch;  in  Beziehung  auf  die  Existenz 
einer  der  Isäthionsäure  correspondirendcn  Methionsäure  habeu  Dumas  und 
Peligot  gefunden,  dafs  Methyloxidhydrat  und  wasserfreie  Schwefelsäure 
sich  mit  einander  bei  künstlicher  Abkühlung  zu  einer  Säure  verbinden , 
welche  mit  Baryt  ein  kristallisirbares  Salz  liefert,  vollkommen  gleich  in 
seiner  Zusammensetzung  mit  dem  sauren  schwefelsauren  Methyloxid-Baryt, 
allein  abweichend  davon  durch  sein  chemisches  Verhalten. 


Oxidalionsprodukte  des  Methyls  und  seiner  Verbindungen , wel- 
che eine  dem  Methyloxid  gleiche  Anzahl  von  Kohlenstoff al om en 

enthalten. 


Wenn  man  Methyloxidhydrat  und  Platinschwarz  in  eine  Glocke  bringt, 
zu  welcher  die  Luft  ungehindert  Zutritt  hat,  so  erleidet  der  Dampf  des 
Methyloxidhydrats  eine  ähnliche  langsame  Verbrennung  wie  der  Alkohol- 
dampf.  Der  Sauerstoff,  den  das  Platin  in  seinen  Poren  condensirt  enthält, 
tritt  an  den  Wasserstoff  des  Methyloxids,  und  der  hinweggenommene  Was- 
serstoff findet  sich  ersetzt  durch  sein  Aequivalent  Sauerstoff.  Als  Resultat 
dieses  Oxidationsprocesses  hat  man  eine  saure  Flüssigkeit,  deren  Säure 
reine  Ameisensäure  ist. 


1 Aeq.  Methyloxidhydrat  C2  H6  O -+-  aq 

verlieren  4 At.  Wasserstoff  H4 


es  werden  3 Aeq.  Sauerstoff  C2  H2  O aq 

aufgenommen  

und  man  erhält  Ameisensäurehydrat  C2  H2  05  aq 
Es  ist  klar,  dafs  Methyloxidhydrat  und  Ameisensäure  in  derselben 
Beziehung  zu  einander  stehen  wie  Alkohol  und  Essigsäure.  Man  hat  allen 
Grund  zu  vermutken,  dafs  die  Ameisensäure  die  Saaerstoffverbindung  ei- 
nes aus  3 At.  Kohlenstoff  und  3 At.  Wasserstoff  zusammengesetzten  Ra- 
dikals ist,  dem  man  den  Namen  Formyl  gegeben  hat,  ein  Name,  womit 
in  dem  Folgenden  stets  ein  Körper  verstanden  wird,  der  nach  der  Formel 
C2  H2  zusammengesetzt  ist. 


Aehnlich,  wie  sich  das  Aethyl  als  eine  Verbindung  des  Acetyls  mit 
Wasserstoff  betrachten  läfst,  kann  man  das  Methyl  als  die  Wasserstoff- 
verbindung des  Formyls  ansehen.  Bezeichnen  wir  mit  Fo  die  Verbindung 
C*  H9 , so  wird  man  haben 


Fo  H4  = Methyl. 

Fo  H4  0 = Methyloxid. 

Fo  H4  G H-  aq  r:  Methyloxidhydrat. 

Fo  03  -f-  aq  = Forinylsäurehydrat. 

Eine  Verbindung  des  Formyls  oder  ein  Zersetzungsprodukt  des  Me- 
thyls, welches  dem  Aldehyd  correspondirt , hat  man  bis  jetzt  nicht  ent- 
deckt, der  Analogie  nach  würde  dessen  Zusammensetzung  durch  die  For- 
mel C2  H2  0 -+■>  aq  ausgedrückt  werden  müssen. 

Eine  der  Aldehydsäure  oder  acetyligen  Säure  entsprechende  Verbin- 
dung kennt  man  ebenfalls  nicht. 


Formomethyial. 


887 


Die  bekannten  and  hypothetischen 
folgende  : 

Formyloxid 
Formyloxidhydrat 
Formylsäure 
Formylsäurehydrat 
Formylchlorid 
Formylbromid 
Formyliodid 


des  Formyls  sind 


unbekannt. 

in  dem  Formomethyial, 

Ameisensäure. 

Ameisensäurehydrat. 


dals  man  bei  Destillation  von 


C4  H2  0 
C2  H2.0  -+-  aq 

c2  b2  o3 

C2  H2  03  -h  aq 

c,  h2  c ]6 

C2  Hj  Brö 

c2  h2  i6 

Gregory  machte  zuerst  die  Beobachtung, 

Braunstem,  Schwefelsäure  und  Methyloxidhydrat  eine  eigenthiimliche  äther- 
artige Flüssigkeit  erhält,  welche  unter  dem  Namen  Formal  von  Kane 
später  genauer  untersucht  und  beschrieben  wurde.  Kane  erhielt  diese 
Substanz  gleichzeitig  mit  mehreren  andern  Produkten  bei  der  Destillation 
einer  Mischung  von  2 Th.  Methyloxidhydrat,  2 Th.  Braunstein  und  3 Th. 
Schwefelsäurehydrat , die  mit  ihrem  gleichen  Gewicht  Wasser  verdünnt 
werden.  Die  Einwirkung  ist  sehr  heftig,  die  Destillation  mufs  deshalb  im 
Wasserbade  vorgenommen  und  für  eine  gute  Abkühlung  Sorge  getragen 
werden.  Das  erhaltene  Destillat  ist  ein  Gemenge  mehrerer  Flüssigkeiten, 
der  Siedepunkt  derselben  ist  anfänglich  38°  und  steigt  zuletzt  bis  anf  80°. 
Bei  der  Rectifikation  geht  anfänglich  eine  Flüssigkeit  über,  welche  wie 
der  Aldehyd  beim  Erhitzen  mit  salpetersaurem  Silberoxid  bei  Zusatz  von 
Ammoniak  das  Silber  reducirt,  auf  diese  kommt  eine  andere,  welche  bei 
38°  siedet.  Diese  ist  Kane’s  Formal.  Mehrere  Analysen  führten  zu  der 
Formel  C*  H10  03 , nach  derselben  schien  es  eine  Verbindung  von 


1 

und  1 


At.  Methyloxid 
At.  Formyloxidhydrat 


C2  H6 
c2  h2 


c4  H10  05 

zu  seyn.  Was  diese  Vermuthung  unterstützt,  war  der  Umstand,  dafs  diese 
Flüssigkeit  mit  einer  weingeistigen  Auflösung  von  Kalihydrat  gemischt, 
sich  in  ameisensaures  Kali  und  Methyloxidhydrat  zerlegte.  Malaguti,  in- 
dem er  die  Menge  der  gebildeten  Ameisensäure  zu  bestimmen  versuchte, 
erhielt  aber  stets  nur  die  Hälfte  von  derjenigen,  die  sich  der  Rechnung 
nach  hätte  bilden  müssen,  und  im  Verfolg  seiner  Versuche  stellte,  sich 
heraus , dafs  Kane’s  Formal  ein  Gemenge  ist  von  einer  andern  Flüssigkeit 
mit  ameisensaurem  Methyloxid. 


Formomethyial. 

Formel:  C6  HJ6  O4  = 1 At.  Formyloxidhydrat  C2  O 4.  H2  O 
plus  2 At.  Methyloxid  2(C2  H6  0). 

Entdeckt  von  Malaguti.  Darstellung : Die  Produkte  der  Destillation 
von  Methyloxid l»3rdrat  mit  verdünnter  Schwefelsäure  und  Braunstein  wer- 
den mit  etwas  Wasser  vermischt  und  diese  Mischung  nach  Zusatz  von  et- 
was Kalilauge  rectificirt.  Man  sättigt  das  Uebergehende  mit  Kalihydrat, 
wo  sich  Formomethyial  in  Gestalt  einer  ätherartigen  Schicht  abscheidet. 
Durch  Zusatz  von  Wasser  und  einer  wiederholten  Destillation  mit  Kali- 
lauge erhält  man  es  rein  von  beigemischtem  ameisensaurem  Methyloxid. 

Eigenschaften : Farblose,  ätherartige  Flüssigkeit  von  angenehmem  aro- 
matischem Geruch,  mischt  sich  vollkommen  mit  3 Theilen  Wasser  und  wird 
davon  durch  Kalihydrat  und  Chlorcalcium  wieder  getrennt,  mischt  sich  mit 
Mcthj'loxidhydrat , Alkohol  und  Aether  in  allen  Verhältnissen.  Sie  siedet 
bei  42®  C.  bei  761“°°  Druck,  ihr  spec.  Gewicht  ist  0,8551,  sie  ist  leicht- 
entzündlich, brennt  mit  leuchtender  Flamme,  durch  oxidirende  Materien 
verwandelt  sie  sich  in  Ameisensäure.  Unter  andern  Produkten  entsteht 
durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  Formomethyial  anderthalb  Chlorkoh- 
lenstoff. ( 'Malaguti 


F o r m y 1. 


828 

Formylsäure y Ameisensäure . Symb.:  FoOs 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C2H2O3,  des  Hydrats:  C2H2O3 

+ aq. 

8 Afc.  Kohlenstoff  152,875  — 32,85 

2 At.  Wasserstoff  12,479  — 2,68 

3 At.  Sauerstoff  300,000  — 04,47 

1 At.  wasserfreie  Säure  405,354  — 100,00 

1 At.  wasserfreie  Säure  465,354  — 80,534 

1 At.  Wasser 112,479  — 19,466 

1 At.  Formylsäurehydrat  577,833  — 100,000 

Die  Entstehung  und  Bildung  dieser  Säure  aus  dem  Methyloxidhydrai, 
welche  zu  einer  genügenden  Kenntnifs  ihrer  Constitution  geführt  hat,  ist 
S.  826  angegeben.  Dem  Vorkommen  dieser  Säure  in  den  Ameisen  fFor- 
mica  rufet)  verdankt  sie  ihren  Namen,  ihre  Eägenthümlichkeit  wurde  zuerst 
durch  Gehlen  dargethan.  Bobereiner  entdeckte  ihre  künstliche  Bildung 
durch  Destillation  von  Weinsäure  mit  Braunstein  und  Schwefelsäure.  Alle 
vegetabilische  Materien  liefern,  wenn  sie  mit  Salpetersäure,  Ueberiod- 
säure,  lodsäure  (Essigsäure),  üebermangansäure,  Chromsäure  und  Schwe- 
felsäure mit  verdünnter  Schwefelsäure  allein  (Zucker,  Stärke),  oder  mit 
einer  Mischung  von  Schwefelsäure  und  Wasser  destillirt  werden , als  Oxi- 
dations-  oder  Zersetzungsprodukte  Ameisensäure,  Kohlensäure  und  zuwei- 
len auch  Essigsäure ; sie  entsteht  ferner  bei  der  Zersetzung  des  Chlorais 
mit  Alkalien,  bei  der  Zerlegung  von  Cyanmetallen  oder  Blausäure  mit 
starken  Säuren  oder  Alkalien,  ferner  bei  der  trocknen  Destillation  der 
verwitterten  Kleesäure  etc. 

§.149.  Darstellung  des  Ameisensäurehydrats.  Trock- 
nens ameisensaures  Bleioxid  wird  fein  zerrieben  in  eine  lange 
Glasröhre  gebracht,  welche  mit  der  einen  Oeffnung  mit  einem 
Kahlapparat,  mit  der  andern  mit  einer  Flasche  in  Verbindung 
steht,  aus  welcher  sich  trocknes  Schwefel wasserstoffgas  ent- 
wickelt. Die  Schwefelwasserstoffsäure  zerlegt  sich  mit  dem 
ameisensauren  Bleioxid  in  Schwefelblei  und  Wasser,  was 
sich  mit  der  abgeschiedenen  Säure  zu  Hydrat  verbindet 
SH2  + Fo03  PbO  = SPb  + Fo0s,  H*0. 

Durch  gelinde  Wärme  treibt  man  das  abgeschiedene  Ameisen- 
säurehydrat aus  dem  Bohr  in  den  Kühlapparat  5 sie  verliert 
beim  Aufkochen  allen  freien  Schwefelwasserstoff.  Wenn  man 
bei  dieser  Darstellung  das  ameisensaure  Salz  zu  stark  erhitzt, 
so  zerlegt  es  sich  und  man  erhält  schwefelhaltige  Produkte, 
die  nicht  näher  untersucht  sind. 

§.150.  Eigenschaften:  Farblose,  wasserhelle,  schwach 
rauchende  Flüssigkeit,  welche  aus  der  Luft  Wasser  anzieht, 
von  höchst  durchdringendem  Geruch,  kristallisirt  unter  0°  in 
breiten  glänzenden  Blättern,  ihr  Siedpunkt  ist  100°  bei  761 mm, 
spec.  Gewicht  4,2353.  Der  Dampf  der  siedenden  Säure  läfst 
sich  entzünden  und  brennt  mit  blauer  Flamme.  Sie  läfst  sich 
mit  Wasser  in  allen  Verhältnissen  mischen  5 setzt  man  ihr  so- 
viel Wasser  zu  als  sie  schon  enthält  (20  p.  c.),  so  erhält  man 
das.zweite  Hydrat,  was  die  nämliehen  Eigenschaften  wie  das 
erste  Hydrat  besitzt,  aber  der  Siedpunkt  desselben  ist  höher, 


Ameisensäure. 


829 


106°  bei  27",  5'" $ sie  wird  bei  — 15°  noch  nicht  fest  und  ihr 
spec.  Gewicht  ist  geringer,  1,1104-  bei  15°.  Dieses  zweite 
Hydrat  erhält  man  durch  vorsichtige  Destillation  in  einem 
Chlorcalciumbade  von  18  Theilen  trocknem  ameisensaurem 
Bleioxid  mit  6 Th.  Schwefelsäure,  die  man  mit  1 Tkeil  Was- 
ser verdünnt  hat. 

Die  beiden  Hydrate  gehören  zu  den  ätzendsten  Materien;  ein  Tropfen 
davon  auf  eine  weiche  Stelle  der  Haut  gebracht  verursacht  unerträgliche 
Schmerzen.,  die  Stelle  wird  weifs,  schwillt  zu  einer  Blase  an,  oder  zieht 
sich  zu  einem  Schorf  zusammen,  wie  wenn  die  Stelle  mit  einem  glühenden 
Eisen  berührt  worden  wäre;  es  entsteht  eine  eiternde,  schwierig  heilen- 
de, schmerzhafte  Wunde. 

Eine  mehr  verdünnte  reine  Säure  erhält  man  durch  Destillation  von 
10  Th.  trocknem  ameisensauren  Kalk,  8 Th.  Schwefelsäurehydrat  und  4 
Th.  Wasser.  Man  erhält  9 Theile  Säure  von  1,075  spec.  Gewicht.  Un- 
reine verdünnte  Ameisensäure  kann  man  durch  Destillation  von  zerstofse- 
nen  Ameisen  mit  Wasser  erhalten,  oder  man  stellt  sie  nach  Emmet 
dar,  wenu  man  gleiche  Maastheile  Schwefelsäurehydrat,  Wasser  und 
Roggen,  Waizen  oder  Stärke  zusammen  bis  zum  Schwarzwerdeu  er- 
hitzt, die  Mischung  alsdann  erkalten  läfst,  % von  dem  ganzen  Volumen 
der  Mischung  Wasser  zusetzt  und  in  einer  kupfernen  Blase  der  Destilla- 
tion unterwirft.  Die  übergehende  saure  Flüssigkeit  ist  durch  eine  ölartige 
Materie  getrübt.  Diese  Methode  liefert  meistens  ein  mit  schwefliger  Säure 
verunreinigtes  Präparat.  Phosphorsäurehydrat,  Zinuchlorid  können  zu  dieser 
Darstellung  anstatt  der  Schwefelsäure  verwendet  werden  , und  ihre  Fähig- 
keit, das  nämliche  Produkt  zu  liefern,  beweist,  dafs  der  Sauerstoff  der 
Schwefelsäure  zur  Bildung  der  Ameisensäure  nach  diesem  Verfahren  nicht 
nöthig  ist.  Diese  BiMungsweise  ist  noch  unerklärt.  Durch  Destillation  von 
1 Th.  Stärke  mit  4 Th.  feingepulvertem  Braunstein,  4 Th.  Wasser  und  4 
Th.  Schwefelsäurehydrat  erhält  man  4 Va  Theil  einer  verdünnten  unreinen 
Ameisensäure  von  1,025  spec.  Gewicht.  100  Theile  davon  sättigen  10,6 
trockues  kohlensaures  Natron.  Bei  der  ersten  Einwirkung  des  Feuers  ent- 
steht in  der  Mischung  ein  heftiges  Aufblähen  von  der  Entwickelung  von 
Kohlensäure,  was  häufig  ein  Uehersteigen  verursacht.  Es  ist  deshalb  gut, 
deo  Braunstein  , die  Stärke  und  das  Wasser  zuerst  in  die  Destillirblase  zu 
bringen , die  Temperatur  der  Flüssigkeit  auf  etwa  40°  zu  erhöhen  und  di© 
4 Th.  Schwefelsäure  alsdann  nach  und  nach  hinzuzugielsen , man  wartet 
das  Aufblähen  ab,  setzt  alsdann  den  Helm  auf  und  destillirt,  bis  4%  Th. 
übergegangen  sind.  Die  letzten  Portionen  enthalten  häufig  schweflige  Säure. 
Zur  Darstellung  im  Kleinen  in  Glasretorteu  ist  folgendes  Verhältnifs  vor- 
teilhaft. 10  Th.  Stärke,  37  Th.  Braunstein,  30  Th.  Schwefelsäure,  30 
Wasser.  Die  Retorte  mufs  wenigstens  zehnmal  das  Volum  der  Mischung 
fassen.  Man  erhält  3,35  Th.  einer  verdünnten  Ameisensäure,  von  wel- 
cher 100  Theile  15  Th.  trockues  kohlensaures  Natron  sättigen. 

Durch  ihr  Verhalten  gegen  conceutrirte  Schwefelsäure,  Silberoxid  und 
Quecksilberoxid  ist  die  Ameisensäure  leicht  erkennbar,  sie  zerlegt  sich 
nämlich  mit  einem  Ueberschufs  von  Schwefelsäure  mit  lebhaftem  Aufbrau- 
sen ohne  Schwärzung  in  reines  Kohlenoxidgas  und  Wasser,  was  mit  der 
Schwefelsäure  verbunden  bleibt. 

Erwärmt  man  sie  mit  überschüssigem  Quecksilberoxid  oder  Silberoxid, 
so  zerlegt  sie  sich  gänzlich  in  Kohlensäure,  Wasser  und  metallisches 
Quecksilber  oder  Silber,  ohne  dafs  in  der  Flüssigkeit,  wenu  das  Aufbrau- 
sen beendigt  ist,  ein  Quecksilber-  oder  Silbersaiz  zurwckbleibt.  Ist  die 
Ameisensäure  mit  Essigsäure  gemischt,  so  bleibt  diese  uazersetzt  mit  Queck- 
silberoxidul verbunden  in  Auflösung  zurück.  Quecksilberchlorid  wird  beim 
Sieden  mit  Ameisensäure  in  Calomel  verwandelt,  wobei  sich  freie  Salzsäure 
und  Kohlensäure  bildet.  Gegen  auflösliche  Quecksilber-  und  Silbersalze 
verhält  sich  die  freie  Säure  wie  gegen  die  Oxide.  Mit  Hyperoxiden  er- 
wärmt zerlegt  sie  sich  in  Kohlensäure  und  in  aiaeisensaures  Oxidulsalz. 


830 


Formy  I. 


Ameisensäure  Satze. 

§.  151.  Die  Ameisensäure  bildet  mit  den  Basen  die  amei- 
sensauren 8a!ze;  in  ihrer  Verwandtschaft  zu  den  Meta!! oxiden 
ubertrifft  sie  die  Essigsäure.  Sie  lassen  sich  leicht  durch  Sätti- 
gen der  Säure  mit  den  entsprechenden  reinen  oder  kohlensau- 
ren Metalloxiden  darstellen,  sie  sind  ohne  Ausnahme  in  Was- 
ser löslich.  Die  ameisensauren  Salze  mit  alkalischer  Basis  zer- 
legen sich  in  der  Wärme  unter  Schwärzung  und  Entwicke- 
lung brennbarer  Gase  in  kohlensaure  Salze,  die  andern  hin  (er- 
lassen unter  Entwickelung  von  Kohlensäure,  Kohlenwasser- 
stoff und  Wasser  ein  Gemenge  von  Kohle  mit  Metalloxid  oder 
reines  Metall.  Ameisensäure  Salze  im  Ueberschufs  mit  Silber- 
und Quecksilber- Salzen , mit  Platin-  und  Gold-Chlorid  erhitzt, 
schlagen  diese  Metalle  regulinisch  unter  lebhafter  Entwickelung 
von  Kohlensäure  nieder.  Gegen  concentrirte  Schwefelsäure 
verhalten  sie  sich  wie  die  freie  Säure,  Eisenoxidsalze  werden 
davon  dunkelgelbrotti  gefärbt. 

Ameisensaures  Ammoniumoxid. 

Formel : Fo  03  , Ad  H4  0. 

Die  Auflösung  dieses  Salzes  wird  beim  Abdampfen  unter  Ammoniak- 
verlust sauer,  es  kristallisirt  in  rechtwinklicheu , vierseitigen,  mit  vier 
Flächen  zugespitzten  Säulen,  ist  sehr  leicht  in  Wasser  löslich  und  zer- 
fliefst an  der  Luft.  Das  ameisensaure  Ammoniak  besitzt  einen  frischen, 
stechenden  Geschmack,  schmilzt  gegen  120°  und  verflüchtiget  sich  in  hö- 
herer Temperatur  ohne  Rückstand.  Seinen  Elementen  nach  enthält  es  die 
Bestandteile  von  1 Aeq.  CyauwasserstofFsäure  und  4 At.  Wasser, 

C2  U2  05  +NsH80“  C*  N2  H*  4-4H20; 
es  wird  in  diese  beiden  Produkte  verwandelt,  wenn  man  es  in  Dampf- 
gestalt durch  eine  glühende  Bohre  treibt.  (D  ober  einer , Pelouze.') 

Ameisensaures  Melamin . 

Die  Ameisensäure  löst  in  der  Wärme  das  Melamin  reichlich  auf,  die 
Auflösung  giebt  bei  gelindem  Abdampfen  blätterige  glänzende  Kristalle, 
welche  an  der  Luft,  schneller  bei  100°,  einen  Theii  ihrer  Säure  verlieren. 

Ameisensaures  Aethyloxiä. 

Formel:  Fo03,  AeO. 

Darstellung:  In  eine  trockne  tubulirte  Retorte  mit  wohlangepafstem 
Bühlapparat  bringt  man  7 Th.  trocknes  ameisensaures  Natron  und  alsdann 
eine  Mischung  von  10  Th.  Schwefelsäurehydrat  mit  6 Th.  Weingeist  von 
90  p.  c.  Die  Masse  erhitzt  sich  heftig  und  ein  grofser  Theii  des  ameisen- 
sauren Aethyloxids  destillirt  über,  ohne  dafs  man  nöthig  hat,  Feuer  an- 
zulegen. Das  erhaltene  Destillat  schüttelt  man  mit  seinem  gleichen  Volum 
Kalkmilch,  bringt  den  abgeschiedenen  säurefreien  A ether  in  ein  verschliefs- 
bares  Gefäfs  mit  Stücken  von  Chlorcalcium,  die  man  so  oft  erneuert,  als 
sie  noch  feucht  und  schmierig  werden.  Durch  eine  neue  Rectifikation  über 
frisches  Chlorcalcium  erhält  man  ihn  vollkommen  rein. 

Eigenschaften:  Wasserhelle,  durchdringend  gewürzhaft  nach  Arrak 
Gehende  Flüssigkeit  von  0,912  spec.  Gewicht;  sie  siedet  bei  53,4*  be 


Ameisen  saurer  Kalk. 


831 


76imm,  schmeckt  stark  gewürzhaft,  kühlend,  lost  sich  in  10  Th.  Was- 
ser und  mischt  sich  in  allen  Verhältnissen  mit  Aether,  Alkohol,  Methyl- 
oxidhydrafc  und  vielen  fetten  und  flüchtigen  Oelen.  In  schlecht  schliefsen- 
den  Gefäfsen  aufbewahrt  wird  sie  schnell  sauer.  Durch  trocknes  Ammo- 
niakgas erleidet  sie  keine  Veränderung,  durch  wässeriges  wird  sie  wie  von 
den  andern  Alkalien  zersetzt. 

Ameisensaures  Methyloxid. 

Formel : FoÖ3 , MeO. 

Die  Darstellung  dieses  Körpers  geschieht  auf  dieselbe  Weise,  wie  die 
der  vorhergehenden  Verbindung,  nur  dals  man  anstatt  Alkohol,  Methyl- 
oxidbydrat  nimmt. 

Das  ameisensaure  Methyloxid  ist  eine  farblose , leichtflüssige  Flüssig- 
keit, leichter  als  Wasser;  sie  siedet  bei  36  — 38°  und  besitzt  einen  dem 
essigsaureu  Aethyioxid  ähnlichen  Geruch. 

Ameisensaures  Kali 

ist  ein  sehr  leichtlösliches  Salz,  schwierig  in  regelmäßiger  Form  zu  er- 
halten. 

Ameisensaures  Natron . Fo03  , NaO , Saq. 

Rhombische  Säulen  oder  Tafeln  von  salzig  bitterm  Geschmack,  die 
Kristalle  schmelzen  in  der  Wärme  uud  verlieren  ihr  Kristall wasser,  in 
höherer  Temperatur  (ritt  Zersetzung  ein.  Es  ist  leicht  im  Wasser,  nicht 
in  Alkohol  löslich , zerfliel'st  in  feuchter  Luft.  Mit  vielen  Metalloxiden 
zusammengeschmolzeu  werden  diese  mit  Leichtigkeit  reducirt.  ( [Gäbet .) 
Döbereiner  hat  die  Auflösung  dieses  Salzes  vorgeschlggen  , uin  Quecksil- 
ber, Silber,  Palladium  und  Platin  von  Eisen,  Maugau,  Kupfer  etc.  und 
andern  Metallen  zu  trennen , da  die  ersteren  in  der  Siedhifcze  aus  ihren 
Salzen  regulinisch  niedergeschlagen  werden,  während  die  andern  keine 
Veränderung  erleiden. 

Ameisensaurer  Baryt.  FoOs  , BaO. 

Kristallisirt  leicht  in  durchsichtigen,  glänzenden,  an  der  Luft  unver- 
änderlichen Säulen,  von  scharfem,  bitterem  Geschmack,  löslich  in  4 Th. 
Wasser,  unlöslich  in  Alkohol.  CArfvedson.J 

Ameisensaurer  Stronlian . Fo03  , SrO. 

Klare,  durchsichtige,  glänzende,  sechsseitige,  an  der  Luft  unverän- 
derliche Säulen,  welche  in  der  Wärme  4 At.  Wasser  verlieren.  fGobel .} 

Ameisensaurer  Kalk.  Fo03 , CaO. 

Darstellung : Man  erhält  dieses  Salz  leicht  durch  Uebersättigen  der 
unreinen,  aus  Stärke  oder  andern  organischen  Materien  durch  Destillation 
mit  Schwefelsäure  oder  mit  Braunstein  und  Schwefelsäure  erhaltenen  Amei- 
sensäure mit  Kalkmilch,  wo  die  beigemischte  schweflige  Säure  als  schwef- 
ligsaurer Kalk  unlöslich  abgeschieden  wird.  Den  überschüssigen  Kalk  ent- 
fernt man  leicht  durch  einen  Strom  Kohlensäure.  Da  dieses  Salz  in  heifsem 
Wasser  nicht  viel  löslicher  ist  als  in  kaltem  , so  erhält  man  es  am  besten 
beim  gelinden  Abdampfen  seiner  Auflösung.  Eigenschaften : Setzt  sich 
beim  Abdampfen  aus  seiner  concentrirteu  Lösung  in  der  Wärme  in  kur- 
zen, weißen,  glänzenden  Nadeln  ab,  die  beim  Erwärmen  verwittern;  es 
löst  sich  in  10  Th.  Wasser  von  19°  fGübelJ,  die  Auflösung  besitzt  ei- 
nen scharfen  salzigen  Geschmack;  es  ist  unlöslich  in  Alkohol. 

Der  ameisensaure  Kalk  wird  zur  Darstellung  einer  reinen  conceutrir- 
ten  Ameisensäure  angewendet,  die  man  zur  Darstellung  der  andern  Salze 
benutzt,  indem  man  ihn  mit  mehr  oder  weniger  verdünnter  Schwefelsäure 
der  Destillation  unterwirft. 


83*2 


Formyl. 


Ameisensäure  Magnesia.  F0O3 , MgO. 

Kristallisirt  leicht  io  feinen  glänzenden  Nadeln,  die  Kristalle  sind  luft- 
beständig  und  wasserfrei,  in  13  Th.  Wasser,  nicht  in  Alkohol,  löslich. 
CGöbel .)  9 

Ameisensaures  Ceroxidul.  F0O3 , CeO. 

Weifses  körnig  kristallinisches  Pulver,  verliert  bei  120°  sein  Kristall- 
wasser, kommt  bei  200°  in  ein  dem  Sieden  ähnliches  Aufwallen,  wobei 
es  ohne  Schwärzung  in  kohlensaures  Ceroxidul  verwandelt  wird.  Das 
ameisensaure  Ceroxidul  ist  eins  der  schwerlöslichsten  ameisensauren  Salze, 
und  seine  geringe  Löslichkeit  kann  vorteilhaft  zur  Darstellung  von  rei- 
nem Ceroxidul  aus  einer  Auflösung,  welche  Eisenoxid,  Kalk  etc.  enthält, 
benutzt  werden. 


Ameisensäure  Thonerde . 3FoOs,  Ala03. 

Eine  Auflösung  von  Thonerdehydrat  in  Ameisensäure  giebt  beim  Ab- 
dampfen eine  dem  Gummi  ähnliche,  nicht  kristallinische  Masse ; die  Auf- 
lösung läfst  sich  ohne  Veränderung  zum  Sieden  erhitzen;  setzt  man  der- 
selben schwefelsaures  Kali,  Alaun  etc.  zu,  so  trübt  sie  sich  beim  Erhitzen, 
der  Niederschlag  löst  sich  in  der  Kälte  wieder  auf,  ein  Verhalten,  was 
dem  der  essigsauren  Thonerde  vollkommen  ähnlich  ist. 

Ameisensaures  Bleioxid.  F0O3 , PbO. 

In  einer  gesättigten  Lösung  von  essigsaurem  Bleioxid , welche  man  mit 
Ameisensäure  versetzt,  bilden  sich  nach  einiger  Zeit  farblose,  sehr  glän- 
zende, sternförmig  pruppirte  Nadeln,  zu  denen  bei  Ueberschufs  von  Amei- 
sensäure die  ganze  Flüssigkeit  erstarrt.  Durch  Waschen  mit  Wasser  kön- 
nen die  Kristalle  leicht  rein  erhalten  werden,  sie  enthalten  kein  Kristall- 
wasser und  lösen  sich  in  36  — 40  Th.  Wasser,  in  heifsem  leichter.  Die 
Schwerlöslichkeit  dieses  Salzes  wird  als  Erkennuugsmittel  der  Ameisen- 
säure benutzt;  da  es  in  Alkohol  nicht  löslich  ist,  so  giebt  dies  ein  ein- 
faches Mittel  ab,  um  Ameisensäure  von  Essigsäure  zu  trennen.  Die  Auf- 
lösung des  ameisensauren  Bleioxids  schmeckt  siifs,  mit  überschüssigem 
Bleioxid  gekocht  nimmt  sie  eine  alkalische  Reaction  an. 

Ameisensaures  Manganoxidul , Eisenoxidul,  Zinkoxid,  Cadmium- 
oxid, Nickeloxid , Kobaltoxid  sind  lösliche  kristallisirbare  Salze.  Amei- 
sensaures Kupferoxid  kristallisirt  in  grpfsen,,  sehr  regelmäfsigen , durch- 
sichtigen , keilblauen , rhombischen  Säulen , welche  in  der  Wärme  ver- 
wittern. 

Ameisensaures  Quecksilberoxidul  und  Quecksilberoxid. 

F0O3  , Hg20  und  F0O3  • HgO 

Feingeriebenes  Quecksilberoxid  löst  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
in  Ameisensäurehydrat  zu  einer  syrupdicken  Flüssigkeit , die  in  trockner 
Luft  zu  einer  weifsen  kristallinischen  Masse  erstarrt.  Bei  der  geringsten 
Erwärmung  zersetzt  sich  dieses  Salz,  sowohl  trocken  als  in  Auflösung, 
in  freie  Ameisensäure,  Kohlensäure  und  Quecksilberoxidulsalz.  Eine  kalte 
Auflösung  von  Quecksilberoxid  in  wasserhaltiger  Säure  erstarrt  bei  gelin- 
der Erwärmung  zu  einer  glimmerähnlichen,  glänzenden  Kristallmasse  von 
reinem  ameisensauren  Quecksilberoxidul ; sie  besteht  aus  dünnen  silber- 
glänzenden, vier-  oder  sechsseitigen  Blättchen  von  Seidenglanz,  die  man 
durch  Preisen  zwischen  Papier  in  der  Leere  trocknen  kann.  Beim  Er- 
hitzen dieses  Oxidulsalzes,  trocken  oder  in  Auflösung,  wird  es  unter  einer 
schwachen  Verpuffung  in  Metall,  Ameisensäure  und  Kohlensäure  zersetzt. 


Formylchlorid. 


833 


4 Atome  am  eisensaures  Quecksilberoxid  zerlegen  sich  bei  gelinder  Erwär- 
mung in  2 At.  ameisensaures  Quecksilberoxidul,  1 At.  Ameisensäurehy- 
drat , 2 At.  Kohlensäure. 

C8  H8  016  Hg4  = 4 At.  ameisensaures  Quecksilberoxid 
geben 

C4  H4  08  Hg4  2 At.  ameisensaures  Quecksilberoxidul 
C*  H4  04  Ameisensäurehydrat 

Ca  04  2 At.  Kohlensäure, 

~C8  Hs  016  HgV 

2 At.  ameisensaures  Quecksilberoxidul  C4  H4  08  Hg4  zerlegen  sich  beim 
Erhitzen  in 

2 At.  Kohlensäure  C*  04 

1 At.  Ameisensäurehydrat  C2  H4  04 
4 At.  Metall  Hg4 

C4  fl4  08  Hg4 

Ameisensaures  Silberoxid.  FoOs,  AgO. 

Durch  wechselseitige  Zersetzung  von  salpetersaurem  Silberoxid  mit 
einem  ameisensauren  Alkali  bilden  sich  schwerlösliche , weifse , blätterige, 
glänzende  Kristalle,  welche  sich  beim  Erwärmen  in  Metall,  Ameisen- 
säurehydrat und  Kohlensäure  zerlegen. 

Verbindungen  des  Formyls  mit  Chlor. 

Durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  Methylchlorür  und  Methyloxid 
und  die  der  unterchlorigsauren  Salze  auf  Methyloxidhydrat  entsteht  eine 
Reihe  von  Chlorverbindungen  des  Formyls.  Aehnlich  wie  Ameisensäure 
als  Oxidationsprodukt  des  Acetyloxids  und  vieler  andern  Materien  auftritt, 
können  die  der  Ameisensäure,  also  dem  Oxide  des  Formyls  correspondi- 
renden  Chloride , auch  durch  Zersetzung  von  audern  Substanzen  durch 
Chlor  oder  durch  unterchlorigsaure  Salze  gebildet  werden.  Formylchlorid 
ist  z.  B.  ein  Zersetzungsprodukt  des  Chlorals  mit  Alkalien,  es  entsteht 
ferner,  wenn  Alkohol  oder  Aceton  mit  einer  Auflösung  von  unterchlorig- 
sauren Alkalien  der  Destillation  unterworfen  werden.  Auf  eine  ähnliche 
Weise  entsteht  Formylbromid  aus  dem  ßromal  und  Forrnyliodid  durch 
Zersetzung  des  Aethyloxidhydrats  vermittelst  einer  weingeistigeu  Lösung 
von  Iod  mit  Kalihydrat. 

Durch  die  Einwirkung  von  Chlor  auf  Methylchlorür  im  Sonnenlicht 
entstehen  drei  wesentlich  von  einander  verschiedene  Produkte,  sie  sind 
neuerdings  von  Regriaiilt  entdeckt  und  untersucht  worden. 

Das  Produkt  der  ersten  Einwirkung  des  Chlors  ist  eine  farblose  Flüs- 
sigkeit, welche  bei  30,5°  siedet  und  deren  Dampf  ein  spec.  Gewicht  von 
2,94  besitzt;  ihre  Zusammensetzung  wird  durch  die  Formel  C*H4C14  ausge- 
drückt. Dieser  Körper  entsteht  aus  Methylchlorür  C2  H6  CJ2,  indem  davon 
2 At.  Wasserstoff  hinweggenommen  und  ersetzt  werden  durch  2 At  Chlor. 
Denkt  man  sich  das  Chlor  ersetzt  durch  sein  Aequivalent  von  Sauerstoff, 
so  würde  man  ein  Oxid  des  Formyls  haben,  welches  dem  Aldehyd  der 
Acetylreihe  correspondirt  C2  H4  02  = C2  H2  ö H2  0 , es  würde  eine 
gleiche  Zusammensetzung  haben  mit  dem  Essigsäurehydrat  oder  mit  dem 
ameiseasaureu  Methyloxid. 

Wenn  man  auf  diese  Chlorverbindung  aufs  neue  Chlor  einwirken  läfst, 
so  geht  sie  unter  Bildung  von  Chlorvvasserstoffsäure  in  Formylchlorid  über. 
Das  Formylchlorid  entsteht  aus  dem  Methylchlorür  durch  die  Einwirkung 
von  8 At.  Chlor. 

I At.  MeCl*  C2  H6  Cl2*  __  (C2  H*  Cl6  = 1 At.  FoCJ6 
8 At.  Chlor  Cf8  S — } H4  Cl4  = 2 At.  Cl2  H* 

Aus  der  andern  Verbindung  entsteht  das  Formylchlorid  auf  ähnliche 
Art,  indem  sie  mit  4 At.  Chlor  die  nämlichen  Produkte  liefert. 


834 


Formy  I. 


Die  Entstehung  des  Formylchlorids  aus  Alkohol.,  Methyioxfdhydraft  und 
Aceton  geschieht  io  Folge  eines  verwickelten  Zersetzungsprozesses.  Bei 
dem  Erhitzen  einer  von  diesen  Flüssigkeiten  mit  unterchlorigsaurem  Kalk 
bemerkt  man  folgende  Erscheinungen : es  destillirt  Formylchlorid  über, 
die  rückständige  Flüssigkeit  enthält  ameisensauren  Kalk  und  Chlorcalcium 
und  es  schlägt  sich  eine  Verbindung  von  Chlorcalcium  mit  kohlensaurem 
Kalk  in  glänzend  weifseo  kristallinischen  Körnern  nieder.  Der  unterchlo- 
rigsaure Kalk,  der  zur  Darstellung  des  Formylchlorids  gedient  hat,  be- 
sitzt zu  Anfang  und  zu  Ende  eine  alkalische  Reaction , ist  derselbe  mit 
Chlor  übersättigt  gewesen , so  erhält  man  kein  Formylchlorid.  Man  be- 
merkt bei  dieser  Darstellung  keine  Gasentwickelting,  namentlich  keine  freie 
Kohlensäure.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dafs  die  Bildung  des  Formyl- 
chlorids auf  dem  angegebenen  Wege  direkt  aus  dem  Alkohol  erfolgt,  viel- 
leicht dafs  ihr  die  Erzeugung  von  Chloral  vorausgeht;  da  man  in  dem  For- 
mylchlorid  nur  den  vierten  fheil  des  Kohlenstoffs  wiedererhält,  welcher 
in  dem  Alkohol  enthalten  ist,  so  lassen  sich  die  folgenden  Verhältnisse  als 
Ausdruck  für  den  Vorgang  betrachten: 


2 At.  Alkohol 

8 At.  unterchlorigsaurer  Kalk 


C«  H?,  0. 


Cli6  Ca£ 


enthalten  die  Elemente  von 

1 At.  Formylchlorid 
3 At.  ameisensauren  Kaik 
.5  At.  Chlorcalcium 
8 At.  Wasser 


C2 

C6 


u2 

h6  o1# 

H16  Os 


Cl6 

Ca5 
C1I0  Cas 


Cs  H24  Daß  Ci16  Cag 

Bei  überschüssigem  unterchlorigsaurem  Kalk  zerlegt  sich  die  Ameisen- 
säure des  ameisensauren  Salzes  in  Kohlensäure  und  Wasser. 

Gleiche  Atomgewichte  ameiseusaurer  Kalk  und  unterchlorigsaurer  Kalk 
enthalten  die  Elemente  von  2 At.  Kohlensäure,  1 At.  Kalk,  1 At.  Chlor- 
calcium und  1 At.  Wasser  C2  H2  03  , CaO  Hh  Cl2  O,  CaO  = Cl2  Ca  -f- 
C2  04  -4-  CaO  -f-  H2  O.  Die  Hälfte  der  Kohlensäure  verbindet  sich  mit  dem 
Kalk  des  ameisensauren  Salzes,  die  andere  Hälfte  mit  dem  freien  Kalk. 

% des  Kohlenstoffs  von  2 At.  Alkohol  bilden  hiernach  Ameisensäure 
oder  Kohlensäure  und  % des  Kohlenstoffs  erhält  man  in  dem  Formylchlo- 
rid wieder. 

Die  Bildung  des  Formylchlorids  aus  Methyloxidhydrat  und  Acetou  be- 
darf keiner  besonderen  Erklärung;  da  4 Atome  Methyloxid  die  nämlichen 
Elemente  enthalten  wie  2 At.  Alkohol,  da  mau  ferner  das  Aceton  be- 
trachten kann  als  eine  Verbindung  von  Acetyloxid  mit  Methyloxid 


H6 

h6 


Acetyloxid 

Methyloxid 


C6  H12  02  = Aceton 

so  ergiebt  sich  auch  für  dieses  die  Erklärung  vorx  selbst. 

Bei  der  Bildung  des  Formyliodids  zerlegt  sich  1 At.  Alkohol  mit  iß  At, 
lod  uud  6 At.  Kali  in  1 At.  Formyliodid , 1 At.  ameisensaures  Kali,  5 At. 
lodkalium  und  4 At.  Wasser. 

1 At.  Alkohol  = C4j®2  of 

16  At.  Iod  und  6 KO  iü  06  II6  K6 


C4  H12  08  Il6  K6  = 

At.  Formyliodid  C2  H,  f8 

At.  ameisensaures  Kali  C2  H2  04 
At.  lodkalium 


At.  Wasser 


H8  04 


K 


c.  h12  o8  ii6  k6 


Formylohiorid, 


885 


Die  Verbindungen  des  lods,  Broms  und  Chlors  mit  Formyi  werden 
durch  kaustische  Alkalien , obwohl  schwierig , zersetzt  in  ameisensaure 
Alkalien  und  in  Metallhaloide. 

i At.  Formylchlorid  giebt  mit  4 At.  Kali  1 At.  ameisensaures  Kais 
und  3 At.  Chlorkalium. 

Fo  1 30  -fr-  KO  ameisensaures  Kali 
Cl6  i 3K  Chlorkaiium 
Formylchlorid  j Kali. 

Formylchlorid. 

Formel:  FoC16  [Dumas). 

Darstellung:  Man  kann  das  Formylchlorid  leicht  durch  Destillation 
von  Chloral  mit  Barytwasser  oder  einer  dünnen  Kalkmilch  , wie  früher 
angegeben,  gewinnen;  die  folgende  Methode  ist  aber  bequemer:  1 Theil 
Kalkhydrat  vertheilt  man  mit  24  Th.  Wasser  und  leitet  durch  diese  Kalk- 
milch Chlorgas,  bis  der  grofste  Theil  des  Kalkhydrats  verschwunden  ist, 
man  setzt  alsdann  eine  kleine  Quantität  Kalkmilch  hinzu , so  dafs  die 
Flüssigkeit  farblos  wird  und  eine  alkalische  Beaction  aanimrat;  die  durch 
Absetzen  klar  gewordene  Auflösung  von  unterchlorigsaurem  Kalk  mischt 
man  mit  V24  ihres  Volumens  Weingeist,  Methylosidhydrat  oder  Aceton , und 
unterwirft  das  Ganze  nach  24  Stunden  der  Destillation  bei  gelinder  Wärme. 
Um  das  Uebersteigen.  zu  vermeiden,  darf  die  Betörte  nur  % von  ihrem 
Volumen  an  Flüssigkeit  enthalten.  Das  Produkt  der  Destillation  enthält 
Formylchlorid  in  Gestalt  einer  schweren  ätherartigen  Flüssigkeit  mit  Wein- 
geist gemischt  und  in  letzterem  aufgelöst;  man  mischt  es  mit  Wasser  und 
rectificirt  im  Wasserbade.  Durch  Digestion  mit  groben  Stücken  Chlor- 
calcium und  eine  neue  Destillation  mit  concentrirter  Schwefelsäure  wird 
es  vollkommen  rein  erhalten. 

Es  ist  oben  erwähnt  worden,  dafs  es  direkt  aus  Methylchloriir  durch 
Behandlung  mit  Chlorgas  im  Sonnenlicht  erhalten  werden  kann.  Auch  er- 
hält man  es  bei  Zersetzung  einer  Auflösung  von  schwerem  Salzäther  in 
Alkohol  durch  eine  weingeistige  Auflösung  von  Kali.  Nach  dem  Zusatz 
von  Wasser  scheidet  es  sich  als  schwere  ölartige  Flüssigkeit  ab. 

Eigenschaften:  Farblose,  ölartige  Flüssigkeit  von  ätherartigem  ange- 
nehmen Geruch  und  süfslichem  Geschmack,  von  1,480  bei  18°  spec.  Ge- 
wicht, siedet  bei  60,8°.  Mit  Wasser  erhitzt  destillirt  es  über,  wenn  das 
Wasser  eine  Temperatur  von  57,3°  angenommen  hat;  es  ist  sehr  schwer 
entzündlich  und  breunt  nur  in  einer  Lichtflamme,  wodurch  ihr  Saum  grüö 
gefärbt  wird.  Durch  eine  Auflösung  von  Kali  in  Alkohol  wird  es  in  amei- 
sensaures Kali  zersetzt.  (Dumas. y Das  spec.  Gewicht  seines  Gases  ist 
4,1165,  es  enthält  in  100  Th.  88,927  Chlor  und  11,073  Formyi.  Durch 
Destillation  über  concentrirte  Schwefelsäure,  Kalium  oder  Kali  wird  es 
nicht  merklich  angegriffen,  ebensowenig  durch  andere  Säuren;  treibt  man 
seinen  Dampf  durch  eine  glühende  Glasröhre,  so  setzt  sich  Kohle  ab, 
man  erhält  Salzsäure  und  einen  in  langen  weifsen  Nadeln  kristallisirenden 
Körper. 

Mit  Chlorgas  dem  Sonnenlicht  ausgesetzt  wird  es  unter  Bildung  von 
Salzsäure  zersetzt,  es  entsteht  ein  Körper,  welcher  Chlor  und  Kohlenstoff 
enthält  und  nach  der  Formel  C2  Cf8  zusammengesetzt  ist,  er  siedet  bei 
78°,  das  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  ist  5,30  (Regnaulty , man  kann 
denselben  als  Ameisensäure  betracSiten,  wrorin  der  Wasserstoff  im  Radikal 
und  der  Sauerstoff  beide  durch  Chlor  ersetzt  sind, 

C2  C l2  -4-  Cl6 

In  dieser  Beziehung  besitzt  er  eine  dem  anderthalb  ChlorkoMenstoff , wel- 
cher der  Essigsäure  entspricht,  ähnliche  Zusammensetzung.  Er  wird  durch 
schwache  Glühhitze  unter  Entwickelung  von  Chlorgas  in  zwei  neue  Ver- 
bindungen des  Kohlenstoffs  mit  Chlor  zersetzt,  wovon  die  eine,  wie  Reg- 
nault  verrauthet,  nach  der  Formel  C,  CI4,  die  andere  nach  der  Forme« 
C5  CI,  zusammengesetzt  ist. 


836 


Formyl. 


Formylbromid. 

Formel:  FoBr6  (Dumas').  Darstellung  und  Eigenschaften  wie  bei  dem 
Formyl  Chlorid , nur  dafs  man  anstatt  unterchlorigsauren  Kalk  uuterbromig- 
sauren  Kalk,  und  statt  des  Chlorals  Bromal  dazu  verwendet.  Das  Formyl- 
bromid ist  schwerer  wie  concentrirte  Schwefelsäure , spec.  Gew.  2*10, 
weniger  flüchtig  als  das  Formylchlorid  * und  zerlegt  sich  mit  Alkalien  bei 
weitem  leichter. 


Formyliodid. 

Formel:  Fo  I6  (Dumas,  Mitscherlich).  Entdeckt  von  Serullas,  und 
als  Iodkohlenwasserstoff  , später  als  Iodkohlenstoff  von  ihm  beschrieben. 
Die  wahre  Zusammensetzung  wurde  zuerst  durch  Dumas  ausgemittelt. 

Darstellung : Man  giefst  zu  einer  gesättigten  Auflösung  von  Iod  in 
Alkohol  eine  Auflösung  von  Kalihydrat  in  Alkohol  * bis  die  IodauflÖsung 
farblos  geworden  ist;  ein  Ueberschuls  von  Alkali  mufs  sorgfältig  vermieden 
werden.  Durch  gelindes  Verdampfen  entfernt  man  den  Alkohol*  aus  dem 
sich  in  dem  Maafse*  als  seine  Menge  abnimmt*  das  Formyliodid  in  Kri- 
stallen absetzt.  Durch  Waschen  mit  Wasser  entfernt  man  das  Iodkalium. 

Eigenschaften:  Glänzende  gelbe  Blätter  von  schwachem*  unangeneh- 
mem* anhaltendem  Geruch  nach  Safran,  unlöslich  im  Wasser,  leichtlöslich 
in  Alkohol,  Aether  und  Methyloxidhydrat,  sublimirbar  bei  100°;  auf  120° 
erhitzt  zersetzt  sich  das  Formyliodid  in  Kohle,  Iod  und  Iod  wasserstoff- 
saure.  Leicht  zersetzbar  durch  eine  weingeistige  Lösung  von  Kali,  zer- 
setzbar durch  Chlorgas  in  der  Wärme,  in  Formylchlorid  und  Iodchlorid. 
Mit  Phosphorchlorid  der  Destillation  unterworfen  erhält  man  eine  dunkel- 
rothe  Flüssigkeit  von  1,96  spec.  Gewicht*  welche  Chlor,  Iod  uud  Formyl 
enthält;  eine  ähnliche  Zersetzung  erleidet  es,  wenn  es  mit  Quecksilber- 
chlorid destillirt  wird. 


Formylmlfid. 

Formel:  Fo  S3  ( Bouchardat)  ? Durch  Destillation  von  Formyliodid 
mit  3 Th.  Zinnober  erhält  man  eine  orangegelbe,  ölartige  Flüssigkeit, 
schwerer  wie  Schwefelsäure*  unlöslich  im  Wasser,  mischbar  mit  Alkohol 
und  Aether,  zersetzbar  mit  Kalihydrat  in  Schwefelkalium  und  ameisen- 
saures Kali. 

Formylchlorilr?  siehe  Seite  833. 

Zer  Setzung  sprodukte  des  Methyloxids  und  seiner  Verbindungen 

mit  Haloiden. 

Methyloxidgas,  C2  H6  O , wird  nach  Regnault  durch  Chlorgas  zersetzt 
unter  Bildung  von  Chlorwasserstoffsäure  und  einer  ölartigen  Flüssigkeit, 
welche  bei  105°  siedet  und  nach  der  Formel  C2  H4  Cl2  0 zusammengesetzt 
ist,  durch  weitere  Einwirkung  des  Chlors  scheint  sie  in  eine  andere  ver- 
wandelt zu  werden«  welche  keinen  Wasserstoff  enthält  C,  Cl6  O.  Die 
Darstellung  dieser  Materien  ist  mit  grofser  Gefalir  verbunden  , indem  zu- 
weilen durch  heftige  Explosionen  der  Apparat  zertrümmert  wird. 

Das  Verhalten  des  Chlors  zu  essigsaurem  Methyloxid  ist  von  Laurent 
untersucht  worden,  aus  seinen  erhaltenen  Resultaten,  die  sich  durch  eine 
seltne  Unbestimmtheit  und  Leichtfertigkeit  auszeichnen,  lälst  sich  kein 
andrer  Schlufs  ziehen,  als  dafs  hierbei  ein  oder  zwei  neue  Verbindungen 
entstehen,  welche  ölarcig  sind  und  Chlor  enthalten  uud  die  durch  Alkalien 
zersetzt  werden;  eins  der  hierbei  erzeugten  Zersetzungsprodukte  schien 
Ameisensäure  zu  seyn,  ein  anderes  ist  ein  ölartiges  Liquidum. 

Nach  Malaguti  eutsteht  durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  essig- 
saures Methyloxid  eine  Verbindung,  welche  in  ihrer  Zusammensetzung, 
Eigenschaften  und  Verhalten  identisch  mit  derjenigen  ist,  die  durch  Chlor 
auf  ameisensaures  Aethyloxid  gebildet  wird. 


Chlormethyläther. 


837 


Chlor  und  Methyloxidhydrat. 

Leitet  man  Chlorgas  in  Methyloxidhydrat  bei  gewöhnlichem  Tages- 
lichte, so  wird  es  mit  Wärmeentwickelung  und  Entzündung  absorbirt, 
welche  zuweilen  gefahrdrohende  Explosionen  nach  sich  zieht.  In  einem 
vor  Licht  vollkommen  geschützten  Gefäfse  läfst  sich  die  Sättigung  ohne 
Unfall  vollführen.  Gegeu  das  Ende  hin  erhält  man  die  Flüssigkeit  zur 
Austreibung  der  Salzsäure  ihrem  Siedpuukte  nahe.  Als  Resultat  der  voll- 
kommenen Zersetzung  findet  man  in  dem  Gefäfse  zwei  Flüssigkeiten,  eine 
wässerige,  welche  reich  ist  an  Salzsäure,  und  eine  ölartige  schwere 
Flüssigkeit  von  beifsendem  Geschmack,  die  mit  Alkalien  sich  in  ein  öl- 
artiges neues  Produkt  und  in  Ameisensäure  zu  zerlegen  scheint.  Kane 
fand  darin  in  100  Theilen  31,91  Kohlenstoff,  1,34  Wasserstoff,  10,83 
Sauerstoff  und  66  Chlor.  Da  weder  die  Natur  noch  die  Quantität  seiner 
Zersetzungsprodukte  bekannt  sind,  so  läfst  sich  keine  Formel  für  seine 
Zusammensetzung,  noch  weniger  eine  Erklärung  seiner  Bildung  geben. 

Chlor  und  Methyloxidsalze. 

Durch  fortdauernde  Einwirkung  des  Chlors  auf  geschmolzenes  oxal~ 
saures  Methyloxid  entsteht  eine  gelbe  i auchende  Flüssigkeit,  welche  bei 
gelinder  Erwärmung  farblos  wird ; der  Destillation  unterworfen  erhält  man 
daraus  mehrere  flüchtige  Produkte,  von  denen  das  zuerst  übergehende  sich 
in  Wasser  unter  Entwickelung  von  Kohlensäure,  ein  anderes  unter  Ent- 
wickelung von  Kohlenoxidgas  und  Abscheidung  von  Oxalsäure  auflöst.  Im 
Rückstand  bleibt  Oxalsäure  und  unzersetztes  oxalsaures  Methyloxid.  Nach 
der  Ansicht  von  Malayuti  rührt  die  Entwickelung  von  Kohlenoxidgas  bei 
gleichzeitiger  Abscheidung  von  Oxalsäure  von  einer  nach  der  Formel 

Ö+C,  Cl4  -4-  H*  O 

zusammengesetzten  Verbindung  her,  in  welcher  also  Oxalsäure,  ein  Chlor- 
kohlenstoff Cl4  C2  und  Wasser  enthalten  wäre ; durch  die  Zerlegung  des 
Chlorkohlenstoffs  beim  Hinzubringen  von  Wasser  würde  auf  der  einen 
Seite  Salzsäure  und  auf  der  andern  Kohlenoxid  gebildet. 

Durch  die  Einwirkung  von  Chlor  auf  benzoesaures  Methyloxid  ent- 
steht Salzsäure,  Methylchlorid  und  ein  ölartiges  Liquidum,  welches  der 
Destillation  unterworfen  bei  195°  eine  Flüssigkeit  liefert,  welche  gröfsten- 
theils  aus  reinem  Benzoylchlorür  besteht;  es  ist  begleitet  von  einer  andern 
Verbindung,  die  sich  bei  der  Destillatiou  schwärzt;  der  Rückstand  dieser 
Destillationen  enthält  Benzoesäure,  benzoesaures  Methyloxid  und  benzoe- 
saures Chlorformyloxid , was  bei  Zersetzung  mit  Kali  Chlorkalium,  ben- 
zoesaures und  ameisensaures  Kali  liefert. 

Essigsaures  Methyloxid  der  Einwirkung  des  Chlors  bei  steigender 
Temperatur  unterworfen,  liefert  essigsaures  Chlorformyloxid.  In  reinem 
Zustande  stellt  es  eine  farblose  ölartige  Flüssigkeit  dar  von  1,35  spec.  Ge- 
wicht, ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben , von  stechendem  Essiggeruch 
und  süfslichem  hintennach  knoblauchartigem  Geruch,  es  siedet  bei  145  — 
148°,  wobei  es  sich  schwärzt;  mit  Wasser  in  Berührung  zerlegt  es  sich 
langsam  in  Ameisensäure,  Essigsäure  und  Salzsäure,  mit  Alkalien  in  essig- 

und  ameisensaures  Alkali  und  Chlormetall ; seine  Formel  ist  AcOj  -f-  CaH2£j  | 

Chlormethyläther. 

Eine  Mischung  von  Braunstein  , Salzsäure  und  Methyloxidhydrat  liefert 
bei  der  Destillation  eine  gelbliche,  ölartige  Flüssigkeit,  welche  in  Berüh- 
rung mit  Wasser  farblos  wird.  (Atme.) 

lody  Salpetersäure  und  Methyloxidhydrat. 

Wenn  eine  Mischung  von  Iod,  Salpetersäure  und  Methyloxidhydrat 
lange  Zeit  sich  selbst  überlassen  wird,  so  entstehen  gelbe  Kristalle.  (Aime.') 


sm 


Lignon 


Chlor  y Cyan  und  Methyloxidhydrat . 

Leitet  mau  Chlor  durch  eiue  Auflösung  von  Cyanquecksilber  in  Methyl- 
oxidhydrat , so  bildet  sich  beim  Erwärmen  eine  ölartige  Materie,  welche 
schwerer  wie  Wasser  ist.  (AimeJ)  Von  den  drei  so  eben  beschriebenen 
Materien  sind  die  Eigenschaften  und  Zusammensetzung  so  gut  wie  unbe- 
kannt. 

Produkte  der  Destillation  des  Holzes , welche  mit  dem  Methyl- 
oxid in  Beziehung  zu  stehen  scheinen. 

In  der  Untersuchung  eines  Holzgeistes  aus  einer  Holzessigfabrik  in 
Wattwyl  erhielt  J.  L.  eine  farblose,  brennbare  Flüssigkeit,  welche  in  al- 
len Verhältnissen  mit  Wasser  mischbar  war,  bei  60°  siedete  und  ein  spec. 
Gewicht  von  0,864  besafs.  Diese  Flüssigkeit  besafs  einen  durchdringen- 
den, ätherartigeu  Geruch,  einen  pfefferartigen  Geschmack;  sie  brennt  mit 
wenig  leuchtender  blauer  Flamme  und  löst  Chlorcalciuin  in  jedem  Verhält- 
nifs  zu  einer  syrupartigen  Flüssigkeit  auf.  Bei  der  Destillation  im  Wasser- 
foade  kann  dieselbe  leicht  von  dem  Chlorcalcium  wieder  getrennt  werden. 
Nach  dem  Mittel  mehrerer  von  J.  L.  und  L.  Gmelin  angestellten  Analysen 
enthält  diese  Materie  in  100  Theilen 

J.  L.  Kam  L.  Gmelin 

Kohlenstoff  54,753  — 54,88  — 55,372 

Wasserstoff  11,111  — 11,27  — 9,833 

Sauerstoff  34,136  — 33,85  — 34,795 

Da  man  keine  Gewifsheit  über  die  Reinheit  der  analysirten  Materie 

hat,  so  ist  es  schwer,  eine  bestimmte  Meinung  über  die  Zusammensetzung 
derselben  auszusprechen.  Die  Formel  C4  HJ0  02  kommt  den  Resultaten 
der  ersteren  Analysen , die  Formel  C8  H18  04  den  Resultaten  der  letzteren 
sehr  nahe.  Nach  der  ersteren  könnte  es  eine  Verbindung  seyn  von  1 At. 
Acetyloxidhydrat  (Aldehyd)  mit  2 At.  Methyloxid  oder  von  Methyloxid  mit 
einem  dem  Acetyloxid  correspondirenäen  Formyloxid. 

C6  H1S  03  ==  3 At.  Methyloxid 
C2  H2  0 =:  1 At.  Formyloxid 
C8  H20  04  r 1 At.  Lignon. 

C4  Hs  02  Acetyloxid 

C4  Hj  2 02  Methyloxid 

cth^ö; 

Zu  Gunsten  dieser  Formel  spricht  der  Umstand,  dafs  der  rohe  Holz- 
geist freien  Aldehyd  enthält,  welcher  von  Scanlan  durch  successive  De- 
stillation daraus  in  reinem  Zustande  dargestellt  worden  ist.  Diese  Be- 
obachtung ist  von  Kane , Gregory  und  J.  L.  in  so  fern  bestätigt  worden, 
als  diese  Chemiker  durch  Sättigung  des  von  Scanlan  erhaltenen  Produk- 
tes mit  Ammoniakgas  kristallisirtes  Aldehyd -Ammoniak  daraus  erhalten 
haben.  Ferner  liefert  dieser  Holzgeist  mit  Aetzkali  in  Berührung  eine 
dicke  braune  Masse,  deren  Auflösung  in  Wasser  nach  Entfernung  des 
freien  Holzgeistes  durch  Destillation  von  Säuren  ähnlich  gefällt  wird,  wie 
eine  Auflösung  von  Aldehydharz  in  Alkalien , und  nach  Löwig,  Weidmann 
und  Schweitzer  soll  derselbe,  mit  Schwefelsäure  und  oxalsaurem  Kali  der 
Destillation  unterworfen , schweflige  Säure , oxalsaures  Methyloxid  und 
Essigsäure  liefern.  In  100  Theilen  würde  der  obenerwähnten  Formel  nach 
dieser  Holzgeist,  welchen  L.  Gmelin  Lignon , Schweitzer  und  Weidmann 
Xylit  nennen,  enthalten 

C8  — 611,480  — 53,83 

Hao  — 124,795  — 10,97 

04  — 400,000  — 35,29 

1136,275  — 1000 


Cetyl.  Aethal. 


839 


Diese  Forme]  giebt  etwas  weniger  Kohlenstoff,  als  durch  die  Analyse 
gefunden  wurde  , allein  da  dieser  Körper  stets  von  etwas  Aceton  begleitet* 
ist,  welches  nahe  denselben  Siedpunkt  wie  das  Lignon  besitzt,  so  würde 
sich  derselbe  damit  erklären.  Die  Versuche  von  Löwig , welcher,  wie 
bemerkt,  oxalsaures  Methyloxid  und  Lignon  bekam,  würden  in  dieser  Be- 
ziehung entscheidend  seyn,  wenn  dieser  Chemiker  das  geringste  Vertrauen 
verdiente;  sie  bedürfen  deshalb  einer  Bestätigung. 

Wach  der  Formel  Cs  H18  04  oder  C16  H36  08  könnte  es  enthalten  ein 
Gemenge  einer  Verbindung  von  Essigsäure  mit  Methyloxid,  entsprechend 
dem  Acetal,  mit  Aceton. 

C6  H18  03  rz  3 At.  Methyloxid 
C4  H6  03  rr:  1 At.  Essigsäure 
C6  Mi 2 02  — Aceton 
Ci  6 M36  Og  = Lignon. 

Jedenfalls  scheint  dieser  Körper  eine  Methyloxidverbindung  zu  ent- 
halten. Nach  L.  Gmelin’s  Versuchen  enthält  der  Pariser  Holzgeist  eine 
Einmischung  von  Essiggeist,  welcher  bei  der  Destillation  über  Chlorcal- 
cium zuerst  übergeht.  Berzelias  hält  das  Lignon  für  ein  Gemisch  von 
Methyioxidhydrat  mit  essigsaurem  Methyloxid,  allein  das  letztere  wird 
von  Chlorcalcium  nicht  aufgenommen , während  das  Lignon  sich  leicht  da- 
mit verbindet.  Dieser  Körper  bedarf  einer  gründlicheren  Untersuchung. 

Die  Behauptungen  von  Löwig,  dafs  die  Verbindungen  von  Metl^loxid 
mit  Oxalsäure  und  andern  Säuren  bei  ihrer  Zersetzung  mit  Alkalien  kein 
Methyloxid hydrat  lieferten,  so  wie  seine  Angaben  über  das  Verhalten  des 
Kaliums  zu  Methyioxidhydrat , sind  als  falsch  und  unrichtig  von  Malaguti 
und  Höckmann  widerlegt. 

VII)  Cetyl.  Symb.:  Ct. 

32  At.  Kohlenstoff  = 2445,92 

66  At.  Wasserstoff  =:  411,82 

1 ÄtTCetjT“  ==  1s  57,74 

Mit  Cetyl  bezeichnen  wir  ein  hypothetisches  Radikal,  ähnlich  dem 
Aethyl  ^ welches  nach  der  Formel  C32  H66  zusammengesetzt  ist. 

Mit  1 Atom  Sauerstoff  bildet  das  Cetyl  das  Cetyloxid . Das  dem  Alko- 
hol entsprechende  Hydrat  dieses  Oxids  ist  das  von  Chevreul  entdeckte 
Aethal.  Die  chemische  Natur  des  Aethals  so  wie  seine  dem  Alkohol  ähn- 
liche Constitution  wurde  von  Chevreul  zuerst  erkannt  und  sein  Name  aus 
den  ersten  Sylben  von  Aethev  und  Alkohol  abgeleitet.  Die  Untersuchun- 
gen von  Dumas  und  Peligot  haben  die  Richtigkeit  von  ChevreuVs  Ansicht 
ausser  Zweifel  gestellt,  sie  stellten  das  Cetylchloriir  und  das  doppelt- 
Schwefelsäure  Cetyloxid  dar  und  gaben  die  erste  rationelle  Formel  über 
die  Zusammensetzung  des  Wallraths,  des  einzigen  Körpers,  in  welchem 
man  das  Cetyloxid  bis  jetzt  angetroffen  hat;  der  Wallrath  ist  eine  Ver- 
bindung von  2 At.  margarinsaurem  Cetyloxid  mit  1 At.  ölsaurem  Cetyloxid 
(siehe  Margarinsäure  und  Oelsäure). 

Aethal. 

Cetyloxidhydrat.  Formel  : C32  H66  0 “I”  CtO  *4"  3.(J. 

Darstellung : Gleiche  Theile  Wallrath  und  Kalihydrat  werden  mit  ih- 
rem gleichen  Gewicht  Wasser  mehrere  Tage  bei  50  — 90°  digerirt,  die 
gebildete  Seife  durch  verdünnte  Schwefelsäure  zersetzt  und  die  abgeschie- 
dene Fettmasse,  ein  Gemenge  von  Margarinsäure,  Oelsäure  und  Aethal, 
nach  dem  Auswaschen  mit  siedendem  Wasser  mit  überschüssigem  Baryt- 
wasser gekocht,  wodurch  unlöslicher  öl  * und  margarinsaurer  Baryt  ge- 
bildet wird,  aus  denen  kalter  Alkohol  das  Aethal  auszieht;  durch  Ent- 
fernung des  Alkohols  durch  Verdampfen  und  durch  Lösung  des  Rück- 


840 


CetyL 


Standes  in  Aether  scheidet  man  die  letzten  Spuren  der  beigemischten  Ba- 
rytsalze. Nach  der  Verdampfung  des  Aethers  bleibt  reines  Aethal.  ( Che - 
rreulj  Nach  Dumas  und  Peligot  setzt  man  geschmolzenem  Wallrath 
Kalihydrat  in  grobem  Pulver  unter  beständigem  Umrühren  zu,  wo  die 
Verbindung  leicht  und  schnell  und  unter  W ärmeentwickelung  vor  sich 
geht.  Sobald  die  Masse  vollkommen  fest  geworden  ist,  behaudelt  man  sie 
zuerst  mit  Wasser  uud  zersetzt  die  gebildeten  Seifen  durch  überschüssige 
verdünnte  kochende  Salzsäure ; die  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit 
schwimmende  ölartige  Schicht  wird  mit  Kalihydrat  zum  zweitenmal  wie 
oben  behandelt,  wodurch  der  Rest  des  unzersetzt  gebliebenen  Wallraths 
vollkommen  verseift  wird.  Man  behandelt  die  Masse  aufs  neue  mit  Was- 
ser und  kochender  Salzsäure,  und  digerirt  nun  das  Gemenge  von  Qel- 
säure,  Margarinsäure  und  Aethal  mit  Kalkmilch,  es  entsteht  ein  Gemenge 
von  Aethal  mit  ölsaurem  und  margarinsaurem  Kalk,  was  nach  dem  Aus- 
trocknen an  kalten  Alkohol  das  Aethal  abgiebt.  Das  durch  Verdampfen 
des  Alkohols  erhaltene  Aethal  reinigt  man  durch  Auflösung  in  Aether  und 
durch  Destillation  nach  der  Verdampfung  des  Aethers. 

Eigenschaften : Weifse,  feste,  kristallinische  Masse,  über  48°  schmel- 
zend, bei  48°  erstarrend,  beim  langsamen  Erkalten  in  glänzenden  Blät- 
tern, aus  der  heifsen  Auflösung  in  Alkohol  in  kleinen  Blättchen  kristalli- 
sirend  , leicht  verdampfbar  für  sich  oder  mit  Wasserdämpfen  , unzersetzt 
destillirbar , geruch-  und  geschmacklos,  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben, 
verbrennt  an  der  Luft  erhitzt  wie  Wachs,  unlöslich  im  Wasser,  mischbar 
im  geschmolzenen  Zustande  mit  warmem  Alkohol  in  allen  Verhältnissen, 
leicht  löslich  in  Aether.  Zersetzbar  durch  Salpetersäure,  bildet  in  gelin- 
der Wärme  mit  concentrirter  Schwefelsäure  saures  schwefelsaures  Cetyl- 
oxid, geht  im  reinen  Zustande  keine  Verbindung  ein  mit  Alkalien. 

Cetylchlorür. 

Formel:  C32 H60  Cl2  = CtCl2. 

Gleiche  Volumtheile  Aethal  und  Phosphorchlorid  Pa  CI10  in  einer  Re- 
torte gemengt  entwickeln  unter  starker  Erhitzung  und  Schmelzung  eine 
reichliche  Menge  von  Chlorwasserstoffsäure , bei  weiterer  Erwärmung  de- 
stillirt  Phosphorchlorür,  Phosphorchlorid  und  zuletzt  Cetylchlorür  in  der 
Form  eines  ölartigen  Liquidums  über,  was  sich  durch  Behandlung  mit  kal- 
tem, zuletzt  init  siedendem  Wasser  von  den  Chloriden  des  Phosphors, 
obwohl  schwierig,  befreien  läfst.  In  der  Betörte  bleibt  Phosphorsäure 
und  phosphorsaures  Cetyloxid  zurück.  Es  ist  zweckmäfsig,  das  erhaltene 
Cetylchlorür  einer  zweiten  Behandlung  mit  Phosphorchlorid  zu  unterwer- 
fen, um  einer  Abwesenheit  von  beigemischtem  Aethal  gewifs  zu  seyn. 
Die  Eigenschaften  dieses  Körpers  haben  die  Entdecker  nicht  näher  ange- 
geben. Zwei  Analysen  gaben  in  100  Theilen 

Theorie  Versuch 

Kohlenstoff  74,1  — 74,3  — 73,67 

Wasserstoff  12,4  — 12,2  — 12,32 

Chlor  13,5  — 12,5  — 13,70 

Schwefelsaures  Cetyloxid;  2S0ä , Cj,  H66  O -+-  aq.  Diese  Verbindung 
ist  unbekannt. 

Schwefelsaures  Cetyloxid-Kali.  2S03,  C32H66  0,  KO. 

Aethal  und  Schwefelsäurehydrat  vereinigen  sich  mit  einander  bei  ge- 
linder Erwärmung  im  Wasserbade.  Wird  die  erhaltene  Verbindung  in  Al- 
kohol gelöst  und  eine  Auflösung  von  Kalihydrat  in  Alkohol  bis  zur  Neu- 
tralisation zugesetzt,  so  scheidet  sich  schwefelsaures  Kali  ab,  schwefel- 
saures Cetyloxid-Kali  und  freies  Aethal  bleiben  gelöst.  Die  bei  der  Ver- 
dampfung des  Alkohols  erhaltenen  Kristalle  liefern  nach  mehrmaliger  Kri- 
stallisation, mit  Aether  ausgewaschen,  welcher  das  Aethal  löst,  reines 


Ceten.  — Amyl. 


841 


echwefelsaures  Cetyloxid-Kali  in  dünnen,  vollkommen  weifsen,  perlmutter- 
glänzenden  Blättchen.  Ausser  der  Zusammensetzung  sind  von  diesem  Salze 

Dumas  und  Peligot  erhielten  in 


keine  näheren  Eigenschaften  bekannt 
100  Tkeilen: 

schwefelsaures  Kali 

Schwefelsäure 

Kohlenstoff 

Wasserstoff 

Sauerstoff 


Theorie. 

23,9 

11,0 

53,7 

9,0 

2,4 


Versuch. 

24.0 

53.1 
53,1 

9.1 

2.1 


100,0  100,0 

Zersetzungsprodukt  des  Cetyloxidhydrats. 

Ceten.  Formel: 

Zersetzungsprodukt  des  Aethals  durch  wasserfreie  Phosphorsäure. 
Darstellung:  Aethal  wird  mit  wasserfreier  Phosphorsäure  mehrmals 
der  Destillation  unterworfen,  wo  Ceten  übergeht,  was  in  Folge  einer 
Bildung  und  Entziehung  von  2 At.  Wasser  gebildet  wird 

Eigenschaften:  Farblose,  ölartige  Flüssigkeit,  macht  auf  Papier  Fett- 
flecke, unlöslich  im  Wasser,  leicht  mischbar  mit  Alkohol  und  Aether, 
entzündlich,  mit  rufsender  Flamme  verbrennend.  Siedpunkt  nahe  bei  275° 
das  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  ist  7,843  (gefunden  durch  den  Versuch 
8,007),  wornach  es  in  1 Volum  enthält: 

8 Vol.  Kohlenstoff  6,7423 
16  Vol.  Wasserstoff  =r  1,1008 
1 Vol.  Ceten  7,8431 

VIII)  Amyl.  Symb. : Ayl. 

10  At.  Kohlenstoff  = 764,35 
22  At.  Wasserstoff  — 137,27 
1 At.  Amyl  “ 901,62 

Verbund, be/;e„iCHne"  Wir  das  l;yp«t'>e«scl.e  Radikal  einer  Reihe  von 
Verbindungen,  von  denen  das  Hydrat  seines  Oxids  unter  dem  Namen 

rnntfvil*  n ar  üffe  n Ia"?e  bekaDnt  ist-  Seine  Zusammensetzung  wu™de 
Dumas  ausgemittelt,  seine  chemischen  Eigenschaften  hineeeen 

Amyl  r-  CI0  U22  = Ayl. 

AylO  n:  C10  H22  O rzr  Oxid,  unbekannt. 

AylO  + aq  = c10  ^0  + 0,0  = Fuselöl. 

AylCi,  = C10  H22  CJ2  = Chlorür. 

Ayl  Br2  rrz  C10  H22  Br2  ir  Bromür. 

Ayl  I2  C10  H22  f2  ~ Iodiir. 

2S05 , AylO  -h  aq  =r  saures  schwefelsaures  Amyioxid. 

2S03,  AylO  -h  ffaO  = schwefelsaurer  Amyloxid-Baryt. 

Atnyloxidhydr at . Formel : CI0  H22  0 + H2  0. 

eineBweifsnr“h'^r,iiSnml,de  ?*f  Destil|a«on  des  Kartoffelhranntweins  geht 
eine  weifsl.ch  trübe  Flüssigkeit  über,  aus  der  sich  in  der  Ruhe  alkohol- 

Geigers  Pharmacie.  I.  ( 5/c  Auß. ) 


8« 


A myl. 


uud  wasserhaltiges  Amyloxidhydrat  absetzt.  Das  rohe  Oel  enthält  über 
die  Hälfte  von  seinem  Gewichte  an  beiden  Substanzen,  es  siedet  bei  85  — 
90°.  Um  es  rein  zu  erhalten  schüttelt  man  es  mehrmals  mit  Wasser, 
stellt  es  mit  Chlorcalcium  zusammen  und  unterwirft  es  der  Destillation. 
Wenn  der  Siedpunkt  bis  auf  132°  gestiegen  ist,  wechselt  man  die  Vor- 
lage. Was  von  da  an  übergebt,  ist  rein.  ( Cahours .) 

Eigenschaften : Farbloses,  ölähnliches,  sehr  flüssiges  Liquidum,  von 
starkem,  anfänglich  nicht  unangenehmen,  später  aber  höchst  ekelhaften, 
widrigen  Geruch;  der  eiugeathmete  Dampf  bewirkt  Brustbeenguug,  Er- 
brechen und  reizt  zum  Husten;  von  scharfem,  brennendem  Geschmack; 
entzündlich,  mit  blauweifser  Flamme  verbrennend;  es  siedet  bei  132°  bei 
761  Mill.  Druck,  sein  sp.  Gewicht  ist  0,8124  fcji  15°,  bei  —19  bis  20°  wird 
es  fest  und  kristallinisch  blätterig.  Auf  Papier  macht  cs  Fettflecken,  wel- 
che durch  Verdampfen  verschwinden,  in  lufthaltenden  Gefäfseu  aufbewahrt 
nimmt  es  eine  saure  Reaction  an.  Es  löst  sich  in  geringer  Menge  in  Was- 
ser, dem  es  seinen  Geruch  mittheilt,  mischbar  in  allen  Verhältnissen  mit 
Aether  und  Alkohol,  flüchtigen  und. fetten  Oelen  und  concentrirter  Essig- 
säure, es  löst  Phosphor,  Schwefel  und  Iod  ohne  bemerkbare  Veränderung 
auf;  auf  ähnliche  Art  vermischt  es  sich  mit  Kali  und  Natronhydrat.  Ah- 
sorbirt  reichlich  Chlorwasserstoffsäure  unter  Wärmeentwickelung.  Mischt 
sich  mit  concentrirter  Schwefelsäure  mit  violettrother  Farbe,  hierbei  ent- 
steht saures  schwefelsaures  Amyloxid.  Durch  Salpetersäure  uud  Chlor 
wird  es  zersetzt.  Bei  der  Destillation  mit  wasserfreier  Phosphorsäure  er- 
hält man  eine  flüssige,  ölartige  Kohlenwasserstoffverbindung. 

Amylbromür.  Formel:  AylBr2  £ Cahours J. 

Darstellung  wie  Amyliodiir.  Eigenschaften:  Farblose,  flüchtige.  Öl- 
artige Flüssigkeit,  schwerer  wie  Wasser,  von  scharfem  Geschmack  und 
stechendem  knoblauchartigen  Geruch.  Unveränderlich  an  der  Luft  und  im 
Lichte,  destillirbar  ohne  Zersetzung,  schwerentzündlich,  mit  grüngesäumter 
rufsender  Flamme  verbrennend;  durch  wässerige  kaustische  Alkalien  wird 
sie  schwierig,  leicht  durch  alkoholische  Auflösungen  dieser  Körper  zer- 
setzt. Mischbar  mit  Alkohol  und  Aether. 

Amyliodiir.  Formel:  Ayll2  £ Cahours ). 

Darstellung : Eine  Mischung  von  8 Th.  Iod,  15  Th.  Amyloxidhydrat 
und  1 Th.  Phosphor  unterwirft  man  der  Destillation  bei  gelinder  Wärme. 
Das  erhaltene  Produkt  wird  durch  Waschen  mit  Wasser,  Digestion  mit 
Chlorcalcium  und  wiederholte  Destillationen  gereinigt. 

Eigenschaften : Farblose  Flüssigkeit,  schwerer  wie  Wasser,  von  ste- 
chendem Geschmack  und  knoblauchartigem  Geruch ; im  Dunkeln  läfst  es 
sich  ohne  Veränderung  aufbewahren,  im  Lichte  nimmt  es  eine  rothgelbe 
Farbe  an;  es  siedet  bei  120°  bei  761  Millim.  Druck,  schwer  entzündlich 
mit  rother  Flamme  brennend,  verhält  sich  gegen  Alkalien  wie  das  Amyl- 
bromür. Nach  dem  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  C gefunden  6,675)  ent- 
hält dieser  Körper  in  1 Volum: 

2%  Vol.  Kohlenstoff  = 2,10697 
51/*  Vol.  Wasserstoff  =r  0,37840 
% Vol.  Iod  = 4,35055 

1 Vol.  Amyliodür  = 6,83592 

Saures  schwefelsaures  Amyloxid. 

Wenn  man  schwefelsauren  Amyloxid -Baryt  in  Wasser  gelöst  durch 
Zusatz  von  verdünnter  Schwefelsäure  vorsichtig  von  dem  Baryt  befreit, 
so  erhält  man  saures  schwefelsaures  Amyloxid  in  Auflösung,  welches  sich 
an  der  Luft  und  im  leeren  Raume  bis  zur  Syrupconsistenz  abdampfen  läfst, 
woraus  man  zuweilen  diese  Verbindung  in  sehr  feinen  Nadeln  kristalli- 
sirt  erhalt. 


* 


843 


Schwefelsaurer  Amyloxid-Bary t. 

Das  saure  Schwefelsäure  Amyloxid  bildet  mit  Basen  ohne  Ausnahme 
lösliche  Doppelverbindungen  ; wird  die  wässerige  Auflösung  erhitzt,  so 
zersetzt  sie  sich  in  Schwefelsäure,  die  jetzt  durch  Barytsalze  angezeigt 
wird,  und  in  Amyloxidhydrat,  was  sich  als  Oeischicht  abscheidet. 

Schwefelsaures  Amyloxid - Kali. 

Formel  des  kristallisirten  Salzes:  2S05 , AylO,  KO.  Man  erhält  es 
durch  Zersetzung  des  schwefelsauren  Amyloxid-Baryts  mit  kohlensaurem 
Kali  und  Abdampfen  bis  zur  Kristallisation. 

Eigenschaften:  Feine  concentrisch  gruppirte,  farblose  Nadeln  oder 
Schuppen,  sehr  löslich  in  Wasser  und  Alkohol,  von  sehr  bitterem  Ge- 
schmack. 

Schwefelsaurer  Amyloxid-  Baryt. 

Formel  des  kristallisirten  Salzes:  2S05,  AylO,  BaO  3aq;  bei  100® 
getrocknet:  2S03 , AylO,  BaO  2aq. 

Darstellung : Gleiche  Gewichtstheile  concentrirter  Schwefelsäure  und 
Amyloxidhydrat  werden  mit  einander  gemischt,  wo  die  Verbindung  mit 
Erhitzung  und  Färbung  aber  ohne  Entwickelung  von  schwefliger  Säure 
vor  sich  geht.  Durch  Neutralisation  mit  kohleusaurem  Baryt  erhält  man 
unauflöslichen  schwefelsauren  Baryt  und  schwefelsauren  Amyloxidbaryt, 
welcher  durch  Thierkohle  entfärbt  und  bis  zur  Kristallisation  abgedampft 
wird. 

Eigenschaften:  Perlmutterglänzende,  färb-  und  geruchlose  Blättchen 
von  bitterem  Geschmack , leichtlöslich  in  Wasser,  in  heifsem  Alkohol 
leichter  wie  in  kaltem,  wenig  in  Aether  löslich.  Durch  Sieden  der  wäs- 
serigen Auflösung  wird  sie  zersetzt  in  Amyloxidhydrat , freie  Schwefel- 
säure und  schwefelsauren  Baryt.  Bei  200°  wird  es  zersetzt. 

Das  saure  schwefelsaure  Amyloxid  bildet  mit  Kalk  und  Bleioxid  ähn- 
liche Doppelverbindungeu.  Die  Formel  der  Bleioxidverbindung  ist  2S05 , 
AylO,  PbO  2aq  ; die  der  Kalkverbindung  2S03  , AylO,  CaO  -f-  2aq. 
Die  letztere  scheint  in  kaltem  Wasser  leichter  löslich  zu  seyn  wie  bei 
Siedhitze,  Wo  sie  sich  trübt.  Beide  in  Auflösung  erwärmt  zersetzen  sich 
wie  die  Barytverbindung. 

Zersetzungsprodukte  des  Amyloxidhydrats . 

a)  Durch  wasserfreie  Phosphorsäure.  Bei  wiederholter  Destillation 
über  wasserfreie  Phosphorsäure  wird  das  Amyloxidhydrat  zersetzt,  man 
erhält  eine  sauerstofffreie  farblose  Flüssigkeit,  welche  leichter  wie  Was- 
ser ist  und  einen  eigenthümlich  aromatischen  Geruch  besitzt,  sie  siedet  bei 
160°  ( Cahonrs  gab  ihr  den  Namen  Amyleii) , und  nach  dem  spec.  Gewicht 
ihres  Dampfes,  welches  nach  dem  Versuch  5,061  (Rechnung  4,90)  ist, 
enthält  1 Volum: 

5 Vol.  Kohlenstoff  = 4,2139 

10  Vol.  Wasserstoff  ==  0,6880 

1 Vol.  Amylen  ~ 4,9019 

Die  procentisclie  Zusammensetzung  ist  dieselbe  wie  die  des  Hydracetgls. 

b)  Durch  Chlor.  Amyloxidhydrat  wird  durch  Chlor  unter  Schwärzung 
und  Salzsäureentwickeluug  zersetzt.  Die  Verbindung,  welche  man  nach 
vollendeter  Einwirkung  des  Chlors  erhält,  stellt  eine  braune  ölartige  Flüs- 
sigkeit dar,  schwerer  wie  Wasser;  mit  Wasser  und  einer  Auflösung  von 
kohlensaurem  Natron  gewaschen  verliert  sie  ihre  saure  Reaction,  sie  sie- 
det bei  180°,  ist  unlöslich  im  Wasser  und  alkalischen  Lösungen,  leicht 
in  Alkohol  und  Aether ; die  letzteren  Auflösungen  bringen  anfänglich  in 
salpetersaurem  Silberoxid  keinen  Niederschlag  hervor,  bei  längerem  Zu- 
sammenstehen bildet  sich  hingegen  Chlorsilber.  Die  folgende  procentisclie 
Zusammensetzung  dieses  Körpers  wurde  in  zwei  Analysen  gefunden: 


84* 


Gly  cery  1. 


Kohlenstoff  44,17  — 44,28 
Wasserstoff  6,10  — 6,00 

Sauerstoff  11,85  — 11,34 
Chlor  38,38  — 38,38 

100,00  100,00 

Andere  Verbindungen  oder  Zersetzungsprodukte  des  Amyloxids  sind 
nicht  bekannt. 

IX)  Glyceryl.  Symb. : Gl. 

6 At.  Kohlenstoff  = 458,61 
14  At.  Wasserstoff  = 87,35 
1 At.  Glyceryl  = 545,96 

Unter  dem  Namen  Glycerin  kennt  man  längst  das  Hydrat  eines  in  der 
Natur  fertig  gebildeten,  sehr  häufig  verbreiteten,  organischen  Oxids,  wel- 
ches in  Verbindung  mit  den  mannigfaltigsten  Säuren  die  fetten  und  trock- 
nenden nicht  flüchtigen  Oel-  und  Talgarten  bildet. 

Mit  Glyceryl , C6  H14,  bezeichnen  wir  das  Radikal  dieses  Oxids. 

Glyceryloxid  ist  die  Verbindung  dieses  Radikals  mit  5 At.  Sauerstoff, 
C6  H14  Os  j beide  sind  bis  jetzt  nur  in  Verbindung  mit  Wasser  oder  Säuren 
bekannt. 

Glyceryloxidhydrat , C6  HJ4  Os  -f-  aq,  ist  der  von  Scheele  entdeckte 
O eizucker , das  sog.  Principe  donx  des  huiles.  Die  grofse  Verbreitung 
dieses  Körpers  ist  von  Chevreul  und  seine  wahre  Natur  von  Chevreul  und 
Pelouze  ins  Klare  gestellt  worden. 

Glyceryloxidhydrat.  Formel : C6  Hi4  O5  + aq.  £ Chevreul , Pelouze. } 

Vorkommen  und  Darstellung : Das  Glyceryloxidhydrat  ist  in  den  fet- 
ten Oelen  und  Talgarten  in  Verbindung  mit  Oelsäure,  Talgsäure  und 
Margarinsäure  enthalten,  und  wird  daraus  abgeschieden,  wenn  diese  letz- 
teren mit  Wasser  und  starken  Basen,  die  sich  mit  den  Säuren  verbinden, 
eine  Zeitlang  im  Sieden  erhalten  werden.  Nach  der  Zersetzung  des  talg- 
sauren,  ölsauren  etc.  Alkali’s  mit  Weinsäure  oder  Schwefelsäure  bleibt 
das  Glyceryloxidhydrat  neben  einem  Kalisalz  im  Wasser  gelöst,  während 
die  Säuren  abgeschieden  werden.  Durch  Verdampfung  der  Auflösung  und 
Behandlung  des  Rückstandes  mit  kaltem  Alkohol  scheidet  man  das  Glyce- 
ryloxidhydrat, was  sich  im  Alkohol  löst,  von  dem  Kalisalz,  was  darin 
unlöslich  ist. 

Am  bequemsten,  in  gröfster  Menge  und  sehr  rein  erhält  man  diese 
Verbindung  durch  Verseifung  des  Olivenöls  vermittelst  Bleioxid  und  wenig 
Wasser,  wo  in  dem  Wasser  das  GJyceryloxidh3'drat  gelöst  bleibt,  was 
man  von  dem  aufgenommenen  Bleioxid  durch  Schwefelwasserstoffsäure 
trennt.  Durch  Behandlung  mit  Kohle  wird  es  farblos  erhalten.  Durch 
Entfernung  des  Wassers  durch  Verdampfung,  zuletzt  im  leeren  Raume 
über  Schwefelsäure  erhält  man  es  rein  und  wasserfrei. 

Eigenschaften:  Farbloser  oder  schwach  gelblich  gefärbter,  geruch- 
loser Syrup,  von  1,252  bis  1,27  ( Chevreul ) spec.  Gewicht,  mit  Wasser 
und  Alkohol  in  allen  Verhältnissen  mischbar,  von  sehr  siifsem  Geschmack, 
unlöslich  in  Aether,  mit  Wasserdämpfen  sich  in  geringer  Menge  verflüch- 
tigend; wird  durch  Hitze  zerstört,  nicht  destillirbar,  an  der  Luft  erhitzt 
brennt  es  mit  leuchtender  Flamme  ; durch  Salpetersäure  w’ird  es  in  Klee- 
säure, durch  Manganhyperoxid  und  Schwefelsäure  in  Ameisensäure  und 
Kohlensäure  verwandelt;  fällt  beim  Kochen  mit  schwefelsaurem  Kupferoxid 
metallisches  Kupfer. 

Die  wässerige  Auflösung  hält  sich  unverändert  in  offenen  oder  ver- 
schlossenen Gefäfsen  ; ist  nicht  gährungsfähig. 


845 


Schwefelsaurer  Glyceryloxid- K alk. 

Es  verbindet  sich  mit  Schwefelsäurehydrat  zu  saurem  schwefelsaurem 
Glyceryloxid  und  geht  Verbindungen  ein  mit  Kali  und  Baryt , löst  in  der 
Wärme  Bleioxid,  alle  zerfliefslichen  Salze,  schwefelsaures  Kali,  -Natron, 
-Kupferoxid , salpetersaures  Silberoxid  und  -Kali. 

Glyceryloxidhydrat  wird  durch  Brom  und  Chlor  zersetzt;  das  Brom 
löst  sich  darin  unter  Erhitzung  auf,  beim  Erwärmen  und  Verdünnen  mit 
Wasser  scheidet  sich  eine  schwere  ölartige  Flüssigkeit  ab  von  ätherarti- 
gem angenehmem  Geruch,  welche  löslich  in  Aether  und  Alkohol  ist.  Die 
wässerige  Flüssigkeit  enthält  Bromwasserstoffsäure. 

Chlorgas  mit  Glyceryloxidhydrat  in  Berührung  wird  davon  unter  Bildung 
von  Chlorwasserstoffsäure  und  einem  weifsen,  festen,  flockigen  Körper, 
von  ätherartigem  Geruch  und  saurem,  bitterem,  zusammenziehendem  Ge- 
schmack absorbirt. 

Saures  schwefelsaures  Glyceryloxid.  , C6  H14  05  -f-  aq. 

Bildung:  Concentrirte  Schwefelsäure  mit  der  Hälfte  ihres  Gewichts 
Glyceryloxidhydrat  in  Berührung  gebracht,  verbindet  sich  damit  unter  be- 
trächtlicher Erhitzung  ohne  Färbung.  Dieses  saure  Salz  entsteht  ebenfalls 
beim  Behandeln  aller  Gele  und  Talgarten  mit  concentrirter  Schwefelsäure. 
(Pelouze,  Fremy 

Darstellung : Eiue  Auflösung  von  schwefelsaurem  Glyceryloxid-Kalk 
wird  vorsichtig  zur  Entfernung  des  Kalks  mit  verdünnter  Kleesäure  gefällt. 

Eigenschaften : Sehr  saure  Flüssigkeit,  welche  Baryt-,  Blei-  und  Kalk- 
salze nicht  fällt,  die  kohlensauren  Salze  unter  Aufbrausen  zersetzt  und 
bei  gelindem  Erwärmen  oder  beim  Aufbewahren  in  Glyceryloxidhydrat 
und  freie  Schwefelsäure  zersetzt  wird. 

Das  saure  Schwefelsäure  Glyceryloxid  giebt  mit  Basen  neutralisirt  lös- 
liche Doppelsalze;  die  Verbindungen  mit  Kalk  und  Baryt  sind  leichtlöslich, 
kristalüsirbar , ihre  Auflösungen  werden  bei  Siedhitze  leicht  zersetzt  in 
schwefelsaure  Metalloxide  und  Glyceryloxidhydrat. 

Schwefelsaurer  Glyceryloxid-Kalk. 

Formel:  2S03 , C6H1405,  CaO  fPelouze). 

Darstellung : Beim  Sättigen  einer  mit  Wasser  verdünnten  Mischung 
von  Schwefelsäurehydrat  mit  Glyceryloxidhydrat,  mit  kohlensaurem  Kalk 
erhält  man  nach  dem  Entfernen  des  gebildeten  Schwefelsäuren  Kalks  und 
Abdampfen  eine  syrupähnliehe  Flüssigkeit,  aus  der  in  der  Kälte  der  schwe- 
felsaure Glyceryloxid-Kalk  in  farblosen  prismatischen  Nadeln  sich  absetzt, 
welche  durch  neue  Kristallisationen  gereinigt  werden. 

Eigenschaften : Farblose  Blättchen  oder  Nadeln,  löslich  in  ihrem  hal- 
ben Gewicht  Wasser,  unlöslich  in  Alkohol  und  Aether;  die  wässerige 
Auflösung  besitzt  einen  bitteren  Geschmack.  Zwischen  140  — 150°  wird 
er  zersetzt  unter  Ausstofsung  eines  unangenehm  riechenden,  die  Augen 
reizenden  Dampfes  und  unter  ßücklassung  eines  Gemenges  von  Kohle  mit 
schwefelsaurem  Kalk. 

Das  schwefelsaure  Glycerylbleioxid  besitzt  nach  Pelouze  eine  dem 
Kalksalz  ähnliche  Zusammensetzung. 


Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  das  Glyceryloxid  in  Verbindung  mit  an- 
dern als  fetten  Säuren  in  der  Natur  vorkommt,  und  diese  Verbindungen 
verdienen  aufgesucht  zu  werden.  Benzoesaures  Glyceryloxid  besitzt  z.  B. 
die  Zusammensetzung  des  Picrotoxins  etc.  Mannit  und  Glyceryloxid  sind 
den  Formeln  nach  Oxide  des  nemlichen  Radikals  etc.  etc. 


SiCS 


Mec<!  «sä« r e, 


Verbindungen  unbekannter  Radikale . 

In  der  vorhergehenden  Abtheilung  sind  alle  Verbindungen  zusammen- 
gestellt,  welche  mit  einander  in  einer  bestimmten  Beziehung  entweder  auf 
ihre  Bildung  oder  Zusammensetzung  stehen ; in  der  folgenden  werden  die- 
jenigen organischen  Materien  abgehandelt  werden,  über  deren  Radikal  bis 
jetzt  keine  Untersuchungen  vorliegen. 

Diese  Verbindungen  werden  in  der  Reihe  abgehandelt,  wie  sie  in  ihrer 
Zusammensetzung  aufeinander  folgen,  in  der  Art,  dafs  durch  die  Anzahl 
der  Atome,  die  sie  in  einem  Aequivalent  enthalten,  eine  zunehmende 
Reihe  gebildet  wird.  Auf  diejenigen  Säuren,  welche  in  einem  Atom  drei 
Aenuivalente  enthalten,  auf  die  dreibasischen,  folgen  die  zweibasischen 
und  zuletzt  die  einbasischen  Säuren.  Die  beiden  ersteren  Klassen  zerlegen 
sich  durch  den  Eioflufs  der  Wärme  und  geben  zur  Entstehung  von  Pyro- 
gensäuren mehrentheils  Veranlassung;  diese  werden  als  Zersefczungspro- 
dukte  derselben  abgehandelt  werden. 

Manche  von  diesen  Verbindungen  sind  Erzeugnisse  der  Oxidation  von 
andern  nicht  sauren  Substanzen,  diese  sollen  gleichzeitig  nach  diesen  Säu- 
ren beschrieben  werden,  so  dafs  also  im  Ganzen  die  Anordnung  in  der 
ersten  Abtheiluug  befolgt  wird,  in  der  Art,  dafs  alle  mit  einander  in  Be- 
ziehung stehenden  Substanzen  gruppenweise  sich  zusammengestellt  finden. 


Meconsäurc. 

Dreibasische  Säure.  Symb.:  Me. 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C14  H2  On  Me. 

Formel  der  bei  100°  getrockneten*  Ci4  H*  0,,  -f-  3H20  =rr  Me  -f-  3aq. 

Formel  der  kristallisirten : C14  H2  O,,  -h  3II20  -f-  6aq  =rr  Me  H-  Oaq. 

Seguin  machte  zuerst  die  Beobachtung,  dafs  ein  Opiumaufgufs  die  Fä- 
higkeit besitze,  Eisenoxidsatze  blutroth  zu  färben.  Sertürner  stellte  zu- 
erst die  Meconsäure  aus  dem  meconsauren  Baryt  mit  Schwefelsäure  dar, 
welche  nach  ihm  durch  Sublimation  rein  erhalten  wurde.  Robiquet  zeigte 
1832  den  Unterschied  der  sublimirten  von  der  in  dem  Opium  enthaltenen 
Säure,  er  bewies  die  Eigenthumiichkeit  der  letzteren  und  entdeckte  die 
Komensäure. 

Darstellung : Reines  meconsaures  Kali  wird  in  16  — 20  Th  eilen  war- 
mem Wasser  gelöst  und  die  Flüssigkeit  mit  2 — 3 Th.  reiner  Chlorwasser- 
stoffsäure versetzt,  wo  Meconsäure  gemengt  mit  saurem  mecoosaurem 
Kali  nach  dem  Erkalten  kristallisirt,  die  erhaltenen  Kristalle  werden  zum 
zweitenmal  auf  dieselbe  Weise  behandelt,  bis  sie  nach  dem  Glühen  auf 
einem  Platiubleoh  keinen  Rückstand  mehr  hinterlassen.  Kochen  mit  freien 
Mineralsäuren  so  wie  Filtriren  der  Auflösung  durch  Papier  mufs  gänzlich 
vermieden  werden. 

Eigenschaften:  Weifse  perlmutterglänzende  Schuppen  oder  Blätter, 
weich  im  Anfühlen,  von  saurein  zusammenziehendem  Geschmack,  verliert 
in  der  Wärme  20,5  — 21,5  p.  c.  = 6 At.  Kristallwasser , wobei  die  Kri- 
stalle matt  uud  undurchsichtig  werden.  Sie  ist  schwerlöslich  in  kaltem, 
leichter  in  heifsem  Wasser.  Durch  Sieden  ihrer  gesättigten  Auflösung  färbt 
sie  sich  gelb,  später  dunkelbraun,  es  entsteht  hierbei  Kohlensäure,  Oxal- 
säure, Komensäure  und  eine  dunkelbraune  Materie;  sie  nimmt  in  Berüh- 
rung mit  Papier  (eisenhaltigem)  eine  röthliche  Farbe  an  und  zerlegt  sich 
mit  kochender  Salzsäure  unter  Aufbrausen  in  Kohlensäure  und  Komensäure. 
Wenn  man  versucht,  eine  gefärbte  Meconsäure  durch  Kohle  zu  entfär- 
ben, so  erleidet  man  einen  beträchtlichen  Verlust,  insofern  eine  sehr  be~ 


Meconsaures  Natrou. 


847 


deutende  Menge  davon  mit  der  Kohle  verbunden  bleibt,  die  sich  davon 
nur  durch  eine  alkalische  Lauge  trennen  läfst.  Beim  trocknen  Erhitzen 
für  sich  fängt  sie  bei  120°  an  sich  zu  zerlegen,  es  entweicht  kohlensau- 
rcs  Gas,  Wasser,  und  es  bleibt  Komensäure  gemengt  mit  einer  grauen 
oder  braunen  unlöslichen  Substanz  in  geringer  Menge;  bei  hoher  Tempe- 
ratur zersetzt  sich  die  Komensäure,  es  sublimirt  Pyromeconsäure. 

Die  Möconsäure  ist  schwierig  zersetzbar  durch  Schwefelsäure,  sie 
wird  leicht  und  mit  grofser  Heftigkeit  beim  Erhitzen  mit  Salpetersäure 
zerlegt.  In  heifser  verdünnter  Schwefelsäure  löst  sie  sich  mit  Aufbrau- 
sen, aus  der  Auflösung  kristallisirt  Komensäure.  Mit  Kalilauge  im  Ueber- 
schufs  erwärmt  zersetzt  sie  sich  vollständig  in  Oxalsäure,  Kohlensäure 
und  eine  braune  Materie. 

Eine  Auflösung  von  einem  Eisenoxidsalz  wird  durch  Meconsäure  blut- 
roth  gefärbt,  ohne  einen  Niederschlag  zu  geben. 

Die  Meconsäure  ist  im  Alkohol  löslich. 


Meconsäure  und  Metalloxide. 


Die  Meconsäure  vereinigt  sich  mit  den  Basen  zu  den  meconsauren  Sal- 
zen. In  diesen  Salzen  werden  ein,  zwei  oder  drei  Atome  Hydratwasser 
ersetzt  durch  1,3  oder  3 Aequivaleute  von  Metalloxiden. 

Die  Formeln  für  die  meconsauren  Salze  sind  (MO  bedeutet  1 Aeq. 
Metalloxid  ) : 


einbasische  Salze 
MO  f 
2H2Of 


Me, 


zweibasische  Salze 

Me  2MOi 
MG’  H20  S 


dreibasische  Salze 
Me , 3 MO 


Von  den  dreibasischen  Salzen  ist  nur  ein  Silbersalz  untersucht. 


Alle  löslichen  ein-  und  zweibasischen  meconsauren  Salze  reagiren 
sauer,  die  löslichen  dreibasischeu  besitzen  eine  alkalische  Reaction ; sie 
werden  ohne  Entwickelung  von  Pyromeconsäure  durch  trockne  Destillation 
zerstört. 


Die  zwei-  und  einbasischen  meconsauren  Alkalien  und  alkalischen  Er- 
den sind  schwerlöslich  im  Wasser,  die  dreibasischen  lösen  sich  leichter. 


Meconsaures  Ammoniumoxid  Die  Meconsäure  bildet  mit  Ammoniak 
ueutralisirt  zwei  kristallisirbare  Verbindungen,  welche  beide  eine  saure 
Reaction  besitzen.  Mit  Ammoniak  übersättigt  entsteht  dreibasisches  me- 
consaures  Ammoniumoxid  von  gelber  Farbe. 


Meconsaures  Kali ; Me,  2KO,  aq.  Unreine,  aus  dem  Kalksalz  er- 
haltene Meconsäure  erhitzt  man  mit  Wasser  und  setzt  bis  zur  Erschei- 
nung einer  gelblich  grünen  Farbe  Kalilauge  zu.  Der  erhaltene  Brei  wird 
mit  etwas  Wasser  bis  Zur  Auflösung  erhitzt  und  erkalten  gelassen,  wo  die 
concentrirte  Flüssigkeit  zu  einem  festen  Brei  gesteht,  den  man  ausprefst 
und  durch  neue  Kristallisation  reinigt. 

Farblose  seidenglänzende  Nadeln  oder  Blättchen,  schwerlöslich  in 
kaltem,  leichter  in  heifsera  Wasser.  Durch  Zusatz  von  Kaiihydrat  zu  der 
Auflösung  dieses  Kalisalzes  entsteht  dreibasisches  meconsaures  Kali  von 
gelblicher  Farbe.  Löst  man  dieses  Salz  in  Kalilauge  von  1,3  spec.  Gew. 
bei  Siedhitze  auf,  so  erstarrt  die  Flüssigkeit  nach  dem  Erkalten  zu  einem 
Brei  von  Kristallen  von  neutralem  oxalsaurem  Kali,  sie  enthält  neben  dem- 
selben kohlensaures  Kali  und  eine  dunkelrothbraune , färbende  Materie. 
Wird  die  kalt  gesättigte  Auflösung  mit  wenig  Salzsäure  versetzt,  so  schlägt 
sich  einbasisches  meconsaures  Kali  in  feinen  glänzenden  Nadeln  nieder. 
Me,  K0,3H20,  dem  durch  wiederholte  Auflösung  und  Zusatz  von  Salz- 
säure alles  Kali  vollständig  entzogen  werden  kann. 


Meconsaures  Natron.  Die  Meconsäure  verhält  sich  gegen  Natron  wies 
gegen  Kali,  indem  sie  damit  drei  den  meconsauren  Kalisalzen  ähnliche 
Natronsalze  bildet. 


848  Meconsaurer  Kalk,  — Silberoxid. 

Meconsaurer  Kalk / Me,  CaO,  2H20  -4-  aq.  Dieses  Salz  erhält  mau 
aus  dem  Opiumauszug,  aus  welchem  durch  vorangegangene  Fällung  mit 
löslichen  Basen  die  unlöslichen  Aäkaloide  geschieden  worden  sind.  Man 
versetzt  die  concentrirte  rückständige  Flüssigkeit  von  der  Darstellung  des 
Morphins,  nachdem  man  sie  vorher  mit  Salzsäure'  genau  gesättigt  oder  mit 
Essigsäure  schwach  übersättigt  hat,  mit  einer  Auflösung  von  Chlorcalcium 
und  überläfst  sie  der  Ruhe.  Meistens  entsteht  sogleich  oder  nach  längerem 
Stehen  ein  kristallinischer  Niederschlag  von  meconsaurem  Kalk,  von  brauner 
Farbe,  welcher  gewöhnlich  zur  Darstellung  der  Meconsäure  benutzt  wird; 
er  enthält  meistens  eine  gewisse  Menge  schwefelsauren  Kalk,  von  dem 
man  denselben  durch  Aufkochen  mit  20  Theilen  Wasser,  dem  man  etwas 
freie  Salzsäure  zusetzt,  und  Kristallisation  trennt.  Beim  Erkalten  der  heifs 
gesättigten  Auflösung  erhält  man  gypsfreie,  wiewohl  gefärbte,  braunglän- 
zende  Blätter,  denen  durch  wiederholte  Kristallisation  aus  heifsem  Was- 
ser, welches  Salzsäure  enthält,  zuletzt  aller  Kalk  vollkommen  entzogen 
wird,  so  dals  das  Endresultat  dieser  Zersetzung  kristallisirte  unreine 
Meconsäure  ist.  Eine  kalt  gesättigte  Auflösung  von  zweifach  basisch  me- 
consaurem Kali  bringt  in  einer  Auflösung  von  Chlorcalcium  keine  Trübung 
hervor.  Durch  Fällung  von  reinem  zweifach  basischem  meconsaurem  Kali 
mit  Chlorcalcium  erhält  mau  bei  concentrirteu  heifsen  Lösungen  einen 
weifsen  Niederschlag , der  sich  in  20  Th.  siedendem  Wasser  bei  Zusatz 
von  etwas  Salzsäure  löst  und  daraus  in  glänzenden , weifsen , farblosen 
Blättchen  als  einfach  basisches  Salz  kristailisirt.  Eine  mit  Ammoniak  über- 
sättigte Lösung  des  Kalisalzes  giebt  mit  Chlorcalcium  einen  gelatinösen , 
gelblichen  Niederschlag  von  zweifach  basischem  meconsaurem  Kalk,  Me, 
SCaO,  3aq. 

Meconsaurer  Baryt ; Me,2Ba0,H20.  Schwer  in  Wasser  lösliches 
Salz,  leicht  löslich  in  einem  Ueberschufs  von  Barytwasser  mit  gelber  Farbe. 

Meconsäure  Bittererde.  Eine  Auflösung  von  Meconsäure  mit  Magne- 
sia alba  gekocht  bildet  mit  der  Bittererde  ein  im  Wasser  schwerlösliches 
Salz,  was  durch  Zusatz  von  Säure  leicht  löslich  wird.  Das  Salz  mit  sau- 
rer Reaction  kristailisirt  in  glänzenden,  durchsichtigen,  platten  Nadeln. 

Meconsaures  Eisenoxidul;  Me,2FeO,  aq.  Farbloses,  leichtlösliches 
Salz,  welches  an  der  Luft,  schneller  beim  Zusammenbringen  mit  Salpeter- 
säure, roth  wird. 

Meconsaures  Eisenoxid ; Me,F203.  Bildetein  lösliches,  blutrothes 
Salz,  welches  im  Sonnenlicht  durch  schweflige  Säure  und  durch  Zinnoxidul 
seine  Farbe  verliert,  die  es  aber  durch  oxidirende  Mittel  wieder  erhält. 
Goldchlorid  zerstört  seine  rothe  Farbe  nicht , wodurch  es  sich  von  dem 
Eisensulfocyanid  unterscheidet,  dessen  rothe  Farbe  dadurch  in  Gelb  über- 
geht. 

Meconsaures  Bleioxid;  Me,2PbO,aq.  Weifses,  im  Wasser  sehr 
schwerlösliches  Pulver;  es  wird  durch  Fällung  einer  Auflösung  von  neu- 
tralem oder  basisch  essigsaurem  Bleioxid  mit  Meconsäure  oder  durch  Ver- 
mischen des  correspondirenden  Kalisalzes  mit  salpetersaurem  Bleioxid  er- 
halten. 

Meconsaures  Silberoxid ; Me,  2AgO,  H20.  Eine  Auflösung  von  neu- 
tralem salpetersaurem  Silberoxid  giebt  beim  Vermischen  mit  einer  warm 
gesättigten  Lösung  von  Meconsäure  in  Wasser  dieses  Salz  in  Gestalt  eines 
weifsen,  im  Wasser  unlöslichen,  im  Ueberschufs  von  Säuren  löslichen  Nie- 
derschlags. Mit  heifsem  Wasser  gewaschen  oder  damit  gekocht  wird  die- 
ses Salz  dunkelgelb , es  verwandelt  sich  in  dreibasisches  meconsaures 
Silberoxid , während  das  Wasser  freie  Meconsäure  aufnimmt.  Trocken 
für  sich  erhitzt  schmilzt  der  Niederschlag  und  hinterläfst,  ohne  zu  ver- 
puffen, metallisches  Silber.  In  verdünnter  Salpetersäure  löst  er  sich  leicht 


Komensäure. 


849 


auf,  damit  zum  Sieden  erhitzt  tritt  Zersetzung  ein,  wobei  sich  ein  dicker 
weifser  Niederschlag  von  Cyansilber  bildet;  Uebcrschufs  von  Salpetersäure 
oder  Concentrat/on  derselben  verhindert  seine  Bildung. 

Meconsaures  Silberoxid ; Me,  3AgO.  Mit  Ammoniak  schwach  über- 
sättigte Meconsäure  giebt  mit  salpetersaurem  Silberoxid  einen  gelben,  brei- 
artigen Niederschlag,  welcher  nach  dem  Auswaschen  und  Trocknen  dunk- 
ler gelb,  nicht  kristallinisch  wird.  Beim  Erhitzen  verpufft  er  schwach. 

Komensäure. 

Produkt  der  Zersetzung  der  Meconsäure.  — Entdeckt  von  Robiquet.  — 
Zweibasische  Säure.  — Formel  der  kristallisirten  Säure : C12  H4  08  -+-  2aq. 

Bildung:  Die  Komensäure  entsteht  aus  der  Meconsäure  durch  die 
Einwirkung  der  Wärme,  oder  in  der  Metamorphose,  die  sie  durch  den 
Einflufs  von  starken  Säureu  erfährt.  Beim  Kochen  der  Meconsäure  mit 
Wasser  färbt  sich  die  Flüssigkeit  nach  und  nach  dunkelbraun,  während 
sich  Kohlensäure  entwickelt,  nach  ruhigem  Stehen  setzen  sich  darin  harte 
gefärbte  Kristalle  von  Komensäure  ab.  Beim  Kochen  von  Meconsäure  oder 
eines  meconsauren  Salzes  mit  einer  mäfsig  concentrirten  Säure  entsteht 
eine  lebhafte  Kohlensäureentwickelung,  nach  dem  Erkalten  setzt  sich  we- 
nig gefärbte  Komensäure  in  Kristallen  ab.  Beim  Erhitzen  der  getrockneten 
Meconsäure  für  sich  bis  170°  geht  bei  200°  reine  Kohlensäure  über,  bei 
230°  hört  die  Kohlensäureentvvickelung  auf  und  man  findet  jetzt  die  Me- 
consäure in  ein  graues  kristallinisches  Pulver  verwandelt,  was  alle  Eigen- 
schaften der  Komensäure  besitzt.  Beide  Säuren  stehen,  was  ihre  Zusam- 
mensetzung betrifft,  in  einer  sehr  einfachen  Beziehung  zu  einander.  Die 
Meconsäure  enthält  6 Atome  Kristallwasser , was  sie  bei  120°  vollständig 
verliert;  sie  enthält  ausserdem  noch  3 Atome  Wasser,  was  durch  Metall- 
oxide abscheidbar  ist;  beim  Erhitzen  über  120°  wird  ein  Th  eil  dieses 
Wassers  ausgetrieben  und  mit  diesem  Wasser  trennen  sich  die  Elemente 
von  2 At.  Kohlensäure.  Ein  Atom  bei  120°  getrocknete  Meconsäure  ent- 
hält die  Elemente  von  1 At.  wasserfreier  Komensäure,  2 At.  Wasser  und 
2 At.  Kohlensäure. 

1 At.  Komensäure  C12  H4  03 

2 At.  Wasser  H4  0* 

2 At.  Kohlensäure  C2  04 

C14  II8  014  “ 1 At.  Meconsäure. 

Bei  Verwandlung  der  Meconsäure  in  Komensäure  durch  Sieden  mit  Was- 
ser bildet  sich  neben  einer  geringen  Menge  Kohlensäure  ein  anderes  nicht 
näher  untersuchtes  Produkt  von  brauner  Farbe. 

Darstellung : Die  Kristalle  von  Komensäure,  die  man  auf  eine  der 
vorher  betriebenen  Bildungsweisen  erhalten  hat,  löst  man  durch  Kochen 
mit  einer^schwachen  Kalilauge  auf  und  scheidet  sie  daraus  in  der  concen- 
trirten Lösung  durch  Zusatz  von  starker  Salzsäure  wieder  ab,  man  ent- 
färbt sie  völlig  durch  Behandlung  ihrer  Auflösung  mit  Kohle. 

Eigenschaften:  Sehr  harte  Krusten  oder  körnige  Kristalle;  löst  sich 
in  16  siedendem  Wasser,  die  Auflösung  zersetzt  die  kohlensaureu  Alka- 
lien und  besitzt  schwach  sauren  Geschmack  und  die  Fähigkeit  Eisenoxid- 
salze zu<  röthen.  Sie  verliert  bei  100°  nichts  an  ihrem  Gewichte  und  zer- 
legt sich  bei  300°  in  Wasser,  Kohlensäure  und  Pyromeconsäure. 

Komensäure  Salze. 

Als  zweibasische  Säure  bildet  die  Komensäure  zwei  Reihen  von  Sal- 
zen, ihre  allgemeine  Formel  ist: 

einbasische  Salze  zweibasische  Salze 

Ko  -4-  ( Ko  -+*  2 MO 


850 


Pyro  meconsaure. 


Vou  diesen  Salzen  weifs  inan  nur,  dafs  die  einbasischen  Salze  der 
Alkalien  schwerer  löslich  sind  als  die  zweibasischen.  Die  Auflösung  der 
einbasischen  Alkalien  ist  farblos,  die  der  zweibasischen  gelb.  Die  Säure 
bringt  in  Bleioxid-  und  Silberoxid-Salzen  Niederschläge  von  einbasischen 
Salzen  hervor,  die  zweibasischen  Alkalien  bilden  in  den  Deutlichen  Salzen 
gelbgefärbte  Niederschläge.  Das  einbasische  meconsaure  Silberoxid  ist 
weifs,  kristallinisch,  das  zweibasische  gelb  und  gallertartig,  beide  verpuf- 
fen beim  Erhitzen  nicht. 


V y r o m e c o n säure. 


Formel  der  kristallisirten  Säure:  C10  He  Os  -f-  aq.  Entdeckt  vou  Ser- 
türner. Wurde  lange  Zeit  hindurch  als  sublimirte  Meconsaure  angesehen, 
bis  Robiquet  die  eigentliche  Meconsaure,  deren  Zersetzungsprodukt  sie 
ist,  näher  kennen  lehrte. 

Bildung:  Diese  Säure  entsteht  durch  trockne  Destillation  der  kristal- 
lisirten Komensäure,  wo  sie  in  farblosen,  breiten,  glänzenden  Blättern 
sublimirt;  die  Sublimation  dieser  Säure  ist  von  Entwickelung  von  Kohlen- 
säuregas  begleitet.  Die  Entstehung  der  Pyromecousäure  erklärt  sielt  leicht 
aus  der  Komensäure,  welche  die  Elemente  von  l At.  Pyromeconsäure- 
hydrat  und  2 At.  Kohlensäure  enthält. 


1 

At. 

Pyromecousäure 

c,„  IIS 

0S 

1 

At. 

Wasser 

H, 

0 

2 

At. 

Kohlensäure 

c. 

04 

1 

At, 

krist.  Komensäure 

c;!  H„ 

Oio 

Bei  der  Darstellung  der  Komensäure  bleibt  sie  in  dem  Rückstand  nicht 
mit  dem  Wassergehalt  zurück,  den  sie  bei  ihrer  Kristallisation  aus  Wasser 
aufnimmt,  sondern  wie  die  Entstehung  von  Wasser  bei  ihrer  Bildung  be- 
weist , sie  euthält  weniger  Wasser  als  der  Formel  entspricht,  aus  der  ihre 
Entstehung  abgeleitet  ist.  Daraus  erklärt  sich  denn  das  Auftreten  von 
andern  Produkten,  die  man  bei  der  Destillation  der  Komensäure  beob- 
achtet. Neben  der  Pyromecousäure  bemerkt  man  dabei  ein  sauer  reagi- 
rendes  Wasser,  eine  gefärbte  ölartige  Flüssigkeit  und  zu  Ende  eine  in 
langen  mattweifsen  Nudeln  kristallisirende , sehr  saure  uud  wenig  in 
Wasser  lösliche  Substanz,  welche  wie  alle  Meconsäuren  die  Fähigkeit 
besitzt,  Eisenoxidsalze  zu  röthen.  Zwei  Atome  wasserfreier  Komensäure 
enthalten  die  Elemente  von  1 At.  wasserfreier  Pyroraeconsäure  uud  t At. 
wasserfreier  Meconsaure. 


1 At.  Pyromecousäure  C10  H6  Os 

1 At.  Meconsaure  Ci4  H2  Qu 

2 At.  Kontensäure  C24  Hs  016 


Eigenschaften : Die  bei  der  trocknen  Destillation  der  Mecou-  öder 
Komeusäure  erhaltenen  Kristalle  werden  durch  eiue  neue  Sublimation  rein 
erhalten;  die  Pyromecousäure  stellt  lange , farblose , glänzende,  4seitige 
oder  rautenförmige  Tafeln  oder  sehr  verlängerte  Octaeder  dar,  sie  schmeckt 
stecheud  sauer,  hintennach  bitter,  schmilzt  bei  120 — 125°  zu  einer  öl- 
artigen Flüssigkeit  und  sublimirt  ohne  Rückstand;  löst  sich  leicht  im  Was- 
ser uud  Alkohol  uud  kristaliisirt  aus  einer  heifs  gesättigten  Auflösung  des 
letzteren  in  glimrnerartigen  Blättchen,  sie  reducirt  die  Goldauflösung  und 
färbt  Eisenoxidsalze  roth  ; sie  verflüchtigt  sich  mit  Wasserdämpfen.  Von 
ihren  Salzen  kennt  man  die  Eigenschaften  nicht,  mau  weifs  nur,  dafs  sie 
Bleioxidsalze  fällt  und  dafs  der  weifse  Niederschlag  nach  der  Formel 
CI0  H6  Os  -f-  PbO  zusammengesetzt  ist.  Nach  Robiquet  erhält  inan  aus  ei- 
ner Kalilauge,  die  mit  Pyromecousäure  schwach  übersättigt  ist,  Kristall© 
von  Pyromeconsänre,  welche  kalifrei  sind. 


Gerb  säure. 


851 


Gerbsäure  ( Acidum  tannicum). 

Formel:  CjgHioOg  -f  aq.  Symb. : Qt  4.  3aq, 

Zusammensetzung  des  bei  100°  getrockneten  Gerbsäurehydrats : 

18  At.  Kohlenstoff  = 1375,83 
15  At.  Wasserstoff  zr:  99,83 

12  At.  Sauerstoff  rr  1200,00 
1 At-  Gerbsäure  ==  2675,66 

Synonyme:  Eichengerbsäure  Ber%. , Gerbestoff  (Acidum  quercitanui- 
cum , Tanuingenium  ). 

Vorkommen : Jm  Holze,  der  Wurzel,  Riode,  den  Blättern,  und  vor- 
züglich der  Rinde  aller  Qu ercus- Arten  und  vielen  andern  Pflanzen.  Sehr 
rein  in  den  Galläpfeln. 

f.  152.  Darstellung : Man  füllt  einen  verschliefsbaren 

ängungsapparat , dessen  untere  Öeffnung  mit  etwas 
Baumwolle  verschlossen  ist.  mit  grobgepulverten  Galläpfeln  an 
und  Riefst  aut  das  Pulver  wasserhaltigen  Aether,  so  dafs  der 
ganze  innere  Raum  dadurch  ausgefiillt  ist.  Oie  obere  öeffnung 
des  Apparates  wird  luftdicht  verschlossen  und  das  Ganze  meh- 
rere Stunden  stehen  gelassen.  Nach  dieser  Zeit  lüftet  man 
den  Stöpsel  und  verschafft  der  in  dem  unteren  Gefäfs  enthal- 
tenen Luft  und  Aetherdampf  einigen  Ausgang,  so  dafs  die 
Flüssigkeit  ailmählig  abfliefsen  kann.  In  der  unteren  Flasche 
finden  sich  zwei  Flüssigkeiten,  eine  schwere,  syrupartige, 
gelblich  gefärbte,  welche  eine  höchst  concentrirte  Lösung  von 
Gerbsäure  in  Wasser  ist,  und  eine  darauf  schwimmende  leich- 
tere, grünlich  gefärbte,  die  aus  einer  Auflösung  von  Gallus- 
säure und  andern  Materien  in  Aether  besteht. 

Mau  giefst  so  lange  frischen  Aether  auf  das  Galläpfelpulver,  als  noch 
zwei  unterscheidbare  Flüssigkeiten  aus  der  uoteren  Öeffnung  ausfliefsen. 
(Ein  gewöhnlicher  Stechheber,  dessen  untere  Öeffnung  mittelst  eines  Korks 
auf  eine  Flasche  eingepafst  und  dessen  obere  Öeffnung  auf  eine  ähnliche 
Weise  verschliefsbar  ist,  ersetzen  den  Verdrängungsapparat  vollkommen.) 
Der  Aether  mufs  vor  der  Anwendung  zu  dem  beschriebenen  Zwecke  mit 
Wasser  geschüttelt,  d.  h.  damit  völlig  gesättigt  werden;  man  kann  auch 
das  Galläpfelpulver  vorher  einige  Augenblicke  der  Einwirkung  von  Was- 
serdämpfen anssetzen.  Das  Befeuchten  mit  Wasser  liefert  unter  denselben 
Umständen  eine  sehr  gefärbte  Gerbesäure.  Die  erhaltene  syrupartige  Flüs- 
sigkeit wird  von  dem  darauf  schwimmenden  Aether  getrennt,  mit  frischem 
Aether  mehrmals  abgewaschen  und  im  Wasserbade  eingetrocknet.  Man 
erhält  gewöhnlich  eine  äusserst  poröse,  schwammartige,  gelblich  gefärbte, 
aufgeblähte  Masse,  welche  eine  kleine  Quantität  Aether  hartnäckig  zu- 
rückhält; um  sie  davon  zu  befreien,  mufs  sie  im  Wasser  gelöst  und  im 
luftleeren  Raume  über  Schwefelsäure  zum  zweitenmal  verdunstet  werden. 
CPelouze.') 

§.  153.  Eigenschaften:  Farblose  oder  schwach  gelbliche, 
nicht  kristallinische  Masse,  dem  eingetrockneten  Gummi  ähn- 
lich, geruchlos,  an  trockner  Luft  unveränderlich,  in  feuchter 
Luft  färbt  sie  sich  ailmählig  dunkler.  In  Wasser  leicht  und  in 
grofser  Menge  löslich,  die  Auflösung  besitzt  einen  rein  zusam- 
menziehenden nicht  bitteren  Geschmack,  die  wässerige  Auf- 
lösung röthet  die  blauen  Pflanzenfarben,  zersetzt  die  kohlen-^ 


8o% 


Gerbsäure. 


sauren  Alkalien  unter  lebhaftem  Aufbrausen,  sie  wird  durch 
viele  alkalische  Salze  so  wie  durch  Chlorkaiium  und  Chlor- 
natrium coaguürt.  Die  Gerbsäure  ist  löslich  in  wasserhaltigem 
Alkohol,  und  in  dem  Zustande,  wie  man  sie  aus  der  wässeri- 
gen Auflösung  beim  Austrocknen  erhält,  sehr  wenig  löslich 
in  Aether.  Zieht  man  Galläpfelpulver  mit  wasserfreiem  Aether 
aus,  so  enthält  die  Flüssigkeit  eine  reichliche  Menge  von  Gerb- 
säure so  wie  etwas  Gallussäure  5 wird  die  Auflösung  mit  Was- 
ser in  Berührung  gelassen,  so  nimmt  dieses  alle  Gerbsäure 
auf,  während  die  Gallussäure  in  dem  Aether  gelöst  bleibt. 

Durch  die  Einwirkung  der  Luft  auf  die  wässerige  Lösung  der  Gerb- 
säure^ namentlich  bei  erhöhter  Temperatur,  verwandelt  sie  sich  in  Gallus- 
säure und  Ellagsäure , hierbei  wird  Sauerstoff  aus  der  Luft  aufgenomrnen 
und  ein  seinem  Volumen  gleiches  Volumen  Kohleosäuregas  abgeschieden 
fPelouze).  In  verschlossenen  Gefäfsen  hält  sich  die  concentrirte  Auflösung 
unverändert.  Chlor  zersetzt  diese  Auflösung  unter  brauner  Färbung  und 
Fällung  eines  braunen  Absatzes. 

Eine  inäfsig  concentrirte  Auflösung  von  Gerbsäure  wird  durch  Schwe- 
felsäure, Salzsäure,  Phosphor  säure,  Arsensäure  und  Borsäure  zu  einem 
dicken  breiartigen  Niederschlag  gefällt,  welcher  in  reinem  Wasser  wie  in 
Alkohol  leicht  löslich  ist.  Diese  Niederschläge  sind  Verbindungen  der 
Gerbsäure  mit  diesen  Säuren,  deren  Zusammensetzung  unbekannt  ist  fßer- 
zelius }.  Bei  der  Fällung  von  einer  warmen  Auflösung  von  Gerbsäure  mit 
Schwefelsäure  backt  der  Niederschlag  zu  einer  harzähnlichen  Masse  zu- 
sammen. Die  schwefelsaure  Gerbsäure  löst'  sich  nicht  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  in  verdünnter  Schwefelsäure,  leicht  hingegen  bei  Siedhitze. 
Die  Auflösung  nimmt  eine  dunkle  Farbe  an,  einige  Minuten  gekocht  ent- 
hält sie  keine  Gerbsäure  mehr,  sondern  giebt  nach  dem  Erkalten  eine 
reichliche  Quantität  kristallisirter  Gallussäure.  Ganz  dieselbe  Veränderung 
erleidet  sie  durch  Erwärmen  mit  überschüssigen  kaustischen  Alkalien. 

Essigsäure,  Oxalsäure,  Citronsäure,  Weinsäure,  Aepfelsäure,  Bern- 
steinsäure und  Milchsäure  fällen  die  wässerige  Gerbsäurelösung  nicht. 

Die  Gerbsäure  verbindet  sich  mit  der  thierischen  Haut  zu  einer  im 
Wasser  unlöslichen,  der  Fäulnifs  unfähigen  Verbindung,  Leder;  ihrer 
wässerigen  Lösung  wird  durch  eingelegte  thierische  Haut  die  Gerbsäure  so 
vollkommen  entzogen,  dafs  keine  Spur  davon  in  der  Flüssigkeit  zuletzt 
zurückbleibt  fPelouze,  Davg ).  Aus  der  Gewichtszunahme  der  trocknen 
Haut  läfst  sich  annähernd  der  Gerbsäuregehalt  einer  Auflösung  bestim- 
men; sie  schlägt  die  Leimauflösung  in  dicken  Flocken  nieder,  welche  in 
der  darüber  stehenden  Flüssigkeit  bei  Siedhitze  löslich  sind.  Bei  Ueber- 
schufs  von  Gerbsäure  vereinigt  sich  der  gebildete  Niederschlag  in  der 
Wärme  zu  einer  elastischen , zähen  Masse.  Die  Gerbsäure  fällt  die  Auf- 
lösungen von  Stärke  und  vegetabilischem  und  thierischem  Eiweifs  und 
Pflanzenleim,  sie  verbindet  sich  mit  der  Muskelfaser.  Mit  Braunstein  oder 
Bleihyperoxid  in  der  wässerigen  Lösung  erhitzt  wird  sie  zersetzt  ohne 
Bildung  von  Gallussäure.  Durch  die  Einwirkung  der  Wärme  wird  sie  in 
Meta-  und  Pyrogallussäure  zersetzt. 

Gerbsäure  und  Basen. 

Durch  die  Verbindung  der  Gerbsäure  mit  den  Basen  entstehen  die 
gerbsauren  Salze.  Die  ausgezeichnetste  Eigenschaft  der  löslichen  gerb- 
sauren Salze  ist  ihre  Fähigkeit,  Eisenoxid-  und  -haloidauflösungen  mit  tief 
dunkelblauschwarzer  Farbe  zu  fällen ; im  neutralen  Zustande  lassen  sie 
sich  mit  Leimauflösung  ohne  Veränderung  mischen,  setzt  man  dieser  Mi- 
schung eine  verdünnte  Säure  zu,  so  entsteht  sogleich  ein  dicker  gelatinö- 
ser Niederschlag.  Gerbsaures  Aethyloxid  ist  unbekannt.  Die  Auflösungen 
der  meisten  organischen  Basen  werden  durch  Gerbsäure  oder  lösliche  gerb- 


Gerbsäure  Salze. 


853 


saure  Salze  zu  weifsen , in  Wasser  schwer , in  Essigsäure  leicht  löslichen 
Verbindungen  gefällt.  Eine  nicht  zu  verdünnte  Lösung  von  Gerbsäure  im 
Wasser  giebt  bei  Neutralisation  mit  Kalihydrat  oder  kohlensaurem  Kali 
einen  dicken  breiartigen  Niederschlag,  welcher  an  der  Luft  zu  einem 
grauen  nicht  kristallinischen  Pulver  austrocknet;  in  IJeberschufs  von  Kali- 
lauge ist  der  Niederschlag  leicht  löslich , damit  erhitzt  verwandelt  sich  die 
Gerbsäure  in  Gallussäure  und  eine  andere  Materie,  welche  die  Flüssig- 
keit dunkelbraun  färbt.  Die  in  der  Kälte  bereitete  Auflösung  des  gerb- 
sauren Kali’s  absorbirt  bei  überschüssigem  Alkali  mit  grofser  Schnelligkeit 
Sauerstoff  aus  der  Luft  und  färbt  sich  braun.  Ammoniak  verhält  sich  dem 
Kali  ähnlich;  Natron  bildet  mit  Gerbsäure  ein  sehr  lösliches  Salz;  gerb- 
saurer Baryt , Strontian , Kalk  und  Bitter  er  de  sind  sehr  schwerlöslich. 

Gerbsäure  Thonerde  ist  unlöslich  im  Wasser;  Thonerdehydrat  entzieht 
einer  Auflösung  von  Gerbsäure  vollkommen  die  Säure , indem  sie  sich  da- 
mit zu  einer  pulverigen  unlöslichen  Verbindung  vereinigt. 

Eisenoxidulsalze  erleiden  durch  eine  Auflösung  von  Gerbsäure  keine 
Veränderung;  die  Mischung  an  die  Luft  gestellt  nimmt  nach  wenigen  Stun- 
den eine  tief  blauschwarze  Farbe  an.  Eisenoxidsalze  und  Eisenchlorid-  etc. 
Auflösungen  färbt  die  Gerbsäure  schwarz  ; der  schwarze  Niederschlag , 
welcher  entsteht , wenn  einer  Gerbsäurelösung  schwefelsaures  Eisenoxid 
zugesetzt  wird,  enthält  auf  1 Aeq.  Eisenoxid  3 At.  wasserhaltige  Gerb- 
säure Qt,  3aq  (Velouze').  Neutrale  gerbsaure  Alkalien  schlagen  aus  den 
Eisenoxidsalzen  ein  schwarzes  Pulver  nieder. 

Essigsaures  Bleioxid  wird  von  Gerbsäure  in  weifsen  dicken  Flocken 
niedergeschlagen;  der  Niederschlag  in  der  Flüssigkeit,  welche  überschüs- 
siges Bleioxid  enthält , eine  Zeitlang  im  Sieden  erhalten  * wird  in  ein  gel- 
bes sandiges  Pulver  verwandelt,  welches  auf  1 At.  wasserfreie  Gerbsäure 
3 At.  Bleioxid  enthält,  worin  3 At.  Hydratwasser  ersetzt  sind  durch  ihre 
Aequivalente  an  Bleioxid.  Der  Niederschlag,  welcher  in  der  Kälte  durch 
Zusatz  von  Gerbsäure  zu  einer  Auflösung  von  essigsaurem  Bleioxid  ent- 
steht, enthält  34,31  p.  c.  Bleioxid  (Berzelius). 

Gerbsaures  Antimonoxid , 3Qt,  Sb203  , erhält  man  durch  Fällung  einer 
Brechweinsteinlösung  durch  Gerbsäure,  wobei  man  einen  weifsen  Nieder- 
schlag erhält;  die  rückständige  Flüssigkeit  enthält  Gerbsäure  in  einer  ei- 
geuthümlichen  Verbindung  mit  saurem  w^einsaurem  Kali. 

Das  Verhalten  der  Gerbsäure  zu  Basen  bedarf  einer  neuen  und  gründ- 
licheren Untersuchung. 

Zersetzungsprodukte  der  Gerbsäure . 

Es  ist  in  dem  Vorhergehenden  erwähnt  worden,  dafs  die  Gerbsäure 
aus  ihren  wässerigen  Auflösungen  durch  verdünnte  Schwefelsäure  gefällt 
wird  und  dafs  der  entstandene  Niederschlag  in  kochender  verdünnter 
Schwefelsäure  aufgelöst,  keine  Gerbsäure  mehr  enthält.  Die  concentrirte 
Auflösung  giebt  nach  dem  Erkalten  eine  reichliche  Menge  kristallisirter 
Gallussäure  von  dunkelbrauner  Farbe.  Bei  dieser  Metamorphose  bildet 
sich  kein  gasförmiges  oder  flüchtiges  Produkt;  ausser  der  färbenden  Sub- 
stanz hat  mau  neben  der  Gallussäure  keine  andere  bekannte  Verbindung 
wahrgenommen. 

Die  Produkte  der  trocknen  Destillation  der  Gerbsäure,  welche  iden- 
tisch sind  mit  denen  der  Gallussäure,  so  wie  einige  Beobachtungen  von 
Robiquet  gaben  übrigens  der  Meinung,  dafs  Gallussäure  in  der  Gerbsäure 
fertig  gebildet  vorhanden  sey,  einiges  Gewicht.  Ein  wässeriger  Auszug 
von  Galläpfeln  mit  Wasser  verdünnt,  einige  Monate  sich  selbst  überlas- 
sen, setzt  nemlich  eine  reichliche  Menge  von  kristallisirter  Gallussäure 
ab.  Hierbei  sind,  wie  man  leicht  bemerkt,  alle  sog.  chemischen  Einwir- 
kungen ausgeschlossen , und  da  ein  wässeriger  Auszug  von  Galläpfeln  nur 
höchst  wenig  Gallussäure  enthält,  und  die  Flüssigkeit  nach  und  nach  ihr 


854 


Gerbsäure. 


Vermögen,  den  Leim  zu  fällen,  verliert,  so  kann  kein  Zweifel  darüber 
obwalten,  dafs  die  Gallussäure  auch  in  diesem  Fall  ein  Zersetzungspro- 
dukt der  Gerbsäure  ist.  Es  ist  in  diesem  Augenblicke  schwierig,  wo  nicht  ! 
unmöglich,  eine  Meinung  über  den  Körper  auszuprechen,  welcher  mit  \ 
Gallussäure  die  Gerbsäure  constituirt.  Mach  Braconnot’s  Beobachtungen 
gehen  gepulverte  mit  Wasser  angefeuchtete  Galläpfel  in  geistige  Gährung 
über,  sic  liefern  Alkohol  und  Kohlensäure.  Die  Entstehung  dieser  Pro- 
dukte setzt  das  Vorhandensein  von  Zucker  voraus,  den  man  bis  jetzt  in 
den  Galläpfeln  nicht  gefunden  hat.  Drei  Atome  Gerbsäure  enthalten  die 
Elemente  von  6 Atomen  Gallussäure  und  1 At.  Traubenzucker. 

Bemerkenswerth  bleiben  die  Beobachtungen  von  Chevreul  und  Pelle- 
tier, von  denen  der  letztere  gefunden  hat,  dafs  Auflösungen  von  Gallus- 
säure und  Gummi  mit  einander  vermischt  die  Fähigkeit  besitzen,  den  Leim  i 
zu  fällen,  eine  Eigenschaft,  die  jedem  dieser  Körper  für  sich  allein  ab- 
geht. 

Nach  den  Beobachtungen  von  Pelouze  wird  bei  der  Verwandlung  der 
Gerbsäure  in  Gallussäure  durch  die  Einwirkung  von  Sauerstoff  auf  die 
wässerige  Lösung  derselben  ein  dem  Volumen  des  Sauerstoffgases  gleiches 
Volumen  kohleusaures  Gas  gebildet;  bei  dieser  Zersetzung  können  durch 
das  Hinzutreten  von  8 Atomen  Sauerstoff  zu  1 At.  Gerbsäure  4 Atome 
Kohlensäure,  2 At.  Gallussäure  und  2 At.  Wasser  gebildet  werden. 

C18  H16  012 ) (2  At.  Gallussäure  C14  NI2  0IO 

08  ) “ ^ 4 At.  Kohlensäure  C4  08 
C18  H16  020  c 2 At.  Wasser  H4  O» 

C18  h16  O20 

Nach  Robiquet’s  Versuchen  geht  diese  Verwandlung  höchst  laugsam 
von  statten,  nach  8 Monaten  Aussetzung  an  die  Luft  findet  sich  nur  die 
Hälfte  der  Gerbsäure  in  Gallussäure  verwandelt.  Nach  Erdmann’s  Beob- 
achtung erzeugt  sich  hierbei  eine  grofse  Menge  der  sogenannten  Ella- 
gallussüure.  Durch  Behandlung  der  Gerbsäure  mit  Bleihyperoxid  oder 
Braunstein  entsteht,  wie  oben  erwähnt,  keine  Gallussäure. 

Löst  man  den  durch  Schwefelsäure  gebildeten  Niederschlag  in  reinem 
Wasser  und  läfst  diese  Auflösung  an  einem  warmen  Orte  in  eiuem  ver- 
schlossenen Gefäfse  längere  Zeit  stehen  , so  bilden  sich  in  der  Flüssigkeit 
grofse  durchsichtige,  wiewohl  dunkel  gefärbte  Kristalle  von  Gallussäure, 
nach  und  nach  verliert  die  Flüssigkeit  vollkommen  ihr  Vermögen,  Leim- 
auflösung zu  fällen.  Die  Menge  des  andern  färbenden  Produktes  dieser 
Zersetzung  ist  vergleichungsweise  mit  der  bei  Siedhitze  entstehenden  sehr 
gering,  und  man  kann  wohl  daraus  schliefsen , dafs  sie  ein  secundäres 
Zersetzungsprodukt  einer  an  sich  farblosen  Substanz  ist,  die  hier  durch 
die  Wirkung  der  Schwefelsäure  auf  die  Gerbsäure  neben  der  Gallussäure 
gebildet  wird.  Die  Schwefelsäure  erhält  man  bei  dieser  Metamorphose 
der  Gerbsäure  unverändert  wieder. 

Wenn  man  von  1 At.  Gerbsäure  die  Elemente  von  2 At.  wasserfreier 
Gallussäure  abzieht,  so  bleibt  eine  Verbindung,  welche  Kohlenstoff  und 
die  Elemente  des  Wassers  in  den  Verhältnissen  wie  das  Essigsäurebydrat 
enthält. 

Ci8  H16  012  1 At.  wasserhaltige  Gerbsäure, 

C14  H8  08  2 At.  wasserfreie  Gallussäure. 

c4  h8  o4 

Essigsäure  läfst  sich  aber  unter  den  durch  die  Einwirkung  der  Schwe- 
felsäure auf  die  Gerbsäure  gebildeteu  Zersetzungsprodukten  nicht  ent- 
decken ; nimmt  man  die  Formel  C4  Hs  04  dreimal , so  erhält  man  die  Zu- 
sammensetzung des  getrockneten  Stärkezuckers;  allein  dieser  Körper  läfst 
sich  mit  Schwefelsäure  von  derselben  Coucentration  zum  Sieden  erhitzen, 
ohne  dafs  er  braun  wird  und  Zersetzung  erfährt. 

Durch  Erwärmung  mit  überschüssigen  Alkalien  geht  die  Verwandlung 
der  Gerbsäure  eben  so  rasch  von  statten,  wie  mittelst  Schwefelsäure, 


Gallussäure. 


855 


Die  Frage,  ob  <iio  Gallussäure  fertig  gebildet  in  der  Gerbsäure  enthalten 
sey,  ist  für  die  Constitution  derselben  von  Interesse;  aus  dem  Angeführ- 
ten läfst  sich  diese  Präexisteuz  aber  nicht  erschliefsen , denn  eine  Annahme 
dieser  Art  würde  dahin  führen,  in  der  Mcconsäure  Kohlensäure  oder  Klee- 
säure, welche  durch  Säuren  und  durch  wässerige  Alkalien  mit  so  grofser 
Leichtigkeit  daraus  gebildet  werden  kann , vorauszusetzen.  Allein  eine 
solche  Voraussetzung  entbehrt  bis  jetzt  jeder  weiteren  Begründung. 

* 

Gallussäure  ( Acidum  yallicumj. 

Formel  der  kristallisirten  Säure:  C7  H2  05  -|-  3aq  = G -f-  3aq. 

Bei  100°  getrocknet:  C:  Ha  03  -4-  2aq  = G -4-  2aq. 

In  dem  Bleisalz  A : C?  H2  03  -4-  aq  = G -f-  aq. 

In  dem  Bleisalz  B : C7  H2  03  zu  G. 

Von  Scheele  eutdeckt.  Ist  fertig  gebildet  in  den  Mangokörnern  ent- 
halten. Zersetzungsprodukt  der  Gerbsäure. 

§.  154 . Darstellung : Eine  Auflösung  von  reiner  Gerb- 
säure oder  ein  concentrirter  Auszug  von  Galläpfeln  mit  kaltem 
Wasser  wird  mit  Schwefelsäure  kalt  gefällt,  der  erhaltene  Brei 
mit  etwas  verdünnter  Schwefelsäure  ausgewaschen,  feucht 
ausgeprefst  und  in  diesem  Zustande  in  verdünnte  kochende 
Schwefelsäure  (i  Th.  auf  2 Th.  Wasser)  getragen,  so  lange 
als  er  sich  darin  noch  auflöst.  Nachdem  die  Auflösung  einige 
Minuten  gekocht  hat,  läfst  man  sie  ruhig  erkalten,  reinigt  die 
erhaltenen  gefärbten  Kristalle  von  Gallussäure  von  der  beige- 
mischten Schwefelsäure  durch  neue  Kristallisationen,  löst  die 
schwarzgefärbten  Kristalle  in  siedendem  Wasser,  fällt  die 
Auflösung  durch  essigsaures  Bleioxid  und  zerlegt  den  gewa- 
schenen Niederschlag,  den  man  in  siedendem  Wasser  ver- 
theilt, durch  Schwefelwasserstotfsäure;  das  gebildete  Schwe- 
felblei vertritt  in  diesem  Fall  die  Kohle  als  Entfärbungsmittel. 

Eine  andere  von  Scheele  zuerst  angewendete  Methode  besteht  darin, 
dafs  man  gepulverte  Galläpfel  mit  Wasser  befeuchtet  in  offenen  ^Scheele } 
oder  verschlossenen  (Robiquet)  Gefäfsen  einige  Monate  sich  selbst  über- 
läfst.  Eine  Erhöhung  der  Temperatur  auf  25  — 30*  befördert  die  Verwand- 
lung der  Gerbesäure  in  Gallussäure  IBraconnot ).  Die  Masse  wird  nach 
dieser  Zeit  ausgeprefst  und  der  Rückstand  mit  siedendem  Wasser  behan- 
delt, wodurch  die  Gallussäure  gelöst  wird.  Die  nach  dem  Erkalten  er- 
haltenen Kristalle  werden  durch  Behandeln  mit  Thierkohle  entfärbt. 

§.  155.  Eigenschaften : Die  aus  Flüssigkeiten,  wrorin  sie 
sich  nach  und  nach  bildet,  sich  absetze‘*de  Säure  kristallisirt 
in  grofsen,  dicken,  zusammengehäuflen  Säulen;  aus  der  sieden- 
den Auflösung  erhält  man  sie  beim  Erkalten  in  feinen  seiden- 
artigen Nadeln,  von  weifser,  meistens  von  schwach  gelblicher 
Farbe;  sie  ist  geruchlos  und  enthält  0,25  p.  c.  Wasser,  was 
sie  bei  100°  verliert.  Sie  löst  sich  schwer  (in  100  Th.  Bra- 
connol ) kaltem  Wasser,  in  3 Th.  siedendem;  die  Auflösung 
schmeckt  säuerlich  zusammenziehend.  Sie  ist  JeiVht  in  Alko- 
hol, schwierig  in  Aether  löslich.  Eine  Leimauflösung  wird 
durch  reine  Gallussäure  nicht  gefällt. 


856 


Gallussäure. 


Legt  man  in  eine  wässerige  Flüssigkeit,  welche  Gerbsäure  und  Gallus- 
säure enthält,  thierische  Haut,  so  wird  die  erstere  vollständig  aufgenom- 
men, während  die  Gallussäure  in  der  Lösung  bleibt.  Die  wässerige  Auf- 
lösung erhält  sich  unverändert  bei  Abschlufs  der  Luft,  bei  Sauerstoffzu- 
tritt setzt  sich  eine  schwarzbraune  Materie  ab,  es  erzeugt  sich  Kohlen- 
säure, die  Flüssigkeit  färbt  sich  und  schimmelt.  Zusatz  von  Mineralsäu- 
ren hindern,  Alkalien  befördern  diese  Zersetzung.  Sie  wird  zersetzt 
durch  Chlor;  aus  Goldchlorid  und  salpetersaurem  Silberoxid  schlägt  sie  die 
Metalle  regulinisch  nieder.  Eisenoxidsalze  werden  davon  in  der  Kälte 
tief  dunkelblau  gefärbt,  damit  erhitzt  verliert  die  Flüssigkeit  unter  Koh- 
lensäurebildung ihre  Farbe,  das  Eisenoxid  findet  sich  zu  Oxidul  reducirt. 
Giefst  man  eine  concentrirte  Auflösung  von  Gallussäure  zu  einer  verdünn- 
ten Auflösung  von  Eisenoxidsalz,  so  entsteht  in  der  Flüssigkeit  ein  tief 
schwarzer  Niederschlag,  welcher  beim  Stehenlassen  in  der  Flüssigkeit 
nach  und  nach  theilweise  in  Oxidulsalz  übergeht.  Eine  Auflösung  von  Ei- 
senoxiduloxid giebt  mit  Gallussäure  einen  tief  schwarzen  Niederschlag, 
welcher  in  der  Flüssigkeit  keine  Veränderung  erfährt. 

Die  kristallisirte  Gallussäure  löst  sich  beim  Erwärmen  in  concentrirter 
Schwefelsäure,  bei  140°  anfänglich  mit  schwach  gelbbrauner,  später  mit 
carminrother  Farbe.  Läl'st  man  sie  bei  diesem  Zeitpunkte  erkalten  und 
giefst  die  Mischung  in  kaltes  Wasser,  so  entsteht  ein  häufiger  rothbrau- 
ner  kristallinischer  Niederschlag,  welcher  keine  Schwefelsäure  enthält  und 
bei  120°  10  p.  c.  Wasser  verliert.  Diese  Materie  ist  Gallussäure,  welche 
1 At.  Kristallwasser  und  1 At.  Hydratwasser  verloren  hat;  ihre  Formel 
ist  im  getrockneten  Zustande  C7  H4  04  ^Robiquet Diese  Substanz  ist  in 
Wasser  unlöslich,  sie  löst  sich  in  Alkalien  mit  Leichtigkeit,  in  dieser  Auf- 
lösung sieht  man  gefärbte  leichtlösliche  Kristalle  entstehen , wenn  sie  der 
Einwirkung  der  Atmosphäre  ausgesetzt  wird;  sie  verbindet  sich  mit  orga- 
nischen Stoffen,  denen  sie  bei  Anwendung  ähnlicher  Beizmittel  dieselben 
Nuancen  ertheilt  wie  Krapp  [Robiquet')  ; beim  trocknen  Erhitzen  zerlegt 
sie  sich  unter  Bildung  von  kleinen  prismatischen  Kristallen  von  zinnober- 
rother  Farbe.  Erhitzt  man  kristallisirte  Gallussäure  in  einer  Auflösung  von 
Chlorcalcium  in  Wasser  (2  Chlorcalcium  in  5 Wasser),  so  löst  sie  sich 
unter  Kohlensäureentwickelung  auf,  beim  Erhitzen  auf  120  — 122°  schlägt 
sich  ein  körniges  gelbliches  Pulver  nieder,  welches  unter  dem  Vergröfse- 
rungsglase  aus  durchscheinenden  Polyedern  zu  bestehen  scheint.  Diese 
Kristalle  röthen  blaue  Pflanzenfarben;  auf  Papier  gelegt  färben  sich  die 
berührten  Stellen  mit  der  Zeit/  schwarz,  bei  20  — 30°  getrocknet  lassen 
sie  sich  ohne  Veränderung  aufbewahren.  Ihre  Zusammensetzung  ist  un- 
bekannt. tRobiquet.') 

Durch  den  Einflufs  der  Wärme  wird  die  Gallussäure  zersetzt  in  Koh- 
lensäure, Pyrogaliussäure  und  in  Melangallussäure. 

Gallussäure  Salze. 

Durch  die  Verbindung  der  Gallussäure  mit  den  Basen  entstehen  die 
gallussauren  Salze.  Alle  gallussauren  Salze  sind  ausgezeichnet  durch  die 
Leichtigkeit , mit  der  sie  sich  bei  Gegenwart  von  überschüssigen  Alkalien 
unter  Sauerstoffabsorbtion  zerlegen.  Die  Zerlegung  trifft  die  durch  das 
Alkali  aufgenommene  Gallussäure,  welche  hierbei  theils  in  Kohlensäure, 
theils  in  eine  braune  in  Wasser  unlösliche  Materie  verwandelt  wird.  Setzt 
man  einer  Flüssigkeit,  welche  eine  alkalische  Reaction  besitzt,  eine  ge- 
ringe Menge  Gallussäure  zu,  so  ertheilt  die  Gallussäure  bei  ihrem  Ueber- 
gange  in  die  braune  Materie  der  Flüssigkeit  eine  gelbe,  grüne,  rothe, 
zuletzt  eine  braune  beinahe  schwarze  Farbe.  Wird  die  alkalische  Re- 
action durch  Kali  oder  Natron  verursacht,  so  bleibt  die  Flüssigkeit  klar, 
bei  Vorhandenseyn  von  Kalk  oder  Bittererde  trübt  sie  sich  und  es  entsteht 
ein  schw'arz  gefärbter  Niederschlag.  Bei  Mineralwassern,  welche  kohlen- 
saure Bittererde  oder  Kalk  aufgelöst  in  Kohlensäure  enthalten,  bleibt  diese 
Reaction  selbst  dann  nicht  aus,  wenn  sie  nach  anhaltendem  Sieden  mit 


Gallussäure  Salz  ft. 


857 


Gallussäure  versetzt  werden.  Täuschungen,  wonach  man  diese  Färbung 
einem  aufgelösten  Metalloxid  zuschrieb,  sind  vorgekommen.  Welches  die 
Zersetzungsprodukte  sind,  die  jeder  der  erwähnten  Farbenniiancen  ange- 
hören, ist  nicht  untersucht. 

Man  kennt  mit  Gewifsheit  nur  die  Zusammensetzung  des  sauren  gal- 
lussauren Ammoniaks  und  der  ßleioxidsalze. 

Gallussaures  Ammoniak , saures,  entsteht,  wenn  kristallisirte  Gallus- 
säure zur  Hälfte  mit  Ammoniak  gesättigt  und  an  der  Luft  oder  bei  gelin- 
der Wärme  zur  Kristallisation  gebracht  wird;  es  kristallisirt  in  kurzen, 
schwach  gelblichen  Prismen,  in  kaltem  Wasser  schwer,  in  heifsem  sehr 
leicht  löslich,  bei  100ü  verlieren  die  Kristalle  nichts  an  ihrem  Gewichte; 
seine  Zusammensetzung  wird  durch  die  Formel 
Cr  H*  05  , AdH4  O 
C?  H*  05, 2HaO 
C14H16Na09 

ausgedrückt. 

Gallussaures  Bleioxid,  einbasisches.  Setzt  man  einer  wässerigen  war- 
men Auflösung  von  Gallussäure  essigsaures  Bleioxid  zu,  so  dafs  erstere  im 
Uebersckufs  vorhanden  ist,  so  entsteht  ein  weifser  Niederschlag,  der  sich 
beim  Stehenlassen  in  der  Flüssigkeit  in  ein  graues  glänzend  kristallinisches 
Pulver  verwandelt.  Bei  100°  getrocknet  enthält  dieses  Salz  2Cr  H,  Oj, 

Hot)!  a^‘  enthält  in  100  Theilen  58,874  Bleioxid  und  verliert  bei 
100°  1 At.  Wasser. 

Gallussaures  Bleioxid , zweibasisches.  In  eine  kochende  Auflösung 
von  neutralem  essigsaurem  Bleioxid  gierst  man  eine  Lösung  von  Gallus- 
säure, es  entsteht  bei  Gegenwart  von  überschüssigem  essigsaurem  Bleioxid 
ein  flockiger  weifser  Niederschlag,  welcher  beim  Kochen  grau  und  kri- 
stallinisch wird;  seine  Formel  ist  Cr  Ha  Os,  2PbO;  er  enthält  in  100  Th 
76,70  Bleioxid. 

Von  deu  übrigen  gallussauren  Salzen  ist  das  gallussaure  Aethyloxid 
noch  nicht  dargestellt.  Gallussaures  Kali , Natron , Manganoxidul , Ei- 
senoxidul , Zink-,  Kobalt - und  Nickeloxid  sind  löslich,  die  übrigen  siud 
unlöslich.  * 

Zersetzungsprodukte  der  Gerbe - und  Gallussäure  durch  die 

Wärme. 

Unterwirft  man  Gerbesäure  bei  raschem  Feuer  der  trocknen  Destil- 
lation, so  schmilzt  sie  unter  heftigem  Aufblähen  zu  einer  schwarzen  sy- 
rupdicken  Flüssigkeit,  welche  bei  fortgesetzter  Einwirkung  der  Wärme 
und  bei  Abnahme  der  Gasentwickelung  fest  wird.  Die  flüchtigen  Produkte 
dieser  Destillation  sind  Kohlensäure,  Wasser  und  eine  kristallinische, 
leicht  schmelzbare  Materie,  welche  man  früher  für  reine  Gallussäure  hielt, 
die  aber,  als  Zersetzungsprodukt  der  eigentlichen  Gallussäure  von  Pelouze 
erkannt,  deu  Namen  Pyrogallussäure  erhalten  hat. 

Der  feste  Rückstand  in  der  Retorte  löst  sich  in  Alkalien  mit  tief  bräun- 
schwarzer  Farbe  und  wird  aus  diesen  Auflösungen  als  schwarzes  Pulver 
gefällt;  es  ist  dies  der  Körper,  den  Pelouze  Metagallussäure.  Berzelius 
Melangallussäure  genannt  hat. 

Wenn  man  die  Gallussäure  längere  Zeit  einer  Temperatur  von  210° 
aussetzt,  so  wird  sie 'in  ein  graues  Pulver  verwandelt,  welches  sich  im 
W asser  vertheilt  und  nach  und  nach  eine  beträchtliche  Menge  davon  ver- 
schluckt. In  heifsem  Wasser  löst  es  sich  ohne  Rückstand  uud  giebt  beim 
Erkalten  röthlicb  gefärbte  Kristalle  von  zusammenziehendem  Geschmack. 
Bei  225  230°  schmilzt  die  trockne  Gallussäure,  es  bleibt  in  der  Retorte 

eine  glänzende  schwärzliche  Masse,  die  sich  beinahe  ganz  in  kaltem 

Gtiger’s  Pharrnneic.  /.  (5 t*  Anfl.)  55 


858 


Pyrogallussäure. 


Wasser  löst;  die  Auflösung  besitzt  einen  Geschmack  wie  Catechu  und 
schlägt  eine  Leimauflösung  sehr  reichlich  nieder.  Von  der  Gerbsäure  un- 
terscheidet sich  diese  Substanz  durch  ihre  Farbe  und  insofern  sie  organi- 
sche Basen  aus  ihren  Auflösungen  nicht  fällt.  Bei  einer  noch  höheren 
Temperatur  bleibt  ein  Rückstand,  der  sich  tlieilweise  im  Wasser  löst,  und 
zuletzt  eine  im  Wasser  ganz  unlösliche  Portion,  welche  Metagallussäure 
ist.  Die  flüchtigen  Produkte  der  trocknen  Destillation  der  Gallussäure  sind 
ebenfalls,  wie  bei  der  Gerbsäure,  Kohlensäure,  W^asser  und  Pyrogallus- 
säure. 

Pyr  ogallussäure. 

In  der  einfachsten  Form  wird  die  Zusammensetzung  dieser  Säure  durch 
die  Formel  C2  H,  O ausgedrückt;  es  ist  unentschieden,  ob  das  Aequiva- 
lent  derselben  durch  die  Formel  C6  H6  05  oder  durch  C8  H8  04  ausgedrückt 
werden  mufs. 

Zersetzungsprodukt  der  Gerbsäure  und  Gallussäure  durch  die  Wärme. 
Von  Scheele  entdeckt.  Bar  Stellung : Man  erhitzt  trockne  Gerbsäure  oder 
Gallussäure  in  einer  Retorte  bei  raschem  Feuer  über  einer  Weingeist- 
Jampe  bis  zur  Erscheinung  gefärbter  brenzlicher  Produkte,  sammelt  die  im 
Halse  und  der  Vorlage  befindlichen  Kristalle  und  unterwirft  sie  zur  wei- 
tern Reinigung  einer  neuen  Sublimation  bei  gelinder  Wrärme. 

Eigenschaften:  Lange,  glänzende,  weifse  Blätter  oder  Nadeln,  von 
bitterem,  etwas  zusammenziehendem  Geschmack,  röthet  nieht  das  Lack- 
muspapier, schmilzt  bei  115°,  siedet  bei  210°  und  sublimirt  ohne  Verän~ 
derung.  Schnell  und  rasch  über  250°  erhitzt  schwärzt  sie  sich,  sie  zer- 
legt sich  in  W\asser  und  Metagallussäure,  bei  höherer  Temperatur  zer- 
legt sich  die  letztere  in  Kohle  und  brenzliche  Produkte.  Die  Pyrogallus- 
säure  löst  sich  in  2%  Wasser  bei  13°,  die  Auflösung  kann  an  der  Luft 
nicht  ohne  Veränderung  abgedampft  werden;  sie  färbt  sich  unter  Sauer- 
stoffaufnahme und  setzt  ein  braunes  Pulver  ab ; sie  ist  in  Alkohol  und 
Aether  und  concentrirter  Schwefelsäure,  in  letzterer  ohne  Färbung,  lös- 
lich, die  wässerige  Auflösung  schlägt  aus  löslichen  Gold-,  Silber-  und 
Quecksilberverbiudungen  diese  Metalle  regulinisch  nieder. 

Eisenoxidulsalzen  ertheilt  sie  eine  schwarzblaue  Farbe.  Eisenoxidsalze 
werden  davon  ohne  Entwickelung  von  Kohlensäure  zu  Eisenoxidulsalzen 
reducirt,  wobei  sich  die  Flüssigkeit  rothbraun  färbt. 

Setzt  man  ein  Eisenoxidsalz  zu  einem  Ueberschufs  von  Pyrogallus- 
säurelösung , so  nimmt  die  Flüssigkeit  eine  blauschwarze  Farbe  au  , wel- 
che dem  gebildeten  Oxidulsalz  angelu.vt. 

WTird  die  braune  Flüssigkeit,  die  man  durch  Zusatz  von  Pyrogallussäure 
in  überschüssiges  schwefelsaures  Eisenoxidsalz  erhält,  abgedampft,  so  kri- 
stallisirt  schwefelsaures  Eisenoxidul.  Fällt  man  den  Rest  dieses  Salzes  durch 
Alkohol  aus  der  Auflösung  heraus,  so  bleibt  Schwefelsäure  und  die  braune 
Substanz  in  der  Flüssigkeit  zurück;  die  letztere  ist  eisenfrei,  sie  besitzt 
einen  zusammenziehenden  Geschmack  und  die  Fähigkeit  Leimauflösung  zu 
fällen.  ( Da  die  Eisenoxidsalze  bei  Gegenwart  von  organischen  Materien 
nicht  durch  Alkalien  fällbar  sind  und  hieraus  auf  die  Abwesenheit  von 
überschüssigem  Eisenoxid  in  der  Lösung  vielleicht  geschlossen  worden  ist, 
so  gehört  möglicher  Weise  der  Geschmack  und  die  Fähigkeit,  Leimauflö- 
sung  zu  fällen,  einem  Eisenoxidsalz  an.)  Ueber  die  eigentliche  Natur  der 
Pyrogallussäure  ist  man  nicht  im  Klaren;  obwohl  sie  nach  Einigen  eine 
schwach  saure  Reaction  besitzt,  so  weifs  man  von  ihren  Eigenschaften  als 
Säure  wenig  mehr,  als  dafs  sie  einige  Metallsalze  fällt;  sie  steht  scu  der 
Gallussäure  in  einer  ähnlichen  Beziehung  wie  das  Aceton  zur  Essigsäure. 

Pyrogallussäure  Salze. 

Von  den  Verbindungen  der  Pyrogallussäure  mit  Basen  ist  das  Bleisalz 
von  Berzelius,  Pelouze  und  Campbell  untersucht  worden.  Nach  Berzelius 
und  Pelouze  ist  der  Niederschlag,  welcher  durch  eine  Auflösung  von  Pyro- 


Meta  gallassäure. 


859 


gallussäure  in  essigsaurem  Bleioxid  hervorge bracht  wird,  nach  der  Formel 
Cf  H6  03  -+-  PbO,  nach  Campbell  nach  der  Formel  C3  H8  04,  PbO  zusam- 
mengesetzt; man  weifs  von  diesen  Salzen  wenig  mehr,  als  dafs  die  Salze 
mit  alkalischer  Basis  löslich,  die  andern  mehrentbeils  unlöslich  sind. 

Bei  Gegenwart  von  überschüssigen  Alkalien  erleiden  alle  pyrogallus- 
sauren  Salze  unter  Sauerstoffabsorbtion  eine  ähnliche  Zersetzung  wie  die 
gallussauren ; unter  Kohlensäurebildung  färbt  sich  die  alkalische  Flüssigkeit. 

Eine  bis  zur  Neutralisation  mit  Kali  versetzte  Auflösung  von  Pyrogal- 
lussäure  schlägt  Eisenoxidsalze  tief  blau,  Eisenoxidulsalze  schwarzblau 
nieder.  Die  freie  Säure  mit  Eisenoxidhydrat  zusammengebracht  vereinigt 
sich  damit  zu  einer  blauen  zum  Theil  löslichen  Verbindung. 

Metagallussäure . 

Forme!  der  wasserfreien  Säure : C6  H4  0*  ( Pelouze ). 

Wahrscheinliches  Atomgewicht:  C12  H6  03  -+-  aq. 

Zersetzungsprodukt  der  Gerbsäure,  Gallussäure  und  Pyrogallussäure 
durch  Warme. 

Darstellung : Man  erhält  diese  Materie,  wenn  Gerbsäure  oder  Gallus- 
säure einer  Temperatur  von  250°  in  einem  Oelbade  ausgesetzt  werden, 
wo  nach  Entfernung  der  flüchtigen  Produkte  in  der  Retorte  eine  schwarze 
glänzende  Substanz  bleibt,  welche  die  Metagallussäure  darstellt.  Durch 
Auflösung  in  wässerigen  Alkalien  und  Fällung  mit  einer  Säure  erhält  man 
sie  rein. 

Eigenschaften : Schwarzes,  in  Wasser  unlösliches  Pulver,  löslich  in 
kaustischen  Alkalien  und  daraus  unverändert  fällbar  durch  Säuren ; zer- 
setzt in  der  Hitze  die  kohlensauren  Alkalien,  nicht  die  kohlensauren  Er- 
den. Die  löslichen  Verbindungen  mit  Alkalien  besitzen  eine  tief  schwarze 
Farbe;  Bleioxid-  und  Silberoxidsalze  werden  von  den  metagallussauren 
Alkalien  schwarz  gefällt.  Der  Silberniederschlag  ist  nach  der  Formel 
C13  H6  03 , AgO  zusammengesetzt.  CPelouze .) 

Ueber  die  Zersetzung  der  Gerb - und  Gallussäure  in  der  Wärme. 

Gerb-  und  Gallussäure,  obwohl  sehr  verschieden  in  den  relativen 
Mengen  ihrer  Bestandteile,  liefern  nichtsdestoweniger  durch  den  Einflufs 
einer  höheren  Temperatur  einerlei  Produkte.  Metagallussäure,  Pyrogal- 
lussäure, Wasser  und  Kohlensäure  in  ungleichen  Verhältnissen  werden 
bei  beiden  gebildet.  Die  Gerbsäure  hinterläfst  eine  reichlichere  Menge 
Metagallussäure  als  die  Gallussäure,  die  Pyrogallussäure  zerfällt  in  Meta- 
gallussäure und  Wasser,  ohne  dafs  sich  Kohlensäure  oder  ein  anderes 
Zersetzungsprodukt  bildet.  Es  ist  leicht,  diese  verschiedenen  Produkte 
aus  den  Formeln  zu  entwickeln,  welche  man  angenommen  hat,  um  die 
Zusammensetzung  dieser  Körper  auszudrücken,  obwohl  der  Vorgang  der 
Natur  der  Sache  und  der  Mannigfaltigkeit  der  Produkte  nach  nicht  sehr 
einfach  seyn  kann. 

Die  Gerbsäure  läfst  sich  als  eine  Verbindung  von  Gallussäure  mit  Pjto- 
gallussäure  betrachten.  Drei  Atome  der  ersteren  enthalten  die  Elemente 
von  6 At.  Gallussäure  und  2 At.  Pyrogallussäure. 

Gerbsäure  Gallussäure  Pyrogallussäure 

3(C13  H16  Oia)  = 6(C:  H6  Oj)  -H  2 (C6  H6  03) 

Da  nun  die  Gallussäure  selbst  die  Elemente  von  Kohlensäure  und  Py- 
rogallussäure, oder  von  Kohlensäure,  Metagallussäure  und  Wasser  ent- 
hält, so  genügen  diese  Betrachtungen,  um  sich  Rechenschaft  über  die  Bil- 
dung dieser  Produkte  zu  geben.  Die^Menge  von  dem  einen  oder  andern 
derselben  wechselt  je  nach  der  Temperatur  und  schnelleren  oder  langsa- 
meren Erhitzung;  bei  sehr  rasch  geführter  Destillation  erhält  man  z.  B. 
aus  der  Gallussäure  nahe  au  50  p.  c.  Pyrogallussäure  und  etwa  20  p.  c. 
Metagallussäure  fRobiquet ),  bei  langsamer  und  lange  dauernder  Einwir- 
kung der  Wärme  geht  eine  gröfsere  Menge  Pyrogallussäure  in  Metagal- 


860 


Ellagallussäure. 


lussäure  über.  Die  Ursache , dafs  die  angeführte  Zersetzungsweise  durch 
eine  einfache  Formel  nicht  darstellbar  ist,  dafs  es  also  nur  höchst  selten 
gelingt,  die  Gallussäure  grade  auf  in  Kohlensäure  und  Pyrogallussäure 
zerfallen  zu  machen,  beruht,  wie  man  leicht  bemerkt,  auf  der  weiteren 
oder  gleichzeitigen  Zersetzung,  welche  die  Pyrogallussäure  durch  die 
Einwirkung  der  Wärme  erfährt.  In  demselben  Grade , als  die  Zersetzung 
der  Gerbsäure  oder  Gallussäure  vorwärts  schreitet,  ändert  sich,  wie  sich 
von  selbst  versteht,  die  Natur  des  in  der  Retorte  bleibenden  Rückstandes. 
Im  Anfang  ist  er  bei  der  Gallussäure  braun,  aber  im  W asser- noch  löslich, 
später  besteht  er  aus  einem  Gemenge  von  einem  löslichen  und  unlöslichen 
scharzbraunen  Körper,  zu  Ende  der  Zersetzung  ist  er  im  Wasser  voll- 
kommen unlöslich,  er  ist  in  diesem  Zustande  in  Metagallussäure  überge- 
gangen. 

Aus  dem  Vorbergegaugenen  ergiebt  sich  unzweifelhaft,  dafs  Gallus- 
säure, Gerbsäure  und  Pyrogallussäure  in  einer  innigen  Beziehung  zu  ein- 
ander stehen.  Die  drei  Substanzen  besitzen  auf  Eisensalze  eine  wenig  j 
abweichende  Reaction,  in  welcher  Form  aber  die  Kohlensäure  und  Pyro-  , 
gallussäure  in  der  Gallussäure  und  Gerbsäure  vorhanden  sind,  darüber 
müssen  weitere  Untersuchungen  Aufklärung  verschaffen. 


Galläpfel.  — Galläpfeltinktur.  — Ellagallussäure. 

Durch  den  Stich  eines  Insektes  fCynips  Gallae  tinctoriae  OlivieriJ 
entstehen  auf  den  Blättern  aller  Eichenarten  die  sogenannten  Galläpfel. 
Das  Weibchen  dieses  Insektes  durchbohrt  mit  dem  Legestachel  die  Rinde 
des  Blattstiels  und  legt  seine  Eier  hinein,  um  welche  sich  bald  ein  Aus- 
wuchs bildet,  der  sie  vollkommen  einschliefst.  Die  besten  Galläpfel  lie—  ; 
fert  die  Quercus  infectoria  Oliv.,  welche  in  Kleinasien  in  bergigen  Ge- 
genden häufig  vorkommt.  Sie  enthalten  30  — />0  p.  c.  im  Wasser  lösliche 
Materie,  deren  Hauptmasse  aus  Gerbsäure  besteht. 

Unter  Galläpfeltinktur  versteht  man  den  wässerigen  oder  geistigen 
Auszug  der  Galläpfel,  welcher  stets  gefärbt,  je  nach  seiner  längeren  oder 
kürzeren  Berührung  mit  der  Luft  oder  nach  iängerem  Stehen  der  wässe- 
rigen Auflösung  bei  Abschlufs  der  Luft,  wechselnde  Mengen  von  Gerbsäure 
und  Gallussäure  enthält.  Dieser  Auszug  dient  als  Reagens  auf  Metallsalze  < 
und  auf  organische  Basen;  mit  vielen  der  ersteren  giebt  er  gefärbte,  mit  ■ 
den  andern  farblose  Niederschläge. 

Manyanoxidul- , Eisenoxidul- , Zinkoxid- , Cadmiumoxid-Salze  wer- 
den von  Galläpfelinfusion  nicht  gefällt,  die  Salze  des  Eisenoxids  werden 
dunkel  violettschwarz,  des  Zinnoxids  gelblich,  des  Nickeloxids  gelbgrün- 
lich, Kobaltoxid  weifsgelblich  , Ceriumoxid  gelblich,  Kupferoxid  grau, 
Titansäure  rotb,  Telluroxid  gelblich,  Antimonoxid  weifs,  Chromoxid j 
braun,  Tantaloxid  rothgelb,  Molybdänoxid  braun,  Bleioxid  weifs, 
Uranoxid  rothbraun , Wismuthoxid  röthlich,  Silberoxid  schmutziggelb,  ? 
Platinoxid  dunkelgrün,  Goldoxid  braun,  Osmiumoxid,  violett  gefällt. 

Frischbereitete  Galläpfelinfusion  schlägt  Cinchonin- , Chinin- , Bru- 
ein-y  Strychnin -,  Codein -,  Narcotin-  und  Morphin-Salze  weifs  nieder, 
diese  Niederschläge  sind  löslich  in  Essigsäure. 

Es  ist  schon  früher  erwähnt  werden , dafs  die  wässerige  Galläpfel- 
infusion, in  verschlossenen  oder  der  Luft  ausgesetzten  Gefäfsen  aufbe- 
wahrt, nach  und  nach  ihre  Fähigkeit,  die  thieri«che  Gallerte  zu  fällen, 
verliert,  und  dafs  bei  diesem  Zeitpunkte  die  Flüssigkeit  eine  reichliche 
Menge  Gallussäure  enthält;  sie  setzt  sich  in  concentrirten  Lösungen  kri- 
stallinisch ab  und  ist  stets  mit  einem  grauen  Pulver  gemengt,  von  demj 
man  sie  durch  siedendes  Wasser  befreien  kann. 

Chevreul  beobachtete,  dafs  das  ebenerwähnte  graue  Pulver  sich  in 
Alkalicp  löst  und  daraus  durch  Säuren  wieder  gefällt  wird , er  gab  ihm 
den  Namen  Aride  ellayique,  den  Mir  mit  Ellagallussäure  wiedergeben,  jl 


Ellagailussäure. 


861 


Braconnot  zeigte  später , dafs  sich  diese  Materie  so  grofserer  Menge  bil- 
det, wenn  man  gepulverte  Gallapfel  schwach  befeuchtet  in  gelinder  Wärme 
erhält,  wobei  man  deutlich  eine  Reaetion  wie  bei  der  geistigen  Gährung 
wahrnimmt.  Wird  der  Brei  mit  heilsem  Wasser  ausgezogen  und  durch 
Leinwand  ausgeprefst,  so  /liefst  eine  tnibe  Flüssigkeit  ab.  Die  trübende 
Materie  ist  Ellagailussäure;  man  löst  in  Kalilauge  auf,  filtrirt  und  läfst  die 
klare  kaum  alkalisch  reagirende  Flüssigkeit  an  der  Luft  verdampfen,  wo 
sich  eine  kalihaltige  Verbindung  in  perlmutterglänzenden  Schuppen  ab- 
scheidet, ’ welche  nicht  in  reinem  Wasser,  aber  in  überschüssigem  kausti- 
schem Kali  löslich  sind.  Aus  diesen  Kristallen  erhält  man  durch  Behand- 
lung mit  einer  Säure,  welche  das  Kali  auszieht,  reine  Ellagailussäure; 
sie  stellt  ein  bräunlichweifses  geschmackloses  Pulver  dar,  welches  das 
Lackmus  nicht  röthet  und  die  Kohlensäure  aus  kohlensaureu  Alkalien  nicht 
austreibt;  sie  .löst  sifch  nicht  in  Ammoniak,  verbindet  sich  aber  damit  zu 
einem  unauflöslichen  Pulver;  mit  Kalkwasser  digerirt  entzieht  sie  diesem 
den  Kalk.  Ueber  ihre  chemische  Natur  weifs  man , wie  sich  aus  dem 
Vorhergehenden  ergiebt,  sehr  wenig.  Nach  der  Untersuchung  von  Pe- 
louze  besitzt  diese  Säure  dieselbe  Zusammensetzung  wie  die  getrocknete 
Gallussäure,  Cr  H6  05  , sie  verliert  bei  100  — 120°  1 At.  Wasser  und 
wird  zu  C7  H4  04.  Von  der  Materie,  welche  von  Robiquet  durch  Be- 
handlung der  Gallussäure  vermittelst  concentrirter  Schwefelsäure  darge- 
stellt wurde  und  die  eine  vollkommen  gleiche  Zusammensetzung  besitzt, 
unterscheidet  sie  sich  wesentlich  durch  ihre  Farbe  und  durch  die  Unlös- 
lichkeit ihrer  Verbindung  mit  Kali.  Trocken  erhitzt  liefert  die  Ellagailus- 
säure einen  grünlichgelben  Dampf,  der  sich  zu  griinlichgelben  durchsich- 
tigen Nadeln  verdichtet.  Diese  Kristalle  hinterlassen  durch  partielle  Zer- 
setzung bei  neuer  Sublimation  Kohle,  sie  iösen  sich  in  concentrirter 
Schwefelsäure  ynd  sind  daraus  fällbar  durch  Wasser,  sie  lösen  sich  in 
Alkalien  und  werden  durch  Säuren  daraus  wieder  gefällt,  sie  sind  nicht 
in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  löslich.  Mit  Salpetersäure  gelinde  er- 
wärmt löst  sich  die  Ellagailussäure  mit  blutrother  Farbe ; damit  anhaltend 
erhitzt  wird  sie  vollkommen  zerstört  und  man  erhält  Oxalsäure. 

Durch  theilweise  Auflösung  der  (unreinen?)  Ellagailussäure  in  Alko- 
hol (au  moyen  du  digesteur  destillatoire)  zerlegte  sie  Chevreul  in  Gallus- 
säure, einen  gelben  und  rothen  Farbstoff,  eine  stickstoffhaltige  Materie 
und  1,14  p.  c.  Kalk  und  Eisen.  Grischon  fand  die  Ellagailussäure  io 
der  Tormentillwurzel. 

Verbindungen  von  unbekannter  Zusammensetzung  3 welche  der 
Gerbsäure  in  ihrem  Verhalten  ähnlich  sind . 

Die  Chinarinden , das  im  Handel  vorkommende  Catechu  und  sogenannte 
Kinogummi , die  Rinden  der  Tannen  und  Fichten  und  viele  andere  Pflan- 
zenstoffe enthalten  mit  der  Gerbsäure  verwandte  Substanzen,  insofern  sie 
einen  rein  zusammenziehenden  Geschmack  und  die  Fähigkeit  besitzen, 
sich  mit  thierischer  Haut  zu  verbinden  und  Leimlösung  in  dicken  Flocken 
zu  fallen ; sie  unterscheiden  sich  aber  von  der  eigentlichen  Gerbsäure 
durch  die  gröfsere  Löslichkeit  ihrer  Verbindungen  mit  Mineralsäuren  und 
durch  ihre  Eigenschaft,  Eisenoxidsalze  nicht  violettschwarz,  sondern  tief 
dunkelgrün  zu  färben  oder  grau  zu  fällen,  daher  der  Name  eisengrünen- 
der und  eisengraufällender  Gerbstoff,  mit  dem  man  alle  diese  Substanzen 
zusammen1  bezeichnet  hat.  Gerbsäure,  welche  Eiseno xidsalze  violett- 
schwarz  färbt  und  fällt,  ist  in  den  folgenden  in  der  Medicin  gebräuch- 
lichen Pflanzen  enthalten : Iris  Pseud-Acorus , Sanguisorba  officinalis , 

Trauben-Kerne  (von  Vitis  vinifera) , Rhusarten , Polygonum  Bistorta , Ar- 
butus  Uva  ursi,  M3'robalani,  Saxifraga  crassifolia,  Spiraea  Filipendula , 
Lythrum  Salicaria,  Puoiea  Granatum,  Potentilla-,  Geuni-  und  Fragaria- 
Artea,  Rosa,  Thea,  Nymphaea,  Paeonia,  Geranium  sanguineum,  Ervum 
Lens,  Cyuomorium  coccineum,  Ainus  glutinosa,  besonders  Quercus-Arteu 
(Galläpfel),  Poterium  Sanguisorba»  Der  wässerige  Auszug  der  folgenden 


86$  Gerbstoff,  eisenblau-,  grün-  und  grau-fäliender. 

Pflanzen  färbt  Eisenoxidsalze  grün:  Salvia , Veronica,  Succisa  pratensis, 
Asperula  odorata,  Alchemilla,  Pulmonaria , Symphitum  off.,  Anagallis, 
Vinca  rninor,  ächte  Chinarinden,  Kino,  Kaffee,  Ulmus  campestris , Sani«  I 
cula  europaea,  Drosera  rotondifolia,  Ruraex-Arten  , Aesculus  Hippocasta- 
num,  Vaccinium  Yifcis  idaea,  Cinnamomurn,  Rhabarber,  Rhododendron,  j 
Ledum  palustre,  Pyrola,  Alcornoque  (cort.) , Agrimonia  Eupatoria,  Spi- 
raea  Aruncus  und  Ulmaria,  Pyrus  Malus  (cort.),  Tormentilla , Tiliae  (flo- 
res),  Delphinium  Consolida  (flores) , Aconitum , Pulsatilla,  Clematis,  viele 
Lippenblumen,  als:  Ocymum,  Prunella,  Melissa,  Thymus,  Scutellaria, 
Ajuga,  Teucrium,  Origanum,  H3rssopus,  Mentha,  Lamium , Glechoma, 
Stachys  , Ballota,  Betonica,  Marrubium  u.  a.;  Euphrasia,  Barbaren,  Si- 
symbrium,  Geranium  robertianum,  Althaea  off.,  Catechu,  Kino,  Cortex 
adstringens  brasiliensis , und  mehrere  andere  Leguminosen,  als:  Ononis, 
Genista,  Colutea  u.  s.  w.  ; Hypericum  perforatum,  Serratula  tinctoria, 
und  mehrere  Pflanzen  mit  zusammengesetzten  Blumen,  wie  Eupatorium 
cannabinutn , Tussilago,  Tanacetum,  Artemisia,  Erigeron,  Conyza  squar- 
rosa,  Inula,  Solidago  Virgaurea,  Arnica,  Achillea,  Hieracium,  Lactuca , 
Lapsana,  Betula  alba,  Populus;  mehrere  Farrenkräuter,  als:  Polypodium, 
Aspidium,  Adianthum.  Die  folgenden  enthalten  eisengrau  fällende  Gerb- 
säure: Verbena  off.,  Ratanhia,  Artemisia  vulg.  und  Absinthium , Bellis, 
Matricaria,  Calendula,  Urtica  dioica.  — Ob  jedoch  alle  hier  genannte 
Pflanzen,  welche  auf  angezeigte  Art  reagiren,  wirklich  Gerbestoff  ent- 
halten, müssen  weitere  Versuche  entscheiden. 

Auf  die  verschiedenen  Reactioneu  der  adstringirenden  Pflanzenauszüge 
gegen  Eiseuooa/dsalze  war  man  schon  frühe  aufmerksam,  und  hielt  dieje- 
nigen, welche  eine  andere  Reactioo  gaben,  unter  sich  verschieden.  Mit 
diesen  verschiedenen  Eigenschaften  des  unreinen  Gerbestofl’s  ist  auch  in 
der  Regel  ein  etwas  abweichender  Geschmack  verbunden.  So  schmeckt 
der  Gerbestoff  der  Eiche  stark  und  sehr  widerlich  zusammenziehend;  der  j 
sogenannte  eisengrünonde  der  China,  des  Catechu’s  u.  s.  w.  minder  unau- 
genehm, mehr  rein  herb  (übrigens  auch  nach  den  Pflanzen  abweichend), 
und  der  eiseugraufällende  der  Ratanhia  am  mindesten  widerlich  herb,  zu- 
gleich bitter.  Ferner  lehrte  die  Erfahrung,  dafs  Pflanzen,  welche  eisen- 
bläuenden Gerbestoff  enthalten,  anders  wirken  als  solche,  die  eisengrü- 
nenden enthalten.  Galläpfel,  Eichenrinde  wirken  heftiger  und  werden  viel  j 
weniger  leicht  ertragen  als  Catechu,  Kino;  noch  milder  ist  Ratanhia,  die  I 
am  leichtesten  vertragen  wird.  Man  schlofs  darum  auch  aus  diesem  ver- 
schiedenen Verhalten  auf  verschiedene  Arten  von  Gerbestoff.  — Indessen 
lehrten  Erfahrungen  von  Geiger , dafs  wenigstens  die  Reaction  auf  Eisen- 
oxidsalze nichts  entscheide , indem  auf  Zusatz  von  Säuren  eisenbläuender  | 
gleichsam  in  eisengrüneaden  umgew'andelt  wird,  (Gallustinktur,  in  Ver-  i 
binduug  mit  Weinsäure  u.  s.  w. , schlägt  Eisenoxidsalze  grün  nieder) 
und  umgekehrt  eisengrün-  und  eisengrau-fällender  Gerbestoff  durch  Ab- 
stumpfung der  Säuren  in  eisenbläuenden  umgewandelt  wird  (Catechu-, 
Kino-,  China-,  Weidenrinde-,  Ratanhia-Auszug  u.  s.  w. , die  mit  Eisen-  : 
oxidsalzen  grüne  Verbindungen  gebildet  haben,  verwandeln  die  grüne 
Farbe  unter  starker  Verdunklung  in  blau , durch  Zusatz  von  kohlen-  1 
saurem  Kalk-haltigen  Pump wasser;  sehr  geringe  Mengen  Kalkwasser,  Kali, 
Ammoniak  u.  s.  w.  bewirken  dasselbe.  Digerirt  man  die  Auszüge  mit  Ei-  1 
senfeile,  so  fällen  sie,  wie  schon  Waltl  beobachtete,  sämmtlich  die  Eisen- 
oxidsalze blauschwarz).  Es  schien,  dafs  die  grüne  (und  graue)  Reaction  j 
des  Gerbestoffs  wenigstens  grofsentheils  von  der  Gegenwart  freier  Säure  j 
abhänge,  und  dafs  aller  Gerbestoff  im  reinsten  Zustande  identisch  sey,  # 
und  es  erklärte  sich  hiernach  auch  das  Vorkommen  (sogenannter)  ver-  * 
schledener  Arten  in  derselben  Pflanze,  z.  B.  in  der  Wurzel  von  Potentilla  « 
argentea  und  auserina  ist  eisenbläuender,  in  dem  Kraut  eisengrünender, 
eben  so  in  den  Blättern  von  Ainus  glutinosa  der  bläuende,  in  der  Rinde 
der  grünende  gefunden  worden.  Auch  kann  wohl  in  denselben  Pflanzen- 
theilen  einmal  eisengrünender,  ein  andermal  eisenbläuender  Gerbestoff  ge- 
funden werden,  und  die  (zum  Theil)  verschiedene  medicinische  Wirksam- 
keit Gerbestoff-haltiger  Pflanzen  möchte  wohl  mit  von  der  gröfsern  oder 


Catechin. 


863 


geringem  Reichhaltigkeit  derselben  an  Gerbestoff  oder  von  andern  Theileu 
abzuleiten  seyn  ; da  auch  Pflanzen,  welche  denselben  (eisenbläuenden  u. 
s.  w.)  Gerbestoff  enthalten,  oft  sehr  verschieden  wirken  (Quercus,  Ge  um 
urbanum  u.  s.  w.  — Vergl.  hierüber  Geiger’ s Erfahrungen  im  Magazin  für 
Pharmacie  ßd.  25.  Heft  1 u.  3.).  Berzelius  zeigte  später,  dafs  die  grüne 
Farbe,  welche  der  schwarzblaue  Niederschlag  von  gerbestoffhaltigem  Ei- 
senoxid aus  Gallustinktur  auf  Zusatz  von  Weinsteinsäure  an  nimmt,  von 
gelbem  weinsteinsauren  Eisenoxid  herrührt,  und  er  konnte  die  grüne  Farbe 
des  Chinagerbestoff- Eisenoxids  nicht  in  blau  umändern  (vergl.  hierüber 
Magazin  für  Pharm.  Bd.  31.  S.  262.). 

C a t e c h u. 

Unter  dem  Namen  Catechu  kommt  im  Handel  das  wässerige  trockne 
Extract  der  Acacia  sive  Mimosa  Catechu  ( Wilden .)  in  braunen  viereckigen 
Stücken  vor,  welche  einen  stark  zusammenziehenden,  bittern,  hintennach 
schwach  süfslichen  Geschmack  besitzen.  Dieses  Extract  enthält  eine  be- 
trächtliche Menge  mit  kaltem  Wasser  ausziehbarer  Gerbsäure,  sehr  wenig 
in  ihren  Eigenschaften  von  der  aus  den  Galläpfeln  abweichend.  Man  er- 
hält sic  nach  Ber%elius  rein,  wenn  ein  concentrirter  kalter  Auszug  mit 
Schwefelsäure  gefällt,  der  erhaltene  Brei  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
ausgewaschen , zwischen  Papier  geprefst  und  alsdann  noch  feucht  in  heis- 
sem  Wasser  gelöst  wird.  Digerirt  man  nun  die  Flüssigkeit  mit  feingerie- 
benem kohlensauren  Bleioxid,  bis  kein  Aufbrausen  mehr  entsteht  und  Ba- 
rytsalze davon  nicht  mehr  gefällt  werden , so  ist  die  aufgelöste  Gerbsäure 
rein.  Durch  Abdampfen  der  kaum  gelblich  gefärbten  Flüssigkeit  im  leeren 
Raume  erhält  man  eine  durchsichtige,  zusammenziehende,  nicht  kristalli- 
nische Masse,  welche  im  Wasser  und  Alkohol  leichtlöslich  ist  und  im 
Uebrigen  die  Eigenschaften  der  Eichengerbsäure  besitzt.  An  der  Luft  färbt 
sich  die  wässerige  Lösung  roth , schneller  beim  Erhitzen  derselben;  sie 
verliert  beim  Abdampfen  an  der  Luft,  indem  die  Farbe  zunimmt,  ihre 
Wiederauflöslichkeit  im  Wasser.  Trocken  erhitzt  wird  sie  zersetzt , ohne 
dafs  man  übrigens  hierbei  ähnliche  Produkte  wie  bei  der  Eichengerbsäure 
wahrgenommen  hat.  Ihr  Verhalten  in  der  Hitze  so  wie  gegen  Alkalien 
nnd  Säuren  bedarf  einer  genaueren  Untersuchung. 

Catechin . 

Der  in  kaltem  Wasser  unlösliche  Theil  des  Catechu  enthält  eine  eigen- 
thümliche  Materie,  das  Catechin  (Tanningensäure , Catcchusäure),  welche 
die  Fähigkeit  besitzt,  mit  Bleioxid  eine  Verbindung  einzugeheu.  Sie  ist 
von  Büchner  entdeckt  worden.  Sie  läfst  sich  leicht  durch  heifses  Wasser 
oder  warmen  Alkohol  aus  dem  Rückstand  ausziehn.  Dieser  Auszug  ist 
stets  gefärbt  und  kann  vod  den  färbenden  Theilen  leicht  durch  Behandlung 
der  kochenden  Flüssigkeit  mit  essigsaurem  Bleioxid  befreit  werden.  Man 
setzt  so  lange  von  diesem  Salze  zu , bis  die  Flüssigkeit  fast  wasserhell 
erscheint,  scheidet  alsdann  durch  Zusatz  von  schwefelsaurem  Natron  das 
in  der  Flüssigkeit  enthaltene  Blei  ab  uud  läl'st  nach  Absonderung  des  Nie- 
derschlags die  klare  Flüssigkeit  erkalten , wo  nach  mehreren  Stunden  da3 
Catechin  kristallisirt  ( Winkler ).  Man  kann  es  zur  weiteren  Reinigung 
in  kochendem  Wasser  lösen,  die  Auflösung  durch  basisch  essigsaures  Blei- 
oxid vollkommen  fällen  und  aus  dem  Niederschlag  durch  Vertheilung  des- 
selben in  warmem  Wasser  und  Zersetzung  vermittelst  Schwefelwasser- 
stoffsäure das  Catechin  abscheiden;  durch  das  gebildete  Schwefelblei  wird 
es  vollkommen  entfärbt.  Das  zum  Filtriren  dienende  Papier  rnufs  durch 
Salzsäure  vollkommen  ausgewaschen  werden,  indem  sich  durch  Berührung 
mit  Kalk,  Eisen  oder  einer  Base  das  Catechin  bei  Zutritt  der  Luft  färbt. 

Das  Catechin  stellt  ein  äusserst  feines,  aus  kleinen  seidenglänzenden 
Nadeln  bestehendes  weifses  Pulver  dar,  welches  bei  gelinder  Erwärmung 
zu  einer  ölartigen  Flüssigkeit  schmilzt  uud  bei  höherer  Temperatur  leicht 
braun  gefärbt  und  zerlegt  wird,  Bis  zum  Braunwerden  erhitzt  soll  es 


864 


Japon-  und  Rubin -Säure. 


nach  Büchner  in  Gerbsäure  verwandelt  werden.  Es  ist  in  kaltem  Wasser 
sehr  schwer  (nach  Büchner  in  16000  Th  eilen) , in  heifsern  sehr  leicht  lös- 
lich. Die  gesättigte  wanne  Lösung  gerinnt  beim  Erkalten  zu  einem  dicken 
Kristallbrei.  Es  löst  sich  in  2 — 3 Th.  heifsern  und  in  6 Th.  kaltem  Alko- 
hol, in  7 — 8 Th.  kochendem  und  180  Th.  kaltem  Aetber.  Die  wässerige 
Losung  besitzt  eine  schwach  saure  Reaction  auf  Lackmus;  sie  zerlegt 
nicht  die  kohlensauren  Alkalien  und  geht  in  trocknem  Zustande  eine  Ver- 
bindung ein  mit  Ammoniakgas,  welches  im  leeren  Raume  sich  wieder 
davon  trennt  ( Scanberg ).  Bleibt  die  Auflösung  in  kaltem  Wasser  meh- 
rere Wochen  an  der  Luft  sich  selbst  überlassen,  so  trocknet  sie  bei 
dem  Abdampfen  in  der  Wärme  zu  einer  rotheu  gesprungenen  Masse  ein, 
die  sich  mit  Leichtigkeit  wieder  im  Wasser  löst.  Eisenoxidsalze  werden 
durch  die  Auflösung  des  Catechius  intensiv  grün  gefärbt,  essigsaures  Blei- 
oxid und  Sublimatiösung  werden  davon  gefällt,  bei  Zusatz  von  Ammoniak 
schlägt  das  Catechin  das  salpetersaure  Silberoxid  schwarz  metallisch  nie- 
der; Kalk wasser  wird  davon  nicht  getrübt,  es  hebt  seine  alkalischen  Ei- 
genschaften nicht  auf  (Büchner) ; nach  Svanberg  schlägt  es  den  essigsau- 
ren Kalk  nieder.  Leim-  und  Stärkelösung,  Chinin-,  Morphinsalze  und 
Brechweinstein  werden  davon  nicht  gefällt.  Nach  der  Analyse  von  Svan- 
berg , welche  der  Bestätigung  bedarf,  enthält  das  Catechin  in  100  Theilcn 
62,53  Kohlenstoff,  4,72  Wasserstoff,  32,75  Sauerstoff,  wonach  er  die 
Formel  C1S  HJ206  berechnet;  nach  der  letzteren  würde  es  62,94  Kohlen- 
stoff, 4,1!  Wasserstoff,  32,95  Sauerstoff  enthalten. 

Durch  Behandlung  mit  reinen  oder  kohlensauren  Alkalien  färbt  sich 
das  Catechin  bei  Gegenwart  von  Luft  unter  Sauerstoffabsorbtion,  es  ent- 
stehen bei  Anwendungen  der  ersteren  schwarze , bei  dem  kohlensauren 
Kali  rothe  Lösungen.  Es  sind  dies  nach  Svanberg  Verbindungen  des  Al- 
kali’s  mit  neuen  durch  die  Zersetzung  des  Catechins  gebildeten  Säuren; 
die  eine  nennt  er  Japonsäure , die  andere  Rubinsäure. 

Die  Japonsäure  erhält  man  nach  Svanberg,  wenn  man  Catechin  in 
überschüssiger  Kalilauge  auflöst,  die  Auflösung  an  der  Luft  mehrere  Tage 
in  gelinder  Wärme  stehen  läfst,  sodann  mit  Essigsäure  übersättigt  und  zur 
Trockne  abdampft.  Der  troekne  Rückstand  enthält  saures  japonsaures  Kali, 
von  schwarzer  Farbe  und  essigsaures  Kali,  welches  letztere  durch  Wa- 
schen mit  Weingeist  entfernt  wird.  Das  in  Alkohol  unlösliche  saure  japon- 
saure  Kal)  löst  man  in  heifsern  Wasser  und  fällt  die  Japonsäure  aus  dieser 
Lösung  durch  Zusatz  von  Salzsäure. 

In  trocknem  Zustande  stellt  die  Japonsäure  ein  schwarzes  Pulver  dar, 
frisch  niedergeschlagen  -und  feucht  löst  sie  sich  in  heifsern  Wasser  und 
setzt  sich  daraus  in  schwarzen  Körnern  nach  dem  Erkalten  wieder  ab; 
sie  löst  sich  in  Alkalien , ohne  damit  kristallisirbare  Salze  zu  bilden.  Die 
Salze  der  Erden  und  schweren  Metalloxide  werden  von  japonsauren  Al- 
kalien gefällt.  Nach  der  Analyse  von  Svanberg  wird  die  Zusammensetzung 
der  Japonsäure  durch  die  Formel  C12  ö8  ö4  -4-  aq  , die  ihrer  unlöslichen 
sauren  Silberverbindung  durch  die  Formel  C24  H16  08  -1-  AgO  ausgedrückt; 
hiernach  würden  2 At.  Säure  2 At.  Wasser  verlieren,  indem  sie  sich  mit 
einem  Atom  Silberoxid  verbinden. 

Durch  Anwenduug  von  kohlensaurem  Kali  erhält  man  aus  dem  Cate- 
chin die  Rubinsäure  auf  einem  dem  so  eben  beschriebenen  ganz  gleichen 
Wege.  Von  ihren  Eigenschaften  ist  nichts  bekannt;  sie  bildet  ein  saures 
im  Weingeist  unlösliches  Kalisalz  von  rother  Farbe,  welches  Erd-  und 
Metallsalze  roth  niederschlägt.  Die  Zusammensetzung  der  freien  Säure , 
deren  Eigenschaften  mit  denen  der  Japonsäure  bis  auf  die  Farbe  überein- 
stimmen, ist  die  nemliche  wie  die  der  Japonsäure;  der  Aualyse  der  Silber- 
oxidverbiudung  nach  ist  ihre  Formel  im  wasserfreien  Zustande  Ci8  H12  09. 
Die  Bildung  dieser  Produkte  ist  bis  jetzt  unerklärt. 

Nach  einer  Angabe  von  Pelouze  zieht  Aetber  aus  dem  trocknen  Ca- 
techu  eine  Gerbsäure  aus,  die  nach  der  Formel  CJ8  H18  08  zusammenge- 
setzt ist.  Es  bleibt  einer  näheren  Untersuchung  Vorbehalten , zu  entschei- 
den, ob  diese  Materie  identisch  mit  dem  Catechin  ist,  von  dem  sie  in 
Hinsicht  auf  die  Zusammensetzung  abweicht. 


Citrousaure. 


865 


Citr onsäur e ( Acidum  citricum). 

Breibasische  Säure. 

A.  Formel  der  Säure  in  dem  Silbersalz:  C12  H10  On  zr:  Ci. 

B.  Formel  der  bei  100°  getrockneten  Säure  D : CJ2  H10  Ou  -f-  3Ha0  m 

Ci  -f*  3jtq, 

C.  Formel  der  durch  Abkühlung  kristallis.  Säure:  C12H10  -j-  3H20 , aq. 

B.  Formel  der  bei  16°  durch  Verdunsten  kristallisirten  Säure:  C13  H10  Oa 

H S—  3H20  — J—  3aq  i— . Ci  -4—  5nq. 

Entdeckt  1784  von  Scheele.  Sie  ist  fertig  gebildet  in  dem  Saft  von 
Citrus  medica , Aurantium , Prunus  Padus,  Vaccinium  Vitis  Tdaea  und 
Oxicoccos , Rosa  canina , Sotanum  dulcamnra , Ribes  Grossularia  und 
rubrum,  Vaccinium  Myrtillus , Crataegus  Aria , Prunus  Cerasus,  Fra- 
garia  vesca,  Rubus  idaeus , Chamaemorus , Aconitum  lycoctonum , Capsi- 
cum annuum , Asarum  europaeum , Helianthus  tuberosus , AUium  Cepa , 
Isatis  tinctoria  u.  s.  w.  enrhalten. 

§.  156.  Darstellung : Aus  dem  citronsauren  Kalk  mit 
verdünnter  Schwefelsäure.  Man  nimmt  gewöhnlich  ein  dem  Gewicht 
der  Kreide,  welche  zur  Darstellung  des  citronsauren  Kalks  aus  Citronsaft 
oder  aus  Johaonisheerensaft  gedient  hat,  gleiches  Gewicht  Schwefelsäure- 
hydrat, das  man  mit  5 Th.  Wasser  verdünnt;  der  citronsaure  Kalk  wird 
mit  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei  angerührt  und  die  Schwefelsäure  lang- 
sam hinzugegossen.  Durch  gelinde  Erwärmung  wird  die  Zersetzung  be- 
schleunigt, ein  Gehalt  von  citronsaurem  Kalk  erschwert  die  Kristallisation 
der  Citronsaure,  ein  kleiner  Ueberschufs  von  Schwefelsäure  erleichtert  sie. 
Der  gebildete  Gyps  wird  von  der  Flüssigkeit  getrennt  und 
diese  bei  gelinder  Wanne  zur  Kristallisation,  anfänglich  in 
Gefäfsen  von  Blei  über  freiem  Feuer,  zuletzt  im  Wasserbade* 
abgedampft.  Die  erhaltenen  Kristalle  werden  durch  Behand- 
lung mit  Kohle  und  neue  Kristallisationen  farblos  erhalten. 

15?.  Eigenschaften : Farblose,  regelmäfsige,  durch- 
sichtige, rhombische,  durch  1-  Flächen  zugespitzie  Prismen 
von  sehr  saurem,  angenehmen  Geschmack;  leicht  löslich  in 
ihrem  gleichen  Gewicht  Wasser  zu  einer  syrupdicken  Flüssig- 
keit. Beim  ruhigen  Stehen  und  Verdampfen  der  kalt  gesättig- 
ten concentrirten  Auflösung  bilden  sich  darin  regelmäfsige  Kri- 
stalle, weiche  bei  100°  9,-1  p.  c.  (=2  At.)  Wasser  verlieren 
und  nach  der  Formel  Ci,  5aq  zusammengesetzt  sind.  Aus 
einer  bei  106°  gesättigten  Auflösung  erhält  man  beim  Abküh- 
len  Kristalle,  welche  bei  160°  nichts  am  Gewichte  verlieren 
und  ihre  Durchsichtigkeit  behalten,  ihre  Formel  ist  Ci,  4aq. 
Die  verdünnte  wässerige  Auflösung  zersetzt  sich  nach  und 
nach  unter  Schimmelbifdung,  sie  wird  zu  Essigsäure,  wenn 
sie  einige  Wochen  mit  Weingeist  digerirt  wird.  ( Bergmann.) 

Die  Kristalle  der  Säure  D schmelzen  in  der  Wärme  unter  Wasser- 
verlust.  Die  Kristalle  der  Säure  C schmelzen  bei  130°  ohne  an  Gewicht 
zu  verlieren,  über  150°  tritt  bei  beiden  Zersetzung  ein.  Wenn  man  die 
Schmelzung  in  dem  Augenblicke  unterbricht,  wo  man  neben  Wasserdäin- 
pfea  andere  flüchtige  Produkte  wahrnimmt,  so  bleibt  im  Rückstand  eine 
durchsichtige,  kaum  gelblich  gefärbte  Masse,  die  an  der  Luft  Feuchtigkeit 
anzieht;  sie  ist  bei  diesem  Zeitpunkte  in  ein  Gemenge  von  Aconitsäure 
und  Citronsaure  verwandelt.  Bei  steigender  Temperatur  tritt  Zersetzuog 


866 


Citronsäure. 


ein,  es  entwickelt  sich  Kohlenoxidgas,  Kohlensäure,  Aceton,  Essigsäure 
und  zwei  Pyregeusäuren ; es  bleibt  bei  rascher  Destillation  nur  eine 
Spur  kohliger  Materie  im  Rückstand  , bei  langsamer  Destillation  bleibt  ge- 
gen Ende  eine  rothbraune,  durchsichtige,  pechartige  Masse,  von  dem  I 
Ansehen  der  Aloe,  zuletzt  eine  voluminöse  Kohle. 

Mischt  man  1 Th.  kristallisirte  Säure  mit  4 Th.  Schwefelsäurehydrat, 
so  entwickelt  sich  bei  gelinder  Wärme  eine  reichliche  Menge  Kohlenoxid- 
gas, setzt  mau  später  Wasser  zu  und  unterwirft  die  Mischung  der  Destil- 
lation, so  erhält  man  Essigsäure.  Die  bei  100°  getrocknete  Citronsäure  | 
enthält  in  1 At.  die  Elemente  von  2 At.  Kohlenoxid,  2 At.  Kohlensäure 
und  2 At.  Essigsäurehydrat. 

C*  04  = Kohlensäure. 

Ca  02  Kohlenoxid. 

C8  Hn  06  ~ 2 At.  Essigsäure. 

H4  Oa  = 2 At.  Wasser 

1 At.  Citronsäure  CI2  H16  014  rz:  Cia  Hi0  On  -f-  3aq. 

Beim  Schmelzen  mit  einem  Ueberschufs  von  Kalihydrat  zerlegt  sie  sich  in 
Kleesäure  und  Essigsäure.  1 At.  Citronsäure  enthält  die  Elemente  von 
2 At.  Essigsäure,  2 At.  Kleesäure  und  2 At.  Wasser. 

C8  H12  06  =2  At.  Essigsäure. 

C4  06  ~ 2 At.  Kleesäure. 

H4  O,  z=z  2 At.  Wasser. 

1 At.  krist.  Citronsäure  = Cia  H16  0I4  =E  C12  H10  ()„  -+-  3aq. 

Die  Auflösung  der  Säure  reducirt  Goldchlorid  ohne  Gasentwickelung,  mit 
Manganhyperoxid  erwärmt  entwickelt  sich  reichlich  Kohlensäure  und  Es- 
sigsäure ; mit  Quecksilberoxid  erwärmt  entsteht  unter  lebhaftem  Auf  brau- 
sen eine  weifse  feste  Masse,  welche  nach  Vauquelin  Essigsäure  enthält. 

Die  Citronsäure  mufs  sich  ohne  Rückstand  in  Alkohol  ;lösen  und  darf 
in  Kalkwasser  keinen  Niederschlag  hervorbringen.  Kalkwasser  mit  einigen 
Tropfen  Citronsäure  versetzt,  giebt  damit  eine  klare  Flüssigkeit,  die  sich  > 
beim  Erhitzen  trübt  und  ein  weifses  in  Säuren  ohne  Aufbrausen  lösliches 
Pulver  absetzt. 


Citronsäure  Salze. 

Die  Citronsäure  bildet  mit  den  Basen  neutrale  und  basische  Salze.  Die 
Formel  der  neutralen  dreibasischen  Salze  ist: 

Ci  H-  3MO  -h  aq 

sie  sind  hiernach  der  Säure  C analog  zusammengesetzt,  indem  darin  das 
Hydratwasser  vertreten  ist  durch  1 Aeq.  Metalloxid  sie  enthalten  noch 
1 Aeq.  Wasser,  was  sie  bei  gewöhnlicher  (Silbersalz)  oder  in  höherer 
Temperatur  verlieren ; ihre  Zusammensetzung  ist  alsdann  analog  der  Säure  B. 

Ci  -1-  3MO. 

In  den  basischen  citronsauren  Salzen  ist  das  Kristall wasser  der  vorher- 
gehenden Salze  ersetzt  durch  1 Aeq.  Metalloxid, 

Ci  -+-  3MO  -1-  MO 

oder  sie  enthalten  aufser  1 Aeq.  Basis,  was  das  Kristall  wasser  in  der 
Säure  C vertritt,  noch  1 At.  Kristallwasser,  und  sie  besitzen  in  diesem 
Fall  eine  der  Säure  D ähnliche  Zusammensetzung, 

Ci  -h  3MO  H-  MO  / 

H20  5 

Von  zweibasischen  citronsauren  Salzen  ist  nur  das  ßleisalz  unter- 
sucht, in  diesem  Salz  sind  nur  2 At.  Hydratwasser  der  Säure  D ersetzt. 

Die  citronsauren  Salze  entwickeln  beim  Erhitzen  unter  Äufschäumen 
und  Schwärzung  eine  saure  Flüssigkeit. 


Ci  trollsaures  Natron. 


867 


Wenn  mau  ein  trocknes  citronsaures  Salz,  Ci  -f-  3MO,  durch  eine 
Auflösung  von  Chlorwasserstoffsäure  in  Alkohol  zersetzt,  in  der  Art  also, 
dafs  der  sich  abscheidenden  Säure  nur  3 At.  auf  Kosten  des  Sauerstoffs  des 
Metalloxids  und  des  Wasserstoffs  der  Chlorvvasserstoffsäure  gebildeten  Was- 
sers riargeboten  werden,  so  zerlegt  sie  sich  in  Aconitsäurehydrat  und  in 
die  Säure  C,  neinlich  das  Citronsäurehydrat,  was  1 At.  Kristallwasser 
enthält.  CBerzelius.J  Nemlich: 

in  3 At.  Aconitsäurehydrat  C12  H12  012  m 3(C4  H2  03  -f-  aq) 
und  2 At.  Citronsäurehydrat  C24  H36  030  2(CI2H10Q11  -j- 3H20 -f- aq) 

C36  H48  042  = 3(C12  H10  On  -+-  3aq) 

Dies  ist  die  nemliche  Zersetzung,  die  sie  in  höheren  Temperaturen  durch 
Wasserverlust  erfährt. 

Citronsaures  Ammoniak  ist  ein  sehr  lösliches  kristallisirbares  Salz ; 
es  ist  nicht  untersucht. 

Citronsaures  Aethyloxid . 

Formel:  Ci,  3AeO  fDumas^)  Zuerst  dargestellt  von  Thenard. 

Darstellung : Malaguti  giebt  folgende  Vorschrift  zu  seiner  Darstellung: 
90  Th.  kristallisirte  Citronsäure,  110  Alkohol  von  0,814  spec.  Gewicht 
und  50  Th.  Schwefelsäurehydrat  werden  mit  einander  gemischt  und  so- 
lange in  einer  Retorte  erwärmt,  bis  Aethyloxid  uberzugehen  anfängt;  bei 
diesem  Zeitpunkt  mischt  njan  den  Rückstand  mit  Wasser,  wo  citronsaures 
Aethyloxid  in  Gestalt  eines  ölartigen  Körpers  zu  Boden  fällt;  durch  Wa- 
schen mit  Wasser  wird  er  von  der  freien  Säure,  durch  Auflösung  in  Al- 
kohol und  Behandlung  mit  Blutkohle  von  färbenden  Materien  befreit.  Aus 
der  Auflösung  in  Alkohol  bleibt  er  nach  dem  Verdunsten  rein  zurück. 

Eigenschaften:  Oelartige  Flüssigkeit  von  schwachem,  dem  Olivenöl 
ähnlichen  Geruch  und  unangenehm  bitterem  Geschmack,  von  1,142  spee. 
Gewicht,  färbt  sich  bei  270°,  kommt  bei  283°  ins  Sieden,  wobei  ein 
grofser  Th  eil  zersetzt  wird ; neben  unzersetztem  citronsaurem  Aethyloxid 
geht  hierbei  ein  brauner  ölartiger  Körper  (Pyrocitrousäure),  Alkohol  und 
brennbare  Gase  über,  im  Rückstand  bleibt  Kohle.  Durch  kaustische  Kali- 
und  Natronlauge  wird  er  in  citronsäure  Alkalien  und  Alkohol  zersetzt; 
durch  Chlorgas  und  Brom  erleidet  er  keine  merkliche  Veränderung,  lod 
scheint  eine  chemische  Verbindung  damit  einzugehen.  In  der  Kälte  lösen 
Schwefelsäurehydrat,  Salpetersäure  und  Salzsäure  das  citronsäure  Aethyl- 
oxid auf,  durch  Zusatz  von  Wasser  wird  es  ohne  Veränderung  wieder  ge- 
fällt, beim  Erwärmen  der  Auflösungen  tritt  Zersetzung  ein. 

Einbasisches  oder  zweibasisches  citronsaures  Aethyloxid , d.  h.  ein  so- 
genanntes saures  Salz  ist  nicht  bekannt. 

Citronsaures  Methyloxid , Glyceryloxid  etc.  sind  nicht  bekannt. 

Citronsaures  Kali. 

Formel:  Ci,  3KO;  Ci,  ; Ci,  Diese  Salze  sind  nicht 

untersucht,  man  weifs  nur,  dafs  sie  leichtlöslich  und  schwierig  kristalli- 
sirbar  sind. 

Citronsaures  Natron. 

Formel  des  dreibasischen  Salzes:  Ci,  3NaO,  11  aq  fBerzelius ).  — 
Dieses  Salz  kristallisirt  beim  freiwilligen  Verdampfen  an  der  Luft  in  gro- 
fsen,  regelmäl’sigen , an  der  Luft  unveränderlichen  Kristallen,  welche  tt 
At.  Kristallwasser  enthalten;  bei  100°  verlieren  sie  17%  P-  c.,  nemlich 
7 At.  Wasser,  es  bleibt  Ci,  3NaO,  4aq.  Die  Citronsäure  und  das  Kri- 


868 


Citronsäure. 


staUwasser  dieses  Salzes  enthalten  beide  eine  gleiche  Anzahl  von  Sauer- 
stoffarmen. Bei  190  — 200°  werden  die  vier  letzten  Atome  Wasser  aus- 
getrieben. Meistens  verwandelt  sich  hierbei  eine  kleine  Quantität  dieses 
Salzes  in  acouitsaures  Natron,  bei  230°  wird  es  gelb.  In  Alkohol  ist  die- 
ses Salz  unlöslich. 

Zweibasisches  citronsaures  Natron  ; Ci,  | — Dieses  Salz  erhält 

mau  durch  freiwilliges  Verdunsten  einer  Auflösung  des  dreibasischeö  Sal- 
zes, der  man  halb  so  viel  Citronsäure  zugesetzt  hat,  als  es  bereits  ent- 
hält. Die  Flüssigkeit  erstarrt  zuletzt  zu  einem  Haufwerke  von  feinen 
prismatischen  Kristallen  von  angenehm  säuerlichem  Geschmack. 

Einbasisches  citronsaures  Natron;  Ci,  — Seim  Abdampfen 

einer  Auflösung  des  dreibasischen  Natronsalzes , der  man  noch  einmal  so 
viel  Citronsäure  zugesetzt  hat,  als  sie  enthält,  erhält  man  eine  klare, 
dem  Gummi  ähnliche,  nicht  kristallinische  Masse,  welche  in  der  Wärme 
kristallinisch  wird.  Dieses  Salz  verändert  sich  nicht  an  der  Luft  und  löst 
sich  in  kochendem  Alkohol  in  geringer  Menge,  aus  der  erkalteten  gesät- 
tigten Auflösung  setzt  es  sich  in  kristallinischen  Körnern  ab. 

Citronsaurer  Baryt.  Formel:  Ci,  3BaO,  7aq  (^ersefta.s').  — Wird 
eine  Lösung  von  citronsaurem  Natron  iu  eine  Auflösung  von  Chlorbarium 
getropft,  so  erhält  mau  ein  weifses  Pulver  von  der  angegebenen  Zusam- 
mensetzung; bei  150°  verliert  es  im  Ganzen  6 Atome  Wasser,  es  bleibt 
citronsaurer  Baryt  mit  1 At.  Wasser  Ci,3BaO,aq.  Dieses  letzte  Atom 
Wasser  wird  durch  eine  Temperatur  von  190°  vollständig  ausgetriebeo. 

Vermischt  man  eine  siedendheifse  Auflösung  von  Chlorbarium  und  freier 
Citronsäure  mit  einer  heifsen  Auflösung  von  citronsaurem  Natron  solange 
der  entstandene  Niederschlag  wieder  aufgelöst  wird  und  läfst  nun  die  Flüs- 
sigkeit erkalten,  so  setzt  sich  ein  leichtes  kristallinisches  Pulver  ab,  was 

nach  der  Formel  2Ci,  -h  7aq  zusammengesetzt  ist  und  das  als 

eine  Doppelvcrbindung  von  1 Atom  kristallisirtem  dreibasischen  citronsau- 
ren  Baryt  Ci,  38aO,  7aq  mit  1 Atom  zweibasischem  Salz  Ci,  H ^ £ 

angesehen  werden  muPs.  Das  nemliche  Salz  bildet  sich  beim  Abdampfen 
einer  mit  Citronsäure  übersättigten  heifsen  Lösung  von  essigsaurem  Baryt. 


Citronsaurer  Kalk;  Ci,3CaO,4aq  (BerzeliusJ.  — Dieses  Salz  ent- 
steht durch  Vermischen  einer  Auflösung  von  Chiorcalciuin  mit  citronsaurem 
Natron  in  Gestalt  eines  weifsen  Niederschlags,  der  bei  100°  3 At.  Wasser 
in  höherer  Temperatur  den  letzten  Atom  verliert.  Der  Niederschlag,  der 
.sich  beim  Erhitzen  von  Citronsäure  mit  überschüssigem  Kalkwasser  bildet. 


ist  ein  basisches  Salz  und  nach  der  Formel  Ci,  3CaO 


CaO  > 

aqj. 


zusam- 


mengesetzt, bei  100°  verliert  es  1 Atom  Wasser  und  wird  zu  Ci,  3CaO, 
CaO.  Beide  Niederschläge  lösen  sich  io  einem  Ueberschufs  von  Säure  auf, 
die  Auflösung  giebfc  bei  vollständiger  Sättigung  nach  dem  Erkalten  blät- 
terige Kristalle,  die  beim  Waschen  Säure  verlieren  uud  basisches  Salz 
zurücklassen. 

Durch  Sättigung  von  Citrousaft  mit  kohlensaurem  Kalk  erhäU  man  ein 
Gemenge  des  neutralen  und  basischen  Salzes  in  unreinem  Zustande;  es 
wird  in  Sicilien  und  Frankreich  benutzt  zur  Darstellung  der  Citronsäure. 
Zu  diesem  Zwecke  wird  der  Saft  von  gewöhulich  gefaulten  oder  in  Fäul- 
nifs  begriffenen  Citronen  sich  selbst  überlasseu,  wo  er  bald  in  Gähruug 
gerath  und  vollkommen  klar  wird.  Er  wird  von  dem  schleimigen  Bodeu- 
satz  durch  Fiitriren  getrennt  uud  in  der  Warme  mit  Kreide  zuletzt  mit 
Kalkmilch  gesättigt.  Der  erhaltene  Niederschlag  wird  mit  heifsem  Wasser 
so  lange  behandelt  als  dieses  noch  gefärbt  wird.  Wenn  dieses  Auswaschen 


869 


Citron saures  Bleioxid,  -Silberoxid. 

nicht  mit.  grober  Sorgfalt  geschieht,  so  erhält  man  daraus  durch  Zer- 
setzung mit  Schwefelsäure  eine  gefärbte  Citronsäure  , die  nur  mit  Schwie- 
rigkeit kristallisirt. 

Tillay  wendet  mit  Yortheil  den  Saft  der  Johannisbeeren  zur  Darstel- 
lung des  citronsaureu  Kalkes  au;  er  wird  der  Cährung  überlasseu  , der 
Alkohol  abdestiliirt  uod  die  rückständige  Flüssigkeit  wie  Citronsaft  behan- 
delt. 100  Th.  Johannisbeeren  liefern  10  Th.  Alkohol  von  20°  B.  und  1 Th. 
Citronsäure. 

Talkerde,  Thunerde  und  Manganoxidul  bilden  mit  der  Citronsäure 
ein  unlösliches  neutrales  und  ein  lösliches  sauer  reagirendes  Salz. 

Citrunsaures  Eisenoxidul  ist  kristalüsirbar,  schwerlöslich,  wird  durch 
kaustisches  Kali  nicht  gefällt  und  löst  sich  in  citronsaurem  Natron  auf. 
Das  Eiseuoxidsalz  ist  löslich  mit  brauner  Farbe. 

Citrunsaures  Zinkoxid  ist  schwerlöslich. 

Breibasisches  citrunsaures  Bleioxid,  Ci,  3PbO,aq,  entsteht,  wenn 
eine  Auflösung  von  citronsaurem  Natron  mit  überschüssigem  essigsaurem 
Bleioxid  gemischt  und  der  erhaltene  Niederschlag  mit  Alkohol  ausgewa- 
schen wird.  Man  erhält  ein  weiises  Pulver,  was  sich  beim  Waschen  mit 
Wasser  in  zweibasisches  Salz,  das  sich  auflöst,  und  in  uberbasisches  ci- 
troosaures  Bleioxid  zersetzt  , was  unauflöslich  zurückbleibt;  es  ist  in  Am- 
moniak löslich. 

Zw  eibasisches  citrunsaures  Bleioxid,  Ci,  | -f-  2aq.  Giefst  mau 

eine  heifse  Auflösung  von  essigsaurem  Bleioxid  in  eine  gleichfalls  heifse 
Lösung  von  Citronsäure,  so  löst  sich  der  anfänglich  gebildete  Niederschlag 
nach  und  nach  wieder  auf  und  man  erhält  beim  Erkalten  der  Flüssigkeit 
dieses  Salz  in  Körnern.  Es  enthält  2 At.  Wasser,  welche  bei  110°  nicht 
ausgetrieben  werden.  Es  zerlegt  sich  beim  Waschen  mit  Wasser.  Wenn 
man  umgekehrt  Citronsäure  zu  einer  Lösung  von  essigsaurem  Bleioxid 
bringt,  so  entsteht  ein  überbasisches  Salz. 

U eberbasisches  citrunsaures  Bleioxid,  Ci,  6PbO.  Bei  Digestion  eines 
der  beschriebenen  Bleisalze  mit  einem  Ueberschufs  von  basisch  essigsau- 
rem Bleioxid  entsteht  dieses  Salz;  es  ist  ein  weifses  in  Wasser  unlösliches 
Pulver. 

Uebergiefst  man  dreibasisches  citronsaures  Bleioxid  mit  weniger  Am- 
moniak, als  zu  seiner  völligen  Auflösung  erforderlich  ist,  so  bleibt  ein 
citronsaures  Bleioxid,  welches  auf  1 Atom  Säure  4 At.  Bleioxid  enthält, 

Ci,  3PbO, 

Ueberbasisches  citronsaures  Kupferoxid , Ci,  4CuO.  Eine  Auflösung 
von  essigsaurem  Kupfefoxid,  der  man  Citronsäure  zugesetzt  hat,  trübt 
sich  beim  Erhitzen,  es  fällt  ein  grünes  kristallinisches  Pulver  nieder,  wel- 
ches beim  Erhitzen  unter  Wasserverlust  hellblau  wird. 

Citronsaures  Silberoxid;  Ci,  8AgO,  aq.  — Durch  Fällung  eines 
löslichen  Silbersalzes  mit  einem  cifronsauren  Salz  erhält  man  einen  blen- 
dend weifsen  , pulverigen  Niederschlag,  welcher  unter  1 6°  gewaschen  und 
getrocknet  1 Atom  Wasser  enthält,  was  es  bei  20 — 25°  schon  verliert. 
Mit  einem  glühenden  Körper  berührt  verbrennt  das  Salz  unter  Rücklas- 
sung  von  kohlehaltigem  Silber  mit  einer  schwachen  Verpuffung. 

Citronsaures  Antimonoxid-Kali ; Ci,  Sb20s  -f*  Ci,  3KO  H-  5aq  (Thau- 
low ).  Blendend  weifse  prismatische  Kristalle,  hart  und  leicht  in  Pulver  zu 
verwandeln;  sie  verlieren  bei  190°  ihr  Kristall  wasser. 


870 


Pyrocitron  säure. 


Zersetzungsprodukte  der  Citronsäure  durch  Wärme. 

Wenn  inan  kristallisirte  Citronsäure  über  ihren  Schmelzpunkt  hinaus 
erhitzt , so  verliert  sie  eine  Zeitlang  Wasser,  ohne  dais  sich  brenzliche 
Produkte  bilden.  Wenn  man  die  Schmelzung  in  der  Periode  unterbricht, 
wo  man  die  Erzeugung  von  gasförmigen  oder  sauren  flüchtigen  Produkten 
bemerkt,  so  bleibt  im  Rückstände  eine  gelbliche  nichtkristallinische  Masse, 
welche  nach  Dahlström  und  Berzelius  identisch  in  ihrer  Zusammensetzung 
und  ihrem  Verhalten  mit  einer  in  dem  Aconitum  napellus  verkommenden 
Säure  ist,  welche  davon  den  Namen  Aconitsäure  erhielt.  Obwohl  diese 
Identität  bis  jetzt  nicht  mit  Gewifsheit  dargethan  ist,  so  soll  nichtsdesto- 
weniger die  Aconitsäure  in  dem  Folgenden  beschrieben  werden. 

Wenn  man  kristallisirte  Citronsäure  bei  sehr  raschem  Feuer  der  trock- 
nen Destillatiou  unterwirft,  so  färbt  sich  der  Rückstand  dunkler,  zuletzt 
braunschwarz;  unterbricht  man  die  Destillation,  wenn  derselbe  pechartig 
geworden  ist  und  man  das  Uebergehen  von  braun  gefärbten  Dämpfen  be- 
merkt, so  hat  man  in  der  Vorlage  zwei  Flüssigkeiten,  eine  schwere,  öl- 
artige, schwach  gelblich  gefärbte,  und  eine  darüber  schwimmende  farb- 
lose; beide  sind  äusserst  sauer  und  von  ätzendem  Geschmack;  die  obere 
leichtere  läfst  sich  mit  Wasser  mischen,  die  andere  ölartige  sinkt  im  Was- 
ser zu  Boden.  Mischt  man  die  obere,  leichtere,  mit  ihrem  lOfachen  Vo- 
lum Wasser  und  iiberläfst  sie  dem  Verdampfen  an  der  Luft,  so  setzen 
sich  daraus  rhombische  Octaeder  oder  rhombische  Prismen  mit  aufgesetzten 
Octaederflächen  ab,  welche  in  allen  ihren  Eigenschaften  identisch  sind  mit 
der  von  Baup  unter  dem  Namen  Citricicsäure  beschriebenen  Verbindung. 

Die  ölartige  Materie  löst  sich  ohne  Rückstand  in  heifsem  Wasser  und 
diese  Auflösung  giebt  beim  Erkalten  oder  Verdampfen  an  der  Luft  Kristalle 
von  anderer  Form  wie  die  so  eben  erwähnten ; die  ölartige  Substanz  ist 
nach  Robiquet’s  Analyse  wasserfreie  Pyrocitronsäure. 

Bei  sehr  langsam  geleiteter  Destillation  von  150  — 175°  setzen  sich 
bei  150°  in  dem  obern  Theile  der  Retorte  weilse  kristallinische  Nadeln  an, 
bei  175°  erscheinen  farblose  oder  gelbliche  Tropfen  von  einer  geringen 
Menge  wässeriger  Produkte  begleitet,  bei  210  — 240°  geht  eine  ölartige, 
sehr  saure,  mit  Wasser  mischbare  Flüssigkeit  über,  bei  270°  bläht  sich 
der  Rückstand  auf,  es  erscheinen  dunkelgelb  gefärbte  Dämpfe  und  als 
letztes  Produkt  erhält  man  eine  gelbe  Substanz  von  weicher,  gleichsam 
fettartiger  Consistenz.  Das  spec.  Gewicht  der  übergehenden  flüssigen  Pro- 
dukte nimmt  mit  der  Dauer  der  Destillation  zu,  das  ölartige  Produkt,  was 
sich  von  der  sauren  Flüssigkeit,  ohne  sich  damit  zu  mischen,  in  Gestalt 
eines  schweren,  dunkel  gefärbten  Oeles  trennt,  besitzt  ein  spec.  Gewicht 
von  1,242  bis  1,300.  Während  der  ganzen  Dauer  der  Destillation  ent- 
wickelt sich  ein  Gemenge  von  Gasarten,  welche  aus  Kohlensäuregas, 
Kohlenoxidgas  und  Aceton  bestehen.  (Robiquet .) 

Die  sauren  wässerigen  Flüssigkeiten  enthalten  zwei  in  ihren  Eigen- 
schaften verschiedene,  in  ihrer  Zusammensetzung  hingegen  gleiche  Pyro- 
gensäuren. 

Wenn  man  das  bei  möglichst  rascher  Destillation  erhaltene  flüssige 
Produkt  mit  vielem  Wasser  vermischt  und  einige  Zeit  ruhig  stehen  läfst, 
so  erhält  man  anfänglich  beim  Verdampfen  Kristalle,  die  sich  in  17  Th.  Was- 
ser bei  10°  lösen.  Später  erhält  man  die  andere  Pyrogensäure.  Werden 
aber  die  flüssigen  Produkte  dieser  Destillation  sich  selbst  überlassen,  so 
erstarrt  die  ganze  Flüssigkeit  nach  und  nach  zu  einer  festen  Kristälimasse, 
welche  sich  viel  leichter  in  kaltem  Wasser  löst  und  stets  eine  schmierige 
Beschaffenheit  behält. 

Es  ist  nun  evident,  dafs  die  Destillationsprodukte  der  Citronsäure  keine 
Pyrocitronsäure  enthalten,  sondern  eine  Materie,  aus  der  sich  diese  Säure 
durch  Wasseraufnahme  bildet.  Der  Wassergehalt  dieser  Produkte  reicht 
nemlich  bei  weitem  nicht  hin,  um  die  kristallisirte  Säure,  welche  daraus 
nach  Wasserzusatz  erhalten  wird,  bei  gewöhnlicher  Temperatur  aufgelöst 


Aoo  nitsäure. 


871 


zu  erhalten;  demohngeachtet  behalten  sie  lange  Zeit  hindurch  ihre  flüssige 
Beschaffenheit,  und  da  eins  derselben  ganz  die  Zusammensetzung  der  was- 
serfreien Pyrocitronsäure  besitzt,  so  ist  es  möglich,  dafs  die  leicht  lös- 
lichen Krisialle  sich  nur  durch  einen  verschiedenen  Hydratzustand  von  der 
Acide  citricique  des  Hrn.  Baup  unterscheiden.  Es  ist  übrigens  denkbar, 
dafs  die  Verschiedenheit  der  erhaltenen  Destillationsprodukte  abhängig  ist 
von  dem  Zustande  der  Säure,  die  man  der  Destillation  unterworfen  hat. 
Man  weifs,  dafs  irn  Handel  zwei  Arten  von  kristallisirter  Citronsäure  Vor- 
kommen. Die  eine  davon  enthält  4 Atome  Wasser  und  verliert  bei  100° 
nichts  an  ihrem  Gewichte,  die  andere  enthält  5 Atome  und  verliert  bei 
100°  2 Atome  Wasser.  In  diesen  beiden  Hydratzuständen  besitzt  die  Ci- 
tronsäure offenbar  eine  verschiedene  Constitution ; denn  es  läfst  sich  we- 
nigstens nicht  erklären,  warum  die  Säure  mit  4 Atomen  Wasser  das  vierte 
Atom  Wasser  unter  denselben  Umständen  nicht  verliert,  in  welchen  es 
die  andere  mit  so  grofser  Leichtigkeit  abgiebt.  Dieser  Gegenstand  bedarf 
jedenfalls  einer  neuen  und  gründlichen  Untersuchung. 

Die  Kristallform  der  löslicheren  Modifikation  der  Pyrocitronsäure  ist 
unbekannt,  nach  Baup  löst  sich  1 Theil  in  0,48  Wasser;  die  Salze,  wel- 
che diese  Säure  bildet,  sind  verschieden  von  einander,  oft  durch  ihre 
Zusammensetzung,  immer  durch  ihre  Kristallform  und  ihre  andern  Eigen- 
schaften ; sie  giebt  mit  Ammoniak  ein  saures  Salz , welches  stets  nur  2 
Aeq.  Wasser  enthalt;  mit  Kali  bildet  sie  ein  doppelt  und  ein  vierfach  sau- 
res Salz,  und  mit  Silberoxid  bildet  sie  eine  Verbindung,  welche  mit  l At. 
Wasser  kristallisirt,  ein,  wie  Baup  bemerkt,  bei  den  Silbersalzen  höchst 
seltner  Fall.  Wenn  aber  aus  der  Analyse  ihrer  andern  Salze  sich  her- 
ausstellen  sollte,  dafs  dieses  Silbersalz  die  wasserfreie  Verbindung  der 
Säure  ist,  so  würde  daraus  hervorgehen,  dafs  die  Zusammensetzung  die- 
ser Säure  durch  die  Formel  C10  H6  04  -h  aq  ausgedrückt  werden  mufs. 
Alle  diese  Angaben  sind  einer  Notiz  von  Baup  (Biblioth.  univ.  B.  32.  aoüt 
1838)  entnommen. 


Aconitsäure. 

Formel : C4  H2  03  + aq.  Symb. : At. 

Diese  Säure  ist  von  Peschier  in  dem  Aconitum  napellus  entdeckt 
worden ; ihre  Analyse  so  wie  die  Kenntnifs  der  Zusammensetzung  ihrer 
Salze  verdankt  man  L.  A.  Büchner  (Sohn).  Die  Aconitsäure  scheint  iden- 
tisch mit  der  in  dem  Equisetum  fluviatile , limosum  etc.  vorkommenden 
Säure  zu  seyn,  welche  darin  von  Braconnot  zuerst  beobachtet  und  von 
Megnault  näher  untersucht  worden  ist. 

Die  Aconitsäure  entsteht  nach  Berzelius  und  Dahlström  durch  gelindes 
I Schmelzen  der  Citronsäure  bis  zum  Erscheinen  von  brenzlichen  Produk- 
I ton  ; sie  bildet  sich  ferner,  wenn  wasserfreie  citronsäure  Salze  durch  eine 
Auflösung  von  Chlorwasserstoffsäure  in  Alkohol  zersetzt  werden.  (Siehe 
citronsäure  Salze.) 

Dar  Stellung  aus  dem  Aconitum  Napellus  nach  Büchner.  Man  vertheilt 
aconitsaures  Bleioxid  in  seinem  SOfachen  Gewichte  Wasser  und  leitet  so- 
lange Schwefelwasserstoff  durch  das  Gemenge,  bis  die  vollkommene  Zer- 
setzung erfolgt  und  freies  Schwefel  wasserstoffgas  bemerkbar  ist.  Man 
filtrirt  die  Flüssigkeit  von  dem  gebildeten  Schwefelblei  ab  und  dampft  sie 
bei  gelinder  Wärme  bis  zur  Syrupdicke  ein,  wo  sie  nach  einigen  Tagen 
zu  einer  kristallinischen  Masse  erstarrt.  Durch  Auflösung  in  Aether  und 
Verdampfen  au  der  Luft  wird  sie  gereinigt.  Auf  dieselbe  Weise  verfährt 
man  mit  dem  ßleisalz , welches  aus  dem  Safte  des  Equisetum  fluviatile 
oder  limosum  erhalten  wurde.  Bei  der  Behandlung  der  Säure  mit  Aether 
bleiben  acouitsaurer  Kalk  oder  Bittererde,  die  derselben  beigemischt  seyn 
können,  aufgelöst  zurück. 


872 


A c o n i t s ä u r e. 


Eigenschaften:  Aus  dem  Aconitum  napellus  dargestellt.  Weifse, 
warzig  kristallinische  Masse,  welche  beim  Abdämpfen  leicht  efflorescirt 
und  an  den  Wänden  in  die  Hohe  steigt;  sie  kann  nicht  in  regelmälsigen 
Kristallen  erhalten  werden,  sondern  bildet  stets  nur  ein  Haufwerk  von 
feinen  Kristallen;  sie  ist  luftbeständig , geruchlos,  leicht  im  Wasser  lös- 
lich, von  angenehm  saurem,  leicht  zusammenziehendem  Geschmack;  sie 
ist  in  Aether  und  Alkohol  leicht  löslich,  beim  Verdunsten  dieser  Auflösun- 
gen kristallisirt  sie  in  derben  Krusten  oder  zarten  Verästelungen , sie 
bräunt  sich  bei  130°,  schmilzt  bei  140°  und  kommt  ins  Sieden  bei  160°, 
die  schmelzende  Säure  ist  rothhraun  gefärbt;  lange  Zeit  im  Schmelzen  er- 
halten sublimireh  ölartige  Tropfen,  welche  kristallinisch  erstarren,  wäh- 
rend eine  braune  zähe  Masse  zurückbleibt  von  sehr  bitterem  Geschmack, 
welche  nicht  kristallisirbar  und  an  der  Luft  zerfliefslich  ist.  In  einer  Re- 
torte einer  raschen  Destillation  unterworfen,  destillirt  eine  hellgelbe  sauer- 
schmeckeode  Flüssigkeit  über,  begleitet  von  ölartigen  braunen  Tropfen 
von  scharfem  Geschmack  und  e tn py  r c u m a tis ehern  Geruch.  Durch  Verdam- 
pfen des  Destillats  erhält  man  daraus  kleine  kurze  Prismen  von  saurem 
Geschmack,  welche  mit  Bleioxid  ein  im  Wasser  schwer,  doch  leichter  als 
aconitsaures  Bleioxid , lösliches  Salz  geben. 

Die  von  Regnault  aus  dem  Equisttum  fliwiatile  dargestellte  Säure  be- 
sitzt die  nemlichen  Eigenschaften  wie  die  aus  dem  Aconitum  napellus , mit 
dem  einzigen  Unterschied,  dafs  sie  sich  vollkommen  ohne  Zersetzung  ver- 
flüchtigt, wenn  die  Hitze  gemäfsigt  erhalten  wird;  bei  höheren  Tempera- 
turen scheint  sie  dennoch  zersetzt  zu  werden.  Regnault  beschrieb  diese 
Säure  als  Maleinsäure,  mit  welcher  sie  eine  gleiche  Zusammensetzung 
besitzt;  allein  da  die  Maleinsäure  nicht  im  Schmelzen  erhalten  werden 
kann,  ohne  dals  sie  hierdurch  in  Fumarsäure  übergeht  und  diese  Ver- 
wandlung nicht  an  der  Equisetsäure  beobachtet  worden  ist,  so  fehlt  der 
Hauptbeweis  für  diese  Identität.  Die  durch  Schmelzen  der  Citronsäure 
erhaltene  Aconitsäure,  welche  Raup  Citridic säure  nennt,  kristallisirt 
»ach  diesem  Chemiker  in  sehr  kleinen  Füttern  oder  vierseitigen  Blättchen, 
welche  sich  gewöhnlich  mit  ihren  entgegengesetzten  Winkeln  vereinigen 
und  dann  dünne  an  ihren  Rändern  gezähnte  Platten  bilden.  Sie  löst  sich 
in  3 Th.  Wasser  von  15*  und  in  2 Th.  Alkohol  von  88  p.  c. 


Aconitsaure  Salze. 

Mit  den  Basen  bildet  die  Aconitsäure  die  aconitsauren  Salze;  sie  sind 
von  Büchner  Sohn  näher  untersucht  worden.  Die  Salze  mit  alkalischer 
Basis  sind  im  Wasser  löslich,  alle  übrigen  sind  schwer  oder  unauflöslich. 
Werden  Kalk-,  Baryt-  oder  Bittererde-  und  Zinkoxid-Salze  mit  einer  Auf- 
lösung eines  löslichen  aconitsauren  Salzes  vermischt,  so  erhält  man  keinen 
Niederschlag ; beim  langen  Stehen  oder  Abdampfen  einer  eoncentrirten 
Auflösung  eines  Kalksalzes  mit  einem  löslichen  aconitsauren  Salze  bilden 
sich  kurze  glänzende  Säulen  von  aconitsaurem  Kalk,  welche  im  Wasser 
nicht,  leicht  in  Mineralsäuren  löslich  sind.  Beim  Erhitzen  dieser  Salze 
tritt  Schwärzung  und  Zersetzung  ein,  bei  dem  Silbersalz  bleibt  eine  Ver- 
bindung von  Kohle  mit  Silber,  es  entwickelt  sich  reine  Kohlensäure  und 
geringe  Mengen  einer  sauren  kristallinischen  Materie. 

Sättigt  man  geschmolzene  Citronsäure  mit  koblensaurem  Natron,  so 
bleibt  nach  Abscheidung  des  citrousauren  Natrons  eine  Mutterlauge,  welche 
nichtkristallisirbares  aconitsaurcs  Natron  enthält,  durch  Behandlung  der 
eingetrookneten  Masse  mit  Weingeist  von  0,833  spec.  Gewicht  löst  sich 
das  aconitsaure  Natron  auf,  das  citronsäure  Natron  bleibt  zurück.  Die 
aus  Citrousäure  dargestellte  Acouitsäure  bildet  nach  Raup  mit  Kali  und 
Natron  saure  Salze,  welche  sich  kristalüsiren  lasseu.  Mit  Ammoniak 
entsteht  ein  saures  Salz  von  körniger  Beschaffenheit,  löslich  in  6 Theilen 
Wasser  von  15°.  Essigsaures  Blei  und  salpetersaures  Quecksilberoxidul 
werden  von  der  Säure  weifs  niedergeschlagen , das  Eisenchlorid  in  gelati- 


Aconitsaurer  Baryt,  — Bleioxid. 


873 


nösen  zimmtfarbigen  Flocken.  Das  Silbersalz  verpufft.  Das  neutrale  Am- 
moniak-; Kali-  und  Natronsalz  sind  nach  Büchner  schwierig  kristallisirbar, 
im  Wasser  sehr  leicht  löslich.  Doppelt  aconitsaures  Ammoniak  ist  leicht 
in  Foren  kleiner  warzig  zusammengehäufter  Prismen  zu  erhalten.  Aconit - 
saures  Eisenoxid  ist  ein  brauner;  unlöslicher,  dem  bernsteinsauren  Eisen- 
oxid ähnlicher  Niederschlag  *). 

Aconitsaurer  Baryt  Formel:  At,  BaO.  — Wenn  die  Säure  aus  dem 
Aconitum  napellus  mit  Barytwasser  im  Ueberschufs  vermischt  wird,  so 
entsteht  anfänglich  eine  leichte  Trübung,  nach  einiger  Zeit  gerinnt  aber 
die  Flüssigkeit  zu  einer  gallertartigen  Masse,  die  sich  in  freier  Säure  leicht 
wieder  lost.  Dieser  Niederschlag  wird  durch  Stehen  in  der  Flüssigkeit 
oder  beim  Trocknen  nicht  kristallinisch  (j Büchner).  Die  Säure  aus  dem 
Equisetum  fluviatile  verhält  sich  gegen  Barytwasser  ganz  ähnlich , nur 
verwandelt  sich  die  entstandene  Gallerte  nach  dem  Auspressen  und  Trock- 
nen in  glänzende  kristallinische  Blättchen  ( Reynault ).  Von  den  letzteren 
lösen  sich  bei  20°  11,1 7 vin  100  Th.  Wasser  ( Reynault).  Die  Zusammen- 
setzung des  über  Schwefelsäure  getrockneten  Barytsalzes  wird  nach  Reg - 
nault  durch  die  Formel  At,  BaO,  aq  ausgedrückt.  Der  berechnete  Was- 
sergehalt beträgt  6,665  p.  c.  (gefunden  7,297).  Nach  Büchner  verloren 
100  Th.  Salz  13,75  Wasser  = 2 Atome. 

Aconitsaurer  Kalk.  In  dem  Safte  des  Aconitum  napellus  ist  dieses 
Salz  fertig  gebildet  vorhanden,  beim  Abdampfen  scheidet  es  sich  als 
schmutzig  weifser  körniger  Absatz  ab.  Manches  Aconitum  ist  so  reich  an 
diesem  Salze,  dafs  seine  Menge  dem  Gewicht  nach  so  viel  als  der  im 
Wasser  lösliche  Tbeil  des  Extracts  beträgt.  Nach  der  Behandlung  des  Ex- 
tractes  mit  Wasser  bleibt  dieses  Salz  zurück.  Es  dient  zur  Darstellung 
des  aconitsauren  Bleioxids. 

Aconitsatire  Bittererde.  In  dem  Safte  des  Equisetum  fluviatile  findet 
sich  eine  reichliche  Menge  von  aconitsaurer  Bittererde. 

Aconitsaures  Bleioxid;  At,  PbO,  aq  C Büchner ~).  Neutrales  essig- 
saures Bleioxid  erzeugt  in  wässeriger  Aconitsäure  oder  einem  löslichen 
aconitsauren  Salze  einen  blendend  weifsen  Niederschlag,  welcher  keine 
kristallinische  Beschaffenheit  annimmt  $ er  ist  wenig  löslich  in  siedendem 
Wasser,  die  bei  dieser  Temperatur  gesättigte  Auflösung  setzt  beim  Erkal- 
ten keine  Kristalle  ab.  Das  getrocknete  Salz  verliert  bei  140"  5,29  p.  c. 
Wasser  1 Atom.  Aus  dem  unreinen  aconitsauren  Kalk  erhält  man  die- 
ses Salz,  indem  man  seine  Auflösung  in  verdünnter  Salpetersäure  mit  es- 
sigsau re  tn  Bleioxid  vermischt.  Aus  dem  Safte  des  Equisetum  fluviatile 
dargestellt  ist  es  sehr  unrein,  gemengt  mit  phosphorsauren  und  Bittererde- 
Salzön.  Reynault  sättigte  deshalb  den  Saft  mit  etwas  überschüssigem  koh- 
lensaurem Natron,  sodann  mit  essigsaurem  Baryt,  wodurch  Schwefel-  und 
phosphorsaurer  Baryt  gefällt  werden.  Nach  der  Scheidung  dieses  Nieder- 
schlags durch  Filtration  bringt  essigsaures  Bleioxid  in  dieser  Flüssigkeit 
einen  häufigen  schwach  gelblich  gefärbten  Niederschlag  von  aconitsaurem 
Bleioxid  hervor.  Man  zersetzt  dieses  unreine  Salz  durch  Schwefelwasser- 
stoff und  digerirt  die  erhaltene  Säure  mit  Thierkohle,  sättigt  sie  sodann 
mit  kohlensaurem  Kalk  und  verwandelt  den  gebildeten  aconitsauren  Kalk 
durch  kohlensaures  Ammoniak  in  aconitsaures  Ammoniak,  welches  aufs 
neue  mit  essigsaurem  Bleioxid  gefällt  ein  blendend  weifses  aconitsaures 


*)  Die  Beschreibung  der  Eigenschaften  der  aconitsauren  Salze,  in  welcher  als 
Beobachter  Büchner  angeführt  ist,  beziehen  sich  auf  die  Aconitsäure  aus 
dem  Aconitum  napellus ; die  von  Regnault  dargestellten  Salze  waren  aus 
Equisetsäure  erhalten. 

Geiger' s Pharmfieie.  /♦  ( 5 te  Aufl.) 


06 


874 


Pyrocitrocsäur©. 


Bleioxid  liefert.  Die  Behandlung  der  unreinen  Säure  mit  Kalk  bezweckt 
eine  vollständige  Trennung  der  Phosphorsäure , die  sich  an  Basen  gebun- 
den in  dem  Saft  des  Equisetum  fluviatile  vorfindet. 

Aconitsaares  Kupferoxid;  At,  Cuö.  Lösliches  Salz  von  grüner  Far- 
be, welches  beim  Sieden  seiner  wässerigen  Auflösung  Kupferoxidul  fallen 
iäfst.  C Büchner J 

Aconitsaures  Quecksilberoxid;  At,HgO.  Eine  Auflösung  von  Queck- 
silberchlorid wird  erst  nach  längerer  Zeit  vou  aconitsanrem  Natron  schwach 
getrübt.  Durch  Behandlung  des  rothen  Oxids  mit  wässeriger  Aconitsäure 
erhält  man  ein  weifses  schwerlösliches  Salz,  was  beim  anhaltenden  Ko- 
chen mit  Wasser  sich  grau  färbt.  Das  Oxidulsalz  entsteht  als  ein  weifser 
körnig  kristallinischer  Niederschlag,  wenn  aconitsaures  Natron  mit  einem 
löslichen  Quecksilberoxidulsalz  vermischt  wird.  {Büchner,') 

Aconitsaures  Silberoxid ; At,  AgO.  Salpetersaures  Silberoxid  wird 
durch  freie  Aconitsäure  nicht  gefällt,  durch  lösliche  aconitsaure  Alkalien 
erhält  man  daraus  einen  weiften  pulverigen  Niederschlag , welcher  sich 
nicht  wie  das  maleinsaure  Salz  io  kristallinische  Blättchen  verwandelt.  Es 
wird  trocken  erhitzt  mit  einer  schwachen  Verpuffung  unter  Entwickelung 
brauner  Dämpfe  zersetzt,  im  Rückstände  bleibt  eine  Verbindung  von  Sil- 
ber mit  Kohle.  Durch  Kochen  mit  Wasser  wird  es  unter  Abscheidung  ei- 
nes grauen  Pulvers  zersetzt;  hierbei  bemerkt  man  keino  Gasentwickelung. 
Das  rückbleibende  Silbersalz  scheint  eine  eigentümliche  Säure  zu  enthal- 
ten {Büchner).  Das  aconitsaure  Silberoxid  aus  dem  Equisetum  fluviatile 
bildet  einen  weafsen  käsigen  Niederschlag,  der  bei  120°  sein  Gewicht 
nicht  ändert,  bei  148 — 150°  tritt  Zersetzung  unter  schwacher  Verpuffung 
ein.  Es  bleibt  eine  Verbindung  von  Kohle  mit  Silber  (C2  Ag),  weiche 
dunkclgrau  metallisch  glänzend  ist,  und  es  geht  neben  Kohlensäure  eine 
kristallinische  saure  Materie  über,  welche  in  Bleisalzen  einen  Nieder- 
schlag hervorbriugt.  {Regnault.) 


P y r o c i t r o n s ä u r e. 

Synonyme:  Acide  citricique  {Baup).  — Symb.:  Cic  aq.  Formel: 
Cj  H4  Oj  -4-  aq. 

Darstellung : Bei  der  Destillation  der  Citronsäure  erhält  man  in  der 
Vorlage  zwei  Flüssigkeiten  ^ von  denen  sich  die  obere  mit  Wasser  mischen 
Iäfst,"  wahrend  sich  die  andere,  ölartige,  nur  nach  und  nach  damit  ver- 
bindet, indem  sie  zu  einer  kristallinischen  Masse  erstarrt.  Mau  trennt  die 
letztere  von  der  darauf  schwimmenden,  mischt  diese  mit  ihrem  dreifachen 
Volum  Wasser  und  Iäfst  sie  an  der  Luft  verdampfen , wo  sich  nach  eini- 
gen Tagen  harte  durchsichtige  Kristalle  absetzen.  Sobald  sich  ihre  Quan- 
tität nicht  mehr  vermehrt,  trennt  man  sie  von  der  Flüssigkeit,  in  der  sie 
sich  gebildet  haben,  und  reinigt  sie  durch  mehrmalige  Kristallisation  aus 
der  heifs  gesättigten  wässerigen  Auflösung. 

Eigenschaften : Diese  Säure  kristallisirt  in  rhombischen  Blättern  mit 
zugespitzten  Rändern,  oder  in  Rhombenoctaedern,  deren  Grundform  die 
gerade  rhombische  Säule  ist;  die  Kristafle  sind  in  einer  durch  die.  stum- 
pfen Eudkanten  des  Octaeders  parallelen  Ebene  leicht  in  glänzenden  Blät- 
tern spaltbar;  sie  ist  geruchlos,  von  stark  saurem  Geschmack.  Sie  löst 
sich  bei  10°  in  17  Th.,  bei  20*  in  12  Th.  Wasser,  in  Iieifserem  Wasser 
löst  sie  sich  reichlicher;  1 Th.  löst  sich  in  4 Th.  Alkohol  von  88  p.  c.; 
sie  ist  in  Aether  löslich.  Sie  verlieren  bei  120°  nichts  an  ihrem  Ge- 
wichte, schmelzen  bei  160°,  wobei  weifse  reizende  Dämpfe  entweichen, 
bei  fortgesetztem  Erhitzen  sind  sie  ohne  Rückstand  flüchtig;  schnell  und 
rasch  erhitzt  schwärzt  sich  die  Säure. 


Pyroc j tron saures  Ammoniak,  — Bleioxid.  675 
Pyrocitronsäure  Salze. 

Die  Pyrocitronsäure  schlägt  die  sauren  und  basischen  Bleisalze  nieder 
und  ertheilt  den  Eisensalzen  eine  röthliche  Färbung 5 ihre  löslichen  Salze 
bewirken  in  Blei-,  Silber  und  Quecksilber-Salzen  weifse  Niederschläge, 
in  Eisenoxidsalzen  einen  rothen  Niederschlag;  sie  bildet  neutrale  und  saure 
Salze. 

Pyrocitronsaures  Ammoniak.  Die  Auflösung  des  neutralen  Salzes  ver- 
liert beim  Verdampfen  Ammoniak  und  giebt  Kristalle  von  saurem  Salz. 
Das  saure  Ammoniaksalz , Cic,  AdH40,  kristallisirt  in  zweierlei  Formen, 
welche  durch  einen  verschiedenen  Wassergehalt  bedingt  werden.  Die  Kri- 
stalle, welche  sich  in  einer  concentrirten  Auflösung  bei  20°  bilden,  ent- 
halten 1 At.  Wasser  (Cie,  AdH40,  aq),  sie  bilden  tafelförmige  oder 
prismatische,  durchsichtige,  an  der  Luft  unveränderliche  Prismen,  welche 
sich  bei  12,5°  in  1%  Th.  Wasser  lösen.  Bei  gewöhnlicher  oder  niedrige- 
ren Temperaturen  gebildet  enthalten  die  Kristalle  3 At.  Kristallwasser,  Cie, 
Adll4 0 , 3aq,  von  welchen  sie  an  der  Luft,  indem  sie  zerfallen,  2 At. 
verlieren.  Diese  Kristalle  bilden  lange,  an  den  Enden  zugespitzte  Pris- 
men oder  lange  Nadeln.  ( 'Baup .) 

Pyrocitronsanres  Aetliyloxid  ; Cic,  AeO  (C9  H14  04)  ( ’Malaguti j.  Zu 
seiner  Darstellung  löst  man  Pyrocitronsäure  in  4 Th.  Alkohol  und  leitet 
durch  die  Auflösung  einen  Strom  trocknen  salzsauren  Gases,  während 
man  sie  im  Wasserbade  der  Siedhitze  des  Alkohols  aussetzt.  Sobald  die 
Hälfte  des  Alkohols  überdestillirt  ist,  mischt  man  den  Rückstand  mit  Was- 
ser, wo  sich  eine  grofse  Menge  pyrocitronsaures  Aetliyloxid  niederschlägt, 
was  man  durch  Waschen  mit  Wasser  reinigt. 

Eigenschaften : Farblose,  durchsichtige  Flüssigkeit  von  bitterem  durch- 
dringendem Geschmack  und  aromatischem,  dem  Calrnus  ähnlichen  Geruch, 
von  1,040  spec.  Gewicht  bei  18,5°,  mischbar  in  allen  Verhältnissen  in 
Alkohol  und  Aether,  unlöslich  in  Wasser,  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
nicht  entzündlich , der  erhitzte  Dampf  brennt  mit  weifser  Flamme ; nicht 
flüchtig,  kommt  bei  225°  ins  Aufwallen,  wobei  die  Temperatur  unter  Zer- 
setzung steigt.  Das  Verhalten  gegen  Alkalien  ist  dem  der  andern  Aethyl- 
verbindungen  ähnlich.  Durch  concentrirte  Schwefelsäure  wird  die  Ver- 
bindung unter  Absatz  von  Kohle  geschwärzt.  (Malaguti.') 

Pyrocitronsaures  Kali  und  Natron  sind  sehr  leicht  in  Wasser  lös- 
liche, in  Alkohol  unlösliche,  nicht  in  regelmäfsigen  Formen  zu  erhal- 
tende Salze.  Das  saure  Natronsalz  kristallisirt  in  undurchsichtigen,  fase- 
rigen, sehr  löslichen  Kristallen. 

Pyrocitronsaurer  Baryt;  Cic,  BaO.  Das  neutrale  Salz  wird  beim 
Verdampfen  in  kristalIinischen_Krusten  ^erhalten  und  ist  löslicher  als  das 
Kalksalz.  Das  saure  Salz,  2Cic,  BaO,  2aq  ( Bauj kristallisirt  in  klei- 
nen rhombischen,  an  der  Luft  unveränderlichen  Tafeln. 

Pyrocitronsaurer  Strontian.  Strontian  bildet  mit  der  Pyrocitronsäure 
dem  sauren  und  neutralen  Barytsalze  ähnliche  Verbindungen. 

Pyrocitronsaurer  Kalk , neutraler;  Cic,  CaO,  aq  ( Baup ).  Kristalli- 
sirt  in  kleinen  Prismen,  löst  sich  bei  18°  in  45  Th.  Wasser,  unlöslich  in 
Alkohol.  Das  saure  Salz,  2Cic,  CaO,  3aq  ( Baup ),  besteht  aus  kleinen 
blätterigen,  an  der  Luft  unveränderlichen  Kristallen,  welche  hei  12°  in 
13  — 14  Th.  Wasser  löslich  sind. 

Pyrocitronsäure  Magnesia.  Das  neutrale  Salz  ist  nicht  kristallisirbar. 
Das  saure  ist  leicht  löslich  und  kristallisirt  in  glänzenden  Blättchen. 

Pyrocitronsaures  Bleioxid;  Cic,  PbO,  aq  fBaup').  Weifser,  pulve- 
riger, in  Wasser  unlöslicher  Niederschlag. 


876 


Weia  säure. 


Das  Manyanoxidulsalz  ist  blafsroth,  ziemlich  löslich;  das  Nickeloxid - 
salz  ist  blafsgrünlichblau,  schwerlöslich;  das  Kupferoxidsalz  bildet  kleine 
regelmäfsige , blaugrüne,  wenig  lösliche  Kristalle;  das  Silber  salz  ist  ein 
weifses  kristallinisches  Pulver,  es  besteht  aus  Cic,  AgO  (BaupJ. 

Es  ist  unentschieden,  zu  welcher  Klasse  von  Säuren  die  zweite  Pyro- 
citronsäure  gerechnet  werden  rauS's.  Sie  bleibt  in  der  Mutterlauge,  aus 
der  die  beschriebene  Pyrocitronsäure  sich  abgeschieden  hat,  und  wird 
daraus  durch  Abdampfen  kristallisirt  erhalten,  nachdem  die  Auflösung  Sy- 
rupdicke  angenommen  hat.  Die  Salze  so  wie  die  Eigenschaften  dieser 
Säure  sind  sehr  wenig  bekannt,  da  man  sie  in  reinem  Zustande  bis  jetzt 
nicht  dargestellt  hat.  Siehe  S.  871. 


Zweibasische  Säuren. 

W einsäure.  Symb.  T. 

Synonyme:  Weinsteinsäure  (Acidum  tartaricum),  wesentliches  Wein- 
steinsalz (Sa!  essentiale  Tartari). 

Formel  der  kristallisirten  Säure:  C8  H,  O10  2aq. 

Formel  der  Säure  in  den  zweibasischen  Salzen:  C8  ü8  Oi0.  Symb.  T. 

Formel  der  Säure  in  dem  Brechweinstein : C8  H4  08. 

Von  Scheele  zuerst  1770  dargestellt.  Vorkommen : In  dem  Saft  der 
Weintrauben,  den  Tamarinden,  Ananas,  Pfeffer,  Maulbeeren,  Sauer- 
ampfer, in  den  Wurzeln  von  Triticum  repens , Leontodon  Taraxacum , 
in  den  Beeren  von  Uhus  Coriaria , Ehe  um  rhaponticum,  Agave  americana, 
in  dem  Krapp,  den  Kartoffeln,  als  weinsaurer  Kalk  in  den  Früchten  von 
Rhus  Typhinum,  der  Meerzwiebel,  Krappwurzel,  Quassiaholze,  den 
Knollen  des  Helianthus  tuberosus. 

§.  158.  Darstellung:  Die  gewöhnlichste  Methode  der 
Darstellung  der  Weinsäure  beruht  auf  der  Zersetzung  des 
weinsauren  Kalks  durch  verdünnte  Schwefelsäure.  Den  wein- 
sauren Kalk  erhält  man  durch  Behandlung  des  sauren  wein- 
sauren Kaii’s  mit  kohlensaurem  Kalk,  oder  durch  Zersetzung 
des  neutralen  weinsauren  Kaii’s  durch  Chlorcalcium.  Ein  Theil 
Schwefelsäurehydrat  reicht  genau  hin  zur  Zersetzung  von  2.6 
trocknem  weinsaurem  Kalk  5 gewöhnlich  nimmt  man  zur  Zer- 
setzung des  weinsauren  Kalks  auf  5 Theile  verbrauchten 
Weinstein  3 Theile  concentrirte  Schwefelsäure. 

Die  Schwefelsäure  wird  mit  6 — 8 Th.  Wasser  verdünnt  und  mit  dem 
noch  feuchten  weinsauren  Kalk  einige  Minuten  gekocht  oder  längere  Zeit 
in  gelinder  Wärme  erhalten.  Indem  sich  die  Schwefelsäure  mit  dem  Kalk 
vereinigt,  entsteht  Gyps  und  Weinsäurehydrat,  das  sich  im  Wasser  löst. 
Nach  dem  völligen  Erkalten  wird  die  Flüssigkeit  abfiltrirt,  der  Rückstand 
sorgfältig  ausgewaschen,  die  concentrirten  Flüssigkeiten  in  gelinder  Wärme 
verdampft,  wobei  der  sich  abscheideude  Gyps  stets  aus  der  Flüssigkeit 
entfernt  wird.  Gewöhnlich  werden  die  durchs  Auswaschen  des  Gypses 
erhaltenen,  an  Säure  armen,  Flüssigkeiten  anstatt  des  Wassers  benutzt, 
um  die  Schwefelsäure,  welche  zur  Zersetzung  des  weinsauren  Kalks 
dient,  zu  verdünnen. 

Die  bis  zur  Syrupdicke  in  Gefäfsen  von  Blei,  anfänglich  über  freiem 
Feuer,  zuletzt  im  Wasserbade  concentrirte  Weinsäure  läfst  man  an  einem 
warmen  Orte  stehend  kristallisiren. 


Weinsäure. 


877 


Die  erhaltenen  Kristalle  werden  durch  neue  Kristallisationen  von  an- 
hängender Schwefelsäure  gereinigt;  bei  Auwendung  von  rohem  Weinstein 
zur  Darstellung  des  weinsauren  Kalks  sind  die  ersten  Kristalle  braun  ge- 
färbt, bei  diesen  wird  mit  Vortheil  die  Kohle  und  namentlich  frisch  nie- 
dergeschlagenes Schwefelblei,  was  als  Nebenprodukt  bei  vielen  andern 
Prozessen  gewonnen  wird,  als  Entfärbungsmittel  angewendet.  Die  Mut- 
terlauge der  ersten  Kristallisation  giebt  bei  gelindem  Verdampfen  eine  neue 
Kristallisfition  von  gefärbten  Kristallen  ; die  letzte  Mutterlauge  wird  im 
Grofsen  zur  Zersetzung  von  frischem  weinsaurem  Kalk  wieder  benutzt. 
Ein  Ueberschufs  von  Schwefelsäure  befördert  im  hohen  Grade  die  Kristal- 
lisation der  Weinsäure. 

Minder  rein  (nemlich  etwas  kalihaltig),  wiewohl  zu  technischen  Zwek- 
ken  vollkommen  anwendbar,  erhält  man  die  Weinsäure  direct  aus  dem 
Weinstein  auf  folgende  Weise:  Man  löst  in  Gefäfsen  von  ßiei  1 % Theil 
Weinstein  in  1 Theil  siedender  concentrirter  Salzsäure  von  1,24  spec. 
Gewicht  und  läfst  erkalten,  wo  die  Hälfte  des  Kali’s  im  Weinstein  als 
Chlorkalium  herauskristallisirt ; man  dampft  nun  die  Flüssigkeit  zur  mög- 
lichsten Entfernung  der  freien  Salzsäure  bis  zur  Syrupdicke  über  freiem 
Feuer  ab,  mischt  diese  Flüssigkeit  mit  ihrem  gleichen  Volum  Wasser, 
wodurch  % der  andern  Hälfte  des  Kali’s  als  Weinstein  wieder  abgeschie- 
den wird.  Nach  Absonderung  dieses  Niederschlags,  der  zu  neuen  Opera- 
tionen zur  Anwendung  kommt,  dampft  man  die  Flüssigkeit  zur  schwachen 
Syrupconsistenz  ab  uud  setzt  derselben  noch  warm  die  Hälfte  des  Ge- 
wichtes vom  verbrauchten  Weinstein  concentrirte  Schwefelsäure  zu.  Die 
noch  vorhandene  Salzsäure  wird  hierdurch  ausgetrieben  uud  man  erhält 
nach  dem  Erkalten  eine  reichliche  Kristallisation  von  Weinsäure,  die  man 
wie  oben  reinigt. 

§.  159.  Eigenschaften:  Die  Weinsäure  kristallisirt  in 
farblosen,  durchsichtigen,  schiefen  rhombischen,  mit  zwei 
Flächen  zugeschärften  Säulen  mit  abgestumpften  Seitenkan- 
ten, oder  in  sechsseitigen,  mit  drei  Flächen  zugeschärften 
Prismen  von  1,75  spec.  Gewicht;  gewöhnlich  entstehen  bei 
langsamer  Kristallisation  tafelförmige  Kristalle,  indem  zwei 
parallele  Flächen  sich  stärker  als  die  andere  ausbilden.  Die 
Kristalle  sind  luftbeständig,  geruchlos,  von  angenehmem,  stark 
saurem  Geschmack;  sie  lösen  sich  in  iy2  Th.  kaltem,  leichter 
in  heifsem  Wasser,  sie  lösen  sich  in  Alkohol.  Die  verdünnte 
wässerige  Auflösung  zersetzt  sich  beim  Aufbewahren  unter 
Schimmelbildung,  die  weingeistige  verwandelt  sich  beim  Er- 
hitzen in  einbasisches  weinsaures  Aeihyloxid.  Die  Weinsäure 
erleidet  durch  Schmelzen  eine  besondere  Zersetzung  und  lie- 
fert eine  Heihe  von  neuen  Produkten. 

Die  kristallisirte  Weinsäure  enthält  ihrer  Zusammensetzung  nach  die 
Elemente  von  1 At.  Essigsäurehydrat,  2 At.  Kleesäurehydrat,  oder  von 
2 At.  Ameisensäurehydrat  und  1 At.  wasserfreier  Aepfelsäure.  Durch 
Behandlung  mit  überschüssigen,  wässerigen,  coucentrirten  Alkalien  bei 
erhöhter  Temperatur  zerfällt  sie  vollständig  in  essigsaures  und  kleesaures 
Alkali  (^Gaif-Lussac^) 5 mit  Hyperoxiden  in  Ameisensäure,  Kohlensäure  und 
in  weinsaures  Oxidulsalz,  sie  schlägt  aus  Goldchlorid  und  Goldoxid-Ver- 
bindungen metallisches  Gold,  ohne  Entwickelung  von  Kohlensäure,  nieder 
( Pelletier ~).  In  concentrirter  Schwefelsäure  löst  sie  sich  in  der  Kälte 
schwierig,  in  der  Wärme  unter  Schwärzung  und  Entwickelung  von  Koh- 
lenoxid und  schwefliger  Säure;  sie  liefert  durch  Destillation  mit  verdünn- 
ter Schwefelsäure  eine  reichliche  Menge  Ameisensäure. 

Die  Weinsäure  schlägt  Kalk-,  Baryt-  und  Strontian-Wasser  und  essig- 
s aures  Bleioxid  weifs  nieder,  diese  Niederschläge  lösen  sich  in  überschiis- 


878 


Weinsaure  Salze. 


siger  Säure,  eie  fällt  nicht  eine  Lösung  von  Chlorcalcium,  -Barium  oder 
Strontium.  In  nicht  zu  verdünnten  Kalisalzen  bringt  sie  einen  kristallini- 
schen Niederschlag  von  Weinstein  hervor,  der  sich  nicht  in  überschüssiger 
Säure,  aber  leicht  in  Salzsäure  löst. 

Einer  Menge  von  Metallsalzen  zugesetzt,  verlieren  diese  ihre  Fähig- 
keit durch  Alkalien  gefällt  zu  werden. 

Sie  dient  als  Reagens  auf  Kali. 

Prüfung  auf  ihre  Reinheit:  Die  reine  Weinsäure  darf  an  der  Luft 
nicht  feucht  werden  und  im  Wasser  oder  Weingeist  gelöst  keinen  Rück- 
stand hinterlassen;  ihre  wässerige  Lösung  darf  mit  Barytsalzen  und  Schwe- 
felwasserstoffsäure keinen  Niederschlag  geben. 

Weinsaure  Salze. 

§.  160.  Die  Weinsäure  bildet  mit  den  Basen  zwei  Reihen 
von  Salden.  Die  eine  Reihe  enthält  ein  Aeq.  Metalloxid  und 
I Aeq.  Wasser,  die  andere  enthält  zwei  Aeq.  Metalfoxid.  Die 
letaleren  sind  neutral,  die  ersteren  besitzen  eine  sauere  Re- 
action.  Die  beiden  Atome  Basis,  welche  nöthig  sind,  um  mit 
1 At.  Säure  ein  neutrales  Salz  zu  bilden , können  seyn  2 Aeq. 
einer  und  derselben  Basis,  oder  zwei  Aeq.  verschiedener  Ba- 
sen; hieraus  ergiebt  sich  eine  neue  Reihe  von  Salzen,  welche 
zwei  verschiedene  Basen  enthalten.  Mit  Antimonoxid  und 
Kali  vereinigt  sich  die  Weinsäure  in  verschiedenen  Verhält- 
nissen; der  sogenannte  Brechweinstein  enthält  8 Aeq.  Anti- 
monoxid (=1  Atom)  und  1 Aeq.  Kali  auf  i At.  Säure;  er 
mufs  als  ein  basisches  Salz  betrachtet  werden.  Beim  trocknen 
Erhitzen  der  weinsauren  Salze  zerlegen  sie  sich  unter  Ver- 
breitung eines  eigentümlichen,  dem  gebrannten  Zucker  ähn- 
lichen, Geruches.  Der  trockne  Brech  Weinstein  verliert,  auf 
200°  erhitzt,  ohne  seine  Farbe  zu  verändern,  2 At.  Wasser, 
welches  aus  den  Bestandteilen  der  wasserfreien  Weinsäure 
oder  auf  Kosten  des  Sauerstoffs  des  Oxids  und  des  Wasser- 
stoffs der  Säure  gebildet  wird ; er  tritt  in  Beziehung  auf  seine 
Zusammensetzung  in  diesem  Zustande  aus  der  Reihe  der 
weinsauren  Salze  heraus;  bei  Berührung  mit  Wasser  wird  das 
abgeschiedene  Wasser  wieder  aufgenommen  und  der  Brech- 
weinstein seinen  Eigenschaften  nach  wieder  hergesteilt.  Bei 
300°  erleidet  der  Brech  Weinstein  die  nemliche  Zersetzung, 
welche  die  übrigen  weinsauren  Salze  erfahren. 

Die  im  Wasser  leichtlöslichen  neutralen  weinsauren  Salze 
werden  durch  Zusatz  von  Säure  schwerlösiich,  die  schwer- 
oder  unlöslichen  werden  löslicher.  Die  unlöslichen  weinsau- 
ren Salze  unterscheiden  sich  von  allen  andern  dadurch,  dafs 
sie  sich  in  Kalilauge  oder  Ammoniak  vollkommen  lösen.  Aus 
den  löslichen  Verbindungen  der  Weinsäure  mit  Kali  und  An- 
timon- oder  Eisenoxid  schlagen  verdünnte  Säuren  basische 
Salze  von  Antimon-  oder  Eisenoxid  nieder. 

Die  Verbindungen  der  Weinsäure  mit  Basen  gehören  zu  den  merk- 
würdigsten in  der  organischen  Chemie,  sie  sind  bei  weitem  nicht  gründ- 
lich genug  erforscht,  und  es  ist  zu  erwarten,  dafs  ein  genaues  Studium 
Licht  über  zahllose  andere  Verbindungen  ähnlicher  Art  verbreiten  wird. 


Weinsaures  Ammoniak, 


Methyloxid.  879 


TT "einsaures  Ammoniak,  a)  Neutrales ; T,  8AdH40  -4-  2aq  (Hulk"). 
Man  erhält  dieses  Salz  beim  gelinden  Verdampfen  einer  mit  kohlensaurem 
Ammoniak  neutralisirten  Auflösung  von  Weinsäure,  der  man  zu  Ende  etwas 
überschüssiges  kohlensaures  Ammoniak  zusetzt.  Es  kristallisirt  in  ge- 
schobenen vierseitigen  Säulen  mit  vorherrschenden  schiefen  Endflächen. 
Die  Auflösung  verliert  beim  Abdampfen  in  der  Wärme  Ammoniak  und  geht 
in  saures  Salz  über. 

b)  Saures;  T,  AdH40,  aq  ( Dulk).  Durch  Zusatz  von  Säure  zu  dem 
neutralen  Salze  entsteht  in  concentrirten  Dosungen  ein  wcifser  Brei,  der 
sic?i  in  kaltem  Wasser  schwierig,  in  heifsem  leicht  lost  und  daraus  in 
glänzenden  Schuppen  beim  Erkalten  kristallisirt. 

Weinsaures  Aethyloxid , saures;  T,  AeO,  aq  tGuerin  Varrp.  Ent- 
steht beim  Contact  von  kristallisirter  Weinsäure  mit  Alkohol  m der  Kalte, 
schneller  und  vollständiger  in  der  "Wärme.  Darstellung : Man  fallt  wem- 
saures  Aethyloxid- Bar  ut  vorsichtig  mit  verdünnter  Schwefelsäure  und 
dampft  die  vom  Schwefelsäuren  Baryt  abfiltrirte  Flüssigkeit  im  leeren 
Raume  über  concentrirter  Schwefelsäure  ab.  Eigenschaften : Verlängerte 
rhombische  Prismen,  oder  weifse,  geruchlose,  kristallinische  Masse,  von 
süfslich  saurem  Geschmack,  zieht  Feuchtigkeit  aus  der  Luft  an,  leichtlös- 
lich in  Wasser  uud  Alkohol,  unlöslich  im  Aether.  Die  verdünnte  wässe- 
rige Lösung  lange  Zeit  im  Sieden  erhalten  zerlegt  sich  m Alkohol,  wel- 
cher überdestillirt , und  in  Weinsäure,  die  in  der  Flüssigkeit  bleibt.  Aut 
einem  Piatinblech  erhitzt  verbrennt  sie  mit  dem  Geruch  der  W einsam  e 
und  einer  leuchtenden  Flamme;  sie  wird  bei  SO0  weich,  bei  80  zu  einem 
flüssigen  Syrup,  bei  140°  dünnflüssiger,  bei  105*  tritt  Zersetzung  ein; 
bei  höherer  Temperatur  erhält  man  als  Produkte  der  Zersetzung  Alkohol, 
Wasser,  Essigsäure,  essigsaures  Aethjioxid,  Kohlensäure  und  brennbare 
Gase , ein  empyreumatisches  Ocl  und  eine  dem  Aceton  ähnliche , brenn- 
bare, flüchtige  Flüssigkeit;  sie  hinfcerläfst  Kohle.  Eine  verdünnte  wässe- 
rige Lösung  zersetzt  sich  beim  Aufbewahren  unter  Schimmelbildung.  Con- 
centrirte  Schwefelsäure  löst  die  Verbindung  bei  66°  ohne  Schwärzung, 
bei  höherer  Temperatur  tritt  Zersetzung  ein.  _ A . _ 

Zink  und  Eisen  lösen  sich  in  der  wässerigen  Auflösung  mit  Entwicke- 
lung von  Wasserstoffgas;  Zinn  wird  davon  nicht  angegriffen.  Barytwasser 
wird  davon  anfänglich  getrübt,  der  Niederschlag  verschwindet,  wenn  die 
Flüssigkeit  der  Neutralität  sich  nähert,  und  kommt  durch  einen  Uefcer- 
scliufs  von  Säure  wieder  zum  Vorschein.  Strontian wasser  wird  davon 
nicht  gefällt.  Kalkwasser  wird  davon  getrübt,  der  Niederschlag  ver- 
schwindet durch  Zusatz  von  Säuren.  Essigsaures  Bleioxid  wird  in  ver- 
dünnter Auflösung  davon  nicht  getrübt,  in  concentrirten  Mischungen  setzen 
sich  perJmuttergiänzende  in  Salpetersäure  lösliche  Kristalle  ab. 

Kalisalze  werden  davon  nicht  zersetzt.  (Guerin  Varry.) 


Weinsaures  Aethyloxid- Ammoniumoxid ; T,  AeO,  AdH40.  Glän- 
zende, leichtlösliche,  seidenartig  faserige  Masse.  fGuerm  f arry.) 

Weinsaures  Methyloxid , saures ; T , MeO  , aq.  Darstellung  : Ein 
Theil  kristallisirte  Weinsäure  wird  in  ihrem  gleichen  Gewichte  Methyloxid- 
hydrat (Holzgeist)  gelöst  und  mehrere  Stunden  im  Wasserbade  erhitzt. 
Das  freie  Methyloxidhydrat  wird  alsdann  durch  Verdampfen  entfernt,  der 
Rückstand  in  seinem  halben  Gewichte  Wasser  gelöst.  Durch  Verdampfen 
dieser  Auflösung  an  der  Luft  erhält  man  kristalüsirtes  weinsaures  Methyl - 
oxid.  Eigenschaften  : Weifse  kristallinische  Masse,  die  aus  feinen  Pris- 
men mit  geraden  Endflächen  besteht.  Die  Kristalle  sind  geruchlos,  von  sau- 
rem nicht  süfsem  Geschmack;  wird  an  der  Luft  nicht  feucht  und  ist  in  kal- 
tem Wasser  leicht,  in  kochendem  in  allen  Verhältnissen  löslich;  sie  losen 
sich  in  Alkohol  und  Holzgeist,  wenig  in  Aether.  Das  übrige  \ erhalten 
ist  dem  des  wreinsauren  Aethyioxids  ähnlich.  Kalk-,  Baryt-  und  tetron- 
tianwmsser  werden  von  ihrer  wässerigen  Lösung  getrübt,  der  Niederschlag 
verschwindet  durch  überschüssige  Säure.  vMit  Kalilauge  erhalt  man  bei 


880 


Saures  weinsaures  Kali. 


Ueberschufs  von  Saure  einen  nicht  kristallinischen,  milchigen  Niederschlag, 
der  in  vielem  Wasser  löslich  ist.  Mit  Natronlauge  erhält  man  unter  den- 
selben Umständen  einen  körnigen  Niederschlag.  Kali-  und  Natronsalze 
erleiden  davon  keine  Zersetzung.  Essigsaures  Bleioxid  wird  in  weifsen 
Flocken  gefällt,  die  bei  einem  Ueberschufs  des  Fälluugsmitteis  kristalli- 
nisch werden.  Salpetersaures  Silberoxid  wird  davon  weifs  gefällt,  der 
Niederschlag  ist  wenig  löslich  im  Wassher.  CGuerin  Varry.J 


Saures  weinsaures  Kali  (Kali  bilartaricum). 

Formel:  T,  KO,  H20. 

Synonyme:  Weinstein  (Tartarus,  Bitartras  kalicus  cum  aqua,  Tarfcras 
kalicus  seu  Potassae  acidulus). 

Der  Weinstein  ist  wohl  so  lange  bekannt  als  der  Wein  aus  Trauben. 
Die  Reinigung  des  Weinsteins  erfand  man  aber  erst  im  18ten  Jahrhundert; 
Scheele  entdeckte  zuerst  1769  seine  Bestandteile. 

Vorkommen : Findet  sich  in  vielen  Pflanzensäffcen,  besonders  reichlich 
in  dem  Traubensaft;  der  Gehalt  des  Saftes  an  diesem  Salze  wechselt  je 
nach  der  Zeit  der  Reife,  in  unreifen  Trauben  ist  eine  gröfsere  Menge 
enthalten  als  in  reifen;  es  setzt  sich  aus  dem  Wein  beim  Aufbewahren  ab 
und  bildet  auf  dem  Holz  der  Fässer  mehr  oder  weniger  dicke,  steinartige, 
von  weifsem  Wein  gelbe  oder  bräunliche,  von  rofchem  Wein  rothe  Kru- 
sten, roher  Weinstein.  Gewöhnlich  ist  der  junge  Wein  mit  diesem  Salze 
nicht  gesättigt,  allein  beim  Aufbewahren  verdunstet  eine  gewisse  Menge 
Flüssigkeit,  und  mit  dem  Wein,  den  man  zugiefst  um  das  Fafs  voll  zu 
erhalten , kommt  zu  dem  schon  dariü  enthaltenen  Weinstein  eine  neue 
Quantität  hinzu,  nach  1 bis  2 Jahren  ist  der  Wein  damit  gesättigt  und 
von  diesem  Zeitpunkte  an  setzt  sich  bei  weiterem  Verdunsten  und  Auf- 
füllen Weinstein  ab.  Weine  von  schlechten  Jahrgängen  setzen  übrigens 
schon  im  ersten  Jahre  Weinstein  ab. 

§.  161.  Darstellung : Die  Darstellung  des  Weinsteins 
geschieht  im  Grofsen  niemals  direct  aus  seinen  Bestandteilen, 
sondern  beschränkt  sich  auf  eine  Reinigung  des  im  Handel 
vorkommenden  durch  eine  neue  Kristallisation,  wobei  man  die 
färbenden  Theile  durch  Thonerde,  Kohle,  Eiweifs  hinweg- 
nimmt. Beim  Erkalten  grofser  Quantitäten  heifs  gesättigter 
Auflösungen  von  Weinstein  scheiden  sich  beim  ruhigen  Stehen 
Kristalle  an  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  ab  und  bilden  eine 
feste  Decke,  daher  der  Name  Weinsteinrahm , Cremor  lartari. 

162.  Eigenschaften:  Weifse,  durchsichtige  oder 

durchscheinende , meistens  matte,  ziemlich  harte,  schiefe 
rhombische  Säulen  mit  abgestumpften  Seitenecken  und  schar- 
fen Seitenkanten,  oder  ungleich  sechsseitige  Säulen  mit  zwei 
Flächen  zugeschärft;  die  Flächen  sind  meistens  sehr  ungleich 
ausgedehnt  und  die  Kristalle  bilden  unsymmetrisch  zusammen- 
hängende Krusten,  sie  knirschen  zwischen  den  Zähnen  und 
besitzen  einen  schwach  säuerlichen  Geschmack,  röthen  Lack- 
mus und  sind  luftbeständig;  für  sich  erhitzt  schmelzen  sie  un- 
ter Aufblähen,  verbreiten  den  eigentümlichen  Geruch,  der  alle 
weinsauren  Salze  charakterisirt,  und  liefern  bei  der  trocknen 
Destillation  feste  brenzliche  Weinsäure,  Der  Weinstein  ist 
in  Alkohol  unlöslich,  leichtlöslich  in  concentrirten  Mineralsäu- 


a N 

Neutrales  weinsaures  Kali.  881 

ren.  Ein  Theil  Weinstein  löst  sich  in  18  Theilen  siedendem 
und  184  Th.  Wasser  von  20»  C. 

Seiner  Schwerauflöslichkeit  wegen  wird  dieses  Salz  überall  gebildet, 
wo  neutrale  weinsaure  Salze,  welche  Kali  enthalten,  mit  andern  Säuren 
oder  überhaupt  Kalisalze  mit  überschüssiger  Weinsäure  in  nicht  zu  ver- 
dünnter Lösung  mit  einander  in  Berührung  gebracht  werden.  Zusatz  von 
Alkohol  befördert  die  Abscheidung  des  Salzes/ 

Der  Weinstein  enthält  stets  weinsauren  Kalk  (1  bis  ty2  p.  c.);  er 
dient  im  gereinigten  Zustande  zur  Darstellung  des  reinen  kohlensauren 
Kali’s,  was  mau  durch  Glühen  und  Auslaugen  des  kohligen  Rückstandes 
(schwarzen  Flufs)  erhält.  100  Weinstein  hinterlassen  ein  Gemenge  von 
8,75  Kohle  mit  31,25  kohlensaurem  Kali  (Brunner).  Bei  Anwendung  von 
rohem  Weinstein  enthält  der  Rückstand  Cyankalium.  Eine  Mischung  von 
2 Theilen  Salpeter  und  1 Th.  Weinstein  verbrennt  beim  Anzünden  mit  ei- 
ner glühenden  Kohle  zu  einer  weifsen  Masse  von  kohlensaurem  Kali 
(weifser  Flufs),  Der  Weinstein  dient  in  der  Färberei  als  Beizmittel,  er 
besitzt  die  Eigenschaft,  eine  grofse  Menge  Metalloxide  zu  lösen. 

In  der  Medicin  dient  der  Weinstein  als  Purgirmittel,  entweder  allein 
oder  in  Verbindung  mit  Borax. 


Neutrales  weinsaures  Kali  (Kali  tartaricum ).  Formel:  T,  2K0. 

Synonyme:  Tartarisirter  Weinstein,  auflöslicher  Weinstein  (Tartarus 
tartarisatus,  Tartarus  solubilis,  Sal  vegetabile  , Tartras  kalicus  seu  Po- 
tassae). 

Das  neutrale  weinsaure  Kali  war  im  17ten  Jahrhundert  schon  Lemery 
bekannt. 

163.  Man  erhält  das  neutrale  weinsaure  Kali,  wenn 
eine  wässerige  erhitzte  Lösung  von  kohlensaurem  Kali  (i  Theil 
in  6—8  Theilen  Wasser)  so  lange  mit  gereinigtem  Weinsteinpul- 
ver versetzt  wird,  als  noch  Aufbrausen  entsteht,  und  bis  die 
Flüssigkeit  vollkommen  neutral  ist  (d.  h.  weder  Lackmus  noch  Rha- 
barber ändert  u.  s.  w.).  Die  klare  reine  Lösung  wird  zur  Kri- 
stallisation oder  gewöhnlicher  zur  Trockne  verdampft.  Beim 
Sättigen  der  Kalilösung  mit  Weinstein  mufs  ein  geräumiges  Gefäfs  (von 
Zinn,  Porcellan  u.  s.  w.)  genommen,  und  der  Weinstein  nur  in  kleinen 
Mengen  unter  Umriihren  zugesetzt  werden;  man  prüft  die  Flüssigkeit  öf- 
ters, ob  sie  neutral  ist;  im  Fall  sie  sauer  reagirt,  versetzt  man  sie  wie- 
der mit  wenig  Kali,  bis  sie  neutral  ist  (zu  1 Theil  einfach  kohlensaurem 
Kali  braucht  man  fast  2%  Theile  Weinstein).  Die  neutrale  Flüssigkeit 
verdünnt  man  noch  mit  6 — 8 Theilen  Wasser  und  erhitzt  sie  zum  Sieden, 
scheidet  den  gebildeten  Niederschlag  von  weinsaurem  Kalk  durch  Filtra- 
tion und  stellt  sie  24  Stunden  an  einen  kühlen  Ort.  Die  klare  Flüssigkeit 
verdunstet  man,  zuletzt  unter  fleifsigem  Umriiliren,  bis  sie  eine  noch 
feuchte  bröckelnde  Masse  ist,  welche,  auf  Papier  ausgebreitet,  bei  mäfsi- 
ger  Wärme  (in  der  Dörre)  ausgetrockuet  wird.  Oder  man  verdampft  sie 
bis  zur  Syrupsdicke  und  iiberläfst  sie  bei  mäfsiger  Wärme  der  Kristalli- 
sation , welche  namentlich  bei  überschüssigem  Alkali  leicht  nach  mehrern 
Tagen  erfolgt.  Das  trockene  Salz  mufs  in  verschlossenen  Gefäfsen  auf- 
bewahrt  werden. 

§.  164.  Die  Eigenschaften  des  neutralen  weinsauren 
Kali’s  sind : Es  kristallisirt  in  farblos  durchsichtigen , gera- 
den rhomboidischen  Säulen,  mit  zwei  Flächen  zugeschärft. 
Nach  Bernhardi  ist  die  Kernform  das  Tetraeder  (in  Apotheken 
wird  es  gewöhnlich  als  eine  weifse  pulverige  Salzmasse  er- 


882  Weinsaures  Kali- Ainmoniiimoxid. 

halten).  Schmeckt  milde  salzig,  etwas  bitterlich.  — wird  durch 
Hitze  zerstört.  Säuren  schlagen  daraus  Weinstein  nieder.  — An  der 
Luft  ist  es  in  reinem  Zustande  unveränderlich , in  feuchter 
Luft  zieht  es  Wasser  an,  ohne  völlig*  zu  zerfliefsen;  löst  sich 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  seinem  gleichen  Gewicht 
Wasser,  ln  Weingeist  ist  es  wenig  löslich. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit:  Das  Salz  mufs  schön  weifs  seyn,  sich 
leicht  und  vollständig  in  der  angegebenen  Menge  Wasser  lösen;  die  Lö- 
sung mufs  neutral  seyn,  sie  darf  beim  Verdünnen  mit  10  Theilen  Wasser 
nach  einiger  Zeit  keinen  weifsen  pulverigen  Niederschlag  bilden , mit 
Hydrothionsäure  sich  nicht  färben;  Silbersolutioa  und  Chlorbariumlösung 
dürfen  in  der  mit  freier  Salpetersäure  versetzten,  und  von  dem  nieder- 
gefallenen Weinstein  abgesonderten  Flüssigkeit  keine  Niederschläge  bilden 
(geringe  Trübungen  schaden  jedoch  der  medicinischen  Anwendung  nichts). 

Medicinische  Anwendung : Das  neutrale  weinsaure  Kali  wird  in  Lö- 
sungen gegeben.  (Es  io  Pulver-  oder  Pillen-Form  zu  geben,  ist,  wegen 
dem  Feuchtwerden  desselben,  weniger  angemessen;  wenigstens  mufs  es 
dann  in  wohlverschlossenen  Gefäfsen  an  trockenen  Orten  aufbewahrt  wer- 
den.) Das  Salz  ist  leicht  zerlegbar;  Säuren,  mehrere  Neutral-  und  Mit- 
tel-Salze, Glaubersalz,  Kochsalz,  Bittersalz  u.  s.  w.  zerlegen  es. 

Weinsaures  Kali  - Ammoniumoxid. 

Formel:  T,  KO,  AdH40  + aq. 

Synonyme:  Ammoniakhaltiger  auflöslicher  Weinstein  (Tartarus  amrco- 
niatus,  Tartarus  solubilis  ammoniacaiis,  Tartras  Potassae  et  Ammoniae, 
Tartras  kalico-ammonicus  cum  aqua). 

Der  wahre  auflösliehe  Weinstein  war  schon  im  17ten  Jahrhundert  be- 
kannt. Bucholz  lehrte  ihn  aber  erst  1805  in  reiner  Gestalt,  in  Kristall- 

form,  bereiten. 

* 0 

§.  165.  Zur  Darstellung'  des  Weinsäuren  Kali- Am- 
moniaks wird  Weinstein  mit  Ammoniak  gesättiget,  und  die 
neutrale  Verbindung  kristallisirt.  Am  einfachsten  löst  inan  gepul- 
verten Weinstein  geradezu  in  starkem  ätzenden  Salmiakgeist  unter  fleifsi- 
gem  Schütteln  in  verschlossenen  Gefäfsen  auf,  unter  vorsichtigem  Erwär- 
men, bis  nichts  mehr  aüfgenommen  wird,  wobei  aber  das  Ammoniak  noch 
etwas  verwalten  mufs.  Oder  man  bringt  Weinsteinpulver  mit  seinem  dop- 
pelten Gewicht  Wasser  bis  fast  zum  Kochpunkte,  und  setzt  so  lange 
trockenes  kohlensaures  Ammoniak  zu,  als  noch  Brausen  entsteht,  und  bis 
letzteres  selbst  durch  den  Geruch  zu  bemerken  ist.  — Die  Lösung  wird 
hes'fs  durchs  dichte  Leinwand  koiirt  und  erkalten  gelassen,  wo  das  Salz 
nach  einigen  Tagen  anschiefst.  Die  von  den  Kristallen  abgegossene  Flüs- 
sigkeit wird  schnell  verdampft,  und  wenn  sie  sich  trübt,  wieder  mit  Am- 
moniak versetzt  und  kristallisirt.  So  verfährt  man,  so  lange  noch  Kristalle 
zu  erhalten  sind.  Diese  werden  zwischen  Fliefspapier , so  schnell  als 
möglich,  bei  gewöhnlicher  Temperatur  getrocknet  und  in  wohlverschios- 
senen  Gefäfsen  an  einem  kühlen  Orte  aufbewahrt.  — Gempt  übergiefst 
die  Auflösung  des  Weinsteins  in  Aetzammoniak  mit  Weingeist  von  85  p.  c., 
nach  der  Art,  wie  man  beim  schwefelsauren  Kupferammoniak  verfährt. 
Es  schiefsen  nach  einigen  Tagen  schöne  Kristalle  von  weinsaurem  Am- 
moniak-Kali an  (Archiv  des  Apothekervereins  im  nördl.  Deutschland, 
Bd.  XI.  S.  370).  Nach  Buflos  und  Geigers  Erfahrung  ist  dieses  bei  An- 
wendung von  starkem  concentrirten  Salmiakgeist  unnöthig;  das  Salz  schei- 
det sich  auch  aus  der  wässerigen  Lösung  binnen  24  Stunden  in  der  Kälte 
in  schönen  Kristallen  aus.  — Das  Abdampfen  der  gesättigten  Flüssigkeit 
zur  Trockne  ist  weniger  zu  empfehlen,  weil  während  desselben  immer 
©in  Theii  zerlegt  wird  und  Weinstein  sich  ausscheidet. 


Weinsaurcs  Kali -Methyloxid.  883 

t 

166.  Die  Eigenschaften  dieses  Doppelsalzes  sind : Es 
kristallisirt  in  geraden  rhombischen  oder  ungleich  sechsseiti- 
gen Säulen,  mit  2 auf  den  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetz- 
ten Flächen  zugeschärft.  Schmeckt  kühlend,  stechend  salzig. 

An  trockener  warmer  Luft  verwittert  es  und  läfst  einen  Theil  Ammoniak 
und  Wasser  fahren.  Säuren  scheiden  daraus  Weinstein  ; fixe  Alkalien 
entwickeln  Ammoniak.  In  der  Hitze  wird  es  zerlegt.  Es  ist  in  2 Th  ei- 
len kaltem  und  fast  seinem  gleichen  Gewicht  kochendem 
Wasser  löslich. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit : Der  ammoniakhaltige  Weinstein  mufs 
neutral  und  in  Wasser  leicht  löslich  seyn;  fixe  Alkalien  müssen  Ammoniak 
entwickeln,  er  mufs  sich  übrigens  wie  reines  weinsteinsaures  Alkali  ver- 
halten. 

Anwendung : Wie  das  neutrale  weinsaure  Kali.  Säuren,  fixe  Alkalien 
und  die  bei  weinsaurem  Kali  bemerkten  Salze  müssen  vermieden  werden. 


W einsaures  Kali-Aethyloxid. 

Formel:  T,  KO,  AeO  -f  aq  ( Guerin  Varry). 

Darstellung : Man  erhält  dieses  Salz  durch  wechselseitige  Zersetzung 
von  weinsaurem  Aethyloxid-Baryt  mit  etwas  überschüssigem  schwefelsau- 
rem  Kali.  Man  dampft  die  von  dem  schwefelsauren  Baryt  abgeschiedene 
Flüssigkeit  zur  Syrupconsistenz  ab  und  mischt  sie  in  diesem  Zustande  mit 
Alkohol,  wodurch  alles  schwefelsaure  Kali  abgeschieden  wird.  Die  alko- 
holische Lösung  läfst  man  an  der  Luft  verdampfen,  wo  das  Salz  kristal- 
lisirt. fGuerin  Varry.Ji 

Eigenschaften : Seiner  Kristallform  nach  ist  dieses  Salz  isomorph  mit 
dem  vorherbeschriebenen  Salz,  nach  Guerin  Varry  kristallisirt  es  in  rhom- 
boidalen Prismen  von  124°  und  56*,  welche  auf  den  spitzen  Seitenkauten 
zugeschärft  sind.  Der  Winkel  der  Zuschärfungsfläche  beträgt  112°  30'. 

Die  Kristalle  sind  färb-  und  geruchlos,  von  schwach  bitterem  Ge- 
schmack, im  luftleeren  Raume  verlieren  sie  4 p.  c.  Wasser  ” 1 Atom, 
sie  lösen  sich  in  ihrem  gleichen  Gewicht  Wasser  bei  15°,  in  jedem  Ver- 
hältnifs  in  kochendem.  In  Alkohol  ist  es  unlöslich.  Trocken  erhitzt  wird 
es  bei  200*  weich  und  schmilzt  bei  205°.  Eine  Auflösung  dieses  Salzes 
zum  Sieden  erhitzt  zerlegt  sich  in  saures  weinsaures  Kali,  was  sich  nie- 
derschlägt, und  in  Alkohol.  Guerin  Varry  erwähnt  noch  einer  zweiten 
Verbindung  der  Weinsäure  mit  Kali  und  Aethyloxid,  welche  alkalisch 
reagirt,  und  in  achtseitigen  Prismen  kristallisirt.  (Aon.  de  chirn.  et  de 
phys.  T.  LXII.  p.  610 


Weinsaures  Kali-Methyloxid . 

Formel:  T,  MeO,  KO  -f-  aq  f Guerin  Varry'). 

Die  Darstellung  geschieht  ganz  wie  die  des  vorhergehenden  Salzes 
aus  weinsaurem  Baryt-Methyloxid. 

Eigenschaften:  Rechtwinkliche,  färb-  und  geruchlose  Säulen,  leicht- 
löslich in  Wasser,  unlöslich  in  Alkohol  und  Holzgeist.  Zerlegt  sich  bei 
200°  in  Kohlensäure,  ölbildendes  Gas,  und  liefert  eine  Flüssigkeit,  welche 
essigsaures  Methyloxid,  Holzgeist,  Essigsäure,  Wasser  und  eine  syrup- 
artige  Materie  enthält.  Zerlegt  sich  beim  Sieden  der  wässerigen  Auflösung 
in  Methyloxidhydrat  (Holzgeist)  und  saures  weinsaures  Kali. 


884 


W e i n s a u r e s N a t r’o  n. 


Weinsäure  Kali-Boraxsäure . Formel:  T , KO,  BOs  ( Duftos ). 

Synonyme:  Löslicher  Weinstein  der  franz.  Pharmacopoe. 

Darstellung : 47%  Th.  saures  weiusaures  Kali  (1  At.)  und  15%  Th. 
kristallisirter  Boraxsäure  (t  Atom)  werden  mit  heifsem  Wasser  längere 
Zeit  in  Berührung  gelassen,  bis  völlige  Auflösung  erfolgt  ist,  und  die 
Flüssigkeit  im  Wasserbade  bis  zur  Trockne  abgedampft. 

Eigenschaften:  Weifse,  feste , an  der  Luft  unveränderliche  nicht  kri- 
stallinische Masse,  von  saurem  Geschmack,  löst  sich  in  % seines  Ge- 
wichts siedendem,  in  % kaltem  Wasser;  in  Alkohol  unlöslich. 

Wie  man  aus  obiger  Formel  ersieht,  verlieren  die  Borsäure  und  der 
Weinstein,  indem  sie  sich  mit  einander  verbinden,  alles  Wasser,  was  sie 
im  kristallisirten  Zustande  enthalten;  die  Borsäure  spielt  in  dieser  Verbin- 
dung dieselbe  Rolle  wie  das  Antimonoxid  in  dem  Brechvveinstein,  mit  wel- 
chem sie  eine  gleiche  Anzahl  von  Sauerstoffatomen  gemein  hat;  so  wie 
der  Brechvveinstein  reagirt  die  Verbindung  sauer.  Nach  dem  franz.  Codex 
sind  zur  Darstellung  derselben  5 Theiie  saures  weinsaures  Kali  und  1 Th. 
Borsäure  vorgeschrieben.  Nach  Soubeiran  sind  4 Th.  Weinstein  und  1 Th. 
Borsäure  zu  nehmen.  In  der  nach  der  letzteren  Vorschrift  dargestellten 
Verbindung  enthalten  die  Borsäure  und  das  Kali  gleiche  Sauerstoffmengen, 
ihre  Formel  würde  hiernach  seyn:  T3 , 5 KO , &ü3.  Verglichen  mit  den 
analogen  Antimonoxidverbiodungen  würde  dieses  Salz  dem  neutralen  wein- 
sauren  Antimonoxid- Kali  entsprechen,  wenn  nemlieh  der  Brechvveinstein 
als  das  basische  Salz  betrachtet  wird. 

Bei  dem  Abdampfen  mufs  Sieden  vermieden  werden,  indem  sich  sonst 
Boraxsäure  verflüchtigt.  Zuweilen  erhält  man  eine  trockne  Masse,  die 
sich  in  kaltem  Wasser  nicht  löst;  in  diesem  Fall  stellt  die  Berührung  mit 
siedendem  Wasser  die  Löslichkeit  wieder  her. 

Miueralsäureu  fällen  aus  der  heifsen  Auflösung  Borsäure,  welche  nach 
dem  Erkalten  kristaliisirt;  Zusatz  von  neutralem  weinsaurem  Kali  fällt 
Weinstein.  Eine  Auflösung  des  ersten  Salzes  (T,  KO,  ß03 ) löst  beim 
Sieden  noch  einmal  so  viel  Weinstein  auf,  als  es  schon  enthält,  ohne  dafs 
sich  das  gelöste  beim  Erkalten  abscheidet;  wird  die  Flüssigkeit  stark  con- 
centrirt,  so  kristaliisirt  der  aufgelöste  Weinstein  vollkommen  wieder  her- 
aus. Das  nach  Duftos  dargestellte  Salz  enthält  61,834  Weinsäure,  16,333 
Borsäure  und  31,953  Kali. 

Weinsäure  Kali-arsenige  Säure. 

Arsenige  Säure  bildet  nach  Mitscherlich  mit  saurem  weinsaurem  Kali 
ein  dem  Brechvveinstein  in  seiner  Form  und  Zusammensetzung  analoge 
Verbindung.  Die  Art  der  Darstellung  derselben  ist  nicht  bekannt. 

Weinsaures  Natron. 

Saures.  Formel:  T,  NaO,  Ha0,  3aq  ( Bucholz ).  — Darstellung : 
Aus  der  mit  der  Hälfte  Weinsäure  vermischten  heifsen  Auflösung  des  neu- 
tralen Salzes  bilden  sich  beim  Erkalten  eine  reichliche  Menge  Kristalle  des 
sauren  Salzes. 

Eigenschaften:  Sechsseitige  farblose  Prismen  von  sehr  saurem  Ge- 
schmack, in  9 Th.  kaltem,  in  1,8  kochendem  Wasser  löslich,  nicht  in 
Alkohol. 

Dient  zur  Darstellung  des  chlorsauren  Natrons  aus  chlorsaurem  Kali, 
indem  gleiche  Atomgewichte  von  beiden  (19  saures  weinsaures  Natron  und 
13  Th.  chlorsaures  Kali)  sich  in  Weinstein  und  chlorsaures  Natron  zer- 
legen. Saures  weiusaures  Natron  bildet  mit  Borsäure  eine  leichtlösliche 
Verbindung,  T,  NaO,  B05  (J Duftos). 


Weinsaures  N a tro  u ~ K al i. 


885 


Neutrales.  Formel : T , 2NaO  , 4aq  (Bucholz).  — Darstellung  : Di- 
rect durch  Weinsäure,  die  man  mit  kohlensaurem  Natron  neutralisirt,  oder 
durch  wechselseitige  Zersetzung  von  neutralem  weinsaureir«  Kali  mit  über- 
schüssigem schwefelsaurem  Natron. 

Eigenschaften  : Wasserhelie  Prismen , an  der  Luft  unveränderlich , in 
der  Wärme  verwitternd,  lost  sich  in  5 Th.  kaltem,  in  jedem  Verhältnifs 
in  siedendem  Wasser,  nicht  in  Alkohol. 

Unter  dem  Namen  Soda  Sedlitz  powder , oder  carbonated  effervescing 
Cheltenliam  Salt , versteht  man  ein  inniges  Gemenge  von  gleichen  Theilen 
Weinsäure  mit  doppelt  kohlensaurem  Natron,  in  dem  Verhältnifs,  dafs 
sich  beim  üebergielsen  mit  Wasser  neutrales  weinsaures  Natron  bildet; 
während  dem  heftigen  Aufbrauseu  wird  die  Mischung  getrunken.  Die 
Weinsäure  und  das  Natronsalz  werden  vor  der  Vermengung  fein  pulveri- 
sirt  und  in  der  Wärme  von  aller  Feuchtigkeit  vollkommen  befreit.  Unge- 
trocknet vermischt  tritt  Zersetzung  ein. 


Weinsaures  Natron- Ae  thyloxid, 

Formel:  T , NaO,  AeO  , 2aq  (Guerin  Varry ).  Weifse,  farblose, 
rhomboidale  Blättchen.  (Guerin  Varry). 


Weinsaures  Natron-Kali. 

Formel:  T,  KO,  NaO  -f  lOaq  £ Schulze J. 

Synonyme : Seignettesalz  (Tartarus  natronatus,  Sal  polychrestum  Seig- 
nette,  Tartras  Potassae  et  Sodae,  Tartras  kalico-natricus  cum  aqua). 

Der  natronisirte  Weinstein  wurde  16*73  von  Seignette  entdeckt,  aber 
geheim  gehalten.  Geoffruy  und  Boalduc  entdeckten  ihn  1731  aufs  neue. 

§.  167.  Die  Verbindung  der  Weinsäure  mit  Kali  und 
Natron  wird  durch  Sättigung*  des  Weinsteins  mit  Natron  und 
Kristallisiren  der  neutralen  Lösung  erhalten.  Eine  wässerige 
Losung  von  kohlensaurem  Natron  wird  mit  Weinstein,  nach  der  beim  ein- 
fach weinsauren  Kali  angeführten  Art  neutralisirt.  Zu  einem  Theil  kri- 
stallisirten  einfach  kohlensauren  Natrons  bedarf  man  gegen  anderthalb 
Theile  Weinstein.  Der  neutralen  Lösung  setzt  man  noch  1/32  des  ange- 
wendeten kohlensaures  Natron  zu,  reinigt  sie  eben  so  durch  Verdünnen 
und  Hiustellen,  und  dampft  sie  zum  Kristallisationspunkt  ab.  Die  Kristalte 
schiefsen  nach  einigen  Tagen  an;  die  Lauge  wird  ferner  verdampft,  so 
lange  sie  Kristalle  liefert.  — Durch  doppelte  Wahlverwandtschaft 
läfst  sich  Seignettesalz  bereiten,  wenn  Weinstein  mit  Kali 
neutralisirt  und  mit  seinem  gleichen  Mischungsgewichte  Glau- 
bersalz oder  Kochsalz  versetzt  wird.  Durch  Kristallisation 
trennt  man  den  vitriolisirten  Weinstein  oder  das  Digestivsalz 
von  dem  Seignettesalz. 

Erklärung  bedarf  die  erste  Bereitungsart  kaum.  Es  entsteht,  wie  bei 
Zusatz  von  Kali  oder  Ammoniak,  durch  Versetzen  des  Weinsteins  mit 
kohlensaurem  Natrou  ein  neutrales  Doppelsalz,  die  Kohlensäure  entweicht. 
Der  Ueberschul's  von  kohlensaurem  Natron  dient  dazu  , den  rückhaltigen 
weinsauren  Kalk  zu  zerlegen  und  ausgezeichnetere  Kristalle  zu  bilden, 
welche  man  bei  völlig  neutraler  Flüssigkeit  schwierig  erhält.  Wird  neu- 
trales weinsaures  Kali  mit  einem  Natronsalz  vermischt,  so  tauschen  beide 
Salze  die  Hälfte  ihrer  Basen,  es  entsteht  Seignettesalz. 


886 


Borax  Weinstein, 


§.  168.  Die  Eigenschaften  des  weinsauren  Natronkalks 
sind:  Es  kristallisirt  in  ansehnlichen,  wasserheilen,  geraden 
rhombischen,  6-,  8-  und  10-seifigen  Säulen;  hat  einen  nicht 
unangenehmen,  mildesalzigen  Geschmack.  — An  der  Luft  ver- 
wittert es  schwach  , schmilzt  io  der  Hitze  leicht  iu  seinem  Kristallisations- 
wasser , und  wird  in  stärkerer  Hitze  zerlegt.  Gegen  Säuren  u.  s.  w.  ver- 
hält es  sieh  wie  die  übrigen  Weinsäuren  Neutralsalze.  — Bei  gewöhn- 
licher Temperatur  erfordert  es  1%  Theiie,  bei  30°  R.  nur  ys 
Wasser  zur  Lösung;  in  höherer  Temperatur  schmilzt  es  in 
seinem  Kristallisationswasser.  [ Brandes .) 

Prüfung  auf  seine  Reinheit : Es  mufs  die  angegebene  äussere  Beschaf- 
fenheit haben,  neutral  seyß,  leichtlöslich  in  Wasser  $ im  üebrigen  wird  es 
wie  neutrales  weinsaures  Kali  geprüft. 


Weinsaures  Natron-Kali  mit  meinsaurem  Borax  säure- Kali. 

Formel : ¥,  KO,  NaO  -f  »(T,  KO,  B03)  CBuflos). 

Hoppelsalz  5 enthält  ein  Atom  Seignefctesalz  in  Verbindung  mit  Sä  At. 
weinsaurem  Kali-Borsäure. 

Synonyme:  Boraxweinstein i,  auflöslicher  Weinsteinrahm  (Tartarus  bo- 
raxatus,  Crentor  Tartari  solubilis,  Tartras  Potassae  boraxatus). 

Der  Boraxweinstein  wurde  von  le  Fevre  1733  entdeckt. 

§.  169.  Man  bereitet  den  Boraxweinstein,  indem  ein 
Gemenge  von  1 Theil  Borax  und  3 Theilen  gereinigtem 
Weinstein  in  20  Theilen  heifsem  Wasser  gelöst,  die  Lösung 
einige  Tage  zum  Ablagern  an  einen  kühlen  Ort  hingestellt, 
und  die  klare,  vom  Bodensatz  abgegossene  Flüssigkeit  zur 
Trockne  verdampft  wird.  Auch  kann  man  das  Gemenge  in  weniger 
Wasser  lösen,  die  Lösung  zur  Syrupdicke  verdampfen,  dann  mit  4 — 6 
Theilen  kochendem  Wasser  vermischen  und  ablagern  lassen.  Man  ver- 
dampft hierauf  die  Lösung  in  einem  gläsernen,  steinernen  oder  silbernen 
Gefäfse  so  weit,  bis  sie  eine  zähe,  schwer  knetbare  Masse  bildet,  die 
beim  Erkalten  schnell  erhärtet.  Diese  wird,  noch  wärm,  schnell  zerrie- 
ben und  noch  eine  Zeitlang  derselben  Temperatur  ausgesetzt,  dann  das 
feine  Pulver  in  wohlverstopften  Gefäfsen  aufbewahrt. 

Erklärung  : Borax  und  Weinstein  bilden  mit  einander  eia  leichtlös- 
liches Zwiliingssalz.  Das  Verdünnen  und  Ablagern  der  Flüssigkeit  dient 
zur  Abscheidung  des  in  dem  Weinstein  enthaltenen,  von  dieser  Verbin- 
dung schwierig  zu  trennenden,  Weinsäuren  Kalks. 

§.  170.  Die  Eigenschaften  des  Boraxweinsteins  sind: 
Es  ist  eine  durchscheinende  Masse  von  gummiartigem  Ausehn ; 
unkristallisirbar ; schmeckt  sauer  und  salzig,  reagirt  sauer, 
zerfliefst  an  der  Luft.  Hat  die  fatale  Eigenschaft,  wenn  er  nicht  län- 
gere Zeit  im  gepulverten  Zustande  unter  ümrühren  ziemlich  erwärmt 
wurde,  nach  einiger  Zeit  fest  zusammenzubacken,  so  dafs  er,  ohne  die 
Gefäise  zu  zerbrechen,  oft  nicht  aus  denselben  herausgebracht  wei  den  kann. 
Ist  in  gleichen  Theilen  kaltem  und  J/2  heifsem  Wasser  löslich. 
Die  Lösung  schimmelt  leicht,  und  die  concentrirte  setzt  in  kurzer  Zeit 
eine  beträchtliche  Menge  eines  weifsgrauen  Niederschlags  ab,  welcher  von 
Bucholz  für  saures  weinsaures  Natron , von  Vogel  für  weinsauren  Kalk 
angesehen  wurde.  Th.  Martins  zeigte  jedoch,  dafs  es  ein  Gemenge  von 


Weinsaures  Lithion. 


887 


Weinstein  und  weinsaurein  Kalk  sey.  Die  sehr  concentrirte  Lösung  von 
ganz  reinem  (kalkfreiem)  Boraxweinstein  bildet  selbst  nach  Jahren  keinen 
Niederschlag.  Schwefel-,  Salpeter-  und  Salz-Säure  zerlegen  den  Borax- 
weinstein kaum;  schlagen  nur  Boraxsäure  daraus  nieder;  keinen  Weinstein; 
Weinsäure  aber  bildet  damit  Weinstein.  In  Weingeist  ist  der  Bo- 
raxweinstein  fast  unlöslich  5 er  entzieht  ihm  nur  spuren  von  Wein- 
und  Borax-Säure. 

Seine  Reinheit  erhellt  aus  den  angegebenen  Eigenschaften.  Er  mufs 
schön  weifs  und  leicht  in  Wasser  löslich  seyn;  die  Lösung  darf  auch 
durch  Hj'drothionsäure  nicht  gefärbt  werden. 

Anwendung : Wird  in  wässerigen  Lösungen  innerlich  gegeben.  Den- 
selben in  Pulver-  oder  Pillen -Form  zu  verschreiben  , ist  wegen  seiner 
Zerfliefslichkeit  nicht  angemessen.  Als  Pulver  läfst  mau  besser  ein  blofses 
Gemenge  von  1 Theil  Borax  und  3 Theilen  Weinstein  verfertigen;  jedoch 
wird  auch  dieses  bald  feucht. 

Weinsaures  Lithion. 

Saures , T,  LiO;  H20,  3aq  CDulk ).  Durch  Auflösung  von  kohlen- 
saurem Lithion  in  überschüssiger  Weinsäure  erhält  man  beim  Abdampfen 
kleine,  weifse,  glänzende,  im  Wasser  leichtlösliche  Kristalle  von  obiger 
Zusammensetzung. 

Neutrales.  T,  SLiO  CDulk ).  Durch  Sättigung  des  vorhergehenden 
Salzes  mit  kohlensaurem  Natron  erhält  man  eine  weifse,  keine  kristallini- 
sche, an  der  Luft  unveräutfcefliche  Salzmasse. 


Weinsaures  Lithion- Kali.  Formel:  T,  KO,  LiO,  2aq  ( DulkJ . 

Durch  Sättigung  des  Weinsteins  mit  kohlensaurem  Lithion  erhält  man 
grofse,  gerade,  schwach  geschobene  vierseitige  Säulen  von  salzig  bitterem 
Geschmack,  wenig  verwitternd,  leicht  in  Wasser  löslich. 

Weinsaures  Litliion-Natron.  Formel:  T,  LiO,  NaO,  4aq  £DulkJ. 

Durch  Sättigung  von  saurem  weinsaurem  Natron  mit  kohlensaurem  Li- 
thion und  Abdampfen  der  Lösung  an  der  Luft  erhält  man  lange  rechtwink- 
liche  Säulen  mit  oft  schief  aufgesetzten  Endflächen;  schwach  trüb  werdend 
an  trockner  Luft,  leicht  in  Wasser  löslich. 


Weinsaurer  Baryt.  Formel:  T,  2BaO,  2aq  ( Bulk J. 

Durch  Zusatz  von  Weinsäurelösung  zu  Barytwasser  erhält  man  einen 
weifseu , pulverigen,  in  Wasser  schwerlöslichen  Niederschlag,  der  sich  in 
einem  Ueberschufs  von  Weinsäure  löst. 


Weinsaures  Baryt- Aethyloxid. 

Formel:  T,  BaO,  AeO  -f  2aq  (Guerin  VarryJ. 

Darstellung : 1 Theil  kristallisirter  Weinsäure  wird  in  ihrem  gleichen 
Gewichte  Alkohol  gelöst  und  mehrere  Stunden  einer  Temperatur  von  65 
bis  70°  ausgesetzt  Die  erkaltete  Flüssigkeit  wird  mit  dem  vierfachen 
Volum  Wasser  verdünnt,  mit  kohlensaurem  Baryt  neutralisirt,  der  gebil- 
dete weinsaure  Baryt  durch  Filtriren  getrennt  und  die  Flüssigkeit  bei  ge- 
linder Wärme,  zuletzt  an  der  Luft,  verdampft,  wo  die  Verbindung  nach 
und  nach  kristallisirt.  ( Guerin  Varry.~) 


888 


Weinsaures  Bary t-Methy  1 oxid. 


Eigenschaften : Concentrisch  gruppirte,  farblose  Blätter  (schiefe  rhom- 
bische Prismen)  von  bitterem  Geschmack.  100  Theile  Wasser  lösen  bei 
23°  38,12  Salz,  bei  100°  127,6*4  Salz;  unlöslich  in  Alkohol  und  Holz- 
geist, sehr  wenig  löslich  in  Weingeist  von  95  p.  c. , verliert  im  leeren 
Baume  sein  Kristall wasser , wird  bei  190°  weich,  schmilzt  bei  200°  und 
zersetzt  sich  in  höherer  Temperatur. 


W einsaures  Baryt-Methyloxid. 

Formel:  T,  BaO,  MeO,  aq  (Dumas  Peligot ). 

Darstellung : Beim  Vermischen  von  Auflösungen  von  Baryt  und  Wein- 
säure in  Methyloxidhydrat  (Holzgeist)  schlägt  sich  dieses  Salz  nieder  (Du- 
mas Peligot ).  Man  verschafft  es  sich  am  besten  durch  Neutralisation 

von  saurem  weinsaurem  Methyloxid  mit  kohlensaurem  Baryt. 

Eigenschaften:  Kristallisirt  in  farblosen,  glänzenden,  geraden,  zuge- 
schärfteu  Prismen  von  bitterem  Geschmack,  sehr  löslich  im  Wasser,  die 
wässerige  Auflösung  zersetzt  sich  besonders  leicht  beim  Erhitzen.  Einer 
Temperatur  von  150 — 160°  ausgesetzt  wird  das  Salz  zersetzt,  es  geht 
eine  Flüssigkeit  von  knoblauchartigem  Gerüche  über,  welche  Wasser, 
Holzgeist,  essigsaures  Methyloxid  und  eine  fcristaUisirende  nicht  unter- 
suchte Materie  enthält.  (Guerin  Varry.) 


Weinsaures  Baryt-Kali . Formel:  T,  BaO,  KO,  2aq  (Bullt). 

Beim  Zusatz  von  Barytwasser  zu  einer  lieifsen  Auflösung  von  Wein- 
stein bis  zur  Neutralisation  und  Abdampfen  erhält  man  ein  pulveriges, 
neutrales,  im  Wasser  schwerlösliches  Salz  (DulkJ. 


Weinsaures  Baryt-Natron.  Formel:  T,  BaO,  NaO,  2aq  (Dulle). 

Eine  Auflösung  von  Seignettesalz  giebt  mit  Chlorbarium  vermischt  die- 
ses Salz  in  Gestalt  eines  aus  feinen  kurzen  Nadeln  bestehenden  Nie- 
derschlags; löst  sich  schwer  im  Wasser,  leichter  in  Chlorbarium  und 
Seignettesalzlösungen  (Kaiser ). 


Weinsaurer  Strontian.  T,  2SrO,  8aq  (Dulle). 

Durch  Neutralisation  von  Strontianwasser  mit  Weinsäure  und  langsa- 
mes Verdunsten  erhält  man  kleine,  rechtwinklich  vierseitige  Tafeln  mit 
zugeschärften  Rändern;  verliert  in  der  Wärme  und  Leere  21,51  p.c.  Wasser 
(=  8 Atome).  Durch  Vermischen  lieifser  Auflösungen  von  salpetersaurem 
Strontian  und  weinsaurem  Kali  erhält  man  ein  weifses  kristallinisches  Pul- 
ver, welches  weinsauren  Strontian  und  salpetersaures  Natron  enthält. 


Weinsaures  Strontian-Kali.  T,  SrO,  KO,  2aq  (Dulle). 

Darstellung  und  Eigenschaften  wie  die  des  entsprechenden  Barytsalzes. 


Weinsaures  Strontian-Natron.  T,  SrO,  NaO,  2aq  (Dulle). 

Dem  Boraxweinstein  ähnliche,  gummiartige  Salzmasse,  in  1,4  Th.  kal- 
tem, in  jedem  Verhältnifs  in  siedendem  Wasser  löslich. 


889 


Weinsanres  Kalk-Kali. 


Wein  saurer  Kalk . 

Saurer.  Formel:  T,  CaO,  H,0  (Dulle).  Durch  Auflösung  des  neu- 
tralen  Salzes  in  wässeriger  Weinsäure  und  rasches  Verdampfen  erhält  man 
das  saure  Salz  in  geschobenen  vierseitigen  Säulen  mir  zu  einem  schief  auf- 
gesetzten Octaeder  zugespitzten  Endkanten;  in  140  Theilen  kaltem,  leich- 
ter in  heifsem  Wasser  löslich.  Setzt  man  zu  Kalkwasser  einen  Ueberschufs 
von  Weinsäure , so  löst  sich  der  anfangs  sich  bildende  Niederschlag  wie- 
der auf  zu  saurem  Salz,  aus  dieser  verdünnten  Flüssigkeit  scheiden  sich 
bei  langem  Stehen  dünne,  harte , durchscheinende  Kristalle  von  neutralem 
Salz  aus. 

Neutraler.  Formel:  T,  SCaO,  8aq  (Berzelius,  Gay-Lussac  fr  The - 
nard).  Macht  einen  Bestandtheil  des  rohen  und  gereinigten  Weinsteins 
aus,  findet  sich  auf  rohem  Weinstein  in  glänzenden,  durchscheinenden, 
regelmafsigen  Octacdern  kristallisirt.  Eigenschaften  : Weifses,  geschmack- 
loses Pulver  oder  seidenglänzende  Nadeln,  in  600  Th.  siedendem,  nicht 
in  kaltem  Wasser,  leichter  in  allen  löslichen  weinsauren  Salzen,  in  Kali- 
lauge, Essigsäure  und  Mineralsäuren  löslich,  und  wird  aus  letzteren  Auf- 
lösungen durch  Ammoniak  nicht  gefällt.  Dieses  Salz  dient  zur  Darstellung  der 
Weinsäure  , die  man  daraus  durch  Digestion  mit  überschüssiger  verdünnter 
Schwefelsäure  neben  schwerlöslichem  Gyps  erhält.  Man  erhält  es  zu  die- 
sem  Zweck  stets  aus  Weinstein,  den  man  mit  Wasser  zum  Sieden  erhitzt 
und  durch  Zusatz  von  Kalkmilch , zuletzt  von  kohlensaurem  Kalk  zer- 
setzt. Der  siedenden  Flüssigkeit  setzt  man  gegen  das  Ende  Kreide  zu. 
so  lange  als  man  noch  ein  Aufbrauseu  bemerkt,  in  diesem  Fall  entsteht 
neutrales  weiusaures  Kali,  was  in  der  Auflösung  bleibt,  und  unlöslicher 
weinsaurer  Kalk,  welcher  niederfällt.  Zu  der  Flüssigkeit  setzt  man  letzt 
eine  Auflösung  von  Chlorcalcium  hinzu.  (Durch  Zersetzung  von  Mangan- 
chlorur  mit  Kalk  bereitet.)  ö 

Das  in  Auflösung  sich  befindende  neutrale  weinsaure  Kali  zerleg  sich 
mit  Chlorcalcium  in  Chlorkalium  und  weinsauren  Kalk.  Das  Chlorkalium 
wird  bei  Darstellung  im  Grofsen  durch  Abdampfen  der  nickbleibenden 
Lauge  mit  Vortheil  wieder  gewonnen.  Alle  Weinsäure  des  Weinsteins 
ist  auf  diese  Weise  an  Kalk  gebunden  worden.  Der  erhaltene  weinsaure 
Ka.k  wird  vereinigt,  mit  W asser  gewaschen  und  mit  verdünnter  Schwefel- 
saure  bei  gelinder  Wärme  digerirt.  Auf  1 Th.  Kreide  nimmt  man  gewöhn- 
lich 4 Th.  Weinstein,  und  zur  Zersetzung  des  gebildeten  weinsauren  Kalks 
et^as  mehr  als  das  doppelte  Gewicht  der  Kreide  an  concemrirter  Scfnve 
feisaure.  Da  der  weinsaure  Kalk  in  überschüssiger  W einsäure  löslich  ist 
und  dieses  Salz  die  Kristallisation  der  Weinsäure  sehr  erschwert  so  ist 
es,  um  seiner  vollkommenen  Entfernung  gewils  zu  seyn,  zweckmäfsig 
hinreL?tehr  Schvvefelsäure  xa  nehmen,  als  zu  seiner  Zersetzung  gerade 

Der  weinsaure  Kalk  wird  beim  trocknen  Erhitzen  unter  Aufblähen 
zerstört,  es  bleibt  ein  graues  Gemenge  Kohle  mit  kohlensaurem  Kalk. 

Weinsaures  Kalk-Kali . 

Bei  D.jSestioa  von  neutralem  weinsaurem  Kalk  mit  Kalilauge 
oder  beim  Zusammeubriogen  von  Kalkhydrat  mit  einer  Auflösung  von  neu- 
tralem weinsaurem  Kali  erhält  man  eine  klare,  dünnflüssige,  stark  alka- 
lisch reagirende,  sehr  ätzend  schmeckende  Flüssigkeit,  welche  sich  bei 
Verdünnung  mit  Wasser  durch  Fällung  von  weinsaurem  Kalk  trübt.  Es 
scheint  sich  hierbei  ,n  der  Kälte  eine  basische  Verbindung  von  Weinsäure 
aUDdu>a  * •*“  b,lden'  welche  die  Eigenschaft  vieler  Kaiksalze 
zn  lU-n  *“  geringerer  Menge  in  Wasser  als  in  der  Kälte  löslich 

zu  sejn.  Erhitzt  man  sie  zum  Sieden,  so  gerinnt  sie  zu  einer  kleister- 
artigen  Masse,  welche  beim  Erkalten  wieder  klar  und  flüssig  wird.  Koh- 
lensaures Kali  der  Auflösung  zugesetzt  fällt  in  der  Wärme  allen  Kalk. 


Geiger’ s Pharmacie.  /.  ( 5 te  Aufl. ) 


57 


890 


Weinsäure»  Kalk-Natron. 


Der  Niederschlag,  der  sich  beim  Erhitzen  bildet,  soll  nach  Lasonne  und 
Osann  basisch  weinsaurer  Kalk  seyn,  T -f-  3CaO. 

Neutrales.  Eine  Auflösung  von  1 Th.  weinsaurem  Kali  im  gleichen 
Gewicht  Wasser  löst  beim  Sieden  27  p.  c.  Weinsäuren  Kalk.  Die  klare 
Auflösung  erstarrt  nach  dem  Verdampfen  bis  zur  Syrupdicke  zu  einer  aus 
Nadeln  bestehenden  Masse,  die  in  der  Wärme  schmilzt;  beim  Abdampfen 
zur  Trockne  bleibt  eine  nicht  kristallinische  Masse,  welche  Feuchtigkeit 
aus  der  Luft  anzieht,  sich  in  siedendem  Wasser  völlig  löst,  durch  kaltes 
Wasser  aber  zerlegt  wird.  Beim  Uebergieiscn  mit  dem  gleichen  Gewicht 
Wasser  bleibt  iy3  p.  c.  weinsaurer  Kalk  in  Auflösung,  die  bei  Zusatz 
von  9 Wasser  vollständig  abgeschieden  werden.  (Hornemann .) 

Weinsaures  Kalk-Natron. 

Basisches.  Eine  wässerige  Lösung  von  4,01  ätzendem  Natron  löst 
13  Th.  weinsauren  Kalk  bei  gelinder  Digestion  auf.  Die  Auflösung  verhält 
sich  wie  das  basisch  weinsaure  Kalk-Kali. 

Neutrales.  Beim  Vermischen  von  weinsaurem  Natron-Kali  mit  Chlor- 
calcium bildet  sich  ein  weifser,  flockiger,  in  der  Flüssigkeit  kristallinisch 
werdender  Niederschlag,  welcher  wenig  in  Wasser  löslich,  leichter  von 
überschüssiger  weinsaurer  Kali-Natron-Lösung  aufgenommen  wird. 

Weinsaure  Bittererde. 

Saures  Salz.  Formel:  T , MgO , H30  CBulk').  Durch  Auflösung  von 
neutraler  weinsaurer  Bittererde  in  einer  angemessenen  Menge  Weinsäure 
erhält  man  beim  Verdunsten  kristallinische  Krusten  von  saurem  Salz;  es 
ist  farblos;  100  Th.  Wasser  lösen  1,893  Th.  Salz.  ( Dulk .) 

Neutrales  Salz.  Formel:  T,2MgO,8aq  (Dulk).  Kohlensäure  Mag- 
nesia im  Ueberschufs  mit  Weinsäure  behandelt  liefert  beim  Erwärmen  eine 
Auflösung  des  neutralen  Salzes,  welche  beim  Verdunsten  eine  weifse,  ge- 
schmacklose, im  Wasser  schwerlösliche  Salzkruste  hinterläfst,  die  in  der 
Wärme  und  in  der  Leere  39,3  p.  c.  Wasser  verliert.  Bittererdesalze  mit 
Weinsäure  versetzt  werden  nicht  durch  reines  und  kohlensaures  Ammo- 
niak, Kali  und  Natron  gefällt. 

Weinsaures  Bittererde-Kali.  Formel:  T,  MgO,  KO,  8aq  (Dulk). 

Eine  siedende  Auflösung  von  Weinstein  mit  kohlensaurer  Bittererde 
neutralisirt  setzt  dieses  Salz  beim  Verdampfen  in  kleinen  nicht  hygrosco- 
pischen  Kristallen  ab,  es  bleibt  ein  nicht  kristallisirendes,  gummiartiges, 
nicht  untersuchtes  Salz  in  der  Mutterlauge.  Die  Kristalle  verlieren  beim 
Trocknen  in  der  Wärme  35,333  Wasser  (8  Atome). 

Weinsaures  Bitter  er  de- Natron.  T,  MgO,  NaO,  lOaq  (Dulk). 

Beim  Verdunsten  einer  Auflösung  von  Chlormagnesium  mit  Seignettesalz 
scheidet  sich  dieses  Salz  in  geschoben  vierseitigen  Säulen  aus;  die  Kri- 
stalle verwittern  an  der  Luft  und  verlieren  bei  fOO*  33,74  p.  c.  Wasser. 

Weinsaures  Ceroxidul. 

Neutrale  Ccroxidulsalze  geben  mit  neutralen  weinsauren  Alkalien  weifse 
Niederschläge,  die  durch  Zusatz  von  überschüssiger  Weinsäure  nicht  ver- 
schwinden und  in  kaustischen  Alkalien  löslich  sind. 

Weinsäure  Yttererde  ist  ein  schwerlösliches  Salz. 

Weinsaure  Glucinerde  und  Thonerde  sind  leichtlöslich , schwierig  kri- 
stallisirbar. 


Weinsaures  Eisenoxid-Kali 


891 


Weinsaures  Thonerde- Kali. 

Saures  weinsaures  Kali  löst  in  der  Wärme  eine  grofse  Men*e  Thon- 
erdehydrat und  giebt  eine  unkristallisirbare , nicht  durch  Alkalien’fällbare 
Salzmasse;  dieselbe  Eigenschaft  er«, eilt  den  Thonerdesalzen  da“  ne"S 
weinsaure  Kali  uud  die  übrigen  löslichen  weinsauren  Salze 

Der  Weinstein,  der  zur  völligen  Auflösung  15  Theile  siedendes  Was- 
ser bedarf,  lost  sich  in  4 Theilen,  wenn  der  Flüssigkeit  die  Hälfte  seines 
Gewichts  Alaun  zugesetzt  wird.  Hie  erhaltene  sehr  saure  Auflösung  dient 
als  Reizmittel  für  Metalle,  namentlich  um  die  Oberfläche  derselben  von 

dorldf  1 iBtim  ÄbdamPlen  erl‘ält  man  daraus  eine  weifse,  an 

der  Luft  feucht  und  klebrig  werdende,  sehr  lösliche  Salzmasse. 

Weinsaure  Zirkonerde.  Zirkonerdesalze  werden  durch  weinsaures 
Ammoniak  gefallt,  der  Niederschlag  ist  in  Kali  und  Säuren  löslich,  durch 
Alkalien  aus  letzteren  nicht  fällbar.  > rLO 

Weinsaures  Manganoxidul. 

«o»  ^iUS  einer  bei^sen  Mischung  von  neutralem  weinsaurem  Kali  mit  Man» 
FrS « S1Ch  Z,Ue,rst  saure®  weinsaures  Kali,  nachher  beim  völligen 

(kalihaItiSes?>  Manganoxidul  in  kleinen  weifsen  Kri- 

sirh  ™etf*saures  Manganoxidul  - Kali.  Kohlensaures  Manganoxidul  löst 

Vordln  r « WaSSKri^em  ™einsteia>  die  farblose  Auflösung  giebt  beim 
Verdampfen  eine  schwierig  knstallisirende  Salzmasse.  S ö 

Weitem  ”rauöstein  1öst  bei  Digestion  mit 

kef  „«fi?  aad  Wasser  brauner  Farbe;  beim  Sieden  wird  die  Flüssig- 

far',l0S’  UnÜ  “an  hat  in  **  Auflösung 

Weinsaures  Eisenoxidul.  Formel : ~T,  gFeO  (Dulk). 

Dampft  man  an  der  Luft  eine  Auflösung  von  schwefelsaurem  Fisen 
0X!du  m!t  Zusatz  von  Weinsäure  ab,  so  sdilägt  sich  ei^ 
knstalhmsches  Pulver  von  obiger  Zusammensetzung  nieder,  in  der  Flüs 

dieses1  SaU^ nich^WC .^senox^d*  Abschfufs  der  Luft  bUdet  sich 
*V^®e?  - nicht.  100  Th*  Hasser  von  15°  lösen  0,887  Salz  es  löst 

Tal  ZZT,  Th.  S,Alkaiien  mit  grÜDer  Farbe>  ÄS 

Weinsaures  Eisenoxidul- Kali.  Formel : "T,  FeO  KO 

Beim  Erhitzen  von  Weinstein  mit  seinem  halben  Gewicht 
Eisen  in  dünnen  Blechen  und  einer  hinreichenden  Menge  WaLer  lö,t  S 
das  Eisen  unter  Wasserstoffgasentwickelung  auf  und  es  scS  «1 
weftses  kristallinisches  Pulver  nieder,  welches  an  der  I,u 1 1 ,i e 

2-“  SChWarZ  Wird’  CS  Ifet  sici  kaus^ctntd  koh'lensauren 

Weinmure.  Eisenoxid-Kali  ( Kali  ferro-tartaricum). 

chal^^tus^eTa^a“^a*iicoe^erricus^taia*rSSp<ftas^e^Uoxydl^Perriev 

Im  unremeo  Zustande  Eisenkugeln  (Globuli  martiales).  * Fern)* 

lahi.KenwElfenW.^inifce,n  beschrieb  zuerst  Angelus  Sala  im  Anfane  des  17 

ÄSSX—  " d“  '“““-'S 

_ S*  *71.  _ Das  reine  weinsaure  Eisenoxid-Kali  bereitet  man 
stei^eimHr’wnde,n  trisehgefölltes  Eisenoxidhydrat  mit  Wein- 
stein und  W asser  so  lange  erhitzt  werden , bis  die  Verbindung 


892 


Weinsaures  Eisenoxid-Kali. 


erfolgt  ist  ? worauf  man  verdampft.  Nach  der  neuen  preußischen 
Pharmacopöe  wird  das  von  1%  Unzen  Eisenöl  mittelst  Kali  erhaltene , 
wohlgewaschene  Eisenoxidhydrat  mit  1 Unze  Weinstein  und  8 Unzen  Was- 
ser bis  auf  die  Hälfte  eingekocht,  dann  in  gelinder  Warme  zur  Extract- 
dicke  verdunstet,  dieses  wieder  in  3 Unzen  Wasser  gelöst,  filtrirt,  und 
das  Filtrat  in  gelindester  Wärme  zur  Trockne  verdunstet.  Oder  man 
kocht  1 Theil  Eisenfeile  mit  4 Theilen  gereinigtem  Weinstein 
und  6 Theilen  Wasser  anhaltend,  unter  dem  Luftzutritt,  unter 
beständiger  Ersetzung  des  verdunstenden  Wassers,  bis  das 
anfangs  entstandene  weifse,  schwer  lösliche,  weinsaure  Eisen- 
oxidul-Kali  sich  in  weinsaures  Eisenoxid -Kali  umge wandelt 
hat,  und  eine  dunkelbraune  vollkommene  Lösung  entstanden 
ist.  Diese  wird  filtrirt  und  bei  gelinder  Wärme  zur  Trockne 
verdunstet.  Nach  Hänle  wird  die  Auflösung  sehr  befördert, 
wenn  in  das  Gemenge  einige  reine  Silbermünzen  (Kronentha- 
ler)  geworfen  werden.  Man  erhitzt  fast  bis  zum  Sieden,  es  entsteht 
bald  beträchtliche  Gasentwickelung,  die  Bildung  von  weinsaurem  Eisen- 
oxidul-Kali,  und  unter  Luftzutritt  Eisenoxid,  ist  in  weit  kürzerer  Zeit 
vollendet  (Magaz.  f.  Pharmacie  Bd.  12.  S.  153). 

Die  Stahlkugeln  werden  entweder  durch  ein  ähnliches 
Verfahren  aus  1 Th.  EisenfeiSe  und  3 Th.  rohem  Weinstein 
erhalten,  oder  man  rührt  das  Gemenge  mit  Wasser  in  einem 
irdenen  Geschirr  zu  Brei  an,  setzt  es,  unter  öfterm  Umrühren 
und  Erneuerung  des  verdunsteten  Wassers,  der  Einwirkung 
der  Luft  in  gelinder  Warme  (am  besten  der  Sonnenwärme  oder  in 
einer  Dörre)  aus,  bis  eine  schwarzbraune,  ^ähe,  gleichsam 
harzartig  glänzende  Masse  daraus  geworden  ist,  welche  bei 
gelinder  Wärme  zur  Pillenmasseconsistenz  verdampft  wird, 
woraus  man  noch  warm  Kugeln  von  1— r2  Lotb  formt,  die 
vollends  ausgetrocknet  werden. 

Erklärung : Eisen  bildet  mit  Weinstein  zuerst,  unter  Wasserstoffgas- 
entwickelung,  weinsaures  Eisenoxidul- Kali , welches  eine  graugrünlich- 
weifse,  schwerlösliche  Verbindung  ist;  unter  dem  Zutritt  der  Luft  zieht 
das  Eisen  allmählig  noch  Sauerstoff  an,  wandelt  sich  in  Oxid  um,  wel- 
ches nun  mit  Weinsäure  und  weinsaurem  Kali  den  officinellen  Stahlwein- 
stein bildet.  Die  Beförderung  der  gegenseitigen  Einwirkung  der  Stoffe 
durch  hinzugesetztes  Silber  gründet  sich  auf  die  Wirkung  der  galvani- 
schen Kette.  Das  Silber  bildet  den  negativen  Pol,  und  Eisen  den  positi- 
ven. Hierdurch  wird  letzteres  mehr  geneigt  sich  zu  oxidiren.  — Auf 
ähnliche  Art  liefse  sich  wohl  die  Auflösung  mancher  andern  Metalle  be- 
schleunigen. 

§.  172.  Die  Eigenschaften  des  weinsauren  Eisenoxid- 
Kali’s  sind:  Es  ist  eine  dunkelgelbbraune,  zum  Theil  mehr 
oder  weniger  ins  Olivengrüne  gehende  Salzmasse,  von  süfs- 
lich,  schwach  alkalischem,  nicht  merklich  zusammenziehend 
eisenhaltigem  Geschmack ; reagirt  alkalisch , wird  an  der  Luft 
etwas  feucht;  löst  sich  in  4 Th.  Wasser  zu  einer  dunkelgelb- 
braunen Flüssigkeit.  Ist  in  Weingeist  fast  unlöslich,  säuren 

schlagen  aus  ihm  basisch  weinsaures  Eisenoxid  nieder  und  bilden  keinen 
Weinstein  (ausgenommen  Weinsäure,  vergi.  Magaz.  für  Pharm.  Bd.  7.  S. 
287  und  Dulk  a.  o.  a.  0.).  Ueberschüssig  zugesetzte  Säuren  lösen  das 
Salz  wieder  auf,  die  Flüssigkeit  schmeckt  jetzt  sehr  herb  adstringirend. 
Alkalien  verhalten  sich  damit  wie  gegen  Brechweinstein. 


Weinsaures  Zinnoxidul. 


893 


Die  Stahlkugeln  sind  mehr  braunschwarz,  von,  aus  dem  ro- 
hen gerbstoffhaltigen  Weinstein  herrührenden,  gerbstoffhaltigem  Eisenoxid. 
Sind  etwas  weniger  löslich  in  Wasser;  bilden  mit  8 — 10  Th. 
desselben  ein  gallertartiges  Magma,  und  lassen,  bei  Zusatz 
von  mehr  Wasser,  etwas  Eisen  und  Unreinigkeiten  zurück. 

Die  Reinheit  dieser  Präparate  erhellt  aus  ihren  Eigenschaften.  Der 
Eisenweinstein  mufs  leicht  und  vollkommen  in  Wasser  löslich  seyn.  Auch 
die  Eisenkugeln,  die  ein  glänzendes  schwarzes  Ansehn  haben  müssen, 
dürfen  beim  Lösen  in  12 — 16  Theilen  kaltem  Wasser  nur  wenig  Unlös- 
liches zurücklassen.  Auf  Kupfergehalt  prüft  man  den  Eisenweinstein  , wenn 
etwas  davon  eingeäschert,  und  die  Asche,  mit  Ammoniak  iibergossen, 
diesem  eine  blaue  Farbe  ertheilt. 

Anwendung : Der  Stahlweinstein  wird  innerlich  in  Pulver-  und  Pillen- 
Form,  auch  in  Lösungen,  gegeben;  darf  nicht  mit  Substanzen  vermischt 
werden,  welche  die  Eisenoxidsalze  uud  die  neutralen  weinsauren  Salze 
zerlegen.  — Die  Sfcahlkugeln  werden,  in  Wasser  gelöst,  zu  Bädern  ge- 
braucht. 

Die  tartarisirte  oder  Ludwig7 s Eisentinktur  ( tinct . Martis  tartarisa - 
ta,  Ludorici ) ist  zum  Theil  eine  Lösung  des  Eisen  Weinsteins  in  wässeri- 
gem Weingeist.  Nach  der  ältesten  Vorschrift,  von  Bucholz  verbessert, 
werden  4 Th.  Eisenvitriol  und  8 Th.  Weinstein  mit  Wasser  bis  zur  Trockne 
eingekocht,  die  Masse  einige  Zeit  der  Luft  ausgesetzt,  dann  mit  Zinimt- 
wasser  und  reetificirtem  Weingeist,  von  jedem  12  Theile,  digerirt  und 
filtrirf.  Die  neueste  preufsische  Pharmacopöe  läfst  gleiche  Theile  Vitriol 
und  Weinstein  mit  dem  tSfachen  Gewicht  Wasser  zur  Honigconsistenz 
einkochen  und  den  Rückstand  mit  dem  läfachen  Gewicht  der  einzelnen 
angewendeten  Ingredienzien  französischen  Weingeist  digeriren.  Van  Mons 
giebt  in  seiner  Pharmacopöe  usuelle  folgende  Vorschrift:  1 Theil  Stahl- 
weinstein wird  in  6 Th.  weifsem  Wein  gelöst,  2 Th.  Branntwein  zuge- 
setzt, uud  dann  filtrirt.  — Da  der  Wein  wegen  seinem  Säuregehalt  zer- 
legend auf  den  Stahlweinstein  einwirkt,  so  wäre  es  besser,  denselben  in 
Wasser  zu  lösen,  1 Th.  in  6 Th.,  und  zur  Haltbarkeit  der  Tinktur  2 Th. 
schwachen  Weingeist  zuzusetzen,  der  aber  die  Lösung  nicht  trüben  darf. 

Weinsaures  Kobaltoxidul.  Rothes  kristallisirbares  Salz,  nicht  fällbar 
durch  Alkalien. 

Weinsaures  Kobaltoxidul-Kali.  Beim  Vermischen  eines  löslichen  Ko- 
baltoxidulsaizes  mit  neutralem  weinsaurem  Kali  erhält  man  grofse  rhom- 
boidale Kristalle. 

Weinsaures  Nickeloxid.  Blafsgrünes  Pulver,  in  Weinsäure  und  Al- 
kalien löslich. 

Weinsaures  Nickeloxid  - Kali.  Durch  Kochen  von  Weinstein  mit 
Nickeloxid  erhält  man  eine  grüne,  nicht  kristallisirende  Auflösung  von 
süfsem  Geschmack  {Wühler). 

Weinsaures  Zinkoxid.  Dieses  Salz  bildet  sich  durch  Behandlung  des 
Metalls  mit  wässeriger  Weinsäure  und  schlägt  sich  als  schwerlösliches  Pul- 
ver nieder.  Kohlensaures  Kali  zerlegt  dieses  Salz,  die  Hälfte  des  Zink- 
oxids  abscheidend;  die  Auflösung  enthält  das  folgende  Salz. 

Weinsaures  Zinkoxid-Kali.  Durch  Behandlung  von  metallischem  Ziufc 
mit  Weinsteinauflösung.  Farblose  Flüssigkeit,  ein  gummiartiges  Salz  beim 
Abdampfen  liefernd,  was  durch  Alkalien  keine  Zersetzung  erleidet.  Aus 
Zinksalzen,  die  mit  Weinsäure  versetzt  sind,  schlagen  Alkalien  einen 
Theil  Zinkoxid  nieder,  eine  andere  Portion  bleibt  in  Lösung. 

Weinsaures  Zinnoxidul.  Schwer  in  Wasser  lösliche  Nadeln , in  Al- 
kalien löslich. 


894 


Weinsaures  Bleioxid. 


Weinsaures  Bleioxid.  T,  2PbO  ( Berzelius ).  Die  löslichen  Bleisalze 
geben  mit  freier  Weinsäure  einen  weifsen  kristallinischen,  in  Wasser  sehr 
schwer,  leichter  in  überschüssiger  Weinsäure  und  Salpetersäure  löslichen 
Niederschlag;  die  saure  Auflösung  wird  durch  Alkalien  nicht  gefällt. 

Eine  Auflösung  von  neutralem  weinsaurem  Kali  giebt  mit  neutralem 
essigsaurem  Bleioxid  einen  weifsen  körnigen  Niederschlag  von  weinsaurem 
Bleioxid ~Kalif  welches  weder  durch  schwefelsaure  Salze  noch  durch 
kohlensaure  Alkalien  zerlegt  wird. 

Weinsaures  Kupferoxid.  Sehr  lösliches,  schwierig  kristallisirbares 
Salz.  Alkalien  verursachen  in  seiner  wässerigen  Lösung  einen  Nieder- 
schlag, der  bei  einem  Ueberscliufs  des  Alkali’s  wieder  verschwindet.  Wein- 
säure bildet  in  der  Auflösung  des  weinsauren  Kupferoxids  einen  bläulich 
weifsen  Niederschlag. 

Weinsaures  Kupferoxid-Kali.  Blaue  in  Wasser  leicht  lösliche  Kri- 
stalle von  siifsem  Geschmack ; aus  der  wässerigen  Auflösung  wird  das 
Salz  durch  Alkohol  gefällt.  Durch  Behandlung  von  Grünspan  mit  Wein- 
säure erhält  man  eine  (essigsäurehaltige)  Lösung  dieses  Salzes  von  schön 
blauer  Farbe,  welche  als  durchsichtige  Malerfarbe  zum  llluminiren  von 
Landkarten  gebraucht  wird. 

Weinsaures  Wismuthoxid.  Weifses,  kristallinisches,  unauflösliches 
Pulver,  in  Alkalien  nicht  löslich,  sie  entziehen  ihm  die  Säure  und  hinter- 
lassen reines  Oxid. 

Weinsaure  Titansäure.  Titanchlorid  wird  durch  Weinsäure  in  Gestalt 
eines  weifsen  Niederschlags  gefällt;  in  verschlossenen  Gefäfsen  trocken 
erhitzt  wird  er  schwarz  metallisch  glänzend. 

Titansänre  löst  sich  im  frisch  niedergeschlagenen  Zustande  in  über- 
schüssiger Weinsäure  und  Weinstein  auf;  diese  Auflösungen  werden  durch 
Alkalien  nicht  gefällt  ( Berz.}  H . Rose). 

Weinsaures  Tantalsäure-Kali.  Das  Hydrat  der  Tanfcalsäure  löst  sich 
reichlich  in  siedender  Weinsteinlösung,  die  gesättigte  Flüssigkeit  erstarrt 
beim  Erkalten  {Berzelius ). 

Weinsaures  Molybdänoxidul-Kali.  Legt  man  in  eine  Auflösung  von 
Molybdänsäure  in  saurem  weinsaurem  Kali  metallisches  Zink,  so  wird  die 
Säure  zu  Oxid  reducirt,  man  erhält  eine  gelbe  Flüssigkeit,  die  mit  Salz- 
säure versetzt  bei  weiterer  Berührung  mit  Zink  weinsaures  Molybdänoxi- 
dul-Kali als  schwarzes  schwerlösliches  Pulver  fallen  läfst,  was  sich  in 
reinem  Wasser  mit  schwacher  Purpurfarbe  auflöst.  Ammoniak  löst  es  mit 
dunkler  Purpurfarbe  ohne  Veränderung  ( Berzelius). 

Weinsaures  Molybdänoxid.  T , Mo02.  Blafsrothe  gummiartige  Masse, 
die  eine  bemerkensvverthe  Neigung  hat  grün  und  blau  zu  weiden.  In  Al- 
kalien mit  dunkelrother  Farbe  löslich;  die  Farbe  verschwindet  beim  Ste- 
hen an  der  Luft. 

Weinsaures  Molybdänoxid-Kali . Gelbe  Salzmasse,  in  Wasser  leicht 
löslich,  giebt  mit  Molybdänoxidhydrat  erhitzt  ein  schwer  auflösliches  Salz 
von  brauner  Farbe. 

Weihsaure  Molybdänsäure.  Farbloses,  nicht  kristallisirendes  Salz; 
löst  sich  vollkommen  in  Weingeist.  Die  wässerige  Auflösung  wird  beim 
Verdunsten  blau  {Berzelius ). 

Weinsaures  Molybdänsäure- Kali.  Saures  weinsaures  Kali  ist  das 
beste  Auflösungsmittel  für  Molybdänsäure,  sowohl  die  sublirairte  als  die 
geschmolzene  Säure  wird  davon  im  Sieden  leicht  aufgenommen.  Die  Auf- 
lösung trocknet  zu  einer  gummiähnlichen  Salzmasse  ein. 


Weinsaures  Anti monoxid- Kali. 


895 


Weinsäure s Vanadinoxid.  Beim  Erhitzen  von  Vanadinsäure  mit  Wein- 
säure entsteht  unter  Reduction  der  Vanadinsäure  und  Aufbrausen  eine 
mittelblaue  Flüssigkeit , welche  nach  dem  Abdampfen  eine  blaue  durch- 
scheinende Salzmasse  hinterläfst , die  sich  sehr  langsam  in  Wasser  wieder 
löst;  sie  wird  von  Ammoniak  leicht  mit  Purpurfarbe  aufgenommen  ( Ber - 
%elius).  Die  Vanadinsäure  löst  sich  unter  Zersetzung,  wenn  sie  mit  Was- 
ser und  Weinstein  zum  Sieden  erhitzt  wird;  die  Auflösung  ist  blau. 

Weinsaures  Chromoxid.  Das  Chromoxidhydrat  löst  sich  in  der  Wärme 
in  verdünnter  Weinsäure  und  giebt  eine  in  reflektirtem  Lichte  grüne,  bei 
durchfallendem  Lichte  violettrothe  Flüssigkeit,  welche  beim  freiwilligen 
Verdampfen  violettrothe  Octaeder  liefert.  Die  Kristalle  verwittern  an  der 
Luft  und  sind  leicht  in  Wasser  löslich  (Moser). 

Weinsaures  Chromoxid-Kali.  Erhitzt  man  saures  chromsaures  Kali 
mit  Weinsäure,  so  entsteht  unter  lebhaftem  Auf  brausen  durch  Reduction 
der  Chromsäure  weinsaures  Chromoxid- Kali  von  dunkelgrüner  Farbe; 
die  Flüssigkeit  giebt  abgedampft  eine  gummiartige  Salzmasse,  die  sich  in 
Alkalien  löst.  Man  benutzt  die  Eigenschaft  der  Chromsäure,  durch  Wein- 
säure oder  weinsaure  Salze  reducirt  zu  werden,  bei  der  Prüfung  der 
chromsauren  Kalisalze  auf  schwefelsaures  Kali.  Chromsäure  und  Schwe- 
felsäure fällen  beide  die  Barytsalze ; dieser  Niederschlag  ist  bei  geringen 
Mengen  von  Schwefelsäure  in  Salpetersäure  vollkommen  löslich.  Wird 
aber  das  chromsaure  Kali  vor  dem  Zusatz  von  Barytsalzen  mit  etwas 
Weinsäure  bis  zum  Verschwinden  der  gelben  Farbe  erwärmt,  so  schlagen 
Barytsalze  beim  Vorhandenseyn  von  schwefelsauren  Salzen  reinen  schwe- 
felsauren Baryt  nieder. 

Weinstein  löst  bei  anhaltender  Digestion  Chromoxidhydrat  mit  grüner 
Farbe  zu  derselben  Verbindung  auf. 

Weinsaures  Antimonoxid . 

Das  neutrale  weinsaure  Antimonoxid  ist  so  gut  wie  unbekannt,  man 
weifs  nur,  dafs  sich  Antimonoxid  in  Weinsäure  zu  einer  in  Wasser  leicht 
löslichen,  schwierig  kristallisirbaren  Verbindung  vereinigen.  Die  concen- 
trirte  Auflösung  wird  nicht  durch  Alkalien,  aber  durch  verdünnte  Mineral- 
säuren weifs  gefällt;  sie  setzt  zuweilen  ein  weifses  Pulver  ab,  was  mit 
Alkohol  gewaschen  sich  leicht  in  Wasser  löst  und  Lakmus  röthet  (Sou- 
beiran).  Bekannter  und  genauer  untersucht  sind  die  Verbindungen  der 
Weinsäure  mit  Antimonoxid  und  andern  Basen. 

Weinsaures  Antimonoxid-Kali. 

Man  kennt  drei  Verbindungen  der  Weinsäure  mit  Antimonoxid  und 
Kali.  Die  eine  derselben  ist  der  in  der  Arzneikunde  so  hochgeschätzte 
Brechweinstein  , den  man  durch  Behandlung  von  Antimonoxid  mit  saurem 
weinsaurem  Kali  erhält.  Dieses  Salz  unterscheidet  sich  von  den  übrigen 
weinsauren  Salzen  durch  seine  Zusammensetzung  und  sein  chemisches 
Verhalten.  Die  Weinsäure,  als  eine  zweibasische  Säure,  bedarf,  um  ein 
neutrales  Salz  zu  bilden,  entweder  1 At.  einer  Basis,  die  2 At.  Sauerstoff 
enthalten,  oder  2 Atome  Basis,  die  zusammen  2 At.  Sauerstoff  enthalten. 
Der  Formel’  nach,  weiche  die  Zusammensetzung  des  bei  100°  getrock- 
neten Brechweinsteins  ausdrückt, 

T -t-  KO , Sb205 

enthält  derselbe  in  1 Atom  zwei  Basen , die  zusammen  4 At.  Sauerstoff 
enthalten,  mithin  in  den  Basen  2 At.  Sauerstoff  mehr,  als  dem  Verhältnifs 
in  den  neutralen  weinsauren  Salzen  entspricht,  und  er  wäre  demnach  als 
ein  basisches  Salz  oder  als  ein  Doppelsalz  von  neutralem  weinsaurem  Kali 
mit  basisch  weinsaurem  Antimonoxid  zu  betrachten , 

T , ÄKO  + T,  281)* Os ; 


896  Weinsaures  Antimonoxid-Kali. 

2 Atome  Antimonoxid  bedürfen  aber,  um  neutrales  Salz  zu  bilden,  3 At. 
Weinsäure  (3T);  der  Brechweinstein  enthält  mithin  2 At.  Weinsäure 
weniger  als  die  eigentlich  neutrale  Verbindung. 

Nach  der  bisherigen  Annahme  haben  die  neutralen  Salze  eine  den  Hy- 
draten der  Säuren  analoge  Zusammensetzung,  in  der  Art,  dafs  man  die- 
jenigen Verbindungen  neutrale  nennt,  in  welchen  ein  oder  mehrere  Aequi- 
valente  Wasser  in  dem  Hydrate  der  Säure  ersetzt  und  vertreten  sind  durch 
eine  gleiche  Anzahl  von  Aequivalenten  eines  Metalloxids.  Basische  Salze 
sind  hiernach  Verbindungen  von  neutralen  Salzeu  mit  Metalloxiden,  oder 
Verbindungen  von  Säuren  mit  Metalloxid,  in  welchen  das  Hydratwasser 
der  Säure  vertreten  ist  durch  eine  gröfsere  Anzahl  von  Aequivalenten 
von  Metalloxid. 

Von  dieser  Klasse  von  basischen  Salzen  unterscheidet  sich  der  Brech- 
weinstein sehr  wesentlich ; bei  200°  verliert  er  nemlich , ohne  seine  Farbe 
zu  ändern,  eine  Quantität  Wasser,  welche,  auf  die  Formel  T , KO,  Sb203 
berechnet,  2 Atome  und  auf  die  andere  Formel  4 Atome  ausmacht. 

In  der  einfachsten  Form  ausgednickt  bezeichnet  mau  mit  neutralen 
Salzen  gewisse  Verbindungen  einfacher  oder  zusammengesetzter  Körper 
mit  einer  gleichen  Anzahl  von  Aequivalenten  von  Metallen,  und  in  so  fern 
verschieden  von  einander,  als  sie  verschiedene  Metalle  enthalten.  Denkt 
man  sich  die  Metalle  in  diesen  Verbindungen  ersetzt  durch  eine  gleiche 
Anzahl  von  Aequivalenten  Wasserstoff,  so  hat  inan  genau  die  sogenannten 
Hydrate  der  Säuren.  Eine  gewisse  Anzahl  von  Metalloxiden  enthält  in 
einem  Atom  3 Aeq.  Sauerstoff,  und  diese  ersetzen  nach  der  gewöhnlichen 
Annahme,  wie  das  Antimonoxid  z.  B.,  in  ihren  sogenannten  neutralen 
Salzen  3 Atome  einer  andern  Basis,  welche  zusammen  ebenfalls  3 Atome 
Sauerstoff  enthalten.  Vergleicht  man  die  Anzahl  der  Atome  der  Metalle 
mit  einander,  die  sich  in  diesen  Salzen  zu  vertreten  vermögen,  so  ergiebfc 
sich,  dafs  hierin  2 Atome  Antimon  aequivalent  sind  3 Atomen  von  einem 
andern  Metall  (dessen  Oxid  nur  1 At.  Sauerstoff  aufnimmt)  oder  6 Atomen 
Wasserstoff  verglichen  mit  dem  Hydrat  der  Säure.  Die  Anzahl  der  Atome 
der  Metalle  ist  sich  in  diesen  Salzen  ungleich , alle  übrigen  Elemente  sind 
aber  in  den  nemlichen  Verhältnissen  zugegen.  Diese  Klasse  von  Oxiden 
bildet  noch  eine  zweite  Reihe  von  Salzen,  in  welchen,  verglichen  mit 
dem  Hydrate  der  Säure,  die  Anzahl  der  Atome  aller  Elemente  bis  auf 
den  Sauerstoff  gleich  ist,  in  denen  also  z.  B.  der  Wasserstoff  der  Säure 
vertreten  ist  durch  eine  gleiche  Anzahl  von  Atomen  Metall. 

Wenn  man  3 Atome  Weinsäure  durch  die  Formel  3(C8  H8  012)  -+*  12H 
ausdrückt,  so  ist  3(C8  H8  012)  -H  4Sb  die  Formel  für  das  sogenannte  neu- 
trale weinsaure  Antimonoxid.  In  der  andern  Reihe  sind  in  einem  Atom 
Weinsäure  4 At.  Wasserstoff  ersetzt  durch  4 At.  Antimon,  oder  die  bei- 
den Atome  Hydratwasser  der  Säure  sind  ersetzt,  nicht  durch  ihre  Aequi- 
valente  au  Antimonoxid,  sondern  durch  eine  gleiche  Anzahl  Atome  Anti- 
monoxid. 

C8  Hs  012  -4-  4H  Weinsäure 
C8  HS  012  -+-  4Sb  -H  40 

Für  jedes  Atom  Sauerstoff,  was  bei  andern  Salzen  in  der  Form  eines 
Metalloxids  eine  Verbindung  mit  dem  Hydrate  einer  Säure  eingeht,  wird 
eine  gleiche  Anzahl  von  Sauerstoff-Atomen  in  der  Form  von  Wasser  aus- 
geschieden. 

Wie  man  leicht  bemerkt,  gehen  in  die  Zusammensetzung  des  eben- 
erwähnten Salzes  mit  den  4 At.  Antimon  6 Atome  Sauerstoff  in  die  Ver- 
bindung ein,  während  nur  2 Atome  Sauerstoff  als  Wasser  abgeschieden 
und  ersetzt  werden. 

Die  nemliche  Verbindung  ist  in  dem  Brechvveinstein  enthalten.  Das 
eine  Atom  Wasser  der  Weinsäure  ist  durch  Kali,  das  andere  durch  Anti- 
monoxid ersetzt,  oder  die  beiden  Basen  enthalten  zusammengenommen  2 
Atome  Sauerstoff  mehr,  als  den  neutralen  Salzen  entspricht, 

C*  H8  012  -4-  -f-  0, 


Weinsaures  Antimonoxid-Kali. 


897 


Der  Brechweinstein  bietet  nun  die  bemerkenswerfche  Fähigkeit  dar, 
beim  Erhitzen  auf  200°  in  den  Zustand  überzugehen,  in  welchem  er  in 
Beziehung  auf  die  Sauerstoffquantität  eine,  den  andern  weinsauren  Salzen 
gleiche  Form  annimmt;  es  scheiden  sich  nemiich  bei  dieser  Temperatur, 
ohne  dafs  sich  Farbe  und  Eigenschaften  ändern,  die  beiden  Atome  Sauer- 
stoff, die  hier  als  ausserhalb  des  Radikals  bezeichnet  stehen,  in  der  Form 
von  Wasser  ab,  und  seine  Zusammensetzung  ist  folgende: 

CsH4013  + sKbi 

Es  haben  sich  mithin  von  dem  Körper,  den  man  als  Radikal  der  Säure  be- 
zeichnet, 4 At.  Wasserstoff  abgeschieden,  und  man  findet  sie  ersetzt  durch 
2 Aeq.  Antimon  (1  At.  Antimon  zz:  3 Aeq.  Antimon) ; ob  der  Sauerstoff  dessel- 
ben von  dem  Autimonoxid  oder  von  den  Bestandtheilen  der  Säure  genommen 
worden  ist,  kann  natürlich  nicht  entschieden  werden,  nur  soviel  kann  mit 
Gewifsheit  vorausgesetzt  werden,  dals  dieses  Wasser  nicht  fertig  gebildet 
in  dem  bei  100°  getrockneten  Brechweinstein  vorhanden  war,  und  da  die 
andern  neutralen  weinsauren  Salze  bei  Erhitzung  über  100°  kein  Wasser 
ohne  Zersetzung  abgeben , also  die  ßestandtheile  der  Säure  für  sich  an 
der  Bildung  dieses  Wassers  keinen  Antheil  zu  nehmen  scheinen,  da  dieses 
Wasser  nur  bei  dem  Brechweinstein  abgeschieden  wird,  bei  einem  Salze 
also,  dessen  Basen  2 Atome  Sauerstoff  mehr  enthalten,  also  gerade  soviel 
mehr,  als  in  der  Form  von  Wasser  abgeschieden  wird,  so  bleibt  es  immer 
am  wahrscheinlichsten,  an  zunehmen,  dafs  an  dieser  Wasserbildung  diese 
beiden  Atome  Sauerstoff  Antheil  haben , diese  Wasserbildung  mithin  einer 
Reduktion  des  Oxids  zuzuschreiben.  CSiehe  Annalen  der  Pharmacie  Bd. 
XXVI.  S.  157.) 


Wenn  eine  Auflösung  von  Weinsäure  mit  Brechweinstein  im  Sieden 
erhalten  wird,  so  löst  sich  darin  bei  weitem  mehr  auf,  als  ein  gleiches 
Volum  Wasser  aufgenommen  haben  würde.  Läfst  man  die  Auflösung  kalt 
werden  und  den  überschüssigen  Brechweinstein  herauskristallisiren,  so 
bleibt  eine  saure  Flüssigkeit,  welche  bei  Syrupconsistenz  zu  farblosen 
Kristallen  erstarrt.  Dies  ist,  wenn  man  den  Brechweinstein  basisches  Salz 
nennt,  die  neutrale  Verbindung  der  Weinsäure  mit  Kali  und  Antimonoxid. 

2T  -f- 

+ Sb203 

Die  beiden  Basen  enthalten  zusammen  4 Atome  Sauerstoff,  die  nemliche 
Quantität,  welche  alle  Basen  enthalten,  die  zur  Neutralisation  von  2 At. 
Weinsäure  erforderlich  sind.  Dieses  Salz  ist  stets  in  der  Mutterlauge  ent- 
halten, welche  bei  der  Darstellung  des  Brechweinsteins  übrig  bleibt.  Beim 
Kochen  des  Antimonoxids  mit  Weinstein  löst  sich  nemiich  nur  ein  Theil 
davon  auf,  ein  anderer  Theil  bleibt  als  Antimonoxid-Kali  ungelöst. 

Der  Brechweinstein  verbindet  sich  mit  saurem  weinsaurem  Kali  zu  ei- 
nem Doppelsalz,  welches  3 Atome  saures  weinsaures  Kali  auf  1 Atom 
Brechweinstein  enthält. 


3(T,  KO,  RjO)  T,  KO,  H205. 

Dieses  Salz  bildet  sich  stets  bei  der  Darstellung  des  Brechweinsteins,  wenn 
die  Mischung  anhaltend  im  Sieden  erhalten  wird. 


Neutrales  weinsaures  Antimonoxid  - Kali. 

Formel:  2T,  KO,  Sb2  Os  -f  7aq  £ Knapp') . 

Darstellung : 9 Theile  Brechweinstein  und  4 Th.  kristallisirte  Wein- 
säure werden  zusammen  in  siedendem  Wasser  gelöst  uud  die  Auflösung 
bei  gelinder  Wärme  abgedampft.  Die  beim  Concentriren  und  Abdampfen 
sich  absetzenden  Kristalle  von  Brechweinstein  trennt  man  von  der  Mutter- 
lauge und  stellt  diese  zum  Kristallisiren  an  einen  mäfsig  warmen  Ort. 

Eigenschaften:  Kristallisirt  aus  einer  syrupdicken  Auflösung  bei  ruhi- 
gem Stehen  an  einem  warmen  Orte  in  concentrisch  vereinigten  Gruppen ; 
die  einzelnen  Kristalle  sind  nicht  deutlich  bestimmbar,  sie  zeigen  übrigens 


898 


Brecli  Weinstein. 


unter  schiefen  Winkeln  zu  einander  geneigte  Axen.  Sie  verwittern  in 
warmer  Luft  und  verlieren  im  luftleeren  Raume  5 At.  Wasser  (9,3  p.  c.), 
2 Atome  bleiben  in  der  Verbindung  zurück,  sie  lösen  sich  sehr  leicht  im 
Wasser,  die  Auflösung  reagirt  stark  sauer.  Wird  eine  heifse  Auflösung 
dieses  Salzes  über  den  Kristallisationspunkt  hinaus  abgedampft  und  rasch 
erkaltet,  so  erstarrt  sie  zu  einer  durchsichtigen  zähen  Masse,  welche 
nach  einiger  Zeit  undurchsichtig  und  milch weifs  wird,  es  entstehen  in  der- 
selben weifse  Punkte,  welche  bei  Bewegung  rasch  zunehmen;  zuletzt  hat 
man  eine  blendendweifse  Masse,  die  mit  Wasser  zusammengebracht  eine 
sehr  sauer  reagirende  Flüssigkeit  und  einen  weifsen,  in  kaltem  Wasser 
sehr  schwer  löslichen  Niederschlag  giebfc.  Die  Flüssigkeit  enthält  weinsau- 
res Antimonoxid  und  der  Niederschlag  eine  Verbindung  von  saurem  wein- 
saurem Kali  mit  Brechweinstein. 

Vermischt  man  eine  Auflösung  von  neutralem  weinsaurem  Antimonoxid- 
Kali  mit  Alkohol , so  schlägt  sich  Brechweinstein  als  feines  Pulver  nieder, 
iu  der  Flüssigkeit  hat  man  eine  Antimonoxid-  und  Kali-freie  Auflösung  von 
Weinsäure. 


Brech  Weinstein. 

Formel:  T,  Sb203,  KO  + 2aq  C Wallquist,  Dutte). 

T,  Sb203,  KO,  aq  ( Dumas ). 

Synonyme : Weinsteinsaures  Autimonoxid-Kali  (Kali  stibiato-tartari- 
cum,  Tartarus  stibiatus,  Tartras  Kalico-stibicus,  Tartras  oxyduli  Stibii 
et  Potassae). 

Der  Brechweinstein  wurde  1681  von  Mynsicht  entdeckt. 

§.  173.  Die  einfachste  Bereitungsart  des  Brechweinsteins 
(deren  es  eine  sehr  grofse  Menge  giebt)  ist  die  von  Bucholz , hier  in 
den  Mengenverhältnissen  etwas  abgeänderte.  Es  werden  3 TheÜC 
reines  Spiefsglanzoxid  mit  4 Theilen  gepulvertem  gereinigtem 
Weinstein,  oder  4 Theile  schwefelhaltiges  mit  5 Th.  Wein- 
stein in  einer  steinernen  lleib-  oder  Abrauch-Schaale  mit  Was- 
ser zu  einem  dünnen  Brei  angerieben,  das  Gemenge -bis  auf 
60  — 70°  R.  erhitzt,  und  einige  Stunden,  unter  Ersetzung  des 
verdunstenden  Wassers,  oder  überhaupt  so  lange  erhitzt,  bis 
dasselbe  sich  nicht  mehr  sandig  anfühlt,  und  eine  Probe  sich 
bei  Anwendung  von  reinem  Oxid  bis  auf  eine  geringe  Spur 
(sich  ausscheidenden  weinsauren  Kalksl,  oder  bei  Anwendung  von 
schwefelhaltigem  Oxid  bis  auf  den  Schwefel  in  15  Theilen  kal- 
tem Wasser  löst,  dann  wird  es  mit  6 — 8 Theilen  kochendem 
Wasser  übergossen,  % bis  1 2 Stunde  gekocht  und  heifs  filtrirt. 
Die  von  den,  nach  dem  Erkalten,  angeschossenen  Kristallen 
abgegossene  Flüssigkeit  wird  ferner  verdampft,  so  lange  sie 
Kristalle  liefert,  und  die  unkristallisirbare  Mutterlauge  wegge- 
schüttet. Sämmtliche,  mit  wenig  kaltem  Wasser  gewaschene, 
Kristalle  werden  in  15  Theilen  Wasser  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur gelöst,  und  das  klare  Filtrat  langsam  zur  Kristallisa- 
tion verdampft.  Fallen  die  zuletzt  erhaltenen  Kristalle  gelb 
aus , so  müssen  sie  durch  wiederholtes  Lösen  und  Kristallisiren 
gereinigt  werden.  Eben  so  leicht  erhält  man  mit  Antimon- 
chlorür  (Spiefsglanzbutter)  oder  mit  Algarotbpulver  einen  sehr 


Biech  Weinstein 


899 


schönen  Brech Weinstein.  Es  werden  nach  Henry  100  Theile 
Algarothpulver  mit  245  Theilen  Weinstein  und  der  nöthigen 
Menge  Wasser  in  einem  gufseisernen  (auch  kupfernen,  nur  nicht 
zinnernen)  Gefäfse  hinreichende  Zeit  gekocht  und  die  bis  auf 
1,21  spec.  Gew.  verdampfte  Flüssigkeit  heifs  flltrirt.  Auch 
kann  man  das  mit  Wasser  zu  Brei  angerührte  Gemenge  nur 
wie  vorher  angegeben,  hinreichend  lange  digeriren.  — Oder 
man  behandelt  reines  oder  noch  mit  etwas  Schwefel  gemengtes 
basisch  schwefelsaures  Antimonoxid  eben  so  mit  seinem  glei- 
chen Gewicht  Weinstein  und  verfährt  wie  vorher.  Die  schwie- 
rig kristaJiisirenden  sauren  Mutterlaugen  werden  weggeschüt- 
tet, die  Kristalle  mit  wenig  Wasser  abgespült,  nochmals  ge- 
löst und  kristallisirt.  Auf  gleiche  Art  verfährt  mau  mit  Spiefsglanzglas 
oder  Spiefsglanzsafran ; nur  ist  dieser  Brechvveinstein  etwas  schwieriger 
zu  reinigen.  Das  Abdampfen  der  Lauge  zur  Trockne  liefert  ein  unsiche- 
res , ja  selbst  des  im  gewöhnlichen  Antimon  enthaltenen  Arsengehalts  we- 
gen gefährliches  Präparat.  (Heber  Brechweinsteinbereitung  vergl.  übrigens 
noch  Magaz.  f.  Pharmacie  Bd.  7.  S.  256,  Bd.  9.  S.  107  u.  Bd.  15.  S. 
243  ff.) 

Erklärung:  (siehe  S.  895  ff.)  Die  unkristallisirbare , oder  schwierig 
kristallisirbare  Lauge  enthält,  bei  Anwendung  von  unreinem  Oxid,  die 
fremden  Metalle,  Arsenik  u.  s.  w.,  und  mufs  schon  aus  dem  Grunde  vom 
Brechweinstein  entfernt  werden. 

§.  174.  Die  Eigenschaften  des  Brechweinsteins  sind: 
Er  kristallisirt  in  weifsen,  glänzenden,  durchscheinenden, 
rectangulären  Säulen,  mit  4 auf  den  Endkanten  aufgesetzten 
Flächen  (oft  an  beiden  Enden)  zugespitzt,  die  Zuspitzung  ist  ge- 
wöhnlich unvollständig,  so  dafs  die  beiden  breiten  Zuspitzungsflächen  noch 
eine  Kante  bilden.  Oft  bleibt  noch  ein  Rest  der  Endfläche  der  Säule. 

Nach  Bernhardt  ist  die  Kernform  des  Brechweinsteins  das 
rhombische  Octaeder.  (Ueber  eine  von  Wurzer  beobachtete  eigen- 
thümliche  Kristallform  des  Brechweinsteins  s.  Magaz.  f.  Pharmacie  Bd.  26. 

S.  48.)  An  der  Luft  werden  die  Kristalle  porcell anartig,  un- 
durchsichtig und  mürbe,  ohne  zu  zerfallen.  Der  Geschmack 
ist  eigenthumlich,  schwach  süfslich,  hintennach  stechend,  me- 
tallisch, ekelhaft.  Er  bewirkt  in  geringen  Dosen  (von  1 — 4 
Gran)  Erbrechen  5 wirkt  in  gröfsern  (zu  V2  Unze)  selbst  tödtlich. 

(Als  Gegenmittel  gegen  Vergiftung  mit  Brechweinstein  schlägt  Saiweton 
China  vor.  Magaz.  f.  Pharmacie  Bd.  13.  S.  199.)  ilöthet  Lackmus. 

Für  sich  in  einem  verschlossenen  Gefäfse  der  Weifsglüh- 
hitze ausgesetzt,  erhält  man  eine  Legirung  von  Kalium  mit 
Antimon  als  Regulus,  welcher  in  Wasser  gebracht  geruchloses 
Wasserstoffgas  entwickeln  mufs  5 ein  Knoblauchgeruch  zeigt 
Arsenik  an  (SernllasJ. 

Der  Brechweinstein  löst  sich  in  14  bis  15  Theilen  kaltem 
und  2 Theilen  kochendem  Wasser.  Nach  Brandes  erfordert 
er  bei  7°  R.  18,9944,  bei  17°  12,658,  bei  25°  8,256,  bei  80° 
7,092,  bei  48°  5,6,  bei  50°  4,88,  bei  60°  8,2t,  bei  70°  3,02, 
bei  80°  2,78  Theile  Wasser  zur  Lösung.  — Salpeter-,  Salz-  und 
Schwefel-Säure  schlagen  aus  der  kalten  concentrirten  wässerigen  Lösung 
basisches  Salpeter-,  salz-  und  schwefel-saures  Antimonoxid,  in  Verbin- 
dung mit  basisch  weinsaurem  Antimonoxid,  nieder;  es  bleibt  neutrales 


900 


B rech  Weinstein, 


weinsaures  Antimonoxid-Kali  in  Auflösung;  weshalb  kein  Weinstein  gefallt 
wird.  Setzt  man  der  Brechweinsteinlösung;  so  lange  als  Trübung  entsteht;  I 
Schwefelsäure  ZU;  filtrirt  und  dampft  in  gelinder  Wärme  ab;  so  trübt  sich 
die  Flüssigkeit  aufs  Neue;  durch  Absetzen  von  basisch  schwefelsaurem 
und  weinsaurem  Antimonoxid;  und  zuletzt  kristallisirt  in  undeutlichen  Kör- 
nern ein  leicht  lösliches  Salz;  aus  saurem  schwefelsaurem  Kali  und  neu- 
tralem weiusaurem  Antimonoxid-Kali  bestehend.  Essigsäure  trübt  die 
Brechweinsteinlösung  nicht  und  erzeugt  auch  keinen  Weinstein.  Beine 
und  kohlensaure  Alkalien  fällen  die  Brechweinsteinlösung  anfangs  nicht;  mit 
der  Zeit  entstehen  aber  weifse  Niederschläge;  Kalkwasser  fällt  sie  so- 
gleich. (Aus  dem  Grunde  darf  zur  Lösung  von  Brechweinstein  kein  ge- 
wöhnliches Kalk-  und  Magnesia-haltiges  Quellwasser,  sondern  nur  reines 
[destillirtes]  Wasser  genommen  werden.)  Wässerige  Hydrothionsäure  färbt 
die  verdünnte  Lösung  braunroth;  hydrothionsaures  Gas,  so  wie  die  mit 
stärkere  Säuren  versetzte  wässerige  Hydrothionsäure  fällen  ein  Gemenge 
von  saurem  weinsaurein  Kali  und  Schwefelaotimonhydrat.  Auf  glühende 
Kohlen  geworfen,  bilden  sich  metallische  Kügelchen  von  AutinioD. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit:  Der  Brechweinstein  mufs  schön  weifs  und 
luftbeständig  seyn,  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  vollständig  in  15 
Theilen  Wasser  lösen  (bedarf  er  mehr,  so  enthält  er  freien  Weinstein  oder 
weinsauren  Kalk  u.  s.  w.).  Wässerige  Hydrothionsäure  darf  die  verdünnte 
Lösung  desselben  anfangs  nur  braunroth  färben,  die  völlig  klare  Flüssig- 
keit trübt  sich  erst  nach  einigen  Stunden  an  der  Luft;  fällt  sie  sogleich 
rothe  Flocken,  so  enthält  er  freien  Weinstein.  Die  mit  Säuren  versetzte 
Lösung  darf  durch  Ferrocyaokaliuin  nicht  blau  gefällt  werden.  (NB.  nur 
schwächere  Säuren,  wie  Wein-  und  Essig-Säure,  dürfen  in  geringer  Menge 
zugesetzt  werden,  der  blaue  Niederschlag  mufs  sogleich  erscheinen;  er- 
scheint er  erst  nach  einiger  Zeit,  so  kann  er  auch  von  dem  Eisenoxidul 
des  zerlegten  Ferrocyankaliums  herriihreu  Die  Prüfung  des 

Brech Weinsteins  auf  Arsenikgehalt  ist  wie  bei  den  übrigen  Antimon -Prä- 
paraten. Der  kristallisirte  ist  immer  frei  non  Arsenik  ( Serullas ).  (Vgl. 
jedoch  Elsner  in  Kästner’ s Archiv  für  Chemie  und  Meteorologie  Bd.  1. 

S.  326.) 

Anwendung : Als  Brechmittel  u.  s.  w.  innerlich  in  Lösungen.  Darf 
nicht  mit  den  oben,  und  bei  den  Spiefsglanzoxid-  so  wie  bei  den  weinsau- 
ren Salzen  angezeigten , ferner  mit  China  und  allen  gerbstoffhaltigen  Sub- 
stanzen, welche  zerlegend  auf  ihn  einwirken,  vermischt  werden.  Wird 
auch  äusserlich  in  Lösungen,  und  mit  Fett  vermengt,  augewendet,  und 
dient  unter  andern  als  Mittel  zur  Beförderung  und  Wiederherstellung  des 
Haarwuchses. 

Doppelrate  von  Brechweinstein  mit  saurem  weinsaurem  Kali. 

Formel:  4T,  4KO,  Sb203  + 3aq  oder  T-,  KO,  Sb203  + 3(T,  KO, 

H20)  f Knapp). 

Entdeckt  von  Knapp. 

Darstellung : Entsteht  durch  Zersetzung  des  neutralen  weinsauren 
Antimonoxid-Kali’s  bei  Concentration  der  Auflösung  über  ihrem  Kristalli- 
sationspunkt; man  erhält  die  Verbindung  leicht,  wenn  10  Theile  (1  Atom) 
Brechweinstein  und  16  Theile  (3  Atome)  saures  weinsaures  Kali  zusam- 
men in  kochendem  Wasser  gelöst  werden , beim  Erkalten  der  Flüssigkeit 
oder  wenn  man  1 Vol.  einer  Auflösung  von  neutralem  weinsaurem  Antimon- 
oxid-Kali einem  gleichen  Volum  der  nemlichen  Auflösung  zusetzt,  die  man 
vorher  genau  mit  Kali  neutralisirt  und  von  dem  niedergefallenen  Antimonoxid 
abfiltrirt  bat;  nach  einigen  Augenblicken  sondert  sich  eine  grofse  Menge 
dieses  Salzes  in  Füttern  ab;  oder  wenn  eine  Auflösung  von  saurem  wein- 
saurem Kali  zur  Hälfte  mit  Kali  neutralisirt  und  mit  einer  Auflösung  von 
neutralem  weinsaurem  Antimonoxid-Kali  vermischt  wird.  Entsteht  ferner 
beim  Kochen  von  Weinstein  mit  Antiraonoxid  neben  Brechweinstein. 


Verhalten  der  Weinsäure  in  der  Wärme.  901 


Eigenschaften : Perlmutterglänzende  Blättchen , sehr  schwer  löslich  in 
kaltem  , leichter  in  heifsem  Wasser,  sie  verlieren -weder  an  der  Luft  noch 
im  leeren  Raume  von  ihrem  Gewichte.  Setzt  man  seiner  gesättigten  heis- 
sen wässerigen  Lösung  solange  kohlensaures  Sali  hinzu,  als  noch  ein 
Aufbrausen  entsteht,  so  erhält  man  ein  neues  sehr  lösliches  Salz,  welches 
nach  dem  Abdampfnn  zu  einer  strahligen  Masse  gesteht;  Säuren  fällen 
daraus  das  wiederhergesfcellte  Doppelsalz.  Manche  Mutterlaugen,  die  nach 
der  Bereitung  des  Brechweinsteins  übrig  bleiben,  bestehen  grofsentheils 
aus  diesem  löslichen,  an  Kali  reicheren  Salze. 

Weinsaures  Antimonoxid-Bleioxid. 

Formel:  T,Sb203,Pb0  fBnmas').  Durch  Vermischung  einer  Brech- 
weinsteinlösung mit  einem  löslichen  Bleisalze  erhält  man  einen  weifsen 
Niederschlag,  der  bei  100°  die  durch  obige  Formel  angegebene  Zusammen- 
setzung besitzt;  bei  200°  verliert  derselbe,  wie  der  Brechweinstein,  2 
Atome  Wasser  ( Dumas}. 

Weinsaures  Quecksilberoxidul . 

Weinsaures  Kali  fällt  die  löslichen  Quecksilberoxidulsalze  in  weifsen 
glänzenden  Schuppen,  die  sich  am  Lichte  gelb  färben;  wird  durch  Kali 
nur  zur  Hälfte  zersetzt. 

Weinsaures  Quecksilberoxid. 

Essigsaures  Quecksilberoxid  wird  durch  freie  Weinsäure  vollständig  ge- 
fällt. Kocht  man  Quecksilberoxid  mit  Weinstein,  so  löst  sich  dann  eme 
beträchtliche  Menge  auf. 

Weinsaures  Silberoxid. 

Formel:  T -f-  2AgO.  Weifse  glänzende  Schuppen,  leicht  in  Ammo- 
niak löslich,  damit  erwärmt  erfolgt  Zersetzung  unter  Abscheidung  von 
metallischem  Silber.  Mit  überschüssiger  Kalilauge  behandelt  scheidet  sich 
die  Hälfte  des  Silberoxids  ab.  Nach  H.  Rose  werden  Silbersalze,  denen 
Weinsäure  zugesetzt  werden , durch  Alkalien  vollständig  gefällt. 

Weinsaures  Silber  oxid- Antimonoxid. 

Brechweinsteinlösung  wird  durch  salpetersaures  Silberoxid  wfeifs  ge- 
fällt. Der  Niederschlag  ist  ein  Gemenge  von  Antimonoxid  und  weinsaurem 
Silberoxid.  Nach  Wallquist  ist  derselbe  dem  BrechwTeinstein  proportional 
zusammengesetzt. 

Weinsaures  Palladiumoxid. 

Salpetersaures  Palladiumoxid  giebt  mit  weinsauren  Alkalien  einen  hell- 
gelben Niederschlag  ( Berzelius~). 

\ erhalten  der  Weinsäure  in  der  Wärme. 

Die  kristallisirte  Weinsäure  schmilzt  bei  130  — 140°  zu  einer  wasser- 
hellen Flüssigkeit,  welche  stärker  erhitzt  ins  Sieden  geräth ; bei  100° 
färbt  sie  sich.  Läfst  man  sie  vor  diesem  Zeitpunkte  erkalten,  so  gesteht 
sie  zu  einer  wreifsen,  durchscheinenden,  harten  Masse,  welche  aus  der 
Luft  Wasser  anzieht  und  zerfliei’st ; sie  giebt  mit  Basen  Salze,  welche 
sich  in  ihren  Eigenschaften  von  den  weinsauren  unterscheiden.  Für  sich 
in  Wasser  gelöst  verwandelt  sich  die  geschmolzene  Säure  nach  und  nach 
wieder  in  gewöhnliche  Weinsäure  ißraconnot ).  Durch  die  Einwirkung 


603  Verhalten  der  Weinsäure  in  der  Wärme. 

der  Wärme  verliert  die  Weinsäure  im  Anfang  %,  sodann  die  Hälfte,  zu- 
letzt alles  Hydratwasser. 

Durch  den  Verlust  von  V4  Wasser  entsteht  Tartratsäure , bei  weite- 
rer Erhitzung  Tartrelsäure.  Schnell  und  rasch  auf  180°  erhitzt,  bläht 
sich  die  Weinsäure  zu  einer  gelblichen,  glänzenden,  schwammigen  Masse 
auf,  welche  in  kaltem  Wasser  unlöslich  ist  und  die  Zusammensetzung  der 
Weinsäure  in  dem  Zustande,  wie  in  den  trocknen  Weinsäuren  Salzen, 
besitzt. 

Verdoppelt  man  die  Formel  der  Weinsäure,  so  lassen  sich  alle  Ver- 
änderungen, die  sie  durch  Schmelzen  erleidet,  in  einer  einfachen  Form 
ausdriicken : 

Wasserfreie  Weinsäure  = C16  Hi6  O,0 

Tartrelsäure  = C16  HJ6  040  -+-  2aq 

Tartralsäure  =r  C16  H16  020  ■+•  3aq 

Kristallisirte  Weinsäure  = C16  11J6  O30  -f-  4aq 
Die  drei  ersteren  Modifikationen  der  kristallisirten  Weinsäure  verwandeln 
sich  beim  Erhitzen  mit  Wasser  schnell  und  kehren  in  den  Zustand  der 
gewöhnlichen  Weinsäure  zurück ; ihre  Bildung  beruht  höchst  wahrschein- 
licher Weise  darauf,  dafs  ein  Theil  der  kristallisirten  Säure  durch  Ver- 
lust von  Wasser  zu  wasserfreier  Säure  wird,  die  ähnlich  wie  die  Borsäure 
und  die  arseuige  Säure  eine  Verbindung  mit  der  noch  wasserhaltigen  ein- 
geht. 

Betrachtet  man  die  Formel  C4  H4  Os  als  den  Ausdruck  der  Zusammen- 
setzung der  wasserfreien  Säure,  so  ist 

kristallisirte  Weinsäure  = 2(C4  H4  Os)  -j-  2aq 
Tartralsäure  ~ 8(C4  H4  Os)  Hh-  2aq 

Tartrelsäure  = 4(C4  H4  04)  2aq 

Als  WasserstofFsäure  betrachtet  würde  die  wasserfreie  Weinsäure, 
welche  als  solche  ihre  Sättiguugscapacität  verloren  hat,  als  eingehend  in 
das  Radikal  der  kristallisirten  betrachtet  werden  müssen. 

Das  Wasser,  was  in  obigen  Formeln  als  Hydratwasser  angegeben  ist, 
würde  die  Aequivalente  der  Basen  bezeichnen,  durch  die  es  in  den  Wein- 
säuren Salzen  vertreten  wird. 

Die  nemlichen  Veränderungen,  welche  die  Weinsäure  beim  Schmelzen 
erfährt,  werden  hervorgebracht,  wenn  sie  mit  dem  3 — 4fachen  Volum 
concentrirter  Schwefelsäure  erhitzt  wird,  in  dem  Moment,  wo  beide  auf 
einander  zersetzend  wirken , wo  man  anfängt  schweflige  Säuren  zu  be- 
merken, ist  die  Veränderung  vor  sich  gegangen.  Neutraüsirt  man  die  mit 
Wasser  verdünnte  Masse  mit  kohlensaurem  Baryt  oder  Kalk,  so  bleiben 
tartralsaurer  Baryt  oder  Kalk  in  Auflösung. 

Unterwirft  man  die  Weinsäure,  für  sich  oder  zum  Theil  an  Basen  ge- 
bunden, der  trocknen  Destillation,  so  erhält  man  neben  Wasser  und  flüch- 
tigen gasförmigen  und  ölartigen  Produkten  zwei  Pyrogensäuren ; die  eine 
ist  flüssig  und  nicht  kristallisirbar,  sie  wird  aus  der  kristallisirten  Wein- 
säure erhalten;  die  andere  ist  fest  und  kristallisirbar,  man  gewinnt  sie  am 
reichlichsten  aus  sauren  Weinsäuren  .Salzen  mit  alkalischer  Basis. 

Die  Zusammensetzung  der  flüssigen  wird  durch  die  Formel  C6  H6  05 
-f-  aq,  die  der  festen  durch  die  Formel  Cs  H6  Os  -4-  aq  ausgedrückt.  Die 
zweite  unterscheidet  sich  von  der  erstem  durch  die  Elemente  von  1 At. 
Kohlensäure,  die  sie  weniger  enthält. 

Aus  dem  Vorhergehenden  folgt,  dafs  diese  beiden  Pyrogensäuren  nicht 
Zersetzungsprodukte  der  kristallisirten  Weinsäure  seyn  können,  sondern 
dafs  sie  aus  dem  Körper  entstehen,  dem  man  den  Namen  wasserfreie 
Weinsäure  gegeben  hat. 

2 At.  wasserfreie  Weinsäure  enthalten  die  Elemente  von 
1 At.  fester  wasserfreier  Pyroweinsäure  C4  Hs  04 


1 At.  flüssige  — — C6  H6  Os 

5 At.  Kohlensäure  Cs  010 

2 At.  Wasser  H4  O. 


2 At.  wasserfreie  Weinsäure  C16H1$080 


Tartral  sänre. 


903 


Bei  dieser  Zersetzung  bleibt  eine  grofse  Menge  Kohle  im  Rückstand; 
über  deren  Abscheidung  obige  Zusammenstellung  keine  Rechenschaft  giebt. 

Wenn  das  rohe  Destillat  der  kristallisirten  Weinsäure  im  Wasserbade 
concentrirt,  sodann  in  einer  Retorte  bei  110°  der  Rectifikation  unterwor- 
fen wird , so  steigen  Dämpfe  auf;  die  sich  in  der  Wölbung  der  Retorte 
zu  feinen  Nadeln  verdichten.  Diese  Kristalle  bilden  sich  ebenfalls  bei  der 
trocknen  Destillation  des  weinsauren  Kupferoxids ; sie  verflüchtigen  sich 
bei  der  geringsten  Erwärmung  in  weifsen,  stechenden;  Husten  erregen- 
den Dämpfen;  die  sich  wieder  zu  Kristallen  verdichten;  schnell  und  rascli 
erhitzt  tritt  Zersetzung  ein.  Diese  Materie  löst  sich  nicht  in  Wasser,  aber 
in  wässerigen  Alkalien  und  wird  daraus  durch  Säuren  wieder  gefällt;  sie 
löst  sich  in  Alkohol,  Aether,  flüchtigen  Oelen  und  Essigsäure;  die  alko- 
holische Auflösung  röthet  Lackmus;  ihre  Auflösung  in  Essigsäure  fällt  das 
essigsaure  Bleioxid  weifs  fGruntrJ. 

T a r t r a l s ä u r e. 

Formel:  C12  H12  Oi5  -f  2aq.  Nach  Fremy : Ci6  H16  020  -f  3aq. 

Darstellung:  Kristallisirte  Weinsäure  wird  in  kleinen  Portionen  unter 
beständigem  Umriihren  im  Schmelzen  erhalten;  man  hört  mit  dem  Erhitzen 
vor  dem  Zeitpunkte  auf,  wo  sie  anfängt  eine  schwach  gelbliche  Farbe  an- 
zunehmen. Die  rückbleibende  Masse  ist  Tartralsäurehydrat,  verunreinigt 
mit  geringen  Mengen  Weinsäure.  In  verdünnter  Auflösung  und  frei  von 
Weinsäure  erhält  man  sie,  wenn  die  geschmolzene  Masse  in  Wasser  ge- 
löst mit  kohlensaurem  Baryt  neutralisirt  wird,  wo  sich  weinsaurer  Baryt 
abscheidet.  Tartralsaurer  Baryt  bleibt  in  Auflösung ; durch  vorsichtige 
Fällung  des  Baryts  erhält  man  eine  wässerige  Lösung  von  Tartralsäure- 
hydrat. 

Eigenschaften:  Unkristallisirbare,  sehr  zerfliefsliche,  durchsichtige 
oder  durchscheinende  Masse,  die  wässerige  Auflösung  reagirt  und  schmeckt 
rein  sauer,  weniger  sauer  wie  Weinsäure;  sie  löst  sich  in  Alkohol.  In 
kaltem  Wasser  gelöst  zerlegt  sie  sich  langsam,  schnell  und  rasch  beim 
Erhitzen;  sie  verwandelt  sich  wieder  in  gewöhnliche  Weinsäure. 

Fartralsaure  Salze. 

In  den  tartralsauren  Salzen  sind  die  in  obiger  Formel  aufgeführten 
2 Atome  Hydratwasser  der  Säure  ersetzt  durch  ihre  Aequivalente  Metall- 
oxid, sie  bildet  mit  Ammoniak,  Kali,  Natron,  Baryt,  Strontian,  Kalk, 
lösliche  Salze;  tartralsaures  Bleioxid  ist  unlöslich  in  Wasser.  Alle  diese 
Salze  verwandeln  sich  bei  Berührung  mit  Wasser  nach  und  nach  in  freie 
Weinsäure  und  weinsaure  Salze.  Schnell  und  rasch  geschieht  diese  Ver- 
wandlung beim  Erwärmen  und  Kochen  mit  Wasser. 

Tartralsaurer  Baryt  und  Kalk  w7erden  erhalten  , vvenu  man  die  Flüs- 
sigkeit, die  man  durch  Sättigung  der  geschmolzenen  Weinsäure  mit  kohlen- 
saurem Baryt  oder  Kalk  erhalten  hat,  mit  Alkohol  vermischt,  so  lange 
noch  ein  Niederschlag  gebildet  wird.  Mit  Alkohol  gewaschen  und  unter 
der  Luftpumpe  getrocknet  erhalten  sie  sich  unverändert.  Tartralsaures 
Bleioxid  wird  am  besten  durch  Fällung  von  salpetersaurem  Bleioxid  mit 
freier  Tartralsäure  bereitet;  der  Niederschlag,  den  man  vermittelst  Wech- 
selzersetzung von  löslichen  neutralen  tartralsauren  Salzen  und  Bleisalzen 
erhält,  wechselt  in  seiner  Zusammensetzung. 

Tartrelsäure . 

Formel:  Ci#  Hi6  020  + 2aq.  Nach  Fremy : C8  H8  OJ0  4*  aq. 

Entdeckt  von  Fremy. 

Darstellung : Entsteht  beim  längeren  Schmelzen  der  Tartralsäure, 
ohne  die  Temperatur  zu  erhöhen. 


904 


Wasserfreie  Weinsäure. 


Eigenschaften:  Schwach  gelbliche  oder  bräunliche  Masse,  weniger 
zerfliefslich  wie  die  Tartralsäure,  unkristallisirbar,  von  saurem  Geschmack, 
leicht  in  Wasser  und  Alkohol  löslich.  Verwandelt  sich  mit  Wasser  schnell 
in  Tartralsäure  und  in  Weinsäure.  Die  wässerige  Auflösung  bildet  in  es- 
sigsaurem Baryt  und  Kalk  flüssige  syrupartige  Niederschläge;  mit  Kali, 
Natron  und  Ammoniak  bildet  sie  lösliche  Salze,  die  durch  Alkohol  aus 
ihrer  wässerigen  Lösung  gefällt  werden.  Alle  diese  Salze  erleiden  durch 
Berührung  mit  Wasser  ähnliche  Verwandlungen  wie  die  Tartralsäure.  Das 
Kalksalz  ist  nach  der  Formel  C8  H8  0JO  Hh  CaO,  das  Barytsalz  nach  der 
Formel  C8  H8  010  -f-  BaO  zusammengesetzt  fFremy). 

Wasserfreie  Weinsäure. 

Wasserfreie  Tartralsäure?  Wasserfreie  Tartrelsäure  ? 

Den  einfachsten  Ausdruck  der  Zusammensetzung  dieses  Körpers  giebt 
die  Formel:  C4  II*  Os. 

Darstellung : 15  bis  20  Grammen  kristallisirte  Weinsäure  werden  in 
einer  Porzellanscliaale  rasch  auf  180  — 200°  erhitzt.  Unter  Entwickelung 
von  Wasserdämpfen  bläht  sie  sich  zu  einer  weifsen  sehr  porösen  Masse 
auf,  die  man  ablöst  und  im  Oelbade  eine  Zeitlang  einer  Temperatur  von 
150°  aussetzt;  man  wäscht  sie  alsdann  im  gepulverten  Zustande  so  lange 
mit  kaltem  Wasser  aus,  bis  das  Waschwasser  auf  hört  sauer  zu  reagiren, 
und  trocknet  sie  bei  gewöhnlicher  Temperatur  im  luftleeren  Raume.  Wird 
die  Masse,  ohne  sie  in  das  Oelbad  zu  bringen,  sogleich  mit  Wasser  zu- 
sammengebracht, so  nimmt  sie  einen  gallertartigen  Zustand  an,  der  das 
Waschen  erschwert;  wird  sie  feucht  an  einen  warmen  Ort  zum  Trocknen 
gebracht,  so  erleidet  sie  die  beschriebenen  Metamorphosen  der  Weinsäure 
rückwärts  und  verwandelt  sich  in  gewöhnliche  kristallisirte  Säure. 

Eigenschaften : Die  wasserfreie  Weinsäure  ist  ein  weifses  Pulver, 
unlöslich  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether,  von  sehr  schwach  saurem  Ge- 
schmack; sie  absorbirt.  Ammoniakgas  und  geht  in  Berührung  mit  Wasser 
oder  löslichen  Basen  in  Tartrel-,  Tartral-  und  gewöhnliche  Weinsäure  über. 

JP yroweinsäure y flüssige. 

Formel  der  wasserfreien  Säure : C6  H6  04 ; Symb. : pR.  ( Berzelius.") 

Formel  des  Pyroweinsäure-Hydrats : pR  HaO  = pR  -f-  aq. 

Bildung:  Durch  trockne  Destillation  der  kristallisirten  Weinsäure  und 
Traubensäure.  Wir  nehmen  als  Symbol  für  diese  Säure  pR  an,  weil  sich 
diese  .Säure  ebenfalls  durch  trockne  Destillation  der  Traubensäure  (Acidum 
racemicum)  bildet,  und  namentlich  um  sie  von  der  festen  Pyro Weinsäure 
zu  unterscheiden. 

Darstellung : Kristallisirte  Weinsäure  wird  in  einer  geräumigen  tubu- 
lirten  Retorte,  am  besten  über  einer  Spirituslampe,  bei  200°  der  Destil- 
lation unterwarfen.  Wenn  das  Schmelzen  eine  Zeitlang  gedauert  hat, 
bläht  sich  die  Masse  heftig  auf  uud  droht  überzusteigen,  was  man  durch 
häufiges  Umrühren,  durch  die  OefFnung  des  Tubulus  hindert.  Es  destillirt 
eine  schwere  saure  Flüssigkeit  über,  w-elche  nach  starker  Essigsäure 
riecht;  sie  ist  begleitet  von  einem  fortwährenden  Strom  kohlensaurem  Gas. 
Wenn  das  Destillat  stark  gefärbt  erscheint,  unterbricht  man  die  Destilla- 
tion; der  Rückstand  in  der  Retorte  ist  alsdann  halbflüssig,  von  tiefschwar- 
zer Farbe;  er  ist  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol  und  Alkalien; 
bei  fortgesetzter  Erhitzung  desselben  bilden  sich  brennbare  Gase  und  ein 
brenzliches  gefärbtes  Oel. 

Das  Destillat  riecht  nach  brenzlicher  Essigsäure , es  besitzt  eine  gelbe 
Farbe  und  eine  dickflüssige  Consistenz;  man  bringt  es  in  eine  Retorte  und 
unterwirft  es  einer  neuen  Destillation  im  Wasserbade,  wo  ein  Gemenge 


P y r o w e i n s a u r e s A e t h y 1 o x i d.> 


905 


* 


von  Essigsäure  und  Brenzweinsaure  übergeht,  während  ein  dunkelbrauner 
Syrup  zurückbleibt,  in  dem  sich  zuweilen  Kristalle  bilden  ; mit  Wasser 
vermischt  trübt  sich  dieser  Syrup  und  setzt  eine  harzähnliche  Materie  ab. 

Die  reinste  Säure  erhält  man  durch  Zersetzung  des  brenzweinsauren 
Bleioxids  durch  Schwefelwasserstoffsäure , es  wird  noch  feucht  mit  wenig 
Wasser  übergossen  und  Schwefelvvasserstoffsäure  bis  zur  vollständigen 
Zerlegung  hineingeleitet;  die  von  dem  Schwefelbiei  getrennte  Flüssigkeit 
dampft  man  ins  leeren  Raume  über  Schwefelsäure  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur ab. 

Eigenschaften  : Dicker,  schwach  gelblicher  Syrup,  in  der  Kälte  ge- 
ruchlos, beim  Erwärmen  stechend  sauer,  salzsäureartig  riechend,  von 
scharf  saurem,  hintennach  bitterem  Geschmack.  Mischt  sich  mit  Wasser, 
Alkohol  und  Aether  in  allen  Verhältnissen;  sie  scheint  nicht  destillirt  oder 
verdunstet  werden  zu  können  ohne  eine  partielle  Zersetzung;  bei  neuen 
Destillationen  bleibt  stets  ein  brauner,  wenig  harzartiger  Rückstand. 

Pyroweinsaure  Salze. 

In  den  Verbindungen  der  Pyro Weinsäure  mit  Basen  ist  das  Hydrat- 
wasser der  Säure  ersetzt  durch  ein  Aequivalent  Metalloxid;  die  pyro- 
weinsauren  Salze  sind  zum  Tlieil  kristallisirbar  und  schwierig  rein  zu  er- 
halten. Bei  der  Sättigung  der  Säuren  mit  Alkalien  und  stärkeren  Basen 
färbt  sich  die  Mischung  gelb  oder  braun,  indem  die  Säure  eine  Verände- 
rung erleidet.  Viele  der  löslichen  Salze  sind,  wenn  bei  ihrer  Darstellung 
Erhitzung  soviel  wie  möglich  vermieden  wurde,  kristallisirbar,  sie  verlie- 
ren aber  die  Fähigkeit  regelmäfsige  Formen  anzunehmen,  wenn  ihre  Auf- 
lösung gekocht  und  in  der  Wärme  verdunstet  wird;  man  erhält  in  diesem 
Falle  das  Salz  in  Gestalt  eines  Gummi’s.  Wird  das  Verdunsten  vermieden 
und  eine  kochend  gesättigte  Auflösung  eines  kristallinischen  Salzes  erkal- 
ten gelassen,  so  erhält  man  es  wieder  in  der  kristallinischen  Modifikation. 
Die  trocknen  pyroweinsauren  Salze  werden  , auf  100°  erhitzt,  gelb,  ohne 
am  Gewicht  zu  verlieren  ; die  Säure  wird  daraus  durch  conceutrirte  Schwe- 
felsäure nur  schwierig  abgeschieden,  bei  der  Destillation  geht  ein  Gemenge 
von  Pyroweinsäure  und  Essigsäure  über,  bei  höherer  Temperatur  tritt 
Zersetzung  der  Säure  ein. 

Der  gröfste  Theil  der  Salze  dieser  Säure  mit  Erden  und  Metalloxiden 
ist  löslich  in  kaustischen  und  kohlensauren  Alkalien ; sie  sind  wenig  lös- 
lich in  Alkohol,  nicht  in  Aether. 

Eine  wässerige  Auflösung  der  pyroweinsauren  Salze  nimmt  durch  Eisen- 
oxidulsalze  eine  tief  rothe  Farbe  an.  In  concentrirten  Lösungen  bildet  sich 
mit  hineingelegtem  schwefelsaurem  Kupferoxid  ein  weifser  Niederschlag. 

Die  Pyroweinsäure  bildet  saure  Salze ; sie  stellen  im  trocknen  Zu- 
stande durchscheinende,  gummiähnliche,  farblose  Massen  dar,  welche 
Lackmus  röthen,  aber  nicht  sehr  sauer  schmecken.  Viele  darunter,  na- 
mentlich die  in  neutralem  Zustande  unlöslichen,  werden  durch  Wasser 
zersetzt , andere  von  Alkohol ; die  sauren  Salze  mit  alkalischen  Salzen 
erleiden  von  beiden  keine  Veränderung. 

Pyroweinsaures  A elhyloxid . 

Symb. : pR , AeO  fMalaguti').  In  eine  Auflösung  von  1 Th.  Pyro- 
weinsäure  in  2 Th.  Alkohol,  die  man  in  gelinder  Wärme  erhält,  leitet 
man  getrocknetes  salzsaures  Gas,  bis  die  Flüssigkeit  mit  Wasser  vermischt 
eine  reichliche  Menge  pyroweinsaures  Aethyloxid  fallen  Jäl’st ; durch  Wa- 
schen mit  Wasser  und  Digestion  mit  Bleioxid  erhält  man  es  frei  von  Säure. 

Das  pyroweinsäure  Aethyloxid  stellt  eine  farblose,  nach  Calmiis  rie- 
chende, mit  Wasser  nicht  mischbare  Flüssigkeit  dar,  von  scharfem  bitte- 
rem Geschmack;  ihr  spec.  Gewicht  bei  15°  ist  1,016,  siedet  bei  218°  bei 
0,758™t  Barometerst. , wobei  Färbung  und  Zersetzung  eintritt  ( Malaguti ). 

Geigtrs  Pharmacie.  U ( 5 te  Aufi.)  58 


906 


Feste  Pyrowei »säure. 


Pyroweinsaures  Bleioxid, 

Formel  des  kristallisirten  bei  100°  getrockneten  Salzes:  pR,  PhO,  aq. 
( Berzelius }.  Man  erhält  dieses  Salz,  wenn  concentrirte  Pyroweinsäure 
mit  neutralem  essigsaurem  Bleioxid  gemischt  wird,  wo  es  sich  nach  eini- 
ger Zeit  in  Gestalt  eines  weifsen  körnigen  Pulvers,  zu  dem  sich  die  ganze 
Masse  verdickt,  absetzt.  Durch  Waschen  läfst  es  sich  von  der  anhängen- 
den Mutterlauge  und  essigsauren  Salzen  befreien  und  mufs  ohne  alle  Hülfe 
von  Wärme  getrocknet  werden. 

Eigenschaften:  Weifses,  nicht  zusammenhängendes  Pulver,  im  Was- 
ser schwierig  löslich,  wird  bei  100°  gelb  ohne  am  Gewicht  zu  verlieren, 
bei  130°  nimmt  es  unter  Verlust  seines  Kristallwassers  eine  brandgelbe 
Farbe  an.  Das  gelb  gewordene  Salz  giebt,  mit  kohlensaurem  Natron  zer- 
setzt, citrongelbes  kohlensaures  Bleioxid  und  eine  gelbe  Auflösung  des  Na- 
tronsalzes , was  in  diesem  Zustande  in  die  gummiähnliche  Modifikation 
übergegangen  ist.  Behandelt  man  das  neutrale  Salz  mit  verdünntem  Am- 
moniak, so  erhält  man  ein  basisches  Salz,  pH,  3PbO,  aq. 

Pyroweinsaures  Silber oxid. 

Formel:  pR,  AgO  ( Berzelius').  Reine  Pyroweinsäure  wird  mit  frisch- 
gefälltem  feuchtem  Silberoxid  gesättigt,  wo  sich  das  Salz  sogleich  in  Ge- 
stalt einer  kristallinischen  blätterigen  Masse  abscheidet.  Man  löst  sodann 
die  Kristalle  in  siedendem  Wasser  und  läfst  nach  dem  Abfiltrircn  erkalten. 
Bei  Anwendung  von  kohlensaurem  Silberoxid  wird  die  Säure  unter  Re- 
duktion des  Oxids  zersetzt. 

Eigenschaften : Glänzende,  der  Borsäure  ähnliche  Schuppen,  fühlt  sich 
sanft  an  wie  Talk,  wird  im  Sonnenlicht  leberbraun,  und  erträgt  100°  ohne 
sich  zu  gelben;  das  Salz  ist  schwerlöslich  in  kaltem  Wasser,  die  Auflösung 
kann  ohne  Veränderung  nicht  abgedampft  werden.  Wird  ein  lösliches 
pyroweinsaures  Salz  der  guminiähulichen  Modifikation  in  Wasser  gelöst 
und  mit  salpetersaurem  Silberoxid  vermischt,  so  erhält  man  einen  weifsen 
flockigen  Niederschlag,  ohne  Zeichen  von  Kristallisation;  er  löst  sich  leich- 
ter :n  heifsem  Wasser  als  in  kälterem  und  verträgt  die  Erhitzung  weniger 
leicht  als  das  andere  Silbersalz ; wird  leicht  gelb  und  setzt  reducirtes 
Silber  ab. 

Platinchloriir  und  -Chlorid  erleiden  durch  Pyroweinsäure  oder  deren 
Salze  keine  Veränderung,  Goldchlorid  wird  hingegen  leicht  und  schnell 
vollständig  beim  Sieden  reducirt. 

Pyroweinsäure , feste. 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C3  H6  03.  Symb. : pT. 

Formel  des  Hydrats:  Ct  H6  03  + H20  = pT,  aq  ( Peloune ). 

Bildung : In  geringer  Menge  bei  der  Destillation  der  kristallisirten 
Weinsäure,  in  gröfserer  Quantität  bei  Destillation  von  saurem  weinsaurem 
Kali  ( Weniselos ). 

Darstellung : Eine  gläserne  Retorte  wird  zu  % mit  reinem  Weinstein 
angefüllt  und  der  Destillation  unterworfen.  Die  als  Destillat  erhaltene 
saure  gefärbte  Flüssigkeit  wird  im  Wasserbade  bis  zum  Kristallisations- 
punkt abgedampft,  wo  nach  dem  Erkalten  und  weiteren  freiwilligen  Ver- 
dampfen die  Brenzweinsäure  sich  absetzt.  Die  Mutterlauge  behandelt  man 
zur  Zerstöruug  des  vorhandenen  brenzlichen  Oels  mit  etwas  rauchender 
Salpetersäure  bei  gelinder  Wärme,  raucht  die  freie  Salpetersäure  im  Was- 
serbade ab  und  reinigt  die  erhaltenen  Kristallmassen  durch  neue  Kristal- 
lisationen. 

Eigenschaften  : Weifse,  kristallinische,  aus  schiefen  rhombischen  Säu- 
len bestehende  Masse,  von  saurem,  der  Bernsteinsäure  ähnlichen  Ge- 
schmack; sie  schmilzt  bei  107  — 110°,  fängt  bei  140  — 150°  an  zu  sie- 


Pyro  wein  saure  Salze. 


907 


den  und  sich  zu  verflüchtigen ; auf  einem  Platinblech  erhitzt  verdampft  sie 
ohne  Rückstand;  in  einer  Retorte  erhitzt  hinterläfst  sie  Kohle;  sie  ist 
leicht  in  3 Th.  Wasser ; Alkohol  und  Aether  löslich.  Schwefelsäure  ist 
ohne  Wirkung  in  der  Kälte  auf  die  kristallinische  Säure,  in  der  Wärme 
wird  sie  zersetzt;  mit  Salpetersäure  erwärmt  löst  sie  sich  anfangs  ohne 
Veränderung;  damit  in  concentrirtem  Zustande  gekocht  wird  die  Brenz- 
weinsäure  zersetzt.  Salzsäure  zeigt  keine  zersetzende  Einwirkung.  Kalk- 
und  Baryt- Wasser;  Chlorcalciumauflösung  so  wie  salpetersaures  Bleioxid 
werden  davon  nicht  gefällt;  mit  essigsaurem  Bleioxid  vermischt  bilden  sich 
nach  einiger  Zeit  weifse,  sehr  schwerlösliche  Nadeln  von  brenzweinsau- 
rem Bleioxid  ( Weniselos').  In  AViderspruch  mit  diesen  Angaben  stehen 
nie  Beobachtungen  Gruner’s.  Derselbe  erhielt  die  Säure  durch  Destillation 
des  AVeinsteins,  Sättigung  des  Destillats  mit  kohlensaurem  Baryt  und  Fäl- 
lung der  erhaltenen  Auflösung  in  der  Kälte  mit  Alkohol.  Der  Niederschlag 
wurde  nach  dem  Auswaschen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  vorsichtig  zer- 
setzt und  die  Flüssigkeit  zum  Kristallisiren  durch  Verdampfen  gebracht. 
Die  von  Grüner  erhaltene  Säure  stellte  vierseitige  farblose  Säulen  oder 
sternförmig  vereinigte  Blättchen  dar,  von  angenehm  saurem  Geschmack; 
sie  schmelzen  bei  100°  und  verlieren  hierbei  8 p.  c.  AAfasser.  Die  Auf- 
lösung in  der  Sonne  verdunstet  wird  zum  Theil  in  eine  gelbe  zähe  Masse 
verwandelt.  Eine  ähnliche  Abänderung  erfolgt  beim  Aufbewahren  einer 
verdünnten  Auflösung;  mit  Salpetersäure  erhitzt  tritt  Zersetzung  unter 
Bittermandelölgeruch  ein,  bei  Destillation  dieser  Mischung  erhielt  er  eine 
blausäurehaltige  Flüssigkeit.  Die  Zusammensetzung  der  Säure  ist  nach 
Grüner’ s Analyse  C4  H6  04.  Sie  bildet  nach  demselben  Doppelsalze  von 
Bargt  mit  Kali , Baryt  mit  Natron,  Bleioxid  und  Ammoniak , und  liefert 
durch  Behandlung  mit  Chlor  eine  der  Citronsäure  in  ihrem  Verhalten  ähn- 
liche Säure. 


Pyroweinsaure  Sal%e. 

Die  Angaben  von  Pelouze,  Grüner  und  Weniselos  sind  in  Hinsicht 
auf  die  Eigenschaften  der  pyroweinsauren  Salze  so  verschieden,  dafs  sie 
sich  nicht  mit  einander  vereinigen  lassen.  Nach  Weniselos  bildet  diese 
Säure  vorzugsweise  saure  kristallisirbare  Salze,  und  neutrale,  welche 
nicht  kristallisiren.  Nach  Pelouze  wird  die  Zusammensetzung  des  Bleisal- 
zes durch  die  Formel  Cs  H6  03  H-  PbO  ausgedruckt.  Das  saure  Kalisalz 
besteht  nach  Weniselos  aus  20s  H6  03  KO,  H*0.  (Man  sehe  Aun.  de 
chimie  et  de  phys.  T.  56.  p.  397.  Ann.  der  Pharm.  XV.  S.  151.  Tromms- 
dorffs N.  Journal  XXIV.  S.  55.1 


Neue  Säure y durch  Zersetzung  aus  Weinsäure ? gebildet. 

In  einer  Fabrik  in  Pforzheim  wurde  von  Beimann  und  Nöllner  die 
Beobachtung  gemacht , dafs  eine  Weinsteinmutterlauge,  welche  eine  Menge 
fremder  Stoffe  und  Salze  enthielt,  nachdem  sie  u ährend  eines  Sommers 
sich  selbst  überlassen  geblieben  war,  durch  Zusatz  von  Schwefelsäure 
einen  starken  Geruch  nach  Essigsäure  entwickelte.  In  Folge  des  Ver- 
suches, die  vermeintliche  Essigsäure  hieraus  darzustelleu,  erhielt  man  eine 
saure  Flüssigkeit  von  dem  Geruch  nnd  allen  Eigenschaften  der  Essigsäure, 
nur  darin  von  ihr  wesentlich  verschieden,  dafs  sie  Salze  von  anderer 
Form  und  Zusammensetzung  bildete.  Die  neutrale  Verbindung  dieser  Säure 
mit  Bleioxid  kristallisirt  z.  B.  nur  schwierig  in  der  syrupdicken  Auflösung 
in  blumenkohlähnlichen  Vegetationen,  die  basische  hingegen  leicht  in 
grofsen,  regelmäßigen , durchsichtigen  Octaedern,  welche  in  der  AVärine 
der  Hand  in  ihrem  Kristallwasser  schmelzen  und  sich  in  ein  Skelett  von 
wasserfreiem  Salz  und  in  eine  gesättigte  Lösung  des  nemlichon  Salzes 
verwandeln.  Diese  Kristalle  enthalten  35,6  p.  c.  Bleioxid  und  43,8  Kri- 
stallwasser. Eine  ähnliche  Verschiedenheit  zeigen  die  Verbindungen  dieser 


908 


Trauben  säure. 


Säure  mit  andern  Basen  , das  Silbersalz  enthält  z.  B.  61,3  p.  c.  Silberoxid 
und  stellt  feine  dünne  Nadeln  dar , während  das  essigsaure  Silberoxid  in 
breiten  glänzenden  Blättern  kristallisirt  und  70  p.  c.  Silberoxid  enthält. 
Eine  nähere  Untersuchung  dieser  Säure  bereitet  sich  so  eben  vor,  sie  wird 
bald  entscheiden , ob  sie  in  der  That  eine  oigenthümliche  Säure  oder  ein 
Gemenge  von  Essigsäure  mit  einer  andern  Materie  ist. 


Traubensäure. 

Formel  die  nemliche  wie  bei  der  kristallisirten  Weinsäure.  Symb.  K. 
Die  kristallisirte  Säure  ist  R -+-  2aq.  Die  bei  100°  getrocknete  R -f-  aq. 

Entdeckt  von  Kestner  in  Thann , von  John  als  eigenthiimliche  Säure 
unter  dem  Namen  Voghesische  Säure  beschrieben.  Die  Zusammensetzung 
der  Säure  wurde  durch  Gay-Lussac  und  Berzelilus  ermittelt , die  Gleich- 
heit in  den  Verhältnissen  der  Elemente  der  Wein  - und  Traubensäure  gab 
Berzelius  Veranlassung  zur  Aufstellung  der  Klasse  von  chemischen  Ver- 
bindungen , die  man  isomere  nennt. 

Darstellung : Bis  jetzt  ist  diese  Säure  nur  als  Nebenprodukt  bei  der 
Darstellung  der  Weinsäure  erhalten  worden.  Wenn  nemlich  die  Flüssig- 
keit, die  durch  Zersetzung  des  Kalkniederschlags  vermittelst  Schwefel- 
säure erhalten  wurde,  abgedampft  und  im  concentrirten  Zustande  der 
Winterkälte  ausgesetzt  wird , so  scheiden  sich  lange  vorher , ehe  sich 
Kristalle  von  Weinsäure  bilden,  kristallinische  Krusten  von  Traubensäure 
aus , die  man  durch  neue  Kristallisationen  leicht  reinigt.  Dasselbe  ge- 
schieht, wenn  die  Mutterlauge  von  der  Darstellung  der  Weinsäure  stark 
abgekiihlt  wird. 

Berzelius  giebt  zu  ihrer  Bereitung  folgende  Methode  au,  die  sich  auf 
die  Unkristaliisirbarkeit  des  Doppelsalzes  gründet,  was  diese  Säure  mit 
Kali  und  Natron  bildet.  Gewöhnlicher  Weinstein  wird  mit  kohlensaurem 
Natron  neutralisirt,  das  Seignettesalz  auskristallisirt  uud  die  riiokbloibende 
Mutterlauge  gerade  so  wie  bei  der  Darstelluug  der  Weinsäure  behau Jelfc. 
Die  Traubensäure  kristallisirt  zuerst,  erst  wenn  die  Flüssigkeit  Syrupeon- 
sistenz  erlangt  hat,  erhält  man  Kristalle  von  Weinsäure. 

Eigenschaften : Die  kristallisirte  Traubensäure  bildet  asserklare 

schiefe  rhombische  Prismen,  welche  in  trockner  Luft  verwittern.  Sie  be- 
sitzt einen  stark  sauren  Geschmack,  ist  geruchlos.  Durch  die  Einwirkung 
der  Wärme  schmilzt  sie  (über  200°)  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit,  die 
in  höheren  Temperaturen  sich  gelb  färbt  und  Produkte  liefert,  welche 
vollkommen  analog  sind  denen,  welche  aus  der  Weinsäure  uuter  denselben 
Verhältnissen  gebildet  werden. 

Die  kristallisirte  Traubensäure  enthält  2 Atome  (31,306  p.  c.)  Was- 
ser, von  welchen  sie  die  Hälfte  bei  der  Verwitterung  in  der  Wärme  ver- 
liert; sie  löst  sich  in  5,7  Wasser  von  15°  C.  (Walchner ) und  ist  in  Alko- 
hol weniger  löslich  als  in  Wasser;  die  verdünnte  wässerige  Lösung  zer- 
setzt sich  beim  Aufbewahren  unter  Schimmelbildung. 

Die  Traubensäure  bildet  in  der  Auflösung  des  salpetersauren,  schwe- 
felsauren Kalks  und  Chlorcalciums  einen  Niederschlag  von  (raubensaurera 
Kalk.  Der  traubensaure  Kalk  ist  in  Chlorwasserstoffsäure  löslich  und  wird 
daraus  wieder  durch  Ammoniak  gefällt,  durch  beide  Reactionen  unter- 
scheidet sich  die  Traubensäure  wesentlich  von  der  Weinsäure. 

Traubensaure  Salze. 

Die  Traubensäure  bildet  mit  den  Basen  die  traubensauren  Salze;  die 
bis  jetzt  untersuchten  sind  das  traubensaure  Aethyl-  und  Methyloxid , das 
saure  traubensaure  Kali , das  traubensaure  Bleioxid , das  traubensaure 
Antimonoxid-Kali  und  traubensaure  Silberoxid ; sie  besitzen  genau  die 
Zusammensetzung  der  weinsauren  Salze  der  nemlichen  Basen,  ihre  Eigen- 
schaften und  Verhalten  sind  nur  unvollständig  bekannt. 


Trauben  sau  res  Silber  Oxid. 


909 


Saures  traubensaures  Aethyloxid. 

Formel:  R,  AeO,  2aq  f Guerin  Varry ).  — Darstellung  wie  die  des 
entsprechenden  weinsauren  Salzes. 

Eigenschaften : Farblose  * geruchlose  Prismen  von  saurem  , hintennach 
süi'slichem  Geschmack,  in  ihrem  Verhalten  an  der  Luft,  im  Wasser  etc. 
analog  der  entsprechenden  Weinsäuren  Verbindung. 

Mit  Kalkwasser  erhält  man  damit  einen  in  Wasser  und  einem  lieber- 
schufs  des  sauren  traubensauren  Aethyloxids  unlöslichen,  aber  in  Salpe- 
tersäure löslichen  Niederschlag,  mit  Strontianwasser  einen  im  Ueberschufs 
des  Fällungsmittels  löslichen  Niederschlag  j Kali  und  Natron  werden  davon 
gefällt,  die  Niederschläge  sind  schwerlöslicli.  Essigsaures  Bleioxid  wird 
davon  weifs  niedergeschlagen. 

Die  Zusammensetzung  des  traubensauren  Aethyloxid-Kali}s  wird  durch 
die  Formel  R,  AeO,  KO,2aq,  die  des  traubensauren  Aethyloxid- Baryts  durch 
R,  AeO,  öaO,  2aq,  die  des  traubensauren  Aethyloxid  -Silber  oxids  durch 
R,  AeO,  AgO  ausgedrückt  (Guerin  Varry). 

Saures  traubensaures  Methyloxid. 

Formel:  R,MeO,2aq  ( Guerin  Varry).  — Darstellung  und  Eigen- 
schaften wie  die  entsprechende  weinsaure  Verbindung,  sie  unterscheidet 
sich  von  letzterer  durch  ihr  Verhalten  zu  Kalkwasser  und  Natron.  Mit 
Kalkwasser  vermischt  entsteht  nemlich  ein  im  Ueberschufs  des  Fällungs- 
mittels unlöslicher  Niederschlag,  und  in  reinem  oder  kohlensaurem  Natron 
verursacht  sie  keine  Trübung. 

Das  traubensaure  Methyloxid- Kali  ist  R,  MeO,  KO,  aq,  trauben- 
saures Methyloxid- Baryt  R,  MeO,  BaO,  aq. 

Traubensaures  Bleioxid. 

Formel  des  trocknen  Salzes  wie  die  des  weinsauren  Bleioxids.  Giefst 
man  essigsaures  Bleioxid  in  eine  heifse  Auflösung  von  Traubensäure  bis 
der  Niederschlag  nicht  mehr  verschwindet,  und  filtrirt  die  Flüssigkeit  ab, 
so  scheidet  sich  daraus  traubensaures  Bleioxid  in  glänzenden  Körnern  ab^ 
welche  beim  Erhitzen  unter  Wasserverlust  verkuistern. 


Traubensaures  Antimonoxid- Kali. 

Darstellung,  Zusammensetzung  und  chemisches  Verhalten  wie  das  des 
Brechweinsteins ; in  seiner  Kristallform  weicht  es  hingegen  ab,  indem  es 
in  feinen  meistens  gruppenförmig  vereinigten  Nadeln  kristallisirt,  die  aus 
vierseitigen  Prismen  mit  rhombischer  Basis  bestehen.  Die  Mutterlauge,  au» 
der  sich  dieses  Salz  abgesetzt  hat,  giebt  bei  weiterem  Verdunsten  kurze, 
weifse,  leichte  Kristallnadeln , welche  an  der  Sonne  getrocknet  milchweifs 
werden. 


Traubensaures  Silberoxid. 

Darstellung,  Eigenschaften  und  Zusammensetzung  wie  das  entspre- 
chende weinsaure  Salz. 

Die  Traubensäure  verliert  in  gelinder  Wärme  die  Hälfte  ihres  Hydrat- 
wassers, eine  Eigenschaft,  welche  der  Weinsäure  abgeht,  sie  bildet  nach 
den  übereinstimmenden  Untersuchungen  von  Gmelin  und  Ber%elius  kein 
Doppelsalz  mit  Kali  und  Natron , wonach  man  sie  als  einbasische  Säure 
betrachten  inufs. 


910 


A e p f e 1 s ä 11  r e. 


Wirkung  der  Wärme  auf  die  Traubensäure. 

Nach  den  Versuchen  von  Fremy  verhält  sich  die  Traubensäure,  wenn 
man  sie  der  Einwirkung  einer  Temperatur  aussetzt,  bei  welcher  sich  noch 
keine  empyreumatischen  Produkte  bilden,  genau  wie  die  Weinsäure;  es 
entstehen  zwei  neue  Säuren,  von  denen  die  eine  die  Eigenschaften  und 
Zusammensetzung  der  Tartralsäure , die  andere  die  Eigenschaften,  Zu- 
sammensetzung und  Sättigungscapacität  der  Tartrelsäure  besitzt;  sie  hinter- 
läfst  ferner  in  höheren  Temperaturen  eine  mit  der  wasserfreien  Weinsäure 
in  ihren  Eigenschaften  identische  Materie,  und  zersetzt  sich  bei  der  trock- 
nen Destillation  wie  die  Weinsäure  in  zwei  Pyrogeusäuren , von  denen 
die  eine  von  Berzelius  entdeckt  und  untersucht  und  als  flüssige  brenzliche 
Weinsäure  beschrieben  worden  ist. 


Aepfelsäure. 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C8  H8  08.  Symb. : M. 

Formel  des  Aepfelsäurehydrats:  C8  H8  08  -f-  2aq.  Symb.:  M,  2aq. 

Vorkommen  und  Geschichte : ln  der  Natur  ist  die  Aepfelsäure  sehr 
häufig  verbreitet,  sie  findet  sich  in  vielen  sauer-  oder  säuerlichschmecken- 
den  Früchten  und  Pflanzensäften , begleitet  von  Citronsäure  und  Wein- 
säure; sie  wurde  zuerst  von  Scheele  in  dem  Saft  der  Aepfel  entdeckt, 
woher  ihr  Name  abgeleitet  wurde.  Donavan  fand  sie  in  den  Vogelbeeren 
(Sorbus  aucuparia') , er  hielt  sie  für  eine  eigentümliche  von  der  Aepfel- 
säure  sich  unterscheidende  Säure  und  nannte  sie  Spiersäure  facide  sor- 
bique').  Hraconnot  bewies  später  ihre  Identität  mit  der  Aepfelsäure. 

Darstellung : Das  Aepfelsäurehydrafc  gewinnt  mau  stets  aus  äpfelsau- 
rem Bleioxid,  was  man  mit  warmem  Wasser  vertheilt  und  durch  einen 
Strom  Schwefelwasserstoffgas  zersetzt.  Sobald  die  Flüssigkeit  beim  Um- 
schütteln Geruch  von  freiem  Schwefelwasserstoff  zeigt,  wird  sie  von  dem 
gebildeten  Schwefelblei  abfiltrirt,  und  anfänglich  über  freiem  Feuer,  zu- 
letzt im  WasserbaJe  bis  zur  Consistenz  eines  Syrups  abgedampft. 

Eigenschaften : Das  Aepfelsäurehydrat  setzt  sich  aus  einer  concen- 
trirten  Auflösung,  wenn  sie  längere  Zeit  an  einem  warmen  Orte  stehen 
gelassen  wird,  in  körnig,  undeutlich  kristallinischen  Krusten  ab,  die  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  an  der  Luft  zerfliefsen.  Die  bei  120°  getrock- 
neten Kristalle  enthalten  kein  Kristallwasser  (Pelouze').  Die  wässerige 
Auflösung  schmeckt  sehr  sauer , im  unreinen  Zustande  aufbewahrt  zersetzt 
sie  sich  unter  Schimmel-  und  Schleimbildung,  sie  reducirt  Goldsalze  und 
wird  durch  Salpetersäure  iu  Kleesäure  verwandelt.  Mit  Schwefelsäure- 
hydrat erwärmt  zerlegt  sie  sich  unter  Entwickelung  von  brennbarem  Gas 
und  einer  stechend  sauren  Flüssigkeit.  Sie  löst  sich  in  Alkohol  ohne 
Rückstand. 

Läfst  man  die  kristallisirte  Säure  in  einem  Glas-  oder  Porcellangefäfs 
längere  Zeit  an  einem  nicht  über  130 — 140°  warmen  Orte  stehen,  so 
schmilzt  sie  zuerst,  nach  einiger  Zeit  bilden  sich  in  dieser  Flüssigkeit  feine 
kristallinische  Blättcheu,  welche  beständig  zunehmen,  zuletzt  verwandelt 
sie  sich  in  eine  trockne  Masse  oder  dicken  kristallinischen  Brei,  aus  wel- 
chem man  durch  kaltes  Wasser  unveränderte  Aepfelsäure  ausziehen  kann. 
Die  letztere  Auflösung  zur  Syrupdicke  abgedampft  und  auf  dieselbe  Weise 
behandelt,  zeigt  ganz  die  nemlichen  Erscheinungen,  d.  h.  sie  verwandelt 
sich  durch  den  Einflufs  der  Wärme  in  eine  in  kaltem  Wasser  schwerlös- 
liche Substanz  , von  stark  sauren  Eigenschaften.  Der  auf  diese  Weise  aus 
Aepfelsäure  sich  bildende  Körper  ist  Fumarsäure. 

Bringt  man  Aepfelsäurehydrat  in  eine  kleine  Retorte,  welche  zu  % 
damit  angefüllt  ist,  und  unterwirft  sie  einer  raschen  Destillation  bei  leb- 
haftem Feuer,  so  destillirt  im  Anfang  Wasser  über,  später  kommt  eine 
flüchtige  kristallisirende  Säure;  bei  einem  gewissen  Zeitpunkte  trübt  sich 
die  in  der  Retorte  schmelzende  und  siedende  Säure,  sie  wird  dicker  und 


Aepfelssiure  Salze. 


911 


zäher.  Entfernt  man  nun  das  Feuer,  so  geht  die  Destillation  noch  einige 
Augenblicke  fort,  aber  plötzlich  erstarrt  der  Rückstand  in  der  Retorte  zu 
einer  kristallinischen , ganz  trocknen,  weichen  Masse,  welche  ebenfalls 
Fumarsäure  ist. 

Je  schneller  und  rascher  die  trockne  Destillation  der  Aepfelsäure  ge- 
leitet wird,  desto  mehr  erhält  man  von  der  ebenerwähnten  flüchtigen  kri- 
stallisirbaren  Säure.  Die  so  eben  beschriebenen  Zersetzungserscheinungen 
und  die  dabei  auftretenden  Produkte  sind  von  Pelouze  zuerst  beobachtet 
und  untersucht  worden , die  flüchtige  Säure  erhielt  von  ihm  den  Namen 
Maleinsäure.  Die  Maleinsäure  ist,  wie  aus  dem  Verhalten  ihrer  Silber- 
salze hervorgeht,  eine  zweibasische  Säure,  woraus  geschlossen  werden 
muls,  dafs  die  Aepfelsäure  ebenfalls  zweibasisch  ist. 


Aepfelsäure  Salze. 

Die  meisten  Verbindungen  der  Aepfelsäure  mit  Basen  sind  im  Wasser 
löslich,  die  unlöslichen  lösen  sich  in  Salpetersäure. 

Neutrales  äpfelsaures  Kali,  Natron,  Ammoniak  und  Manganoxydul 
sind  zerfliefslich  , schwierig  kristallisirbar,  die  sauren  Salze  dieser  Basen 
lassen  sich  in  regelmäfsigen  Formen  erhalten. 

Aepfelsaurer  Baryt  und  Kalk  verwandeln  sich  in  erhöhter  Temperatur 
in  fumarsaure  Salze.  ( Hagen.') 

Vermischt  man  wässerige  Aepfelsäure  mit  kohlensaurem  Kalk  und  Ba- 
ryt, so  verbinden  sich  unter  Entwickelung  von  Kohlensäure  diese  Metall- 
oxide mit  der  Aepfelsäure , ohne  aber  dafs  die  Flüssigkeit  selbst  beim  ge- 
linden Erwärmen  mit  einem  Ueberschufs  der  Basen  ihre  saure  Reaction 
verliert.  Bei  der  wechselseitigen  Zersetzung  auflöslicher  äpfelsaurer  Salze 
mit  andern  Metallsalzen  fällt  häufig  mit  dem  unauflöslichen  Salze,  was 
sich  bildet,  eine  Portion  des  zugesetzten  Salzes  oder  seiner  Basis  nieder, 
so  dafs  der  Niederschlag  häufig  eine  Doppelverbindung  enthält.  Aepfel- 
saures  Kali,  Natron  und  Ammoniak  bilden  mit  unauflöslichen  äpfelsauren 
Metalloxidverbindungen  Doppelsalze,  welche  in  kaustischen  Alkalien  wie 
die  entsprechenden  weinsauren  Salze  löslich  sind.  Die  Gegenwart  von 
Aepfelsäure  in  einer  Eisen-  oder  Kupferoxid- Auflösung  verhindert  z.  B. 
die  Fällung  dieser  Oxide  durch  Alkalien.  Unter  den  äpfelsauren  Salzen 
ist  nur  das  äpfelsaure  Eisenoxid  in  Weingeist  löslich. 

Kalkwasser  mit  Aepfelsäure  neutralisirt  bleibt  in  der  Kälte  und  Wärme 
klar,  und  bei  fortgesetztem  Abdampfen  scheidet  sich  kristallinischer  äpfel- 
saurer Kalk  ab,  der  sich  beim  Kochen  mit  Wasser  wieder  löst.  Dieses 
Verhalten  unterscheidet  sie  hinlänglich  von  Kleesäure,  Traubensäure, 
Weinsäure  und  Citronsäure.  Ein  anderes  Kennzeichen  ist  die  ausgezeich- 
nete Form,  welche  das  frisch  niedergeschlagene  äpfelsaure  Bleioxid  beim 
ruhigen  Stehen  in  der  Flüssigkeit  annimmt.  Der  gebildete  Niederschlag  ist 
nemlich  weifs  und  im  Anfang  käseartig,  nach  und  nach  bilden  sich  aber 
darin,  von  einem  Mittelpunkte  ausgehende,  concentrisch  gruppirte  perl- 
mutterglänzende Nadeln,  io  die  sich  nach  und  nach  der  ganze  Niederschlag 
verwandelt. 

Aepf eisaures  Ammoniak,  saures.  M,  AdH40,  aq  fJ.  LJ.  Zur  Dar- 
stellung dieses  Salzes  bedient  man  sich  am  besten  des  unreinen  äpfelsau- 
ren Bleioxids,  was  man  durch  Fällung  von  Aepfelsaft  oder  besser  des 
Saftes  der  Vogelbeeren  (welche  im  Anfang  August  gesammelt  werden 
müssen  oder  zu  der  Zeit,  wo  die  grünen  Beeren  anfangen  roth  zu  wer- 
den) mit  essigsaurem  Bleioxid  erhält.  Das  kristallinische  äpfelsaure  Blei- 
oxid übergiefst  man  mit  Wasser,  erhitzt  es  damit  auf  60  bis  70°  und  setzt 
nun  nach  und  nach  so  lange  verdünnte  Schwefelsäure  zu,  bis  eine  Probe 
der  Flüssigkeit,  von  dem  gebildeten  schwefelsauren  Bleioxid  abfiltrirt,  mit 
Barytsalzen  einen  schwachen  Gehalt  von  freier  Schwefelsäure  zu  erkennen 
giebt,  man  setzt  nun  eine  verhältnifsmäfsig  kleine  Menge  überschüssiges 


912 


Ä e p f e 1 s ü u r e. 


äpfelsaures  Bleioxid  hinzu , kocht  eine  Viertelstunde  laug,  und  filtrirt  die 
tiefrothe  saure  Flüssigkeit  von  dem  schwefelsauren  Bleioxid  ab,  das  man 
mit  Wasser  auswäscht.  Die  erhaltenen  sauren  Flüssigkeiten,  welche  un- 
reine Aepfelsäure  enthalten,  werden  vereinigt  und  auf  die  Hälfte  abge- 
dampft. Man  theilt  sie  alsdann  in  zwei  gleiche  Theile  (dem  Volumen 
nach),  sättigt  den  einen  Theil  mit  kolilensaurem  Ammoniak,  schüttet  so- 
dann den  ungesättigten  Theil  zu  der  andern  Hälfte  der  neutralisirten  Flüs- 
sigkeit, dampft  zur  schwachen  Syrupconsistenz  ab  und  läfst  sie  ruhig  er- 
kalten. Es  bildet  sich  nach  24  Stunden  eine  reichliche  Kristallisation  von 
grofsen  regelinäfsigen  gefärbten  Kristallen  von  saurem  äpfelsaurem  Am- 
moniak, von  denen  man  durch  Verdampfen  der  Mutterlauge  noch  mehr 
erhält.  Die  gefärbten  Kristalle  werden  in  heilem  Wasser  gelöst  und  der 
Auflösung  so  lauge  frischgeglühtes,  mit  Wasser  wohlausgewaschenes  Holz- 
kohlenpulver zugesetzt,  bis  die  Auflösung  farblos  ist.  Beim  Abdampfen 
und  Kristallisireu  dieser  Flüssigkeit  erhält  man  vollkommen  klares,  farb- 
loses saures  äpfelsaures  Ammoniak. 

Man  mufs  sich  hüten,  Eisen  oder  Materien,  welche  Eisen  enthalten, 
in  Berührung  mit  der  Flüssigkeit  zu  bringen,  denn  man  erhält  in  diesem 
Fall  gelblich  gefärbte  Kristalle,  denen  man  durch  Kohle  oder  durch  ein 
anderes  Mittel  die  Farbe  nicht  entziehen  kann.  Enthält  die  Auflösung  die- 
ses Salzes  bei  seiner  Darstellung  saures  schwefelsaures  Ammoniak,  so 
wird  dadurch  eine  sehr  beträchtliche  Menge  saures  äpfeisaures  Salz  un- 
kristallisirbar  gemacht. 

Das  saure  äpfelsaure  Ammoniak  kristallisirt  in  wasserhellen  Kristallen 
von  der  Form  des  Bergkristalls;  sie  lösen  sich  in  8 Th.  kaltem,  in  weni- 
ger siedendem  Wasser  und  sind  unlöslich  in  Alkohol. 

Aepfelsaures  Aethyloxid.  Thenard  erhielt  durch  Destillation  der 
Aepfelsäure  mit  Schwefelsäure  und  Alkohol  im  Rückstände  eine  gelbliche 
ölartige  Flüssigkeit,  schwerer  wie  Wasser.  Bei  Destillation  von  saurem 
äpfelsaurem  Ammoniak,  Schwefelsäure  und  Alkohol,  bis  zum  Schwarz- 
werden des  Rückstandes,  erhält  man  ein  höchst  angenehm  riechendes  De- 
stillat, aus  welchem  Wasser  fumarsaures  Aethyloxid  in  Gestalt  einer  öl- 
artigen, ätherartigen  Flüssigkeit  abscheidet  Man  erhält  die  nemliche  äther- 
artige Substanz,  wenn  eine  Auflösung  von  Aepfelsäure  in  starkem  Alkohol 
mit  salzsaurem  Gas  gesättigt  und  bis  zur  Trockne  abdestillirt  wird , wobei 
sehr  geringer  schwarzer  Rückstand  bleibt.  Es  geht  bei  dieser  Destillation 
zuerst  ein  salzsäurehaltiger  Alkohol , sodann  eine  schwere  ölartige  saure 
Flüssigkeit  über,  die,  mit  Wasser  vermischt,  sich  zum  grofsen  Theil  darin 
löst,  \vrobei  ebenfalls  fumarsaures  Aethyloxid  zurückbleibt. 

Aep felsaurer  Baryt.  M,  SBaO  und  M,2BaO,4aq.  Eine  Auflösung 
von  kohlensaurem  Baryt  in  Aepfelsäure,  welche  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur gemacht  ist,  setzt  beim  Verdampfen  an  der  Luft  dünne  durchsich- 
tige Blätter  von  wasserhaltigem  neutralem  äpfelsaurem  Baryt  M,  2BaO,  4aq 
ab,  die  sich  in  kaltem  Wasser  mit  grofser  Leichtigkeit  lösen.  Die  Flüs- 
sigkeit, in  der  sich  diese  Kristalle  gebildet  haben,  reagirt  stark  sauer. 
Erhitzt  man  die  gesättigte  Auflösung  dieses  Salzes  in  kaltem  Wasser  zum 
Sieden,  so  trübt  sie  sich  und  es  bildet  sich  ein  starker  Niederschlag  von 
wasserfreiem  Salz  M,  2BaO,  was  sich  bei  anhaltendem  Kochen  in  mehr 
Wasser  wieder  löst.  Eine  sauer  reagirende  Auflösung  von  koh’ensaurem 
Baryt  in  Aepfelsäure  setzt  wasserfreies  Salz  beim  Abdampfen  in  der  W’ärme 
in  weifsen  farblosen,  in  kaltem  Wasser  sehr  schwerlöslichen  Krusten  ab. 

Aepf eisaurer  Kalk.  Die  Aepfelsäure  bildet  mit  Kalk  ein  »saures,  in 
heifsem  Wasser  sehr  lösliches,  leicht  kristallisirbares  und  ein  neutrales 
schwerlösliches  Salz.  Da  man  sich  des  sauren  Kalksalzes  zur  Darstellung 
des  äpfelsauren  Bleioxids  und  damit  zur  Darstellung  der  Aepfelsäure  arn 
vorteilhaftesten  bedient,  so  soll  seine  Gewinnung  aus  Vogelbeersaft  aus- 
führlich beschrieben  werden.  Die  im  August  gesammelten,  rosenroth  ge- 
wordenen unreifen  Vogelbeeren  werden  in  einem  Mörser  von  Eisen  zer- 


Aepfelsäure  S a 1 » e. 


913 


stampft , der  Saft  ausgeprefst  durch  ein  Tuch  filtrirt  und  in  einem  kupfer- 
nen Kessel  so  lange  mit  einer  dünnen  Kalkmilch  versetzt,  bis  die  Flüs- 
sigkeit anfängt  ihre  Farbe  zu  ändern.  Der  rothe  Saft  wird  beim  Ueber- 
sättigen  mit  Kalk  dunkelgrün , beinahe  schwarz.  Der  Kalk  darf  nicht  bis 
zur  Erscheiuung  dieser  Farbe  zugesetzt  werden*  sondern  die  Flüssigkeit 
mufs  eine  schwach  saure  Reaction  behalten  und  eine  dunkelbraunrothe 
Farbe  besitzen.  Wird  sie  bei  diesem  Zeitpunkte  zum  Sieden  erhitzt  und 
im  Kochen  erhalten,  so  schlägt  sich  weifser,  grobkörnig  kristallinischer, 
neutraler  äpfelsaurer  Kalk  in  grofser  Menge  nieder,  den  man  mit  durch- 
löcherten grofsen  Löffeln  beständig  aus  der  Flüssigkeit  herausnimmt. 
Wenn  sich  von  diesem  Niederschlag  nichts  mehr  absetzt,  setzt  man  wie- 
der Kalkmilch  mit  der  nemlichen  Vorsicht  zu  und  verfährt  wie  vorher,  wo 
man  eine  neue  Quantität  Niederschlag  gewinnt. 

Aller  gewonnene  neutrale  äpfelsaure  Kalk  wird  mit  kaltem  Wasser 
abgewaschen  und  feucht  in  eine  kochende  Mischung  von  1 Theil  Salpeter- 
säure mit  10  Theilen  Wasser  getragen,  so  lange  sich  darin  noch  auflest, 
die  heifse  conceutrirte  Auflösung  läfst  man  alsdann  erkalten,  wo  man  eine 
reichliche  Portion  von  farblosem  saurem  äpfelsaurem  Kalk  in  grofsen  re- 
geJmäfsigen  Kristallen  erhält.  Man  reinigt  sie  durch  Auflösung  in  reinem 
Wasser , ein  Zusatz  von  Kohle  ist  hierbei  nur  selten  nöthig.  Die  salpeter- 
sauren Mutterlaugen  sättigt  man  zuletzt  mit  Kreide  und  dampft  sie  ab , wo 
wieder  neutraler  äpfelsaurer  Kalk  gewonnen  wird , den  man  wie  vorher 
behandelt. 

Unreifer  Vogelbeersaft  giebt  nahe  an  12  p.  c.  sauren  äpfelsauren  Kalk, 
welcher  64,74  Aepfclsäurehydrat , 13,67  Kalk  und  21,59  Kristall wasser 
enthält. 

Die  Zusammensetzung  des  kristallisirten  sauren  äpfelsauren  Kalks  wird 
durch  die  Formel  M,  | 6aq  ausgedrückt,  bei  100°  verlieren  die 

Kristalle  2 Atome  Wasser,  bei  185°  5 Atome  und  werden  zu  M, 

Die  Kristalle  sind  durchsichtig  und  farblos,  sie  lösen  sich  in  20  Th.  kaltem, 
in  ihrem  gleichen  Gewicht  siedendem  Wasser. 

Neutraler  äpfelsaurer  Kalk.  M,  2CaO.  Beim  Sättigen  von  Aepfel- 
säure  mit  kohlensaurem  Kalk  erhält  mau  eine  saure  Auflösung,  welche, 
zum  Sieden  erhitzt,  zu  einem  kristallinischen  Brei  gerinnt.  Das  sich  ab- 
scheidende pulverförmige  Salz  löst  sich  sehr  schwer  im  Wasser,  diese  ge- 
ringe Löslichkeit  wird  durch  Aepfelsäure  nicht  vermehrt ; es  enthält  2 At. 
Wasser,  was  bei  200°  weggeht. 

Neutralisirt  man  Kalkwasser  mit  Aepfelsäure  und  läfst  die  Flüssigkeit 
unter  der  Luftpumpe  verdampfen,  so  erhält  man  grofse  glänzende,  in  kal- 
tem Wasser  leicht  lösliche  Blätter;  sie  enthalten  auf  I Aeq.  Kalk  zwei 
Atome  Wasser,  von  denen  bei  150°  die  Hälfte  weggeht,  wodurch  das 
Salz  seine  Löslichkeit  verliert,  bei  200°  wird  es  wasserfrei;  beim  Er- 
hitzen seiner  concentrirtcn  Auflösung  schlägt  sich  das  erstbeschriebene 
Salz  nieder. 

Aepfelsäure  Bittererde.  M,2MgO,  lOaq.  Schöne  durchsichtige,  an 
der  Luft  verwitternde  Würfel,  löslich  in  28  — 29  Th.  kaltem,  leichter  in 
siedendem  Wasser,  welche  bei  120°  8 At.  Wasser  verlieren. 

Aepfelsaures  Eisenoxid  ist  im  unreinen  Zustande  als  Eisenextract 
Qextractum  Ferri  pomatum  et  eydoniatum')  offlcinell.  — Man  bereitet  es 
am  zweckmäfsigsten  nach  Michaelis  und  Bucholz , indem  Quitten  oder 
säuerliche  Aepfel  auf  einem  Reibeisen  zerrieben,  und  der  zerriebene  Brei, 
mit  dem  6ten  Theil  Eisenfeile  gemengt,  so  lange  (2  — 3 Tage)  in  gelinder 
Wärme  unter  öfterm  Rühren  in  Berührung  gelassen  wird,  bis  eine  schwarz- 
braune, stark  eisenhaft  schmeckende  Masse  entstanden  ist,  und  sich  kein 
Wasserstoffgas  mehr  entwickelt.  Da«  Gemenge  wird  dann  aoeh  % bis  % 


914 


A e p f e 1 s ä u r e. 


Stunde  in  einem  eisernen  Gefälse  gekocht  * kolirt  und  gepreßt;  der  Rück- 
stand nochmals  mit  etwas  Wasser  erhitzt,  geprefst,  alles  Flüssige  klar 
geseiht  und  in  gelinder  Wärme,  am  besten  im  Wasserbad,  zur  Extract- 
dicke  verdampft.  — Auch  erhält  man  das  Eisenextract  durch  anhaltendes 
Digeriren  und  Kochen  von  1 Theil  Eisenfeile  mit  4 Theilen  Aepfel-  oder 
Quitten -Saft,  und  Abdunsten  der  klaren  Flüssigkeit  zur  Extractdicke.  — 
Auf  letztere  Art  wird  weit  schwieriger  eine  gesättigte  Verbindung  erhal- 
ten, als  auf  die  erste;  denn  der  Saft  wirkt  nur  sehr  schwach  auf  das  me- 
tallische Eisen,  wenn  nicht  zugleich  Luft  zutreten  kann.  Der  Brei  gestat- 
tet aber  den  Luftzutritt  weit  mehr,  die  Oxidation  des  Eisens  erfolgt  darum 
viel  schneller,  und  man  erhält  eine  möglichst  mit  Eisenoxid  gesättigte, 
äpfelsaure  Verbindung.  Die  gegenseitige  Einwirkung  der  StolFe  liefse  sich 
wohl  durch  Silber,  wie  beim  Eisenweinstein , befördern.  — Das  Eisen- 
extract ist  eine  schwarzbraune,  mit  der  Zeit  öfters  körnig- kristallinisch 
werdende,  an  der  Luft  zerfliefsliche  Salzmasse,  von  süfsem  und  zusam- 
menziehend eisenhaftem  Geschmack.  — Enthält  aufser  äpfelsaurem  Eisen- 
oxid, Zucker,  Gummi  und  sonstige  extractive  Theile.  — Seine  Güte  er- 
kennt man  an  seinem  süi'sen  und  stark  eisenhaften  Geschmack,  es  darf 
nicht  brandig  riechen  und  schmecken.  Ein  polirtes  Eisen  in  dasselbe  ge- 
steckt, darf  sich  nicht  verkupfern;  oder  etwas  davon  eingeäschert,  Am- 
moniak blau  färben.  Mufs  sich  in  Wasser  leicht  lösen,  die  Lösung  ist  je- 
doch immer  etwas  trübe.  — Wird  für  sich  in  Pillenform  und  Mixturen 
gegeben.  — Darf  mit  keinen  gerbestoffhaltigeu  u.  s.  w.  Substanzen  gegeben 
werden.  — Ist  Bestandteil  der  Tinct.  Martis  pomata  und  eydoniata. 

Aepf eisaures  Bleioxid.  M,  2PbO,  6*aq  fPelouxe').  Beim  Vermischen 
einer  Auflösung  vou  saurem  äpfelsaurem  Ammouiak  oder  saurem  äpfelsau- 
rem Kalk  mit  essigsaurem  Bleioxid  entsteht  ein  Ammoniak-  oder  Kalk- 
haltiger Niederschlag,  blendend  weifs,  von  käsiger  Beschaffenheit.  Beim 
längeren  Stehen  in  der,  überschüssiges  essigsaures  Bleioxid  enthaltenden, 
Flüssigkeit,  am  besten  an  einem  warmen  Orte,  verliert  er  seinen  Ammo- 
niak- oder  Kalkgehalt  und  verwandelt  sich  in  glänzend vveifse,  durchschei- 
nende, concentrisch  gruppirte  vierseitige  Nadeln;  diese  Kristalle  sind  neu- 
trales Salz  mit  6 Atomen  Kristall wasser,  was  durch  erhöhte  Temperatur 
vollständig  entfernt  werden  kann;  saures  äpfclsaures  Bleioxid  ist  unbe- 
kannt. Das  äpfelsaure  Bleioxid  schmilzt  in  siedendem  Wasser  zu  einer 
durchscheinenden  fadenziehenden  Masse,  es  ist  in  kaltem  Wasser  sehr 
schwer,  in  heifsem  Wasser  etwas  leichter  löslich,  aus  der  gesättigten 
wässerigen  Auflösung  setzt  es  sich  nach  ruhigem  Stehen  in  glänzend 
weifsen  langen  Nadeln  ab.  In  Salpetersäure  ist  es  leicht  löslich. 

Man  wendet  häufig  zur  Darstellung  des  sauren  äpfelsauren  Ammoniaks 
das  unreine  gefärbte  kristallinische  äpfelsaure  Bleioxid  an,  was  man  direct 
durch  Fällung  von  Aepfelsalt  oder  Vogelbeersaft  mit  äpfelsaurem  Bleioxid 
erhält. 

Aepf  eisaures  Zinkoxid.  M,  2ZuO,  6aq.  Das  neutrale  Salz  kristalli- 
sirt  in  sehr  glänzenden , harten,  durchsichtigen,  vierseitigen,  geraden  ab- 
gestumpften Säulen  mit  zwei  Flächen  zugeschärft,  in  kaltem  Wasser 
schwierig,  in  10  Th.  siedendem  löslich,  wobei  ein  weifses  Pulver  zurück- 
bleibt, was  nach  Braconnot  48,11  p.  c.  Oxid  enthält.  Das  neutrale  Salz 
verliert  bei  100°  die  Hä*  Se,  bei  120°  alles  Wasser.  Das  saure  äpfel- 
saure Zinkoxid  M,  £ H-  3aq  C Braconnot)  kristallisirt  in  Quadrat- 

octaedern  und  ist  im  Wasser  leichter  löslich  als  das  neutrale , beim 
Schmelzen  verliert  es  2 At.  Wasser. 

Aepfelsaures  Kupferoxid.  Kohlensaures  Kupferoxid  löst  sich  in 
wässeriger  Aepfelsäure  in  grofser  Menge  zu  einer  schön  grünen  Flüssig- 
keit auf,  welche,  bei  40  — 50°  unter  der  Luftpumpe  abgedampft,  dunkel- 
grüne wohlausgebildete  Kristalle  liefert;  die  Mutterlauge,  in  der  sie  sich 
bilden,  ist  kaum  gefärbt,  sehr  sauer.  Die  Kristalle  lösen  sich  leicht  iu 


Maleinsäure. 


915 


kaltem  Wasser;  unter  der  Luftpumpe  über  Schwefelsäurehydrat  werden 
sie  blau  unter  Wasserverlust.  Wird  ihre  concentrirte  Auflösung  im  Was- 
ser zum  Sieden  erhitzt,  so  wird  sie  dick  wie  Brei,  und  es  schlägt  sich  ein 
grünes,  in  Wasser  und  Säure  unlösliches  Pulver  nieder.  Wird  die  wäs- 
serige Auflösung  mit  Weingeist  gemischt,  so  scheidet  sich  ein  bläulich 
grünes  Salz  ab,  was  nach  dem  Trocknen  sich  wieder  leicht  in  Wasser 
löst,  beim  Kochen  verwandelt  es  sich  in  das  unlösliche  Salz,  das  letztere 
ist  M,  30u  0,  4aq , das  mit  Weingeist  gefällte  M,3CuO,5aq,  das  aus 
der  wässerigen  Auflösung  kristallisirte  M,  3CuO,  6aq. 

Aepf eisaures  Silberoxid.  M,  2AgO.  Wasserfreier,  glänzend  weifser, 
pulveriger  Niederschlag,  in  Aepfelsäure,  Salpetersäure  und  heifsem  Was- 
ser löslich. 

Aepf eisaures  Antimonoxidkali,  Regelmäfsige  Kristalle  von  unbestimm- 
ter Zusammensetzung. 


Maleinsäure. 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C8  H4  06  (Pelou%e,  J.L.J.  Symb.:  Ma. 

Formel  des  Maleinsäurehydrats : C8  tl4  06  -+-  2aq.  Symb. : Ma  2aq. 

Entdeckt  von  Pelouze.  Zweibasische  Säure,  siehe  maleinsaures  Sil- 
beroxid. 

Bildung  siehe  Aepfelsäurehydrat. 

Darstellung.  Das  bei  rascher  Destillation  von  Aepfelsäurehydrat  über- 
gehende saure  kristallinische  Produkt  löst  sich  gewöhnlich  in  dem  Wasser, 
was  sich  in  der  Vorlage  sammelt,  auf,  und  wird  daraus  durch  Verdampfen 
im  Wasserbade  rein  und  kristaliisirt  erhalten.  Wenn  die  Destillation  des 
Aepfelsäurehydrats  über  den  Punkt  hinaus  fortgesetzt  wird,  wo  die  Masse 
in  der  Retorte  von  gebildeter  Fumarsäure  fest  wird,  so  erhält  mau  ge- 
färbte brenzliche  Produkte. 

Eigenschaften.  Das  Maleinsäurehydrat  scheidet  sich  beim  Verdampfen 
seiner  concentrirten  Auflösung  in  der  Wärme  in  farblosen  durchsichtigen 
Blättern  oder  schiefen  rhombischen  Säulen  ab , in  gewöhnlicher  Temperatur 
verdampft  efflorescirt  es  an  den  Gefäfswändeu  zu  blumeukohlähulichen  Ve- 
getationen; es  ist  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  leicht  löslich,  die  Auf- 
lösungen sind  sauer,  hintennach  ekelhaft,  etwas  metallisch  schmeckend. 
Der  Hauptcharakter  des  Maleinsäurehydrats,  wodurch  es  sich  von  dem 
Hydrate  der  Aconitsäure  unterscheidet , mit  dem  es  eine  gleiche  Zusam- 
mensetzung besitzt,  ist  sein  Verhalten  gegen  die  Wärme.  Einer  raschen 
Destillation  unterworfen  zerlegt  sich  nemlich  das  Maleinsäurehydrat  in 
Wasser  und  in  eine  weifse , bei  57°  schmelzende  und  bei  176°  siedende 
flüchtige  Materie , welche  die  Zusammensetzung  der  wasserfreien  Malein- 
säure besitzt  ( Pelouze );  diese  Materie  wird,  über  ihren  Siedpunkt  erhitzt, 
zersetzt,  sie  färbt  sich  braun,  liefert  brennbare  Gasarten  und  im  Rück- 
stände Kohle.  Erhält  man  das  Maleinsäurehydrat  längere  Zeit  im  Schmel- 
zen , so  zeigt  es  ganz  ähuliche  Erscheinungen  wie  das  Aepfelsäurehydrat, 
es  verwandelt  sich  nemlich  die  flüssige  Masse  nach  und  nach  in  einen  festen 
kristallinischen  Brei  von  reinem  Fumarsäurehydrat,  von  dem  man  durch 
Abspülen  mit  Wasser  die  unzerlegte  Maleinsäure  leicht  trennen  kann.  Die 
Maleinsäure  unterscheidet  sich  in  ihrer  Zusammensetzung  von  der  Aepfel- 
säure durch  die  Bestandtheile  von  2 Atomen  Wasser,  welche  sie  weniger 
enthält,  was  ihre  Bildung  leicht  erklärt. 

Maleinsaure  Salze. 

Die  maleinsauren  Alkalien  sind  in  Wasser  sehr  löslich , schwierig  kri- 
stallisirbar.  Kalkwasser  wird  durch  Maleinsäurehydrat  nicht  getrübt,  in 
Barytwasser  bringt  sie  einen  weifsen  Niederschlag  hervor,  der  sich  sehr 


916 


Fumarsäure. 


bald  in  kristallinische  Blättchen  verwandelt,  der  Niederschlag  ist  in  reinem 
Wasser  löslich.  Aus  einer  Mischung  von  maleinsaurem  Kalk  mit  Chlor- 
calciumlosung  setzen  sich  nach  mehreren  Tagen  kristallinische  Nadeln  ab, 
die  sich  sehr  schwer  in  Wasser  lösen.  Essigsaures  Bleioxid  wird  durch 
Maleinsäure  käseartig  getrübt,  der  weifse  Niederschlag  ist  wasserhaltiges 
maleinsaures  Bleioxid  Ma,  2PbO  -b  öaq  ( Pelouze),  das  sieh  beim  ruhigen 
Stehen  in  der  Flüssigkeit  in  glänzende  glimmerar tige  Blättchen  verwan- 
delt. Sehr  concentrirle  Auflösungen  von  beiden  zusammengemischt,  geben 
eine  durchscheinende  gallertartign  Masse  , die  sich  nach  und  nach  ebenfalls 
in  kristallinische  Blätter  verwandelt.  Lösliche  maleinsaure  Alkalien  brin- 
gen in  Silbersalzen  einen  weifsen , beim  trocknen  Erhitzen  verpuffenden 
Niederschlag  hervor,  in  der  Flüssigkeit  verwandelt  sich  dieser  Nieder- 
schlag in  ein  körniges  kristallinisches  Pulver  Ma,  2AgO.  Vermischt  man 
eine  mäfsig  coucentrirte  Auflösung  von  Maleinsäure  mit  salpetersaurem 
Silberoxid,  so  bilden  sich  sehr  bald  in  der  Flüssigkeit  weifse,  feine,  glän- 


Formel  der  wasserfreien  Säure:  C4  H2  03.  Sy  mb. : Fu. 

Formel  des  Fumarsäurehydrats:  C4  H2  03  -4-  aq.  Symb. : Fu,  aq. 

Zuerst  beobachtet  als  Destillationsprodukt  der  Aepfelsäure  von  Las- 
saigne , uutersucht  und  analysirt  von  Pelouze . Diese  Säure  wurde  in  der 
Fumaria  officincilis  entdeckt  von  Winckler , ihre  Identität  mit  dem  Zer- 
setzungsprodukt der  Aepfelsäure  wurde  von  Demarcay  nachgewiesen;  in 
dem  isländischen  Moos  entdeckt  und  untersucht  von  Schödler. 

Bildung  und  Darstellung.  Wie  bei  dem  Aepfelsäurehydrat  erwähnt 
ist,  entsteht  die  Fumarsäure,  wenn  man  das  erstere  längere  Zeit  einige 
Grade  über  seinen  Schmelzpunkt  erhitzt.  Das  Aepfelsäurehydrat  verwan- 
delt sich  nach  und  nach  in  ein  trocknes  Haufwerk  von  Kristallen  von  Fu- 
marsäurehydrat, von  dem  man  die  anhängende  Aepfelsäure  durch  Waschen 
mit  kaltem  Wasser  entfernt. 

Es  entsteht  ebenfalls  Fumarsäure,  wenn  äpfelsaure  Salze  mit  alkali- 
scher Basis  einer  erhöhten  Temperatur  ausgesetzt  werden. 

Aus  dem  Safte  der  Fumaria  officinalis,  den  man  zum  Kochen  erhitzt 
und  filtrirt,  erhält  man,  durch  Fäliuug  mit  essigsaurem  Bleioxid,  fumar- 
saures  Bleioxid,  aus  dem  mau  durch  Zersetzung  vermittelst  Schwefelwas- 
serstoffsäure die  Fumarsäure  abscheidet.  Digerirt  man  isländisches  Moos 
mit  einer  schwachen  Kalkmilch  mehrere  Tage  laug,  prefst  die  Flüssigkeit 
sodann  aus  und  verdampft  sie  nach  dem  Filtriren  bis  auf  die  Hälfte,  macht 
sie  sodanu  durch  Essigsäure  sauer  und  versetzt  sie  siedend  so  lange  mit 
basisch  es*igsaurem  Bleioxid  , bis  der  entstehende  braunröthliche  Nieder- 
schlag (welcher  den  Farbstoff  des  alkalischen  Auszugs  enthält)  anfängt 
weifs  zu  werden  , filtrirt  die  klare  Flüssigkeit  von  dem  Niederschlage  ab 
und  läfst  sie  erkalten,  so  scheidet  sich  fumarsaures  Bleioxid  in  weifsen 
glänzenden,  oder  bräunlich  gefärbten  Nadel»  ab.  Diese  Kristalle  werden 
gesammelt,  mit  heifsem  Wasser  übergossen  und  durch  Schwefelwasserstoff- 
gas,  was  man  durch  die  Mischung  leitet,  zersetzt.  Durch  Auflösung  der 
gefärbten  Kristalle  von  Fumarsäurehydrat  in  heifser  Salpetersäure  und 
Abkühlung  erhält  man  sie  rein  und  farblos. 

Das  Fumarsäurehydrat  stellt  feine,  weiche,  glimmerartige,  weifse 
Blättchen  dar,  aus  wässerigen  Auflösungen  kristallisirt  es  in  blumenkohl- 
artigen Verästelungen,  es  besitzt  einen  schwach  sauren  Geschmack,  löst 
sich  in  200  Th.  kaltem  Wasser,  leichter  in  heifsem  Wasser  und  in  Al- 
kohol, so  wie  in  heifser  Salpetersäure,  aus  letzterer  kristallisirt  sie  ohne 
Veränderung.  In  einer  Retorte  erhitzt  schmilzt  das  Hydrat,  ein  kleiner 
Theil  sublimirt,  der  gröfsfce  Thoil  wird  unter  Zurücklassung  von  Kohle 


zende  Nadeln  von  saurem 


Fumarsäure . 


Chinasäure.  917 

zersetzt;  auf  einem  Piatinblech  au  der  Luft  erhitzt,  verdampft  es  ohne 
Rückstand. 

Fumaramid. 

Formel  C4  H,  02  + Ad  (Hagen}.  Man  erhält  diesen  Körper,  wenn 
man  fumarsaures  Aethyloxid  mit  wässerigem  Ammoniak  in  einem  verschlos- 
senen Gefäfse  bei  gewöhnlicher  Temperatur  sich  selbst  überläfst;  nach  und 
nach  verschwindet  der  Fmnaräther  und  an  seiner  Stelle  entsteht  Fumar- 
amid.  Dieser  Körper  stellt  ein  blendend  weifses,  nicht  kristallinisches 
Pulver  dar,  was  in  kaltem  Wasser  und  Alkohol  beinahe  unlöslich  ist,  in 
siedendem  Wasser  löst  es  sich  bei  fortgesetztem  Kochen , die  Auflösung 
ist  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarbeu  und  wird  durch  Metallsalze  nicht  ge- 
fällt; durch  Alkalien  und  Säuren  wird  das  Fumaramid  auf  gewöhnliche 
Weise  zersetzt;  für  sich  erhitzt  wird  es  zersetzt,  es  entwickelt  sich  Am- 
moniak und  es  bleibt  ein  kohliger  Rückstand. 

Fumarsäure  Salze . 

Die  Fumarsäure  bildet  mit  Kali  und  Natron  leichtlösliche  kristallisir- 
bnre  Salze,  rnit  Ammoniak  ein  in  langen,  durchsichtigen,  schönen  prisma- 
tischen Säulen  kristallisirendes  saures  Salz,  2Fu,  AdH40,aq;  ihre  Ver- 
bindungen mit  Kalk,  Baryt,  Strontian  sind  schwerlöslich , leicht  in  regel- 
snäfsigen  Kristallen  zu  erhalten.  Das  fumarsaure  Bleioxid  kristallisirt  aus 
Wasser  in  feinen  glänzenden  Nadeln,  lösliche  fumarsaure  Alkalien  geben 
mit  essigsaurem  Bleioxid  dicke  Niederschläge,  welche  nach  und  nach  eine 
kristallinische  Beschaffenheit  annehmen.  Das  kristallisirte  Bleisalz  ist  ge- 
nau wie  das  entsprechende  maleinsaure  zusammengesetzt.  Das  Silbersalz 
Fu,  AgO  ist  weifs,  pulverförmig,  sehr  schwerlöslich,  wasserfrei,  es  ver- 
pufft beim  Erhitzen. 

Fumarsaures  Aethyloxid  erhält  man , wenn  eine  Auflösung  von  Fu- 
marsäurehydrat in  Alkohol  mit  trocknem  Chlorwasserstoffgas  gesättigt  und 
bis  zur  Trockne  destillirt  wird.  Im  Anfang  geht  Chlorwasserstoffsäure  und 
Alkohol,  zuletzt  Fumaräther  in  Gestalt  einer  ölartigen  Flüssigkeit  über 
von  schwach  aromatischem  Geruch,  schwerer  wie  Wasser.  (Hagen.} 


Säuren  von  unbekannter  Constitution. 

In  dem  Folgenden  werden  die  Säuren  beschrieben,  deren  Zusammen- 
setzung bekannt,  von  denen  es  aber  ungewifs  ist,  ob  sie  zu  den  ein-  oder 
mehrbasischen  Säuren  gerechnet  werden  müssen. 

Chinasäure . 

Formel  der  Säure  in  dem  basischen  Bleisalz : C?  H8  ©4. 

Formel  der  Säure  in  dem  basischen  Kupfersalz:  C7  H10  04. 

Formel  der  kristallisirten  Säure:  C:  Hi2  06. 

Die  Chinasäure  wurde  1790  von  Hoff  mann  entdeckt  und  von  Henry 
§T  Plisson , Baupy  J.  L.  und  Woskresensky  untersucht;  der  letztere  be- 
richtigte ihre  Zusammensetzung. 

Darstellung.  6 Vs  Th.  kristallisirter  reiner  chinasaurer  Kalk  werden 
mit  1 Th.  Schwefelsäurehydrat  und  10  Th.  Wasser  bei  gelinder  Wärme 
einige  Stunden  digerirt,  die  über  dem  gebildeten  schwefelsauren  Kalk 
stehende  saure  Flüssigkeit  abfiltrirt  und  mit  Alkohol  versetzt,  wo  sich 
der  gelöst  gebliebene  Gyps  abscheidet.  Die  klare  Flüssigkeit  wird  gelinde 
abgedampft  und  bei  Syrupconsistenz  sich  selbst  überlassen,  wo  die  China- 
säure in  grofsen  voluminösen  Kristallen  nach  und  nach  anschiefst. 


918 


Chinasäure. 


Die  erhaltenen  Kristalle  von  Chinasäurehydrat  sind  Combinationen 
einer  schiefen  rhombischen  Säule,  sie  sind  farblos,  durchsichtig,  dem  An- 
sehen nach  der  Weinsäure  sehr  ähnlich,  sie  sind  unveränderlich  an  der 
Luft,  bei  100°,  in  2 Theilen  Wasser  sowie  in  Alkohol  Jeich  i löslich , von 
1,637  spec.  Gewicht.  Bei  der  trocknen  Destillation  von  kristallisirter 
Chinasäure  erhielten  Pelletier  und  Caventou  eine  flüchtige  kristallinische 
Säure,  ausgezeichnet  durch  die  Eigenschaft,  in  Eisenoxidsalzen  einen 
schon  grün  gefärbten  Niederschlag  zu  bilden  ; sie  ist  nicht  näher  unter- 
sucht. 


Die  Chinasäure  weicht  in  ihren  Verbindungsverhältnissen  zu  Baseo 
von  allen  übrigen  organischen  Säuren  ab,  sie  bildet  vier  Reihen  von  Sal- 
zen , welche  von  Woskrescensku  untersucht  wurden.  In  einer  ihrer  Ver- 
bindungen mit  Bleioxid  sind  nemlich  2 Atome  Wasser  in  der  kristallisirten 
Säure  vertreten  durch  2 Atome  Bleioxid,  es  kann  demnach  nicht  als  ba- 
sische« Salz  betrachtet  werden.  Von  diesem  Salze  ausgehend,  wäre  die 
Chinasäure  eine  zweibasische  Säure  C.  H8  04  -f-  2uq  und  das  Bleisalz 

c:  h8  o4  -h  ypbo. 

Das  sog.  basische  chinasaure  Kupferoxid  würde  durch  die  Formel 


Silberoxids  und  die  des  Kalksalzes  führt  zu  andern  Verhältnissen.  Der 
bei  120°  getrocknete  chinasaure  Kalk  enthält  nemlich  auf  1 Aeq.  Kalk 
eine  Quantität  Säure,  welche  der  Formel  CJl4  H22  0M  entspricht;  eine  ähn- 
liche Zusammensetzung  besitzt  das  Silbersalz  C14  II22  On  -b  AgO.  Diese 
beiden  Salze  sind  in  Wasser  äul'serst  löslich  und  ihre  Auflösung  reagirt 
vollkommen  neutral.  Es  ist  denkbar,  dafs  die  Chinasäure  in  dem  oben- 
erwähnten Blei-  und  Kupfersalz  eine  Veränderung  erlitten  hat,  dals  sie 
bei  ihrer  Verbindung  mit  einer  gröfseren  Proportion  Basis  als  wie  der 
Quantität  im  Silbersalze  entspricht,  die  nernliche  Modifikation  erleidet  wie 
die  Meta-  oder  Pyrophosphorsäure , w^enn  diese  mit  überschüssigen  Basen 
der  Glühhitze  ausgesetzt  werden. 

Alle  chinasauren  Salze  sind,  bis  auf  das  sog.  basische  ßleisalz,  in 
Wasser  löslich,  durch  Alkohol  werden  sie  aus  der  wässerigen  Auflösung 
gefällt,  sie  hinterlassen  beim  Glühen  eine  voluminöse  Kohle.  Vergleicht 
man  die  Zusammensetzung  der  Chinasäure  in  dem  Bleisalz  mit  der  der 
getrockneten  Gallussäure,  so  crgiebt  sich  iusoferne  eine  Aehnlichkeit , als 
sie  eine  gleiche  Anzahl  von  Atomen  enthalten.  Die  Gallussäure  ist  nem- 
lich C7  H6  Os  , kann  mithin  als  Chinasäure  betrachtet  werden , worin  l Aeq. 
Wasserstoff  ersetzt  ist  durch  1 Aeq.  Sauerstoff.  Die  Chinasäure  findet 
sich  nach  Berzelius , wie  die  Gallussäure,,  in  der  Rinde  und  dem  Splint 
vieler  Bäume. 

Chinasaurer  Kalk.  Dieses  Salz  ist  fertig  gebildet  in  allen  China- 
rinden enthalten  und  macht  den  Hauptbestandteil  des  kaltbereiteten  China- 
extracts  aus.  Man  gewinnt  es  als  Nebenprodukt  bei  der  Bereitung  des 
Chinins  und  Cinchonins;  wenn  der  salzsaure  oder  schwefelsaure  Auszug 
der  Chinarinde  mit  überschüssiger  Kalkmilch  gefällt  worden  ist,  bleibt  der 
chinasaure  Kalk  in  Auflösung.  Wird  diese  Flüssigkeit  bis  zur  schwachen 
Syrupconsistenz  abgedampft  und  der  Ruhe  überlassen,  so  kristallisirt  der 
chinasaure  Kalk  heraus;  durch  Zusatz  von  Alkohol,  in  welchem  der 
chinasaure  Kalk  unlöslich  ist,  entfernt  man  das  Chlorcalcium  und  die  in 
Alkohol  löslichen  Farbstoffe.  Der  rück  bleibende  chinasaure  Kalk  wird 
durch  Behandlung  mit  Knochenkohle  und  durch  fortgesetzte  Kristallisatio- 
nen rein  erhalten.  Der  chinasaure  Kalk  ist  blendend  wreifs,  von  Seiden- 
glanz, in  kleinen  durchsichtigen,  rhomboidalen,  an  der  Luft  unveränder- 
lichen Blättchen  kristallisirt,  welche  zu  Krusten  Zusammenhängen;  erlöst 
sich  in  9 Th.  kaltem  Wasser,  leichter  in  heifsem.  Im  kristallirten  Zu- 


Chi na  saure  Salze. 


auszudrücken  seyn.  Die  Untersuchung  des  Chinasäuren 


Chinoyl.  919 

stände  ist  er  nach  der  Formel  C14  H22  On  , CaO,  lOaq  (29,5  p.  c.)  zu- 
sammengesetzt. 

Chinasaurer  Baryt,  kristallisirt  in  sechsseitigen  kurzen  Prismen,  an 
der  Luft  verwitternd,  er  enthält  17,42  p.  c.  Kristallwasser  (6  At.). 

Chinasaures  Bleioxid . Chinasäure  mit  Bleioxid  gesättigt,  giebt  eine 
neutrale  Flüssigkeit,  welche,  zur  Syrupdicke  abgedampft,  zu  kleinen 
zarten,  an  der  Luft  unveränderlichen  Nadeln  erstarrt;  durch  Zusatz  von 
Ammoniak  zu  seiner  siedenden  Auflösung  entsteht  ein  weifser  häufiger,  in 
Wasser  sehr  wenig  löslicher  Niederschlag,  welcher  an  der  Luft  Kohlen- 
säure anzieht;  dieses  Salz  enthält  Wasser,  was  es  bei  200°  vollständig 
verliert,  ohne  bei  dieser  Temperatur  seine  Farbe  zu  wechseln.  Das  ge- 
trocknete Salz  gab  in  der  Analyse  73,36  Bleioxid,  13,8  bis  15,12  Koh- 
lenstoff und  1,25  bis  1,48  Wasserstoff,  entsprechend  der  Formel  Cr  H8  04, 
2PbO.  ( Woskrescensky .) 

Chinasaures  Kupferoxid.  Die  mit  kohlensaurem  Kupferoxid  gesät- 
tigte, etwas  saure  Lösung  von  Chinasäure  giebt  beim  Abdampfen  hell- 
blaue Nadeln,  die  16,981  Kristallwasser  enthalten  und  an  der  Luft  ver- 
wittern; es  ist  schwierig,  hierbei  die  Bildung  von  basischem  Salz  zu  ver- 
meiden. Dieses  Salz  bereitet  man  am  besten  aus  chinasaurem  Baryt,  den 
man  durch  schwefelsaures  Kupferoxid  zersetzt.  Setzt  man  zu  der  Auf- 
lösung des  neutralen  Kupfersalzes  etwas  Barytwasser,  ohne  aber  dafs  ein 
Niederschlag  entsteht,  und  dampft  in  gelinder  Wärme  ab,  so  schlägt  sich 
ein  körnig  kristallinisches,  seladongrünes  Pulver  nieder,  welches  in  trock- 
ner  Luft  2 Atome,  bei  150°  getrocknet  4 Atome,  bei  155°  noch  l Atom, 
im  Ganzen  5 Atome  Wasser  bei  dieser  Temperatur  verliert.  Das  kristal- 
lisirte  Salz  ist  014  H20  010 , 2Cu  O H-  5aq. ; das  kristallisirte  hinterläfst 
26,4  p.  c.  Kupferoxid,  das  bei  155°  getrocknete  31,1  p.  c.  fWoskres- 
censky.) 

Chinasaures  Silberoxid.  Durch  Sättigen  einer  Auflösung  von  China- 
säure mit  kohlensaurem  Silberoxid  bei  sehr  gelinder  Wärme  erhält  man 
eine  neutrale  Auflösung,  die  uuter  der  Luftpumpe  zu  weifsen,  warzenför- 
migen Kristallen  anschiefst;  sie  enthalten  38,8  p.  c.  Silberoxid,  und  ihre 
Formel  ist  Ci4  H22  Ou,  AgO  ( Woskrescensky ).  Bringt  man  eine  Auflö- 
sung von  Chinasäure  oder  von  einem  ihrer  löslichen  Salze  mit  salpetersau- 
rem Silberoxid  zusammen,  so  wird  sie  Mischung  durch  Abscheidung  von 
metallischem  Silber  schwarz. 


Zersetzungsprodukte  der  Chinasäure. 

Chinoyl. 

Wenn  ein  chinasaures  Salz  bei  gelinder  Hitze  verbrannt  wird,  so  be- 
kommt man  mit  den  Wasserdampfen  einen  Anflug  von  goldgelben  subli- 
mirharen  Nadeln.  Dieser  Körper  wird  bequemer  und  in  gröfscrer  Menge 
erhalten,  wenn  kristallisirte  Chinasäure  mit  vier  Theilen  Braunstein  und 
einem  Theil,  mit  seinem  gleicheu  Gewichte  Wasser  verdünnten,  Schwe- 
felsäurehydrat in  einer  Betörte  gelinde  erwärmt  wird.  Die  Mischung  bläht 
sich  stark  und  heftig  auf,  es  entwickeln  sich  dicke  Dämpfe,  die  sich  in 
der  Vorlage  zu  feinen  goldglänzenden  Nadeln,  mit  einer  sauren  ameisen- 
säurehaltigen Flüssigkeit,  verdichteu.  Durch  Pressen  zwischen  Papier  und 
Sublimation  W’ird  diese  merkwürdige  Substanz  rein  erhalten;  sie  ist  von 
Woskrescensky  entdeckt  und  mit  Chinoyl  bezeichnet  w7orden. 

Das  Chinoyl  ist  goldgelb,  glänzend,  schwerer  wie  Wasser,  ohne 
Zersetzung  sublimirbar  in  feinen  Nadeln,  es  schmilzt  bei  100°  und  ver- 
flüchtigt sich  in  durchdringenden,  die  Augen  zu  Thräuen  reizenden  Däm- 
pfen; in  kaltem  Wasser  ist  es  schwer,  in  Alkohol  und  Aether  leicht  lös- 
lich ; mit  wässerigen  Alkalien  in  Berührung  löst  es  sich  zu  einer  schwarz- 


Buttersäuren. 


920 

braunen  Flüssigkeit,  wobei  es  vollständig  zersetzt  wird;  diese  alkalischen 
Auflösungen  hinterlassen  nach  dem  Verdampfen  eine  schwarze  31asse, 
welche,  in  kochendem  Wasser  gelöst,  mit  Säuren  und  Metallsalzen  ver- 
setzt, braune  Niederschläge  giebt. 

Das  Chinoyl  wird  durch  Schwefelsäurehj'drat  verkohlt,  mit  verdünn- 
ter Schwefelsäure  verwandelt  es  sich  in  braune  unlösliche  Flocken.  Sal- 
petersäure und  Salzsäure  lösen  es  mit  gelber  Farbe;  in  Blei-,  Silber-  und 
Kupfersalzen  verursacht  seine  wässerige  Lösung  keinen  Niederschlag,  ba- 
sisch essigsaures  Bleioxid  gerinnt  damit  zu  einer  gelatinösen  blalsgelben 
Masse.  Mit  trocknem  Chlorgase  erwärmt , vereinigt  es  sich  damit  zu  einer 
blalsgelben  flüchtigen  kristallinischen  Verbindung,  welche,  mit  Ammoniak- 
gas in  Berührung,  eine  smaragdgrüne  Farbe  annimrnt. 


Buttersäuren. 

In  der  Butter  der  Kuh  und  Ziege  sind  drei  flüchtige  Säuren  enthalten, 
verschieden  in  ihrer  Zusammensetzung  und  durch  die  Salze , welche  sie 
bilden ; sie  sind  von  Chevreul  entdeckt  und  mit  Buttersäure , Caprinsäure 
und  Capronsäure  bezeichnet  worden.  Zu  ihrer  Darstellung  w'endet  man 
ihre  Barytsalze  an,  welche  gleichzeitig  gewonnen  und  durch  folgendes 
Verfahren  von  einander  geschieden  werden. 

Mau  verseift  Butter  mit  verdünnter  Kalilauge  und  setzt  dem  klaren 
Seifenleim,  mit  heifsem  Wasser  verdünnt,  so  lange  im  Ueberschufs  eine 
Auflösung  von  Weinsäure  zu,  bis  die  fetten,  in  der  Flüssigkeit  unlöslichen 
Säuren  abgeschieden  sind.  Buttersäure,  Caprin-  und  Capronsäure  bleiben 
in  diesem  Fall  in  der  wässerigen  Flüssigkeit  in  Auflösung.  Die  abgeschie- 
denen fetten  Säuren  werden  in  der  W'ärme  mit  Wasser  abgewaschen  , das 
Waschwasser  and  die  ebenerwähnte  weinsäurehaltige  Flüssigkeit  in  eine 
Retorte  gegeben,  und  so  lange  destillirt , als  die  Wasserdämpfe  noch  Ge- 
ruch zeigen.  Das  Destillat  enthält  Buttersäure,  Caprin-  und  Capronsäure  ge- 
löst , es  wird  mit  Barythydrat  gesättigt  und  zur  Kristallisation  abgedampft, 
man  läfst  die  coucentrirte  Flüssigkeit  von  Zeit  zu  Zeit  erkalten,  und 
trennt  die  sich  bildenden  Kristalle  von  der  Mutterlauge.  Die  Kristalle  der 
ersten  Kristallisation  bestehen  aus  caprinsaurem,  die  der  letzten  aus  butter- 
saurem Baryt.  Ein  Theil  buttersaurer  Baryt  bedarf  2%,  ein  Theil  capron- 
saurer  Baryt  IS1/*,  und  ein  Theil  caprinsaurer  Baryt  200  Theile  Wasser 
zu  seiner  Auflösung.  Wenn  man  mithin  ein  Gemenge  von  capronsaurem 
und  buttersaurem  Baryt  mit  23/4  Wasser  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
übergiefst,  so  löst  sich  nur  eine  Spur  capronsaurer  Baryt  auf,  den  man 
durch  fortgesetzte  Behandlung  auf  diese  Weise  zuletzt  rein  erhält. 

Das  Buttersäurehydrat  löst  sich  in  allen  Verhältnissen  in  Wasser,  Ca- 
pron-  und  Caprinsäurehydrat  sind  hingegen  in  Wasser  schwerlöslich  und 
scheiden  sich  bei  Zersetzung  ihrer  Salze  durch  Säuren  ölartig  auf  der 
Oberfläche  ab.  Man  kann  demnach  das  Buttersäurehydrat  leicht  darstellen, 
w’enn  ihr  Barytsalz  in  6 Theilen  Wasser  gelöst  und  mit  verdünnter  Schwe- 
felsäure mit  der  Vorsicht  versetzt  wird,  dafs  noch  ein  kleiner  Theil  des 
Barytsalzes  unzersetzt  bleibt,  den  man  zusetzen  mufs,  wenn  die  Säure 
vorwaltet.  Man  erhält  auf  diese  Weise  eine  etwas  barythaltige  Auflösung 
von  Buttersäure  in  Wasser,  aus  welcher  man  reines  wasserhaltiges  Butter- 
säurehydrat durch  Rectification  erhält;  waren  dem  Barytsalz  Spuren  von 
Caprin-  oder  Capronsäure  beigemengt,  so  bleiben  diese  in  der  Retorte  an 
Baryt  gebunden  zurück,  sie  sind  beide  weniger  flüchtig  als  die  Buttersäure. 
Das  Buttersäurehydrat  wird  aus  seiner  wässerigen  Auflösung  durch  Sätti- 
gung derselben  vermittelst  Chlorcalcium  in  der  Form  einer  Oelschicht  ab- 
geschieden. Man  kann  die  partielle  Zersetzung  durch  Schwefelsäure  bei 
einem  buttersäurehaltigen  capronsauren  Baryt  benutzen,  um  im  Rückstände 
der  Destillation  reinen  capronsauren  Baryt  zu  gewinnen. 

Zur  Darstellung  des  Caprin-  und  Capronsäurehydrats  werden  ihre 
trocknen  Salze  in  einem  hohen  Glascylinder  mit  etwas  mehr  als  ihren» 


Buttersäure. 


92i 


halben  Gewicht  verdünnter  Schwefelsäure  (aus  gleichen  Theilen  Wasser 
und  Säure)  übergossen,  und  an  einem  mäfsig  warmen  Orte  stehen  gelas- 
sen, wo  sich  die  Hydrate  dieser  Säuren  in  Gestalt  eines  Oels  auf  der 
Oberfläche  der  Flüssigkeit  ablagern , welches  abgenommen  wird ; man 
wiederholl  den  Zusatz  von  Schwefelsäure  zu  dem  Rückstände  so  lange, 
als  man  noch  eine  Scheidung  von  Oeltropfen  bemerkt.  Durch  Berührung 
mit  groben  Stücken  geschmolzenen  Chlorcalciums  entzieht  man  diesen 
Hydraten  das  beigemengte  Wasser. 

Buttersäure. 

Formel  der  wasserfreien  Buttersäure:  C3  Hu  03  (?)  fChevreuf). 

Formel  des  Buttersäurehydrats:  C8  Hn  Oä  ~b  aq  (?)  (iChevreul). 

Durch  die  Analyse  fand  Chevreul  62,83  Kohlenstoff,  7,01  Wasserstoff 
und  30,17  Sauerstoff. 

Eigenschaften  des  Buttersäurehydrats : Wasserklare,  ölartige  Flüs- 
sigkeit von  saurem  Geruch  nach  ranziger  Butter  und  beifsend  saurem  äther- 
artigem  Geschmack;  auf  der  Zunge  verursacht  sie  einen  weifsen  Fleck. 
Ihr  spec.  Gewicht  ist  bei  25°  0,976*5;  sie  wird  bei  —9°  nicht  fest, 

macht  auf  Papier,  einen  verschwindenden  Fettfleck,  verdunstet  leicht  au 
freier  Luft,  siedet  oberhalb  100°;  absorbirt,  an  der  Luft  aufbewahrfc, 
Sauerstoffgas  und  verharzt  zum  Theil ; sie  ist  entzündlich  und  brennt  mit 
rufsender  Flamme,  läfst  sich  in  jedem  Verhältnifs  mit  concentrirter  Schwe- 
felsäure und  Salpetersäure,  Wasser,  Alkohol,  Aether , flüchtigen  und 
fetten  Oelen  mischen ; starke  Mineralsäuren  scheiden  das  Hydrat  aus  seiner 
wässerigen  Auflösung  zum  Theil  ab,  mit  verdünnter  Schwefelsäure  destil- 
lirt  zersetzt  sich  eine  Portion  davon. 

Buttersaure  Salze, 

Alle  buttersauren  Salze  besitzen  einen  schwachen  Geruch  nach  Butter- 
säure. Buttersaures  Kali,  Natron  und  Ammoniak  sind  in  Wasser  sehr 
löslich , schwierig  kristallisirbar.  Buttersaures  Aethyloxid  wird  nach  Si- 
mon durch  Destillation  von  Buttersäurehydrat,  Alkohol  und  Zusatz  von 
etwas  Schwefelsäure  erhalten.  Das  vou  Simon  dargestellte  buttersaure 
Aethyloxid  ist  farblos,  ölartig,  von  durchdringendem  äthe  rar  tigern  Geruch 
nach  altem  Käse,  (eine  Portion  desselben,  welche  Simon  zum  Behufe  einer 
Analyse  mittheilte,  gab  über  67  p.  c.  Kohlenstoff,  anstatt  63,6  p.  c. , was 
es  der  Rechnung  nach  geben  sollte);  es  wird  häufig  angeweudet,  um  dem 
gewöhnlichen  Kartoffel-  und  Getreidebranntwein  einen  Rumgeschmack  zu 
er  theilen. 

Buttersaures  Glyceryloxid  siehe  Butter. 

Buttersaurer  Baryt.  Lange,  abgeplattete,  biegsame,  durchscheinende 
Prismen  von  Wachsglanz , unveränderlich  in  der  Leere,  schmeckt  alka- 
lisch, nach  frischer  Butter,  löslich  in  2,77  Wasser  bei  10°.  Ein  Stück- 
chen Salz  auf  Wasser  geworfen  , bewegt  sich  wie  Kampher  auf  der  Ober- 
fläche des  Wassers,  bis  zur  vollendeten  Auflösung.  Die  Auflösung  reagiri 
schwach  alkalisch  , wird  durch  die  Kohlensäure  der  Luft  theilweise  zer- 
setzt, verliert  Buttersäure  beim  Sieden  mit  Alkohol,  zersetzt  sich  bei  der 
trocknen  Destillation;  unter  Rücklassung  von  wenig  Kohle  destillirt  hier- 
bei eine  gelbe,  durchdringend  riechende  Flüssigkeit;  das  trockne  Salz  ent- 
hält 49,375  Baryt  CChevreul). 

Buttersaurer  Kalk,  kristallisirbar  in  feinen  Nadeln,  löslich  in  5,69 
Wasser,  in  heifsem  bei  weitem  schwieriger,  so  dafs  eine  kalt  gesättigte 
Auflösung  beim  Sieden  zu  einem  Brei  gerinnt.  2 Theile  buttersauier  Kalk 
und  3 Th.  buttersaurer  Baryt,  zusammen  in  Wasser  gelöst,  geben,  an  der 
Geiger  s Pharmacie.  L (5 te  Aufl.) 


Mg 

Capron-  und  Cap  rin  säure. 


922 

Luft  verdampft,  cctaedrische  Kristalle,  welche  diese  beiden  Basen  enthal- 
ten; (zweibasische  Säure?). 

Mit  Bleioxid  bildet  die  Buttersäure  ein  neutrales  leichtlösliches  und 
ein  basisches  schwerlösliches  Salz  mit  3 At.  Bleioxid.  Das  buttersaure 
Kupferoxid  zerlegt  sich  beim  Sieden  der  wässerigen  Auflösung  unter  Bil- 
dung eines  blauen,  bald  braun  werdenden  Niederschlags. 

Nach  einer  Angabe  in  Lüwig’s  Chemie  der  organischen  Verbindungen 
I.  Bd.  S.  115  ist  die  Formel  der  Buttersäure  in  dem  trocknen  Barytsalz 
C:  Hia  05.  Durch  Destillation  desselben  erhält  inan  Butyron,  zusammen- 
gesetzt nach  der  Formel  C6  H^  0.  (K raus.')  (?) 

Caprons  ä u r e [Aride  caproique  ). 

Das  Capronsäurehydrat  stellt  eine  wasserklare  ölartige  Flüssigkeit  dar, 
riecht  sauer,  nach  Schweifs,  schmeckt  beifsend,  hintennach  süfslicli' nach 
Aepfeln,  ein  Tropfen  davon  auf  die  Zunge  gebracht  hinterläfst  einen  w ei fsen 
Fleck;  spec.  Gewicht  bei  26°  ~ 0,922,  wird  bei  — 9°  nicht  fest,  ver- 
dampft an  der  Luft,  von  höherem  Siedpunkt  als  Wasser.  Für  sich  destil- 
lirt  wird  sie  zersetzt,  sie  löst  sich  in  96  Wasser  von  7°.  Mit  Alkohol, 
Aether,  Oelen  mischbar,  sowie  in  concentrirter  Schwefelsäure  und  Sal- 
petersäure, wiewohl  in  geringer  Menge  löslich;  entzündlich , .mit  rufsen- 
der  Flamme  verbrennend.  Durch  die  Analyse  derselben  erhielt  Chevreul 
68,33  Kohlenstoff,  9,00  Wasserstoff,  22,67  Sauerstoff  für  die  Zusammen- 
setzung derselben  im  ßleisalz,  was  der  Formel  Cia  H16  03  entspricht;  das 
Hydrat  enthält  1 At.  Wasser. 

Capronsaure  Salze. 

Die  capronsauren  Salze  besitzen  den  Geruch  der  Säure,  sie  werden 
durch  trockne  Destillation  unter  Rücklassung  von  Kohle  zersetzt;  das 
Kali-,  Natron Ammoniak Strontian-  und  Barytsalz  sind  in  Wasser 
löslich. 

Capronsaurer  Baryt.  Dieses  Salz  kristallisirt  in  sechsseitigen  Blätt- 
chen von  Perlmutterglanz  im  feuchten  Zustande,  beim  Liegen  an  der  Luft 
werden  sie  unter  Wasserverlust  undurchsichtig  und  talkartig;  das  Salz 
schmilzt  und  zersetzt  sich  unter  Schwärzung  in  der  Hitze,  100  Th.  Was- 
ser von  10,5°  lösen  8,02  capronsauren  Baryt. 

Caprinsäur  e. 

Formel  der  Säure  in  dem  Bleisalz:  C,8  H28  03  (Chevreul). 

Das  Caprinsäurehydrat  ist  bei  18°  in  seinen  Eigenschaften  den  vorher- 
beschriebenen ähnlich;  ihr  spec.  Gewicht  ist  bei  dieser  Temperatur  0,9103; 
bei  11,5°  geschüttelt  gerinnt  sie  zu  einer  Masse  von  feinen  Nadeln,  wel- 
che bei  16,5°  ihren  Zustand  behaupten  und  bei  18°  vollkommen  flüssig 
werden;  sie  riecht  wie  die  Capronsaure,  mit  einem  Beigeruch  nach  Ziegen- 
böcken; sie  löst  sich  in  , 6 Th.  AVasser  von  20°,  in  Alkohol  in  allen  Ver- 
hältnissen. 100  Theile  an  Bleioxid  gebundene  Caprinsäure  geben  74  Koh- 
lenstoff, 9,75  Wasserstoff  und  16,25  Sauerstoff  (Chevreul). 

Caprinsaurer  Baryt  kristallisirt  aus  kaltgesättigten  Auflösungen  an 
der  Luft  in  hanfkörnergrofsen  rundlichen  Kristallen,  aus  gesätiigt  heifsen 
Auflösungen  in  feinen  glänzenden,  sehr  leichten  Schuppen,  von  Fettglanz, 
welche  in  der  Leere  ihren  Glanz  behalten;  die  Kristalle  besitzen  einen 
schwachen  Geruch  nach  Caprinsäure;  schmeckt  schwach  alkalisch,  bitter,  > 
nach  Caprinsäure;  löst  sich  in  200  Th.  Wasser  von  20°,  die  Auflösuag 
reagirt  alkalisch  und  wird  an  der  Luft  durch  Bildung  von  kohlensaurem 
Baryt  trübe,  in  verschlossenen  Gefäfsen  zersetzt  sie  sich,  es  schlägt  sich 
kohlensaurer  Baryt  nieder  und  die  rückständige  Flüssigkeit  riecht  genau 
wie  Boqueforter  Käse;  das  Salz  enthält  36,08  Baryt  (Chevreul), 


Phocensäure. 


923 


H i r ein  säur  e. 

Zusammensetzung  unbekannt.  Entdeckt  von  Chevreul  in  dem  Bockstalg. 

Man  verfährt  zur  Darstellung  der  Hircinsäure  genau,  wie  bei  der  vor- 
hergehenden Bereitung  der  Buttersäuren  angegeben  ist.  Das  wässerige 
Destillat  der  nach  Zersetzung  der  Bockstalgseife  erhaltenen  sauren  Flüs- 
sigkeit wird  mit  Baryt  gesättigt,  die  Auflösung  abgedampft  und  das  trockne 
Salz  durch  verdünnte  Schwefelsäure  zersetzt,  wo  sich  Hirciusäurehydrat 
in  Gestalt  eines  Oels  abscheidet.  Dieses  Hydrat  ist  noch  bei  0°  flüssig, 
leichter  als  Wasser,  von  saurem  Bocksgeruch,  wenig  löslich  in  Wasser, 
bildet  mit  Baryt  und  Kali  lösliche  Salze, 


Phocensäur e . 

Synonyme  : Delphinsäure. 

Formel  der  Saure  im  Bleisalz:  C10  H14  0,  (.Chevreul), 

Formel  des  Delphinsäurehydrats:  C,0  H14  Os  •+»  aq. 

Entdeckt  von  Chevreul  in  dem  Fischthran  und  den  Beeren  von  Vibur~ 
num  Opulus. 

Zur  Darstellung  der  Phocensäure  wird  die  Fischthranseife  mit  einem 
Ueberschufs  von  Weinsäure  zersetzt  und  die  wässerige,  hierbei  erhaltene 
Flüssigkeit,  nachdem  sie  von  den  abgeschiedenen  fetten  Säuren  getrennt 
ist,  der  Destillation  unterwarfen;  aus  dem  Destillate  stellt  man  sich  durch 
Sättigung  mit  Barytwasser  phocensauren  Baryt  dar,  aus  dem  sich  durch 
Behandlung  mit  verdünnter  Phosphorsäure  oder  Schwefelsäure  Phocensäure- 
hydrat  abscheidet.  Durch  Rectifikation  im  Wasserbade  erhält  man  es  rein, 
wiewohl  wasserhaltig.  Durch  Digestion  mit  geschmolzenem  Chlorcalcium 
wird  es  vom  Wasser  befreit. 

Das  reine  Delphinsäurehydrat  ist  farblos,  dünnflüssig,  ölartig,  von 
stark  saurem  Geruch  nach  Thran  und  ranziger  Butter  (keinen  Käsgeruch), 
und  brennend  saurem,  ätherartigem  Geschmack,  es  bringt  auf  der  Zunge 
einen  weifsen  Fleck  hervor,  wird  bei  — 9°  nicht  fest,  von  0,932  spec. 
Gewicht  bei  28°,  sein  Siedpunkt  liegt  über  100°,  es  brennt  wie  ein  flüch- 
tiges Oel.  Wird  bei  längerer  Berührung  mit  der  Luft  verändert,  ebenso 
bei  Destillation  in  lufthaltigen  Gefäfsen ; es  löst  sich  in  18  Th.  Wasser  von 
30°  und  wird  durch  concentrirte  Phosphorsäure  und  Chlorcalcium  daraus 
wieder  abgeschieden.  Die  wässerige  Auflösung  zersetzt  sich  bei  Luitzu- 
tritt und  nimmt  den  Geruch  von  eingeschmiertem  Leder  an  ; es  löst  sich 
in  der  Kälte  in  concentrirter  Schwefelsäure,  wenig  in  starker  Salpeter- 
säure, in  beiden,  dem  Anschein  nach,  ohne  Veränderung. 

Phocensäure  Salze. 

Metallisches  Eisen  löst  sich  bei  Luftzutritt  in  wässeriger  Phocensäure 
mit  brauner  Farbe.  Das  Barytsalz  kristallisirt  in  regeimäfsigen  , oft  zoll- 
grofsen , durchsichtigen,  farblosen,  fettglänzenden,  leicht  zerreiblichen, 
zwischen  den  Zähnen  knirschenden  Kristallen,  von  schwachem,  der  Säure 
ähnlichem  Geruch  und  stechend  erwärmendem,  alkalinischem , süfslichem 
Geschmack  nach  Phocensäure ; es  löst  sich  in  seinem  gleichen  Gewicht 
Wasser  bei  20°,  leichter  in  heifsem;  verliert  im  leeren  Raume  über  Schwe- 
felsäure 2,41  p.  c.  Wasser  und  damit  seine  Durchsichtigkeit,  in  diesem  Zustande 
enthält  es  44  p.  c.  Baryt.  Der  trocknen  Destillation  unterworfen  erhält 
man  unter  Schwärzung  ein  gelbes,  in  Kalilauge  unlösliches,  stark  riechen- 
des flüchtiges  Liquidum , sodann  kohlensaures  Gas  und  Kohlenwasserstoff. 

Phocensaures  Kali,  Natron , Strontian , Kalk  und  Bleioxid  besitzen 
eine  dem  Barytsalz  ähnliche  Zusammensetzung.  Das  Natronsalz  ist  zer- 
fliefslich ; die  Phocensäure  bildet  mit  Bleioxid  ein  basisches  Salz  mit  3 A4. 
Basis. 


921 


Sabadill-  und  Camphor säure. 


Die  Analyse  des  neutralen  Bleisalzes  lieferte  Chevreul  für  die  Zu- 
sammensetzung der  an  Bleioxid  gebundenen  Säure  65  Kohlenstoff,  8,25 
Wasserstoff  und  26,75  Sauerstoff. 


• $ abadillsä  u- re. 

Von  Pelletier  und  Caventou  entdeckt. 

Der  Same  von  Veratrum  Sabadilla  giebt,  in  der  Wärme  mit  Aether 
behandelt,  an  diesen  ein  fettes  Oel  ab,  was  nach  der  Verdampfung  des 
Aethers  zurückbleibt.  Wird  dieses  Oel  mit  kaustischem  Kali  verseift,  die 
Seife  mit  Weinsäure  zersetzt,  und  die  wässerige  Flüssigkeit,  von  deren 
Oberfläche  man  die  abgeschiedenen  fetten  Säuren  entfernt,  der  Destilla- 
tion unterworfen,  so  erhält  man  in  der  Vorlage  eine  Auflösung  von  Sa- 
badillsäure in  Wasser,  welche,  mit  Barytwasser  gesäitigt  und  zur  Trockne 
verdampft,  sabadillsauren  Baryt  hinterläfst.  Wird  dieses  Salz  mit  syrup- 
dicker  Phosphorsäure  destillirt,  so  sublimirt  die  Sabadillsäure  in  weifsen, 
perlmutterglänzenden,  bei  20°  schmelzbaren  Nadeln;  sie  besitzen  den  Ge- 
ruch der  ßuttersäure  und  lösen  sich  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether.  Ihre 
Zusammensetzung  ist  unbekannt. 


Crotonsäure. 

Sy  7i. : Jatrop  ha  säure.  Acide  jatrophique.  Entdeckt  von  Pelletier 
und  Caventou. 

Das  in  dem  Samen  von  Croton  tiglium  enthaltene  fette  Oel  giebt,  ganz 
auf  die  nemliche  Weise  wie  das  Oel  des  Sabadillsamens  behandelt,  eine 
feste,  äul'serst  flüchtige  Säure  von  durchdringendem  ekelhaftem,  Nase  und 
Augen  heftig  reizendem  Geruch;  sie  röthet  Lackmus,  schmeckt  scharf, 
bewirkt  Entzündung  und  äufsert  giftige  Wirkungen.  Das  Crotonöl  enthält 
freie  Crotonsäure. 

Man  kann  zur  Darstellung  dieser  Säure  nach  Büchner  und  v.  Valta 
die  zerstofsenen  Samen  geradezu  mit  Kali  verseifen,  und  aus  dieser  Flüs- 
sigkeit, nach  Zusatz  von  Schwefelsäure  in  schwachem  Ueberschufs  und 
Destillation,  wässerige  Crotonsäure  erhalten. 

Die  crotonsauren  Salze  sind  geruchlos;  das  Barytsalz  kristallisirt  in 
perlmutterglänzenrien  Blättchen,  die  sich  leicht  in  Wasser  und  Alkohol  lö- 
sen. Crotonsaures  Kali  kristallisirt  in  rhomboidalen,  an  der  Luft  unver- 
änderlichen Prismen;  es  ist  in  Alkohol  schwerlöslich.  Crotonsäure  Magne- 
sia ist  in  Wasser  sehr  schwerlöslich,  körnig,  kristallinisch.  Blei-,  Kupfer- 
und  Silbersalze  werden  von  den  löslichen  crotonsauren  Alkalien  gefällt. 


Camp  h o r s ä u re. 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C10  H14  05.  Symb. : Ca  tMalaguti, 
Laurent , Walter'). 

Formel  des  Camphorsäurehydrats:  CI0 II14  03  -4-  aq.  Symb.:  Ca,  aq. 

Entdeckt  von  Kosegarten.  Die  wasserfreie  Säure  wurde  zuerst  dar- 
gestellt und  untersucht  von  Malaguti  und  Laurent.  Die  Camphorsäure 
entsteht  durch  Behandlung  des  Camphors  mit  Salpetersäure. 

Darstellung.  Uebergiefst  man  in  einer  Retorte  Camphor  mit  seinem 
zehnfachen  Gewicht  concentrirtcr  Salpetersäure,  so  schmilzt  er  beim  Er- 
wärmen zu  einer  dunkelgelben  ölartigen  Flüssigkeit,  welche  bei  fortge- 
setzter Digestion,  unter  häufiger  Erneuerung  der  Säure,  nach  und  nach 
völlig  verschwindet.  Die  Salpetersäure  hinterläfst  alsdann  beim  Abdampfen 
oder  Abkühieu  kristallisirte  Camphorsänre,  die  man  mit  Wasser  zum  Sie- 
den bringt  und  nach  und  nach  so  viel  kohlensaures  Kali  zusetzt,  bis  die 
Flüssigkeit  nicht  mehr  aufbraust.  Es  scheidet  sich  hierbei  meistens  eiue 


Camphorsaure  Salze. 


925 


Portion  nicht  oxidirten  Campltors  ab,  don  man  von  derselben  trennt;  man 
concentrirt  die  Flüssigkeit  durch  Abdampfen,  vermischt  sie  mit  überschüs- 
siger Salpetersäure  und  läfst  erkalten  , wo  Camphorsäure  auskristallisirt. 
Man  wäscht  die  Kristalle  mit  Wasser  ab  und  reinigt  sie  völlig  durch  wie- 
derholte Kristallisationen. 

Eigenschaften  des  Camphor säurehydrats.  Das  Camphorsäurehydrat 

kristaliisirt  aus  Wasser  in  kleinen,  feinbiättrigen , durchsichtigen,  farblosen 
Blättchen  oder  vereinigten  Nadeln,  von  saurem,  hintennach  bitterm  Ge- 
schmack; es  ist  in  kaltem  Wasser  sehr  wenig,  in  heifsem  leichter  löslich. 
In  Alkohol  und  Aether  ist  es  sehr  löslich,  sowie  in  flüchtigen  und  fetten 
Gelen.  Es  schmilzt  beim  Erhitzen  bei  170°  C. , ohne  Verlust  zu  erleiden. 
Bei  trockner  Destillation  wird  es  zersetzt  in  Wasser  uud  eine  kristallini- 
sche Substanz , welche  die  Zusammensetzung  der  wasserfreien  Camphor- 
säure besitzt;  es  bleibt  hierbei  ein  schwacher  Rückstand  von  Kohle.  Das 
Camphorsäurehydrat  löst  sich  in  concentrirter  Salpeter-  und  Schwefelsäure 
ohne  Veränderung. 


Camphorsaure  Salze. 

Die  in  Wasser  löslichen  camphorsauren  Salze  geben  bei  Zusatz  von 
Säuren,  im  concentrirten  Zustande,  einen  weifsen  kristallinischen  Nieder- 
schlag von  Camphorsäurehydrat.  Camphorsaures  Kali  und  Natron  sind 
äufserst  löslich  , schwierig  kristallisirbar.  Camphor  saurer  Bargt , Stron- 
tian,  Bittererde , Manganoxidul  sind  leicht  löslich,  kristallisirbar.  Die 
meisten  übrigen  Metallsalze  geben  mit  camphorsauren  Alkalien  schwer- 
lösliche Niederschläge. 

Camphorsaures  Ammoniak.  Ca,  Ad  H4  0 ( Mataguti ).  Man  erhält 
dieses  Salz  durch  gelindes  Erwärmen  von  Camphorsäurehydrat  in  trock- 
nem  Ammoniakgas;  es  ist  leichtlöslich  in  Wasser,  geschsnack-  und  geruch- 
los, die  wässerige  Auflösung  reagirt  schwach  sauer. 

Sättigt  mau  eine  kochende  Auflösung  von  Camphorsäurehydrat  mit 
doppelt  kohlensaurem  Ammoniak  und  dampft  gelinde  ab  , so  erhält  man 
kleine,  sehr  weifse,  in  kaltem  Wasser  leichtlösliche  Prismen,  von  saurer 

Reaction  und  Geschmack;  es  ist  nach  der  Formel  SCa,  | -+•  9aq 

zusammengesetzt  und  verliert  in  einem  trocknen  Luftstrom  bei  100® 
9 Atome  = 19  p.  c.  Wasser.  C Mataguti .) 


— Ae O ) 

Camphorsaures  Aethyloxid , saures.  2Ca,  £ ( [Mataguti ).  Zur 

Darstellung  des  sauren  camphorsauren  Aethyloxids  werden  10  Theile  Cam- 
phorsäurehydrat, 20  Theile  Alkohol  uud  5 Th.  Schwefelsäure  in  einer  Re- 


torte der  Destillation  unterworfen  , bis  die  Hälfte  der  Masse  iiberdestiliirt 
ist,  man  giefst  alsdann  Wasser  auf  den  Rückstand  in  der  Retorte,  wo  sich 
die  Verbindung  in  Gestalt  einer  ölartigen  syrupdicken  Flüssigkeit  nieder- 
schlägt; sie  kann  durch  Auflösung  in  einer  schwachen  Kalilauge,  in  der 
sie  löslich  ist,  und  Zusatz  von  Salzsäure,  wodurch  sie  gefällt  wird. 
Waschen  mit  Wasser  und  Stehenlassen  in  der  Leere  über  Scliwefelsäure- 
bydrat  rein  erhalten  werden. 

Bei  gewöhnlicher  Temperatur  ist  das  saure  camphorsaure  Aethyloxid 
durchscheinend,  farblos,  von  Syrupconsisfenz ; sein  spec.  Gewicht  ist  1,095 
bei  20,5°;  es  besitzt  einen  schwachen  eigentluimlichen  Geruch  und  bittern 
unangenehmen , nicht  sauren  Geschmack ; es  röthet  nach  längerer  Zeit 
Lackmus,  ist  wenig  in  Wasser  löslich,  mit  Alkohol  und  Aether  mischbar. 
Durch  Kochen  mit  Wasser  wird  es  in  Camphorsäurehydrat  und  Camphor- 
äther  zersetzt.  Es  verliert  bei  130°  nichts  an  seinem  Gewichte,  geräfch 
bei  196°  ins  Sieden,  wobei  es  bei  immer  steigender  Temperatur  unter 
Schwärzung  zersetzt  wird.  Es  destilliren  Alkohol  und  brennbare  Gase 
uud  ein  flüchtiger  weifser  kristallinischer  Körper  von  der  Consistenz  der 
Spiesglanzbutter  über,  welcher,  in  siedendem  Alkohol  gelöst,  beim  Er» 


926 


Wasserfreie  Camphorsäure 


kalten  Kristalle  van  sog.  wasserfreier  Camphorsäure  giebt,  wärend  eine 
Mutterlauge  bleibt,  die  neutrales  camphorsaures  Aethyloxid  enthält. 

Das  saure  campborsaure  Aethyloxid  bildet  mit  Alkalien  und  Metall- 
oxiden eine  Reihe  Doppelverbindungen,  in  denen  das  Atom  Wasser,  was 
sie  enthalten,  durch  ein  Aequivaleot  Metalloxid  ersetzt  wird.  Die  Salze 
mil  alkalischer  Basis  sind  löslich , die  übrigen  können  in  Gestalt  von 
schwerlöslichen  Niederschlägen  erhalten  werden. 

Camphorsaures  Aethyloxiä-Kupferoxid , was  man  durch  Fällung  von 
schwefelsaurem  Kupferoxid  mittelst  camphorsaurein  Aethyloxid-Ammoniak 
erhält,  ist  ein  anderthalb  basisches  Salz  mit  4 At.  Wasser  (?). 

— A 6 O ) 

Camphorsaures  Aethyloxid- Silb  er  oxid,  2Ca,  £ (Malayuti ),  ist 

wasserfrei;  es  stellt  einen  weifsen,  gallertartigen,  in  Wasser  etwas  lös- 
lichen Niederschlag  dar. 

Camphorsaures  Aethyloxid , neutrales.  Ca,  AeO  (Malayuti).  Das 
in  heifsem  Alkohol  gelöste  Destillat  des  sauren  camphorsauren  Aethyl- 
oxids  setzt  beim  Erkalten,  wie  oben  erwähnt,  Kristalle  von  wasserfreier 
Camphorsäure  ab ; werden  die  alkoholhaltigen  Mutterlaugen  weiter  ver- 
dampft, und,  wenn  sie  keine  Kristalle  mehr  geben,  mit  Wasser  ver- 
mischt, so  schlagt  sich  ein  schwerer  ölartiger  Körper  nieder;  diefs  ist  neu- 
trales camphorsaures  Aethyloxid.  Zu  seiuer  völligen  Reinigung  von  an- 
hängender Säure  mufs  es  mit  einer  schwachen  Kalilauge  gekocht,  mit 
Wasser  gewaschen,  durch  Stehenlassen  über  Chlorcalcium  getrocknet  und 
einer  Rectifikation  unterworfen  werden. 

Reines  camphorsaures  Aethyloxid  ist  flüssig,  ölartig,  von  etwas  dunk- 
ler Farbe  und  höchst  unangenehmem  bittenn  Geschmack,  sein  Geruch  ist 
eigentümlich , in  Dampfgestalt  unerträglich  eckelhaft;  sein  spec.  Gewicht 
bei  16°  ist  1,029;  es  siedet  bei  285  — 287°,  wobei  ein  kleiner  Theil  zer- 
setztwird; es  ist  schwer  entzündlich,  mit  rufsender  Flamme  verbrennend; 
leichtlöslich  in  Alkohol  uud  Aether,  unlöslich  in  Wasser,  ohne  Wirkung 
auf  Pflanzenfarben.  Brom,  Iod  und  Ammoniakgas,  die  sich  im  Carnphor- 
äther  reichlich  lösen , scheinen  keine  zersetzende  Wirkung  auszuüben. 
Mit  Chlor  behandelt,  entsteht  Chlorcamphoräther,  C10  Hi4  05  H-  C4  H6  CJ4  O 
(Malayuti). 

Camphorsaures  Silberoxyd.  Ca,  AgO  (Malayuti).  Weifser,  in  Was- 
ser unlöslicher  Niederschlag. 


Wi asserfrei e Camphorsäure. 

Formel  der  kristallisirten  Säure:  C10  H14  05  (Malayuti,  Laurent). 

Was  die  Constitution  der  sog.  wasserfreien  Camphorsäure  betrifft,  so 
fehlen  alle  Untersuchungen  darüber.  Die  Existenz  von  wasserfreien  or- 
ganischen Säuren  ist  höchst  unwahrscheinlich,  uud  ihre  Annahme  offenbar 
daraus  entsprungen,  dafs  man  die  wahre  Constitution  ihrer  Hydrate  nicht 
kennt.  Aus  dem  Verhalten  des  Brechweinsteins  und  der  Existenz  des  von 
Fehling  entdeckten  bernsteiusauren  Bleioxids  geht  offenbar  hervor,  dafs 
die  als  wasserfrei  betrachtete  Weinsäure  und  Bernsteiusäure  noch  eine 
gewisse  Quantität  durch  Basen  ersetzbares  Wasser  enthalten.  Auf  ähnli- 
che Weise  mag  es  sich  mit  der  sog.  wasserfreien  Camphorsäure  verhalten. 
Alle  diese  sog.  wasserfreien  Säuren  stehen  zu  ihren  Hydraten  offenbar  in 
einem  ähnlichen  Verhältnifs  wie  die  Metaphosphorsäure  zur  Phosphorsäure; 
es  geht  wenigstens  aus  der  Untersuchung  von  Malayuti  hervor,  dafs  die 
sog.  wasserfreie  Camphorsäure  mit  Basen  Salze  mit  andern  Eigenschaften 
bildet. 

Darstellung.  Man  erhält  reine  wasserfreie  Camphorsäure,  wenn  das 
feste  butterartige  Destillat  des  Camphorsäurebydrats  oder  des  sauren 


Wasserfreie  C araphorsäure.  9^7 

camphorsauren  Aethyloxids  mit  kaltem  Alkohol  abgewaschen , der  Rück- 
stand in  siedendem  Alkohol  gelöst  und  erkalten  gelassen  wird. 

Eigenschaften.  Die  wasserfreie  Camphorsäure  bildet  farblose,  glän- 
zende, lange,  platte,  prismatische  Kristalle  mit  rhombischer  Basis,  von 
1,194  spec.  Gew.  bei  20,5°;  sie  ist  nicht  sauer,  geschmacklos,  verursacht 
beim  Verschlucken  ein  Kratzen  im  Schlunde  wie  Benzoesäure;  in  kaltem 
Wasser  sehr  wenig,  etwas  leichter  in  heifsem  löslich:  die  siedend  gesät- 
tigte wässerige  Auflösung  setzt  den  üeberschufs  in  kleinen  weifsen  was- 
serfreien Kristallen  beim  Erkalten  wieder  ab.  Mit  Wasser  zwei  Stunden 
lang  gekocht,  wird  sie  nicht  in  Hydrat  verwandelt  (Malaguti) ; setzt  man 
das  Kochen  mehrere  Stunden  lang  fort,  so  löst  sie  sich  zuletzt  auf  und 
verwandelt  sich  in  Camphorsäurehydrat  ( [Laurent ).  Sti  kaltem  Alkohol  ist 
sie  leichter  wie  in  Wasser,  in  siedendem  in  grofser  Menge  löslich.  Sie 
schmilzt  bei  217° , sublimirt  aber  schon  bei  130°  in  schönen  weifsen  Na- 
deln ohne  Rückstand.  Beim  Pulvern  werden  die  Kristalle  sehr  elektrisch. 
In  einen  Strom  Ammoniakgas  destillirt,  giebt  sie  eine  nicht  weiter  unter- 
suchte gelbliche  Flüssigkeit,  die  zu  einer  durchscheinenden,  leicht  in 
Wasser  und  Alkohol  löslichen  Masse  erstarrt , welche  um  so  mehr  einer 
Untersuchung  werth  ist,  da  sie,  mit  Kali  gekocht,  kein  Ammoniak  ent- 
wickelt. Dasselbe  gilt  von  ihrer  (nicht  untersuchten)  Verbindung  mit 
Aethyloxid. 

Verbindungen  der  sogenannten  wasserfreien  Camphorsäure  mit 

Basen. 

Die  Salze  der  wasserfreien  Camphorsäure  unterscheiden  sich  von  denen 
des  Camphorsäurehydrats  in  ihrer  Form  und  in  vielen  ihrer  Eigenschaften. 
Eine  weingeistige  Auflösung  von  wasserfreier  Camphorsäure  fällt  z.  B. 
nicht  das  essigsaure  Bleioxid,  so  wie  dies  von  dem  Hydrate  geschieht; 
Kupfer-,  Blei-  und  Silbersalze  werden  von  dem  Ammouiaksalz  der  was- 
serfreien Säure  ebenfalls  nicht  gefällt. 

Das  Ammoniaksalz  der  wasserfreien  Säure  erhält  man  bei  der  Auf- 
i lösung  der  letzteren  in  kohlensaurem  oder  ätzendem  Ammoniak  bei  gelin- 
dem Abdampfen  in  der  Form  einer  syrupartigen  Flüssigkeit,  welche  nach 
! einigen  Tagen  zu  einer  kristallinischen  Masse  erstarrt ; ihre  Zusammen- 
setzung wird  genau  durch  die  Formel  C10H1403  -f-  Ad  H4  O C10  H22  04  Nä 
ausgedrückt  (Malaguti).  Diese  Verbindung  ist  schmelzbar  bei  100°,  leicht- 
j löslich  in  Wasser;  bei  Zusatz  von  Mineralsäuren  wird  kein  Camphorsäure- 
hydrat  daraus  gefällt,  sondern  eine  terpentinähnliche  saure  Masse,  wel- 
che bald  erhärtet  und  sich  leicht  in  Alkohol  löst. 

Das  Kalisalz  der  wasserfreien  Säure  besitzt  alle  chemischen  Eigen- 
schaften des  gewöhnlichen  camphorsauren  Kali’s,  allein  es  kristallisirt  in 
breiten  perlrnutterartigeu  Füttern,  während  das  letztere  in  feinen  zarten, 
zu  Gruppen  vereinigten  Nadeln  anschiefst.  Die  Verbindung  der  wasser- 
freien Säure  mit  Kupferoxid,  welche  man  durch  Fällung  des  Kalisalzes 
mit  schwefelsaurem  Kupferoxid  erhält,  ist  nach  der  Formel  C10H14Os,  CuO 
zusammengesetzt  (Malaguti'). 

Verhalten  der  wasserfreien  Camphorsäure  zu  rauchender  Schwe- 
felsäure. 

Walter  beobachtete , dais  feingepulverte  wasserfreie  Camphorsäure 
sich  in  rauchender  Schwefelsäure  unter  Entwickelung  von  schwrefligetf 
Säure  zu  einer  farblosen,  zuweilen  strohgelben  Flüssigkeit  löst.  Wird 
diese  gesättigte  Auflösung  im  Wasserbade  erwärmt,  so  stellt  sich  eine 
heftige  Entwickelung  von  reinem  Kohlen  oxidgase  ein;  wenn  die  Entwicke- 
lung dieses  Gases  völlig  aufhört,  so  läfst  sich  die  saure  Flüssigkeit  mit 
Wasser  ohne  Trübung  mischen,  vor  diesem  Zeitpunkte  scheidet  sich  beim 


928 


Ca  mp  hör  und  Camphoröl. 


Zusatz  von  Wasser  Camphorsäure  aus.  Nach  Walter  entsteht  hierbei  eine 
eigentümliche  Säure , welche  die  Elemente  von  gleichen  Atomen  wasser- 
freier Schwefelsäure  und  Campborsäure  minus  1 At.  Kohlenoxid  enthält, 
eine  Verbindung,  welche  die  Eigenschaften  einer  starken  Säure  besitzt; 
es  trennt  sich  nach  seiner  Voraussetzung  1 At.  Kohlenstoff  von  der  Cam- 
phorsäure,  die  sich  mit  einem  Atom  Sauerstoff  aus  der  Schwefelsäure  zu 
Kohlenoxidgas  verbindet.  Diese  Entwickelung  erklärt  das  Freiwerden  von 
schwefliger  Säure  nicht,  welche  sich  bei  der  ersten  Auflösung  bildet. 

Die  bis  zur  beendigten  Gasentwickelung  erhitzte  Auflösung  der  Cam- 
phorsäure  in  rauchender  Schwefelsäure  ist  braun  oder  blaugrün  gefärbt; 
mit  Wasser  gemischt  und  mit  kohlensaurem  Baryt  gesättigt,  bleibt  das 
Barytsalz  der  ebenerwähnten  neuen  Säure  in  Auflösung;  wird  aus  dieser 
Flüssigkeit  der  Baryt  mittelst  verdünnter  Schwefelsäure  vorsichtig  gefällt, 
so  hat  mau  eine  saure  Flüssigkeit,  welche  beim  Abdampfen  Kristalle  giebt, 
sie  wird  übrigens  beim  Abdampfen  in  der  Wärme  «der  in  der  Leere  zer- 
setzt und  freie  Schwefelsäure  gebildet,  von  der  man  nicht  weifs,  wo  sie 
herkommt. 

Die  Zusammensetzung  der  Säure  in  den  Salzen  wird  von  Walter 
durch  die  Formel  C9  H14  Os  S02  ausgedrückt , hiermit  stimmt  weder  die 
Analyse  des  Kali-  noch  des  Kalksalzes  überein.  Das  Barytsalz  gab  bald 
11  — 19  — 20  — 27  — 28  p.  c.  Kohlenstoff  (berechnet  28,01  p.  c.) , das 
Bleäsalz  22,1  — 23,5  (berechnet  23,9),  das  Kalisalz  31,31  p.  c.  (berech- 
net 33,3  p.  c.  Kohlenstoff),  das  Kalksalz  34,6  (anstatt  37,5)  p.  c.  Koh- 
lenstoff. Die  Quantität  der  in  allen  diesen  verschiedenen  Salzen  durch 
die  Analysen  erhaltenen  Basen  stimmte  genau  mit  der  berechneten  Menge. 
Die  Salze  sind  nicht  kristallisirbar,  in  Wasser  löslich,  die  Auflösung  des 
Baryt-  und  Bleisalzes  reagirt  sauer,  beide  werden  beim  Abdampfen  zer- 
setzt, indem  Schwefelsäure  frei  wird.  Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  man 
durch  die  Einwirkung  der  Dämpfe  von  wasserfreier  Schwefelsäure  auf  was- 
serfreie Camphorsäure  eine  beständigere  und  hauptsächlich  reinere  Ver- 
bindung erhält. 


Anhang  zu  Camphorsäure. 

Camphoröl  und  Camphor. 

In  dem  auf  Sumatra  und  Borneo  wachsenden  Camphorbaum  (Dryoöß- 
lanops  camphora) , so  wie  im  Camphorbaum  von  Japan  (Persea  Camphora') 
findet  sich  kristallinischer  Camphor  und  Camphoröl , gewöhnlich  an  den 
Stellen  in  dem  Innern  der  Bäume,  die  bei  harzreichen  mit  Harz  ausgefüllt 
sind.  Der  Camphor  führende  Baum  wird  in  Stücke  gespalten,  und  der 
Camphor  herausgenommen ; die  gröfsien  Mengen  gewinnt  man  durch  De- 
stillation des  zerschnittenen  Holzes  mit  Wasser.  Ganz  auf  gleiche  Weise 
wird  das  Camphoröl  erhalten. 

Camphoröl.  Formel  C20  H33  O ( Martius , Macfarlane).  Das  im  Han- 
del vorkommende  rohe  Del  ist  gefärbt  und  enthält  Camphor  gelöst,  den 
es  beim  Verdunsten  an  der  Luft  in  Kristallen  absetzt.  Durch  oft  wieder- 
holte Rectifikationeu  erhält  mau  es  wasserklar,  dünnflüssig,  von  stark 
lichtbrechender  Kraft  , und  starkem  Geruch  zwischen  Camphor-  und  Caje- 
putöl;  sein  spec.  Gewicht  ist  0,910,  sein  Siedpunkt  ist  höher  wie  der  des 
Wassers,  es  hinterläfst  beim  Verdunsten  keine  Camphorkristalle,  absor- 
birt  an  der  Luft  Sauerstoffgas.  Mit  Salpetersäure  lange  bei  gelinder 
Wärme  digerirl,  entwickelt  sich  salpetrige  Säure  und  es  geht  bei  der 
Destillation  kristallisirter  Camphor  über  Camphoröl  und  kristallisirter 
Camphor  unterscheiden  sich  beide  durch  1 At.  Sauerstoff,  den  der  letztere 
mehr  enthält.  Durch  fortgesetzte  Behandlung  mit  Salpetersäure  erhält 
man  Camphorsäure.  Das  Camphoröl  verbindet  sich  mit  Chlorwasserstoff- 
säure zu  einerschweren,  butterartigen,  wachsgelben,  neutralen,  in  Was- 
fer  unlöslichen,  mit  Alkohol  mischbaren,  durch  Destillation  zersetzbaren 


C a m p h o r. 


929 


Verbindung.  Das  Camphoröl  mischt  sich  mit  eoncentrirter  Schwefelsäure, 
Essigsäure,  fetten  und  ätherischen  Oelen,  Aether  und  Alkohol.  Es  löst 
Phosphor,  Iod  und  Schwefel  auf,  vereinigt  sich  mit  gepulvertem  Copal 
zu  einer  festen  Gallerte. 


Camphor. 

Formel:  C10  H16  0 (Dumas , Blanchet  fr  Seil). 

Die  aus  Lavendelöl  sich  absetzende  kristallinische  Substanz  ist  nach 
Dumas  identisch  mit  dem  gewöhnlichen  Caniphor. 

$•  i-To.  Der  im  Handel  vorkommende  gereinigte  Camphor 
stellt  eine  weifse,  feste,  zusammenhängende,  etwas  zähe, 
durchscheinende,  in  kleinen  Stücken  durchsichtige,  häufig 
kristallinische  Masse  dar  von  starkem  eigenthümlichen  Ge- 
ruch ; er  kristalüsirt  bei  der  Sublimation  oder  aus  gesättigten 
alkoholischen  Auflösungen  in  Octaedern  oder  sechsseitigen 
Octaedersegmenten;  er  ist  schwer  für  sich,  leicht  bei  Be- 
netzung mit  Alkohol  zu  Pulver  zu  zerreiben : sein  spec.  Ge- 
wicht ist  0,1)857  — 0,996;  er  schmilzt  bei  175°  und  siedet 
bei  .01° , wobei  er  ohne  Rückstand  subfimirt;  das  spec.  Ge- 
wicht seines  Gases  ist  5,817  COitmasJ.  Au  der  Luft  verdampft 
er  Imcht,  bei  15,5°  ist  seine  Tension  im  leeren  Raume  4 Millimeter.  Auf 
Wasser  geworfen  verdampfen  Camphorstiicke  schneller  wie  an  der  Luft, 
sie  kommen  in  eine  ziemlich  rasche  rotirende  Bewegung,  eine  Folge  der 
gleichzeitigen  Bildung  von  Wasser  und  Camphorgas:  angezündet  brennt  er 
mit  rulsender  Flamme. 


Der  Camphor  löst  sich  in  1000  Th.  Wasser;  aus  der  gesättigten  Auf- 
lösung schlägt  Kalilauge  Campbor  nieder.  Unter  einem  hohen  Druck  mit 
Wasser  im  Sieden  erhalten  soll  er  sich  vollständig  lösen,  10  Theile  Alko- 
hol  von  0,806  lösen  13  Th.  Camphor  bei  13°,  die  Auflösung  wird  durch 
Wasser  gefällt;  er  löst  sich  ebenfalls  in  gewöhnlichem  Branntwein  (Cain- 
phorspiritus),  in  Aether,  flüchtigen  und  fetten  Oelen,  in  Schwefelkohlen- 
stoff, und  läfst  sich  mit  Schwefel  und  Phosphor  zusammenschmelzen.  Mit 
Iod  vereinigt  er  sich  zu  einer  braunen,  in  Wasser  und  Alkohol  löslichen 
Verbindung.  In  Chlorgas  wird  er  flüssig,  ohne  bemerkbare  Zersetzung  zu 
erleiden.  Der  Camphor  löst  sich  in  eoncentrirter  Schwefelsäure  in  grofser 
u.nd  ke*  Zusatz  von  Wasser  zum  grofsen  Theil  wieder  ge- 

fallt. Beim  Erwärmen  der  Auflösung  entwickelt  sich  schwefligsaures  Gas 
und  es  destiUirt  ein  nach  Pfeffermiinze  und  Camphor  riechendes  leichtflüs- 
e!r,  . slc!l  ia  Salpetersäurehydrat  ohne  Veränderung  zu  einem 
olahnljchen  Gemisch,  aus  welchem  Wasser  Camphor  fällt.  Beim  Sieden 
mit  Salpetersaure  entsteht  Cainphorsäure , welche  sich  im  Wasser  löst. 
Die  Mutterlauge,  welche  nach  dem  Auskristallisiren  der  Cainphorsäure 
bleibt,  ist  syrupartig;  mit  Ammoniak  neutraiisirt  schlägt  sie  Bleisalze  nie- 
der,  hei  der  Destillation  geht  eine  ölartige  Flüssigkeit,  zuletzt  wasser- 
freie Cainphorsäure  über  ( Laurent ).  Die  ersten  Kristalle  von  Camphor- 
saure,  die  sich  aus  der  Salpetersäure  absetzen,  riechen  in  ihrer,  heifsen 
wasseiigen  Losung  nach  Camphor;  sie  ändern  ihre  Zusammensetzung  bei 
weiterm  Kochen  mit  Salpetersäure,  bis  dann  zuletzt  Camphorsäurehydrat 
entsteht  , was  durch  Salpetersäure  nicht  weiter  verändert  wird.  Berzelhis 
bemerkt  hierzu,  da>s  der  Camphorsäure  wahrscheinlicher  Wreise  die  Bil- 
emer  intermediären  Oxidationsstufe  z.  B.  C10  H16  02  vorangehe,  die 
* rei*lcj1  au®  * ^t.  Camphor  und  1 At,  Camphorsäure  zusammen- 
ta  s tzt  betrachten  könne.  Da  der  Camphor  im  Allgemeinen  die  Fähigkeit 
besitzt,  Verbindungen  mit  Säuren  einzugehen,  in  denen  seine  Löslichkeit 
Mi  Wasser  zunimmt,  so  ist  wohl  letztere  Ansicht  die  wahrscheinlichste. 


930 


Camphröii. 


Der  Camphor  löst:  sich  in  seinem  halben  Gewicht  Eisessig,  absorbirt, 
indem  er  flüssig  wird,  144  Vol.  Chlorwasserstoff;  er  läfst  sich  mit  Aetz- 
sublimat  zusammenschmelzen  zu  einem  in  Alkohol  leicht  löslichen  Gemisch. 

Prüfung  auf  seine  Reinheit.  Er  mufs  schön  weifs  und  durchsichtig*, 
nicht  gelb  gefärbt  seyn,  sich  leicht  und  vollständig  verflüchtigen,  und  die 
übrigen  angeführten  Eigenschaften  besitzen. 

Anwendung.  Der  Camphor  wird  innerlich  in  Pulverform  und  Mixturen 
gegeben.  Mau  mufs  ihn  mit  wenig  Weingeist  abreiben,  und  zu  wässeri- 
gen Mixturen  mufs  er  mit  Gummischleim  , Eidotter  u.  s.  w.  gebunden  wer- 
den. Aeufserlick  wird  er  für  sich,  oder  mit  Species  gemengt,  oder  auf 
Leinwand  u.  s.  w.  gerieben,  angewendet..  Wird  aufserdem  öfters  Salben, 
Pflastern  zugesetzt,  oder  in  Essig,  Weingeist  (s.  o.) , Aether  u.  s.  w.  ge- 
löst, angewendet.  — Er  vermehrt  die  Löslichkeit  des  Sublimats  in  Alkohol 
und  Aether;  auch  die  Löslichkeit  des  Copals  in  Alkohol,  daher  man  ihn 
dem  geistigen  Copalfirnifs  zusetzt. 

Camphron. 

Treibt  mau  die  Dämpfe  von  Camphor  über  gebrannten  Kalk,  welcher 
zur  schwachen  Rothgiühhitze  erwärmt  wird,  so  erhält  man  unter  andern 
Produkten  eine  schwachgefärbte  ölige  Flüssigkeit,  welche  bei  fortgesetz- 
ten Rectifikationen  von  einem  constanten  Siedpuukt  erhalten  wird;  sie  ist 
in  diesem  Zustande  farblos,  leichtflüssig,  siedet  bei  75°,  von  starkem,  von 
dem  Camphor  verschiedenen  Geruch  fFrerngf.  Ihre  Zusammensetzung 
wird  durch  die  Formel  C50  H42  O ausgedrückt.  Fremy  erhielt  in  der  Ana- 
lyse 85,9  Kohlenstoff,  10,24  Wasserstoff,  3,86  Sauerstoff  und  berechnet 
hierauf  die  Formel  C30  H44  O,  welche  mehr  Wasserstoff  als  die  Analyse 
giebt  (10,3  p.  c.).  Wahrscheinlich  ist  diese  Flüssigkeit  identisch  mit  dem 
ölartigen  Produkt,  was  man  durch  Destillation  des  Camphors  mit  6 Theilen 
Thon,  oder  beim  Durchtreiben  des  Camphors  durch  eine  glühende  Porcel- 
lanröhre  erhält. 

Wird  Camphor  über  Aetzkalk  bei  einer  der  Weifsglühhitze  nahen 
Temperatur  geleitet,  so  erhält  man  Kohlenoxidgas,  Kohlenwasserstoff  und 
als  bemerkenswerthestes  Produkt  eine  grofse  Menge  farbloses  und  reines 
Naphtalin.  Das  Naphthalin  enthält  auf  die  nemliche  Menge  Kohlenstoff 
halbsoviel  Wasserstoff  wie  der  Camphor.  Vier  Atome  Camphor  C40  H64  04 
enthalten  die  Elemente  von  1 At.  Naphtalin  C20  Hi6,  8 At.  ölbildendem 
Gas  C8  H16,  8 At.  Sumpfgas  C8  H31  und  4 At.  Kohlenoxid  C4  04.  {Fremy .) 


Baldriansäure . 

Synonyme  : Valeriansäure,  Acidum  valerianicum 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C10H18  03.  Symb.  Va  ( Ettling,  Dumas J. 

Formel  des  Baldriansäurehydrats:  C10  H18  03  -f-  aq.  Symb.  Va  -f-  aq. 

Die  Baldriansäure  findet  sich  in  dem  wässerigen  Destillate  der  Bal- 
drianwurzel. Durch  Behandlung  des  Kartoffelfuselöls  (siehe  Amyloxid- 
hydrat)  mit  kaustischen  Alkalihydraten  in  der  Wärme  entsteht  baldrian- 
saures Kali  ( Dumas  6p  Stass),  indem  zwei  Aequivalente  Wasserstoff  in 
dem  Amyloxid  C10  H22  O abgeschieden  und  ersetzt  werden  durch  2 Aeq. 
Sauerstoff  C10  H„  O -4-  02  — H4  rr:  CI0  H13  03.  Der  Sauerstoff  wird  bei 
dieser  Zersetzung  von  dem  Wasser  des  Alkalihydrats  geliefert,  dessen 
Wasserstoff  sich  ebenfalls  als  Gas  entwickelt. 

Zur  Darstellung  des  Baldriansäurehydrats  aus  Baldrianwurzeln  werden 
diese '(50  — 100  ) auf  gewöhnliche  Weise  mit  einer  gehörigen  Menge 

Wasser  der  Destillation  so  lange  unterworfen,  als  die  übergehende  Flüs- 
sigkeit noch  Lackmus  röthet.  Das  Destillat  wird  sodann  bei  gelinder 
Wärme  mit  gebrannter  Bittererde  oder  kohlensaurem  Natron  genau  neu- 
tralisirt  und  zur  Trockne , zuletzt  im  Wasserbade  abgedampft.  Das  trockne 


t 


Baldriansäure. 


931 


Salz  übergiefst  mau  in  einem  hohen  Cylinderglase  mit  zur  Zersetzung 
hinreichendem  , mit  seinem  gleichen  Gewicht  Wasser  verdünntem  Schwe- 
felsäurehydrat, wo  sich  bei  gelindem  Erwärmen  Baldriansäure  in  Gestalt 
einer  ölartigen  Schicht  abscheidet  5 sie  wird  abgenonmsen  und  für  sich  der 
Destillation  unterworfen.  Man  wechselt  die  Vorlage,  sobald  die  Säure 
unbegleitet  von  Wasser  übergeht.  (Trommsdorff.) 

Aus  Kartoffelfuselöl  wird  sie  nach  Dumas  und  Stass  dargestellt,  in- 
dem 1 Theil  Kartoffelfuselöl  und  10  Th.  eines  Gemenges  gleicher  Theile 
Kalihydrat  und  gebranntem  Kalk  in  einem  verschließbaren  Glasgefäfs  einer 
Temperatur  von  170°  so  lange  ausgesetzt  wird,  als  sich  noch  Wasserstoff- 
gas entwickelt.  Man  läfst  das  Gefäfs  im  verschlossenen  Zustande  erkal- 
ten, benetzt  die  Masse  mit  Wasser  (im  trocknen  Zustande  an  die  Luft 
gebracht  erhitzt  sich  die  Masse,  entzündet  sich  und  brennt  wie  Zunder 
[ Duvicts  Ar  StassJ) , setzt  nach  und  nach  verdünnte  Schwefelsäure  in 
schwachem  Ueberschufs  hinzu,  bringt  die  ganze  Masse  nun  in  eine  Re- 
torte und  destiliirt,  so  lange  Baldriansäure  übergeht.  Das  Destillat  wird 
mit  kohlensaurem  Natron  gesättigt,  zur  Trockne  abgedampft  und  aus  dem 
erhaltenen  trocknen  Rückstand  von  baldriausaurem  Natron  die  Säure,  wie 
oben  erwähnt,  oder  durch  Destillation  mit  wässeriger  Phosphorsäure  ab- 
geschieden. 

Eigenschaften.  Die  Baldriausäure  bildet  zwei  Hydrate.  Aus  der  con- 
centrirten  wässerigen  Lösung  von  einem  ihrer  Salze  durch  eine  stärkere 
Säure  abgeschieden  enthält  sie  3 At.  Wasser,  von  denen  sie  2 Atome  ver- 
liert, wenn  sie  für  sich  der  Destillation  unterworfen  wird.  Man  erhält 
im  Anfang  reines  Wasser,  was  später  milchig  wird,  zuletzt  kommt  reines 
farbloses  Baldriansäurehydrat,  Va  -+-  aq. 

Das  Baldriansäurehydrat  ist  eine  farblose,  ölartige,  leichtflüssige  Flüs- 
sigkeit von  durchdringendem  eigentümlichen,  etwas  saurem  Geruch  nach 
Baldrianwurzelü ; sie  besitzt  einen  scjiarfen,  sauren,  stechenden,  in  der 
wässerigen  Auflösung  hintennach  süfslichen  Geschmack,  macht  auf  der 
Zunge  einen  weifsen  Fleck,  wird  bei  —-21°  nicht  fest,  und  löst  sich  in 
30  Th.  Wasser  von  12°  C.  Das  spec.  Gewicht  des  Baldriansäurehydrats 
ist  0,937  (Dumas),  0,944  ( Trommsdorff );  es  siedet  bei  175°  (Dumas), 
(das  wasserhaltige?)  bei  132°  ( Trommsdorff es  ist  entzündlich,  brennt 
mit  rufsender  Flamme.  Das  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  ist  3,55  (Du- 
mas §r  Stass).  Das  zweite  Hydrat  der  Baldriansäure  Va,  3aq  zerlegt  bei 
der  Destillation  das  Ghlorcalcium ; es  mischt  sich  in  jedem  Verhältnis 
mit  Aether,  Alkohol  und  Eisessig;  nicht  mischbar  (das  2te  Hydrat?)  mit 
Terpentin-  und  Olivenöl;  es  lost  lod  und  Camphor  auf.  Wird  durch  Schwe- 
felsäurehydrat braun , durch  Kochen  mit  Salpetersäure  dem  Anschein  nach 
nicht  verändert.  Durch  Chlor  wird  sie  in  Chlorvalerosinsäure  verwandelt. 

Baldriansaure  Salze. 

Die  baldriansauren  Salze  sind  gröfstentheils  löslich , sie  besitzen  einen 
schwachen  Geruch  nach  Baldriausäure,  und  einen  stechenden,  hintennach 
süfslichen  Geschmack.  Baldriansaures  Ammoniak  erhält  man  durch  Sätti- 
gung der  Säure  mit  trocknem  Ammoniakgas;  es  ist  weiß , federartig  kri- 
stallisirt,  verliert  in  der  wässerigen  Auflösung  abgedampft  Ammoniak  und 
wird  sauer. 

Baldriansaures  Aethyloxid.  Va  , AeO  (Otto,  Grote).  Unterwirft  man 
eine  mit  Schwefelsäurehydrat  versetzte  Auflösung  vou  Baldriansäure  oder 
eines  baldriansauren  Salzes  in  Alkohol  der  Destillation,  und  setzt  dem 
Destillate  Wasser  zu,  so  scheidet  sich  eine  reichliche  Menge  Baldrian- 
äther ab,  den  man  auf  gewöhnliche  Weise  reinigt.  Das  baldriansaure  Ae- 
thyloxid ist  eine  farblose,  ölartige  Flüssigkeit  von  durchdringendem  Obst- 
und Baldriangeruch;  sein  spec.  Gewicht  im  flüssigen  Zustande  ist  bei  13° 
0,894,  im  Dampfzustände  4,534  ( Otto );  in  Wasser  unlöslich;  mit  Alkohol, 
Aether  und  Oelen  mischbar. 


€hlorvalerisinsäure. 


98£ 

Baldriansaures  Amyloxid.  Syn.:  Valerianaldehyd.  Entdeckt  von 
Dumas  Sr  Stass.  Dieser  Körper , dessen  Constitution  ungewifs  ist ^ schei- 
det sich  als  ölartige  neutrale  Flüssigkeit  aus  einem  Gemenge  von  Schwe- 
felsäurehydrat, ßaldriansäurehydrat  und  saurem  chromsaurem  Kali  ab. 
Seine  Analyse  gab  für  100  Theile  69,6  — 69,7  — 70,6  Kohlenstoff,  11,6 
— 11,5  - 11,7  Wasserstoff,  18,5  — 18,8  — 17,7  Sauerstoff  ( Dumas  Sr 
Stass),  was  mit  der  Formel  Cao  H40  04  = C10  H1S  05  -h  C10  Haa  O über- 
einstimmt. Das  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  wich  von  dieser  Formel 
ab.  Dieser  interessante  Körper  scheint  ebenfalls  durch  Einwirkung  von 
Salpetersäure  auf  Kartoffelfuselöl  gebildet  zu  werden  ( Dumas  Sr  Stass). 
Durch  Behandlung  mit  Kalihydrat  in  der  Wärme  wird  er  unter  Entwicke- 
lung von  Wasserstoffgas  in  ßaldriausäure  verwandelt. 

Baldriansaures  Kali  und  Natron  Va,  KO  und  Va,  NaO  sind  leicht  lös- 
lich, zerfliefslich,  schwer  kristallisirbar.  Baldriansaurer  Kalk  Va,  CaO 
und  Baryt  Va,  BaO  ( Trommsdorff , Ettling)  sind  leichtlöslich,  kristallisir- 
bar, an  der  Luft  unveränderlich,  in  Alkohol  sehr  schwerlöslich  , leichter 
in  wässerigem  Weingeist.  Baldriansaure  Bittererde  Va,  MgO;  verwit- 
ternde weifse  Nadeln.  Baldriansäure  bildet  mit  Bleioxid  ein  neutrales 
und  ein  basisches  Salz.  Das  Kupfersalz  ist  nach  der  Formel  Va,  CuO 
zusammengesetzt  (Ettling). 

Baldriansaures  Silberoxid.  Va,  AgO  ( Ettling , Dumas).  Dieses  Salz 
erhält  man  als  kristallinischen  Niederschlag,  wenn  mäfsig  concentrirte 
Lösungen  von  baldriansaurem  Ammoniak  und  salpetersau  rem  Silberoxid 
mit  einander  gemischt  werden.  Es  ist  in  warmem  Wasser  löslich  und  kri- 
stallisirt  daraus  bei  gelindem  Verdampfen  in  feinen  silberglänzenden 
Blättchen. 

Quecksilberoxid  in  ßaldriansäurehydrat  getragen,  löst  sich  darin  zu 
einem  rothen  durchsichtigen  Oel  auf,  was  in  der  Kälte  erstarrt.  Mit  Was- 
ser gekocht,  läfst  die  Flüssigkeit  beim  Erkalten  zarte  weifse  Nadeln  fal- 
len, und  es  bleibt  beim  Abdampfen  der  Mutterlauge  eine  rothe,  in  Wasser 
nicht,  in  ßaldriansäure  lösliche  unbekannte  Verbindung. 

Chlorvalerisinsäure. 

Wenn  man  Baldriansäure  im  Dunkeln  zuerst  bei  Abkühlung,  später 
bei  schwacher  Erwärmung  mit  trocknem  Chlorgas  behandelt,  so  lange 
noch  Chlorwasserstoffsaure  weggeht,  und  das  aufgelöste  Chlorgas  durch 
einen  Strom  kohleasaures  Gas  vertreibt,  so  erhält  man  reine  Chlorvaleri- 
sinsäure (Dumas  Sr  Stass).  Man  erhält  sie  in  der  Form  eines  durchsich- 
tigen, geruchlosen  Syrups,  schwerer  wie  Wasser,  von  scharfem  brennen- 
den Geschmack,  welcher  bei  — 18°  nicht  fest,  bei  30°  leichtflüssig  und 
bei  110 — 120°  unter  Entwickelung  von  Chlorwasserstoffsäure  zersetzt  wird. 

Mit  Wasser  zusammengebracht  bildet  die  Chlorvalerisinsäure  eine  sehr 
flüssige,  schwach  riechende  Verbindung,  welche  bei  100°  im  leeren  Raum 
einen  Th  eil  des  aufgenommenen  Wassers  nicht  abgiebt.  Die  frischberei- 
tete wässerige  Auflösung  dieser  Säure  schlägt  salpetersaures  Silberoxid 
nicht  nieder;  das  Hydrat  giebt  damit  einen  reichlichen,  in  Salpetersäure 
völlig  löslichen  Niederschlag.  Sie  löst  sich  leicht  in  Alkalien  und  wird 
daraus  durch  Säuren  wieder  gefällt  ( Dumas  Sr  Stass')  C?3. 

Nach  drei  sehr  übereinstimmenden  Analysen  ist  die  Formel  der  Chlor- 
valerisinsäure C10  Hi4  CI6  04 ; vergleicht  man  diese  Formel  mit  der  des  Bal- 
driansäurehydrats C10  H20O4,  so  ergiebt  sich,  dafs  die  Chlorvalerisinsäure 
aus  dem  ßaldriansäurehydrat  entsteht,  indem  in  dem  letzteren  6 At.  Was- 
serstoff ersetzt  werden  durch  6 At.  Chlor. 


Chlorvaierosinsaure, 


933 


Chlorvalerosinsäure . 

Wenn  man  Baldriansäurehydrat  anstatt  im  Dunkeln  , im  Sonnenlicht 
der  Einwirkung  des  trocknen  Chlorgases  aussetzt , so  erhält  man  unter 
denselben  Umständen  eine  an  Chlor  reichere  Säure , die  Chlorvalerosin- 
säure 5 sie  ist  halbflüssig,  von  scharfem  brennenden , etwas  bittern  Ge- 
schmack und  schwerer  wie  Wasser;  sie  bleibt  bei  — 18°  flüssig  und  wird 
beim  Erhitzen  zersetzt.  Sie  löst  sich  ziemlich  leicht  in  Wasser  und  bildet 
mit  3 Atomen  Wasser  ein  Hydrat.  Die  wässerige  Auflösung  dieser  Säure 
fällt  salpetersaures  Silberoxid  erst  nach  einiger  Zeit;  sie  zerlegt  die  koh- 
lensauren Alkalien. 

Mit  den  Alkalien  bildet  die  Chlorvalerosinsäure  neutrale,  den  bal- 
driansauren Salzen  ähnliche  Verbindungen;  bei  Gegenwart  von  überschüs- 
sigem Alkali  wird  sie  übrigens  augenblicklich  zersetzt  in  Chlornietall  und 
eine  bräunliche,  nicht  untersuchte  Materie.  Aus  mäfsig  concentrirten  wäs- 
serigen chlorvalerosinsauren  Salzen  scheiden  stärkere  Säuren  Chlorvale- 
rosinsäurehydrat mit  3 At.  Wasser  aus,  welches  bei  — 18°  sich  unter 
Scheidung  des  Wassers  trübt.  Das  chlorvalerosinsaure  Silberoxid  bildet 
einen  weifsen  kristallinischen,  in  Wasser  wenig,  leicht  in  Salpetersäure 
löslichen  Niederschlag,  der,  im  Dunkeln  aufbewahrt , sich  nach  und  nach 
in  Chlorsilber  und  einen  ölartigen  Körper  verwandelt. 

Aus  der  Analyse  des  Silbersalzes  und  des  Hydrates  dieser  Säure  er- 
giebt  sich  für  die  Formel  des  ersteren  C10  H10  Cl3  04  Ag,  oder  Ci0  H10  CI* 
05  -4-  AgO.  Die  Chlorvalerosinsäure  läfst  sich  hiernach  als  Baldriansäure 
betrachten , in  welcher  8 At.  Wasserstoff,  ohne  Aenderung  ihrer  Consti- 
tution, vertreten  sind  durch  8 At.  Chlor.  Das  Hydrat  dieser  Säure  ist 
nach  der  Formel  C10  H10  Cl8  03  -f-  3HaO  zusammengesetzt. 

Die  beiden  eben  beschriebenen,  in  ihren  Eigenschaften  überaus  merk- 
würdigen Zersetzungsprodukte  der  Baldriansäure  sind  von  Dumas  fr  Stass 
entdeckt  worden. 

Anhang*. 

In  LÖwig’s  Chemie  der  organischen  Verbindungen  findet  sich  angege- 
ben, dafs  man  aus  baldriansaurem  Kalk  durch  trockne  Destillation  ein  öl- 
artiges Produkt  erhält,  was  nach  der  Reinigung  durch  fortgesetzte  Recti- 
fikationen  farblos,  dünnflüssig,  leichter  wie  Wasser  und  nach  der  Formel 
c9  hj8  0 zusammengesetzt  ist;  Löwig  nennt  es  Valeron.  Derselbe  be- 
merkt ferner,  dafs  nach  seinen  Untersuchungen  die  Baldriansäure  in  der 
Wurzel  mit  Glyceryloxid  zu  einem  eigentümlichen  Fette  vereinigt  ent- 
halten sey,  indem  man  durch  Behandlung  der  Wurzeln  mit  kaltem  Aether 
nur  Spuren  von  Baldriansäure  ausziehen  kann,  aber  dafs  der  weingeistige 
Auszug  der  mit  Aether  behandelten  Wurzeln  bei  der  Destillation  im  Ver- 
gleich zu  den  Wurzeln  eine  nicht  unbedeutende  Menge  Baldriansäure  gebe. 
Ob  hierbei  in  der  rückständigen  Flüssigkeit  in  der  That  Glyceryloxid  bleibt, 
wurde  nicht  untersucht. 


Oe  n an  th  säure. 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C14  H26  0,  {Velouze  fr  J.  L ). 

Formel  des  Oenanthsäurehydrats : C14  H26  02  -f-  aq. 

Diese  Säure  findet  sich  in  vielen  gegohrnen  Flüssigkeiten,  in  dem  Ge- 
treide-Fuselöl {Mulder} , namentlich  im  Wein,  in  Verbindung  mit  Aethyl- 
oxid.  Bei  der  Destillation  des  Weins  und  der  Weinhefe  (aus  Lagerfässern) 
geht  zuletzt  mit  Wasser  eine  ölartige  leichte  Flüssigkeit  über,  häufig  grün 
gefärbt  durch  aufgelöstes  Kupferoxid;  diefs  ist  önanthsaures  Aethyloxid, 
aus  dem  man  nach  seiner  Reinigung  (siehe  diese  Verbindung)  önanthsaures 
Kali  und  daraus  die  Oenanthsäure  darstellt. 


934 


Oenanthsäure. 


Der  Name  Oenanthsäure  ist  abgeleitet  von  dem  Geruch;  der  den  Aether 
dieser  Säure  charakterisirt. 

Zur  Darstellung  des  Oenanthsäurehydrats  wird  önanthsaures  Kali  in 
concentrirter  Auflösung  mit  einer  Mineralsäure  zersetzt  und  die  Mischung 
gelinde  erwärmt , wo  sich  Oenanthsäurehydrat  in  Gestalt  eines  geruch- 
losen Qels  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  sammelt;  man  reinigt  sie 
durch  Waschen  mit  heifsem  Wasser  und  durch  Stehenlassen  in  Berührung 
mit  Chlorcalcium. 

Oenanthsäurehydrat  ist  bei  13,5°  butterartig  weich , blendend  weif*; 
geruch-  und  geschmacklos;  über  12,5°  schmilzt  es  zu  einem  farblosen 
Oele;  was  Lackmus  rötbet  und  sich  in  Alkalien  mit  Leichtigkeit  zu  seifen- 
artigeu  Verbindungen  löst.  Die  Oenanthsäure  ist  nicht  in  Wasser  löslich , 
leicht  mit  Alkohol;  Aether  und  Oelen  mischbar. 

Unterwirft  man  Oenanthsäurehydrat  der  Destillation;  so  zerlegt  es  sich 
in  Wasser,  was  zuerst;  und  in  sog.  wasserfreie  Oenanthsäure;  welche 
zuletzt  übergeht;  der  Siedpunkt  des  Hydrats  steigt  von  260°  bis  293  — 
294°;  wobei  sich  der  Rückstand  bräunlich  färbt.  Die  wasserfreie  Oenanth- 
säure ist  weifs;  fester  wie  das  Hydrat;  sie  schmilzt  bei  31°  C.  Fine  Auf- 
lösung von  Oenanthsäurehydrat  in  Alkohol  zerlegt  sich  beim  Abdampfen 
an  der  Luft  in  wasserfreie  Oenanthsäure;  welche  sich  in  Kristallen  absetzt 
und  in  ein  Hydrat  mit  zwei  Atomen  Wasser  ( Mulder ). 


Oenanthsäure  Sal%e . 

Unter  den  Verbindungen  dieser  Säure  mit  Basen  ist  nur  das  önanth- 
saure  Aethyloxid  mit  einiger  Genauigkeit  untersucht.  Versetzt  man  eine 
Auflösung  von  Oenanthsäurehydrat,  mit  Kali;  bis  zum  Verschwinden  aller 
sauren  Reaction , so  gesteht  die  Flüssigkeit  zu  einem  Brei  von  feinen  sei- 
denglänzenden Nadeln ; von  saurem  öuanthsaurem  Kali.  Oenanthsaures 
Aethyloxid  wird  durch  Behandlung  mit  kaustischer  Kalilauge  vollkommen 
zersetzt  in  Alkohol  und  önanthsaures  Kali;  aus  welchem  letzteren  man 
das  Hydrat  der  Säure  darstellt. 

Oenanthsaures  Aethyloxid.  C18  H?6  Oj  ~ C14  H26  02  -+-  C4  HJ0  O ( Pe - 
louze  §r  J.  L.;  Mulder ).  Die  ölartige  Flüssigkeit;  welche  bei  der  Destil- 
lation von  Weinbranutweiu  übergeht,  ist  önanthsaures  Aethyloxid;  ge- 
mengt mit  Oenanthsäurehydrat  und  gefärbt  durch  Kupferoxid.  Zur  Reini- 
gung von  der  freien  Säure  erhitzt  man  diese  ölartige  Flüssigkeit  mit  einer 
schwachen  Auflösung  von  kohlensaurem  Natron  zum  Sieden;  wo  sich  der 
reine  Aether  auf  die  Oberfläche  der  Flüssigkeit  begiebt.  Durch  Destillation 
erhält  man  ihn  farblos  und  in  den  letzten  übergehenden  Portionen  was- 
serfrei. 

Der  reine  Oenanthsäureäther  ist  farblos ; dünnflüssig;  von  starkem;  in 
der  Nähe  betäubendem  Geruch  nach  Wein  und  scharfem  unangenehmen 
Geschmack;  er  ist  in  Aether;  Alkohol  und  schon  in  sehr  verdünntem 
Weingeist  leicht  löslich;  sein  spec.  Gewicht  ist  0,862  im  flüssigen  und 
10;4769  im  Gaszustande;  er  siedet  bei  225  — 230°.  Aetzende  Alkalien 
zersetzen  diesen  Aether  leicht;  Kohlensäure;  sowie  Ammoniak;  sind  ohne 
bemerkbare  Wirkung  darauf. 

Es  verdient  besonders  bemerkt  zu  werden ; dafs  der  Geruch  dieses 
Aethers  keineswegs  der  sog.  Weinblume  gleicht;  sondern  dafs  es  derje- 
nige ist;  der  allen  Weinen  gemein  ist;  ein  Geruch;  der  uns  in  leeren 
Weinfässern  oder  leeren  Flaschen  sogleich  erkennen  läfst,  dafs  Wein  und 
keine  andere  Flüssigkeit  darin  vorhanden  war. 

Durch  Erwärmen  von  Oenanthsäurehydrat  mit  Schwefelsäuren!  Aethyl- 
oxid-Kali  entsteht  saures  schwefelsaures  Kali  und  önanthsaures  Aethyloxid. 


V e r & t r « m s ä 11  r e. 


935 


Roccellsäure. 

I 

Formel  der  wasserfreien  Säure  (?). 

Formel  der  kristallisirten  Säure:  C1?  H52  04  (J.  L.~). 

Entdeckt  von  Heeren  in  der  Hoccella  tinctoria. 

Zur  Darstellung  der  Roccellsäure  wird  die  zerkleinerte  Flechte  mit 
eoncentrirtem  kaustischem  Ammoniak  vollständig  extrahirt,  mit  Wasser 
verdünnt  und  eine  Auflösung  von  Chlorcalcium  zugesetzt  , wo  rocccllsau- 
rer  Kalk  niederfällt,  den  mau  mit  schwacher  Salzsäure  erwärmt , wo  sich 
die  Säure  abscheidet.  Durch  Auflösung  in  Aether  und  Verdampfen  an  der 
Luft  erhält  man  Roccellsäurehj  drat  in  farblosen,  seidenglänzenden  feinen 
Nadeln^  welche  die  Form  quadratischer  Blättchen  besitzen.  Sie  ist  unlös- 
lich in  kaltem  und  heifsem  Wasser , äufserst  leicht  in  Alkohol;  von  wel- 
chem 100  Theile  von  0,819  spec.  Gewicht  bei  Siedliitze  55  Th.  lösen;  in 
Aether  ist  sie  ebenfalls  leicht  löslich.  Sie  schmilzt  bei  130°  und  erstarrt 
bei  133°.  Sie  verhält  sich  in  ihren  übrigen  Eigenschaften  den  fetten  Säu- 
ren analog. 

Die  roccellsauren  Alkalieu  lösen  sich  in  Wasser  zu  dünnen  schäumen- 
den Flüssigkeiten , im  concentrirten  Zustande  bilden  sie  keinen  Seifenleim. 
Das  Kalisalz  kristallisirt  in  feinen  Blättchen.  Das  Kalksalz  ist  ein  weis- 
ser,  in  Wasser  unlöslicher  Niederschlag;  welcher  15,9  p.  c.  Kalk  enthält 
( Heeren ).  Das  Silbersalz  ist  nicht  untersucht. 


V e r a t r u m s ä u r e. 

Formel  der  an  Silberoxid  gebundenen  Säure:  CI8  H18  0:  tSchrötter'). 

Formel  des  bei  100°  getrocknete]/  Veratrumsäurehydrats:  C,8  Ui8  Of 

H-  aq. 

Entdeckt  von  Merck. 

Zur  Darstellung  dieser  Säure  wird  Sabadillsaamen  durch  Behandlung 
mit  Weingeist  und  Schwefelsäure  von  allen  in  beiden  löslichen  Stoffen  be- 
freit und  der  erhaltene  weingeistige  Auszug  mit  Kalkhydrat  versetzt;  wo 
unter  andern  das  aufgelöste  Veratrin  gefällt  wird;  die  Veratrumsäure 
bleibt  in  Verbindung  mit  Kalk  in  Auflösung;  man  filtrirt  sie  von  dem  Nie- 
derschlage ah;  trennt  durch  Destillation  den  Weingeist  und  setzt  nun  der 
rückbleibenden  wässerigen  Flüssigkeit  nach  gehöriger  Concentration  in  der 
Wärme  einen  schwachen  Ueberschufs  von  Salzsäure  oder  Schwefelsäure 
zu,  wonach  beim  Erkalten  die  Veratrumsäure  kristallisirt.  Durch  Abwa- 
schen mit  kaltem  Wasser;  Auflösen  in  Weingeist  und  Behandlung  der  letz- 
teren Auflösung  mit  kalkfreier  Thierkohle  erhält  man  sie  durch  Kristallisa- 
tion völlig  rein. 

Die  kristallisirte  Veratrumsäure  stellt  kurze;  feine;  vierseitige;  farb- 
lose, durchsichtige  Prismen  dar,  von  schwach  saurem  Geschmack;  sie  ist 
wenig  in  kaltem,  leichter  in  heifsem  Wasser  löslich;  sie  löst  sich  in  war- 
mem Alkohol  leicht  und  kristallisirt  daraus  beim  Erkalten;  sie  ist  unlös- 
lich in  Aether.  Rauchende  Salpetersäure  und  Schwefelsäurehydrat  sind 
ohne  zerstörende  Wirkung  auf  die  Säure,  in  einer  Mischung  von  Salpeter- 
säure und  Schwefelsäure  färben  sich  die  Kristalle  gelb.  Bei  100°  verlieren 
die  Kristalle  Wasser  und  werden  mattweifs,  in  höherer  Temperatur  schmel- 
zen sie  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit  und  sublimiren  ohne  Rückstand. 

Mit  den  Alkalien  geht  diese  Säure  leicht  in  Wasser  und  Weingeist 
lösliche  und  kristallisirbare  Verbindungen  ein,  deren  Auflösung  Silber- 
und Bleisalze  fällt.  Diese  Niederschläge  lösen  sich  in  Weingeist  ( Merck ). 
Das  veratrumsaure  Silberoxid  ist  ein  in  Wasser  etwas  löslicher  weifser 
Niederschlag. 

Veratrumsaures  Aethyloxid,  CI8  H18  0*  , AeO  ( Will').  Sättigt  maß 
eine  nicht  zu  concentrirte  Auflösung  von  Veratrumsäure  in  starkem  Al- 


936 


Cu  rainsäure. 


koliol  mit  salzsaurem  Gas,  erwärmt  dann  zur  Entfernung  des  überschüs^ 
sigen  salzsaureu  Gases  und  des  Chlorwasserstoffäthers,  und  vermischt  den 
Rückstand  mit  Wasser,  so  scheidet  sich  der  Veratrumsäureälher  als  eine 
dicke,  ölartige  Flüssigkeit  ab,  die  nach  und  nach  kristallinisch  erstarrt. 
Durch  Waschen  mit  einer  Auflösung  von  kohlensaurem  Natron  und  Was- 
ser, und  Trocknea  im  leeren  Raume  über  Schwefelsäure  wird  er  rein  er- 
halten. Er  bildet  eine  leicht  zerreibliche,  strahlig  kristallinische,  fast  ge- 
ruchlose, etwas  bitterlich  schwach  aromatisch  schmeckeude  Masse,  die 
sich  kaum  in  Wasser,  leicht  aber  in  Weingeist  löst  und  schon  bei  42°  0. 
schmilzt.  Der  Aether  hat  ein  spee.  Gewicht  von  1,141,  ist  unter  theiJ— 
weiser  Zersetzung  flüchtig  und  verbrennt  mit  leuchtender  gelber  Flamme. 
Durch  Erhitzen  mit  Aetzkali  liefert  er  Dämpfe  von  Alkohol,  von  Ammo- 
niak wird  er  nicht  zersetzt. 

C u m i n säur  e . 

Formel  der  wasserfreien  Säure : C20  H12  03  ( Gerhardt  §r  Cahours'). 

Formel  des  Cuminsäurehydrats : C2ü  H2,  05  -+- aq. 

Entdeckt  von  Gerhardt  und  Cahours  bei  Behandlung  des  Römisch- 
Kümmelöls  mit  Kalihydrat.  Man  läfst,  um  diese  Säure  darzustellen.  Rö- 
misch - Kümmelöl  ( Essence  de  cumiri)  tropfenweise  in  geschmolzenes  Kali- 
hydrat fallen,  wo  sich  unter  Wasserstoffgasentwickeluug  sehr  rasch  cu- 
minsaures  Kali  bildet,  was  man  in  Wasser  löst  und  mit  einer  Mineralsäure 
vermischt,  wodurch  Cuminsäurehydrat  gefällt  wird. 

Das  Cuminsäurehydrat  ist  in  reinem  Zustande  fest,  farblos,  in  langen 
prismatischen  Nudeln  kristallisirbar,  schwer  löslich  in  Wasser,  leicht  lös- 
lich und  kristallisirbar  aus  Alkohol;  cs  ist  flüchtig  ohne  Zersetzung,  und 
besitzt  einen  säuerlichen  brennenden  Geschmack. 

Destillirt  mau  die  Cuminsäure  mit  vier  TheiSen  Aetzbaryt,  so  erhält 
man  ein  dem  Benzol  ähnliches  sauerstofffreies  Oel,  was  bei  144°  siedet. 
Salze  der  Cuminsäure  sind  nicht  bekannt. 

Anhang  zu  Cuminsäure. 

Das  Römisch-Kümmelöl  ist  nach  Gerhardt  und  Cahours  ein  Gemenge 
von  zwei  flüchtigen  Oelen,  deren  Trennung  ihnen  gelungen  ist.  Das  eine 
dieser  Oele  ist  sauerstofffrei,  das  andere  eine  dem  Ben zoyl Wasserstoff 
ähnliche  Verbindung,  zusammengesetzt  nach  der  Formel  C20  H22  02  -f-  H2. 
Das  eine  Aequivalent  Wasserstoff  wird  durch  Chlor,  Brom  und  Sauerstoff 
vertreten.  G.  C.  neunen  das  Radikal  dieses  Oels  Cumyl.  Die  Eigen- 
schaften von  diesen  Verbindungen  sind  nicht  bekannt. 

Nach  Vülkel  enthält  das  gewöhnliche  Kümmelöl  (von  Carum  Carin ) zwei 
Oele;  das  rohe  Oel  siedet  bei  205°,  wobei  im  Anfang  ein  Oel  mit  geringem 
Sauerstoffgehalt  (86,1  Kohlenstoff,  11,1  Wasserstoff,  2,8  Sauerstoff),  zu- 
letzt ein  zweites,  was  eine  gröfsere  Quantität  Sauerstoff  enthält ^ übergeht 
(78,603  Kohlenstoff,  9,217  Wasserstoff,  12,180  Sauerstoff),  von  denen 
keins  mit  obiger  Formel  sich  vereinigen  läfst.  Das  Römisch-Kümmelöl  ver- 
wandelt sich  an  der  Luft,  so  wie  durch  ein  Gemenge  von  saurem  chrom- 
saurem Kali  und  Schwefelsäurehydrat,  in  Cuminsäure;  es  wird  durch 
Destillation  für  sich  verändert,  was  sich  durch  einen  Strom  Kohlensäure 
verhindern  läfst. 

Ne Ikensäure . 

Formel  der  wasserfreien  Säure  (?). , 

Formel  des  Nelkensäurehydrats  (?). 

Entdeckt  von  Bonastre;  zuerst  rein  dargestellt  von  Ettling . 

Das  durch  Destillation  der  Gewürznelken  mit  Wasser  erhaltene  flüch- 
tige Oel  besteht  aus  einem  Gemenge  von  Nelkensäure  mit  einem  nach  der 


Neikensäure. 


937 


Formel  C10  HJ6  zusammengesetzten  Kohlenwasserstoff.  Mischt  mail  das 
rohe  Gewürznelkenöl  mit  seinem  gleichen  Volum  einer  starken  Kalilauge, 
so  erstarrt  es  zu  einer  butterartigen  kristallinischen  Masse,  aus  der  sich 
bei  Zusatz  von  Wasser  und  gelinder  Erwärmung  das  flüssige  sauerstoff- 
freie  Oel  abscheidet , während  sich  das  nelkensaure  Kali  im  Wasser  löst. 
Durch  Destillation  dieser  alkalischen  Flüssigkeit  läfst  sich  der  letzte  Rest 
des  sauerstofffreien  Oels  entfernen , und  durch  Zusatz  von  einer  Mineral- 
säure zu  dem  Rückstand  und  Destillation  das  Hydrat  der  Nelkensäure  ge- 
winnen. Es  geht  bei  dieser  Destillation  mit  den  Wasserdämpfen  über. 
Man  scheidet  es  von  dem  Wasser  und  reinigt  es  durch  eine  neue  Destil- 
lation ^ wo  das  zuletzt  übergehende  frei  von  Wasser  ist. 

Das  Nelkensäurehydrat  ist  eine  farblose , ölartige  Flüssigkeit  von 
1/179  spec.  Gewicht , von  gewürzhaftem  Nelkengeruch , sie  röthet  Lack- 
mus, schmeckt  scharf  gewürzhaftr^brennend,  und  siedet  bei  243°;  sie  neu- 
tralisirt  die  Alkalien  vollkommen  und  bildet  mit  Baryt  und  Kali  kristalli- 
nische neutrale  Salze , die  sich  iß  Wasser  lösen  und  beim  Abdampfen  eine 
alkalische  Reaction  annehmen.  Das  direct  mit  Barytwasser  und  Säure  dar- 
gestellte Barytsalz  enthält  nahe  an  83  p.  c.  Säure , wird  es  mit  Weingeist 
behandelt  und  die  Flüssigkeit-äbgedampft,  so  scheiden  sich  Kristalle  eines 
Salzes  aus,  welches  68  p.  c.  Säure  enthält.  Mit  Bleioxid  bildet  die  Nel- 
kensäure ein  überbasisches  Salz,  welches  aus  62,61  Bleioxid  und  37,39 
Säure  besteht.  Wenn  man  annimmt,  dafs  das  letztere  Barytsalz  (mit  32 
p.  c.  Baryt) , das  neutrale  und  das  Bleisalz  auf  2 Atome  Säure  5 At.  Blei- 
oxid enthält , so  ist  das  Atomgewicht  der  wasserfreien  Säure  2033.  Durch 
die  Analyse  des  Hydrats  haben  Ettling  und  Boeckmann  erhalten : 

Boeckmann.  Ettling . 

Kohlenstoff  72,696  — 72,633 

Wasserstoff  7.344  — 7,437 

Sauerstoff  19,870  — 19,920 

Nimmt  man  an,  dafs  das  Nelkensäurehydrat  1 At.  Wasser  enthält,  was 
in  dem  Barytsalz  durch  1 At.  Baryt  vertreten  ist,  so  ist  die  Formel  des 
Hydrats  dieser  Säure  und  ihre  theoretische  Zusammensetzung  demgemäfs 
20  At.  Kohlenstoff  1528,7  — 73,55 

24  — Wasserstoff  149,7  — 7,20 

4 — Sauerstoff  400,0  — 19,25 

2078,4  — 1 00,00 

Mit  Ettling’ s und  Boeckmann’ s Analyse  stimmt  genau  die  empirische 
Formel  C24  HJ0  Os. 

Behandelt  man  nach  Dumas  die  Gewürznelken  mit  Alkohol,  um  das 
Caryophillin  daraus  zu  gewinnen,  und  destillirt  sodann  das  ätherische  Oel 
(daraus  ab,  so  erhält  man  eine  Nelkensäure,  welche  kein  sauerstofffreies 
Oel  enthält;  diese  Nelkensäure,  durch  Rectifikation  von  allem  Wasser  be- 
freit, gab  bei  der  Analyse  69,97  — 70  Kohlenstoff,  7,1  — 7,23  Wasser- 
stoff und  22,9  — 22,8  Sauerstoff,  aus  welchen  Verhältnissen  sich  die  For- 
mel C*o  H#6  Os  berechnet.  Diese  Säure  wäre  hiernach  von  der  von  Boeck- 
mann und  Ettling  untersuchten  durch  1 Atom  Wasser  verschieden,  was 
sie  mehr  enthält;  ihr  Siedpunkt  ist  bei  weitem  niedriger,  nemlich  158  — 
155°  ( Dumas ).  Nach  Dumas  verbindet  sich  diese  Säure,  welche,  wie  alle 
übrigen  ähnlichen,  ein  Hydrat  ist,  mit  Kali  zu  einem  aus  Alkohol  kristal- 
lisirbaren  sauren  Salz,  ohne  ein  Aequivalent  Wasser  abzugeben;  seine 
Formel  ist  C40  H48  010  -f-  KO;  es  enthält  12  p.  c.  Kali.  Richtiger  berech- 
net wahrscheinlich  C40  Hi0  09  -J-  KO  = 2Ct0  H24  04  -4-  ^ ^ ; das  spec. 

Gewicht  des  Dampfes  dieser  Säure  wurde  von  Dumas  gefunden  zu  6,4, 
berechnet  6,07. 

Die  von  Dumas  analysirte  Nelkensäure  hinterläfst  bei  der  Destillation 
einen  immer  mehr  sich  färbenden  Rückstand  ; in  einem  Strome  Kohlen- 

Goigcr’s  Pharmacie , I.  (Sie  Au  fl.)  60 


938 


Cocinsäure. 


säur«  rectificirt  wird  sie  vollkommen  farblos , sie  färbt  sich  in  Berührung 
mit  der  Luft. 

Anhang'  zu  Nelkensäure. 

Das  durch  Destillation  aus  Gewürznelken  erhaltene  rohe  ätherische 
Oel  gab  in  der  Analyse  74,628  Kohlenstoff , 8,154  Wasserstoff  und  17,218 
Sauerstoff  ( Ettling ).  Das  flüchtige  sauerstofffreie  Oel  enthielt  auf  88,38 
Kohlenstoff  11,76  Wasserstoff.  Drückt  man  die  Zusammensetzung  des 
letzteren  durch  die  Formel  Cao  aus,  welche  genau  damit  überein- 
stimmt,  so  läfst  sich  die  Entstehung  der  von  Ettling  untersuchten  Säure 
durch  Aufnahme  von  4 At.  Sauerstoff  entwickeln,  durch  welche  in  dem 
sauerstofffreien  Oel  8 At.  Wasserstoff  vertreten  worden  sind. 

Behandelt  man  Gewürznelken  mit  heifsem  Weingeist  und  läfst  die 
Flüssigkeit  erkalten,  so  scheiden  sich  daraus  Kristalle  von  Caryophilliu 
ab.  Mit  Wasser  destillirt  geben  sie,  wie  oben  erwähnt,  ein  Gemenge 
von  zwei  flüchtigen  Oelen,  und  aus  dem  Wasser  setzen  nach  längerer 
Zeit  sich  perlmutterglänzende  Blättchen  von  Eugenin  ab;  die  Zusammen- 
setzung beider  Stoffo  scheint  in  einer  gewissen  Beziehung  zu  stehen  zu 
der  des  flüchtigen  sauerstofffreien  Oels  und  der  Nelkensaurc. 

Caryophillin.  Dieser  Körper  ist  nicht  iu  allen  Gewürznelken  in  glei- 
cher Menge  enthalten  , die  ostindischen  scheinen  daran  am  reichsteu  zu 
seyn  QLodibert ).  Beim  Stehen  mit  kaltem  Alkohol  bedecken  sich  die  Ge- 
würznelken mit  feinen  Kristallen,  die  beim  Sieden  sich  lösen  und  beim 
Erkalten  sich  wieder  ausscheiden.  Vom  Harz  werden  sie  durch  Behand- 
lung mit  Natron  befreit  ( Bonastre').  Das  Caryophillin  kristallisirt  in  zu 
Kugeln  vereinigten  feinen  Nadeln,  welche  farblos,  geruch-  und  geschmack- 
los und  rauh  im  Anfühlen  sind  ; es  schmilzt  schwierig  und  wird  zum  Theil 
hierbei  verändert  ( Dumas ).  Nach  Bonastre  ist  es  zum  Tlieil  in  weifsen 
Kristallen  sublimirbar.  Es  ist  wenig  in  kaltem,  leichter  in  heifsem  Alko- 
hol und  Aether  löslich.  In  Schwefelsäurehydrat  löst  es  sich  in  der  Kälte 
mit  rother  Farbe,  beim  Erhitzen  tritt  Zersetzung  unter  Schwärzung  ein, 
Zusatz  von  Wasser  zu  der  rothen  Lösung  fällt  rothe  Flocken.  Conceu- 
trirte  Salpetersäure  verwandelt  das  Caryophillin  in  eine  harzartige  Sub- 
stanz; es  ist  in  wässerigen  Alkalien  in  der  Wärme  etwas  löslich. 

Nach  der  von  Dumas  angestellten  Analyse,  welche  durch  Ettling  be- 
stätigt ist,  enthält  das  Caryophillin  79,5  — 79,10  Kohlenstoff,  10,5  — 10,46 
Wasserstoff,  10  — 10,44  Sauerstoff,  Verhältnisse,  welche  sehr  nahe  der 
Formel  Cao  H52  02,  welche  identisch  mit  der  des  gewöhnlichen  Camphors 
ist,  entsprechen. 

Eugenin.  Dieser  Körper  wurde  iu  der  Form  von  gelblichen  perlmut- 
terglänzenden Blättchen  aus  destillirtem  Nelkenwasser  von  Bonastre  erhal- 
ten. Dumas  fand  das  Eugenia  zusammengesetzt  aus  72,25  Kohlenstoff, 
7,64  Wasserstoff  und  20,11  Sauerstoff,  genau  entsprechend  der  empiri-  : 
sehen  Formel  der  Nelkensäure,  so  wie  sie  von  Ettling  erhalten  worden 
ist,  Cä4  H30  Oj  ; Diimas  berechnet  diese  Verhältnisse  nach  der  Formel 
C20  H 24  04,  wonach  sie  in  ihrer  Zusammensetzung  identisch  mit  der  ange- 
nommenen theoretischen  Formel  der  Nelkensäure  (nach  Ettling ) ist. 


Cocinsäure. 

Formel  der  wasserfreien  Säure  in  dem  Silbersalz:  C27  HS1  03  CBromeis). 

Formel  des  Cocinsäurehydrats:  C2f  H51  03  -+-  aq. 

Die  Cocinsäure  ist  die  in  der  Butter  der  Cocosnufs  enthaltene  kristal- 
lisirbare  Säure.  Man  erhält  die  Cocosnufsbutter  durch  heifses  Auspressen 
der  getrockneten  Mandeln,  oder  durch  Auskochen  mit  Wasser.  Die  Co- 
cosnufsbutter ist  weifs,  von  Schmalzconsistenz,  schmilzt  hei  20  bis  22° 
und  erstarrt  bei  18°;  sie  besitzt  einen  unangenehmen  Käsgeruch  und  ahn- 


i 

Myriein  säure.  989 

liehen  Geschmack , wird  leicht  ranzig,  und  unterscheidet  sich  von  andern 
Fetten  durch  ihre  leichte  Löslichkeit  in  Alkohol. 

Zur  Darstellung  der  Cocinsäure  wird  die  Cocosbutter  mit  Alkali  wie 
gewöhnlich  verseift,  die  erhaltene  Seife  durch  Mineralsäuren  zersetzt,  die 
abgeschiedenen  fetten  Säuren  nach  dem  Erstarren  zwischen  Fliefspapier 
stark  ausgeprefst,  bis  dieses  keine  flüssige  fette  Säure  mehr  aufnimmt. 
Der  feste  Rückstand  wird  alsdann  zum  zweitenmal  in  Natronseife  ver- 
wandelt, diese  in  Wasser  wiederholt  aufgelöst,  durch  Kochsalz  wieder 
abgeschieden,  zuletzt  durch  Weinsäure  zersetzt,  und  die  abgeschiedene 
fette  Säure  so  lange  in  Alkohol  uinkristallisirt , bis  ihr  Schmelzpunkt  con- 
stant  ist.  {Bromeis.) 

Die  reine  Cocinsäure  ist  vollkommen  geruchlos,  blendend  weifs,  sie 
schmilzt  bei  35°  und  erstarrt  nach  dem  Erkalten  zu  einer  porcellanartigen, 
durchaus  nicht  kristallinischen,  an  den  Rändern  durchscheinenden  Masse; 
sie  läfst  sich  ohne  Veränderung  destilliren.  Durch  ScSimelzen  mit  Bleioxid 
verliert  das  Hydrat  4 p.  c.  Wasser. 

Die  Cocinsäure  verbindet  sich  mit  den  Alkalien  zu  Salzen,  welche  den 
Seifen  der  fetten  Säuren  ähnlich  sind.  Das  cocinsäure  Silber oxid  ist  ein 
weifser,  in  Wasser  unlöslicher  Niederschlag. 

Cocinsaures  Aethyloxid . Beim  Sättigen  einer  Auflösung  von  Cocin- 
säurehydrat  in  Alkohol  mit  Chlorwasserstolfgas  scheidet  sich  cocinsaures 
Aethyloxid  aus.  Durch  Schütteln  mit  einer  Auflösung  von  kohlensaurcm 
Natron,  Waschen  mit  Wasser,  Destilliren  oder  längeres  Stehen  über 
Chlorcalcium  wird  dieser  Aether  rein  erhalten.  Das  cocinsäure  Aethyloxid 
ist  farblos,  dünnflüssig  und  besitzt  einen  angenehmen  Geruch  nach  Aepfeln. 
Durch  seine  Analyse  wurde  in  100  Th.  gefunden  74,88  Kohlenstoff  , 18,84 
Wasserstoff  und  13,28  Sauerstoff.  {Bromeis.') 


Myr  ist  insäur  e. 

Formel  der  Säure  in  dem  getrockneten  Baryt-  und  Kalisalz : Cag  Hs*  05 . 
Sy  mb.  My. 

Formel  der  kristallisirten  Säure:  C28  H54  O,  aq  {Play fair). 

Diese  Säure  findet  sich  in  Verbindung  mit  Glyceryloxid  in  dem  festen 
Theil  der  Muskatbutter.  Die  Muskatbutter,  welche  man  durch  heifses 
Auspressen  und  Auskochen  des  Kerns  der  Myristica  moschata  erhält,  ent- 
hält ein  röthliches,  weifses,  schmieriges  und  ein  festes,  weifses,  kristallini- 
sches Fett.  Von  ähnlichen  ausgeprefsten  starren  Fetten  unterscheidet  sich 
die  Muskatbutter  leicht  durch  ihre  vollkommene  Löslichkeit  in  4 Th.  kochen- 
dem Alkohol,  aus  welcher  Lösung  sich  beim  Erkalten  seidenglänzende  feine 
Nadeln  von  myricinsaurem  Glyceryloxid  abscheiden  (Myristin).  Durch  Be- 
handlung mit  Kalihydrat  wird  aus  dem  gereiuigten  Atyristin  aiyricinsaures 
Kali  und  aus  diesem  durch  Zersetzung  mit  Mineralsäuren  Myn^tiusäiirehy- 
drat  gewonnen.  Man  reinigt  sie  durch  häufige  Kristallisationen  aus  Alko- 
hol oder  Aether. 

Das  aus  Alkohol  kristallisirte  Myristinsäurehydrat  stellt  glänzendweifse 
Blättchen  von  Seidenglanz  dar,  es  schmilzt  bei  48  — 49°  und  erstarrt  zu 
einer  «ehr  deutlich  kristallinischen  Masse.  Es  ist  in  Alkohol  leicht  löslich, 
eben  so  in  Aether,  aus  dessen  gesättigter  warmer  Lösung  der  gröfste 
Theil  des  gelösten  beim  Erkalten  kristallisirt.  Die  Myricinsäiire  wird  von 
Salpetersäure  heftig  angegriffen,  die  hierbei  ungelöste  fette  Säure  besitzt 
alle  Eigenschaften  und  die  Zusammensetzung  der  nicht  mit  Salpetersäure 
behandelten.  Durch  Destillation  wird  sie  zersetzt,  {Playfair.) 

Die  Verbindungen  der  Myricinsäure  mit  Alkalien  zeichnen  sich  von 
andern  Seifen  durch  ihre  Löslichkeit  in  Alkohol  aus,  ihre  concentrirteu 
Auflösungen  in  Wasser  bilden  keinen  Seifenleim,  auch  worden  sie  durch 
Zusatz  von  vielem  Wasser  nicht  getrübt.  (Playfair.) 


940 


Myricinsäure. 


Myricinsaures  Aethyloxid  stellt  eine  durchsichtige,  farblose,  ölartige 
Flüssigkeit  dar  von  0,864  spec.  Gewicht,  mischbar  mit  Alkohol  und  Ae- 
ther,  unlöslich  in  Wasser.  Durch  die  Analyse  desselben  wurde  erhalten 
74,30  — 74,34  Kohlenstoff,  12,48  — 12,34  Wasserstoff,  13,22  — 13,32 

Sauerstoff,  entsprechend  am  nächsten  der  Formel  2My 

aq.  > 

Myricinsaures  Glyceryloxid.  Myricin.  Zur  Darstellung  dieses  Kör- 
pers wird  Muskatbutter  mit  kaltem  Alkohol  behandelt,  der  unreine  unlös- 
liche Rückstand  zwischen  Papier  geprefst,  sodann  in  warmem  Aether 
mehrmals  gelöst,  filtrirt  und  erkalten  lassen;  die  ätherische  Auflösung  er- 
starrt meistens  zu  einem  Brei  von  feinen  Kristallen,  die  mau  sammelt, 
zwischen  Papier  prefst,  so  lauge  dieses  noch  flüssiges  Fett  annimmt,  und 
umkristallisirt. 

Das  reine  Myricin  stellt  feine  seidenglänzende  Nadeln  dar,  welche 
bei  31°  zu  einem  durchsichtigen  Oele  schmelzen;  es  ist  in  allen  Verhält- 
nissen in  heifsem  Aether  löslich  und  kristallisirt  daraus  beim  Erkalten.  In 
absolutem  Alkohol  löst  es  sich  minder  leicht.  Das  Myricin  unterscheidet 
sich  von  ähnlichen  Verbindungen  des  Glyceryloxids  durch  die  Schwierig- 
keit, mit  der  es  von  wässerigeu  kaustischen  Alkalien  verseift  wird.  Nur 
durch  Schmelzen  mit  Kalihydrat  läfst  es  sich  vollkommen  zersetzen;  dies 
geschieht  ebenfalls  durch  eine  anhaltende  Digestion  desselben  mit  basisch 
©ssigsaurem  Bleioxid,  wodurch  basisches  myricinsaures  Bleioxid  gebildet 
wird;  in  der  von  dem  überschüssigen  Bleioxid  durch  Schwefelwasserstoff 
befreiten  Flüssigkeit  läfst  sich  Glyceryloxidhydrat  nachweisen.  Durch 
trockne  Destillation  liefert  das  Myricin  Acrolein,  keine  Fettsäure.  Play- 
fair erhielt  in  der  Analyse  dieses  Körpers  75,55  Kohlenstoff,  12,18  — 
12,22  Wasserstoff  und  12,27  — 12,23  Sauerstoff.  Diese  Zusammensetzung 
läfst  sich  mit  der  angenommenen  Formel  des  Glyceryloxids  in  keine  Ueber- 
einstimmung  bringen,  und  es  zeigt  sich  hier,  wie  bei  allen  in  der  Natur 
vorkommenden  Glyceryloxidverbiudungen  (fetten  Oelen  und  Fetten),  dals 
nemlich  ihr  KohlenstofFgehalt  höher  ist  als  der  Kohlenstoffgehalt  der  Hy- 
drate der  Säuren,  was  nicht  der  Fall  seyn  könnte,  wenn  sie  mit  einem 
Oxide  verbunden  wären , was  5 At.  Sauerstoff  enthält.  Nimmt  man  als 
die  wahrscheinlichste  Zusammensetzung  für  das  Glyceryloxid  die  Formel 
Cs  H4  0 = Gly  an  , so  stimmt  My  -f-  GJy  am  nächsten  mit  dem  erhaltenen 
Kohlenstoff;  2My -f- GJy  stimmt  mit  dem  Kohlenstoff  und  Wasserstoff 
eben  so  wie  2(My,  aq)  -+-  2(My,  Gly);  (Playfair). 

Das  Kalisalz  enthält  17,39  Kali  Das  Barytsalz  My,  BaO  ( Playfair ) 
ist  weifs  und  unlöslich,  es  enthält  28,97  p.  c.  Baryt.  Das  Silbersalz  ent- 
hält 34,67  Silberoxid  (berechnet  84,32  p.  c.)  (Playfair) , es  löst  sich  in 
Ammoniak  und  kristallisirt  daraus  in  feinen  glänzenden  Tafeln. 

Nimmt  man  die  Zusammensetzung  der  Oenanthsäure  doppelt  und  ver- 
gleicht sie  mit  der  der  Myricinsäure , so  bemerkt  man,  dafs  die  letztere 
2 At.  Wasserstoff  mehr  und  1 At.  Sauerstoff  weniger  enthält,  als  die 
Oenanthsäure.  (Play  fair.) 

Anhang“  zu  Myristinsäure. 

Der  Alkohol,  womit  man  die  Muskatbutter  behandelt  bat,  enthält  ein 
festes  und  ein  flüssiges  Fett,  beim  Abdampfen  desselben  erhält  mau  eine 
butterartige  Masse,  welche,  mit  Wasser  der  Destillation  unterworfen,  ein 
flüchtiges  aromatisch  riechendes  Oel  liefert.  Wird  der  Rückstand  für  sich 
destillirt,  so  geht  noch  etwas  flüchtiges  Oel  über,  sodann  ein  weifser  kri- 
stallinischer, dem  Paraffin  ähnlicher  Körper,  und  es  bleibt  in  der  Retorte 
eine  kohlschwarze  Substanz,  die  sich  mit  Alkali  verseift,  in  Alkohol  und 
Wasser  mit  gleicher  Leichtigkeit  löst.  Löst  man  den  Rückstand  in  schwa- 
chem Weingeist  und  läfst  an  der  Luft  verdampfen,  so  scheidet  sich  zuerst 
ein  schwarzer  ölartiger  Körper  ab,  später  bilden  sich  weifse  Kristalle 
eines  andern  von  sauren  Eigenschaften.  (Play fair.) 


Palmitinsäure. 


941 


Palmitin  säur  e. 


Formel  der  wasserfreien  Säure:  C32  H6a  05 
Formel  des  Hydrats  der  Palmitinsäure : C32  H6J 
Entdeckt  von  Fremy  in  der  Palmbutter. 


05  + aq  \ c Frei7ly>  Stenkouse ) . 


Zur  Darstellung  der  Palmitinsäure  wird  die  im  Handel  vorkommende 
Palmbutter  durch  ätzende  Alkalien  verseift  und  die  gebildete  Seife  mit 
Weinsäure  oder  Salzsäure  zersetzt.  Das  abgeschiedene  Gemenge  von 
Palmitin-  mit  Oelsäure  wird  in  heifsem  Alkohol  gelöst,  aus  dem  sich  beim 
Erkalten  Palmitinsäurehydrat  abscheidet.  Die  gebildeten  Kristalle  werden 
zwischen  Fliefspapier  geprefst  und  Wiederholt  aus  Alkohol  kristallisirt,  bis 
sich  ihr  Schmelzpunkt  nicht  mehr  ändert.  Sie  kann  auch  durch  Behand- 
lung des  Palmöls  vermittelst  Schwefelsäurehydrat  erhalten  werden.  (.Fremy. ) 

Das  Palmitinsäurehydrat  kristallisirt  aus  Alkohol  in  glänzenden  Blät- 
tern und  ist  der  äul'seren  Beschaffenheit  nach  von  dem  Hydrate  der  Mar- 
garinsäure  nicht  zu  unterscheiden,  auch  besitzt  es  genau  den  nemlichen 
Schmelzpunkt  wie  dieses  (60°). 

in  den  Lösungen  der  kohlensauren  Alkalien  löst  sich  das  Palmitin- 
säurehydrat zu  durchsichtigen  Seifenleimen  auf,  aus  deuen  mau  nach  dem 
Abdampfen  zur  Trockne  und  Behandlung  des  Rückstandes  mit  kochendem 
Alkohol  neutrale  palmitinsaure  Alkalien  erhält.  Die  Lösungen  der  letzte- 
ren mit  salpetersaurem  Silberoxid  vermischt,  geben  dicke  weifse  Nieder- 
schläge vou  palmitinsaurem  Silberoxid,  welches  trocken  vom  Lichte  nicht 
geschwärzt  wird  und  im  Mittel  31,3  ( Fremy ),  31,45  ( Stenkouse ) Silber- 
oxid enthält.  Hieraus  berechnet  sich  das  Atomgewicht  der  Säure  zu  3165. 
Das  H3rdrat  gab  bei  der  Analyse  ( Stenkouse ) 75,46  — 75,69  Kohlenstoff 
und  13,41 — 13,51  Wasserstoff.  Fremy  erhielt  75,1  Kohlenstoff  und  13,4 
— 13,5  Wasserstoff.  Die  wasserfreie  Säure  im  Silbersalz  gab  78,08  — ■ 
78,19  Kohlenstoff,  12,4  — 12,5  Wasserstoff,  was  mit  oben  angegebener 
Formel  sehr  nahe  übereinstimmt. 


Wasserhaltige  Säure. 

32  At.  Kohlenstoff  3446  — 75,37; 
64  «—  Wasserstoff  399  — 12,40; 

4 — Sauerstoff  400  — 13,23; 

Palmitinsäureliydrat  3345  100,00; 


Wasserfreie  Säure. 

32  At.  Kohlenstoff  2446  — 78,08 

63  — Wasserstoff  387  — 12,35 

3 — Sauerstoff  300  — 9,57 

Palmitinsäure  3133  100,00 


Fremy  beobachtete,  dafs  wenu  das  Palmitinsäureliydrat  auf  300°  er- 
hitzt wird,  dals  es  aus  Alkohol  nicht  mehr  in  Blättern,  sondern  warzen- 
förmig ohne  Aenderung  der  Zusammensetzung  kristallisirt.  Das  Palmitin- 
säurehydrat ist  destillirbar,  nach  Fremy  ohne  Zersetzung  (?);  die  destil- 
lirte  Säure  ist  durch  ein  Oel  verunreinigt,  von  dem  sie  durch  Behandlung 
mit  Alkohol  getrennt  werden  kann;  Fremy  erhielt  bei  ihrer  Analyse  75,38 
Kohlenstoff  und  12,90  Wasserstoff  (demnach  1 Aeq.  Wasserstoff  mehr 
als  in  der  nicht  destillirten  Säure). 


Durch  Chlor  wird  die  Palmitinsäure  in  der  Wärme  zersetzt  und,  je 
nach  der  Dauer  der  Behandlung,  ein  oder  mehrere  Aequivalente  Wasser- 
stoff durch  Chlor  ersetzt.  Die  erhaltenen  Produkte  sind  mehr  oder  weni- 
ger flüssig,  sie  besitzen  die  Eigenschaften  einer  Säure,  verbinden  sich 
mit  Alkalien  zu  neutralen  Gemischen,  in  denen  das  Chlor  der  Säure  durch 
das  Alkali  nicht  eliminirt  ist. 


Palmitin.  Palmitinsaures  Glyceryluxid.  Mar  gar  in  von  Pelouze  und 
Boudet.  Wird  die  Palmbutter  zur  Abscheidung  der  flüssigeren  Gemeng- 
tbeile zwischen  Leinwand  geprefst,  der  Rückstand  sechs-  bis  siebenmal 
mit  siedendem  Alkohol  behandelt,  so  bleibt  Palmitin  ungelöst  zurück;  be- 
handelt inan  das  Ungelöste  mit  warmem  Aether  und  filtrirt,  so  bleiben  die 
Unreinigkeiten  zurück,  und  es  setzen  sich  beim  Erkalten  des  Aethers 
Kristalle  von  Palmitin  ab,  die  man  zwischen  Fliefspapier  prefst  und  durch 
Wiederholung  dieses  Verfahrens  reinigt.  Das  reine  Palmitin  ist  glänzend 
weifs,  kristallinisch,  es  ist  sehr  wenig  löslich  in  kochendem  Alkohol,  in 


943 


C e t y 1 - , Margarin-Säure. 


jedem  Verhältnifs  io  heifsem  Aether  und  kristallisirt  daraus  in  sehr  feinen 
microscopischen  Kristallen.  Es  schmilzt  bei  48°  und  gesteht  beim  Erkalten 
zu  einer  wachsähnlichen  Masse,  welche  keine  Spur  von  Kristallisation 
zeigt 5 das  erstarrte  Palmitin  ist  hart,  zu  Pulver  zerrelblich,  es  liefert  beim 
Verseifen  Palmitinsäure  , welche  bei  60°  schmilzt.  Die  Analyse  dieses 
Körpers  lieferte  Stenhouse  7ö, 58  — 76,78  Kohlenstoff,  11,99  — 12,29  Was- 
serstoff, welche  Verhältnisse  mit  der  Formel  C35  H66  04  übereinstimmen. 
Diese  Formel  giebt  76,73  Kohlenstoff  und  11,80  Wasserstoff.  Das  Pal- 
mitin besteht  hiernach  aus  1 At.  wasserfreier  Palmitinsäure  C32  H62  03  , ver- 
bunden mit  03  H4  0.  Die  letztere  Formel  drückt  aus  ein  halbes  Atom 

q U q u 0 

wasserfreies  Glyceryloxid  , minus  3 Atomen  Wasser  — — — — s- 6 — — 

« 

Bei  der  Destillation  liefert  das  Palmitin  Akrolein,  aber  keine  Fett- 
säure. Das  rohe  Palmöl  giebt  letztere  in  reichlicher  Menge , was  beweist, 
dafs  es  Oelsäure  enthält. 

Cetylsäure. 

Syn.:  Aethalsäitre.  Symb. : Cet. 

Formel  und  Zusammensetzung  identisch  mit  Palmitinsäure. 

Bildung.  Die  empirische  Formel  des  Cetyioxidhydrats  ist  C32  U68  02, 
die  des  Hydrats  der  Cetylsäure  C32  H64  04.  Bei  der  Bildung  der  letzteren 
sind  demnach  2 Aeq.  Wasserstoff  des  Cetyioxidhydrats  ausgetreten  und 
ersetzt  in  der  Cetylsäure  durch  2 Aeq.  Sauerstoff;  der  letztere  stammt 
von  dem  Wasser  des  Kalihydrats  und  es  müssen  demnach  4 Aeq.  Wasser- 
stoff (zwei  aus  dem  Cetyloxidhydrat  und  2 von  dem  zersetzten  Wasser) 
frei  werden.  ( Dumas  $r  StassJ 

Entdeckt  von  Dumas  und  Stuss.  (Siehe  Cetyloxidhydrat.) 

Wenn  mau  einen  Theil  Cetyloxidhydrat  (Aethal)  mit  sechs  Theilen 
eines  der  Glühhitze  ausgesetzten  Gemenges  von  gleichen  Theilen  Kali- 
hydrat und  gepulvertem  Kalk  bei  einer  Temperatur  von  210  bis  220°  er- 
hitzt, so  entwichelt  sich  reines  Wasserstoffgas  und  es  entsteht  Cetyl- 
säure, die  sich  mit  dem  Alkali  verbindet.  Bei  Zusatz  von  Wasser  löst 
sich  cetylsaures  Kali,  nebst  etwas  Cetyloxidhydrat  auf.  Die  Auflösung 
versetzt  man  im  concentrirten  Zustande  mit  Kochsalz,  wo  sich  cetylsaures 
Alkali  in  Gestalt  einer  festwerdenden  Seife  abscheidet;  sie  wird  wieder- 
holt in  Wasser  gelöst  und  ausgesalzen,  bis  die  wässerige  Flüssigkeit  nicht 
mehr  gefärbt  ist.  Die  erhaltene  Seife  wird  zuletzt  in  reinem  Wasser  ge- 
löst, die  Auflösung  mit  einem  Barytsalz  gefällt,  der  erhaltene  Niederschlag 
getrocknet  und  mit  kochendem  Alkohol  ausgezogen,  wo  sich  das  beige- 
mischte Aethal  löst.  Aus  der  rückständigen  Barytverbindung  scheidet  man 
die  Säure  durch  Behandlung  in  der  Wärme  mit  verdünnter  Salzsäure. 
Durch  Auflösung  in  Aether  wird  sie  rein  erhalten.  Die  Cetylsäure  ist 
fest,  färb-  und  geruchlos,  leichter  als  Wasser,  sie  gesteht  im  geschmol- 
zenen Zustande  bei  55°  in  glänzendeu,  strahlig  vereinigten  Nadeln.  Sie 
ist  unlöslich  in  Wasser,  leicht  in  heifsem  Alkohol  und  Aether.  Sie  de- 
stillirt  ohne  Rückstand. 

Cetylsaures  Kali.  Cet,  KO  ( Dumas  Sr  Stass).  Dieses  Salz  ist  weifs, 
perlmutterglänzend,  seine  concentrirte  Auflösung  in  Wasser  wird  durch 
Zusatz  von  viel  Wasser  zersetzt,  es  löst  sich  nicht  in  Aether. 

Cetylsaures  Natron  kristallisirt  fn  grofsen  perlmutterglänzenden 
Blättern. 

Margarinsäure. 

Symbol  der  wasserfreien  Säure:  Mr. 

Symbol  des  Hydrats:  Mr,  2aq.  üeber  die  Zusammensetzung  s.  S.  950. 
Entdeckt  von  Chevreul.  Entsteht  durch  trockne  Destillation  des  Talgs 
and  der  Talgsäure. 


Margarinsäure, 


943 


§.  176.  Man  erhält  Talgsäurehydrat  mit  seinem  gleichen 
Gewichte  Salpetersäure  von  33°  B.  einige  Minuten  im  Sieden, 
läfst  die  Flüssigkeit  nach  erfolgter  Einwirkung  erkalten, 
prefst  die  auf  der  Oberfläche  schwimmende  feste  fette  Säure 
zwischen  trocknem  Papier  und  reinigt  sie  durch  wiederholte 
Kristallisationen  aus  Alkohol , bis  ihr  Schmelzpunkt  sich  nicht 
mehr  ändert.  Der  Niederschlag,  den  man  durch  Fällung  von 
Olivenöl-  oder  Menschenfettseife  durch  essigsaures  Bleioxid 
erhält,  hinterläfst  nach  seiner  Behandlung  mit  kaltem  oder 
kochendem  Aether  reines  margarinsaures  Bleioxid,  aus  dem 
man  die  Margarinsäure  leicht  durch  Erhitzen  mit  einer  ver- 
dünnten Mineralsäure  abscheiden  kann.  Ebenso  aus  reinem 
margarinsaurem  Kalk.  (Siehe  dieses  Salz.) 

§.  177.  Die  Margarinsäure  besitzt  in  ihrem  Ansehen  und 
ihren  Eigenschaften  im  Allgemeinen  eine  grofse  Aehnlichkeit 
mit  Talgsäure.  Die  Mauptverschiedenheit  in  beiden  liegt  in 
ihrem  Schmelzpunkt  und  ihrer  Zusammensetzung.  Sie  schmilzt 
bei  60°.  Eine  eben  so  grofse  Aelmlichkeifc  besitzen  die  margarinsauren 
Salze  mit  den  talgsauren. 

Das  margarinsaure  Aethyloxid,  Mr,2AeO  {V arrentrapp') , erhält  man 
durch  Sättigung  einer  Auflösung  von  Margarinsäurehydrat  in  Alkohol  und 
Entfernung  der  Salzsäure  durch  Waschen  mit  siedendem  Wasser;  es  wird 
durch  kohlensaure  und  reine  Alkalien,  so  wie  durch  Destillation  zersetzt 
und  schmilzt  bei  22°.  ( Varrentrapp .) 

Zur  Darstellung  des  margarinsauren  Kali’s  und  Natron’s  werden  die 
durch  Behandlung  mit  Kali-  oder  Natronhydrat  zur  völligen  Auflösung  ge- 
brachten Fette  des  Menschen,  der  Gans  oder  von  Olivenöl  durch  Säuren 
zersetzt,  wo  sich  Gemenge  von  Margarin-  und  Oelsäure  ausscheiden. 
Nach  dem  Gestehen  und  Auswaschen  erhitzt  man  sie  mit  dem  achtfachen 
Gewichte  Wasser  und  setzt  so  lange  reine  Kali-  oder  Natronlösung  zu* 
bis  völlige  Auflösung  erfolgt  ist,  sie  wird  alsdann  mit  ihrem  50fachen  Vo- 
lum Wasser  gemischt,  wodurch  saures  margarinsaures  Kali  oder  Natron 
gefällt  werden.  Werden  diese  beiden  Salze  mehrmals  auf  die  nemliche 
Weise  wie  die  unreine  Söure  in  Auflösung  gebracht  und  durch  Wasser 
gefällt,  so  erhält  mau  sie  frei  von  Oelsäure. 

Unterwirft  man  Talgsäurehydrat,  Hammel-  oder  Ochsentalg  der  trock- 
nen Destillation,  so  verwandelt  sich  die  Talgsäure  in  ein  Gemenge  von 
Margarinsäure  mit  mehreren  andern  nicht  sauren,  fetten  Körpern.  Löst 
man  die  erste  Hälfte  des  übergehenden  Destillats  in  schwacher  Kalilauge 
auf,  fällt  diese  Auflösung  mit  Chlorcalci.um  und  behandelt  den  wohlgewa- 
schenen  und  getrockneten  Niederschlag  wiederholt  mit  frischem  Aether, 
bis  ein  Tropfen  davon  verdampft  keinen  Rückstand  mehr  hinterläfst,  so 
bleibt  reiner  mar  gar  insaurer  Kalk  zurück. 

Margarinsaures  Glyceryloxid  ist  in  reinem  Zustande  unbekannt,  es 
findet  sich  in  dem  Menschenfett  und  dem  Olivenöl  in  Verbindung  oder  ge- 
mengt mit  ölsaurem  Glyceryloxid.  Bei  der  Auflösuug  von  Menschenfett  in 
kochendem  Alkohol  erhielt  Chevreul  nach  dem  Erkalten  weifse  Gruppen 
von  geringem  Glanze,  welche,  durch  neue  Kristallisationen  aus  Alkohol 
gereinigt,  leicht  schmelzbar  sind  und  bei  41°  erstarrten,  wobei  die  Tem- 
peratur des  flüssigen  Theils  auf  49°  stieg.  Dieses  Margarin  kristallisirt  in 
feinen  Nadeln,  in  Masse  erstarrt  von  glatter  Oberfläche.  Zerlegt  sich  bei 
der  trocknen  Destillation.  100  Theile  Alkohol  losen  21,5  Margarin , in 
der  Kälte  Kristalle  absetzend.  Leicht  in  Aether  löslich.  Beim  Verseifen 
desselben  erhielt  Chevreul  ein  Gemenge  von  Oelsäure  mit  Margarinsäure, 


944 


Talgsäure. 


welches  bei  51°  schmolz.  Der  bei  niederer  Temperatur  kristallisireude 
Bestandteil  des  Olivenöls  ist  nach  Velouze  und  ßoudet  eine  chemische 
Verbindung  von  margarinsaurem  und  ölsaurein  Glyceryloxid.  Wenia  die 
bei  3 — 4°  gestandene  feste  Masse  durch  Pressen  zwischen  Papier  von  allem 
Flüssigen  befreit  ist,  kann  man  sic  durch  Auflösung  und  Kristallisation  aus 
Alkohol  rein  erhalten;  sie  schmilzt  bei  20°  ( Velouze  und  Boudet) , bei  22° 
(.Saussure);  von  0,968  spec.  Gewicht.  Nach  Saussure  enthält  es  in  100 
Theilen:  Kohlenstoff  82,170,  Wasserstoff  11,232,  Sauerstoff  6,302. 

Mar  gar  insaures  Kali. 

Saures  mar  gar  insaures  Kali.  Mr,  KO,  H20  ( Chevreul).  Kleine 
Blättchen , von  geringerem  Glanz  wie  beim  entsprechenden  talgsauren 
Salze;  kaltes  und  siedendes  Wasser  entziehen  ihm  eine  Spur  Kali;  fällt 
inan  seine  weingeistige  Lösung  mit  Wasser,  so  erhält  man  einen  Nieder- 
schlag, der  nur  7,8  p.  c.  Kali  enthält. 

Neutrales  mar  gar  insaures  Kali.  Mr,  2KO  ( Chevreul ).  Scheidet  sich 
aus  der  weingeistigen  Lösung  in  Schuppen  ab,  von  geringerem  Glanz  als 
das  talgsaure  Kali.  Aus  einer  heifsen  Auflösung  von  gleichen  Theilen 
Margarinsäurehydrat  und  Kali  in  5 Th.  heifsem  Wasser  setzt  sich  das  Salz  in 
Krümchen  ab.  100  Th  eile  des  trocknen  Salzes  nehmen  aus  feuchter  Luft 
55  Th.  Wasser  auf,  1 Th.  bildet  mit  10  Wasser  einen  durchscheinenden 
zähen  Schleim,  bei  70°  durchsichtig  werdend,  diese  Auflösung  zerlegt  sich 
theilweise  beim  Erkalten  , indem  sich  saures  Salz  abscheidet.  Zusatz  von 
viel  Wasser  zerlegt  das  Salz  ähnlich  wie  das  neutrale  talgsaure  Kali. 
Beide  sind  leicht  in  Weingeist  löslich. 

Die  Eigenschaften  des  sauren  und  neutralen  margarinsauren  Natrons , 
des  margarinsauren  Baryts , Strontians  und  Kalks  sind  denen  der  corre- 
spondirenden  talgsauren  Salze  sehr  ähnlich. 

Die  Margarinsäure  bildet  mit  Bleioxid  ein  saures,  neutrales  und  basi- 
sches Salz;  das  saure  Salz  schmilzt  bei  75°,  das  neutrale  bei  106  — 112°, 
das  basische  bei  120°;  die  drei  Bleisalze  losen  sich  in  Terpentin-  und 
Steinöl,  das  saure  und  neutrale  Salz  löst  sich  in  30  — 40  Th.  Alkohol. 


Talgsäure. 

Zweibasische  Säure.  Ueber  die  Zusammensetzung  der  Talgsäure  siehe 
S.  950.  Symb. : St  -f-  2aq. 

Von  Chevreul  1811  entdeckt. 

Vorkommen : Vorzugsweise  in  den  festen  und  weichen  thierischen  und 
vegetabilischen  Talgartcn,  iu  der  Galle  vieler  Thiere,  meistens  in  Verbin- 
dung mit  Glyceryloxid  (Glycerin). 

§.  178.  Darstellung : Die  im  Handel  vorkommende  Tal^- 
säure  wird  durch  häufige  Kristallisationen  aus  Alkohol  von  bei- 
gemengter Oel-  und  Margarinsäure  befreit,  der  Schmelzpunkt 
der  reinen  Talgsäure  (70—75°)  zeigt,  ob  diese  Reinigung 
weit  genug  getrieben  wurde.  Man  kann  sie  ferner  erhalten 
durch  Zersetzung  des  sauren  talgsauren  Kalis  oder  der  ge- 
wöhnlichen Talgseife  durch  Erhitzen  mit  Salzsäure,  indem 
man  wie  vorher  die  abgeschiedene  unreine  Talgsäure  durch 
Auflösung  in  siedendem  Alkohol  und  häufige  Kristallisationen 
von  den  sie  begleitenden  löslicheren  Säuren  trennt. 

Die  im  Handel  vorkommende  zur  Fabrikation  der  Stearin- 
kerzen dienende  Talgsäure  wird  aus  dem  talgsauren  Kalk 


Talgsaure  Salze. 


945 


durch  Zersetzung  mit  verdünnter  heifser  Schwefelsäure  abge- 
schieden und  durch  vorsichtiges  Fressen  zwischen  erwärmten 
Platten  von  der  Oelsäure  getrennt.  Oie  erhaltenen  festen 
weifsen  Kuchen  von  Talgsäure  enthalten  nur  geringe  Mengen 
von  Oelsäure  und  Margarinsäure. 

Man  kann  auch  Talg  mit  der  Hälfte  seines  Gewichts  concentrirter 
Schwefelsäure  sorgfältig  mischen  und  durch  Schmelzen  der  erhaltenen 
Masse  in  heifsom  Wasser,  welches  schwefelsaures  Glyceryloxid  aufnimmt, 
unreine  Talgsäure  erhalten.  In  Verbindung  mit  Oelsäure  scheidet  sie  sich 
nach  dem  Erkalten  der  Flüssigkeit  auf  der  Oberfläche  ab  und  wird  durch 
vorläufiges  Pressen  im  erwärmten  Zustande  von  dem  gröSsten  Theil  der 
Oelsäure  und  sodann  durch  Kristallisation  aus  Alkohol  vollkommen  gereinigt. 

§.  179.  Eigenschaften:  Gesteht  nach  dem  Schmelzen 
zu  einer  aus  glänzenden  weifsen  Nadeln  bestehenden  Masse, 
welche  fettig  anzufühlen,  pulverisirbau  und  unlöslich  in  Was- 
ser ist.  Aus  Alkohol  kristalläsirt,  in  welchem  sie  in  allen  Ver- 
hältnissen in  der  Wärme  löslich  ist,  stellt  sie  perlmutterglän- 
zende Blätter  und  Nadeln  dar;  geschmolzen  ist  ihr  spec.  Ge- 
wicht 0,854,  im  festen  Zustande  1,01  (föaussure).  »Schmilzt 
bei  75°  und  gesteht  bei  70°  (ChevreuQ.  Löslich  in  ihrem 
gleichen  Gewicht  Aether  und  in  ihrem  gleichen  Gewicht  Wein- 
geist von  0,727  spec.  Gewicht.  Sie  ist  geschmack-  und  ge- 
ruchlos, röthet  im  geschmolzenen  Zustande  und  in  der  wein- 
geistigen Auflösung  das  Lackmuspapier.  An  der  Luft  erhitzt 
verbrennt  sie  wie  Wachs. 

Durch  trockne  Destillation  zerlegt  sie  sich  in  Margarylsäure  und  Mar- 
garyloxid.  Durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  in  der  Wärme  wird  sie 
zersetzt,  bei  der  ersten  Einwirkung  in  Margarylsäure,  bei  fortgesetztem 
Kochen  bis  zur  völligen  Auflösung  in  Korksäure  und  Bernsteinsäure. 

Mit  ©oucentrirter  Schwefelsäure  in  Berührung  löst  sich  die  Talgsäure 
bei  sehr  gelinder  Erwärmung  ohne  Färbung  auf;  Zusatz  von  Wasser  fällt 
hieraus  die  Talgsäure  in  weifsen  Flocken.  Beim  Erwärmen  der  schwefel- 
sauren Auflösung  scheidet  sich  auf  der  Oberfläche  eine  Verbindung  ab , 
welche  bei  44°  gesteht,  die  untere  Schicht  setzt  hei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur Talgsäure  in  concentrisch  gruppirten  Nadeln  ab. 

Talgsaure  Salze. 

§.  180.  Die  Talgsäure  als  zweibasische  Säure  bildet  zwei 
Reihen  von  Salzen;  in  der  einen  Reihe  sind  die  beiden  als 
Hydratwasser  aufgeführten  Atome  Wasser  vertreten  durch  2 
Aequivalente  Metalloxid , 

St  -j-  2MO.  Allgemeine  Formel  der  neutralen  talgsauren 
Salze. 

In  der  andern  Reihe  ist  nur  1 At.  Wasser  ersetzt  durch  1 Aeq. 
Metalloxid 

St  -f-  ||^  ^ Formel  der  sauren  talgsauren  Salze. 

Die  Talgsäure  zerlegt  in  der  Kälte  die  kohlensauren  Alkalien 
zur  Hälfte,  es  entsteht  doppelt  kohlensaures  und  doppelt  talg- 
saures  Alkali;  in  der  Wärme  wird  die  Kohlensäure  vollständig 
ausgetrieben. 


946 


Talgsäure. 


Die  neutralen  talgsauren  Alkalien  sind  in  10—20  Theileu 
heifsem  Wasser  ohne  Veränderung  löslich,  durch  Zusatz  von 
vielem  Wasser  zu  einem  aufgelösten  neutralen  talgsauren  Al- 
kali wird  hingegen  Zersetzung  bewirkt,  es  scheidet  sich  sau- 
res Salz  ab  und  die  Flüssigkeit  wird  stark  alkalisch,  diese 
Zersetzung  tritt  theilweise  beim  Erkalten  einer  heifsen  Auf- 
lösung in  wenig  Wasser  ein  und  sie  nehmen  in  diesem  Falle 
eine  dicke  brei-  oder  gallertartige  Beschaffenheit  an. 

Die  weingeistige  Auflösung  der  sauren  talgsauren  Salze 
röthet  die  Lackmustinktur;  setzt  man  dieser  Flüssigkeit  Was- 
ser zu,  so  verschwindet  die  liöthung  und  sie  nimmt  wieder 
eine  blaue  Farbe  an  ( [ChevreulJ . 

Alle  löslichen  talgsauren  Alkalien  zerlegen  sich  mit  den 
Salzen  der  andern  Metalloxide,  indem  theils  saure,  theils  neu- 
trale unlösliche  talgsaure  Verbindungen  der  letzteren  gebildet 
werden. 

Die  verdünnten  Mineralsäuren  zerlegen  die  talgsauren 
Salze  mit  alkalischen  Basen  in  der  Wärme  vollkommen  unter 
Abscheidung  reiner  Talgsäure. 

Talg saures  Ammoniumoxid. 

Formel:  St,  2AdH40  ( Chevreul).  Das  Talgsäurehydrat  absorbirt  ohue 
Abscheidung  von  Wasser  2 Aeq.  Ammoniak  im  Gaszustande,  es  entsteht 
eine  weifse  feste  geruchlose  Verbindung,  die  in  der  Wärme  Ammoniak 
verliert  und  zu  saurem  Salze  wird  ; sie  ist  in  ammoniakhaltigem  heifsem 
Wasser  löslich,  beim  Abkuhlen  tritt  Zersetzung  ein,  indem  sich  Kristalle 
von  saurem  talgsaurem  Ammoniumoxid  (St,  AdH4  O , aq)  in  perlmutter- 
glänzenden  Blättchen  abscheiden. 

Talgsaures  Aethyloxid . 

Formel:  St,  QRedtenbacher );  St,  2AeO  ( Lassaigne ).  Beim 

aq  ) 

Kochen  und  Erhitzen  einer  Auflösung  von  1 Th.  Talgsäurehydrat  in  4 Th. 
Weingeist  von  90  p.  c.  und  4 Th.  Schwefelsäurehydrat  scheidet  sich  nach 
20  — 25  Minuten  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  talgsaures  Aethyloxid 
in  Gestalt  eines  farblosen  Oeles  ab,  welches  beim  Erkalten  erstarrt.  Durch 
fortgesetztes  Schmelzen  in  zu  erneuerndem  heifsen  Wasser,  bis  alle  saure 
Keaction  verschwunden  ist,  erhält  mau  es  rein.  Beim  Sättigen  einer  Auf- 
lösung in  Alkohol  mit  ChlorwasserstofFgas  scheidet  sich  saures  talgsaures 
Aethyloxid  ab  (Redtenbacher') . 

Eigenschaften:  Weifse,  feste,  dem  gebleichten  Wachse  ähnliche 

Masse,  geruch-  und  geschmacklos,  ohue  Wirkung  auf  die  Pflanzenfarben, 
schmilzt  bei  30  — 31°,  siedet  bei  165°,  wobei  es  sich  vollständig  zersetzt. 
In  Wasser  unlöslich  und  beim  Kochen  damit  unzersetzbar,  löslich  in  Al- 
kohol und  daraus  in  feinen  weifsen  seideoglänzenden  Nadeln  kristallisirbar, 
sehr  löslich  in  Aether.  Durch  Kochen  mit  wässerigen  Alkalien  wird  es 
zersetzt. 

Talgsaures  Methyloxid. 

Formel:  St,  2MeO  ( Lassaigne ).  Darstellung:  i Theil  Talgsäure,  2 
Th.  Methyloxidhydrafc  und  2 Th.  coucentrirte  Schwefelsäure  werden  30  — 
40  Minuten  lang  im  Sieden  erhalten,  wonach  sich  die  Verbindung  auf  der 
Oberfläche  der  Flüssigkeit  ausscheidet. 


Talgsaures  Glyceryloxid. 


94? 


Eigenschaften : Bei  gewöhnlicher  Temperatur  stellt  das  talgsaure  Me- 
thyloxid  eine  schwach  gelbliche,  halbdurchsichtige,  kristallinische  Masse 
dar,  welche  bei  85°  schmilzt,  leichter  als  Wasser  und  darin  unlöslich  ist; 
durch  Alkalien  wird  es  zersetzt. 

Talgsaures  Glyceryloxid,  saures . 

Formel : St* , GlyO  -f  2aq  ( Velouze  Sc  J.  L.). 

Synonyme:  Reiner  Talg,  Stearin. 

Besfcandtheil  der  meisten  sogenannten  Talgarten. 

§.  181.  Darstellung ; Am  leichtesten  und  reinsten  erhält 
man  diese  Verbindung,  wenn  reiner  Hammeistalg  im  Wasser- 
bade geschmolzen  und  dann  das  8-  bis  lOfache  Volum  Aether 
zugesetzt  und  dem  Erkalten  überlassen  wird,  wo  die  Flüs- 
sigkeit meistens  zu  einem  festen  Brei  von  Kristallen  erstarrt; 
er  wird  ausgeprefst  und  mit  Aether  ausgewaschen. 

182.  Eigenschaften:  Das  erhaltene  talgsaure  Gly- 
ceryioxid  stellt  im  trocknen  Zustande  weifse  perimutterglän- 
zende, feine,  geruch-  und  geschmacklose  Blättchen  dar,  wel- 
che sich  weich  aber  nicht  fettig  anfühlen;  es  schmilzt  bei  60 
bis  62°  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit,  welche  nach  dem  Er- 
kalten eine  feste,  pulverisirbare,  nichtkristallinische  Masse 
darstellt.  Das  talgsaure  Glyceryloxid  löst  sich  nicht  im  Was- 
ser, in  6 — 7 Theilen  siedendem  Alkohol,  weniger  leicht  in 
wasserhaltigem.  Bei  dem  Erkalten  der  alkoholischen  Auflö- 
sung setzt  sich  beinahe  alles  Aufgelöste  in  weifsen  Flocken 
wieder  ab.  Siedender  Aether  löst  die  Verbindung  in  grofser 
Menge,  in  der  Kälte  bleibt  nur  V225  in  Auflösung. 

Für  sich  im  leeren  oder  lufterfüllten  Baume  der  Destil- 
lation inner  werfen  erhält  man  Zersetzungsprodukte  des  Gly- 
ceryloxids  und  im  Destillate  ein  Gemenge  von  Margarinsäure 
mit  Margarom 

Durch  Salpetersäure  erleidet  das  saure  talgsaure  Glyceryloxid  eine 
ähnliche  Zersetzung  wie  die  Talgsäure  und  das  Glyceryloxid  für  sich; 
mit  concentrirter  Schwefelsäure  gemischt  entsteht  unter  Färbung  saures 
schwefelsaures  Glyceryloxid  unter  Abscheidimg  der  Talgsäure. 

Das  saure  talgsaure  Glyceryloxid  besitzt  schwach  saure  Eigenschaf- 
ten, es  zersetzt  in  der  Kälte  die  löslichen  kohlensauren  Alkalien;  eine 
Auflösung  desselben  in  Aether,  der  man  soviel  Alkohol  zusetzt  bis  sie 
anfäogt  sich  zu  trüben,  wird  sogleich  klar,  wenn  eine  weingeistige  Auf- 
lösung von  Kali  damit  gemischt  wird;  dampft  man  diese  Flüssigkeit  ab, 
so  erhält  mau  eine  syrupartige  Flüssigkeit,  in  der  sich  feine  nadelförmige 
Kristalle  bilden.  Zusatz  von  Säuren  scheidet  hieraus  unverändertes  saures 
talgsaures  Glyceryloxid  ab. 

Mit  kaustischen  Alkalien  bis  zur  Auflösung  gekocht  wird  die  Verbin- 
dung zersetzt,  es  entsteht  talgsaures  Alkali  unter  Abscheidung  von  Gly- 
ceryloxidhydrat  (Glycerin,  Oelsüfs).  Aus  100  Theilen  saurem  talgsaurem 
Glyceryloxid,  welches  bei  44°  schmolz,  erhielt  Chevreul  103,6  Talg- 
säurehydrat und  Glyceryloxidhydrat  zusammen;  das  Gewicht  des  letzte- 
ren betrug  8 Theile.  Die  von  Chevreul  erhaltene  Talgsäure  schmolz  bei 
54°  und  enthielt  alle  noch  eingemischte  fremde  Säuren.  Wenn  bei  dieser 
Zersetzung  3 At.  Wasser  aufgenommen  werden,  wovon  2 Afc.  von  der 


948 


Ta]  g säure. 


Hälfte  der  Talgsäure  gebunden  werden , und  das  dritte  Atom  sich  mit  Gly- 
ceryloxidhvdrat  vereinigt,  so  sollte  man  der  Rechnung  nach  erhalten  103,3 
an  Gesammtge wicht  aller  Produkte  und  7,9  Glyceryloxidhydrat. 

Das  aus  Alkohol  kristallisirte  saure  talgsaure  Glyceryloxid  hält  auch 
nach  langem  Schmelzen  Alkohol  zurück  CSaussure');  es  löst  etwas  Phos- 
phor und  Schwefel,  reichlich  die  Benzoesäure  auf;  es  ist  in  Holzgeisfc  und 
Aceton  und  flüchtigen  und  fetten  Oelen  löslich. 

Das  talgsaure  Glyceryloxid  constituirt  in  Verbindung  mit  ölsaurem 
Glyceryloxid  den  festen  Theil  der  Kakaobutter  ( Pelouze  Boudet ). 

Talgsaures  Kali . 

Saures.  St,  KO,  aq  ( Chevreul ).  Darstellung : Man  vermischt  die 
Lösung  von  1 Theil  neutralem  talgsaurem  Kali  mit  1000  Theilen  kaltem 
Wasser,  wo  sich  saures  talgsaures  Kali  niederschlägt,  was  nach  dem 
Auswaschen  und  Trocknen  durch  Auflösung  in  siedendem  Weingeist  und 
Erkalten  rein  erhalten  wird. 

Eigenschaften : Weifse,  perlglänzende,  geruch-  und  geschmacklose, 
zart  anzufühlende  Blättchen,  bei  100°  weich  werdend  ohne  zu  schmel- 
zen, sehr  wenig  löslich  in  kaltem,  leicht  in  siedendem  Weingeist  und 
daraus  ohne  Veränderung  kristallisirend.  Seine  Auflösung  in  Alkohol  rö- 
tliet  nicht  Lackmus  und  hat  keine  Wirkung  auf  Hämatin.  Zusatz  von  we- 
nig Wasser  bewirkt  bei  ersterem  eine  saure,  bei  letzterem  eine  alkalische 
Reaction. 

Die  Einwirkung  von  heifsem  Wasser  auf  dieses  Salz  ist  nicht  minder 
bemerkenswert!! ; 1000  Th.  siedendes  Wasser  bilden  mit  1 Th.  saurem 
talgsaurem  Kali  eine  trübe,  schleimige,  milchähniiche  Flüssigkeit,  welche 
bei  75°  durchscheinend  und  dünnflüssig,  bei  67°  durchscheinende  Flocken  und 
von  59  — 26°  perlmutterglänzeHde  Blättchen  fallen  läfst.  Nachdem  völligen 
Erkalten  besitzt  die  wässerige  Flüssigkeit  eine  alkalische  Reaction ; hier- 
bei zerlegen  sich  drei  Atome  saures  Salz  3(St,  KO,  aq)  in  1 At.  neutra- 
les talgsaures  Kali  St,  2KO,  was  sich  löst,  und  in  1 At.  doppelt  talg- 
saures Kali  2St,  KO,  3aq,  was  in  der  Lösung  suspendirt  bleibt.  Beim 
Erkalten  der  Lösung  des  neutralen  Salzes  scheidet  sich  saures  talgsaures 
Kali  ab,  indem  die  Hälfte  seiner  Basis  im  Wasser  gelöst  bleibt.  Das  nach 
dem  Erkalten  der  Lösung  des  saureu  talgsauren  Kali’s  in  siedendem  Was- 
ser erhaltene  Gemenge  von  doppelt  und  saurem  talgsaurem  Kali  enthält 
auf  100  Talgsäure  6,18  Kali,  es  schmilzt  unter  100°  und  gesteht  bei  70 
bis  71°  zu  einer  durchscheinenden  wachsähnlichen  Masse,  welche  an  sie- 
dendes Wasser  durch  weitere  Zersetzung  des  beigemengten  sauren  talg- 
sauren Kali’s  (St,  KO,  aq)  reines  doppelt  talgsaures  Kali  2St,  KO,  3aq 
abgiebt,  was  auf  100  Säure  4,47  Kali  enthält,  in  der  Wärme  zu  eisern 
farblosen  Oele  schmilzt,  welches  zu  einer  weifsen  mit  Wasser  aufschwel- 
lenden Masse  erstarrt  ( Chevreul ). 

Siedender  Aether  entzieht  dem  sauren  talgsauren  Kali  ein  Drittel  Talg- 
säure, neutrales  Salz  hinterlassend;  seine  Auflösung  in  Alkohol  zerlegt 
»ich  durch  Wasserzusatz  ähnlich  wie  durch  siedendes  Wasser. 

Neutrales.  St,  2KO  ( Chevreul ).  Darstellung:  Aus  einer  Auflösung 
von  gleichen  Theilen  Talgsäure  und  Kalihydrat  in  10  Th.  heifsem  Wasser 
scheidet  sich  beim  Erkalten  neutrales  talgsaures  Kali  in  weifsen  undureb' 
sichtigen  Krümchen  ab;  durch  Pressen  zwischen  Fliefspapier , Auflösen 
in  18  Th.  heifsem  Weingeist  von  0,821,  Erkalten,  Sammeln  des  Absatzes 
auf  einem  reinen  Filter  und  Auswaschen  mit  kaltem  Weingeist  erhält  man 
es  rein. 

Eigenschaften : Aus  Weingeist  kristallisirt  stellt  es  glänzende , zart 
anzufühlende  Nadeln,  Schuppen  und  Blättchen  dar,  von  schwach  alkali- 
schem Geschmack.  Das  trockne  Salz  absorbirt  an  feuchter  Luft  10  p.  c. 


Talg  saure  Salze. 


949 


Wasser;  es  bildet  mit  10  Theilen  kaltem  Wasser  einen  undurchsichtigen 
Schleim,  der  bei  .99°  schmilzt  und  beim  Erkalten  perlglänzend  wird;  löst 
sich  in  25'  Tb.  siedendem  Wasser , leichter  in  alkalischem.  Aus  der  sie- 
dend gesättigten  alkalischen  Losung  scheidet  sich  bei  Zusatz  von  Chlor- 
kaliuni alles  neutrale  talgsaure  Kali  in  Gestalt  eines  undurchsichtigen 
Schleims  ab,  der  zu  einer  festen  Seife  gesteht.  Wird  die  alkalische  heifs 
gesättigte  Lösung  mit  Kochsalz  bis  zur  Sättigung  versetzt,  so  scheidet 
sich  alle  Talgsäure  als  neutrales  talgsaures  Natron  in  Gestalt  einer  nach 
dem  Erkalten  harten  Seife  ab. 

Eine  gesättigte  Lösung  des  Salzes  in  100  heilsern  Wasser  wird  beim 
Erkalten  theilweise  zersetzt , indem  % der  Basis  im  Wasser  gelöst  bleibt 
und  ein  Gemenge  von  neutralem  und  saurem  Salze  auskristallisirt;  bei  mehr 
Wasser  ist  die  Zersetzung  des  neutralen  Salzes  vollkommen,  mit  1000 
siedendem  oder  5000  kaltem  Wasser  behandelt  bleibt  die  Hälfte  des  Kali’s 
in  der  Auflösung  und  alle  Talgsäure  als  saares.  talgsaures  Kali  nach  dem 
Erkalten  ungelöst. 

Das  neutrale  Salz  löst  sich  wenig  in  kaltem,  leicht  in  heifsem  Wein- 
geist, nach  dem  Erkalten  gallertartig  erstarrend.  Kochender  Aether  ist 
ohne  Wirkung  darauf  ( Chevreul ). 

Talysaures  Natron. 

Saures.  St,  NaO,  aq  (Chevreul).  Darstellung:  Eine  Auflösing  von 
1 Th.  neutralem  talgsaurem  Natron  in  2000  Th.  siedendem  Wasser  läfst 
man  erkalten,  sammelt  und  behandelt  die  gebildeten  Kristalle  wie  bei  der 
Darstellung  des  sauren  talgsauren  Kali’s. 

Eigenschaften  wie  die  des  sauren  talgsauren  Kali’s. 

Neutrales . Man  verfährt  mit  20  Th.  Talgsäure,  13  Natron  und  300 
Wasser  auf  dieselbe  Weise,  wie  bei  der  Darstellung  des  neutralen  talg- 
sauren Kali’s. 

Eigenschaften : Glänzende  geruch-  und  geschmacklose  Blättchen  oder 
durchscheinende  harte  Seife,  welche  an  feuchter  Luft  7,5  p.  c.  Wasser 
anzielit;  löst  sich  höchst  wenig  in  kaltem  Wasser  und  wird  von  heifsem 
bei  weitem  weniger  leicht  zersetzt  als  das  Kalisalz;  giebt  mit  10  Theilen 
Wasser  eine  dicke  beinahe  durchsichtige  Lösung,  die  bei  62°  zu  einer 
weifsen  festen  Masse  gesteht;  löst  sich  in  50  Th.  heifsem  WTasser  zu  einer 
noch  unter  100°  filtrirbaren  Flüssigkeit,  welche  mit  2000  Theilen  Wasser 
versetzt  saures  talgsaures  Natron  in  perlglänzenden  Schuppen  fallen  läfst. 
Leicht  und  vollkommen  in  20  Th.  heifsem  Weingeist  von  0,821  löslich, 
die  gesättigte  Auflösung  gesteht  beim  Erkalten  zu  einer  durchscheinenden, 
durch  die  Bildung  glänzender  Kristalle  undurchsichtig  werdenden  Gallerte 
(Sternchen  im  Opodeldok).  Kochender  Aether  hat  keine  Wirkung  auf  das 
Salz  (Chevreul). 

Talgsauren  Baryt  St,2BaO,  talgsauren  Strontian  St,  2SrO,  talg- 
sauren Kalk  St,  2CaO,  talgsaures  Bleioxid  St,  2PbO  erhält  man  als 
unlösliche,  weifse,  geschmacklose  Niederschläge,  durch  Fällung  von  lös- 
lichen Kalk-,  Baryt-,  Strontian-  und  Blei-Salzen  mit  neutralem  talgsau- 
rem Kali  oder  Natron. 

Basisch  talgsaures  Bleioxid , St,  4PbO  (Chevreul),  entsteht  durch 
Kochen  von  Talgsäure  mit  basisch  essigsaurem  Bleioxid  oder  bei  Vermi- 
schung einer  Auflösung  von  Talgsäure  in  Alkohol  mit  einer  kochenden 
Lösung  von  basisch  essigsaurem  Bleioxid,  und  stellt  eine  bei  100°  schmel- 
zende, nach  dem  Erkalten  durchsichtige  Seife  (Pflaster)  dar. 

Saures  talgsaures  Bleioxid  bildet  sich  beim  Zusammenschmelzen  von 
100  Talgsäure  mit  21  Th.  Bleioxid.  Die  Verbindung  ist  weifs,  bei  100° 
schmelzbar,  nach  dem  Erkalten  durchscheinend,  wird  von  siedendem  Al- 
kohol partiell  in  neutrales  Salz,  was  zurückbleibt,  und  in  freie  Säure 
zersetzt. 


950 


Margarin-  und  Talgsäure. 


Neutrales  und  saures  talgsaures  Bleioxid  lösen  sich  beide  in  lieifsem 
Terpentinöl  vollkommen  auf,  die  Auflösung  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer 
Gallerte. 


Ueber  die  Zusammensetzung  der  Margarin-  und  Talgsäure . 

Nach  den  neuesten  Untersuchungen  der  Margarin-  und  Talgsäure  von 
Varrentrapp , Redtenbacher , Bromeis  und  Stenhouse  ist  die  Zusammen- 
setzung der  ersteren: 

in  100  Theilen 

68  At.  Kohlenstoff  . 5197,58  — 75,92 

136  — Wasserstoff  848,60  — 12,39 

8 — Sauerstoff  800,00  — 11,69 

2 At.  Margarinsäurehydrat  6846,18  — 100,00 

Die  Zusammensetzung  der  Talgsäure  stimmt  mit  der  folgenden  aufs 
vollkommenste  überein : 

68  At.  Kohlenstoff  5197,6  — 77,04 

136  — Wasserstoff  848,6  — 12,58 

* 7 — Sauerstoff  700,0  — 10,38 

1 At.  Talgsäure  6746,2  — 100,00 

Die  Margarinsäure  verbindet  sich  mit  Basen , indem  von  ihren  Bestand- 
teilen sich  die  Elemente  von  1 At.  Wasser  trennen,  welches  ersetzt 
wird  durch  1 Aequivalent  Basis  $ die  Talgsäure  vereinigt  sich  in  ähnlicher 
Weise  mit  2 Aeq.  Basis. 

Aus  der  Untersuchung  der  Silbersalze  beider  Säuren  ergab  sich  für 
ihre  Zusammensetzung  im  wasserfreien  Zustande : 


Margarinsäure,  wasserfrei. 
68  At.  Kohlenstoff  5197,6  — 78,50 

132  — Wasserstoff  823,6  — 12,44 

6 — Sauerstoff 600,0  — 9,06 

2 At.  Margarinsäure  6621,2  — 100,00 

Talgsäure,  wasserfrei. 

68  At.  Kohlenstoff  5197,6  — 79,70 

132  — Wasserstoff  823,6  — 12,63 

5 — Sauerstoff  500,0  — 7,67 

1 At.  Talgsäure  6521,2  — 100,00 


Vergleicht  man  den  Kohlenstoff-  und  Wasserstoffgehalt  beider  Säuren 
mit  einander,  so  ergiebt  sich,  dafs  sie  einerlei  Verhältnis  beider  Elemente 
enthalten,  dafs  sie  also  nur  insofern  von  einander  abweichen,  als  ihr 
Sauerstoffgehalt  ungleich  ist.  Als  einbasische  Säure  betrachtet  sind  auf 
34C  -4-  66H  in  der  Margarinsäure  3 Atome,  auf  2(34C  -+-  66H)  sind  in 
der  Talgsäure  5 At.  Sauerstoff  enthalten. 

Aus  dieser  Aehnlichkeit  scheint  sich  ein  sehr  naher  Zusammenhang 
zwischen  beiden  Säuren  zu  ergeben , sie  lassen  sich  nemlich  betrachten 
als  Oxidationsstufen  eines  und  desselben  Radikals.  Bezeichnen  wir  in  der 
That  die  Kohlenstoff-  und  W7asserstoffmengen  C5*  H66  mit  R und  nennen  wir 
dieses  Radikal  Margaryl,  so  ist 

R -+-  03  Margarylsäure  und 
2R  -4-  03  Untermargarylsäure. 

Diese  Verhältnisse  entsprechen  den  Oxidationsstufen  des  Schwefels,  der 
Schwefelsäure  und  ünterschwefelsäure  S03  und  S*Oj. 

Das  Verhalten  der  Talgsäure  gegen  oxidirende  Mittel,  gegen  Salpeter- 
säure und  Chromsäure,  entfernen  jeden  Zweifel  über  diesen  nahen  Zu- 
sammenhang; es  bedarf  nur  einer  mehrere  Minuten  dauernden  Einwirkung 
der  Salpetersäure  auf  Talgsäure,  um  sie  unter  Entwickelung  von  Stick- 
oxidgas in  Margarinsäure  überzuführen , dasselbe  geschieht , wenn  sie  mit 


Mar  gar  in-  und  Talg  säure. 


951 


einer  Auflösung  von  saurem  chromsaurem  Kali  in  concentrirter  Schwefel- 
säure erwärmt  wird;  es  bedarf  nur,  wie  obige  Formeln  ergeben,  des 
Hinzutretens  von  t At.  Sauerstoff,  um  die  Talgsäure  in  Margarinsäure 
überzuführen.  (Siehe  Annalen  der  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XXXV.  S.  87.) 

Das  Verhalten  der  Talgsäure  in  der  trocknen  Destillation  mufs  als  ein 
neuer  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  obigen  Zusammensetzung  angesehen 
werden. 


Nach  früheren  Analysen  von  Chevreul  ist  die  Zusammensetzung  der 
beiden  Säuren  folgende: 


Wasserfreie  Margarinsäure. 

Rechnung. 

Versuch  ( Chevreul )„ 

35 

At. 

Kohlenstoff 

2675,222  — 

78,67 

— 79,053 

65 

— 

Wasserstoff 

405^583  — 

12,26 

— 12,010 

3 

— 

Sauerstoff 

300,000  — 

8,07 

— 8,937 

1 

At. 

Margarinsaure 

3380,805  — 

100,00 

— 100,000 

Wasserfreie  Talgsäure. 

Rechnung. 

Versuch  ( Chevreul J, 

70 

At. 

Kohlenstoff 

5350,444  — 

79,963 

— 80,145 

134 

— 

Wasserstoff 

836,126 

12,574 

— 12,478 

5 

— 

Sauerstoff 

500,000  — 

7,630 

— 7,377 

1 At.  Talgsäure  6686,570  — 100,000  — 100,000 


In  der  Analyse  des  Stearins  (talgsauren  Glyceryloxids)  sind  von  Pe- 
lonze  und  J.  L.  in  5 Analysen  erhalten  worden  75,081  bis  76,60  Kohlen- 
stoff, ferner  12,24  bis  12,37  Wasserstoff.  Diese  Verhältnisse  entsprechen 
einer  Verbindung  von  1 At.  Untermargarylsäure  (C68  HIJ2Os),  1 At.  Gly- 
ceryloxid  (C5  H4  0)  und  2 At.  Wasser.  Diese  Formel  giebt  76,43  Koh- 
lenstoff, 12,30  Wasserstoff  und  12,17  Sauerstoff.  Das  analysirte  Stearin 
war  übrigens  nicht  völlig  rein,  indem  es  bei  seiner  Verseifung  Untermar- 
garylsäure gab,  die  schon  bei  64  — 65°  schmolz. 

Die  Atomgewichte  der  wasserfreien  Säuren  sind  von  Chevreul  abge- 
leitet aus  der  Wassermenge,  welche  sie  im  Zustande  des  Hydrates  ver- 
lieren, weun  sie  mit  Bleioxid  zusammengeschmolzen  werden,  sowie  aus 
der  Zusammensetzung  der  sauren  und  neutralen  Salze,  die  sie  mit  den 
alkalischen  Basen  bilden.  Chevreul  fand,  dafs  0,500  Grm.  Margarylsäure 
mit  Bleioxid  erwärmt  0,017  Grm.  und  eine  gleiche  Menge  Untermargaryl- 
säure ebensoviel  verlor;  nach  diesen  Bestimmungen  besäfsen  sie  gleiches 
Atomgewicht.  Wenn  man  nun  erwägt,  dafs  ein  Fehler  von  % Milligramm 
Wasser  mehr  oder  weniger  das  Atomgewicht  dieser  Säuren  um  x/lk  erhöht 
oder  erniedrigt,  und  dafs  es  in  Folge  dieses  Fehlers  um  das  Gewicht  eines 
Aloms  Sauerstoff  gröfser  oder  kleiner  wird,  so  läfst  sich  diesen  Bestim- 
mungen kein  unbedingtes  Zutrauen  schenken. 

Zersetzungsprodukte  der  Mar  gar  in-  und  Talgsäure  durch  trockne 

Destillation . 

Wenn  man  Margarin-  oder  Talgsäure  der  trocknen  Destillation  in  Ge- 
fäfsen  utsterwirft,  die  bis  zu  2/5  damit  ungefüllt  sind,  so  erhält  man  als 
erste  Hälfte  des  Destillats  eine  feste  Masse  von  blendender  Weifse,  deren 
Schmelzpunkt  kaum  um  einen  Grad  niedriger,  als  der  der  Säuren  vor  der 
Destillation  ist;  die  letzte  Hälfte  ist  gewöhnlich  weicher,  sie  ist  von  brenn- 
baren Gasen  begleitet,  der  Riickständ  färbt  sich  zuletzt  schwarz  und  nimmt 
eine  theerartige  Beschaffenheit  an.  Die  Menge  dieser  Produkte  ändert  sich 
mit  der  Temperatur  und  der  Schnelligkeit  der  Destillation;  je  langsamer 
die  Destillation  vor  sich  geht,  je  länger  also  die  Einwirkung  des  Feuers 
dauert,  desto  weicher  ist  das  erhaltene  Destillat. 

Aus  der  geringen  Abnahme  des  Schmelzpunktes  der  destillirten  Säu- 
ren schien  hervorzugehen , dafs  diese  Säuren  zum  grofsen  Theil  ohne 
Veränderung  destillirbar  seien,  wiewohl  Chevreul  schon  beobachtete,  dafs 
die  Produkte  dieser  Destillationen  sich  in  alkalischen  Laugen  nicht  mehr 


958 


Margaron. 


vollkommen  lösen,  sondern  dals  ein  Rückstand  bleibt , welcher  schmelz- 
bar bei  gewöhnlicher  Temperatur,  fast  weifs  und  perlmutterglänzend  ist. 

Die  Veränderungen,  welche  beide  Säuren  bei  der  trocknen  Destillation 
erfahren,  sind  neuerdings  von  Rcdtenhacher  und  Varrentrapp  einer  ge- 
nauen Untersuchung  unterworfen  worden. 

Reine  Talgsäure  liefert  ein  festes  weifses  Destillat,  was  bei  69°  ge- 
steht. Die  Talgsäure  wird  hierbei  zersetzt  und  in  ein  Gemenge  von  rei- 
ner Margarinsäure,  welche  bei  60°,  und  von  einem  nicht  sauren  kristal- 
linischen Produkt,  was  bei  77°  schmilzt,  verwandelt.  In  alkalischen  Lau- 
gen lösen  sich  beide  zu  einer  nicht  ganz  klaren  Flüssigkeit.  Wird  diese 
mit  einer  Auflösung  von  Chlorcalcium  gefällt,  der  Niederschlag  gewaschen 
und  nach  dem  Trocknen  mit  Aether  in  der  Kälte  behandelt,  so  läfst  dieser 
reinen  margarinsauren  Kalk  zurück,  und  löst  eine  flüssige  und  eine  feste 
Materie  auf,  welche  letztere  beim  Verdampfen  des  Aethers  kristallisirt. 
Das  flüssige  Produkt  ist  ein  Kohlenwasserstoff,  das  feste  besitzt  alle  Ei- 
genschaften und  die  Zusammensetzung  dfes  von  Bussy  beschriebenen  Mar- 
garons,  es  schmilzt  bei  77°. 

Wird  Talgsäure  mit  dem  vierten  Theil  ihres  Gewichtes  gebranntem 
Kalk  destillirt,  so  erhält  man  ein  festes  oder  weiches  Produkt,  was  zum 
gröfsten  Theil  aus  einem  flüssigen  Kohlenwasserstoff  und  einem  festen  kri- 
stallinischen Körper  besteht , sehr  ähnlich  dem  ebenerwähnten  in  seinen 
Eigenschaften  und  seiner  Zusammensetzung,  allein  abweichend  davon  in 
seinem  Schmelzpunkt.  Von  anhängender  Säure  wird  dieses  Produkt  durch 
Behandlung  mit  Kalilauge  in  der  Wärme,  und  von  dem  anhängenden  öligen 
Kohlenwasserstoff  durch  Kristallisation  aus  Aether  gereinigt.  Werden ^die 
Produkte  der  Destillation  der  Margarinsäure  und  Talgsäure  mit  Wasser 
ausgekocht,  so  löst  dieses  keiue  bemerkliche  Quantität  davon  auf,  na- 
mentlich enthält  das  Destillat  keine  Spur  Fettsäure. 

Maryaron . 

Entdeckt  von  Bussy. 

Entsteht  als  Produkt  der  Destillation  der  Margarin-  und  Talgsäure  für 
sich,  oder  mit  Kalk;  kann  ebenfalls  aus  Hammelstalg  und  Ochsentalg  er- 
halten werden. 

Das  Margaron  ist  weifs,  perlmutterglänzend,  leicht  zu  pulvern,  wird 
beim  Reiben  sehr  elektrisch,  schmilzt  und  verflüchtigt  sich  auf  einem  Pla- 
tinblech ohne  Rückstand , in  einer  Retorte  der  Destillation  unterworfen 
wird  es  zersetzt  und  hinterläfst  Kohle , löst  sich  in  50  Weingeist  von 
36°  B.,  in  6y2  absolutem  und  kristallisirt  daraus  beim  Erkalten.  Aether 
löst  in  der  Wärme  mehr  wie  % seines  Gewichts;  es  ist  löslich  in  starker 
Essigsäure,  Terpentinöl  und  fetten  Oelen,  nud  läfst  sich  mit  Camphor  in 
allen  Verhältnissen  zusammenschmelzen.  Durch  Alkalien  wird  es  nicht 
verändert,  beim  Erwärmen  mit  Schwefelsäurehydrat  wird  es  unter  Schwär- 
zung zersetzt,  wird  durch  Salpetersäure  wenig  angegriffen,  und  durch 
Chlorgas,  was  davon  absorbirt  wird,  in  eine  farblose  dickflüssige  Materie 
verwandelt. 

Aus  reiner  Margarinsäure  und  reiner  Talgsäure  durch  Destillation  ohne 
Kalk  dargestellt  ist  sein  Schmelzpunkt  77°  ( [Redtenbacher , Varrentrapp ); 
aus  reiner  Margarinsäure  und  aus  gewöhnlicher  Talgsäure  durch  Destilla- 
tion mit  % ihres  Gewichts  Kalk  erhalten,  schmilzt  es  ebenfalls  bei  77° 
CBussy).  Aus  reiner  Talgsäure  mit  Kalk  erhielt  es  Redtenbacher  von  83° 
Schmelzpunkt,  welcher  durch  zahlreiche  Kristallisationen  nicht  erhöht 
w erden  konnte ; Bussy  erhielt  es  aus  Talgsäure  unter  denselben  Umstän- 
den bei  86°  schmelzend.  Diese  Verschiedenheit  zeigt  offenbar  an,  dafs 
man  hierbei  Körper  von  ungleicher  Zusammensetzung  erhält,  wiewohl  sie 
sich  in  ihren  übrigen  Eigenschaften  nicht  von  einander  unterscheiden  lassen. 

Das  bei  77°  schmelzende  Margaron  enthält  nach  Bussy , Redtenbacher 
und  Varrentrapp : 


Talg-  und  Margarinsäure. 


Bussy.  Rcdtenbacher.  Varrentrapp. 

Kohlenstoff  83,34  — 83,18  — 82.98 

Wasserstoff  13,51  — 13,82  — 13,78 

Sauerstoff  3,15  — 3,00  — 3,24 

100,00  — 100,00  — 100,00 


Auf  diese  Verhältnisse  lassen  sich  zwei  Formeln  berechnen,  welche 
die  Bildungs-  und  Entstehungsweise  dieser  Körper  gleich  gut  erklären. 
Nach  der  Formel  C33  H66  O entsteht  das  Margaron  aus  der  wasserfreien 
Margarinsäure,  von  der  sich  die  Elemente  von  1 At.  Kohlensäure  trennen; 
sie  giebt: 

33  At.  Kohlenstoff  2522,4  — 83,13 

66  — Wasserstoff  411,8  — 13,57 

1 — Sauerstoff  100,0  — 3,30 

3034,2  — 100,00 

Es  ist  erwähnt  worden,  dafs  dieser  Körper  ebenfalls  durch  Destilla- 
tion von  reiner  Talgsäure  gebildet  wird,  indem  diese  in  Margarinsäure 
übergeht.  Während  in  einem  Versuche  Chevreul’s  reine  Margarinsäure 
bei  der  Destillation  nur  % p.  c.  einer  in  schwacher  Kalilauge  unlöslichen 
fetten  Materie  hinterliefs , gab  ihm  eine  Talgsäure-haltige  Margarinsäure, 
welche  bei  56,5°  schmolz,  unter  denselben  Umständen  25  p.  c.  unreines 
Margaron.  Die  Bildung  des  Margarons  nach  obiger  Formel  läfst  sich  in 
folgender  Weise  versinnlichen: 

4 At.  Talgsäurehydrat  C272  H344  038  geben: 

6 At.  Margarinsäurehydrat  C204  H408  024 
1 — Wasser  H3  O 

1 — Margaron  C33  H66  O 

1 — Kohlensäure  C 02 

1 — Kohlenwasserstoff  C34  H68 

i Hiernach  würde  man  von  4 At.  Talgsäurehydrat  = 26984  erhalten  müs- 
sen 3034  Margaron  (nahe  an  11%  p.  c.l  und  276  Kohlensäure.  Nach 
Chevreul’s  Versuchen  erhält  man  aus  1000  Grm.  Talgsäure  bei  der  De- 
stillation etwa  3 Grm.  Kohlensäure,  wonach  26984  Talgsäure  liefern  wür- 
den 81  Grm.  Kohlensäure.  Diefs  ist  nur  % der  berechneten  Quantität. 
Chevreul  erhielt,  wie  erwähnt,  25  p.  c.  unreines  Margaron,  was  aus 
nahe  gleichen  Ge wichtsth eilen  reinem  Margaron  und  Kohlenwasserstoff 
besteht. 

Diese  Erfahrung  macht  eine  andere  Bildungsweise  und  Constitution  des 
Margarons  nicht  unzulässig;  es  ist  denkbar,  dals  die  Kohlensäure  aus  der 
Zersetzung  des  Margarons  entsteht,  in  Folge  welcher  Kohle  im  Rückstände 
bleiben  mufs,  und  dafs  die  Talgsäure  bei  ihrer  Destillation  in  zwei  Oxide 
des  nemlichen  Radikals,  in  Margarinsäure  und  in  einen  Körper  C34  H66  O, 
den  wir  Margaryloxid  nennen  wollen , zerfällt.  Bezeichnen  wir  C34 
mit  R,  so  werden  2 At.  Talgsäurehydrat  R4  0IO  4-  4aq  zerfallen  in 

3R  4-  90  4-  3aq  Margarinsäure 
R 4-  O = Margaryloxid 

4-  aq 

4R  -f-  ioO  4-  4aq. 

Zwei  Atome  Margaryloxid  enthalten  die  Elemente  von  1 At.  Kohlen- 
säure, 1 At.  Kohle  und  Kohlenwasserstoff, 

^66  H132  1 

C oj=3(c34  hm  0). 

Die  Zerlegung  der  Margarinsäure,  mit  oder  ohne  Kalk  destillirt,  er- 
klärt sich  hiernach  eben  so  einfach. 

Geiger' $ Pharmacia.  /*  (Ute  Aufl.) 


61 


954 


Talg-  und  Margarinsäure. 


2 At.  Margarinsäure  und  2 At.  Kalk  geben 
Margaryloxid  C34  H66  O 

2 At.  kohlens.  Kalk  C2  04  -j-  2CaO 
1 At.  Wasser  H2  O 

Polymerischen  Koh- 
len wassersJ^off_____jD32  JR^ 

Ces  H,3,  06  =r  2 At.  Margarinsäure. 

Die  Zusammensetzung  des  Margaryloxids  würde  seyu : 

34  At.  Kohlenstoff  2.598,8  — 83,55 

6*»  — Wasserstoff  411,8  — 13,23 

1 — Sauerstoff  100,0  — 3,22 

3110.6  100,00 

Die  Zusammensetzung  der  von  Redtenbacher  aus  reiner  Talgsäure  mit 
Kalk  erhaltenen,  bei  82°  schmelzenden  Materie  wurde  gefunden: 

Kohlenstoff  83,77 
Wasserstoff  1 3,8 1 
Sauerstoff  2,42 
entsprechend  sehr  nahe  der  Formel: 

46  At.  Kohlenstoff  3511,0  — 84,17 

90  — Wasserstoff  561,6  — 13,44 

1 — Sauerstoff  100,0  — 2,39 

4172.6  100,00 

Diese  Formel  entspricht  einer  Verbindung  von 

1 At.  Margaryloxid  CS4  H66  O mit 
1 — Kohlen  Wasserstoff  C12  H24 

c47h97o 

Bussy  erhielt  in  der  Analyse  des  von  ihm  Stearon  genannten  und  hei 
86°  schmelzenden  Körpers: 


Kohlenstoff  84,78 
Wasserstoff  13,77 
Sauerstoff  1,45 

entsprechend  der  Formel: 

68  At.  Kohlenstoff  5197,6 
132  — Wasserstoff  823,6 
1 — Sauerstoff  100,0 
6121,2 


in  100  Th« 

— 84,92 

— 13,45 

— 1,63 


Diese  Verbindung  ist  durch  die  Formel  2R  O (R  = 34C  H-  66H)  eben- 
falls ausdrückbar. 


Der  ölartige  Körper,  welcher  in  Redtenbacher’ s Versuchen  bei  dem 
Auskristallisiren  des  Margarons  im  Aether  zurückblieb,  gab  bei  der  Ana- 
lyse in  100  Theilen  85,15  Kohlenstoff,  14,08  bis  14,18  Wasserstoff  (Ver- 
lust 0,77).  Die  Kohlen-  und  Wasserstoffmengen  entsprechen  sehr  nahe 
einer  Verbindung  dieser  beiden  Elemente  zu  gleichen  Aequivalenten.  Der 
Verlust  (Sauerstoff?)  rührt  offenbar  von  eingemengtem  und  nicht  abscheid- 
barem  Margaron  her. 


Zersetzungsprodukte  der  Talgsäure  und  Margarinsäure  durch 

Salpetersäure. 

Erhitzt  man  Talgsäurchydrat  mit  seinem  gleichen  Volum  Salpetersäure 
von  32°  B.,  so  entstehen  nach  der  Dauer  der  Einwirkung  verschiedene  Pro- 
dukte. Im  Anfang  bemerkt  man,  sobald  die  Mischung  siedet,  eine  lebhafte 
Entwickelung  von  Stickoxidgas  und  salpetriger  Säure.  Läfst  man  die 
Mischung  bei  diesem  Zeitpunkte  erkalten,  so  scheint  die  Talgsäure  keine 


Ko  rksäure. 


935 


Veränderung  erlitten  zu  haben , die  Salpetersäure  enthält  keine  bestimm- 
bare Menge  einer  fremden  Substanz  gelöst  , und  die  darüber  schwimmende 
erstarrte  fette  Säure  ist  fest  und  kristallinisch,  allein  ihr  Schmelzpunkt 
ist  bei  weitem  niedriger  als  wie  der  der  Talgsäure.  Wird  diese  fette 
Säure  mit  Wasser  mehrmals  umgeschmolzen,  zwischen  Papier  nach  dem 
Erstarren  wohl  ausgeprefst  und  durch  mehrmaliges  Umkristallisiren  aus 
Alkohol  gereinigt,  so  zeigt  sie  alle  Eigenschaften  der  Margarinsäure.  Sie 
schmilzt  bei  60°  und  besitzt  in  ihrem  Hydrate,  sowie  in  ihrem  Silbersalze 
genau  dieselbe  Zusammensetzung  wie  die  Margarinsäure. 

Läfst  man  die  Salpetersäure  auf  die  aus  Talgsäure  erzeugte  Margarin- 
säure, oder  auf  reine  Margarinsäure  lange  ein  wirken,  so  löst  sie  sich 
nach  und  nach  bei  öfterer  Erneuerung  der  Salpetersäure  völlig  auf.  Die 
Auflösung  enthält  Korksäure,  Bernsteinsäure  und  einen  in  Salpetersäure 
löslichen  flüssigen  ölartigen  Körper. 

Korksäure. 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C8  H12  05.  Symb.:  Sii. 

Formel  der  kristallisirten  Säure:  C8  H12  05  -4-  aq.  Symb.:  Su  -+-  aq 
(Bussy , Boussingault , Laurent , Bromeis ). 

Entdeckt  von  Brugnatelli  durch  Behandlung  des  Korks  mit  Salpeter- 
säure Als  Produkt  der  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  Oelsäure  und 
Olivenöl,  von  Laurent,  auf  Talg-  und  Margarinsäure  von  Bromeis. 

Barstellung.  Dampft  man  die  Auflösung  der  Talg-  oder  Margarin- 
säure in  Salpetersäure  bis  zur  Hälfte  ab  und  läfst  die  Flüssigkeit  ruhig 
erkalten,  so  erstarrt  sie  nach  24  Stunden  zu  einer  beinahe  festen  Masse, 
die  man  auf  einem  Glastrichter  durch  Abspülen  mit  kaltem  Wasser  einer 
ersten  Reinigung  unterwirft.  Durch  Auspressen  und  Trocknen  und  mehr- 
maliges Umkristallisiren  erhält  man  reines  Korksäurehydrat. 

Aus  dem  Kork  und  der  Rinde  fle  tissu  de  Vepiderme~)  von  Birken-, 
Kirschen-  und  Pflaumenbäumen  erhält  man  die  Korksäure  auf  gleiche 
Weise,  wiewohl  minder  rein  und  gelblich  gefärbt.  Durch  Behandlung  mit 
Kohlenpulver  oder  einfacher  durch  Destillation  der  getrockneten  Säure 
wird  sie  weifs  erhalten. 

Eigenschaften.  Eine  heifs  gesättigte  wässerige  Auflösung  von  Kork- 
säurehydrat gerinnt  zu  einem  körnigen  Brei  von  feinen  körnigen  Kristallen, 
welche  nach  dem  Trocknen  ein  poröses , blendend  weifses  Pulver  dar- 
stellen ; aus  verdünnter  Salpetersäure  kristallisirt  sie  in  regelmäßigen  har- 
ten Körnern.  In  feuchtem,  frisch  aus  Wasser  kristallisirtem  Zustande  er- 
hitzt, schmilzt  sie  bei  50  bis  54°  fChevreul , Bromeis~) , ihr  Schmelzpunkt 
erhöht  sich  in  dem  Grade  als  das  Wasser  entfernt  wird.  An  der  Luft 
oder  im  luftleeren  Raume  getrocknet  schmilzt  sie  zwischen  118  — 120°. 
Bei  höheren  Temperaturen  destillirt  sie  ohne  Veränderung  in  kleinen  Tropfen 
zu  einer  Flüssigkeit  über,  welche  beim  Erkalten  in  langen  eisartigen  Na- 
deln erstarrt.  Das  Korksäurehydrat  löst  sich  schwer  in  kaltem,  in  1,87 
siedendem  Wasser,  in  0,87  siedendem  Alkohol,  in  10  Th.  kaltem  und  fi 
Th.  siedendem  Aetber;  es  ist  löslich  in  fetten  und  flüchtigen  Gelen. 

Korksaure  Salze. 

In  den  korksauren  Salzen  ist  das  Hydratwasser  der  Säure  ersetzt  durch 
ein  Aequivalent  Metalloxid. 

Korksaures  Aethyloxid.  Su,  AeO  ( Laurent , Bromeis .)  Am  einfach- 
sten und  reinsten  erhält  man  diese  Verbindung  durch  Sättigung  einer  Auf- 
lösung von  Korksäure  in  warmem  Alkohol  mit  ChIorwrasserstofFgas.  Der 
Korksäureäther  scheidet  sich  im  Verlauf  der  Operation  auf  der  Oberfläche 
der  Flüssigkeit  ab.  Durch  Behandlung  mit  siedendem  "Wasser  wird  er  von 
der  freien  Salzsäure  und  dem  beigemengten  Aetbylclilorid , und  durch  Be- 


9 o6 


B ernsteinsäure. 


rührung  mit  Chlorcalcium  von  dem  anhängenden  Wasser  befreit  (Brom» 
eis).  Man  kann  diese  Verbindung  ebenfalls  durch  Behandlung  von  Kork- 
säure, Schwefelsäure  und  Alkohol  darstellen  (Laurent). 

Das  korksaure  Aethyloxid  ist  farblos,  sehr  flüssig,  ölartig,  von  1,003 
spec.  Gewicht,  von  schwachem  Geruch  und  ranzigem  unangenehmen  Ge- 
schmack; es  mischt  sich  in  allen  Verhältnissen  mit  Aether  und  Alkohol, 
siedet  bei  260°  destillirt  ohne  Veränderung.  Durch  Salpetersäure,  Schwe- 
felsäure und  weingeistige  Kalilauge  wird  es  zersetzt ; die  Korksäure  bleibt 
hierbei  unverändert.  Chlor  zerlegt  das  korksaure  Aethyloxid,  in  der 
neuen  Verbindung  findet  sich  1 Aeq.  Wasserstoff  ersetzt  durch  1 Acq 
Chlor  (Laurent). 

Korksaures  Methyloxid.  Su,  MeO  (Laurent).  Darstellung  und  Ei- 
genschaften wie  die  entsprechende  Aetliyloxidverbinduug. 

Die  Salze  der  Korksäure  mit  alkalischen  Basen  sind  in  Wasser  löslich. 

Korksaures  Ammoniak  mit  den  Auflösungen  von  Chlorbarium,  Chlor- 
strontium und  Chlormagnesium  vermischt,  giebt  keinen  Niederschlag;  setzt 
man  diesen  Mischungen  Alkohol  zu,  so  entsteht  ein  Niederschlag  von 
korksaurem  Kalk,  Baryt,  Strontian,  welcher  frischgebildet  durchschei- 
nend ist  (Laurent,  Bromeis ). 

Aus  den  concentrirten  Lösungen  der  löslichen  korksauren  Salze  fällen 
Mineralsäuren  Korksäurehydrat.  Korksaures  Silberoxid , Su,  AgO,  ist 
ein  weifses  unauflösliches  Pulver.  Bleioxid  bildet  mit  Korksäure  ein  neu- 
trales und  ein  basisches  Salz,  Su,  3PbO  (Bromeis). 

Zersetzungsprodukte  der  korksauren  Salze  durch  trockne  De- 
stillation. 

Unterwirft  man  korksauren  Kalk  mit  einem  Ueberschufs  von  Kalk  der 
trocknen  Destillation,  so  erhält  man  unter  andern  Produkten  mehrere  flüs- 
sige ölartige  Körper,  welche,  bis  zu  186°  erwärmt,  eine  Flüssigkeit  hin- 
terlassen, die  erst  bei  dieser  Temperatur  überd estillirt.  Es  ist  in  reinem 
Zustande  farblos  und  flüssig  bei  — 12°  C.,  von  stark  aromatischem  Ge- 
ruch ; es  besitzt  die  merkwürdige  Eigenschaft  Sauerstoff  aus  der  Luft  auf- 
zunehmen und  zu  einem  weifsen  kristallinischen  Körper  zu  erstarren , 
welcher  Korksäurehydrat  ist.  Die  nemliche  Umwandlung  erleidet  es 
durch  Salpetersäure.  Nach  Boussingault , seinem  Entdecker,  wird  seine 
Zusammensetzung  durch  die  Formel  C8  Hi4  0 ausgedrückt,  welche  mit  dem 
spec.  Gewicht  seines  Gases  genau  übereinstimmt.  Korksäurehydrat  und 
dieser  flüssige  Körper  unterscheiden  sich  durch  3 Atome  Sauerstoff  von 
einander,  welcher  in  dem  ersteren  mehr  enthalten  ist.  Es  ist  bis  jetzt 
nicht  entschieden,  ob  dieser  Körper  als  das  Oxid  oder  die  Wasserstoff- 
verbindung eines  besonderen  Radikals  zu  betrachten  ist.  Boussingault 
vergleicht  es  mit  dem  Benzoylwasserstoff , seine  Analyse  gab  übrigens 
anstatt  10,945  p.  c.  Wasserstoff,  welche  Quantität  der  Formel  entspricht, 
nur  10,8  p.  c.,  was  es  nicht  unwahrscheinlich  macht,  dafs  diese  Verbin- 
dung dem  wasserfreien  Acetyloxid  entspricht. 


Bernsteinsäure . 

Formel  der  wasserfreien  Säure:  C4  H4  05,  Symb.:  S. 

Formel  der  sublimirten  Säure:  2C4  H4  05  -+-  aq.  Symb.:  2S_-h  aq. 
Formel  des  Bernsteinsäurehydrats:  C4  H4  05  -}-  aq.  Symb.:  S -+-  aq. 
Synonyme : Sal  succini,  Bernsteinsalz. 

Schon  im  löten  Jahrhundert  bekannt,  ln  dem  Bernstein  fertig  gebildet 
erhalten.  Entsteht  durch  Oxidation  von  Talg-  und  Margarinsäure  vermit- 
telst Salpetersäure.  In  altem  sehr  sauer  reagirendem  Ol.  Cumini  erhielt 


Bernsteinsäure. 


957 


Chevalier  (Journal  de  chim.  med. , Janv.  1828)  durch  Behandlung  mit  Blei- 
oxid und  Zersetzung  des  gebildeten  Bleisalzes  eine  in  Wasser  leicht  lös- 
liche^ sublimirbare  Säure , welche  er  für  Bernsteinsäure  hielt.  Auch  soll 
diese  Säure  nach  Unverdorben , Lecanu  und  Serbat  in  dem  Harze  einiger 
Coniferen  Vorkommen. 

§.  183.  Darstellung : Die  flüssigen  Produkte  der  Destillation 
des  Bernsteins  werden  mit  den  festen,  die  sich  in  den  ersteren 
lösen,  zusammengebracht  und  durch  ein  mit  Wasser  befeuchtetes 
Filtrum  von  dem  beigemischten  brenzlichen  Oele  befreit,  zur 
Kristallisation  abgedampft.  Die  erhaltenen  Kristalle  (welche 
zum  pharmaceutischen  Gebrauche  dienen)  sind  gelb  gefärbt,  SIC  wer- 
den zur  weiteren  Reinigung  getrocknet  und  in  einer  zu  2/s 
damit  angefüllten  Retorte  einer  raschen  Destillation  unter- 
worfen. Im  Anfänge  geht  Wasser  und  ein  bräunlich  ge- 
färbtes Oel  über,  später  kommt  farblose,  kaum  gelblich  ge- 
färbte Säure,  zuletzt  bleibt  (von  den  beigemischten  Unreinigkeiten) 
etwas  Kohle.  Die  destiilirte  Säure  wird  zum  zweitenmale  in 
Wasser  umkristalfisil  t.  (Man  kann  auch  eine  braun  oder  gelb  ge- 
färbte Säure  durch  Behandlung  ihrer  wässerigen  Auflösung  mit  Kohle  oder 
Chiorgas  farblos  und  rein  erhalten,  oder  man  zerlegt  ihr  Bleisalz  durch 
SchwefeJwasserstofFsäure , in  welchem  Fall  das  Schwefelblei  als  Entfär- 
bungsmittel dient.)  Die  bei  der  Darstellung  der  Korksäure  aus  Talg-  oder 
Margarinsäure  mit  Salpetersäure  erhaltene  Mutterlauge  enthält  Bernstein- 
säure, verunreinigt  durch  Korksäure.  Sie  wird  mit  dem  erhaltenen  Wasch- 
wasser der  Korksäure  bis  zur  Kristallisation  abgedampft,  die  erhaltenen 
getrockneten  Kristalle  durch  Behandlung  mit  kaltem  Aether,  welcher  die 
Korksäure  leicht,  die  Bernstemsäure  nur  wenig  löst,  und  durch  Sublima- 
tion gereinigt. 

$.  184.  Eigenschaften  des  Bernsteinsäurehydrats : Es 
kristailisirt  in  geruch-  und  farblosen  Blättern  oder  Tafeln, 
oder  in  dreiseitigen  oder  rechtwinkiichen  Prismen  mit  aufge- 
setzten Octaederflächen , von  S,55  spec.  Gewicht.  Es  besitzt 
einen  sauren,  etwas  erwärmenden  Geschmack  und  ist  ohne 
Rückstand  flüchtig.  (Das  gefärbte  unreine  Hydrat  liinterlälst  Kohle.) 
Unterwirft  man  es  bei  gelinder  Wärme  der  Sublimation,  so 
kristailisirt  es  in  schneeweifsen  Nadeln,  welche  auf  2 Aeq. 
wasserfreie  Säure  nur  1 Aeq.  Wasser  enthalten.  In  einer 
Retorte  wiederholt  und  zwar  so  lange  destiilirt,  bis  sich  in 
dem  Retortenhalse  kein  Wasser  mehr  verdichtet,  erhält  man 
es  wasserfrei.  Durch  Kristallisation  aus  Wasser  nimmt  es 
das  Wasser  wieder  auf.  Das  Hydrat  löst  sich  in  2 Theilen 
kochendem  und  5 Theilen  kaltem  Wasser,  es  ist  löslich  in 
Aether  und  Alkohol.  Es  schmilzt  bei  180°  und  verliert  bei 
140°  (Temperatur,  bei  welcher  es  subiimirt)  die  Hälfte  seines  Was- 
sergehalts, es  siedet  bei  235°  ( D’Arcet ).  Die  sublimirte 
Säure  schmilzt  bei  160°  und  siedet  bei  242°.  Die  wasser- 
freie Säure  schmilzt  bei  1 45°  und  siedet  bei  250°  (D’Arcet). 
Die  wasserfreie  Säure  löst  sich  leichter  in  Alkohol  und  Aether 
als  das  Hydrat.  Durch  Chlor  und  Salpetersäure  erleidet  das 
Bernsteinsäurehydrat  keine  bemerkliche  Veränderung.  Beim 
Erhitzen  mit  Schwefelsäure  und  Braunstein  erhält  man  Koh- 


958 


Beriisteinsäure. 


lensäure  und  Essigsäure  (?).  Mit  Kalihydrat  geschmolzen 
erhält  man  Oxalsäure. 

Leitet  man  den  Dampf  von  wasserfreier  Schwefelsäure  auf  Bernstein- 
säurehydrat, so  verbinden  sich  beide , es  entsteht  Schvvefelsäurehydrat 
und  eine  neue  Säure,  deren  Bleisalz  nach  der  Formel  C8  H4  S2  010  «4-  4PbO, 

2BaO ) 

das  Barytsalz  nach  der  Formel  C8  H4  S2  010  H“  a(j  ( zusammengesetzt 

ist.  Die  Säure  in  diesen  Salzen  ist  hiernach  entstanden,  indem  bei  der 
Vereinigung  von  2 At.  Schwefelsäure  mit  1 At.  Bernsteinsäure  C8  H6  Os 
die  Bestaudtheile  von  einem  Atom  Wasser  ersetzbar  geworden  sind  durch 
Bleioxid. 

Prüfung  auf  ihre  Reinheit:  Die  officinelle  Bevnsteinsäure  mufs  die 
angegebenen  Eigenschaften  besitzen  ; sie  mui's  sich  beim  Erhitzen  unter 
weifsen  reizenden  Dämpfen,  bis  auf  eine  geringe  Spur  Kohliges  (von 
Bernsteinöl  herrührend),  vollständig  verflüchtigen,  mit  Kalk  oder  Kali  zu- 
sammengerieben darf  sie  kein  Ammoniak  entwickeln.  Die  concentrirte 
wässerige  Lösung  darf,  mit  wenig  Kali  oder  Chlorkalium  versetzt, 
keinen  krystallinischen  Niederschlag  (Weinstein)  bilden,  mit  Chlorcal- 
cium darf  sie  ebenfalls  keinen  Niederschlag  (klec-  oder  schwefelsauren 
Kalk)  geben«  noch  den  salpetersauren  Baryt  fällen.  Zum  medicinischen 
Gebrauch  darf  die  Bernsteinsäure  nicht  völlig  von  ßernsteinöl  befreit  seyn, 
indem  ihre  Wirksamkeit  mit  von  diesem  abhängt;  doch  darf  auch  nicht  zu 
viel  damit  vermengt  seyn ; sie  mufs  den  Gehalt  desselben  durch  den  Ge- 
ruch zu  erkennen  geben,  übrigens  aber  fast  weifs  oder  nur  gelb,  nicht 
braun  gefärbt  seyu. 

Anwendung : Die  Bernsteiusäure  wird  innerlich  in  Pulverform  und  in 
Lösungen  gegeben,  sie  darf,  wenn  sie  als  freie  Säure  wirken  soll,  nicht 
mit  Basen  in  Verbindung  kommen. 

Succinamid. 

Wenn  man  bernsteinsaures  Aethyloxid  in  einem  verschliefsbaren  Ge- 
räts e mit  seinem  doppelten  Volum  concentrirtein  wässerigen  Ammoniak 
übergielst  und  eine  Zeitlang  sich  selbst  überläfst,  so  verwandelt  sich  der 
Bernsteinäther  in  ein  Haufwerk  von  blendendweifsen  körnigen  Kristallen, 
welche  mit  Wasser  gewaschen  reines  Succinamid  darstellen.  Das  Succin- 
amid ist  schwer  in  kaltem  Wasser  löslich,  leichter  in  heifsem  und  kri- 
stallisirt  aus  letzterer  Lösung  in  undurchsichtigen,  weifsen,  harten  Kri- 
stallen, die  Auflösung  ist  ohne  Wirkung  auf  Metallsalze.  Aetzende  Alka- 
lien entwickeln  daraus  Ammoniak.  Beim  Erhitzen  für  sich  schmilzt  es , 
entwickelt  Ammoniak  und  einen  kristallinischen  Körper,  im  Rückstand 
bleibt  Kohle.  Die  Analyse  dieses  Körpers  gab  4t  p.  c.  Kohlenstoff,  24 
p.  c.  Stickstoff,  7,84  Wasserstoff,  37,16  Sauerstoff,  genau  entsprechend 
der  Formel  C4  H4  02  -h  N2  H4  oder  dem  bernsteinsauren  Ammoniumoxid 
minus  2 At.  Wasser.  Man  hätte  hiernach  die  Formel  C4  H4  02  als  das 
Radikal  der  Bernsteinsäure  zu  betrachten.  Ob  die  in  dem  Folgenden  als  Bi- 
succinamid  beschriebenen  Verbindungen  dieses  Radikal  noch  enthalten,  ist 
nicht  entschieden. 

Bisuccinamid. 

Erwärmt  mau  wasserfreie  Bernsteinsäure  in  trocknen»  Ammoniakgas, 
so  schmilzt  sie  unter  Erhöhung  der  Temperatur,  man  beobachtet  eine  Ab- 
scheidung von  Wasser,  und  die  Bildung  eines  blendend  weifsen,  in  Rhom- 
ben sublimirenden  Körpers,  welchen  D’Arcet,  der  ihn  entdeckte,  Suc- 
cinamid nennt.  Die  Analyse  desselben  führte  zu  der  Formel  C8  H6  04  -+* 
N2  H4,  welche  zeigt,  dafs  sich  von  der  als  wasserfrei  betrachteten  Säure 
1 At.  Wasser  und  1 At.  Sauerstoff,  sowie  1 Aeq.  Wasserstoff  von  dem 
Ammoniak  getrennt  haben.  Das  Bisuccinamid  ist  in  Aether  wenig  löslich. 


Bernsteinsaure  Salze. 


959 


leichter  iü  Alkohol  , es  kristallisirt  aus  diesen  Auflösungen  in  regelmälsi- 
geu  Kristallen.  Durch  Erhitzen  mit  Kalilauge  entwickelt  es  schwierig  Am- 
moniak. 

Löst  mau  diesen  Körper  in  Wasser  auf  und  läfst  die  Flüssigkeit  an 
der  Luft  verdampfen,  so  erhält  man  daraus  schöne  farblose , durchsichtige 
fhomboedrische  Kristalle,  verschieden  in  ihrer  Zusammensetzung  von  dom 
Succinamid  durch  zwei  Atome  Wasser,  welche  mehr  darin  vorhanden 
sind,  C8  H6  -f-  N?  H3  O oder  C8  H14  N2  06.  Die  Auflösung  dieser  Ver- 
bindung ist  ohne  Wirkung  auf  Metalisalze.  Bleisalze  werden  namentlich 
nicht  dadurch  gefällt. 

Bernsteinsaure  Salze. 

lieber  die  Constitution  der  berasteinsauren  Salze  herrscht  einige  Un- 
sicherheit. Nach  der  gewöhnlichen  Ansicht  ist  in  den  Salzen  der  Bern- 
steinsäure das  Hydratwasser  derselben  vertreten  durch  ein  Aequivalent 
Metalloxdid,  8 H-  MO;  allein  neuere  Untersuchungen  von  Fehling  scheinen 
zu  beweisen,  dafs  die  ßernsteiusäure  eine  dreibasische  Säure  ist,  zusam- 
mengesetzt nach  der  Formel  C8  H6  -h  3aq.  Die  Analyse  des  bei  220° 
getrockneten  basisch  bernsteinsauren  Bleioxids  führte  ihn  nemlicli  zur  For- 
mel C8  H6  Os  -f-  3PbO , iu  welcher  also  noch  ein  Atom  der  seither  als 
wasserfrei  angenommenen  Säure  vertreten  ist  durch  1 At.  Bleioxid.  Nach 
Fehling  ist  die  Constitution  der  Bernsteinsäureverbindungen  folgende : 

C8  H6  Os  -j-  AdR40  (kristallisirtes  Succiuamid,  ähnlich  dem  meta- 
phosphorsauren Ammoniak). 

C8  H6  Oä  -f-  3PbO  basisches  Bleisalz. 

2PhO  J 

C3  U6  Os  -+-  ~ aq  > SewöbnliChes  Bleisalz. 

Ca  H6  -f-  ^ | Aminoniaksaiz. 

C8  H6  05  -h  2AJ*°\  Silbersalz. 

Durch  trockne  Destillation  werden  alle  bernsteinsaareü  Salze  mit  metalli- 
scher Basis  zersetzt. 

Bernsteinsaures  Ammoniak  ( Ammoniacum  succinicum ). 

Synonyme : Bernsteinsäurehaltiger  Hirschhorngeist  (Spiritus  sen  Liquor 
Cornu  Cervi  succinatus,  Liquor  Ammonii  succinici,  Liquor  Succinatis  am- 
monici , Succinas  Ammoniae  liquidus). 

Diese  Verbindung  wurde  bereits  im  17ten  Jahrhundert  als  Arzneimittel 
eingeführt. 

185.  Das  flüssige,  zum  medicinischen  Gebrauche  be- 
stimmte, bernsteinsaure  Ammoniak  erhält  man  durch  Neu- 
tral isiren  der  Bernsteinsäure  mit  Hirschhorngeist.  Man  er- 
wärmt das  Gemenge  gelinde  zur  leichtern  Entwickelung  der  Kohlen- 
säure. Die  Bernsteinsäure  darf  in  keinem  Fall  vorherrschen.  Zn  diesem 
Mittel  soll  immer  das  duich  trockne  Destillation  thierischer  Theile  erhal- 
tene flüssige , brenzliche  , kohiensaure  Ammoniak  genommen  werden;  dieses 
durch  sogenanntes  künstliches  zu  ersetzen,  ist  unrecht.  Die  preufsische  Phar 
macopüe  läfst  i Theil  Bernsieinsäure!  iü  8 Th.  Wasser  lösen  und  die  Flüssigkeit 
mit  trocknen^  Hirschhornsalz  neutralisirem.  Ist  wohl  auch  ein  anderes  Produkt? 

— Hie  Eigenschaften  dieser  Flüssigkeit  sind : 8ie  ist  hell 
weingelb,  riecht  nach  Bernstein-  oder  Hirschhorn  - Oel , 
schmeckt  salzig  und  brenzlich.  Reines  bernsteinsaures  Ammonium- 
oxid erhält  man  durch  Neutralisation  der  farblosen  reinen  Säure  mit  ätzen» 


960 


B er  nsteins  äure. 


dem  oder  kohiensaurem  Ammoniak.  Die  neutrale  Auflösung  wird  beim 
Abdampfen  sauer  und  liefert  luftbeständige,  sublimirbare  Kristalle.  Neu- 
trales bernsteinsaures  Ammoniak  dient  in  der  Analyse  zur  Scheidung  des 
Eisenoxids  von  Manganoxidul  und  andern  Metalloxiden;  Bedingung  zur 
vollkommenen  Scheidung  ist,  dafs  das  Fällungsmittel  und  die  zu  fällende 
Flüssigkeit  keine  freie  Säure  enthalten , weil  man  sonst  als  Niederschlag 
ein  bernsteinsaures  Eisenoxid  erhält,  was  sich  beim  Auswaschen  wieder 
löst.  Salpetersaures  Natron  hindert  die  Fällung  des  bernsteinsauren  Ei- 
senoxids. 

Prüfung  auf  Reinheit  und  Güte:  Das  flüssige  bernsteinsaure  Ammoniak 
mufs  klar,  nicht  zu  stark  gefärbt  und  neutral  seyn.  (Wenn  Ammoniak 
sehr  wenig  vorherrscht,  so  ist  dieses  kein  Fehler.)  Mit  concentrirter 
Schwefelsäure  versetzt,  darf  es  nicht  den  Geruch  nach  Essig-  oder  Salz- 
säure entwickeln.  Weinsteinsäure  darf  damit  keinen  Weinstein  bilden; 
eben  so  wenig  darf  Kali,  wenn  die  Flüssigkeit  mit  Essigsäure  versetzt  ist, 
Weinstein  bilden;  salzsaures  Eisenoxid  mufs  einen  braunrothen  Nieder- 
schlag bilden , essigsaures  Bleioxid  einen  weifsen , der  auf  Zusatz  von  Es- 
sigsäure wieder  verschwinden  rnufs;  Tuchen.  Beim  Abdampfen  mufs  sich 
alles  bis  auf  eine  Spur  Kohle  verflüchtigen. 

Medicinische  Anwendung : Als  Tropfen  oder  in  Mixturen.  Wird  durch 
die  meisten  Säuren  und  Basen,  sowie  durch  viele  Salze  zersetzt,  soll 
daher  mit  diesen  Substanzen  nicht  vermischt  gegeben  werden. 

Bernsteinsaures  Aethyloxid,  S,  AeO  f D’Arcet}.  Bei  der  Sättigung 
einer  Auflösung  von  Bernsteinsäurehydrat  mit  Chlorwasserstoffsäure  schei- 
det sich  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  und  bei  Zusatz  von  Wasser 
reines  bernsteinsaures  Aethyloxid  ab,  was  man  durch  Waschen  mit  Wasser 
etc.  reinigt.  Es  stellt  eine  farblose,  ölartige,  leichtflüssige  Flüssigkeit  dar 
von  1,036  spec.  Gewicht  in  flüssigem  und  6,06  im  Gaszustande,  sie  be- 
sitzt einen  scharfen  brennenden  Geschmack  und  einen  schwachen  aromati- 
schen Geruch,  sie  siedet  bei  214°  (R’  Arcet}.  Durch  Chlor  und  flüssiges 
Ammoniak  wird  dieser  Aether  zersetzt;  mit  letzterem  soll  sich  nach 
D’Arcet  eine  weifse,  dem  Oxamethan  ähnliche  kristallinische  Materie 
bilden. 

Die  bernsteinsauren  fixen  Alkalien  sind  leicht  löslich,  kristallisirbar, 
die  Verbindungen  der  Säure  mit  alkalischen  Erden  sind  schwerer  löslich. 
Mit  Bleioxid  bildet  die  Bernsteinsäure  ein  (sog.)  neutrales  S,  PbO  und  ein 
basisches  Salz,  beide  unlöslich  in  neutralen  Flüssigkeiten;  mit  Silberoxid 
ein  weifses  kristallinisches,  in  Wasser  unlösliches  Pulver,  S,  AgO.  Zink- 
salze werden  durch  bernsteinsaures  Ammoniak  gefällt;  in  Mangan-, 
Kupfer-,  Kobaltoxidul-,  Nickelsalzen  bringen  bernsteinsaure  Alkalien 
keinen  Niederschlag  hervor. 

Die  mit  Ammoniak  neutralisirte  wasserfreie  Säure  D’Arcet’s  fällt  nicht 
die  Bleisalze. 

Succinon. 

Unterwirft  man  bernsteinsauren  Kalk  oder  ein  Gemenge  von  Bernstein- 
säure mit  Kalk  der  trocknen  Destillation  , so  erhält  man  ein  braungefärbtes 
Liquiduni,  welches  bei  wiederholten  Destillationen  seinen  empyreumati- 
schen  Geruch  verliert  und  farblos  wird.  Man  erhält  als  Ausbeute  etwa 
Viooo  von  dem  Gewicht  des  Kalksalzes  von  diesem  Körper.  In  einer  Ana- 
lyse erhielt  D’Arcet  79,31  Kohlenstoff,  8,37  Wasserstoff,  13,43  Sauer- 
stoff, in  einer  andern  80,41  Kohlenstoff,  9,53  Wasserstoff,  10,06  Sauer- 
stoff, Resultate,  die  im  Wasserstoffgehalte  nicht  vereinbar  sind. 


Bernstein. 


961 


Anhang  zu  Bernsteinsäure. 

Bernstein. 

Syn. : Agtstein , Succinum , Ambra  flava,  Electrum. 

Ueber  den  Ursprung  dieses  merkwürdigen,  schon  im  höchsten  Alter- 
thum  bekannten  Körpers  hat  man  nur  Vermuthungen.  Gewöhnlich  hält 
man  den  Bernstein  für  einen  ursprünglich  flüssigen,  später  verhärteten 
Balsam.  Die  Entstehung  der  ßernsteinsäure  aus  fetten  Säuren  macht  es 
nicht  unwahrscheinlich,  dal’s  er  ein  durch  einen  langen  Verwesungspro- 
cefs  verändertes  Wachs  oder  ein  ursprünglich  den  Fetten  ähnlicher  Kör- 
per ist. 

Man  findet  ihn  vorzüglich  im  eigentlichen  Preufsen  an  den  Küsten  der 
Ostsee,  theils  im  aufgeschwemmten  Lande,  theils  im  Meere.  Er  wird  aus 
ersterem  durch  Bergbau  gewonnen,  oder  aus  dem  Meere  mit  Netzen  ge- 
fischt. Nach  Stürmen  im  Spätherbste  wird  er  an  dem  Ufer  des  Meeres 
aufgesucht,  wo  er  sich  in  Seepflanzen  (Seetangen)  eingewickelt  findet. 
Beim  bergmännischen  Betriebe  findet  inan  gewöhnlich  unter  einer  Sand- 
schicht ein  Lehmlager,  die  beide  keinen  Bernstein  führen,  unter  dem  Lehm 
stöfst  man  auf  Schichten  fossilen  Holzes,  in  deren  Nähe  der  Bernstein  vor- 
kommt, begleitet  von  Schwefelkies  und  Alaunerzen. 

Man  hält  den  Bernstein  für  ein  von  gewissen  Coniferen  abstammendes 
Baumharz,  welche  den  Früchten  und  Zapfen  nach,  die  man  aufgefunden 
hat , nicht  mehr  existiren.  In  dem  Bernstein  finden  sich  verschiedene  In- 
sectenarten,  namentlich  mehrere  Gattungen  von  Spinnen  (Archaea  para- 
doxal), von  denen  keine  Species  mehr  lebend  angetrofien  wird.  Nur  ein 
einziges,  den  jetzt  lebenden  ähnliches  Insect  ist  bis  jetzt  im  Bernstein  ent- 
deckt worden  (Lepisnm  sacharinnm) , welches  aus  Amerika  stammt.  Von 
den  andern  untergegangenen  Gattungen  von  Insecten  finden  sich  ähnliche 
in  Neuholland  und  Brasilien. 

Aufser  an  der  Küste  der  Ostsee  hat  man  Bernstein  in  der  Nähe  von 
London  in  Kieslagern,  in  einem  Thonlager  bei  Paris  (Becquerel) , an  der 
seeländischen  Küste,  im  Schieferthon  in  Frankreich,  begleitet  von  bitumi- 
nösem Holze,  in  Steinkohlen,  ferner  im  Hennegau,  Schweden,  Polen, 
Italien,  Sicilien,  Spanien,  in  Sibirien  und  in  Nordamerika  angetroffen. 

§.  186.  Der  Bernstein  ist  hart,  spröde,  von  inuschligem 
Brach  und  glänzend  glatter  Oberfläche,  die  Stücke  sind  von  * 
sehr  ungleicher  Gröfse,  farblos,  gelb,  gelbbraun,  milchweils, 
halbdurchsichtig,  durchscheinend  oder  undurchsichtig,  von 
1,065 — 1,070  spec.  Gewicht,  er  ist  geschmacklos,  geruchlos 
bei  gewöhnlicher  Temperatur,  verbreitet  beim  Schmelzen  einen 
ganz  eigenthümÜchen  angenehmen  aromatischen  Geruch. 
Durch  Reiben  mit  Wollenzeug  wird  er  negativ  elektrisch, 
eine  Eigenschaft,  die  schon  den  Griechen  bekannt  warf  der 
griechische  Name  fileatpav  wurde  ihm  von  seiner  Farbe  ge- 
geben. Der  Bernstein  wird  bei  280  — 290°  vollkommen  flüs- 
sig, wobei  er  eine  Zersetzung  und  eine  Aenderung  in  seinen 
Eigenschaften  erleidet. 

In  Wasser  ist  der  Bernstein  unlöslich,  Alkohol  damit  in 
Berührung  färbt  sieh  gelb  und  zieht  etwas  Bernsteinsäure 
und  ein  gelbes  weiches  Harz  aus.  Durch  Salpetersäure  wird 
er  zuerst  in  ein  gelbes  Harz  verwandelt,  was  sich  bei  län- 
gerer Behandlung  darin  auflöst.  Flüchtige  und  fette  Oele 
lösen  davon  in  gewöhnlichem  Zustande  nur  wenig  auf.  In 


962 


B ernstein. 


kochendem  Leinöl  wird  er  weich  und  biegsam;  trüber  und 
wolkiger  Bernstein  wird  hierbei  häufig  durchscheinend  oder 
halbdurchsichtig. 

Nach  Berzelius  enthält  der  Bernstein  ein  flüchtiges  Oel,  Bernstein- 
säure , zwei  in  Alkohol  und  Aetlier  lösliche  Harze  und  seiner  Hauptmasse 
nach  einen  in  allen  Lösungsmitteln  unlöslichen  eigenthiimlichen  bituminösen 
Stoff.  Durch  die  erwähnten  Lösungsmittel  verliert  der  Bernstein  10  — 12 
p.  c.  von  seinem  Gewichte  , der  Rückstand  ( Bernsteinbitumen } schmilzt 
an  der  Luft  erhitzt  mit  dem  Geruch  nach  verbräuntem  Fett,  in  verschlos- 
senen Gefäfsen  fliefst  er  zu  eiuer  dunkelbraunen  Masse  zusammen,  welche 
durchsichtig  wie  Colophonium,  leicht  puiverisirbar  und  beim  Reiben  höchst 
elektrisch  ist.  Bei  diesem  Schmelzen  geht  ein  gelbes  flüchtiges  Oei  über, 
das  anfänglich  nach  Wachsöl,  zuletzt  nach  Bernsteiuöl  riecht.  Von  dem 
geschmolzenen  Bernsteinbitumen  löst  sich  ein  sehr  kleiner  Theil  in  Alkohol, 
eine  gröfsere  Menge  in  Aether,  Terpentinöl  und  fetten  Oelen.  Wenn  es 
nicht  hinreichend  geschmolzen  ist,  bleibt  bei  Anwendung  der  letzteren 
eine  weiche  elastische  Masse  zurück,  ßernsteiupulver  löst  sich  in  kalter 
concentrirter  Schwefelsäure  nach  Unverdorben  mit  brauner  Farbe,  die 
Auflösung  wird  durch  Wasser  gefällt,  der  Niederschlag  enthält  chemisch 
gebundene  Schwefelsäure.  Hünefeldt  Q$chivei(/g.  Jahrb.  f.  Chem.  u.  Phys. 
IX.)  fand , dafs  Chlorwasserstoffsäure  aus  Bernstein  neben  Berusteinsäure 
eine  der  Honigsteinsäure  sehr  ähnliche  Säure  auszog. 

Beim  Schmelzen  des  Bernsteinbitumens  mit  Kalthydrat  erhält  man  unter 
Verflüchtigung  eines  brenzlichen  Oels  eine  feste  Masse,  die  sich  in  Was- 
ser mit  brauner  Farbe  löst.  Die  alkalische  Lösung  enthält  nur  dann  Bern- 
steinsäure, wenn  die  vorhergegangene  Behandlung  mit  Aether  und  Alkohol 
unvollständig  war;  sie  giebt  mit  Säuren  vermischt  einen  schleimigen  Nie- 
derschlag, der  beim  Schmelzen  Wasser  abgiebt  und  zu  einem  harten, 
durchscheinenden,  dunkelgelben  Harze  zusammenschmilzt , was  wenig  in 
Alkohol,  in  gröfserer  Menge  in  Aether,  vollkommen  in  flüchtigen  Oeieä 
löslich  ist. 

Trockne  Destillation  des  Bernsteins. 

Man  füllt  eine  Retorte,  kupferne  oder  eiserne  Blase  mit  gläsernem 
Helm  versehen,  bis  3/4  mit  Bernstein  an,  lutirt  eine,  mit  pneumatischer 
Röhre  versehene  Vorlage  an,  oder  legt  eine  gewöhnliche  unlutirt  vor, 
und  giebt  nach  und  nach  verstärktes  Feuer,  bis  zum  Schmelzen  des  In- 
halts, erhält  dasselbe  mäfsig  stark*  bis  der  Bernstein  nicht  mehr  schäumt, 
sondern  mit  einer  spiegelnden  Fläche  fliefst,  läfst  dann  erkalten.  Auch 
dient  zweckmäfsig  ein  kupferner  Cylinder,  der  einen  durchlöcherten  Bo- 
den hat,  und  unter  welchem  ein  sich  in  eine  lange  weite  Röhre  endigen- 
der Trichter  befestigt  ist.  Man  setzt  den  mit  Bernstein  gefüllten  Cylinder 
in  einen  Windofen,  dessen  Rost  und  Boden  eine  Oeffnung  haben,  durch 
welche  die  Röhre  geht,  die  in  ein  Gefäfs  mit  Wasser  taucht,  setzt  einen 
Helm  auf  mit  einer  uniutirteu  Vorlage , und  umgiebt  den  Cylinder  mit 
Kohlen.  Der  Bernstein  schmilzt,  geht  durch  die  Oeffnungen  des  Bodens 
und  die  Röhre  in  das  untergesetzte  Gefäfs.  ßernsteiusäure  und  Oel  subli- 
rniren  und  destilliren  gröfstentheils  über.  Der  geschmolzene  und  erkaltete 
Rückstand  ( Colophonium  succini } dient  zur  Darstellung  des  Bernsteiu- 
firnisses,  den  man  durch  Auflösung  desselben  in  Terpentinöl  unter  Zusatz 
von  y5  vom  Gewicht  des  Bernsteins  Leinölfirnifs  erhält.  Gewöhnlich  wird 
der  ßernsteinfirnifs  auf  die  Weise  bereitet,  dafs  man  von  dem  Destillir- 
gefäfs,  worin  der  Bernstein  geschmolzen  worden  ist,  den  Helm  abuimmt, 
den  flüssigen  Bernstein  etwas  abkühleo  läfst,  sodann  das  vorher  zum  Sie- 
den erhitzte  Leinöl  und  zuletzt  in  kleinen  Portionen  das  Terpentinöl  unter 
beständigem  Umrühren  der  flüssigen  Masse  zusetzt.  Bei  diesem  Verfahren 
bleibt  kein  Rückstand. 

Bei  der  Destillation  des  Bernsteins  geht  mit  der  Bernsteinsäure  ein 
flüchtiges  Oel  und,  wenn  keine  Säure  mehr  kommt,  ein  gelber  wachs- 


Oelsäure. 


963 


ähnlicher  Körper  über,  welcher , von  der  anhängenden  Säure  und  dem 
Oele  gereinigt,  gelbe  glimmerartige  Blättchen  bildet , die  weder  in  Was- 
ser , noch  in  Alkohol , sehr  wenig  in  Aether  löslich  sind,  sie  schmelzen 
bei  80  bis  100°  und  hinterlassen  beim  starken  Erhitzen  Kohle  ( Vogel’s 
Bernsteincamphor). 

Bernsteinöl  (_0L  SucciniJ wird  bei  der  Bereitung  der  Bernstein- 
säure  erhalten.  Im  rohen  Zustande  dunkelbraun,  ins  Grünliche, 
von  starkem  unangenehmem  Geruch.  — Durch  vorsichtige  Recti- 
fication  desselben  mit  frischgegliiliter  Holzkohle  wird  es  gereinigt.  Das 
rectiücirte  ist  blafsgelb,  fast  wasserhell,  dünnflüssig,  von 
durchdringendem  Geruch  und  scharfem  brenzlich  ätherischem 
Geschmack 5 reagirt  sauer,  wird  an  der  Luft  braun  und  dick- 
flüssig. Ist  wahrscheinlich  stark  kreosothaltig.  — Wird  inner- 
lich als  Oelzucker,  oder  in  Weingeist  und  Aether  gelöst  gegeben.  Ist  Be- 
standteil der  Aqua  Luciae  (Eau  de  Luce ).  Ein  milchiges  Gemenge  aus 
1 Theil  reinem  Bernsteinöl  in  24  Th.  Alkohol  gelöst,  und  96  Th.  Salmiak- 
geist. — Dient  als  belebendes  Mittel  zum  Riechen,  bei  Ohnmächten  u.  s.  W. 

— Mit  Salpetersäure  bildet  es  ein  orangefarbenes  Harz, 
künstlichen  Bisam  £ Moschus  arlificialis ).  Er  wird  bereitet, 
indem  1 Theil  reines  rectificirtes  Bernsteinöl  mit  8 Theilen 
mäfsig  concentrirter  Salpetersäure  in  einer  geräumigen,  glä- 
sernen oder  steinzeugenen  Reibschale  gemischt  werden.  Es 
entsteht  Erhitzung  und  Aufblähen,  und  es  bildet  sich  ein 
orangegelbes,  weiches,  zähes  Harz  (vergl.  auch  die  Wirkung  der 
Salpetersäure  auf  Kreosot,  welches  mit  Wasser  wohl  aus- 
gewaschen wird.  Dieses  hat  einen  eigentümlichen  bisam- 
artigen Geruch.  — Ein  Theil  hievon  in  8 Theilen  Alkohol 
gelöst,  liefert  die  künstliche  Bisamtinktur  £ TincL  Moschi 
artificiatis).  — Beide  sind  officinell. 

Oelsäure.  / 

Formel : s.  S.  968. 

In  vorwaltender  Menge  in  den  flüssigen,  fetten,  nicht  trocknenden 
Oelen,  in  geringerer  in  den  Schmalz-  und  Talgarten,  in  der  Galle  des 
Menschen  (L.  Gmelirf) , im  alten  Käse  und  in  den  Kokkelskörnern.  In  den 
fetten , an  der  Luft  sich  verharzenden  Gelen  ist  nach  Pelouze  und  ßoudet 
eine  besondere  in  ihren  Eigenschaften  abweichende  Oelsäure  enthalten. 

§.  187.  Darstellung  aus  Mandelöl:  Die  aus  Mandelöl- 
seife durch  Zersetzung  mit  einer  Säure  erhaltene  fette  Säure 
wird  mit  ihrem  halben  Gewichte  feingeriebenem  Bleioxid  meh- 
rere Stunden  lang  im  Wasserbade  digerirt,  das  Gemenge  mit 
seinem  doppelten  Volum  Aether  gemischt  und  in  der  Kälte 
2±  Stunden  lang  stehen  gelassen.  Es  entsteht  hierbei  unlös- 
liches margarinsaures  Bleioxid  und  saures  ölsaures  Bleioxid, 
was  sich  im  Aether  löst.  Die  letztere  Auflösung  wird  nun 
mit  verdünnter  Salzsäure  zersetzt,  wodurch  die  Oelsäure  ab- 
geschieden wird,  die  sich  mit  dem  Aether  als  klare  ölige 
Schicht  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  sammelt.  Der 
Aether  wird  durch  Verdampfen  entfernt,  die  erhaltene  Säure 
mit  Alkali  zu  einer  Seife  vereinigt,  der  erhaltene  Seifenleim, 


964 


Öelsäure. 


unter  Zusatz  von  etwas  kohlensaurem  Natron,  mit  Kochsalz 
vermischt,  wo  sich  auf  der  Oberfläche  ölsaures  Natron  ab- 
scheidet,  was  man  durch  wiederholtes  Lösen  in  Wasser  um! 
Aussalzen  von  fallen  im  Wasser  löslichen  färbenden  Substan- 
zen reinigt.  Zuletzt  wird  die  reine  farblose  Natronseife  durch 
Weinsäure  zerlegt,  wo  sich  kaum  gefärbtes  Oelsäurehydrat 
abscheidet,  welches  man  durch  Waschen  mit  siedendem  Was- 
ser von  anhängender  Säure,  und  durch  Erwärmung  im  Was- 
serbade von  anhängendem  Wasser  befreit.  Ganz  auf  gleiche 
Weise  verfährt  man  bei  der  Darstellung  der  öelsäure  aus 
der  rohen  Öelsäure,  welche  bei  der  Fabrikation  der  Stearin- 
säurekerzen  abfällt,  sowie  mit  der  öelsäure,  welche  in  dem 
Alkohol  gelöst  bleibt,  in  welchem  man  die  aus  Olivenöl-, 
Menschenfett-  etc.  Seifen  durch  eine  Säure  abgeschiedenen 
fetten  Säuren  bei  Siedhitze  gelöst  und  dem  Erkalten  über- 
lassen hat. 

§.  188.  J Eigenschaften:  Farbloses  oder  gelblichgefärb- 
tes, Lackmus  stark  röthendes  Oel  von  schwachem  Geruch 
und  scharfem  Geschmack,  leichter  als  Wasser,  bei  einigen 
Graden  unter  6°  zu  einer  aus  Nadeln  bestehenden  Masse  ge- 
stehend. Unlöslich  in  Wasser,  mischbar  mit  Weingeist  von 
0,8^^,  mit  Talg-  und  Margarinsäure,  fetten  und  flüchtigen 
Gelen  in  allein  Verhältnissen. 

Bei  gewöhnlicher  Temperatur  läfst  sich  das  Oelsäurehydrat  mit  Schwe- 
felsäure nicht  ohne  Färbung  mischen , welche  beim  Erwärmen  zunimmt. 
Giebt  durch  Salpetersäure  Korksäure  und  eine  Reihe  von  andern  Zer- 
setzungsprodukten , keine  Kleestiure. 

Mit  salpetersaurem  Quecksilberoxidul  oder  salpetriger  Säure  iu  Berüh- 
rung verwandelt  sich  die  Öelsäure  in  Elaidinsäure  ; s.  diesen  Körper. 


Öelsäure  Salze. 

§.  189.  Die  Öelsäure  zersetzt  die  kohlensauren  Alkalien 
und  theil weise  viele  andere  Salze,  mit  deren  Basen  sie  unlös- 
liche Verbindungen  eingeht.  Die  ölsauren  Salze  sind  weich 
oder  mäfsig  fest,  schwierig  in  der  Wärme  zu  einem  Oele 
schmelzbar,  seifenartig,  in  Alkohol  leichter  als  in  Wasser 
löslich. 

Oelsaures  Ammoniumoxid.  Mit  wässerigem  Ammoniak  zusammenge- 
bracht bildet  die  Öelsäure  eine  gallertartige,  in  kaltem  Wasser  lösliche 
Masse.  ( Chevreulf) 

Oelsaures  Aethyloxid.  Darstellung : 2 Theile  Öelsäure,  1 Th.  con- 
centrirte  Schwefelsäure  und  4 Th.  Alkohol  werden  mehrere  Stunden  lang 
der  Siedhitze  nahe  erhalten,  der  Rückstand  in  der  Retorte  wird  alsdann 
mit  siedendem  Wasser  bis,  zur  Entfernung  aller  freien  Schwefelsäure  und 
sodann  mit  schwacher  Kalilauge  behandelt;  durch  letztere  wird  die  freie 
Öelsäure  hin  weggenommen.  Durch  Steheniassen  über  Chlorcalcium  befreit 
man  das  neutrale  ölsaure  Aethyloxid  von  anbängendem  Wasser. 

Eigenschaften:  Färb-  und  geruchlose,  ölartige  Flüssigkeit  von  0,871 
spec.  Gewicht  bei  18°,  siedet  und  destillirt  bei  einer  hohen  Temperatur 


Oelsalire  Salze. 


965 


ohne  Veränderung,  unzersetzbar  durch  wässerige  Alkalien,  leicht  und 
schnell  durch  eine  alkoholische  Auflösung  von  Kalihydrat,  wobei  sich  öl- 
saures  Kali  und  Alkohol  bildet. 

Mit  salpetersaurem  Quecksilberoxidul  in  Berührung  verwandelt  sich 
das  ölsaure  Aethyloxid  in  elaidinsaures  Aethyloxid.  ( Laurent .) 

Oelsaures  Methyloxid.  Flüssigkeit  von  derselben  Beschaffenheit  und 
ähnlichem  Verhalten  wie  die  vorhergehende  Verbindung 5 spec.  Gewicht 
bei  18°  0,879.  ( Laurent. ) 

Oelsaures  Glyceryloxid. 

Synon. : Olein.  Formel,  und  Zusammensetzung  im  reinsten  Zustande 
unbekannt. 

Bestandteil  der  fetten  Oele  und  der  meisten  in  der  organischen  Natur 
vorkommenden  Fettarten. 

Darstellung : Die  meisten  fetten  Oele  sind  Gemenge  von  talg-  oder 
margarinsaurem  Glyceryloxid  mit  ölsaurem  Glyceryloxid,  bei  starker  Kälte 
scheiden  sich  die  beiden  ersteren  in  festem  Zustande  ab,  beim  Pressen  in 
niederer  Temperatur  fliefst  ölsaures  Glyceryloxid  aus,  aber  in  diesem  Zu- 
stande ist  es  niemals  rein. 

Bei  Schmalz-  und  Talgarten  ist  es  besser  sie  mit  kochendem  Alkohol 
zu  behandeln,  aus  dem  sich  beim  Erkalten  fast  alle  kristallisirbare  Materie 
absetzt,  während  die  ölsaure  Verbindung  gelöst  bleibt.  Wenn  diese  Auf- 
lösung abdestillirt,  mit  Wasser  gemischt  und  eine  Zeitlang  im  Sieden  er- 
halten wird,  so  nimmt  dieses  riechende  und  färbende  Substanzen  auf  und 
das' sich  abscheidende  Oel  kann  als  rein  betrachtet  werden,  wenn  es  bei 
starken  Kältegraden  keine  feste  Substanz  mehr  absetzt.  Nach  Kerwyk 
erhält  man  aus  Olivenöl  das  reinste  Ölsaure  Gtyceryloxid , wenn  man  2 
Theile  reines  Olivenöl  mit  einem  Th  eil  einer  mäfsig  starken  Natronlauge 
vermischt  und  unter  öfterem  Umschütteln  des  Gemisches  24  Stunden  in 
Berührung  läfst.  Zur  Scheidung  der  gebildeten  festen  Seife  von  dem  un- 
verseiften  Oel  setzt  man  schwachen  Weingeist  hinzu  und  erhitzt;  indem 
sie  sich  auflöst  scheidet  sich  das  Olein  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit 
ab.  Nach  dem  Abgielsen  unterwirft  man  es  einer  zweiten  Behandlung  mit 
Weingeist  und  läfst  es  eine  Zeitlang  mit  groben  Stücken  Chlorcalcium  in 
Berührung.  Nach  Pelouze  Sr  Boudet  besteht  der  flüssige  Theil  der  Fette 
und  Talgarteo  aus  zwei  von  einander  verschiedenen  Materien,  der  flüssige 
Theil  der  fetten  nicht  trocknenden  Oele  und  Talgarten  unterscheidet  sich 
von  dem  flüssigen  Theil  der  trocknenden  Oele  durch  seine  ungleiche  Lös- 
lichkeit in  Lösungsmitteln,  und  vorzüglich  dadurch,  dafs  der  erstere  durch 
salpetrige  Säure  in  Elaidin  und  Elaidinsäure  verwandelt  wird  und  damit 
eine  feste  Consistenz  annimmt,  während  das  Olein  der  trocknenden  Oele 
durch  diese  Säure  keine  in  die  Augen  fallende  Veränderung  erleidet. 

Eigenschaften:  Da  man  bis  jetzt  kein  ölsaures  Glyceryloxid  absolut 
rein  darzustellen  im  Stande  war,  so  sind  die  Eigenschaften,  die  man  von 
ihm  kennt,  je  nach  dem  Zustande  der  Reinheit,  in  dem  es  von  verschie- 
denen Beobachtern  erhalten  wurde,  höchst  verschieden  angegeben.  Es  ist 
färb-,  geruch-  und  geschmacklos,  von  0,90  bis  0,92  spec.  Gewicht;  es 
erstarrt  bei  sehr  hohen  Kältegraden,  um  so  früher,  je  mehr  Stearin  oder 
Margarin  beigemengt  ist.  Durch  Alkalien  und  andere  Metalloxide  wird  es 
zerlegt  in  Glyceryloxidhydrat  COelsüfs)  und  ölsaure  Salze.  Mit  Hyper- 
oxiden erhält  man  ölsaure  Salze  und  Zersetzungsprodukte  des  Glyceryl- 
oxids , ziemlich  Ameisensäure  und  Kohlensäure.  Mit  salpetersaurem  Queck- 
silberoxidul oder  salpetriger  Säure  in  Berührung  verwandelt  es  sich  in 
elaidinsaures  Glyceryloxid  und  einen  gelben  Körper.  Durch  Behandlung  mit 
starker  Salpetersäure  bis  zur  völligen  Zersetzung  liefert  es  Korksäure 
und  eine  Reihe  anderer  von  Laurent  entdeckter  Zersetzungsprodukte. 
Durch  concentrirfce  Schwefelsäure  wird  es  unter  Schwärzung  zersetzt, 
hierbei  entsteht  schwefelsaures  Glyceryloxid  und  freie  Oelsäure,  durch 


966 


Oelsäure. 


concentrirte  Salzsäure  erleidet  es  keine  bemerkliche  Veränderung,  Bei 
der  Destillation  wird  es  zerlegt  und  liefert  Oelsäure  und  Zersetzungspro- 
dukte  derselben,  so  wie  Zersetzungsprodukte  des  Glyceryloxids 

Durch  die  Einwirkung  der  Luft  nimmt  es  unter  Sauerstoffabsorbtion 
und  Kohlensäurebildung  eine  dickliche  Beschaffenheit  an;  mit  Aether,  fet- 
ten und  flüchtigen  Oelen  mischt  es  sich  in  allen  Verhältnissen.  Einer  Mi- 
schung von  gleichen  Theilen  Aether  und  Alkohol  entzieht  damit  geschüt- 
teltes ölsaures  Glyceryloxid  den  Aether,  indem  der  Alkohol  beinahe  rein 
abgeschieden  wird ; es  löst  Benzoesäure  und  die  meisten  sublimirbaren 
organischen  Säuren  auf. 

Oelsaures  und  talgsaures  Glyceryloxid. 

Diese  Doppelverbindung  ist  in  dem  festen  Theil  der  Kakaobutter  von 
Pelouze  und  Boudet  entdeckt  worden;  sie  ist  weifs , ziemlich  hart  und 
schmilzt  bei  39°.  Durch  Behandlung  mit  Alkalien  zerfällt  sie  in  talg-  und 
ölsaures  Alkali  und  Glyceryloxidhydrat. 

Gelsaures  Kali. 

Saures.  Beim  Erhitzen  von  400  Theilen  Wasser,  welches  9,21  Th. 
Kaliumoxid  gelöst  enthält,  mit  103,5  Th.  Oelsäurehydrat  erhält  man  eine 
gallertartige  Masse,  welche  mit  1000  Th.  Wasser  verdünnt  sich  nicht  auf- 
löst. Durch  Filtration,  welche  schwierig  vor  sich  geht,  scheidet  man  das 
VFasser  von  dem  Salz.  Das  saure  ölsaure  Kali  ist  unlöslich  in  Wasser, 
leichtlöslich  in  kaltem  und  w’armem  Alkohol. 

Neutrales.  Durch  Erhitzen  von  gleichen  Theilen  Oelsäurehydrat  und 
Kalihydrat  mit  5 Theilen  Wasser  erhält  man  ölsaures  Kali  in  Gestalt  einer 
weichen  Masse,  die  sich  von  der  wässerigen  alkalischen  Flüssigkeit  trennt 
und  fester  wird.  Zur  völligen  Reinigung  löst  man  es  in  Weingeist  von 
0,821 , trennt  das  ungelöste  kohlensaure  Kali  und  dampft  die  wein- 
geistige Lösung  zur  Trockne  ab.  In  trocknem  Zustande  stellt  es  eine 
weifse,  geruchlose,  zerreibliche  Masse  dar  von  bitterem  alkalischem  Ge- 
schmack. 

Nimmt  man  zur  Darstellung  dieses  Salzes  die  doppelte  Menge  Oel- 
säurehydrat, so  erhält  man  bei  Digestion  in  der  Wärme  eine  gleichför- 
mige, durchscheinende,  fadenziehende  Gallerte,  welche  bei  Zusatz  von 
starker  Kalilauge  und  Erhitzen  von  der  wässerigen  Flüssigkeit  sich  voll- 
kommen scheidet.  WTird  ihre  Auflösung  in  heifsem  Weingeist  an  der  Luft 
verdampfen  gelassen,  so  bleibt  eine  durchsichtige  Gallerte. 

Man  kann  sich  ölsaures  Kali  zur  Darstellung  von  Oelsäure  verschaf- 
fen, wenn  durch  Kali  verseifte  fette  Oele  oder  Talgarten  in  heifsem  Was- 
ser gelöst  und  diese  Auflösungen  mit  vielem  Wasser  verdünnt  werden,  wo 
sich  saures  talg-  und  margarinsaures  Kali  abscheidet;  durch  vorsichtige 
Neutralisation  mit  einer  verdünnten  8äure  und  weiteres  Verdünnen  wird 
ein  neuer  Niederschlag  von  diesen  Salzen  erhalten.  Mau  wiederholt  diefs 
so  lange  als  noch  Trübung  erfolgt,  wo  in  der  Flüssigkeit  ölsaures  Kali 
gelöst  bleibt,  aws  dem  man  durch  überschüssige  Säuren  die  (etwas  Mar- 
garin-  und  Talgsäure  enthaltende)  Oelsäure  abscheidet. 

Das  trockne  Salz  schwillt  in  2 Th.  Wasser  zu  einer  durchsichtigen  Gal- 
lerte auf  und  ist  in  4 Th.  Wasser  vollkommen  zu  einem  fadenzichenden 
Syrup  löslich;  bei  gröfserem  Ueberschufs  von  Wasser  wird  es  zersetzt 
unter  Abscheidung  von  saurem  ölsaurem  Kali. 

In  einem  mit  Feuchtigkeit  gesättigten  Raum  zerfliefst  das  ÖJsaure  Kali. 
Es  löst  sich  in  seinem  gleichen  Gewachte  Alkohol  von  0,821  bei  50°,  bei 
dem  Erkalten  wrird  die  Auflösung  fasrig , bei  Zusatz  einer  gleichen  Menge 
Alkohol  löst  sich  Alles  wieder  auf,  ohne  beim  Erkalten  bis  13°  sich  zu 
trüben;  bei  10°  setzt  sich  alles  ölsaure  Kali  ab.  100  Theile  Aether  lösen 


Oelsäure  Salze. 


967 


3,45  ölsaures  Kali.  Das  Salz  ist  unlöslich  in  einer  Auflösung  von  Chlor- 
Kalium  und  Kalihydrat  und  wird  durch  beide  aus  der  wässerigen  Auflösung 
geschieden. 

Alle  Säuren , selbst  Kohlensäure , zerlegen  das  ölsaure  Kali  und  schei- 
den Oelsäure  oder  saures  ölsaures  Kali  ab.  Mit  Baryt-,  Kalk-  und  Stron- 
tian- Salzen  giebt  seine  Auflösung  Niederschläge  von  ölsaurem  Baryt, 
Strontian,  Kalk.  Eben  so  verhält  sich  seine  Lösung  gegen  die  übrigen 
Metalloxidsalze. 

Oelsaures  Natron.  Man  verfährt  mit  3 Theilen  Oelsäurehydrat , 2 Th. 
Natronhydrat  und  15  Th.  Wasser  wie  bei  der  Darstellung  des  ölsauren 
Kali’s. 

Eigenschaften : Färb-  und  geruchlose  feste  Masse  von  bitterem  alka- 
lischem Geschmack.  Eine  alkoholische  Auflösung  an  der  Luft  verdampft 
hinterläf'st  das  Salz  in  Gestalt  einer  halbdurchsichtigen,  festen,  brüchigen, 
dem  äusseren  Ansehen  nach  vollkommen  trocknen  Masse;  in  der  Wärme 
getrocknet  zieht  sie  Feuchtigkeit  aus  der  Luft  an  ohne  zu  zerfliefsen  , löst 
sich  in  10  Th.  kaltem  Wasser  bei  33°,  in  10  Theilen  Weingeist  von  0,821 
spec.  Gewicht.  100  Theile  Weingeist  lösen  in  der  Kälte  4,84.  In  Aether 
sehr  wenig  löslich. 

Wird  durch  dieselben  Substanzen  zersetzt  wie  das  ölsaure  Kali, 

O eisaurer  Baryt , Strontian , Kalk , Bitterer  de , Chromoxid , Zink- 
oxid, Eisenoxid,  Nickeloxid , Kupferoxid  sind  in  Wasser  unlösliche,  in 
der  Wärme  schmelzbare,  in  Weingeist  leichtlösliche  Yerbiudungen. 

Oelsaures  Bleioxid.  Darstellung:  Menschenfett-,  Olivenöl-  oder 
Mandelölseife  wird  durch  Behandlung  mit  einer  Auflösung  von  Weinsäure 
zerlegt,  das  abgeschiedene  Gemenge  von  Oelsäure  und  Margarinsäure  mit 
Bleioxid  in  gelinder  Wärme  digerirt,  man  setzt  nach  einiger  Zeit  ein  glei- 
ches Volum  reinen  Aether  hinzu  und  erwärmt,  wo  sich  margarinsäure- 
freies  saures  ölsaures  Bleioxid  auflöst,  was  man  durch  Verdampfen  des 
Aethers  gewinnt.  Oder  man  löst  die  genannten  Seifen  in  siedendem  Was- 
ser und  fällt  diese  Lösung  mit  neutralem  essigsaurem  Bleioxid.  Der  Nie- 
derschlag ist  ein  Gemenge  von  margarinsaurem  mit  ölsaurem  Bleioxid.  Man 
trocknet  ihn  nach  dem  Auswaschen  und  behandelt  ihn  mit  Aether  in  der 
Kälte  , wo  sich  das  neutrale  ölsaure  Bleioxid  löst,  während  das  margarin- 
saure  Bleioxid  zurückbleibt. 

Die  ätherische  Auflösung  dampft  man  ab  und  wäscht  den  Rückstand 
mit  Wasser. 

Das  neutrale  ölsaure  Bleioxid  stellt  eine  graue  durchscheinende  Masse 
dar,  welche  in  der  Wärme  der  Hand  sich  erweicht  und  bei  60  — 65° 
schmilzt;  es  löst  sich  in  Alkohol,  Terpentinöl  und  Petroleum  leicht  auf; 
es  ist  ferner  in  Aether  löslich,  leichter  in  siedendem  als  in  kaltem.  Das 
Bleioxid  bildet  mit  Oelsäure  noch  ein  saures  und  basisches  Salz. 


lieber  die  Zusammensetzung  der  Oelsäure. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Chevreul  und  Varrentrapp  wird  es 
höchst  w-ahrscheinlich , dafs  die  flüssigen,  nicht  flüchtigen  Säuren  in  den 
verschiedenen  Oelen  eine  ungleiche  Zusammensetzung  besitzen.  Chevreul, 
welcher  die  Oelsäure  aus  dem  Hammeltalg  einer  Analyse  unterwarf, 
stellte  sie  nach  dem  beim  ölsauren  Kali  angegebenen  verschiedenen  Ver- 
fahren dar.  Er  versetzte  eine  Auflösung  von  Hammeltalgseife  in  6 Thei- 
len warmem  Wasser  mit  weiteren  45  Th.  Wasser,  und  liefs  das  Gemisch 
bei  12°  so  lange  stehen,  als  sich  noch  kristallinische  Niederschläge  bilde- 
ten (saures  talg-  und  margarinsaures  Alkali) ; die  klar  abgegossene  Flüs- 
sigkeit wurde  concentrirt,  das  freie  Kali  durch  Weinsäure  neutralisirt  und 
wieder  mit  vielem  Wasser  verdünnt,  und  auf  diese  Weise  fortgefahren,  bis 
er  eine  Flüssigkeit  erhielt,  die  keinen  Niederschlag  mehr  absetzte.  Sie 


968 


Oelsäure. 


wurde  nun  abgedampft,  mit  überschüssiger  Weinsäure  die  Oelsäure  abge- 
schieden , durch  Waschen  mit  Wasser,  Auflösung  in  Alkohol  und  Fällung 
mit  Wasser  gereinigt  und  einer  immer  niedrigeren  Temperatur  ausgesetzt, 
so  dafs  sie  theilweise  kristalüsirte.  Der  flüssig  bleibende  Theil  wurde  als- 
dann von  den  entstandenen  Kristallen  (Oelsäure  und  beigemengte  Marga- 
rinsäure)  abfiltrirt.  Dieses  Oelsäurehydrat  besafs  bei  19°  ein  spec.  Ge- 
wicht von  0,898  und  gab  in  der  Analyse  in  100  Theilen  77,866  Kohlen- 
stoff, 11,350  Wasserstoff  und  10,784  Sauerstoff.  Beim  Zusammenbringen 
mit  Bleioxid  verlor  dieses  Hydrat  3,8  p.  c.  Wasser;  der  Sauerstoff  der 
Basis  in  den  ölsauren  Salzen  verhielt  sich  zu  dem  der  damit  verbundenen 
Säure  sehr  nahe  wie  2 : 5.  Nach  Chevreul  ist  die  Formel  der  wasserfreien 
Säure  hiernach  C:o  H117  Os ; das  Hydrat  enthält  zwei  Atome  Wasser  mehr, 
von  denen  in  den  sauren  Salzen  das  eine  Atom , in  den  neutralen  beide 
Atome  vertreten  werden  durch  ihr  Aequivaleut  Basis.  Das  Gewicht  von 
2 Aeq.  = 1 At.  der  wasserfreien  Säure  aus  dem  Hammelfett  beträgt  hier- 
nach 6587. 

Nach  Laurent1  s Analyse  eines  nach  Chevreul1  s Methode  aus  Schweine- 
schmalz dargestellten  Oeisäurehydrats  enthielt  dieses  77,19  — 77,35  Koh- 
lenstoff, 12,20  — 12,31  Wasserstoff  und  10,61—10,34  Sauerstoff.  Hieraus 
berechnet  Laurent  die  Formel  C:o  H;28  Os  2aq,  Atomgewicht  6675; 
allein  die  analysirte  Oelsäure  war  von  ihm  im  leeren  Raum  destillirt  wor- 
den, was  ohne  Zersetzung  nicht  geschehen  kann,  so  dafs  diese  Analyse 
keine  Bürgschaft  für  die  Zusammensetzung  der  nicht  destillirten  Säure 
seyn  kann. 

In  der  neuesten  Zeit  unternahm  Varrentrapp  eine  Untersuchung  der 
Oelsäuren  in  dem  Oel  der  siifsen  Mandeln  und  des  Ochsenfetts,  beide  wa- 
ren frei  von  jeder  Spur  von  eingemengter  Margarin-  oder  Talgsäure.  In 
10  Analysen  wurden  im  Maximo  77,18,  im  Minimo  76,35  Kohlenstoff 

— 12,18  — 11,74  Wasserstoff  ge- 

funden. Aus  den  Analysen  der  in  den  Barytsalzen  enthaltenen  Säure  er- 
gaben sich  für  ihr  Atomgewicht  und  ihre  Zusammensetzüng  folgende  Ver- 
hältnisse : 

44  At.  Kohlenstoff  3363,14  — 79,13 

78  — Wasserstoff  486,70  — 11,45 

4 — Sauerstoff  400,00  — 9,42 

1 At.  wasserfreie  Oelsäure  4249,84  — 100,00 

Das  von  Chevreul  analysirte  ölsaure  Barytsalz  enthielt  22,97  p.  c., 
das  von  Varrentrapp  untersuchte  18,38  p.  c.  Baryt.  Für  100  Th.  wasser- 
freier Säure  verhalten  sich  beide  = 4:3. 

Das  Oelsäurehydrat  enthält  hiernach  1 At.  Wasser,  welches  in  den 
neutralen  Salzen  vertreten  ist  durch  ein  Aeq.  Metalloxid,  und  in  100  Thei- 
len 77,10  Kohlenstoff  und  11,44  Wasserstoff. 

Das  ölsaure  Aethyloxid  enthält  nach  dieser  Formel  77,76  Kohlenstoff 
und  11,64  Wasserstoff,  es  wurden  von  Varrentrapp  in  4 Analysen 
77,80—77,95  Kohlenstoff  und  11,81  — 12,09  Wasserstoff  erhalten. 

Das  Natronsalz  der  von  Varrentrapp  untersuchten  Säuren  kristallisirt 
aus  seiner  heifs  gesättigten  Auflösung  in  Alkohol  in  weifsen  Rinden  und 
rundlichen  Körnern;  die  Bar3rt~  und  Silbersalze  sind  weifs,  unlöslich  in 
Wasser.  Das  letztere  wird  beim  Trocknen  schwarz,  es  schrumpft  unter 
der  Luftpumpe  über  Schwefelsäure  zu  einer  pflasterähnlichen  Masse  zu- 
sammen, die  ihren  weichen  Zustand  nicht  verliert,  beim  gelindesten  Er- 
wärmen schmilzt  das  Silbersalz,  es  läfst  sich  in  diesem  Zustand  auf  Glas 
und  Porcellan  verbreiten  und  hinterläfst  nach  dem  Glühen  einen  spiegeln- 
den Ueberzug  von  26  — 27  p.  c.  metallischem  Silber. 

Verhalten  der  Oelsäure  hei  der  trocknen  Destillation. 

Oelsäurehydrat  in  einer  zu  V3  damit  angefüllten  Retorte  erhitzt,  kommt 
erst  in  einer  hohen  Temperatur  zum  Sieden , bei  der  Destillation  erhält 


Fettsäure» 


969 


man  gasförmige  und  flüssige  und  feste  Produkte,  im  Rückstände  bleibt  eine 
beträchtliche  Menge  Kohle.  Das  Gas,  was  sich  entwickelt,  ist  durch 
Kali  zum  Theil  absorbirbar , das  darin  nicht  lösliche  ist  entzündlich  und 
brennt  mit  hell  leuchtender  Flamme , wie  ölbildendes  Gas. 

Wenn  man  das  flüssige  Produkt  der  Destillation  der  Oelsäure  zu  unglei- 
chen Zeiten  auffängt,  so  bemerkt  man,  dafs  das  zuerst  übergehende  zum 
grofsen  Theil  beim  Erkalten  erstarrt,  das  zuletztkommende  bleibt  flüssig. 
Im  Ganzen  ist  das  flüssige  Produkt  wenig  gefärbt  und  setzt  in  der  Kälte 
eine  Menge  kristallinischer  Flocken  und  Nadeln  ab.  Der  feste  kristalli- 
nische Theil  des  Destillats  ist  vollständig  in  heifsem  Wasser  löslich,  der 
flüssige  Theil  löst  sich  zum  Theil  in  Alkalien,  der  gröfste  Theil  davon  ist 
darin  nicht  löslich  und  besteht  aus  mehreren  Kohlen  wasserstoffverbindun- 
gen  von  ungleichem  Siedpunkt.  Durch  anhaltende  Destillation  mit  Wasser 
gehen  diese  KohlenwasserstofFverbindungen  mit  den  Wasserdämpfen  über, 
es  bleibt  das  nicht  flüchtige  Oelsäureliydrat  in  dem  Destillirapparat  zurück. 
Der  flüssige  Kohlenwasserstoff  ist  sehr  flüssig,  das  Licht  stark  brechend, 
für  sich  der  Destillation  unterworfen  fängt  er  an  bei  160°  zu  sieden,  die 
Temperatur  erhöht  sich  zuletzt  auf  280°,  wo  alles  ohne  Rückstand  über- 
destillirt. 

Die  in  Wasser  lösliche  kristallisirbare  Säure,  welche  in  der  Destilla- 
tion der  reinen  Oelsäure  als  das  einzige  feste  Produkt  auftritt , ist  Fett- 
säure. Alle  Oelsäuren,  die  aus  Menschenfett,  Hammelsfett,  Ochsenfett, 
Olivenöl  und  den  trocknenden  Oelen,  verhalten  sich  bei  der  trocknen 
Destillation  vollkommen  gleich,  eben  so  alle  Fette,  Talge  etc.,  welche 
eine  flüssige  Säure  enthalten , sie  liefern  bei  der  trocknen  Destillation  Fett- 
säure, erkennbar  an  ihrer  Löslichkeit  in  Wasser  und  an  der  Eigenschaft 
ihrer  wässerigen  Auflösung,  in  Bleisalzen  einen  weifsen  Niederschlag  zu 
bewirken. 

Fettsäure  £acidum  sehacicurn). 

Formel  der  wasserfreien  Säure  C10  H16  03  ; des  Hydrats  C10  H16  0, 
•4-  aq.  (Rumas,  Redtenbacher.')  Sy  mb. : Se  •+•  aq. 

Entdeckt  von  Tlienard . 

Zur  Darstellung  der  Fettsäure  werden  die  flüssigen  und  festen  Pro- 
dukte der  Destillation  der  Oelsäure,  oder  von  allen  fetten  Körpern,  wel- 
che Oelsäure  enthalten,  mit  Wasser  wiederholt  so  lange  ausgekocht,  als 
dieses  beim  Erkalten  noch  Kristalle  absetzt.  Die  erhaltenen  Kristalle  sind 
Fettsäurehydrat,  sie  werden  auf  einem  Trichter  gesammelt,  mit  kaltem 
Wasser  ausgewaschen,  wiederholt  in  kochendem  Wasser  gelöst,  filtrirt 
und  erkalten  lassen , bis  die  sich  absetzenden  Kristalle  farblos  sind  und 
allen  brenzlichen  Geruch  verloren  haben. 

Das  Fettsäurehydrat  erhält  man  auf  diese  Weise  in  weifsen  perlmut- 
terglänz eo den , nadelförmigen  und  schmalblättrigen,  äufserst  lockern  Kri- 
stallen , dem  Benzoesäurehydrat  sehr  ähnlich.  Es  schmeckt  und  reagirt  schwach 
sauer,  verliert  bei  100°  nichts  am  Gewicht,  schmilzt  bei  127°  zu  einem 
farblosen  Oel , was  beim  Erkalten  zu  einer  kristallinischen  Masse  erstarrt; 
bei  höherer  Temperatur  sublimirt  es  ohne  Veränderung;  sein  Dampf  ver- 
ursacht Kratzen  im  Schlunde,  und  besitzt  den  Geruch  von  verdampfendem 
Fett.  Es  ist  in  kaltem  AVasser  sehr  wenig,  in  kochendem  leicht  löslich, 
sowie  in  Alkohol  und  Aether. 

Fettsaure  Salze . 

Die  kalte  wässerige  Auflösung  der  Fettsäure  bringt  in  Blei-  und  Silber- 
salzen weifse  Niederschläge  hervor,  ln  ihren  Salzen  ist  das  Hydrat- 
wasser der  Säure  vertreten  durch  1 Aeq.  Metalloxid.  Fettsaures  Kali 
Geiger  s Phnrma.de , 1.  (5  te  Au  fl.) 


970 


Elaidinsäure. 


(Se,  KO)  ist  in  Wasser  sehr  leichtlöslich,  kristallisirbar  in  kleinen  körni- 
gen nicht  zerfliefslichen  Kristallen,  welche  sehr  wenig  in  Alkohol  löslich 
sind.  Das  Natron-  und  Ammoni&ksalz  sind  beide  sehr  löslich ; die  löslichen 
fettsauren  Salze  bringen  in  Kalksalzen  einen  schwerlöslichen  Niederschlag 
hervor  (Se,  CaO  [Redtenbacher] ). 

Fettsaures  Silberoxid,  Se,  AgO,  ist  ein  weifser,  käsiger,  in  Wasser 
schwerlöslicher  Niederschlag,  welcher  trocken  erhitzt  51,64  p.  c.  Metall 
hinterläfst  und  ein  weifses  kristallinisches,  der  Fettsäure  ähnliches  Subli- 
mat giebt. 

Fettsaures  Aethyloxid.  Se,  AeO  (Redtenbacher ).  Beim  Einleiten 
von  Chlorwasserstoffsäuregas  in  eine  alkoholische  Lösung  von  Fettsäure- 
hydrat scheidet  sich  fettsaures  Aethyloxid  ab.  Auf  gewöhnliche  Weise 
von  Wasser  und  anhängender  Säure  gereinigt  stellt  es  eine  ölartige,  färb* 
lose,  sehr  flüssige  Flüssigkeit  dar,  von  sehr  angenehmem  Melonengeruch, 
sie  ist  leichter  als  Wasser,  wird  bei  — 9°  fest  und  kristallinisch,  siedet 
über  100°  und  destillirt  ohne  Veränderung  über. 


Das  Vorhandenseyn  der  Fettsäure  in  dem  Destillationsprodukt  irgend 
eines  fetten  Körpers  kann  als  Beweis  von  der  Gegenwart  einer,  den  be- 
kannten Oelsäuren  ähnlichen  Säure  in  letzterem  angesehen  werden.  Es 
ist  diefs  die  bestimmteste  chemische  Verschiedenheit  der  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  festen  fetten  Säuren,  welche  keine  Spur  Fettsäure  erzeugen, 
von  den  flüssigen  Oelsäuren,  durch  deren  Zersetzung  in  liöhertr  Tempe- 
ratur sie  ausschliefslich  gebildet  wird. 

Verhalten  der  Oelsäure  gegen  salpetrige  Säure  und  Salpetersäure. 

Elaidinsäure. 

Ueber  die  Entdeckung  der  Elaidinsäure  und  des  Elaidins  siehe  das  Ver- 
halten der  fetten  Oele  zu  salpetriger  Säure. 

Bildung  der  Elaidinsäure.  Beim  Zusammenbringen  von  fetten,  nicht 
trocknenden  Oelen  mit  kalt  bereitetem  salpetersaurem  Ouecksilberoxidul 
oder  salpetriger  Säure  verlieren  sie  ihre  flüssige  Beschaffenheit  und  wer- 
den fest  und  hart.  Die  Aenderung  in  ihrer  Beschaffenheit,  welche  sie 
hierbei  erleiden,  ist  abhängig  von  der  Einwirkung  der  salpetrigen  Säure 
auf  die  in  den  Oelen  enthaltene  Oelsäure,  welche  dadurch  in  eine  feste 
kristallinische  Säure , in  Elaidinsäure  verwandelt  wird.  Die  fetten  Oele 
enthalten  ölsaures  Glyceryloxid,  gemengt  oder  verbunden  mit  margarin-, 
oder  talgsaurem  Glyceryloxid.  Das  ölsaure  Glyceryloxid  geht  durch  Be- 
rührung mit  salpetriger  Säure  in  elaidinsaures  Glyceryloxid  über,  welches 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  fest  und  kristallinisch  ist;  aus  Olivenöl  und 
andern  Oelen  dargestellt  ist  das  elaidinsäure  Glyceryloxid  nicht  rein, 
sondern  mehr  oder  weniger  gemengt  mit  margarinsaurem  Glyceryloxid. 
Durch  Kochen  mit  kaustischen  Alkalien  wird  es  wie  alle  festen  Fette  ver- 
seift, die  alkalische  Lösung  enthält  ein  Gemenge  von  Elaidinsäure  mit 
Margarinsäure.  Man  kennt  keine  zuverlässige  Methode,  um  beide  von 
einander  zu  trennen. 

Darstellung  der  Elaidinsäure.  Man  leitet  durch  reines  margarinsäure- 
freies  Oelsäurehydrat,  welches  in  einem  mit  kaltem  Wasser  umgebenen 
Gefäfse  enthalten  ist,  vier  bis  fünf  Minuten  lang  einen  Strom  von  salpe- 
triger Säure,  die  man  aus  einem  Gemisch  von  Kartoffelstärke  mit  Salpeter- 
säure entwickelt.  Nach  einiger  Zeit  gerinnt  die  Oelsäure  zu  einer  in 
grofsen  Blättern  kristallisirten  Masse,  welche  mit  kochendem  Wasser  von 
anhängender  Salpetersäure  getrennt,  sodann  in  ihrem  gleichen  Volum  Al- 
kohol gelöst,  der  Ruhe  überlassen  wird.  Gewöhnlich  erstarrt  diese  Auf- 
lösung nach  84  Stunden  zu  einer  aus  perlmuttergjänzeuden  tafelförmigen 


Elaidinsaure  Salze. 


971 


Kristallen  bestehenden  Masse,  die  man  durch  Filtration  von  der  einge- 
mengten  gelbgefärbten  Mutterlauge  trennt , zwischen  Fliefspapier  ausprefsfc, 
und  durch  wiederholte  Kristallisation  aus  Alkohol  reinigt.  CMeyer.J 

Reine  Elaidinsaure  stellt  silberglänzende,  weiche,  der  sublimirten 
Benzoesäure  ähnliche  Kristallblätter  dar,  sie  schmilzt  bei  44 — '45°  C.  zu 
einer  farblosen  Flüssigkeit,  welche  beim  Erkalten  kristallinisch  erstarrt. 
Öie  ist  in  Alkohol  aufserordeutlich  löslich^  bei  ihrem  Schmelzpunkt  in  jeder 
Quantität  damit  mischbar;  Weingeist  von  60  p.  c.  löst  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  das  fünffache  seines  Gewichts  an  Eiaidinsäure  ihre 

alkoholische  Auflösung  besitzt  auf  Lackmuspapier  eine  stark  saure  Reaction; 
in  Aether  ist  sie  weit  weniger  als  in  Alkohol  löslich,  sie  ist  unlöslich  in 
Wasser.  Die  kristallisirte  Eiaidinsäure  ist  Elaidinsäurehydrat,  welches 
beim  Schmelzen  mit  Bleioxid  3,56  p.  c.  Wasser  verliert.  Der  trocknen 
Destillation  unterworfen  geht  sie,  dem  Anschein  nach,  zum  grofsen  Th  eil 
unzersetzt  über.  Das  Destillat  der  reinen  Säure  gieht  beim  Auskochen 
mit  Wasser  eine  Flüssigkeit,  welche  Blei-  und  Quecksilbersalze  trübt, 
ohne  beim  Erkalten  Kristalle  von  Fettsäure  abzusetzen.  (Meyer.^ 

Elaidinsaure  Salze . 

Das  Elaidinsäurehydrat  zersetzt  die  kohlensauren  Alkalien  und  bildet 
mit  ihren  Basen  Salze,  die  sich  in  6 — 8 Th.  Wasser  zu  einem  wasser- 
hellen, sehr  dicken  Seifenleime  lösen.  Wird  die  Auflösung  des  elaidin- 
sauren  Natrons  im  Wasserbade  zur  Trockne  eingedampft  und  der  trockne 
Rückstand  mit  heifsem  Alkohol  behandelt,  so  löst  sich  reines  neutrales 
elaidinsaures  Natron  auf,  was  beim  Erkalten  der  Flüssigkeit  in  grofsen 
breiten,  sehr  glänzenden  Blättern,  dem  kristallisirten  Elaidinsäurehydrat 
sehr  ähnlich,  herauskristallisirt.  Die  Auflösung  dieses  Salzes  in  Wasser 
trübt  sich  beim  Vermischen  mit  vielem  Wasser  und  setzt  ein  saures  kri- 
stallinisches Salz  ab. 

Elaidinsaures  Silheroxid  enhält  man  in  Gestalt  eines  weifsen  volumi- 
nösen Niederschlags  beim  Vermischen  des  neutralen  elaidinsauren  Natrons 
mit  einem  löslichen  Silbersalze.  Frisch  gefällt  ist  dieser  Niederschlag  in 
geringer  Menge  löslich  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether,  er  löst  sich  in 
Aetzammouiak  mit  bräunlicher  Farbe,  und  scheidet  sich  daraus  in  der  Kälte 
in  kleinen  säulenförmigen  Kristallen  wieder  ab.  (Afei/er.) 

Elaidinsaures  Bleioxid  und  Baryt  erhält  man  auf  ähnliche  Weise,  sie 
stellen  beide  unlösliche  weifse  Niederschläge  dar. 

Elaidinsaures  Aethyloxid.  Zuerst  dargestellt  von  Laurent . Nach 
' Meyer  erhält  man  es  am  besten  beim  Sättigen  einer  Auflösung  von  Elai- 
| dinsäurehydrat  in  Alkohol  mit  Chlorwasserstoffgas,  wo  es  sich  in  Gestalt 
i eines  farblosen  Oels  abscheidet.  Das  elaidinsaure  Aethyloxid  ist  bei  ge- 
i wohnlicher  Temperatur  geruchlos,  leichter  wie  Wasser,  mit  Aether  und 
Alkohol  mischbar,  unlöslich  in  Wasser,  schwerlöslich  in  Weingeist  von 
| 60  p.  c.,  mit  welchem  man  es  von  der  beigemischten  Eiaidinsäure  reini- 
gen kann.  Wird  durch  Destillation  und  wässerige  Alkalien  zersetzt. 
(Meyer.y  Nach  Laurent,  welcher  diesen  Aether  durch  Erwärmen  einer 
Mischung  von  Schwefelsäurehydrat,  Alkohol  und  Elaidinsäurehydrat  dar- 
stellte, ist  dieser  Aether  ölähnlich  und  gelb,  sein  spec.  Gewicht  ist  bei 
18°  0,868,  er  siedet  bei  370°,  wobei  er  unverändert  überdestillirt , nicht 
zersetzbar  durch  wässerige  Alkalien  und  löslich  in  concentrirter  Schwe- 
felsäure. 

Elaidinsaures  Methyloxid  ist  von  Laurent  dargestellt  und  in  allen 
Eigenschaften  ähnlich  der  vorherbeschriebenen  Verbindung. 

Elaidinsaures  Glyceryloxid , Elaidin.  Ueber  seine  Darstellung  und 
Eigenschaften  siehe  Seite  1000  u.  s.  f. 


972 


Elaidinsäure. 


lieber  die  Zusammensetzung  der  Elaidinsäure . 

Die  Erzeugung  der  Elaidinsäure  aus  Oelsäure  vermittelst  salpetriger 
Säure  ist  Ms  jetzt  unerklärt.  Die  Elaidinsäure  ist  nemlich  nicht  das  ein- 
zige Produkt,  was  hierbei  auftritfc,  sondern  ihre  Bildung  ist  stets  begleitet 
von  einem  gelben  ölartigen  Körper,  dessen  Zusammensetzung  unbekannt  ist. 

Die  bei  der  Darstellung  der  Elaidinsäure  erhaltenen  Mutterlaugen  lie- 
fern abgedampft  nach  fortgesetzter  Trennung  der  sich  bildenden  Kristalle 
zuletzt  ein  dunkelrothes  dickflüssiges  Oel,  was  sich  wenig  in  Wasser  mit 
gelber,  leicht  in  Alkalien  mit  blutrother  Farbe  löst,  in  letzteren  ohne  einen 
Seifenleim  zu  bilden.  Aus  dieser  Auflösung  wird  diese  Substanz  durch 
Säuren,  dem  Ansehen  nach  unzersetzt,  wieder  abgeschieden.  ( Meyer. 

Laurent  machte  die  Beobachtung,  dafs  ölsaures  Aethyloxid  bei  Be- 
rührung mit  einer  kalt  bereiteten  Auflösung  von  salpetersaurem  Quecksil- 
beroxidul, ohne  seine  äufsere  Beschaffenheit  zu  ändern,  in  elaidinsaures 
Aethyloxid  übergehe,  und  er  erklärte  die  Verwandlung  der  Oelsäure  in 
Elaidinsäure  durch  eine  einfache  Aufnahme  von  Sauerstoff  aus  der  salpe- 
trigen Säure.  Oelsäure  und  Elaidinsäure  sind  nach  ihm  Oxidationsstufen 
eines  und  desselben  Radikals.  Nach  seiner  Analyse  eines  Klaidinsäure- 
hydrats,  welches  aus  Elaidin  dargestellt  war  und  bei  42°  schmolz,  enthält 
diese  Säure  76,40  Kohlenstoff,  13,37  Wasserstoff  und  11,33  Sauerstoff, 
Verhältnisse,  welche  mit  der  Formel  Cro  H136  1*8  sehr  nahe  übereinstimmen. 
Das  elaidinsäure  Aethyloxid  gab  ihm  77,18  Kohlenstoff,  13,36  Wasser- 
stoff und  10,46  Sauerstoff,  woraus  sich  die  Formel  C78  Hisa  08  ~ C70 
Uj 52  06  -f-  2C4  Hio  O entwickeln  läfst.  Die  Formel  C70  H132  06  fand  eine 
weitere  Stütze  in  seiner  Analyse  des  Natronsalzes.  Vergleicht  man  die 
Formel  der  Elaidinsäure,  zu  welcher  Laurent  gelangt  ist,  mit  derjenigen, 
welche  er  für  die  Oelsäure  annimrrrt  (siehe  S.  968),  so  ergiebt  sich  in  der 
Thafc  eine  sehr  bestimmte  Beziehung  zwischen  beiden;  denn  die  wasser- 
freie Oelsäure  enthält  darnach  1 At.  Sauerstoff  weniger  als  die  wasserfreie 
Elaidinsäure ; 

die  Oelsäure  ist  nach  Laurent  C70  Ul52  0S  2aq 
die  Elaidinsäure C70  H132  06  -f-  2aq. 

So  einfach  der  Schlüssel  zur  Erklärung  der  Verwandlung  der  Oelsäure 
in  Elaidinsäure  sich  auch  hiernach  darstellt,  so  stehen  seiner  Wahrheit 
dennoch  eine  Menge  Thatsachen  entgegen.  Die  analysirte  Elaidinsäure 
und  Oelsäure  waren  nemlich  beide  nicht  rein  (die  reine  Elaidinsäure  schmilzt 
bei  44  — 45°,  nicht  bei  42°)  und  die  Oelsäure  war  destillirt  worden,  durch 
welche  Operation  sie  zersetzt  wird ; zuletzt  spricht  gegen  diese  Entwicke- 
lung die  Analyse  der  Oelsäure  von  Varrentrapp  und  die  der  Elaidinsäure 
von  Meyer, 

Aus  Elaidinsäurehydrat,  welches  aus  reinster  margarinsäurefreier  Oel- 
säure bereitet  worden  war  und  was  bei  44  — 45°  schmolz,  erhielt  Meyer 
in  der  Analjse  77,5  — 77,6  Kohlenstoff,  12,12  — 12,2  Wasserstoff  und 
10,2  Sauerstoff.  In  seiner  Analyse  des  elaidinsauren  Silberoxids  erhielt  er 
für  das  Aequivalent  der  wasserfreien  Säure  die  Zahlen  3405,8  — 3436,0 
— 3407,8  — 3428,4,  welche  sehr  nahe  mit  einer  Analyse  des  nemlichen 
Salzes  von  Boudet,  3406,  dessen  Säure  den  nemlichen  Schmelzpunkt  be- 
safs,  übereinstimmen.  In  dem  Silbersalze  fand  Meyer  ferner  auf  29,772 
Silberoxid  im  Mittel  55,5  Kohlenstoff  und  8,5  — 8,6  Wasserstoff,  was  auf 
2 Atome  Silberoxid  72  At.  Kohlenstoff  und  132  At.  Wasserstoff  ausmacht. 
Hieraus  entwickelt  Meyer  folgende  Formeln : 

Für  die -wasserfreie  Säure  iniooTh.  Wasserhaltige  Elaidinsäure  in»ooTh. 
72  At.  Kohlenstoff  5503,32  — 78,040 ; 72  At. Kohlenstoff  5503,32  — 80,611 
136  — Wasserstoff  848,60—12,034;  132  — Wasserstoff  823,64—12,065 
7 — Sauerstoff  700,00—  9,926;  5 — Sauerstoff  500,00—  7,324 

7051,92  100,000  6826,96  100,000 

Die  Zusammensetzung  des  elaidinsauren  Aethyloxids  stimmte  in  Meyer’s 
Versuchen  sehr  genau  mit  der  hier  angenommenen  Formel. 


Oxidatiorasprodekte  der  Oe! säure.  978 

Meyer  beobachtete  ferner,  dafs  die  Verwandlung  des  ölsauren  Aefchyl* 
oxids  in  elaidinsaures  von  einer  ähnlichen  gelben  Materie  begleitet  ist, 
wie  die  Bildung  der  Elaidinsäure  aus  Oelsäurehydrat;  es  gelang  ihm  nichts 
aus  E laiditi  (siehe  diesen  Körper)  eine  Säure  zu  erhalten  , deren  Schmelz- 
punkt höher  als  42°  war,  und  diese  letztere  Säure  gab  ihm  ein  Silbersalz, 
welches  28,2  — 28,3  anstatt  27,7  bis  27,8  p.  c.  metallisches  Silber  hinter- 
liefs,  deren  Atomgewicht  demgemäfs  nur  3327  oder  3316  betrug. 

Wenn  man  von  2 At.  Oelsäurehydrat  nach  Varrentrapp’ s Analyse 
die  Elemente  von  l At.  Eiaidinsäurehydrat  abzieht,  so  bleibt  ein  Körper, 
welcher  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  in  dem  nemlichen  Verhältnisse  wie 
in  dem  Acetyl  enthält. 

2 At.  Oelsäurehj'drat  C38  H160  O10 
ab  1 - Eiaidinsäurehydrat  C72  Bi56  Of 

c16h24  o5. 

Heim  Hinzutreten  von  Sauerstoff  aus  der  salpetrigen  Säure  zu  den  Ele- 
menten des  Oelsäurehydrats  kann  sich  mithin  Elaidinsäure  und  Essigsäure 
bilden.  Die  Entstehung  der  Essigsäure  ist  bei  dieser  Verwandlung  nicht 
nachgewiesen;  wie  oben  erwähnt  bildet  sich  hierbei  ein  gelber  oder  rother 
ölartigei*  Körper,  welcher  Stickoxid  oder  eine  ähnliche  Stickstoff  Verbin- 
dung zu  enthalten  scheint,  da  er  mit  Kali  neutralisirt  und  mit  Eisenvitriol 
versetzt  schwarzbraun  gefärbt  wird.  Die  gleichzeitige  Entstehung  dieses 
gelben  Oels  scheint  eine  Bedingung  zur  Bildung  der  Elaidinsäure  zu  seyn, 
da  durch  keinen  anderen  Oxidationsprocefs  (Behandlung  der  Oelsäuro  z.  B. 
mit  übermangansauren  Salzen  und  Schwefelsäure,  oder  schwefelsaurer 
Chromsäure)  die  Verwandlung  der  Oelsäure  bewirkt  wird. 

Oxidationsprodukte  der  Oelsäure. 

Das  Verhalten  der  Oelsäure  gegen  Salpetersäure  ist  von  Laurent  be- 
schrieben worden,  seine  Untersuchung  führte  ihn  zur  Entdeckung  einer 
Anzahl  von  neuen  Säuren,  von  denen  bis  zu  ihm  nur  eine  einzige,  nem- 
lich  die  Korksäure,  bekannt  war.  Seine  Versuche  sind  von  Bromeis  wie- 
derholt und  in  ihren  Hauptresultaten  vollkommen  bestätigt  worden.  Die 
Oelsäure,  welche  Laurent  in  seinen  Versuchen  anwandte,  war  aus  Oli- 
venöl ohne  weitere  Reinigung  dargestellt,  sie  enthielt  eine  nicht  unbe- 
trächtliche Menge  Margarinsäure,  so  dafs  der  Ursprung  der  gleich  zu  be- 
schreibenden Verbindungen  aus  der  Oelsäure  allein  nicht  abgeleitet  werden 
kann.  Bromeis  bediente  sich  der  rohen  talgsäurehaltigen  Oelsäure  , so  wie 
sie  bei  der  Stearinsäurefabrikation  erhalten  wird.  Bei  der  Behandlung  der 
Oelsäure  mit  Salpetersäure  von  1 ,42  mufs  die  letztere  mit  ihrem  halben 
Gewichte  Wasser  verdünnt  werden ; im  concentrirten  Zustande  wirkt  sie 
so  heftig  ein,  dafs  durch  die  entstehende  Gasentwickelung  ein  grofser 
Theil  der  Masse  aus  den  Gefäfsen  herausgeschleudert  wird.  Die  Verdün- 
nung der  Salpetersäure  über  das  angegebene  Verhältnifs  hinaus  hat  keinen 
nachtheiligen  Einflufs,  nur  wird  dadurch  die  Einwirkung  verlangsamt.  Nach 
der  ersten  jedesmal  heftigen  Einwirkung  der  Salpetersäure  wird  der  Gang 
der  Operation  ruhig  und  gleichförmig.  Laurent  beobachtete  bei  Anwen- 
dung von  concentrirter  Säure  eine  Verdickung  der  Oelsäure  zu  einer  har- 
zigen Masse,  was  Bromeis  nicht  bemerkte;  die  Oelsäure  wird  bei  fortge- 
setzter Digestion  mit  Salpetersäure  immer  dünnflüssiger,  wobei  ihr  Volumen 
nach  und  nach  abnimmt,  und  zuletzt  verschwindet  sie  bei  gehöriger  Er- 
neuerung der  Salpetersäure  völlig. 

Die  bei  dieser  Operation  überdestillirende  Salpetersäure  besitzt  einen 
eignen , die  Respirationswerkzeuge  heftig  angreifenden  Geruch  , welcher 
durch  Neutralisation  der  Säure  mit  einer  Basis  nicht  verschwindet.  Wird 
das  mit  kohlensaurem  Natron  gesättigte  Destillat  einer  neuen  Destillation 
unterworfen,  so  geht  mit  dem  Wasser  ein  flüchtiges,  auf  dem  Wasser 
schwimmendes , sehr  dünnflüssiges  Oel  in  geringer  Menge  über , dem  dieser 
Geruch  angehört. 


974 


Oxidationsprodukte  der  Oelsäure. 


Läfst  inan  nach  der  ersten  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  die  talg- 
säurehaltige Oelsäure  die  Mischung  über  Nacht  ruhig  au  einem  kalten  Orte 
stehen,  so  findet  man  die  Oelsäure  zu  einer  halbfesten  kristallinischen 
Masse  erstarrt,  welche  durch  Pressen  zwischen  trocknem  Papier  und  Rei- 
nigung durch  häufige  Kristallisation  aus  Alkohol  etc.  bei  60°  schmilzt  und 
genau  die  Eigenschaften,  sowie  die  Zusammensetzung  der  Margarinsäure 
zeigt.  (Bromeis).  In  einem  andern  Versuche  erhielt  Bromeis  aus  ganz 
reiner  Oelsäure  durch  die  nemliche  Behandlung  eine  sehr  geringe  Menge 
einer  weifsen  festen  Masse,  die  erst  bei  80°  schmolz  und  bei  70°  erstarrte, 
in  Kali  sich  mit  rother  Farbe  löste.  Bei  Zusatz  einer  Säure  zu  dieser  al- 
kalischen Lösung  schied  sich  eine  sehr  kleine  Menge  eines  dicken  braunen 
Oels  ab  , was  bei  gewöhnlicher  Temperatur  flüssig  blieb. 

Laurent  erhielt  aus  margariusäurehaltiger  Oelsäure,  nach  der  ersten 
Einwirkung  der  Salpetersäure,  eine  feste  kristallinische  Säure,  welche  er 
für  Elaidiusäure  erklärt.  Schmelzpunkt  und  Zusammensetzung  dieses  Pro- 
* dukts  sind  von  ihm  übrigens  nicht  untersucht  worden. 

Die  salpetersaure  Auflösuug  der  Oelsäure  enthält  Korksäure , Azelain- 
säure (?)_,  Pimelinsäure , Adipinsäure,  Lipinsäure  und  ein  in  Salpeter- 
säure lösliches  Oel ; Korksäure  ist,  der  Menge  nach,  das  Hauptprodukt. 

Bei  der  Darstellung  der  Oxidationsprodukte  der  Oelsäure  verfährt  man 
am  besten  auf  die  Weise,  dafs  man  die  Oelsäure  mit  ihrem  doppelten  Vo- 
lum Salpetersäure  im  Anfang  zum  Sieden  erhitzt  und  nach  erfolgter  hef- 
tiger Einwirkung  die  Mischung  auf  einem  Sandbade  in  gelinder  Wärme 
digerirt,  so  lange  man  noch  Gasentwickelung  bemerkt;  die  salpetersaure 
Auflösung  wird  alsdann  von  der  obenaufschwimmenden  öligen  Flüssigkeit 
getrennt  und  mit  stets  erneuerten  Portionen  Salpetersäure  auf  die  nemliche 
Weise  behandelt,  bis  dafs  die  Oelsäure  ganz  oder  beinahe  gänzlich  ver- 
schwunden ist. 

Die  in  diesen  auf  einander  folgenden  Operationen  erhaltenen  salpeter- 
sauren Auflösungen  werden  auf  die  Hälfte  abgedampft  und  sich  selbst  über- 
lassen, oder  geradezu  einer  Temperatur  unter  0°  ausgesetzt,  wo  sie  zu 
einer  gelblich  weifsen  kristallinischen  Masse  erstarren.  Man  bringt  den  Brei 
auf  einen  grofsen  Glastrichter , in  dessen  Spitze  mau  etwas  Asbest  ein- 
legt, läfst  die  Mutterlauge  abfliefsen  und  verdrängt  sie  völlig  durch  fort- 
gesetztes Aufgiefsen  von  kleinen  Quantitäten  kalten  Wassers. 

Die  auf  dem  Trichter  bleibende  Korksäure  vereinigt  man  sodann  durch 
wiederholte  Auflösung  in  siedendem  Wasser;  gewöhnlich  scheidet  sich  bei 
der  ersten  und  zweiten  Auflösung  im  Wasser  eine  geringe  Menge  eines 
im  "Wasser  zu  Boden  sinkenden  unlöslichen,  in  Salpetersäure  löslichen 
fettartigen  Körpers  ab,  welcher  bei  80°  kristallinisch  erstarrt  und  sich  in 
Alkalien  mit  blutrother  Farbe  löst.  Aus  Alkohol  kristallisirt  besitzt  der- 
selbe die  Eigenschaften  einer  weifsen  sehr  schmelzbaren  fetten  Säure. 

Nach  den  Versuchen  von  Bromeis  ist  die  auf  dem  angegebenen  "Wege 
tfargestellte  Korksäure  völlig  rein  und  von  constanter  Zusammensetzung 
(siehe  S.  955)  Nach  Laurent  hingegen  ist  sie  gemengt  mit  Azelainsäure, 
die  sich  vod  der  Korksäure  durch  ihre  gröfsere  Löslichkeit  in  Aether  un- 
terscheidet. Die  kristallisirte  Azelainsäure  ist  nach  der  Analyse  von  Lau- 
rent der  procentischen  Zusammensetzung  nach  identisch  mit  dem  Kork- 
säurehydrat, sie  ist  aber  nach  ihm  schmelzbarer  wie  Korksäure  und  zeigt 
nach  dem  Erkalten  nicht  die  deutlich  kristalliuische  Beschaffenheit  dersel- 
ben; ihr  Aequivalent  ist  nach  Laurent  1202,...,  demnach  um  das  Gewicht 
eines  Atoms  Wasser  höher  als  das  Atomgewicht  der  kristallisirten  Kork- 
säure (1098,83).  Laurent  berechnet  hiernach  für  die  kristallisirte  Aze- 
lainsäure die  Formel  C10  H16  04  -f-  aq.  Azelainsaures  Ammoniak  giebfc 
beim  Zusatz  von  Chlor-Barium,  -Strontium  und  -Magnesium  bei  Zusatz 
von  Alkohol  keine  Niederschläge , was  sie  von  der  Korksäure  ebenfalls 
unterscheiden  soll  (Laurent).  Diese  Reactionen  können  nicht  als  zuver- 
lässig angesehen  werden,  da  Laurent  selbst  bemerkt,  dafs  die  von  ihm 
dargestellte  Azelainsäure  sehr  viel  Korksäure  enthielt,  da  die  Korksäure 
nicht  unlöslich  im  Aether  ist. 


97Ö 


Ädlpin-  aud  Li  pinsau  re. 

Pimelinsäure. 

Formel  Cf  Hl0  Of  + nq.  (Laurent,  Bromeis.) 

Entdeckt  von  Laurent. 

Zur  Darstellung  dieser  Säure  werden  die  sauren  Mutterlaugen , aus 
denen  sich  die  Korksäure  abgesetzt  hat,  abgedampft  und  von  Zeit  zu  Zeit 
erkalten  lassen.  Die  ersten  Kristallisationen  bestehen  grofsentheils  aus 
Korksäure,  später  erhält  man  Pimelinsäure , leicht  unterscheidbar  von  der 
Korksäure,  insofern  diese  in  fettartigen  weichen  Nadeln  oder  Blättcheu 
aiischielst,  während  die  Pimelinsäure  kristallinische  harte  Körner  bildet, 
deren  Härte  durch  Reiben  mit  einem  Glasstabe  leicht  bemerkbar  ist.  Man 
mufs,  um  alle  Pimelinsäure  zu  erhalten,  die  Flüssigkeit,  aus  der  sie  sich 
abgesetzt  bat,  mehrere  Tage  ruhig  stehen  lassen ; durch  Concentriren  und 
Abdampfen  würde  man  sie  gemengt  mit  Adipinsäure  erhalten. 

Zur  Reinigung  der  erhaltenen  Kristalle  der  Pimelinsäure  von  der  Kork- 
säure werden  sie  zuerst  mit  Wasser,  sodann  mit  Alkohol  rasch  abgespült, 
in  welchen  Flüssigkeiten  sich  die  Korksäure  bei  weitem  schneller  löst  als 
die  körnigen  Kristalle  der  Pimelinsäure.  Man  reinigt  die  letztem  alsdann 
vollkommen  durch  wiederholte  Kristallisationen  aus  heifsem  Wasser. 

Die  reine  Pimelinsäure  stellt  weifse,  harte  Körner  dar,  welche  unter 
dem  Vergröfserungsglase  eine  strahlige  Beschaffenheit  zeigen;  sie  ist  ge- 
ruchlos, schmeckt  stärker  sauer  als  Korksäure,  unveränderlich  an  der 
Luft  und  bei  100°.  Sie  schmilzt  bei  134°  (Bromeis) , bei  114°  (Laurent) 
und  sublimirt  ohne  Rückstand  in  schönen  weifsen,  federförmigen,  seiden- 
glänzenden Blättchen.  Sie  löst  sich  bei  18°  in  35  Th.  Wasser,  leichter 
in  heifsem,  und  ist  löslich  in  Alkohol,  Aether  und  ohne  Veränderung  in 
concentrirter  Schwefelsäure. 

Pimelinsaures  Ammoniak  bringt  in  Auflösungen  von  Baryt  - , Stron- 
tian-,  Kalk-  und  Kupfersalzen  keinen  Niederschlag  hervor.  Pimelinsaures 
Silberoxid,  C7  H10  03  ~f-  AgO  ( Bromeis , Laurent),  ist  ein  weifser,  in 
Wasser  unlöslicher  Niederschlag. 

Adipinsäure  find  Lipinsäure. 

Die  Mutterlaugen,  aus  denen  sich  die  beschriebenen  Verbindungen  ab- 
gesetzt haben,  enthalten  noch  andere  in  Wasser  lösliche  kristallisirbare 
Säuren;  man  erhält  sie  durch  vorsichtige  Entfernung  der  Salpetersäure , 
in  der  sie  gelöst  sind;  diefs  mufs  bei  sehr  gelinder  Wärme  geschehen,  in- 
dem sonst  der  Fall  ein! ritt,  dafs  sich  die  Masse  plötzlich  zersetzt  und 
schwarz  wird.  Man  mufs  deshalb  nach  zeitweiliger  Verdampfung  die  Flüs- 
sigkeit zwei  bis  drei  Tage  zum  Kristallisiren  hinstellen,  die  abgesetzten 
Kristalle  von  der  Mutterlauge  trennen,  ab  waschen  und  die  Flüssigkeiten 
weiter  verdampfen,  bis  sie  aufhören  Kristalle  zu  geben.  (Laurent.) 

Man  vereinigt  alle  erhaltenen  Kristalle  und  reinigt  sie  durch  neue  Kri- 
stallisationen; bei  der  ersten  Auflösung  in  reinem  Wasser  scheidet  sich  stets 
eine  geringe  Menge  eines  in  Salpetersäure  löslichen  öligen  Körpers  ab, 
den  man  von  den  Flüssigkeiten  sorgfältig  trennt.  Die  Mutterlaugen,  wel- 
che übrig  bleiben,  enthalten  eine  im  Wasser  sehr  lösliche  Säure,  welche 
nicht  untersucht  ist  (Laurent).  Die  Kristalle  bestehen  aus  Adipin-  und 
Lipinsäure , sie  sind  braun  gefärbt,  wodurch  sie  sich  von  der  Pimelinsäure 
unterscheiden.  Zur  Trennung  beider  Säuren  löst  man  sie  in  Aether  und 
läfst  die  fil trirte  Auflösung  verdunsten.  Die  Kristalle,  welche  sich  abge- 
setzt haben,  wenn  die  Hälfte  des  Aethers  sich  verflüchtigt  hat,  trennt  man 
von  der  überstehenden  Flüssigkeit  und  läfst  sie  weiter  verdampfen  ; man 
behandelt  die  zwei  erhaltenen  Kristallisationen,  eine  jede  für  sich,  mit 
kochendem  Alkohol  und  erhält  einerseits  eine  in  abgerundeten  Körnern 
kristallisirte  Säure,  die  Adipinsäure , und  eine  andere,  welche  in  schönen 
verlängerten  Lamellen  kristallisirt , die  letztere  ist  Lipinsäure.  Durch  wei 
fere  Kristallisationen  erhält  man  beide  vollkommen  rein. 


976 


Adipin»  und  Lipinsänre, 


Adipinsäure . 

Die  Adipinsäure  kristallisirt  in  rundlichen,  zuweilen  halbkug eiförmigen 
strahligen  Massen;  sie  ist  meistens  bräunlich  gefärbt,  sehr  löslich  in  sie- 
dendem Wasser,  von  weniger  saurem  Geschmack  als  die  Pimelinsäure; 
sie  löst  sich  leicht  in  Alkohol  und  Aether.  Bei  130°  schmelzen  die  Kri- 
stalle, in  höherer  Temperatur  destilliren  sie  ohne  Veränderung;  die  ge- 
schmolzene Säure  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  Masse  ziemlich  langer 
abgeplatteter  Nadeln. 

Das  adipinsaure  Ammoniak  kristallisirt  in  Nadeln;  Chlorbarium,  -Stron- 
tium, -Calcium,  schwefelsaure  Bitterde,  -Manganoxidul,  -Nickeloxid,  -Cad- 
miumoxid, salpetersaures  Blei-  und  Kupferoxid  werden  von  seiner  Auflö- 
sung nicht  gefällt.  Durch  die  Nichtfällung  der  Blei-  und  Kupfersalze  un- 
terscheidet sich  die  Adipinsäure  von  der  Pimelinsäure. 

Ein  Ueberschufs  von  salpetersaurem  Silberoxid  bringt  in  adipinsaurem 
Ammoniak  einen  vveifsen  Niederschlag  hervor. 

Eisenchlorid  wird  davon  mit  schwach  ziegelrother  Farbe  gefällt. 

Nach  der  Analyse  des  adipinsauren  Baryts  ist  das  Aequivalent  der 
wasserfreien  Säure  806, . . . ( Laurent ). 

100  Theile  enthalten  ( Laurent"): 

Kohlenstoff  50,10  — 49,77 
Wasserstoff  6,97  — 6,88 

Sauerstoff  42,93  — 43,35 

Hieraus  entwickelt  Laurent  die  Formel  C6  H8  03  für  die  wasserfreie  und 
C6  HI0  04  = C6  H8  03  -4-  aq  für  die  kristaliisirte  Säure.  Sie  besitzt  im 
kristallisirten  Zustande  die  nemliche  Zusammensetzung  wie  der  Oxaläther. 
(Laurent.) 

Auf  diesem  von  Laurent  angegebenen  Wege  erhielt  Bromeis  eine  im 
Aeufsern  der  eben  beschriebenen  ganz  ähnliche  Säure,  doch  von  abwei- 
chender Zusammensetzung.  Sie  schmilzt  nicht  wie  diese  bei  130°  C.  (Lau- 
rent) , sondern  erst  bei  145°  C. 

Nach  2 Analysen  ihres  Silbersalzes  ist  das  Aequivalent  der  wasser- 
freien Säure  nach  Bromeis  1886,  nach  dem  Barytsalz  1800. 

100  Theile  der  wasserhaltigen  Säure  enthalten: 

Gefunden.  Berechnet. 

Kohlenstoff  50,25  — 50,79 
Wasserstoff  7,06  — 6,50 

Sauerstoff  42,69  — 42,71 

100,00  100,00 

Hieraus  ergiebt  sich  für  die  Zusammensetzung  dieser  Säure  folgende  For- 
mel: C14  H18  0?  -+-  2aq,  und  verglichen  mit  der  Pimelinsäure  entsteht  sie 
aus  dieser,  indem  in  zwei  Atomen  derselben  1 Aeq.  Wasserstoff  ersetzt 
wird  durch  1 Aeq.  Sauerstoff.  (Bromeis.) 


Lipinsäure . 

Die  Lipinsäure  kristallisirt  in  verlängerten , stumpf  zugespitzten  Blätt- 
chen, sie  sind  gewöhnlich  in  Gruppen  vereinigt,  unter  welchen  man  ein- 
zelne dickere,  unregelmäfsige , abgerundete  Kristalle  findet,  die  man  von 
den  andern  trennt. 

Die  Lipinsäure  ist  in  Wasser  löslicher  als  die  beschriebenen  andern 
Säuren,  sie  löst  sich  in  Aether  und  Alkohol,  und  kristallisirt  aus  letzte- 
rem in  besonderer  Schönheit.  Beim  Erhitzen  schmilzt  und  verflüchtigt  sich 
die  Lipinsäure  und  erstarrt  nach  dem  Erkalten  zu  einer  faserigen  Masse. 
Während  dem  Erkalten  setzen  sich  auf  den  festgewordenen  Theilen  schöne 
rechtwinkliche  Nadeln  an.  In  einer  Retorte  erhitzt,  destillirt  sie  unver- 


Azoleinsäure.  977 

ändere  über,  in  dem  oberen  Theile  des  Gefäfses  sublimirt  sie  in  langen 
Nadeln. 

Wird  die  kristallisirte  Säure  allmäblig  erhitzt , so  verliert  sie  Wasser 
und  schmilzt  bei  140  — 145°.  Der  Dampf  , den  sie  verbreitet , ist  erstickend 
und  reizt  zum  Husten. 

Das  lipinsaure  Ammoniak  kristailisirt  in  Nadeln;  Chlorbarium,  -Stron- 
tium und  -Calcium  werden  durch  seine  Auflösung  anfänglich  nicht  gefällt, 
nach  einiger  Zeit  bildeu  sich  aber  in  den  Mischungen  Kristalle.  Es  giebt 
mit  Mangan-  und  Bittererdesalzen  keine  Niederschläge.  Eisen-,  Kupfer- 
und  Silbersalze  werden  davon  gefällt.  100  Theile  Lipinsäure  enthalten 


im  kristallisirten  Zustande  sublimirt 

Kohlenstoff  41,15  — 46,59 

Wasserstoff  5,50  — 4,39 

Sauerstoff  53,35  - — 49,12 


Für  die  Zusammensetzung  der  ersteren  entwickelt  hieraus  Laurent  die 
Formel  Cs  H8  Os , für  die  der  sublimirten  die  Formel  Cs  H6  04. 

Sie  ist  ganz  auf  demselben  Wege  von  derselben  Form  erhalten,  doch 
nicht  näher  untersucht  und  besitzt  in  ihrem  Aeufsern  die  gröfste  Aehnlich- 
keit  mit  der  Oxalsäure,  von  welcher  sich  bei  diesem  ganzen  Procefs  übri- 
gens keine  Spur  bildet.  ( Bromeis.~) 


Azoleinsäure. 

Die  ölige  Flüssigkeit,  welche  auf  der  Salpetersäure  bei  der  Behand- 
lung des  Olivenöls  mit  Salpetersäure  schwimmend  zurückbleibt,  zeigt  bei 
der  Destillation  für  sich  eine  Zersetzung  unter  Schwärzung;  gegen  das 
Ende  hin  sublimirt  eine  welfse,  wenig  schmelzbare  pulvrige  Substanz. 
Wird  der  ölige  Rückstand  mit  Alkohol  und  Schwefelsäure  gekocht,  so 
erhält  man  eine  Aethyloxidverbindung  der  Azoleinsäure.  Durch  Zersetzung 
derselben  mittelst  einer  weingeistigen  Auflösung  von  Kali  und  Zusatz  von 
Salzsäure  scheidet  sich  Azoleinsäure  ab;  sie  ist  flüssig  und  ölartig,  un- 
löslich in  Wasser,  löslich  in  kochender  Salpetersäure  und  daraus  fällbar 
durch  Wasser,  durch  sehr  langes  Kochen  damit  wird  sie  in  eine  lösliche 
kristallisirbare  Säure  verwandelt. 

Obwohl  kein  Grund  vorhanden  ist,  diese  Säure  für  rein  anzusehen,  so 
hat  Laurent  nichtsdestoweniger  ihre  Zusammensetzung  bestimmt.  Sie  ent- 
hielt in  100  Theilen: 

Kohlenstoff  63,68 
Wasserstoff  10,71 
Sauerstoff  25,61 
100,00 

Hieraus  entwickelt  Laurent  die  Formel  C13  Ha6  04. 

Das  auf  der  Salpetersäure  zurückbleibende  Oel  ist  nach  dem  Waschen 
mit  Wasser  ganz  klar,  ziemlich  dünnflüssig  und  von  äufserst  intensiv  feit— 
term  Geschmack.  Es  besteht  aus  mehrern  fetten  Säuren , wovon  sich  eine 
nur,  mit  Alkohol  gelinde  erwärmt  und  längere  Zeit  stehen  gelassen,  sehr 
leicht  ätherificirt,  welches  schneller  vor  sich ‘geht  bei  Zusatz  von  wenig 
Schwefelsäure.  Das  Destillat  dieser  alkoholischen  Flüssigkeit  trübt  sich 
bei  Zusatz  von  Wasser  und  scheidet  eine  geringe  Menge  eines  entschieden 
nach  buttersaurem  Aethyloxid  riechenden  sehr  flüchtigen  ätherartigen  Kör- 
pers aus,  der  bei  Zusatz  von  mehr  Schwefelsäure  durch  gewöhnlichen 
Schwefeläther  verunreinigt  ist.  Er  zeigt  destillirt  und  über  geschmolzenes 
Chlorcalcium  gestellt  eine  constaote  Zusammensetzung,  die  sich  jedoch  mit 
der  von  Laurent  in  der  Azoleinsäure  angegebenen  bis  jetzt  nicht  vereini- 
gen läfst.  Hat  man  bei  der  Destillation  der  alkoholischen  Auflösung  ein 
wenig  einer  unorganischen  Säure  zugesetzt,  so  schwärzt  sich  der  Rück- 
stand in  der  Retorte.  Hat  man  Schwefelsäure  zugesetzt,  so  bekommt  man 
zuletzt  deutlich  Schwefeläther,  Aetherin  und  schwefelige  Säure.  0 Bromeis.') 


978  Oel-  und  Elaidinsäure , Verhalten  gegen  Alkalien. 


r 

Bei  Digestion  gleicher  Gewichtstheile  Oelsäure  und  Salpetersäure  ent- 
steht nach  Laurent  unter  andern  Produkten  Oenanthsäure.  Wird  nach 
2 — 3 Stunden  die  Salpetersäure  von  dem  ungelösten  Theil  der  fetten  Säu- 
ren abgegossen , die  letzteren  mit  Wasser  ausgewaschen  , dann  in  Alkohol 
gelöst,  der  Auflösung  ihr  halbes  Gewicht  Alkohol  zugesetzt  und  eine  Zeit- 
lang in  einer  Retorte  im  Sieden  erhalten,  so  verwandeln  sich  die  fetten 
Säuren  in  Aethyloxidverbindungen.  Der  hierbei  überdestillirende  Alkohol 
trübt  sich  bei  Wasserzusatz,  es  scheidet  sich  ein  Ölartiger  Körper  aus, 
welcher  den  Geruch  und  die  Eigenschalten  des  Önanthsauren  Aethylpxids 
besitzt,  für  was  ihn  Laurent  auch  hält.  Allein  die  Zusammensetzung  dieser 
Materie  weicht  von  der  des  önanthsauren  Aethyloxids  ab,  und  da  der 
Buttersäure-Aether,  so  wie  die  Aetherarten,  welche  die  Säuren  in  dem 
Ricinusöl  bilden,  den  Geruch  und  die  Eigenschaften  des  Oenanthäthers 
ebenfalls  besitzen  , so  bleibt  die  Entstehung  der  Oenanthsäure  auf  diesem 
Wege  zweifelhaft.  (Bromeis).  Buttersäure  und  Pimelinsäure  unterschei- 
den sich  von  einander  durch  1 Aeq.  Wasserstoff,  was  die  erstere  mehr 
enthält. 

Verhalten  der  Oel - und  Elaidinsäure  bei  Berührung  mit  Alkalien 
in  hohen  Temperaturen. 

Wenn  man  Oelsäure-  oder  Elaidinsäurehydrat  mit  dem  dreifachen  Vo- 
lum einer  starken  Lauge  von  Aetzkali  unter  beständigem  Umrühren  in 
einer  Silberschale  bis  zu  dem  Zeitpunkte  erhitzt,  wo  das  Wasser  entfernt 
ist  und  das  Kalihydrat  zu  schmelzen  beginnt,  so  bemerkt  man  ein  starkes 
Aufblühen,  verursacht  durch  eine  Entwickelung  von  reinem  Wasserstoff- 
gas. Das  Freiwerden  von  Wasserstoffgas  beweist  auf  eine  evidente  Weise, 
dafs  in  dieser  Operation  Wasser  zersetzt  wird,  dessen  Sauerstoff  zu  den 
Bestandtheilen  der  Oelsäure  tritt.  Unterbricht  man  bei  diesem  Zeitpunkte 
die  Operation,  so  hat.  man  eine  brauogelbe  Masse,  welche  eine  neue  aus 
der  Oelsäure  entstandene  fette  Säure  und  eine  beträchtliche  Menge  Essig- 
säure enthält.  Uebergiefst  mau  die  Masse  mit  wenig  kaltem  Wasser,  so 
löst  sich  das  freie  Kali,  so  wie  das  cssigsaure  Kali  auf,  und  die  Verbin- 
dung der  neuen  Säure  mit  Kali  begiebt  sich  auf  die  Oberfläche  der  alkali- 
schen Lauge,  in  der  sie  nur  bei  einem  gewissen  Grade  der  Verdünnung 
mit  Wasser  löslich  ist.  Man  kann  auf  diese  Weise  den  gröfsten  Theil  des 
Alkali’s  von  der  entstandenen  Seife  entfernen.  Diese  Lauge  giebt,  mit 
etwas  Schwefelsäure  im  Ueberschufs  versetzt  und  destillirt,  eine  reichliche 
Quantität  von  Essigsäure.  Die  obenaufschwimmende  Seife  wird  alsdann 
in  reinem  Wasser  gelöst  und  zur  weiteren  Reinigung  wiederholt  durch 
Zusatz  von  Kochsalz  zu  dieser  Auflösung  abgeschieden. 

Durch  verdünnte  Salz-  oder  Weinsäure  scheidet  man  zuletzt  die  fette 
Säure  vom  Kali,  und  reinigt  sie  durch  wiederholte  Kristallisationen  aus 
Alkohol.  Sie  kristallisirt  aus  Alkohol  in  feinen  glänzendvveifsen  Nadeln, 
welche  bei  02°  schmelzen  und  nach  dem  Erkalten  grobblätterig  kristalli- 
nisch erstarren;  sie  fühlt  sich  trocken  wie  Talgsäuro  an,  und  läfst  sich  in 
einem  Mörser  zu  Pulver  zerreiben. 

Die  Elaidinsäure  liefert,  auf  die  nemliche  Weise  behandelt,  eine  in 
ihren  Eigenschaften  und  Zusammensetzung  identische  Materie. 

Varrentrapp , weicher  diese  Säure  entdeckte  und  einer  Untersuchung 
unterwarf,  erhielt  bei  der  Analyse  75,3  bis  75,5  Kohlenstoff  und  12,2 
Wasserstoff.  Das  Silbersalz  dieser  Säure  enthielt  31,3  — 31,63  Silber- 
oxid, wroraus  sich  für  ihr  Atomgewicht  die  Zahl  3162  berechnet.  Hieraus 
entwickelt  sich  folgende  Formel  für  die  Zusammensetzung  des  Hydrates 
dieser  Säure: 

32  At.  Kohlenstoff  2445  — 75,69 

63  — Wasserstoff  386  — 11,97 

4 — Sauerstoff  400  — 12,34 

100,00 


3231 


II i ein  säuren. 


1)79 


Die  wasserfreie  Säure  ist  hiernach  C3a  H60  04 , das  Silbersalz  C59  H60  Oä 
-f-  AgO.  Der  Formel  nach  unterscheidet  sich  diese  Säure  von  der  von 
Fremy  und  Stenhouse  entdeckten  Palmitinsäure  durch  2 At.  Wasserstoff, 
den  die  letztere  mehr  enthält. 

Das  Natronsalz  dieser  Säure  stellt,  aus  Alkohol  kristailisirfc,  ein  sei- 
denglänzendes sehr  feinschuppiges  Pulver  dar,  in  6 Th.  Wasser  gelöst 
bildet  es  einen  zähen  durchsichtigen  Seifenieim.  Das  Silbersalz  ist  blen- 
dend weifs , sehr  locker  und  etwas  gallertartig,  wenn  es  aus  kalten  Lö- 
sungen gefällt  ist;  aus  heifsen  Flüssigkeiten  scheidet  es  sich  körnig  kri- 
stallinisch ab. 

Wenn  man  von  der  Formel  der  Oelsäure,  so  wie  sie  von  Varren- 
trapp  festgestellt  worden  ist,  die  Formel  der  eben  beschriebenen  neuen 
Säure  abzieht,  so  bleibt  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  in  dem  nemlichen 
Verhältnils  wie  im  Radikal  der  Essigsäure. 

1 At.  Oelsäure  C44  H78  04 

ab  1 At.  der  neuen  Säure  C32  H60  05 

- bieibt  ^CialJ^  O oder  3(C4  H6)  0. 

Beim  Hinzutreten  von  8 Atomen  Sauerstoff  aus  8 Atomen  Wasser  müssen 
hierbei  3 Atome  Essigsäure  3(C4  H6)  -j-  90  gebildet  und  8 Aeq.  Wasser- 
stoffgas abgeschieden  werden. 

Die  Entwickelung  der  Entstehung  dieser  Säure  aus  Elaidinsäure  stellt 
sich  in  einer  nicht  minder  einfachen  Form  dar.  Ein  Atom  Elaidinsäure 
und  7 At.  Sauerstoff  enthalten  die  Elemente  von  2 Atomen  der  neuen 
Säure  und  2 At.  Essigsäure. 

1 At.  Elaidinsäure  C:2  HI3a  Oj  ) _ ( 2 At.  der  neuen  Säure  C64  Hia0  06 

7 — Sauerstoff  0f  > ( 2 — Essigsäure  C8  Hn  06 

0?*  Hl32  0i2  C?a  H152  012 


Ri  c in  säure  n. 

Durch  Zersetzung  von  Ricinusölseife  mit  Mineralsäuren  oder  Wein- 
säure erhält  man  ein  Gemenge  von  zwei  fetten  Säuren,  von  denen  die 
eine  fest  und  kristallisirbar  ist,  während  die  andere  eine  ölartige  Beschaf- 
fenheit besitzt.  Dieses  Gemenge  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur  flüssig, 
von  rothgelber  Farbe,  geruchlos,  von  sehr  scharfem  Geschmack.  Sich 
selbst  überlassen  trübt  es  sich  und  es  scheidet  sich  daraus  eine  kristalli- 
nische Materie  in  geringer  Menge  aus,  welche,  zwischen  Papier  geprefst 
und  durch  Kristallisation  aus  Alkohol  gereinigt,  perlmutterglänzende,  ge- 
ruch-  und  geschmacklose  Blättchen  darstellt,  welche  in  ihrem  Ansehen 
der  Fettsäure  ähnlich  sind.  Diese  Substanz,  welche  Bussy  und  Lecanu 
mit  Margaritinsäure  bezeichnen,  schmilzt  erst  bei  130°,  kommt  bei  einer 
höheren  Temperatur  ins  Sieden,  wobei  sie  zersetzt  wird.  Sie  verbindet 
sich  mit  den  Alkalien  zu  seifenartigen  Salzen,  und  mit  Magnesia  zu  einer 
in  Alkohol  unlöslichen  Verbindung.  Sie  enthält  in  100  Th.  70,50  Koh- 
lenstoff, 10,81  — 11,00  — 10  Wasserstoff  und.  18,69  — 18,50  — 18,60 
Sauerstoff  ( Bussy  Lecanu),  welches  Verhältnils  Laurent  durch  die 
Formel  C5S  H63  06  ausdrückt.  Die  Sättigungscapacität  dieser  Säure  ist 
unbekannt. 

Die  ölartige  fette  Säure,  von  welcher  man  die  Margaritinsäure  ge- 
trennt hat,  wird  bei  —6°  fest;  es  ist  eine  eigentümliche  Säure,  fähig 
mit  Basen  Salze  zu  bilden,  welche  sich  durch  ihre  Löslichkeit  in  Alkohol 
auszeichnen;  ihre  Eigenschaften,  Zusammensetzung  und  Verhalten  sind 
unbekannt. 

Destillationsprodukte  des  Ricinusüls  siehe  Verhalten  der  fetten  Oele 
bei  der  Destillation. 

Palminsäure , Palmin , siehe  Verhalten  der  fetten  Oele  gegen  salpe- 
trig© Säure. 


980 


Natürliche  Fett  arten. 


Anhang'  zu  Ricinussäure. 

Ricinusöl  (Ol.  Ricini,  Palmae  Christi,  de  Kernet).  Aus  den  Samen 
von  Ricinus  communis  L.  durch  Auspressen  zu  erhalten.  Blafsgelbes, 
fast  weifses  (oft  im  Handel  braun  vorkommendes),  zähes,  dickflüssiges 
Oel.  Geruchlos  und  von  mildem  Geschmack.  Spec.  Gewicht  0,954.  In 
der  Kälte  erstarrt  es  langsam.  Besteht  aus  leicht  schmelzbarem  Stearin 
(Margarin)  und  Elain,  von  anderer  Zusammensetzung  als  die  der  übrigen 
fetten  Oele.  Das  ganze  Oel  besteht  nach  Saussure  aus  74,18  Kohlenstoff, 
11,03  Wasserstoff  und  14,79  Sauerstoff.  Ist  also  eins  der  sauerstoffreich- 
sten Fette.  Wird  bald  rancid  und  nimmt  dann  einen  äufserst  scharfen, 
kratzenden  Geschmack  an,  der  im  Schlunde  lange  auhält.  Hierbei  und  bei 
der  Verseifung,  so  wie  bei  der  trocknen  Destillation  (wobei  sich  ein  eigen- 
thümlicher  Geruch  entwickelt)  bilden  sich  die  S.  979  erwähnten  eigenthiim- 
lichen  Säuren.  Trocknet  langsam  an  der  Luft  aus.  Mit  salpetriger  Säure 
und  kaltbereiteter  Quecksilbersolution  wird  es,  obwohl  sehr  langsam,  fest 
und  in  eine  von  Elaidin  verschiedene  Substanz  verwandelt.  — Das  Ri- 
cinusöl ist  mit  absolutem  Alkohol  und  Aether  in  jedem  Verhältnifs  misch- 
bar. Mit  gebrannter  Magnesia  läfst  sich  ihm  die  Schärfe  nehmen.  — Seine 
Verfälschung  mit  einem  andern  fetten  Oel  läfst  sich  leicht  entdecken,  wenn 
man  es  mit  gleichen  Theilen  absolutem  Weingeist  schüttelt,  wo  sich  nichts 
ausscheiden  darf.  Soll  auch  zuweilen  mit  Crotonöl  verfälscht  Vorkommen. 
Der  äufserst  scharfe  Geschmack,  und  wenn  es  hellgelb  ist,  auch  der  scharfe 
Dunst,  den  es  beim  Erwärmen  entwickelt,  so  wie  seine  heftige  purgirende 
Eigenschaft  und  die  geringere  Löslichkeit  in  Alkohol,  zeigen  diese  Ver- 
unreinigung an.  — Wird  innerlich,  als  Laxirmittel,  gegen  deu  Bandwurm 
u.  s.  w. , gegeben.  — lieber  sogenanntes  künstliches  Ricinusöl  s.  Magaz. 
für  Pharmac.  Bd.  7.  S.  59. 


Anhang. 

ln  der  Natur  vorkommende  Fellarten* 

Unter  fetten  Körpern  begreift  man  im  Allgemeinen  eine  Klasse  von 
Verbindungen,  welche  organische  Säuren  enthalten  in  Verbindung  mit 
Glyceryloxid.  Sie  stellen  eine  eigentümliche  Art  von  Salzen  dar,  welche 
künstlich  noch  nicht  hervorgebracht  werden  konnten.  In  den  animalischen 
Körpern  finden  sie  sich  vorzüglich  häufig  in  dem  Zellgewebe ; im  Pflanzen- 
reich in  dem  Samen,  Samenlappen  und  in  dem  den  Samen  umgebenden 
Fleische  (Oliven)  5 sehr  selten  in  der  Wurzel  ( Cyperus  esculentus ).  Im 
flüssigen  oder  geschmolzenen  Zustande  durchdringen  sie  Papier  und  Zeuge 
und  machen  es  durchscheinend.  Diese  Flecken  verschwinden  nicht  durch 
Liegen  an  der  Luft.  Sie  werden  durch  Säuren , Alkalien  und  Metalloxide 
zerlegt;  durch  erstere,  insofern  sie  sich  des  Glyceryloxids  bemächtigen 
oder  dasselbe, zerstören ; durch  die  Alkalien,  indem  diese  sich  mit  den  orga- 
nischen Säuren  verbinden  und  Glyceryloxid  abscheiden,  was  sich  in  dein 
Moment  des  Freiwerdens  mit  Wasser  zu  Glyceryloxidhydrat  verbindet. 

Die  letztere  Zersetzungsweise  hat  man  früher  für  einen  eigentümli- 
chen Zersetzungsprocefs  gehalten  und  Verseifung , Verseifung  sprocefs  ge- 
nannt, bis  Chevreul  durch  eine  Reihe  bewundernswürdiger  Untersuchungen 
den  wahren  Vorgang  aufkiärte  und  seine  Aehnlichkeit  mit  den  gewöhnli- 
chen Zersetzungsweisen  der  Salze  nachwies. 

Die  am  häufigsten  vorkommeuden  Fettarten  sind  Verbindungen  des 
Glyceryloxids  mit  Talgsäure,  Margarin-  und  Oelsäure;  sie  finden  sich  stets 
gemengt  mit  einander  in  den  mannigfaltigsten  Verhältnissen.  Bis  jetzt  hat 
man  keine  einzelne  dieser  Verbindungen,  ohne  von  einer  andern  begleitet 
zu  sej  n,  in  der  organischen  Natur  angetroffen. 


981 


* 

Natürliche  Fettarte n. 

Wie  sich  aus  den  Eigenschaften  des  taigsauren  Glyceryloxids,  was 
wir  Stearin , des  margarinsauren  Gly ceryloxids  , was  wir  Margarin,  und 
des  ölsauren  Glyceryloxids  , was  wir  Olein  in  dem  Folgenden  nennen 
wollen,  von  selbst  ergiebig  so  ist  der  Zustand  dieser  Gemenge  je  nach 
dem  Vorwalten  der  einen  oder  andern  dieser  Verbindungen  verschieden. 
Die  bei  gewöhnlicher  Temperatur  festen  Gemenge  heifsen  Talgarten , sie 
enthalten  Stearin  oder  Margarin  in  überwiegender  Menge?  die  flüssigen 
Verbindungen  heifsen  fette  Oele,  in  diesen  ist  das  Olein  vorherrschend; 
zwischen  beiden  stehen  die  Schmalz  arten,  welche  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur eine  weiche  und  salbenartige  Beschaffenheit  haben. 

Gewöhnlich  sind  die  fetten  Körper  geruchlos;  bei  allen , welche  sich 
durch  einen  eigentümlichen  Geruch  vor  den  andern  auszeichnen , ist  von 
Chevreul  bewiesen  wordea,  dafs  derselbe  abhängig  ist  von  der  Beimi- 
schung einer  Glyceryloxidverbindung  einer  eigentümlichen  flüchtigen 
Säure;  diels  ist  namentlich  der  Fall  bei  der  Butter,  dem  Bockstalg  und 
den  Thranarten;  ihre  Eigenschaften  sind  bei  der  Buttersäure , Hircin- 
und  Delphinsäure  angegeben  worden. 

Die  Talgarten  schmelzen  ohne  Ausnahme  leichter  als  die  Säure  oder 
das  Säuregemenge , welches  sie  enthalten;  in  der  Kälte  werden  sie  här- 
ter; im  etwas  erwärmten  Zustande  zwischen  Papier  oder  Tuch  einem 
starken  Druck  unterworfen , läfst  sich  ein  grofser  Theil  des  Oleins  davon 
trennen.  Der  auf  diese  Weise  behandelte  Talg  ist  weniger  schmierig., 
fester,  härter  und  minder  leicht  schmelzbar. 

Die  fetten  Oele  verhalten  sich  in  niederen  Temperaturen  den  Talgarten 
vollkommen  ähnlich;  die  kriställisirbaren  festen  Verbindungen,  die  sie  in 
Olein  gelöst  enthalten , scheiden  sich  entweder  rein  oder  mit  Olein  ver* 
bunden  aus;  sie  werden  in  hohen  Kältegraden  fest  oder  erhalten  die  Con* 
sistenz  der  Schmalzarten.  Im  festen  oder  weichen  Zustande  geprefst  läfst 
sich  das  Olein , als  das  Auflösungsmittel , wie  eine  Mutterlauge  eines  Sal- 
zes ^ von  den  festgewordenen  Theilen  trennen,  und  diese  behalten  alsdann 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  ihren  festen  Zustand  bei.  Auf  diesem  me- 
chanischen Wege  gelingt  es,  alle  fetten  Oele  in  Gemenge  von  kristallisir- 
baren  Glyceryloxid  Verbindungen  und  in  flüssigbleibende  Verbindungen  zu 
trennen. 

Die  erhaltenen  festen  Verbindungen  schmelzen  bei  verschiedenen 
Wärmegraden,  und  diese  Verschiedenheit  wird  bei  übrigens  grofser  Aehn- 
lichlceit  in  den  äufseren  Eigenschaften  entweder  durch  beigemengtes  Olein 
bedingt,  oder  es  sind  chemische  Verbindungen  in  bestimmten  Verhältnissen 
von  Olein  mit  Margarin  oder  Stearin.  Diels  ist  namentlich  bei  dem  kri- 
stallisirbaren  Bestandtheil  des  Olivenöls  und  dem  festen  Theil  der  Cacao- 
butter,  wie  von  Velouze  und  Bouäet  bewiesen  worden,  der  Fall. 

Die  Oele  trennen  sich  durch  ihr  Verhalten  an  der  Luft,  gegen  salpe- 
trige Salpetersäure  oder  gegen  salpetersaures  Quecksilberoxidul  in  zwei 
wohl  unterschiedene  Klassen. 

Die  eine  dieser  Klassen  umfafst  die  sogenannten  trocknenden  Oele , 
die  andern  heifsen  eigentliche  fette  Oele.  Die  trocknenden  Oele  besitzen 
die  Fähigkeit,  Sauerstoff  mit  grofser  Begierde  aus  der  Luft  anzuziehen 
und  sich  damit  zu  eigenthümlichen  Verbindungen  zu  vereinigen,  welche 
keine  ölartige  Beschaffenheit  mehr  besitzen;  sie  stellen  feste,  zähe,  durch- 
scheinende, in  dünnen  Lagen  durchsichtige  Massen  dar,  welche  zum  grofsen 
Theil  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  unlöslich  sind. 

Bei  der  Veränderung,  welche  durch  die  Sauerstoffaufuahme  bewirkt 
wird,  bemerkt  man  keine  Wasserbildung  und  die  Abscheidung  einer  ver- 
liältnifsmäfsig  nur  geringen  Quantität  Kohlensäure.  Mit  salpetersaurem 
Quecksilberoxid  in  Berührung  werden  sie  nicht  in  Elaidin  verwandelt,  d.  h. 
sie  werden  nicht  verdickt  oder  fest. 

Ueber  die  chemische  Constitution  dieser  Verbindungen  weifs  man  höchst 
wenig,  die  einzige  Analogie,  die  sie  mit  den  eigentlichen  Fetten  darbieten, 
besteht  darin,  dafs  sie  durch  Alkalien  verseift  werden,  dafs  die  wässerige 


98$  Wirkung  der  Wärme  auf  fette  Körper, 

Flüssigkeit  einen  Gehalt  von  Glyceryloxid  erhält  und  sich  ein  alkalisches 
Salz  von  mehrentheils  weicher,  salbenartiger  Beschaffenheit  bildet.  Die 
Säure  dieser  Salze  durch  andere  Säuren  abgeschieden , besitzt  eine  ölartige 
Beschaffenheit , allein  ihre  Zusammensetzung  und  ihr  Verhalten  weicht  we- 
sentlich von  der  eigentlichen  Oelsäure  ab.  Sie  läfst  sich  nicht  in  Elaidin- 
säure  verwandeln,  und  erleidet  au  der  Luft  durch  die  Einwirkung  des 
Sauerstoffs  eine  ähnliche  Veränderung,  wie  sie  das  trocknende  Oel,  aus 
dem  sie  erhalten  worden , für  sich  erfährt.  Manche  dieser  trocknenden 
Oele  halten  Margarin  Oder  Stearin  in  Auflösung,  die  sich  bei  niederen 
Temperatur-Graden  daraus  absetzen.  Von  diesen  Stoffen  rührt  ohne  Zwei- 
fel die  Bildung  von  Margarin-  oder  Talgsäure  her , die  mau  neben  der  er- 
wähnten eigentümlichen  Oelsäure  als  ßestandfcheil  ihrer  Seifen  findet. 

Die  fetten  Körper  in  dem  Zustande,  wie  sie  aus  Theilen  von  Thieren 
oder  Vegetabilien  erhalten  wurden,  sind  höchst  selten  rein,  sie  enthalten 
eingemengtes  Zellgewebe,  vegetabilischen  Eiweifsstoff  oder  Schleim.  Die 
Beimischungen  erteilen  den  fetten  Körpern  die  Fähigkeit , beim  Zutritt  i 
der  Luft  eine  eigentümliche  Zersetzung  zu  erleiden,  wobei  sich  unter 
andern  Produkten  ein  flüchtiger,  widrig  schmeckender  Körper  bildet  von 
sauren  Eigenschaften.  Mit  Ranzigiverden  bezeichnet  man  diese  Verän- 
derung. 

Die  beigemeugten  fremden  Materien  wirken  auf  die  Fette  bei  dem  i 
Ranzigwerden  in  einer  ähnlichen  Weise,  wie  das  Ferment  bei  der  Gäh- 
rung  zuckerhaltiger  Flüssigkeiten;  die  Veränderung,  die  es  für  sich  er- 
fährt, veranlafst  eine  Trennung  der  talg-,  margarin-  und  ölsauren  Ver- 
bindung, es  werden  die  fetten  Säuren  in  Freiheit  gesetzt  und  Glyceryl- 
oxidhydrat  entweder  für  sich  abgeschieden  (wie  beim  Palmöl)  oder  es 
wird  ebenfalls  zersetzt,  wie  bei  den  meisten  andern  Fettarten.  Die  neu- 
gebildeten Produkte,  welche  das  Rauzigwerden  bedingen,  entstehen  dem- 
nach auf  Kosten  der  Bestandteile  des  Glj'ceryloxids  und  der  fremden 
Stoffe  durch  die  Einwirkung  des  Sauerstoffs.  Reines  Stearin,  Margarin 
oder  Olein  ist  dem  Ranzigwerden  nicht  unterworfen,  und  die  Fette,  deren 
Gemengtheile  sie  sind,  werden  um  so  weniger  leicht  ranzig,  je  weniger 
fremde  Beimischungen  sie  enthalten.  Durch  Auskochen  mit  Wasser  und 
Behandlung  mit  sehr  geringen  Mengen  alkalischer  Flüssigkeiten  in  der  Kälte 
wird  das  übelriechende  und  -schmeckende  Produkt  des  Ranzigwerdens 
hin  weggenommen. 

Wirkling  der  Wärme  auf  die  fetten  Körper ♦ 

Durch  die  Einwirkung  der  Wärme  erleiden  die  fetten  Körper  eine  sehr 
merkwürdige  Veränderung. 

Beim  anhaltenden  Erhitzen  zum  Sieden  entwickeln  die  fetten  Körper 
kohlensaures  Gas,  begleitet  von  geringen  Mengen  brennbarer  Gase  und 
einem  flüchtigen,  äufserst  durchdringend  riechenden,  die  Augen  zu  Thrä- 
nen  reizenden  Körper,  Akrolein ; sie  färben  sich  dunkler  und  nehmen  beim 
Erkalten  eine  weiche,  oft  salbenartige  Beschaffenheit  an. 

Bei  den  trocknenden  Oelen  verändert  sich  damit  ihre  Löslichkeit  in 
Alkohol,  Aether,  fetten  und  flüchtigen  Oelen,  sie  werden  terpentinähnlich 
und  dick,  sie  erleiden  in  diesem  Zustande,  der  Luft  ausgesetzt,  bei  wei- 
tem schneller  die  Veränderung,  welche  das  Oel  für  sich  erfährt  (Oel- 
firnisse). 

Bei  den  fetten  Oelen,  die  man  eine  Zeitlang  einer  ihrem  Siedpunkt 
nahen  Temperatur  ausgesetzt  hat,  bemerkt  man  häufig  nach  dem  Erkalten 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  Ausscheidungen  von  kristallinischen  fetten 
Säuren.  Bei  den  festen  Fetten,  den  Talgarten,  tritt  der  umgekehrte  Fall 
ein;  eine  Zeitlang  zum  Sieden  erhitzt,  sind  sie  nach  dem  Erkalten  wei- 
cher, als  sie  vorher  waren,  und  schmelzen  jetzt  bei  niederen  Wärme- 
graden. 

Eben  so  merkwürdig  ist  dus  Verhalten  der  Fette  bei  der  trocknen 
Destillation. 


Wirkung  der  Wärme  auf  fette  Körper. 


983 


Die  fetten  Oele  kommen  weit  über  dem  Schmelzpunkte  des  Blei’s  ins 
Sieden.  Bei  dieser  hohen  Temperatur  wird  das  Giyceryloxid  , dem  alle 
Flüchtigkeit  abgeht,  zersetzt;  man  erhält  neben  den  Produkten,  die  hier- 
aus hervorgehen,  die  freigewordenen  fetten  Säuren  und  ihre  Zersetzungs- 
produkte. Es  entwickeln  sich  geringe  Mengen  kühlensaures  und  brenn- 
bares Gas  und  das  oben  erwähnte  flüchtige,  durchdringend  riechende 
Produkt. 

Die  Beschaffenheit  der  übergehenden  Produkte  ist  je  nach  der  Dauer 
der  Destillation  verschieden.  Wenn  das  übergegangene  Produkt  dem  Vo- 
lumen nach  die  Hälfte  oder  % des  Oels  beträgt,  was  man  der  Destillation 
unterworfen  hat,  so  bleibt  ein  dunkelbrau»  oder  schwarz  gefärbter  Rück- 
stand, welcher  halbfest  oder  weich  is?,  in  der  Kälte  fester  und  elastisch 
wird:  er  löst  sich  in  Alkalien  zu  einer  schäumenden  Flüssigkeit  auf,  wel- 
che keine  Margarin-  oder  Talgsäure  enthält. 

Die  erste  Hälfte  des  übergehenden  Destillats  ist  bei  gewöhnlicher 
, Temperatur  weich,  von  der  Consistenz  der  Butter;  das  zuletzt  kommende 
ist  flüssiger.  Je  langsamer  die  Destillation  vorgenommen  wurde,  d.  h.  je 
niedriger  die  Temperatur  war,  bei  der  sie  vor  sich  ging,  desto  fester  ist 
das  erhaltene  Destillat.  Das  Destillat  besitzt  einen  höchst  durchdringenden 
Geruch,  der  von  einem  andern,  nach  ranzigem  Fett,  begleitet  ist.  Durch 
Schmelzen  und  Kochen  mit  Wasser  lassen  sich  beide  hinwegnehmen.  Das 
Wasser  nimmt  damit  eine  saure  Reaction  an,  und  erhält  die  Fähigkeit, 
essigsaures  Bleioxid  in  weifsen  Flocken  za  fällen. 

Die  erste  Hälfte  des  Destillats  löst  sich  in  wässerigen  Alkalien  voll- 
kommen auf  und  liefert  eine  feste  weifse  Seife;  die  letzten  Produkte  hin- 
terlassen bei  der  Behandlung  mit  Alkalien  ein  flüchtiges  farbloses  Oel. 
Werden  die  bei  gewöhnlicher  Temperatur  festen  Fette  der  Destillation 
unterworfen,  so  sind  die  flüchtigen  Produkte  identisch  mit  den  aus  den 
fetten  Oelen  erhaltenen.  Die  sich  verdichtenden  Produkte  werden  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  fest,  aber  sie  besitzen  stets  eine  weichere  Beschaf- 
fenheit als  der  Talg,  aus  dem  sie  erhalten  wurden.  Die  schnellere  oder 
langsamere  Destillation,  d.  h.  die  höhere  oder  niedere  Temperatur,  zeigt 
auch  hierauf  einigen  Einflufs.  Gegen  Alkalien  verhält  sich  dieses  Destillat 
ähnlich  wie  das  von  fetten  Oelen;  es  besteht  grofsentheils  aus  fetten  Säu- 
ren, denen  ein  flüchtiges  Oel  beigemischt  ist,  was  mit  Alkalien  keine  Ver- 
bindung eingebt.  Die  letzten  Produkte  dieser  Destillation  enthalten  am 
meisten  von  diesem  Oel,  die  ersten  sind  frei  davon. 

Unterwirft  man  die  festgewordene  Masse  einem  starken  Druck,  so 
werden  die  flüssigen  Theile  davon  getrennt  und  man  behält  eine  feste 
Masse,  die  36  — 45  p.  c.  des  Talgs  ausmacht. 

Wie  aus  dem  Vorhergehenden  sich  ergiebt,  besitzen  die  Produkte  der 
Destillation  flüssiger  und  fester  Oele  eine  verschiedene  Beschaffenheit;  die 
flüssigen  Fette,  die  Oele,  liefern  ein  festes  oder  weiches  Produkt,  die 
festen  Fette  oder  Talgarten  geben  ein  Produkt  von  minder  fester  Beschaf- 
fenheit, als  sie  vorher  besafsen. 

In  beiden  findet  sich  eine  feste  und  eine  flüssige,  der  Oelsäure  in 
ihren  Eigenschaften  ähnliche  Säure.  In  der  Menge,  in  welcher  man  die 
erstere  aus  den  Produkten  der  Zersetzung  der  festen  Fette  erhält,  war 
sie  vorher  nicht  darin  nachweisbar,  alle  Talgsäure,  welche  einen  Haupt- 
bestandteil vor  der  Destillation  ausmachte , ist  nach  derselben  ver- 
schwunden. 

Die  andern  Produkte  der  Destillation  fetter  Körper  sind  Fettsäure 
und  eine  höchst  durchdringend  riechende,  die  Augen  heftig  reizende,  höchst 
flüchtige  Substanz,  welche  die  Gase  begleitet  und  den  flüssigen  Produkten 
beigemischt  ist.  Berzelius  hat  diese  Substanz  mit  dem  Namen  Akrolein 
bezeichnet,  sie  ist  in  reinem  Zustande  noch  nicht  dargestellt.  Werden, 
b«i  der  Destillation  von  Schweineschmalz  oder  Olivenöl,  die  flüchtigeren 
Produkte  in  mehreren  wohl  abgekühltrn , mit  Wasser  halb  gefüllten  Fla- 
schen aufgefangen , so  findet  sich  in  der  Sten  und  3ten  Flasche  das  meiste 


984 


Wirkung  der  Wärme  auf  fette  Körper. 


Akrolein ; auf  dem  darin  enthaltenen  Wasser  schwimmt  eine  ölartige  Flüs- 
sigkeit; welche  eine  grofse  Menge  davon  enthält;  allein  auch  iD  ’ero 
Wasser  ist  eine  beträchtliche  Portion  gelöst.  Schüttelt  man  das  auf- 
schwimmende  flüchtige  Oel  mit  seinem  zwanzigfachen  Volum  Wasser;  so 
verschwindet  der  gröfste  Theil  davon  und  das  Wasser  erhält  den  Geruch 
des  Akroleins.  Wird  das  aufschwimmende  Oel  getrennt  und  die  klare 
wässerige  Auflösung  im  Wasserbade  der  Destillation  unterworfen;  so  geht, 
lange  vor  dern  Siedpunkt  des  Wassers  (öS0);  eine  ölartige,  wieder  in 
Wasser  lösliche  Materie  über;  welche  den  furchtbaren  Geruch  des  Akro- 
leins im  höchsten  Grade  besitzt.  Diese  Materie  ist  ausgezeichnet  durch 
die  Leichtigkeit,  mit  der  sie  Sauerstoff  aus  der  Luft  anzieht,  wobei  sie 
eine  saure  Keaction  annimmt;  sie  läfst  sich  selbst  in  hermetisch  verschlos- 
senen Gefäfsen  nicht  ohne  Zersetzung  aufbewahren,  sondern  sie  geht  nach 
und  nach  in  einen  weifsen  flockigen  Körper  über , welcher  im  trocknen 
Zustande  nicht  die  geringste  Aehnlichkeit  mit  Fetten  besitzt,  er  ist  ge- 
schmack-  und  geruchlos,  in  Aether,  WTasser,  Schwefelkohlenstoff,  fetten 
und  flüchtigen  Oelen,  Säuren  und  alkalischen  Laugen  völlig  unlöslich  und 
unzersetzbar,  und  wird  kaum  durch  schmelzendes  Kalihydrat  verändert. 
Die  nemliche  Veränderung  erleidet  das  Akrolein  beim  Aufbewahren  in  sei- 
ner wässerigen  Auflösung.  Setzt  man  der  frischen  wässerigen  Akrolein- 
lösung Kalilauge  zu,  so  färbt  sie  sich  braun;  bringt  man  Akrolein  in 
Aether,  welcher  mit  Ammoniakgas  gesättigt  ist,  so  verschwindet  augen- 
blicklich sein  Geruch,  es  entsteht  ein  vveifser  Niederschlag  einer  Ammo- 
niakverbindung, aus  der  sich  das  Akrolein  nicht  mehr  darstellen  läfst. 

Keine  der  bis  jetzt  bekannten  fetten  Säuren  liefert,  wenn  sie  in  rei- 
nem Zustande  destillirt  werden,  die  kleinste  Spur  von  diesem  Akrolein; 
es  bleibt  deshalb  nichts  anderes  übrig,  als  die  Entstehung  desselben  von 
einer  Zersetzung  des  Glyceryloxids  abzuleiten,  aus  dem  man  in  der  That 
bei  der  Destillation  im  Hydratzustaude  diesen  riechenden  Stoff  erhält. 

Keine  der  bis  jetzt  bekannten  kristallisirbaren  fetten  Säuren  liefert  bei 
trockner  Destillation  Fettsäure,  oder,  wenn  man  will,  ein  Destillat,  was 
eine  in  Wasser  lösliche  kristallisirbare , Bleisalze  in  weifsen  Flocken  fäl- 
lende Säure  enthält;  wohl  aber  entsteht  Fettsäure  durch  Destillation  von 
allen  Oelsäuren  und  allen  Fetten,  welche  Oelsäure  enthalten. 

Das  Auftreten  des  Akroleins  bei  Destillation  irgend  eines  Fettes  kann 
als  strenger  Beweis  für  die  Gegenwart  einer  Glyceryloxidverbindung,  und 
das  Auftreten  der  Fettsäure  bei  derselben  Operation  als  Beweis  für  die 
Gegenwart  einer  Oelsäure  angesehen  werden.  Nur  das  Ricinusöl  macht  in 
Beziehung  auf  die  Fettsäure  die  einzige  bekannte  Ausnahme. 

Die  feste  kristallisirbare,  in  dem  Destillationsprodukt  des  Ochsen-, 
Hammeltalgs,  Schweineschmalz,  Olivenöl,  Mohnöl,  Leinöl  und  Mandelöl 
enthaltene  fette  Säure  ist  Maryarinsäure. 

Das  Ricinusöl,  ausgezeichnet  von  allen  andern  fetten  Oelen  durch  seine 
grofse  Löslichkeit  in  Alkohol,  giebt  bei  seiner  trocknen  Destillation  eben 
so  abweichende  Produkte.  Es  siedet  bei  265°,  wobei  sich  Akrolein  ent- 
wickelt und  flüssige  Produkte  übergehen,  welche  im  Anfang  aus  einem 
flüchtigen  in  Alkalien  unlöslichen , zuletzt  in  fetten  Säuren  bestehen  , wel- 
che mit  Alkalien  lösliche  Seifen  bilden.  Wenn  etwa  % von  dem  Volumen 
des  Ricinusöls  an  Produkten  abgegangen  ist,  so  erstarrt  plötzlich  die  Masse 
in  der  Retorte  zu  einer  schwammigen,  elastischen,  gelben,  nach  Behand- 
lung mit  Alkohol  zerreiblichen,  in  der  Hitze,  ohne  zu  schmelzen,  sich 
zersetzenden  Substanz,  welche  sich  weder  in  fetten  und  flüchtigen  Oelen, 
noch  in  Aether,  Alkohol,  Wasser  und  Säuren  löst.  Nur  in- kaustischen 
Alkalien  ist  es  in  der  Wärme  löslich  zu  seifenartigen  Gemischen,  welche 
bei  Zusatz  von  Säuren  eine  zähe,  in  Wasser  unlösliche,  in  Alkohol  leichc 
lösliche  Substanz  fallen  lassen , die  alle  Eigenschaften  einer  Säure  besitzt. 

Unterwirft  man  die  flüchtigen  Produkte  der  Zersetzung  des  Ricinusöls 
durch  den  Einflufs  der  Wärme  einer  Destillation  mit  Wasser,  so  erhält 
man  ein  Gemenge  mehrerer  flüchtigen  Substanzen,  in  Gestalt  eines  färb- 


O e 1 g a s. 


985 


losen  Oels,  von  eigentümlichem  Geruch  und  ätherischem , hintennach 
scl.arfem  Geschmack;  dieses  Oelgemenge  siedet  fiir  sich  bei  100°  bei  stets 
steigender  Temperatur , es  ist  mischbar  mit  Alkohol  und  Aether.  Bei  einer 
Temperatur  von  — 5°  längere  Zeit  sich  selbst  überlassen , erstarrt  es  zu 
einer  kristallinischen  Masse,  welche  beim  Pressen  zwischen  Papier  ein 
flüssigbleibendes  Oel  abgiebt,  während  ein  fester  weifser  kristallinischer 
Rückstand  bleibt,  welcher,  in  warmem  Alkohol  oder  Aether  gelöst,  nach 
dem  Erkalten  in  feinen  Flocken  kristallisirt.  Dieser  kristallinische  Körper, 
von  welchem  Bussy  und  Lecanu  nicht  bemerken,  ob  er  mit  Wasser  noch 
destiilbar  ist,  schmilzt  bei  37 — 40°  und  erstarrt  nach  dem  Erkalten  zu 
einer  harten,  glänzenden,  brüchigen,  klingenden  Masse;  Aether  löst  ins 
Sieden  % seines  Gewichts,  er  löst  sich  in  Eisessig  und  wird  durch  Kalium 
zersetzt.  In  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  werden  die  Kristalle  flüssig, 
ohne  sich  aufzulösen. 

Unterwirft  man  das  von  den  flüchtigen  Theilen  befreite  Produkt  der 
Destillation  des  Ricinusöls  einer  zweiten  Destillation  für  sich,  so  geht  im 
Anfang  eine  feste  weifse  butterartige  Substanz  von  sauren  Eigenschaften 
über,  die,  durch  Pressen  zwischen  Papier  von  dem  flüssigen  Theil  befreit, 
bei  22°  schmilzt  und  in  höherer  Temperatur  ohne  Zersetzung  sich  ver- 
flüchtigt. Diese  Säure  ist  in  Alkohol  und  Aether  löslich  und  daraus  kri- 
stallisirbar,  sie  verbindet  sich  mit  den  Basen  zu  seifenartigen  Salzen,  ihre 
Verbindung  mit  Bittereide  ist  ausgezeichnet  durch  die  Leichtigkeit,  mii 
welcher  sie  aus  ihrer  alkoholischen  Auflösung  kristallisirt.  Die  Sättigungs- 
capacität  dieser  Säure  ist  nicht  bekannt,  sio  gab  bei  der  Analyse  73,56 
Kohlenstoff,  9,86  Wasserstoff  und  16,58  Sauerstoff.  Diese  feste  Säure 
ist  begleitet  von  einer  ölartigen  [Elaiodin$äure~)  , deren  Eigenschaften  sehr 
wenig  erforscht  sind. 

Philosophenöl  (Ol.  philo  sophor  um) , aus  fettem  Oel  durch  trockne  De- 
stillation zu  erhalten.  Man  tränkt  Ziegelpulver  mit  Baumöl  oder  einem 
andern  fetten  Oel,  setzt  wohl  auch  noch  Kalk  zu  und  destillirt.  — Ein 
hell-  oder  dunkelbraunes,  etwas  dickflüssiges,  stinkendes  Oel;  reagirfc 
sauer.  Enthält  aufser  Paraffin,  Eupion  und  Kreosot,  viel  Oel-  und  Mar- 
garinsäure,  Fettsäure  und  Essigsäure.  — Wird  in  der  Thierarzneikunde 
verwendet.  — Durch  wiederholte  Rectifikation  wird  es  in  ein  fast  wasser- 
lielles,  sehr  durchdringend  riechendes  Oel;  reich  an  Eupion,  umgewandeit, 
welches  nach  Büchner,  innerlich  genommen,  giftige  Eigenschaften  (von 
Kreosotgehalt)  besitzt. 

Oelgas . 

Treibt  man  die  Dämpfe  von  fetten  Körpern  durch  glühende  Röhren, 
oder  läfst  man  sie  im  geschmolzenen  Zustande  tropfenweise  in  glühende 
Gefäfse  fallen , so  werden  sie  vollständig  zersetzt.  Mit  Hinterlassung 
eines  sehr  geringen  Rückstandes  an  Kohle  zerfallen  sie  gänzlich  in  luft- 
fÖrmige  und  bei  niederer  Temperatur  flüssige  Produkte,  die  auf  der  einen 
Seite  aus  Kohlenoxid-  und  auf  der  andern  aus  Kohlenwasserstoffverbin- 
dungen bestehen.  Auf  dieser  Zersetzungsweise  beruht  die  Anwendung 
sehr  geringer  Sorten  fetter  Oele;  zur  Gasbeleuchtung  namentlich  werden 
in  England  hierzu  Stockfischthran  und  Abfälle  von  andern  fetten  Materien, 
die  zu  anderweitigem  Gebrauch  kaum  mehr  dienen  können,  benutzt.  Das 
Verfahren  der  Oelgasbereitung  ist  von  Taylor  erfunden  und  in  Anwendung 
gebracht  worden 

Der  Apparat,  welcher  hiezu  benutzt  wird,  ist  sehr  einfach.  Er  be- 
steht aus  einem  Cylinder  von  Gufseisen,  in  welchen  man  in  schwach  glü- 
hendem Zustande  das  in  Gas  zu  verwandelnde  Oel  fliefsen  läfst;  um  die 
zersetzende  Oberfläche  des  Cyiinders  zu  vermehren,  ist  derselbe  mit 
Steinen  oder  gewöhnlich  mit  Coaks  locker  angefüllt;  an  dem  einen  Ende 
des  Cyiinders  fliefst  das  Oel  ein , es  verdampft  in  dem  glühenden  Raume 

Geiger’ s Phnrnutcie.  L ( 5 ie  Aufl. ) 63 


986 


O e 1 g*  a s. 

und  der  Dampf  wird  zersetzt,  indem  er  durch  die  ganze  Lange  des  Cy- 
linders  streicht.  Eine  Bohre  an  dem  entgegengesetzten  Ende  des  Cylinders 
führt  das  Gas  durch  ein  mit  Oel  angefülltes  Gefäfs,  worin  sich  das  nicht 
in  Gas  verwandelte  Oel  verdichtet;  aus  diesem  Gefäfs  wird  es  ohne  wei- 
tere Reinigung  in  einen  Gasbehälter  geleitet , aus  dem  es  durch  Röhren  an 
die  Orte  geführt  wird,  wo  es  zur  Beleuchtung  dieuen  soll.  Die  Produkte 
der  Zersetzung  der  fetten  Körper  auf  dem  angegebenen  Wege  sind  je 
nach  der  Temperatur  höchst  verschieden.  Bei  mäfsiger  Rothglühhitze  wird 
das  Oel  beinahe  ohne  Rückstand  in  Kohlenoxid,  ölbildendes  Gas,  dampf- 
förmige höchst  flüchtige  Kohlenwasserstoffverbindungen  , Sumpfgas  und  ge- 
ringe Mengen  von  freiem  Wasserstoffgas  zersetzt,  bei  höheren  Tempera- 
turen setzt  sich  mehr  Kohle  ab,  die  Menge  des  ölbildenden  Gases  und  der 
dampfförmigen  Kohlenwasserstoffe  nimmt  ab,  die  Menge  des  Sumpfgases 
nimmt  zu,  wodurch  sich  die  Leuchtkraft  des  Gases  vermindert. 

Das  specifisclie  Gewicht  der  Gase  steht  in  umgekehrtem  Verhältnifs 
zu  der  Temperatur,  bei  der  sie  erzeugt  worden  sind,  es  wechselt  von 
1,110  bis  0,464.  Dasjenige,  was  zur  Beleuchtung  am  vorteilhaftesten 
befunden  wurde,  ist  0,900.  100  Vol.  eines  Gases  der  letzteren  Qualität 

bedurften  zur  Verbrennung  160  Vol.  Sauerstoff  und  bestanden  aus  38  Vol., 
die  durch  Chlor  condensirt  wurden  (ölbildendes  Ga*  oder  demselben  ähn- 
liche Verbindungen),  46  Vol.  Sumpfgas,  9,5  Vol  Kohlenoxid,  3 Vol.  Was- 
serstoffgas und  3 Vol.  Stickstoff.  Die  Leuchtkraft  des  Oelgases  von  0,900 
spec.  Gewicht  ist  nahe  die  doppelte  des  besten  Steinkohlengases  von  0,600 
spec.  Gew\  (aus  Cannelkohle) , sie  beträgt  das  drei-  bis  drei  und  einhalb- 
fache, verglichen  mit  dem  Steinkohlengase  aus  gewöhnlicher  Backkohle. 
Als  Mittel,  um  dampfförmige  Kohlen wasserstofl’verbindungen  den  gasför- 
migen Produkten  der  trocknen  Destillation  fetter  und  anderer  Materien  zu 
entziehen,  kann  mit  Vortheil  conceutrirte  Schwefelsäure  oder  Olivenöl 
angew'endet  werden,  die  sich  damit  beide  verbinden  und  eine  Condensation 
zu  Wege  bringen  QFaraday^).  100  Vol.  Oelgas  verminderten  sich,  mit 
concentrirter  Schwefelsäure  in  Berührung,  um  22, 76  Vol.,  die  man  von 
den  obigen  38  Vol.  abzuziehen  hat,  um  das  Volumen  des  beigemischten 
ölbildenden  Gases  zu  bekommen. 

Für  eine  gleiche  Menge  Licht  ergeben  sich  folgende  Wertho  für  Oel, 
was  in  einer  wohlconstruirten  Lampe  mit  coustantem  Oel-Niveau  gebrannt 
wird,  Steinkohlengas  und  Oelgas: 

Dauer  der  Beleuchtung.  Verbrauch. 

1 Stunde  43  Grammen  Oel. 

do.  106  — 1 10  Litres  *)  Steinkohlengas. 

do.  28 — 30  Litres  Oelgas. 

Der  Verbrauch  des  Steinkohlengases  beträgt  für  die  Böhrenöffnungen 
der  gewöhnlichen  Gasflammen  138  Litres,  für  Oelgas  38  Litres  auf  die 
Stunde.  Die  damit  erzeugten  Lichtmengen  stehen  zu  einer  Oelflamme  (Ar- 
gand’sche  Lampe  mit  consfantem  Oelniveau),  wrelche  42  Grrn.  Oel  in  einer 
Stunde  verbraucht,  in  dem  Verhältnifs  wie  127  : 100.  Eine  Gasflamme 
dieser  Art  besitzt  die  Leuchtkraft  von  12  Talgkerzen  (6  auf  das  ££  ) und 
von  9 Wachskerzen  (5  auf  das  Die  Röhren,  aus  denen  das  Gas 

herausströmt  und  brennt,  besitzen  die  Form  von  Argand’schen  Lampen; 
die  Oeffnung,  in  welcher  bei  diesen  der  Docht  eingelassen  wird,  ist  durch 
einen  Ring  von  Stahl  geschlossen,  der  mit  sehr  feinen  Löchern  durch- 
bohrt ist. 

1 Kilogramm  Oel  giebt  im  Durchschnitt  830  Litres  Gas.  Da  nun  42 
Grm.  Oel  dieselbe  Lichtmenge  erzeugen,  wie  im  Mittel  29  Litres  Oelgas, 
so  entsprechen  diese  830  Litres  Gas  1202  Grm.  Oel.  Es  bedarf  mithin  1202 
Grm.  Oel  in  Lampen  gebrannt,  um  denselben  Effect  hervorzubringen,  wie 
1000  Grm.  Oel,  was  in  Form  von  Gas  gebracht  worden  ist.  Es  stellt  sich 


*)  i Litre  m % Darmstädter  Maas. 


987 


Kohlenwasserstoff  aus  Oelgas. 


demnach  bei  der  Verwandlung  des  Oels  in  Gas  ein  Gewinn  an  Leuchtkraft 
in  dem  Verhältnifs  wie  1000  : 1202  heraus;  dieser  Gewinn  ist  aber  nur 
für  sehr  wenige  Orte  grofs  genug,  um  die  Kosten  der  Darstellung  (Auf- 
wand an  Feuer-Meterial  etc.,  Interessen  des  Kapitals)  zu  decken-  er  be 
ruht  ausschliefslich  auf  dem  Unterschied  der  Preise  der  zur  Gasgewinnung 
angewandten  und  zur  Beleuchtung  in  Lampen  dienenden  Oele  (Dumas 
Traite  de  Chimie  I.  p.  640  etc.)  v 


Die  im  Vorhergehenden  erwähnten  dampfförmigen  Kohlenwasserstoff- 
Verbindungen  sind  von  der  verschiedensten  Beschaffenheit.  Versuche  di© 
man  m London  angestellt  hatte,  um  zusammengeprefstes  Oelgas  in  trag- 
baren Gasbehältern  zur  Beleuchtung  zu  benutzen,  gaben  Faraday  zur 
Entdeckung  von  wenigstens  drei,  bestimmt  durch  ihren  Zustand  und  ihre 
Flüchtigkeit  von  einander  verschiedenen  Kohlenwasserstoffverbindungen 
Veranlassung. 


Aus  1000  Kubikfuis  Oelgas  condensiren  sich,  wenn  sie  bis  auf  V, 
ihres  Volumens  bei  gewöhnlichem  Luftdruck  zusammengeprefst  werden 
etwa  4 Litres  (2  Darmstädter  Maas)  flüchtige  Flüssigkeiten.  Setzt  man 
dieselben  einer  sehr  gelinden  Wärme  aus,  welche  35  — 36°  nicht  überstei- 
gen darf,  und  leitet  man  den  sich  bildenden  Dampf  durch  eine  bis  —18°  er- 
kältete Röhre,  so  verdichtet  er  sich  zu  einer  leichtbeweglichen  Flüssig- 
keit, die  über  dieser  Temperatur  wieder  Gaszustand  'annimmt,  sie  besteht 
aus  doppelt  condensirtem  Kohlenwasserstoff. 

Die  fortgesetzte  Destillation  erfordert,  um  den  Rückstand  im  Sieden 
zu  erhalten,  höhere  Temperaturen.  Von  der  Wärme  der  Hand  steigt  der 
Siedpunkt  zuletzt  bis  auf  120°.  Zwischen  80  bis  87°  hält  sich  der  Sied- 
punkt am  längsten  unverändert;  wird  das  bei  diesen  Temperaturen  erhal- 
tene Destillat  in  eine  Kältemischung  gebracht,  so  erstarrt  ein  grofser  Theil 
davon  zu  einer  weifsen  kristallinischen  Masse,  von  der  man  eine  ein^e- 
mcngte  Flüssigkeit  durch  Abgiefsen  und  Pressen  zwischen  Fliefspapier  be- 
freien kann.  Diese  Substanz  ist  reines  Benzol  (s.  S.  676). 

Das  flüssige  Oel,  aus  welchem  das  Benzol  sich  abgesetzt  hat,  besitzt 
den  nemlichen  Siedpunkt  wie  das  Benzol,  allein  es  läfst  sich  bis  auf  —18° 
abkühleu  ohne  zu  erstarren,  bei  15,5°  besitzt  es  in  flüssigem  Zustand  ein 
spec.  Gewicht  von  0,86,  im  Gaszustand  von  2,96;  nach  seiner  Gewin- 
nungsweise ist  es  bei  — 18°  mit  Benzol,  was  darin  löslich  ist,  gesättigt« 
was  einige  Ungewifsheit  über  seine  Zusammensetzung  läfst.  Faraday  er- 
hielt beider  Analyse  Wasserstoff  und  KohlenstofF  in  dem  Verhältnifs  wie 
1 : 8,764.  Da  nun  das  Benzol  diese  beiden  Elemente  in  dem  Verhältnifs 
wm  1 : 12  enthält  und  eine  Beimischung  desselben  den  Kohlenstoffgehalfc 
des  Oels  vergröfsern  mufste , so  ist  es  höchst  wahrscheinlich , dafs  es  beide 
Bestandteile  zu  gleichen  Aequivalenten  (1  : 6),  also  in  dem  Verhältnifs 
wie  m dem  olbildendeu  Gas  enthält.  Durch  sein  Verhalten  gegen  concen- 
tnrte  Schwefelsäure  unterscheidet  sich  dieser  Körper  wesentlich  von  dem 
Benzol,  die  Schwefelsäure  wird  unter  Erhitzung  schwarz  und  es  scheidet 
eich  eine  gelbe  leichtere  Flüssigkeit  ab , die  von  Schwefelsäure  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  keine  Veränderung  mehr  erfährt. 

Das  Destillat,  welches  bei  93,3°  überging,  enthielt  Wasserstoff  und 
Kohlenstoff  im  Verhältnifs  wie  1 : 9,17;  bei  98,9° 

beide  — — 1 : 8,91 ; bei  104,4° 

— — — — 1 : 8,46. 

Das  J>ei  niedrigen  und  den  höchsten  Siedpunkten  abgeschiedene  Pro- 
dukt nähert  sich  in  seiner  Zusammensetzung  dem  ölbildenden  Gas.  Die 
an  Kohlenstoff  reichsten  Produkte  liegen  in  Hinsicht  auf  ihre  Flüchtigkeit 
m der  Mitte  zwischen  beiden.  Alle  diese  Produkte  widerstehen  der  Ein- 
wirkung von  Alkalien  und  werden  von  Schwefelsäure  heftig  angegriffen. 

Was  die  flüchtigsten  Produkte  betrifft,  so  beobachtete  Faraday , dafs 
nre  bei  10—15°  gebildeten  Dämpfe  eine  Materie  enthalten,  die,  in  einen 
kü-  ~1?°  aI)gek,illltea  Ballon  geleitet,  sich  zu  Nadeln  verdichtet,  welche 
Dei  14  bis  — 13°  wieder  verschwinden. 


988 


Sch  wefelbalsam. 


Vierfach  verdichteter  Kohlenwasserstoff. 

Das  flüchtigste  Produkt  der  Zersetzung  von  fetten  Oelen  in  der  Glüh- 
hitze besitzt  die  nemliche  Zusammensetzung  wie  das  ölbildende  Gas  und 
unterscheidet  sich  von  diesem  bei  gewöhnlicher  Temperatur  dadurch , dafs 
es  in  1 Yol.  die  doppelte  Menge  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  enthält. 

Bei  — 18°  stellt  dieser  Kohlenwasserstoff  eine  farblose,  äufserst  leicht 
bewegliche  Flüssigkeit  dar,  von  0,627  spec.  Gewicht  bei  12°  im  flüssigen 
und  1,9607  im  Gaszustande.  Bei  0°  besitzt  er  die  Beschaffenheit  eines 
permanenten  Gases,  er  ist  leicht  entzündlich  und  brennt  mit  hellleuchten- 
der Flamme,  wird  von  Wasser,  alkalischen  und  sauren  Flüssigkeiten  in 
geringer  Menge,  reichlich  in  Alkohol  aufgenommen.  Olivenöl  absorbirt 
sein  Ofaches,  concentrirte  Schwefelsäure  nahe  ihr  lOOfaches  Volum;  die 
Säure  erhitzt  und  schwärzt  sich,  ohne  übrigens  schwefelige  Säure  zu 
entwickeln,  Zusatz  von  Wasser  verursacht  Trübung  ohne  Gasentwicke- 
lung. Mit  Chlorgas  vereinigt  er  sich  zu  einer  dem  Oel  der  holländischen 
Chemiker  in  seiner  Zusammensetzung  und  Eigenschaften  , bis  auf  den  Ge- 
schmack, welcher  hintenuach  bitter  ist,  gleichen  Verbindung;  aber  mit 
einem  Ueberschufs  von  Chlor  dem  Sonnenlichte  ausgesetzt,  wird  er  nicht 
in  anderthalb  CJilorkohleustoff,  sondern  in  eine  zähe  Flüssigkeit  verwan- 
delt, welche  Chlor,  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  enthält. 

Verhalten  der  fetten  Körper  gegen  einfache  Körper. 

Die  Wirkung  des  Sauerstoffs  auf  die  flüssigen  und  festen  Fette  ist 
S.  981  erwähnt  worden. 

Die  trocknenden  und  eigentlichen  fetten  Oele  lösen  in  der  Wärme 
Schwefel  auf,  wobei  sich,  wenn  die  Temperatur  sehr  hoch  steigt,  mei- 
stens Schwefelwasserstoffgas  entwickelt;  geschieht  die  Auflösung  bei  ge- 
linder Wärme,  so  scheidet  sich  beim  Erkalten  ein  Theil  des  Schwefels 
wieder  ab;  im  ersteren  Fall,  wo  eine  Zersetzung  des  Oels  stattgefunden 
bat,  findet  diese  Abscheidung  nicht  statt.  Eine  Verbindung  von  Schwefel 
mit  Leinöl,  verdünnt  mit  Terpentinöl,  wird  in  der  Arzneikunde  unter  dem 
Namen  Schwefelbalsam  angevvendet. 

Schwefelbalsam . ( Oleum  Lini  sulphuratum.  Corpus  pro 

balsamo  sulphuris.) 

§.  190.  Zur  Darstellung  dieser  Verbindung  wird  Leinöl 
bis  zum  schwachen  Sieden  in  einem  irdenen  Gefäfse  erhitzt 
und  nach  und  nach  unter  schwachem  Umrühren  y4  seines 
Gewichtes  Schwefel  in  kleinen  Portionen  zugesetzt;  wobei 

Vorsicht  angewendet  werden  mufs,  um  Entzündung  zu  verhüten.  Mit 
einem  gut  schliefsenden  Deckel  lälst  sich  die  Flamme  des  brennenden  Oels 
leicht  ersticken. 

Bei  vollkommener  Auflösung  des  Schwefels  erhält  man 
nach  dem  Erkalten  eine  dicke,  klebende,  gelatinöse  Masse 
von  dunkelbrauner  Farbe  und  widerlichem  Geruch. 

Ein  Theil  dieser  Masse  in  zwei  Theilen  Terpentinöl  ge- 
löst, giebt  das  schwefelhallige  Terpentinöl  ( Balsamus  sul- 
phuris lerebinlhinalusj  : es  dient  zum  äufseren  Gebrauche. 
Wird  statt  des  Terpentinöls  Anisöl  genommen , so  erhält  man 
das  schwefelhaltige  Anisöl  (Oleum  Anisi  sulphuratum , Bal- 
samus sulphuris  anisatusj , welches  zum  inneren  Gebrauche 
dient. 


989 


Verhalten  der  Fette  gegen  Säuren. 

Die  Verbindung  des  Schwefels  mit  Leinöl  giebt  in  siedendem  Alkohol 
Schwefel  und  unverändertes  Oel  ab  , und  hinterläfst  eine  Substanz  von 
dunklerer  Farbe  und  stärkerer  Consisteuz.  Sie  wird  durch  Alkalien  nicht 
verändert  und  ist  in  Aether  uud  Oelen  löslich.  An  der  Luft  wird  diese 
Schwefelverbindung  härter  und  elastisch,  sie  verliert  damit  ihre  Löslich- 
keit in  Aether.  Die  nemliche  Veränderung  erleidet  ihre  Auflösung  in  fet- 
ten Oelen.  Dem  Lichte  ausgesetzt  wird  sie  gebleicht.  Der  trocknen  De- 
stillation ausgesetzt  bleibt  zuletzt  eine  schwarze  poröse  Masse,  welche 
44,66  Schwefel  und  55,34  Kohlenstoff  enthält,  was  einer  Verbindung  von 
3 At.  Kohlenstoff  mit  1 At.  Schwefel  nahe  entspricht.  Durch  Behandlung 
mit  Aether  färbt  sie  sich,  und  hinterläfst  nach  dem  Verdampfen  schwarze 
glänzende  Blättchen.  ( [Radig .) 

Die  fetten  Oele  lö?en  in  der  Hitze  das  Selen , die  Auflösung  desselben 
in  Olivenöl  ist  im  durchfallenden  Lichte  pomeranzengelb,  im  reflectirten 
blafsroth  und  opalisirend,  bei  gewöhnlicher  Temperatur  ist  sie  salbenartig, 
sie  wird  im  Moment  des  Gesteh ens  farblos  und  besitzt  keinen  Geruch. 
C Berzelius .) 

Die  fetten  Körper  lösen  Phosphor,  wiewohl  in  geringer  Menge;  100 
Theile  Mandel-,  Mohn-  und  Olivenöl  lösen  nach  Buchholz  in  der  Kälte 
2,8,  bei  100°  4 Theile  Phosphor.  Zum  Lösen  des  Phosphors  in  den  Oelen 
wirft  man  denselben  in  ganzen  Stücken  in  die  Oele,  welche  in  einem  ver- 
schliefsbaren  Gefälse  bis  zur  Siedhitze  des  Wassers  mehrere  Stunden  da- 
mit erwärmt  werden.  Durch  häufiges  Schütteln  wird  die  Auflösung  be- 
schleunigt; nach  dem  Erkalten  trennt  man  die  Flüssigkeit  von  dem  abge- 
schiedenen oder  ungelösten  Phosphor  und  bewahrt  sie  vor  der  Luft  ge- 
schützt auf.  Eine  gesättigte  Auflösung  von  Phosphor  in  Olivenöl  enthält 
etwa  4 p.  c.  Phosphor,  unter  dem  Namen  Vkuile  phosphoree  wird  sie  in 
Frankreich  in  der  Medicin  augewendet. 

Die  phosphorhaltige  Pomade  (_ Pommade  phosphoree ) wird  aus  Phos- 
phor und  Schweinefett  bereitet.  In  einen  bis  zum  Schmelzpunkte  des 
Phosphors  erwärmten  Mörser  bringt  man  1 Theil  Phosphor  und  so  viel 
Schweinefett,  dafs  derselbe  nach  dem  Schmelzen  davon  bedeckt  wird. 
Durch  anhaltendes  Reiben  wird  derselbe  in  dem  Oel  aufs  sorgfältigste 
vertheilt,  man  setzt  alsdann  so  viel  Schweinefett  hinzu,  dafs  die  Quantität 
desselben  50  Th.  beträgt.  Man  kann  das  Ganze  nun  in  einer  Schale  bis 
auf  100°  erhitzen,  wo  aller  Phosphor  verschwindet.  Während  dem  Er- 
kalten wird  durch  beständige  Bewegung  die  Abscheidung  des  Phosphors  in 
gröfseren  Massen  verhindert. 

Die  phosphorhaltigen  Fet,te  leuchten  im  Dunkeln,  diese  Eigenschaft 
wird  durch  Zusatz  von  Terpentinöl  und  andern  flüchtigen  Oelen  augen- 
blicklich vernichtet. 

Chlor  und  Brom  üben  auf  alle  fetten  Körper  einen  zersetzenden  Ein- 
flufs  aus,  es  wird  Chlor-  oder  ßroinwasserstoffsäure  gebildet,  welche  ent- 
weicht, und  es  entsteht  eine  Chlor-  und  Brom  Verbindung,  sie  sind  bis  jetzt 
nicht  näher  untersucht. 

lod  löst  sich  in  den  meisten  Fetten  unter  brauner  Färbung  auf,  die 
sich  nach  einiger  Zeit  verliert. 

Verhalten  der  Fette  gegen  Säuren. 

Durch  die  Einwirkung  der  Schwefelsäure  auf  die  fetten  Körper  tritt 
Zersetzung  ein.  Ist  die  Menge  der  Schwefelsäure  gering,  so  erstreckt 
sich  die  Zersetzung  auf  eine  Trennung  des  Glyceryloxids , was  sich  mit 
der  Schwefelsäure  verbindet  ( acide  sulfoadipique^ , von  den  damit  ver- 
bundenen fetten  Säuren.  Talg  und  Schweineschmalz,  welche  mit  % Schwe- 
felsäurehydrat gemischt  werden  , geben  eine  röthliche  Verbindung,  die  mit 
siedendem  Wasser  ausgewaschen  ein  Gemenge  von  Talg-  und  Oelsäure 
hinterläfst.  Bei  mehr  Schwefelsäure  entstehen  bei  fetten  Oelen  sehr  merk- 


990 


Schwefelsäure  und  fette  Oele. 


würdige  Veränderungen,  welche  in  Beziehung  auf  Olivenöl  von  Fremy 
einer  Untersuchung  unterworfen  worden  sind. 

Produkte  der  Einwirkung  des  Schwefelsäurehydrats  auf  fette  Oele. 

Riiböl,  Mandelöl  und  Olivenöl  lassen  sich  mit  Schwefelsäurehydrat, 
wenn  es  in  kleinen  Portionen  zugesetzt  wird,  in  jedem  Verhaltnifs  mi- 
schen , es  entstehen  hierbei  Verbindungen  besonderer  Art,  die  man  früher 
saure  Seifen  nannte,  indem  sie  sich  bei  einem  gewissen  Verhältnifs  Schwe- 
felsäure in  Wasser  lösen. 

Läfst  man  zu  Olivenöl,  nach  Fremy,  bei  niederer  Temperatur  und 
Vermeidung  aller  Erhitzung,  nach  und  nach  tropfenweise  sein  halbes  Vo- 
lum Schwefelsäurehydrat  unter  beständigem  Uinruhren  zufliefsen,  so  wird 
das  ölsaure  Glyceryloxid  und  das  margarinsaure  Glyceryloxid  , welche  die 
Bestandtheile  des  Olivenöls  ausmachen,  zersetzt.  Eine  Portion  Schwefel- 
säure verbindet  sich  mit  dem  Glyceryloxid  zu  saurem  schwefelsauretn 
Glyceryloxid,  eine  andere  vereinigt  sich  mit  Oelsäure  und  Margarinsaure 
zu  schwefelsaurer  Oel-  und  Margarinsaure.  Die  Mischung  färbt  sich 
schwach,  wird  dickflüssig  und  zähe.  Wenn  sie  24  Stunden  sich  selbst 
überlassen  und  mit  ihrem  doppelten  Volum  kaltem  Wasser  vermischt  wird, 
so  tritt  eine  Scheidung  ein.  Schwefelsäure  Margarin-  und  Oelsäure  sind 
beide  in  verdünnter  Schwefelsäure  nicht  löslich,  und  begeben  sich  deshalb, 
wenn  nicht  zuviel  Wasser  zugesetzt  wurde,  auf  die  Oberfläche  der  Mi- 
schung, wo  sie  sich  in  Gestalt  eines  Syrups  sammeln;  die  darunter  schwim- 
mende sehr  saure  Flüssigkeit  enthält  freie  Schwefelsäure  und  schwefel- 
saures  Glyceryloxid. 

Wenn  das  aufschwimmende  Gemenge  von  schwefelsaurer  Margarin- 
und  Oelsäure  mit  wenig  Wasser  gewaschen , sodann  mit  mehr  Wasser  zu- 
sammengebracht wird,  so  löst  sich  alles  auf.  Die  Auflösung  besitzt  einen 
sauren  öligen,  hinteunach  bitteru  Geschmack,  sie  kanu  mit  Alkalien  ohne 
Fällung  neutralisirt  werden  und  diese  Mischungen  geben  mit  audern  Me- 
tallsalzeu  Niederschläge,  welche  unlöslich  in  Wasser,  schwcrlöslich  in 
Alkohol  sind. 

Die  schwefelsaure  Margarinsaure  ist  bis  jetzt  nicht  von  der  schwefel- 
sanren  Oelsäure  getrennt  worden. 

Bildung  und  Darstellung  der  Metamar garin- , Hydromaryaritin-, 
Hy  dromar garin- , Meto  lein-  und  Hy  dr  Oleinsäure. 

Das  Gemenge  von  schwefelsaurer  Margarin-  und  schwefelsaurer  Oel- 
säure erleidet  fär  sich  eine  Zersetzung,  wenn  sie  in  wässeriger  Auflösung 
sich  selbst  überlassen  bleiben.  Diese  Zersetzung  erfolgt  augenblicklich 
durch  Sieden  der  wässerigen  Lösung;  in  beiden  Fällen  sind  die  erhaltenen 
Produkte  verschieden  von  einander. 

Bei  dieser  Metamorphose  trennt  sich  die  Schwefelsäure  von  der  Mar- 
garin- und  Oelsäure,  und  aus  jeder  von  beiden  letzteren  entstehen  zwei 
neue  in  ihren  Eigenschaften  von  einander  abweichende  Verbindungen. 

Aus  der  Margarinsaure  entsteht  Metamargarin-  und  Hydromargari- 
tinsäure. 

Aus  der  Oelsäure  entsteht  Metolein-  und  Hydr  Oleinsäure. 

Geschieht  die  Zersetzung  der  wässerigen  Auflösung  bei  Siedhitze,  so 
scheiden  sich  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  die  vier  so  eben  genann- 
ten Säureu  in  Form  einer  Oelschicht  ab.  Durch  Behandlung  derselben  mit 
heifsem  Alkohol  lost  sich  eine  Verbindung  von  Metamargarinsäure  und 
Hydromargaritinsäure  sowie  Hydroleiusäure  auf,  es  bleibt  die  Metolein- 
säure  grofsentheils  ungelöst.  Beim  Erkalten  der  alkoholischen  Auflösung 
kristallisirt  die  Verbindung  von  Metamargarin-  und  Hydromargaritinsäure 
aus  und  Hydroleinsäure  bleibt  gelöst.  Die  Verbindung  der  beiden  ersten 


Metamarga  rinsäure. 


991 


Spuren  besitzt  alle  Eigenschaften  einer  eigentümlichen  Säure , sie  können 
durch  Lösungsmittel  nicht  von  einander  geschieden  werden  und  bilden  mit 
Basen  eine  besondere  Reihe  von  Salzen.  Fremy  gab  ihr  dieses  eigen- 
tümlichen Verhaltens  wegen  den  Namen  Hydromargarinsäure. 

Wird  das  Gemenge  von  schwefelsaurer  Margarin-  und  Oelsäure  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  in  Wasser  gelöst  und  sich  selbst  überlassen , so 
scheidet  sich  sehr  bald  ein  Gemenge  von  Metamargarinsäure  mit  Metolein- 
säure ab,  während  Hydromargaritinsäure  gelöst  bleibt. 

Wird  diese  Lösung , d.  h.  die  Verbindung  dieser  beiden  Säuren,  mit 
Schwefelsäure  zum  Sieden  erhitzt,  so  trennen  sie  sich  von  der  Schwefel- 
säure und  begeben  sich  in  geschmolzenem  Zustande  auf  die  Oberfläche  der 
heifsen  Flüssigkeit. 

Zur  Darstellung  und  Scheidung  der  Metamargarin-  und  Metoleinsäure 
unterwirft  man  das  Gemenge  dieser  beiden  Säuren , was  sich  aus  der  Auf- 
lösung der  schwefelsauren  Margarin-  und  Oelsäure  in  kaltem  Wasser 
beim  ruhigen  Stehen  abgeschieden  hat,  einem  starken  Drucke  zwischen 
Fliefspapier  und  erhitzt  die  rückbleibende  feste  Masse  mit  Weingeist  von 
36°  B.  Die  Metamargarinsüure  löst  sich  darin  mit  Leichtigkeit  auf,  wäh- 
rend von  diesem  Lösungsmittel  nur  wenig  Metoleinsäure  ausgenommen  wird. 
Die  beim  Abdampfen  und  Erkalten  erhaltenen  Kristalle  der  Metamargarin- 
säure  werden  durch  weitere  Behandlung  und  Kristallisation  aus  Alkohol 
rein  und  frei  von  Metoleinsäure  erhalten.  i 

Der  Metoleinsäure  entzieht  man  die  aufgelöste  Metamargarinsäure  durch 
mehrmalige  Behandlung  mit  heifsem  Alkohol  und  Aussetzen  einer  Tempe- 
ratur von  mehreren  Graden  unter  0°,  wo  sich  die  letzten  Spuren  der  Me- 
tamargarinsäure  absetzen. 

Die  Trennung  der  Hydromargaritiu-  von  der  Hydroleinsäure  läfst  sich 
noch  leichter  bewerkstelligen;  die  erstere  ist  nemlich  in  kaltem  Alkohol 
sehr  wenig  löslich,  während  die  letztere  beinahe  in  allen  Verhältnissen 
davon  aufgenommen  wird. 

Man  vertheilt  deshalb  das  Gemenge  beider  Säuren  , was  mau  beim 
Kochen  der  Flüssigkeit  erhält,  aus  der  sich  keine  Metamargarin-  und 
Metoleinsäure  mehr  abgesetzt  hat,  in  kaltem  Weingeist  und  wäscht  sie 
damit  so  lange  aus,  bis  die  ablaufende  Flüssigkeit  nichts  Oeliges  mehr 
hinterläfst;  die  letzten  Spuren  von  Hydroleiusäure  trennt  inan  von  dein 
Rückstände,  indem  man  ihn  mehrmals  aus  heifsem  Alkohol  kristallisiren 
läfst.  Die  zuletzt  erhaltenen  Kristalle  sind  reine  Hydromargaritiusäure. 

Die  Hydroleinsäure  schlägt  man  durch  Zusatz  von  Wasser  aus  ihren 
weingeistigen  Auflösungen  nieder  und  befreit  sie  durch  Aussetzen  einer 
niederen  Temperatur  von  der  gelösten  Hydromargaritinsäure , die  sich  in 
diesem  Falle  kristallinisch  abscheidet. 


Metamargarinsäure. 

Symb.:  mMr  H-  3aq.  Bildung  und  Darstellung  s.  das  Vorhergehende. 

Eigenschaften : Beim  Erkalten  der  geschmolzenen  Metamargarinsäure 
erhält  man  farblose,  durchsichtige,  verfilzte  Nadeln  von  geringer  Härte; 
aus  Alkohol  und  Aether  kristallisirt  sie  in  warzigen  Kristallen  oder  in 
glänzenden  glimmerähnlichen  Blättchen.  Sie  ist  unlöslich  iu  Wasser,  lös- 
lich in  Alkohol  und  Aether ; sie  schmilzt  und  gestellt  bei  50°  zu  einer 
durchscheinenden  Masse.  Für  sich  der  Destillation  unterworfen  verflüch- 
tigt sie  sich  unter  Zeichen  von  Zersetzung. 

Die  Metamargarinsäure  verbindet  sich  mit  Basen  zu  den  metamargarin- 
sauren  Salzen;  mit  einem  Ueberschufs  von  Bleioxid  zusammengeschmolzcn 
verliert  sie  3 At.  Wasser,  welche  durch  2 Aeq.  Metalloxid  ersetzt  wer- 
den, ein  Verhalten,  was  ungewöhnlich  ist.  Erhitzt  mau  Metamargarin- 
säure mit  etwas  überschüssiger  Kalilauge,  so  erhält  mau  eine  durchsichtige 


993 


Hydro  marga  rinsäure. 


Masse,  welche  mit  Alkohol  ausgekocht  nach  dem  Erkalten  desselben  kör- 
nige, ziemlich  harte  Kristalle  liefert. 

Nach  Fremy  ist  dieses  Salz  saures  metamargarinsaures  Kali,  es  ist 
löslich  in  heifsem,  sehr  wenig  in  kaltem  Wasser,  leicht  in  heifsem  Wein- 
geist; die  letztere  Lösung  röthet  die  Lackmustinktur,  die  Röthung  ver- 
schwindet bei  Zusatz  von  Wasser.  Wird  die  Metamargarinsäure  mit  einem 
grofsen  Ueberschufs  von  Kalilauge  behandelt,  so  erhält  man,  wenn  die 
Verbindung  mit  geringen  Quantitäten  Alkohol  behandelt  wird,  ein  Salz, 
welches  sich  aus  seinen  Auflösungen  stets  in  Form  einer  Gallerte  absetzt. 
Fremy  betrachtet  es  als  neutrales  Salz. 

Löst  man  das  saure  metamargarinsaure  Kali  in  Alkohol  auf  uud  setzt 
nach  und  nach  geringe  Mengen  Wasser  zu,  so  schlägt  sich  reine  kalifreie 
Metamargarinsäure  in  perlmutterglänzenden  Schuppen  nieder. 

Eine  Auflösung  des  nemlichen  Salzes  in  100  Th.  Wasser  nimmt  nach  j 
einigen  Tagen  eine  alkalische  Reaction  an,  indem  sich  ein  übersaures  me- 
tamargarinsaures Kali  zu  Boden  setzt.  Natron  und  Ammoniak  verhalten 
sich  gegen  die  Metamargarinsäure  ähnlich  wie  Kali. 

Hydromargaritinsäure. 

Symb. : hMt  -f-  2aq.  Farblose  rhombische  Prismen  von  ziemlicher 
Härte,  leicht  in  Pulver  zu  zerreiben  und  in  ihrem  Ansehen  verschieden 
von  den  fetten  Säuren,  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Aether  und  Alko- 
hol; die  Kristalle  schmelzen  und  gestehen  bei  08°  C.  Durch  trockne  De- 
stillation zerlegt  sie  sich  in  Wasser  und  Metamargarinsäure. 

Mit  den  Basen  bildet  sie  die  hydromargariünsauren  Salze,  von  denen 
die  mit  alkalischer  Basis  löslich  sind  und  ein  den  correspondirenden  mefca- 
margarinsauren  Salzen  ähnliches  Verhalten  zeigen,  alle  andere  hydro- 
margaritinsaure  Salze  sind  unlöslich. 

Uydromargarinsäure. 

Symb. : hMr  -f-  2aq.  Am  einfachsten  und  reinsten  erhält  man  diese 
Säure  durch  Zusammenschmelzeu  von  gleichen  Atomgewichten  der  vor- 
herbeschriebenen Säuren  und  Kristallisationen  der  erhaltenen  Masse  aus 
Alkohol. 

Aus  conceutrirten  alkoholischen  Auflösungen  erhält  man  diese  Verbin- 
dung zuweilen  in  kleinen,  wenig  glänzendeu  Nadeln,  meistens  in  grofsen 
halbkugeligen  Massen  abgesetzt ; sie  ist  in  Alkohol  weit  leichter  löslich 
als  die  Metamargarin-  uud  Hydromargaritinsäure,  sie  schmilzt  und  gesteht 
bei  60°  zu  einer  undurchsichtigen  Masse,  welche  keine  Aehnlichkeit  mit 
den  beschriebenen  Säuren  besitzt.  Mit  Basen  bildet  diese  Säure  eine  Reihe 
von  eigentümlichen  Salzen,  deren  Verhalten  im  übrigen  analog  ist  dem 
Verhalten  der  metamargarinsauren.  Die  Verbindungen  der  Säure  mit  den 
Alkalien  sind  löslich,  die  andern  unlöslich  in  Wasser. 

Hydroraargarinsaures  Kali  kristallisirt  aus  Alkohol  in  warzigen  Kri- 
stallen und  reagirt  in  dieser  Lösung  sauer;  in  500  Theilen  Alkohol  gelöst 
scheidet  Zusatz  von  Wasser  reine  Hydromargarinsäure  ab. 

Die  Hydromargarinsäure  wird  durch  die  trockne  Destillation  in  Meta- 
margarinsäure  verwandelt. 

Ueber  die  Zusammensetzung  der  Metamargarin- , Hydromarga - 
ritin-  und  Hydromargarinsäure. 

Die  drei  Säuren,  welche  durch  die  Einwirkung  der  Schwefelsäure  auf 
Olivenöl  entstehen,  sind  von  Fremy  analysirt  worden.  Das  Resultat  die- 
ser Analysen  ist  folgendes : 


Hydromargaritinsäure. 


993 


Metamar gar  insäure. 


Kristallisirte  Säure. 

Wasserfreie  Säure. 

I. 

II. 

I. 

II. 

III. 

Kohlenstoff 

74,906 

— 75,2 

— 78,6 

— 78,6 

— 77,6 

Wasserstoff 

12,650 

— 12,7 

— 12,9 

— 13,3 

— 13,4 

Sauerstoff 

12,444 

- 12,1 

— 8,5 

- 8,1 

— 9,0 

100,000 

— 100,0 

— 100,0 

— 100,0 

— 100,0 

Die  als  wasserfrei  angenommene  Säure  wurde  in  ihrer  Verbindung  mit 
Blei-  und  Silberoxid  analysirt. 

Hieraus  entwickelt  Fremy,  mit  Zugrundelegung  der  Analyse  des  sau- 
ren Kalisalzes,  eine  theoretische  Zusammensetzung,  welche,  um  Bruch- 
zahlen zu  vermeiden,  die  nach  den  Regeln  der  Proportionen  unzulässig 
sind,  doppelt  genommen  die  folgende  ist: 

Wasserhaltige  Säure : 

70  At.  Kohlenstoff  5350,450  — 75,109 

140  — Wasserstoff  773,565  — 12,263 

9 — Sau  erst  off 900,000  — 13,639 

1 At.  Matamargarinsäure  7124,015  — 100,000 

Wasserfreie  Säure  in  dem  Blei-  und  Silbersalz: 

70  At.  Kohlenstoff  5350,450  — 78,840 

134  — Wasserstoff  836,126  — 12,320 

6 — Sauerstoff  600,000  — 8,840 

1 At.  Säure  6786,576  — - 100,000 

Nach  dieser  Formel  neutralisirt  1 At.  Metamargarinsäure  2 At.  Basis  und 
sie  gehört  zu  den  zweibasiseben  Säuren.  Die  Formel  C3i  Hro  041/2  wäre 
demnach  der  Ausdruck  für  1 Aequivalent  Säure. 

Wie  man  leicht  bemerkt,  entfernt  sich  der  Wasserstoffgehalt  in  dem 
theoretischen  Resultat  in  dem  Grade  von  dem  des  direkten  Versuches,  dafs 
das  erstere  ohne  weitere  Bestätigung  nicht  angenommen  werden  kann. 

Nach  der  Formel  C3S  II6?  03 , welche  1 Aeq.  wasserfreie  Säure  be- 
zeichnet, sollten  sich  3393,3  Metamargarinsäure  verbinden  mit  einem  Atom 
Silber-  oder  Bleioxid.  Nach  den  von  Fremy  angestellten  Analysen  ist  das 
Atomgewicht  der  mit  beiden  Oxiden  verbundenen  Säure 
in  dem  Bleisalz  in  dem  Silbersalz 

I.  II. 

4460,..  3644  — 3403 

Nach  der  Bestimmung  des  Kaligehaltes  in  dem  sauren  metamargarin- 
sauren  Kali  beträgt  die  Quantität  der  mit  1 Atom  Kali  vereinigten  Säure 
6783. 

Nach  der  Bestimmung  des  Wassergehaltes  der  kristallisirten  Säure 
giebt  sie  nach  Fremy’ s Versuchen  3 Atome  Wasser  ab,  indem  sie  sich  mit 
2 Atomen  Bleioxid  verbindet;  nach  der  Analyse  des  sauren  Kalisalzes  sind 
darin  3 Atome  Wasser  ersetzt  durch  1 At.  Kali,  was  lauter  ungewöhn- 
liche Verhältnisse  sind. 


Hydromargaritinsäure. 

Fremy’ s Analyse  der  kristallisirten  Hydromargaritinsäure  gab  in  100 
Th  eilen  : 

kristall.  S wasserfreie  S. 

Kohlenstoff  71,86  — 72,1  — 73,73 

Wasserstoff  12,32  — 12,3  — 12,20 

Sauerstoff  15,92  — 15,6  — 14,07 


100,00 


100,00 


100,0 


994 


Hydromargaritinsäure. 


Hierauf  berechnet  Fremy  folgende  theoretische  Zusammensetzung,  welche, 
um  halbe  Aequivalenfce  zu  vermeiden,  doppelt  genommen  ist: 

Kristallisirte  Säure. 

70  At.  Kohlenstoff  5350,450  — 71,71 

146  — Wasserstoff  911,003  — 12,22 

12  — Sauerstoff  1200,000  — 16,07 

7461,453  — 100,00 

ln  der  an  Basen  gebundenen  Säure  sind  zwei  Atome  Hydratwasser  er- 
setzt durch  2 Aeq.  Metalloxid,  sie  enthält  nach  Fremy : 

70  At.  Kohlenstoff  5350,450  — 73,93 

142  — Wasserstoff  886,044  — 12,24 

10  — Sauerstoff  1000,000  — 13,83 

7236,494  — 100,00 

Die  üebereinstimmung  dieser  theoretischen  Resultate  mit  denen  der 
Versuche  ist  sehr  grofs,  nameistlicli  hätte  darnach  die  Analyse  der  was- 
serhaltigen Säure  mehr  Kohlenstoff  und  die  der  wasserfreien  etwas  weni- 
ger Wasserstoff  gegeben  als  die  Rechnung  verlangt. 

Nach  der  angeführten  Formel  gehört  die  Hydromargaritinsäure  zu  den 
zweibasischen  Säuren,  ihr  Aequivalent  würde  durch  die  Zahl  3618  ent- 
sprechend der  Formel  C5>  U72  05  -f-  aq  zu  bezeichnen  seyn.  Allein  nach 
der  vou  Fremy  angeführten  Analyse  des  Silbersalzes  enthalten  0,31.9  Sil- 
bersalz 0,231  wasserfreie  Säure,  woraus  die  Aequivalentenzahl  der  Säure 
3809  ist. 

Berechnet  man  hiernach  die  Zusammensetzung  der  Säure  in  dem  Sil- 
bersalze, so  erhält  man  als  theoretisches  Resultat: 

74  At.  Kohlenstoff  5656,19  — 74,62 

148  — Wasserstoff  923,48  — 12,19 

10  — Sauerstoff  1000,00  — 13,19 

7579,67  100,00 

Die  wasserhaltige  Säure  würde  enthalten : 

74  At.  Kohlenstoff  5656,19  — 72,47 

152  — Wasserstoff  948,44  — 12,15 

12  — Sauerstoff  1200,00  — 15,38 

7804,63  — 100,00 

Wenn  man  die  Zusammensetzung  der  Hydromargaritinsäure  nach  die- 
ser Formel  mit  den  Zahlen  vergleicht,  welche  durch  die  Analyse  der  an 
Basen  gebundenen  Metamargarinsäure  erhalten  worden  sind,  so  ergiebt 
sich  eine  Art  von  Zusammenhang  zwischen  beiden. 

Nach  Fremy* s Beobachtung  kann  die  Hydromargaritinsäure  durch  De- 
stillation übergeführt  werden  in  Metamargarinsäure,  wobei  er  kein  ande- 
res Produkt  als  Wasser  bemerkte. 

Wenn  man  nun  von  der  Formel  C?*  H1S2  Ol2  die  Elemente  abzieht  von 
2 At.  Kohlensäure  und  2 At.  Wasser, 

H152  012 

minus  C2  H4  06 

so  bleiben  C:2  H14S  06 

Diese  Verhältnisse  drücken  aber  genau  die  Zusammensetzung  der  wasser- 
freien Metamargarinsäure  aus,  nernlich: 

72  At.  Kohlenstoff  5503,32  — 78,31 

148  — Wasserstoff  923,48  — 13,15 

6 — Sauerstoff  600,00  — 8,54 

7026,80  —100,00 

Wie  früher  schon  angedeutet  worden,  ist  die  Analyse  der  kristalli- 
sirten  Metamargarinsäure  mit  einem  Fehler  behaftet,  welcher  mit  dieser 
jede  weitere  Vergleichung  ausschliefst.  Was  nun  zuletzt  die  Zusammen- 


Meta-  und  Hydromargarinsäure. 


995 


setzung  der  Hydromargarinsäure  betrifft,  die  als  eine  Verbindung  der 
Hydromargaritinsäure  mit  Metamargarinsäure  angesehen  werden  mute,  so 
entspricht  die  Formel  Cr5  H1S0  09  (in  100  Th.  75,25  Kohlenstoff,  12,62 
Wasserstoff,  12,13  Sauerstoff)  sehr  genau  der  Zusammensetzung  der 
wasserfreien,  und  die  Formel  C?3  H]S4  0X1  (in  100  Th.  73,03  Kohlenstoff, 
12,57  Wasserstoff,  14,40  Sauerstoff)  derjenigen  der  wasserhaltigen  Säure. 


Nimmt  man  die  letztere  doppelt = C146  Hä0g  022 

und  zieht  davon  ab  die  Elemente 

von  1 At.  Metamargarinsäure  — C72  IJ143  06  ) __  fi 

und  1 At.  Hydromargaritinsäure  = Cr4  H148  O10  ) ^146  296  Ul6 

so  bleiben  die  Elemente  von  6 At.  Wasser  ~ H12  06 


Fremy’s  Ansicht  über  die  Zusammensetzung  dieser  Säuren  entfernt 
sich  sehr  wesentlich  von  der  so  eben  entwickelten.  Er  betrachtet  nach 
den  von  ihm  gewählten  Formeln  diese  Säuren  als  entstanden  aus  Marga- 
rinsäure,  zu  deren  Elemente  die  Elemente  von  Wasser  in  einer  Form  ge- 
treten sind,  wo  sie  aufhören  abscheidbar  durch  Basen  zu  seyn.  Als  Grund- 
lage seiner  Schlüsse  nimmt  er  die  Formel  C?0  H138  08  für  den  Ausdruck 
der  Zusammensetzung  der  Margarinsäure  an , gegen  deren  Richtigkeit  die 
Analysen  von  Varrentrapp  sprechen.  Das  Verhalten  des  Schwefelsäure- 
hydrats gegen  Oelsäure-  und  Margarinsäurehydrat  gab  ihm  den  ersten 
Ausgangspunkt  zu  einer  Erklärung. 

Oelsäurehydrat  und  Schwefelsäurehydrat  vereinigen  sich  nemlich  zu 
einer  in  Wasser  löslichen  Doppelsäure.  Margarinsäurehydrat  löst  sich  in 
Schwefelsäure,  ohne  aber  eine  feste  Verbindung  damit  einzugehen. 

Löst  man  hingegen  eine  gewisse  Menge  Margarinsäure  in  Oelsäure- 
hydrat auf  und  behandelt  dieses  Gemisch  mit  Schwefelsäurehydrat,  so  ver- 
einigen sich  beide  mit  der  Schwefelsäure  zu  schwefelsaurer  Margarin-  und 
Oelsäure. 

Nach  Varrentrapp  läfst  sich  Oelsäurehydrat  mit  Schwefelsäurehydrat 
nicht  ohne  Schwärzung  und  Zersetzung  vermischen,  und  nach  den  Ana- 
lysen Miller9 s , angestellt  mit  den  Hydraten  der  von  Fremy  entdeckten 
und  von  ihm  selbst  dargestellten  Säuren , weicht  ihre  Zusammensetzung 
von  der  von  Fremy  gefundenen  ab.  Miller  erhielt: 

Metamargarinsäure.  Hydromargaritinsäure.  Hydromargarinsäure. 

Kohlenstoff  76,21  — 76,23  — 72,73^-  73,83  — 73,54  — 74,00 

Wasserstoff  12,86  — 12,59  — 12,25  — 12,32  — 12,30  — 11,66 

Sauerstoff  10,93  — 11,18  — 15,02  — 13,85  — 14,16  — 14,34 

Die  Hydromargaritinsäure  schmilzt  nach  Miller  bei  73°,  wird  aber 

erst  bei  51°  fest.  Die  Hydromargarinsäure  schmilzt  bei  70°  und  erstarrt 
bei  51°.  Aus  der  ungewöhnlichen  Differenz  in  dem  Schmelz-  und  Erstar- 
rungspunkt läfst  sich  vermuthen  , dafs  beide  Säuren  Gemenge  von  unglei- 
cher Zusammensetzung  enthalten.  Die  Metamargarinsäure  schmilzt  bei 
51,5°  C.  und  erstarrt  bei  49°  C. 

Abgesehen  hiervon  entsteht  nach  Fremy  die  Metamargarinsäure , in- 
dem zu  1 At.  Margarinsäure  die  Elemente  von  1 At.  WTasser  treten. 

1 At.  Margarinsäure  Cro  Hiss  08 

1 At.  Wasser  H2  0 

Metamargarinsäure  nach  Fremy  C70  H140  09 

Die  Hydromargaritinsäure  entsteht  auf  ähnliche  Weise  durch  Aufnahme 
von  4 At.  Wasser  in  die  Formel  der  Margarinsäure. 

1 At.  Margarinsäure  C:o  H138  03 
4 At.  Wasser  Hs  04 

Fremy’s  Formel  der  Hydromargaritinsäure  C70  H146  012 

Bei  der  Bildung  der  Hydromargarinsäure  aus  Hydromargarltin  - und 
Metamargarinsäure  würden  sich  von  den  Elementen  beider  die  Bestand- 
theile  eines  Atoms  Wasser  trennen. 


996 


Metolein-  und  Hydroleinsäure. 


Hydromargaritinsäure  Hl46  0lt 

Metamargarinsäure  ^?o  H14Q  Q9 

^140  H28 6 ^21 

minus  1 At.  Wasser  H2  0 

2 At.  Hydrouiargarinsäure  C140  H284  O20 

Diese  Entwickelung  in  der  Form,  so  wie  sie  von  Fremy  gegeben  ist, 
giebt  ein  deutliches  Bild  über  die  Entstehung  dieser  Säuren  und  über  die 
Metamorphosen,  die  sie  durch  die  Einwirkung  der  Wärme  erfahren;  allein 
die  Analysen  können  nicht  als  genügende  Begründung  dieser  Ansicht  an- 
gesehen werden.  Dasselbe  gilt  von  der  vorbererwäbuten  Ansicht,  wel- 
cher eine  feste  Basis  in  den  unbestimmten  Atomgewichten  mangelt,  so  wie 
sie  nemlich  aus  den  Analysen  der  Salze  dieser  Säuren  sich  ergeben  haben. 

Eine  von  beiden  abweichende  Ansicht  über  die  Constitution  dieser 
Säuren  ist  von  Berzelius  aufgestellt  worden,  er  betrachtet  sie  als  ver- 
schiedene Oxidationsstufen  eines  aus  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  nach  der 
Formel  C3S  Hro  zusammengesetzten  Radikals,  was  er  Piotin  nennt,  und 
man  würde  in  diesen  drei  Säuren  eiue  piotinige  Säure,  Unterpiotinsäure 
und  Piotinsäure  haben.  Bezeichnet  man  dieses  Radikal  mit  2R,  so  ist 
2R  -4-  30  Metamargarinsäure,  =r  Piotinige  Säure, 

2R  -f-  40  Hydromargarinsäure,  = Unterpiotinsäure, 

2R  -f-  50  Hydromargaritinsäure,  =r  Piotinsäure. 

Die  Uebereinstimmung  der  von  Fremy  durch  die  Analyse  gefundenen 
Zahlen  der  als  wasserfrei  betrachteten  Säuren,  von  denen  man,  wie  be- 
merkt, allen  Grund  hat  zu  glauben,  dafs  sie  sich  nur  der  Wahrheit  nä- 
hern mit  den  nach  diesen  Formeln  berechneten,  ist  überraschend:  allein 
mit  der  Annahme  dieser  Constitution  hört  alle  Einsicht  in  ihre  Metamor- 
phosen auf,  und  noch  viel  weniger  kaun  man  hieraus  Rechenschaft  über 
ihre  Bildung  geben;  diefs  ist  aber  der  eigentliche  Zweck  einer  analytischen 
Untersuchung. 

Wie  wenig  die  Uobereinstimmung  solcher  Berechnungen  als  Maafsstab 
für  die  Beurtheilung  eines  analytischen  Resultates  angenommen  werden 
dürfen , ersieht  mau  z.  B.  aus  der  folgenden  Formel  für  die  Hydromarga- 
ritinsäure, welche  nach  derselben  als  saures  margarinsaures  Aethyloxid 
angesehen  werden  kann.  Die  Formel  C:4  H1S0  012  giebt  in  100  Theilen 

Fremy  gefunden 

Kohlenstoff  72,5  — 72,1 

Wasserstoff  12,0  — 12,3 

Sauerstoff  15,5  — 15,6 

100,00  — 100,00 

und  sie  enthält  die  Elemente  von 

1 At.  Margarinsäure  C70  HJ34  0„ 

1 — Aether  C4  H10  O 

3 — Wasser  116  03 

1 At.  Hydromargaritinsäure  = C:4  H1S0  Oi* 

Metolein - und  Hydroleinsäure. 

Beide  Säuren  werden  als  Produkte  der  Metamorphose  der  Oelsäure 
oder  des  Oleins  in  dem  Olivenöl  erhalten,  wenn  letzteres  mit  Schwefel- 
säurehydrat in  Berührung  gebracht  wird.  Die  Metoleinsäure  bleibt  bei  der 
Darstellung  der  Metamargarinsäure,  wenn  das  Gemisch  beider  mit  Alkohol 
behandelt  wird,  zum  gröfsten  Theil  ungelöst  zurück;  durch  Kochen  mit 
frischem  Alkohol  und  Aussetzen  einer  niederen  Temperatur , wo  sich  die 
letzten  Spuren  Metamargarinsäure  in  festem  Zustande  ausscheiden , bleibt 
zuletzt  reine  Metoleinsäure. 

Die  Hydroleinsäure  bleibt  bei  der  Darstellung  der  Hydromargaritin- 
säure im  Alkohol  gelöst,  woraus  sie  durch  Zusatz  von  Wasser  gefällt 


Oleen. 


997 


wird.  Wenn  man  sie  lange  Zeit  einer  Temperatur  von  einigen  Graden 
unter  0 aussetzt,  so  scheidet  sich  die  noch  gelöste  Hydromargaritinsäure 
kristallinisch  ab. 

Metoleinsäure . 

Symb. : mOl  -4-  2aq. 

Die  Metoleinsäure  stellt  eine  schwach  gelblich  gefärbte  Flüssigkeit  dar, 
welche  mischbar  in  allen  Verhältnissen  mit  Aether,  unlöslich  in  Wasser 
und  sehr  schwerlöslich  in  Alkohol  ist.  Dieser  letztere  Charakter  unter- 
scheidet sie  sehr  wesentlich  von  der  Oelsäure  und  Hydroleinsäure. 

Durch  Destillation  wird  sie  zersetzt  in  Kohlensäure  und  einen  flüssi- 
gen Kohlenwasserstoff.  Mit  Bleioxid  erhitzt  verliert  die  Metoleinsäure  2 
Aeq.  Wasser.  In  den  übrigen  Yerbiudungen  der  Metoleinsäure  mit  Basen 
wird  nach  Fremy  1 Aeq.  Wasser  ersetzt  durch  2 Aeq.  Basis  , ein  Ver- 
hältnifs,  was  ungewöhnlich  ist;  die  meisten  metoleinsauren  Salze  sind 
saure  Salze , die  mit  alkalischer  Basis  sind  löslich , alle  übrigen  unlöslich 
und  schwierig  kristallisirbar. 

Hydroleinsäure. 

Symb. : hOl  -f-  Saq. 

Die  Hydroleinsäure  ist  eine  wenig  gefärbte  ölartige  Flüssigkeit,  un- 
löslich in  Wasser,  leichtlöslich  in  Aether  und  Alkohol,  im  unreinen  Zu- 
stande besitzt  sie  oft  einen  schwachen  aromatischen  Geruch. 

Mit  Bleioxid  zusammen  erhitzt  verliert  sie  2 Aeq.  Wasser,  die  übri- 
gen salzartigen  Verbindungen  dieser  Säure  enthalten  2 Aeq.  Metalloxid 
und  1 Aeq.  Wasser,  so  dafs  mithin  nur  1 Aeq.  Hydratwasser  ersetzt  ist 
durch  die  metallische  Basis. 


Zerset%unysprodukte  der  Me  lolein-  und  Hydroleinsäure. 

Wenn  man  diese  beiden  Säuren  der  Destillation  unterwirft,  so  zer- 
legen sie  sich  in  Kohlensäure,  in  zwei  sauerstofffreie  Kohlenwasserstoff- 
verbindungen, in  Elaen  und  Oleen,  und  in  eine  andere  ölartige  Flüssig- 
keit. Oleen  und  Elaen  besitzen  eine  dem  ölbildenden  Gase  gleiche  Zu- 
sammensetzung. Sie  können  von  einander  durch  ihren  ungleichen  Sied- 
punkt getrennt  werden.  Unterwirft  man  da.*  Produkt  der  Zersetzung  der 
beiden  Säuren  einer  neuen  Destillation  bei  130°,  so  geheu  die  beiden 
Kohlenwasserstoffverbindungen  über,  während  das  beigeinischte  dritte  öl- 
artige Produkt  zurückbleibt. 

Wenn  man  nun  das  Uebergegangene  mit  etwas  Kalilauge  von  beige- 
y mischten  fetten  Säuren  befreit  und  eine  Zeitlang  mit  groben  Stücken  Chlor- 
calcium in  Berührung  läfst,  so  hat  man  ein  reines  Gemenge  vou  Oleen  mit 
Elaen.  Beide  können  vou  einander  durch  vorsichtige  Destillation  getrennt 
werden.  Das  Oleen  siedet  bei  55°  und  destillirt  zuerst  über,  das  Elaen 
bleibtim  Rückstand;  wird  dieser  eine  Zeitlang  einer  Temperatur  von  100® 
ausgesetzt  und  zuletzt  über  trockues  Kalihydrat  rectificirt,  so  wird  ihm 
das  beigemischte  dritte  ölartige  Produkt,  was  Fremy  empyreumatisches 
Oel  nennt,  entzogen. 

Oleen. 

Farblose,  ätherartige  Flüssigkeit,  leichter  als  Wasser,  von  schwach 
knoblauchartigem,  durchdringendem,  ekelhaftem  Geruch,  sehr  entzündlich 
mit  weifser  schwach  ins  Grünliche  spielenden  Flamme  brennend , kaum 
löslich  im  Wasser,  sehr  löslich  in  Alkohol  und  Aether;  es  scheint  auf  den 
Organismus  eine  giftige  Wirkung  zu  haben,  indem  Vögel  seinem  Dampf 


998 


E lae  n. 


ausgesetzt  davon  sterben.  Der  Siedpunkt  des  reinen  Oleens  ist  55° , das 
spec.  Gewicht  seines  Dampfes  nach  dem  Versuch  2,875. 

Elaen. 

Farblose,  ölartige  Flüssigkeit,  schwerer  wie  Wasser,  siedet  bei  110°, 
von  ähnlichem  Geruch  wie  Oleen , unlöslich  im  Wasser , mischbar  mit  Al- 
kohol und  Aether.  Das  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  ist  4,488 , brennt 
mit  weifser  leuchtender  Flamme.  Erleidet  durch  concentrirte  Schwefel- 
säure keine  Veränderung.  Verbindet  sich  mit  Chlor  unter  Entwickelung 
von  Chlorwasserstoffsäure.  Die  neue  Chlorverbindung  ist  flüssig  und  ent- 
hält 55,64  Kohlenstoff,  9,04  Wasserstoff,  35  Chlor. 


lieber  die  Zusammensetzung  der  Metolein - und  Hy dr Oleinsäure. 

Fremy  erhielt  durch  die  Analyse  des  Metoleinsäurehydrats  und  des 
metoleinsauren  Silberoxids  folgende  Zahlen  für  ihre  Zusammensetzung : 
Metoleinsäurehydrat.  Metoleinsäure  im  Silbersalz. 


Kohlenstoff  75,8  — 77,2 

Wasserstoff  11,9  — 12,2 

Sauerstoff  12,3  — 10,6 

100,0  100,0 


Hieraus  berechnet  er  folgende  theoretische  Zusammensetzung: 


Hydrat. 

C70  — *75,9  ; 

Hi  a8  - 11,3  5 
09  — 12,8; 
100,0 


Wasserfreie  Säure. 
C:o  - 77,3 
H126  - 11,3 

08  - 11,4 

100,0 


Der  Quantität  des  Wassers  nach,  welche  aus  der  Metoleinsäure  durch 
Behandlung  mit  Bleioxid  abgeschieden  wird  (2  Atome),  würde,  wrie  man 
sieht,  das  Silbersalz  neben  2 Aeq.  Silberoxid  noch  1 At.  AVasser  enthal- 
ten. Das  Atom  der  wasserfreien  Säure  w ürde  seyn , das  Wasseratom 
abgezogen,  C70  H124  07  = 3412,2.  Fremy  erhielt  aber  bei  der  Analyse 
des  Silbersalzes  auf  213  Säure,  70  Silberoxid,  und  hiernach  berechnet 
ist  das  Aequivalent  der  Säure  4415.  Zieht  man  hiervon  1 At.  Wasser  ab, 
so  bleibt  die  Zahl  4303, . . , welche  stets  noch  um  % höher  ist  als  ffie 
Zahl,  welche  Fremy  annimmt. 

Berechnet  man  nach  dem  Atomgewicht  der  Säure,  so  wie  es  aus  dem 
Silbersalz  erhalten  worden  , die  Zusammensetzung  der  wasserfreien  und 
der  wasserhaltigen  Metoleinsäure,  so  erhält  man 

90  At.  Kohlenstoff  6879,150  — 76,98 
170  At.  Wasserstoff  1060,750  — 11,83 
10  At.  Sauerstoff  1000,000  — 11,19 

8939,90Ö”^~TÖ0,00~ 


Nach  diesem  Atomgewicht  wäre  die  Metoleinsäure  eine  zweibasische 
Säure , d.  h.  sie  würde  in  ihren  neutralen  Salzen  sich  mit  2 At.  Basis 
verbinden.  Das  Hydrat  dieser  Säure  wäre  demnach  nach  der  Formel 
C90Hir4012,  die  wasserfreie  nach  der  Formel  C90  H170  O10  zusammenge- 
setzt. Diese  Formeln  geben  in  100  Theilen 


Hydrat. 

Kohlenstoff  75,06 

Wasserstoff  11,83 

Sauerstoff  13,11 

100,00 


Wasserfreie  Säure. 
76,98 
11,83 
11,19 
100,00 


Diese  theoretischen  Resultate  entfernen  sich  im  Kohlenstoffgehalte  sehr 
wenig  von  deneu  der  directen  Versuche;  der  kleine  üeberschufs  von  Koh- 


Elaidin. 


990 


lenstoff  liefse  sich  voraussehen  , indem  die  Entfernung  der  letzten  Spuren 
Metamargarinsäure  auf  dem  befolgten  Wege  nicht  zu  erwarten  steht. 

Nimmt  man  diese  Formel  als  richtig  an  , so  erklärt  sich  die  Zersetzung 
des  Metoleinsäurehydrats  durch  die  Einwirkung  der  Wärme  auf  eine  höchst 
einfache  Weise;  es  trennen  sich  nemlich  davon  die  Elemente  von  5 Ato- 
men Kohlensäure  und  2 At.  Wasser,  es  bleibt  in  Folge  der  Abscheidung 
derselben  ein  dem  ölbildenden  Gase  gleich  zusammengesetzter  Kohlen- 
wasserstoff. , 

^90  Hi  74  012 

minus  C5  H„  Oia  = 5COa  -h  2HaO 

^85  H1?0 

Diese  Formel  kann  zwei  Kohlenwasserstoffverbindungen  ausdrücken, 
wovon  die  eine  das  Oleen  aus  CA0  H80,  die  andere  des  Elaen  aus  C4S  H90 
besteht.  Fremy  fand  nemlich  das  spec.  Gewicht  des  Dampfes  des  Elaen 
= 4,488 , woraus  sich  ergiebt,  dafs  1 Vol.  4%  Vol.  (45)  Kohlenstoff 
auf  9 Vol.  (90)  Wasserstoff  enthält;  hiernach  erhält  man  für  das  berech- 
nete spec.  Gewicht  4,4117.  In  der  Chlorverbindung,  welche  das  letztere 
bildet,  würden  hiernach  10  At.  Wasserstoff  ersetzt  durch  ihre  Aequiva- 
lente  an  Chlor,  und  diese  Verbindung  würde  in  100  Theilen  geben 

45  At.  Kohlenstoff  3439,575  — 55,91 

80  At.  Wasserstoff  499,180  • — 8,11 

10  At.  Chlor  3213,25  — 35,98 

6152,005  — . 100,00 

Nach  Fremy  enthält  diese  Verbindung  1 Vol.  Elaen  4,5C-f-9H  auf  1 Vol. 
Chlor,  allein  die  grofse  Menge  Chlorwasserstoff,  die  sich  bei  seiner  Bil- 
dung entwickelt , ist  ein  directer  Beweis  gegen  diese  Zusammensetzung. 

Was  die  Zusammensetzung  der  Hydroleinsäure  betrifft,  so  ist  sie  nach 
Fremy 

Hjdrat 

Kohlenstoff  73,9  — 74,38 
Wasserstoff  11,8  — 11,92 
Sauerstoff  14,3  — 13,70 

100,0  — 100,00  100,0  — 100,00 

Hieraus  berechnet  Fremy  die  folgende  Zusammensetzung,  welche  dop- 
pelt genommen  ist,  um  die  halben  Aequivalente  zu  vermeiden. 


In  den  Salzen. 

— 75,5  — 75,33 

— 12,4  — 11,86 

— 12,1  — 12,81 


Hjdrat. 

Oro  — 74,47 
Hi3o  - 11,63 
0,„  — 13,91 

100,00 


Wasserfreie  Säure. 
C?0  — 75,9 

H122  - 11,3 

09  — 12,8 
100,0 


Man  bemerkt  leicht,  dafs  die  Analysen  mit  dem  theoretischen  Resultat 
sehr  wenig  Uebereinstimmung  zeigen.  Die  wasserfreie  Hydroleinsäure 
wäre  hiernach  isomerisch  mit  der  wasserhaltigen  Metoleinsäure,  und  die 
Formel  C90  Ui:k  012  würde  ebensogut  die  Zusammensetzung  der  wasser- 
freien Hydroleinsäure  ausdrücken  und  ihre  Zersetzungsweise  durch  die 
Wärme  erklären  können.  Nach  Fremy  wird  das  Aeq.  der  Säure  durch 
durch  die  Zahl  3468,4  ausgedrückt , aber  aus  seiner  Analyse  des  Blei- 
salzes ergiebt  sich  für  1 Aeq.  Säure  die  Zahl  11254,  und  der  des  Silber- 
salzes die  Zahl  5770,  . . . , welche  sehr  w eit  von  der  angenommenen  sich 
entfernen. 


Verhallen  der  fetten  Körper  zu  salpetriger  Säure. 
Elaidin. 

Poutet  machte  die  Entdeckung , dafs  Olivenöl  und  mehrere  andere 
flüssige  fette  Körper  bei  Berührung  mit  kalt  bereitetem  saurem  salpeter- 


1000 


E 1 a i d i n. 


saurem  Quecksilberoxidul  fest  werden  und  eine  wachsartige  Beschaffenheit 
annehmen.  Diese  Beobachtung  wurde  der  Gegenstand  einer  Untersuchung 
von  Boudet , als  deren  Resultat  sich  die  Auffindung  eines  eigenthümlichen 
Körpers  herausstellte , den  man  als  eine  salzartige  Verbindung  einer  ei- 
genthümlichen Säure , der  Elaidinsäure,  mit  Glyceryloxid  betrachten  kann. 
Boudet  wies  ferner  nach,  dafs  die  Eigenschaft  des  salpetersauren  Quecksilber- 
oxiduls diesem  Salz  nicht  au  und  für  sich,  sondern  der  salpetrigen  Säure 
angehört , welche  entweder  fertig  gebildet  in  der  Auflösung  desselben  vor- 
handen ist,  oder  durch  die  Berührung  mit  dem  fetten  Oele  gebildet  wird. 

Das  Festwerden  der  Oele  findet  statt , wenn  man  sie  mit  rauchender 
Salpetersäure  vermischt,  in  welcher  die  darin  enthaltene  salpetrige  Säure 
vorzugsweise  wirkt.  Je  nach  der  gröfseren  oder  geringeren  Menge  der- 
selben dauert  es  kürzere  oder  längere  Zeit  zur  Hervorbringung  dieser 
Veränderung.  Eine  Mischung  von  3 Th.  Salpetersäure  von  38°  B.  mit 
1 Th,  Untersalpetersäure  (N204),  so  wie  man  sie  durch  Destillation  des 
Salpetersäuren  Bleioxids  erhält,  mit  Olivenöl  gemischt,  zeigte  folgendes 
Verhalten : 


1 Th.  Untersalpetersäure  mit  33  Th.  Olivenöl  gemengt  wurde  fest  in  70  Min. 
1 — — 50  — — 78  — 


1 — — 75  - 

1 — — 100  — 

t — — 200  — 

1 — — 400  — 


84  — 

— 130  — 
435  — 

— zeigte  keine  Veränderung. 


Die  geringe  Menge  salpetriger  Säure,  welche  nöthig  ist,  um  die  Ver- 
wandlung des  Olivenöls  in  eine  feste  Masse  hervorzubringen  , so  wie  die 
Erfahrung,  dafs  sie  bei  manchen  Oelen , namentlich  beim  Ricinusöl,  er- 
setzt werden  kann  durch  schweflige  Säure,  macht  seine  Wirkungsweise 
zu  einem  bis  jetzt  nicht  gelösten  Problem. 

Das  Mandelöl,  Acaciennufsöl,  Repsöl,  Ricinusöl , Haselnufsöl  theilen 
die  Eigenschaft  des  Olivenöls,  durch  rauchende  Salpetersäure  oder  salpe- 
tersaures Quecksilberoxidul  fest  zu  werden. 


Leinöl,  Hanföl,  Nufsöl,  Mohnöl,  Bucheckeröl,  lauter  sogenannte 
trocknende  Oele,  erleiden  durch  die  nemlichen  Körper,  ausser  einer  brau- 
nen Färbung,  keine  bemerkbare  Veränderung.  Eine  Beimischung  dersel- 
ben zu  den  genannten  fetten  nicht  trocknenden  Oelen  verzögert  ihr  Fest- 
werden. 1 Th  Mohnöl  zu  einer  Mischung  von  100  Th.  Olivenöl  und  4 Th. 
des  angegebenen  Gemenges  von  Salpetersäure  und  Untersalpetersäure  ver- 
zögert das  Festwerden  um  40  Minuten;  bei  einem  Gehalte  von  5 p.  c. 
dauert  es  90  Minuten  länger. 

Das  Produkt  der  Einwirkung  der  salpetrigen  Säure  auf  die  fetten  nicht 
trocknenden  Oele  ist  bei  allen  von  einerlei  Beschaffenheit,  es  stellt  eine 
gelbliche  feste  Masse  dar,  auf  deren  Oberfläche  sich  nach  einigen  Tagen 
eine  Art  von  Efflorescenz  von  leichter  wolliger  Beschaffenheit  zeigt ; mit 
Alkohol  erwärmt  und  gewaschen  wird  sie  vollkommen  weifs.  Die  von 
dem  Alkohol  gelöste  gelbe  färbende  Substanz  nimmt  mit  Alkalien  eine  zie- 
gelrothe  dunkle  Färbung  an.  Mit  salpetriger  Säure  dargestellt  besitzt  sie 
keine  saure  Reaction.  Mit  salpetersaurem  Quecksilberoxidul  erhalten  re- 
agirt  sie  sauer  und  enthält  ein  Quecksilbersalz ; das  letztere  zerlegt  sich 
nach  und  nach,  es  scheidet  sich  metallisches  Quecksilber  ab,  wodurch  die 
Masse  eine  graue  Farbe  aanimmt. 

Wird  die  mit  siedendem  Alkohol  behandelte  weifs  gewordene  Masse 
zwischen  Druckpapier  stark  geprefst,  die  trockne  Masse  in  warmem  Aether 
gelöst  und  einer  Temperatur  unter  0°  ausgesetzt,  oder  mit'  dem  gleichen 
Volum  Alkohol  vermischt,  so  scheidet  sich  reines  Elaidin  aus;  die  über 
den  feinen  Kristallen  stehende  Mutterlauge  besitzt  eine  dunkelrothe  Farbe, 
durch  Waschen  mit  kaltem  Aether  kann  sie  entfern*  werden. 


Das  Olivenöl  und  die  andern  Oele,  welche  zur  Bildung  des  Elaidins 
Veranlassung  geben,  enthalten  nach  der  gewöhnlichen  Annahme  Glyceryl- 
oxid  in  Verbindung  mit  Oelsäure  und  Margarinsäure , man  erhält  als  Pro- 


E 1 a i d i n. 


1001 


dukt  einen  in  seinen  Eigenschaften  stets  gleichen  Körper,  aus  dem  sieb 
weder  Oelsäure  noch  Margarinsäure  scheiden  läfst;  es  ist  klar,  dafs  die 
Elemente  beider  Säuren  Antheil  genommen  haben  an  der  Bildung  des 
Elaidins. 

Es  ist  erwähnt  worden,  dafs  das  Elaidin  eine  eigenthiimliche  Säure 
enthält,  die  Elaidinsäure  ln  Verbindung  mit  Glyceryloxid ; behandelt  man 
es  mit  Alkalien,  so  wird  Glyceryloxidhydrat  abgeschieden  und  man  erhält 
ein  elaidinsaures  Salz  mit  alkalischer  Basis. 

Das  Elaidin  enthält  als  Hauptbestandtheil  Glyceryloxid  und  Elaidin- 
säure, allein  neben  der  letzteren  ist  darin  eine  Verbindung  von  Oelsäure 
mit  Glyceryloxid  enthalten  ; das  aus  Olivenöl  dargestellte  enthält  Marya- 
rin , das  aus  Mandelöl  ist  frei  von  Margarin.  Wird  das  Elaidin  mit  Alka- 
lien verseift,  so  scheidet  sich  Glyceryloxid  ab,  und  das  Alkali  vereinigt 
sich  mit  Elaidin-,  Oelsäure  und  Margarinsäure.  Es  entsteht  ein  dicker 
durchsichtiger  Seifenleim,  aus  dem  sich  in  der  Wärme,  bei  Zusatz  von 
Wein-  oder  Schwefelsäure,  ein  Gemenge  der  genannten  fetten  Säuren  in 
Gestalt  eines  flüssigen  Oels  auf  der  Oberfläche  abscheidet;  es  erstarrt  nach 
dem  Erkalten  zu  einer  kristallinischen  Masse,  welche  bei  38,5°  schmilzt 
(reine  Elaidinsäure  schmilzt  bei  44°;  Meyer'). 

Die  Oelsäure  läfst  sich  direct  in  Elaidinsäure  durch  Berührung  mit  sal- 
petriger Säure  verwandeln  , wobei  man  die  Bildung  des  schon  erwähnten 
rotlien  Körpers  bemerkt.  Reine  Margarinsäure  für  sich  geht  aber  unter 
denselben  Umständen  nicht  in  Elaidinsäure  über.  Wird  sie  hingegen  in  Oel- 
säure gelöst,  so  verschwinden  beide  und  man  erhält  an  ihrer  Stelle  nur 
Elaidinsäure  (?).  Dieses  Verhalten  ist  um  so  bemerkenswerther,  da  die 
feste  Verbindung  von  Olein  und  Margarin  in  dem  Zustande,  wie  man  sie 
aus  erstarrtem  Olivenöl  durch  Auspressen  erhält,  bei  Berührung  mit  Un- 
tersalpetersäure nur  theilweise  in  Elaidin  verwandelt  wird;  das  Olein  geht 
in  diesem  Fall  allein  in  Elaidin  über,  während  das  Margarin  nicht  ver- 
ändert wird  (?)  ( Pelouze  und  Boudet ). 

Behandelt  man  das  erhaltene  Gemenge  von  Elaidin  mit  Margarin,  dessen 
Schmelzpunkt  zwischen  beiden  liegt,  mit  Alkalien,  und  das  gebildete 
elaidin-  und  margarinsaure  Alkali  mit  einer  Säure,  so  hat  man  ein  Ge- 
menge von  Elaidinsäure  und  Margarinsäure,  welches  in  siedendem  Alkohol 
gelöst  beim  Erkalten  sich  scheidet  in  Margarinsäure,  die  herauskristalli- 
sirt,  und  in  Elaidinsäure,  welche  in  der  Mutterlauge  bleibt.  (Pelouze  und 
Boudet .) 

In  allen  Fällen  verwandelt  siqli  das  Olein  und  die  Oelsäure  der  fetten 
nicht  trocknenden  Oele,  das  Olein  des  Menschen-  und  Schweineschmalzes, 
bei  Berührung  mit  Untersalpetersäure  in  Elaidin  older  Elaidinsäure. 

Das  reine  Stearin  oder  seine  Verbindung  mit  Olein  , so  wie  sie  der 
feste  Theil  der  Kakaobutter  darstellt,  geht  unter  keinerlei  Bedingungen  in 
Elaidin  über  ( Pelouze  §r  Boudet ).  Behandelt  man  Schweineschmalz  mit 
Untersalpetersäure,  so  nimmt  es  eine  bei  weitem  festere  Beschaffenheit  an, 
als* es  vorher  besafs,  und  bei  der  Verseifung  dieser  Verbindung  mit  Alka- 
lien findet  man  diese  mit  einem  Gemenge  von  fetten  Säuren  vereinigt, 
dessen  Schmelzpunkt  bei  weitem  höher  ist  (57  — 58°)  als  der  Schmelz- 
punkt der  Elaidinsäure  (Boudet').  Löst  man  Stearinsäure  in  einem  trock- 
nenden Oele  auf  und  behandelt  diese  Lösung  auf  die  nemliche  Weise,  wie 
das  Olivenöl,  mit  Untersalpetersäure,  so  geht  sie  nicht  in  Elaidinsäure 
über  ( Pelouze  $r  Boudefy. 

Das  Elaidin  aus  Olivenöl  ist  blendend  weifs , undeutlich  kristallinisch , 
es  schmilzt  bei  32°  (Meyer) , bei  36°  (Boudet')  7 löst  sich  leicht  und  in 
Menge  in  Aether,  in  20Ö  Th.  siedendem  Weingeist  von  0,8978  spec.  Ge- 
wicht. Meyer  fand  für  seine  Zusammensetzung  in  100  Theilen : 
Kohlenstoff  78,363  — 78,412 
Wasserstoff  12,051  — 12,006 
Sauerstoff  9,586  — 9,582 

Gfligcr's  Pharmacie.  /.  (Bla  jduß.) 


64 


1002 


Palmin. 


Der  trocknen  Destillation  unterworfen  erhält  inan  brennbare  Gasarten, 
Akrolein , unveränderte  Elaidinsäure  (?)  und  Fettsäure. 

Mit  Alkali  verseift,  erhält  man  bei  Zersetzung  der  Seife  mit  Säuren 
unreine  Elaidinsäure,  welche  bei  38°  schmilzt  und  deren  Schmelzpunkt 
zuletzt,  bei  häufigen  Kristallisationen  aus  Alkohol,  auf  42°  steigt.  {Meyer, 
Laurent .) 

Laurent  erhielt  in  der  Analyse  dieser  bei  42°  schmelzenden  Säure 
Kohlenstoff  76,40 
Wasserstoff  12,27 
Sauerstoff  11,33 

er  berechnet  hierauf  die  Formel  C:o  H156  06.  Das  Aequivalent  der  Elaidin- 
säure wurde  hiernach  seyn  3409,7. 

In  der  Zusammensetzung  des  Elaidins  bemerkt  man  leicht,  dafs  sein 
Kohlenstoffgehalt  höher  ist  als  der  des  Elaidinsäurehydrats,  was  nicht 
stattfinden  könnte , wenn  die  fetten  Säuren  in  diesem  Körper  vereinigt 
wären  mit  einem  Oxid,  was,  wie  das  Glyceryloxid  gewöhnlich  angenom- 
men wird,  5 At.  Sauerstoff  enthält. 

Behandelt  man  Elaidin  mit  einem  grofsen  Ueberschufs  Untersalpeter- 
säure,  so  wird  es  schnell  flüssig  und  Elaidinsäure  und  Glyceryloxid,  wel- 
che darin  enthalten  sind,  erleiden  beide  eine  neue  Veränderung.  Man 
findet  au  ihrer  Stelle  eine  an  Sauerstoff  reichere  Säure  wieder,  die  aber 
nicht  an  Glyceryloxid , sondern  an  Ammoniak  gebunden  ist.  Dieses  Am- 
moniak wird  durch  Säuren  nicht  entzogen  und  durch  die  Einwirkung  von 
Alkalien  entwickelt  es  sich  nur  allmählig.  {Pelonze  6c  Bondet.') 


Verhalten  des  Ricinusöls  gegen  salpetrige  Säure. 

Bringt  man  Ricinusöl  mit  kalt  bereitetem  salpetersaurem  Quecksilber- 
oxidul oder  mit  salpetriger  Säure  zusammen , so  färbt  sich  das  Oel  gold- 
gelb und  in  kürzerer  oder  längerer  Zeit  erstarrt  es  zu  einer  gelben , 
durchscheinenden,  wachsartigen,  kristallinisch  gestreiften  Masse;  bei  einem 
grofsen  Verhältnifs  salpetriger  Säure  wird  das  Erstarren  verlangsamt,  bei 
einem  Ueberschufs  derselben  entsteht  plötzlich  eine  starke  Wärme-  und 
Gasentwickelung  und  das  Oel  nimmt,  indem  es  undurchsichtig  wird,  eine 
zähe  Beschaffenheit  an. 

Wenn  das  Oel  durch  die  Einwirkung  der  salpetrigen  Säure  fest  ge- 
worden ist,  so  beobachtet  man  eine  schwache,  aber  lange  dauernde  Ent- 
wickelung von  reinem  Stickgas,  dessen  Volum  zuletzt  gleich  ist  dem  Vo- 
lum des  erstarrten  Oels.  Bei  Anwendung  des  salpetersauren  Quecksilber- 
oxiduls findet  sich,  wie  bei  seiner  Wirkung  auf  das  Olivenöl,  ein  Theil 
des  Oxiduls  zu  Metall  reducirt. 


Palmin . 

Wird  das  festgewordene  Ricinusöl  mit  Wasser  gewaschen,  in  sieden- 
dem Alkohol  gelöst  und  diese  Auflösung  erkalten  gelassen,  so  erhält  man 
daraus  eine  Kristallisation  von  Palmin  in  kleinen  undeutlich  kristallinischen 
Körnern. 

In  reinem  Zustande  ist  das  Palmin  weifs,  es  schmilzt  bei  62°  und  er- 
starrt zu  einer  nicht  kristallinischen,  wachs-  oder  vielmehr  harzartigen 
sehr  zerbrechlichen  Masse.  Mit  Wasser  gekocht  verbreitet  es  einen  aro- 
matischen , nicht  unangenehmen  Geruch.  Bei  30°  löst  der  Alkohol  die 
Hälfte  seines  Gewichts  Palmin  auf;  es  ist  sehr  löslich  in  Aether,  unlöslich 
in  Wasser. 


Palminsäure. 


1003 


Wird  das  Palmin  der  Destillation  unterworfen,  so  erhält  man  ein 
flüchtiges  Oel  und  eine  nichtflüchtige  ölartige.  Säure  , welche  mit  Bittererde 
ein  festes  in  Alkohol  lösliches  Salz  bildet.  Weun  die  Hälfte  des  Palmins 
iiberdestillirt  ist ^ so  erstarrt  der  Rückstand  plötzlich , ähnlich  wie  in  der 
Destillation  des  Ricinusöls , zu  einer  aufgeblähten  festen  Masse. 

Von  kaustischen  Alkalien  wird  das  Palmin  wie  die  fetten  Körper  ver- 
seift^ es  entsteht  Glyceryloxid  und  eine  eigen  hümliche  Säure,  welche  mit 
dem  Alkali  ein  den  gewöhnlichen  Seifen  in  seinen  Eigenschaiten  ähnliches 
Salz  bildet. 


Palminsäure. 

Zur  Darstellung  dieser  Säure  wird  dem  durch  Behandlung  des  Palmins 
mit  kaustischer  Kalilauge  erhaltenen  Seifenleim  eine  gewisse  Quantität 
Kochsalz  zugesetzt , bis  eine  Scheidung  der  Seife  vom  Wasser  eintritt. 
Man  läfst  erkalten,  löst  die  gebildete  Natronseife  zum  zweitenmal  in  Was- 
ser und  scheidet  sie  wieder  vom  Wasser  durch  Kochsalz.  Die  gereinigte 
Verbindung  der  Palminsäure  mit  Natron  wird  sodann  durch  Weinsäure 
zersetzt.  Nach  dem  Erstarren  der  abgeschiedenen  fetten  Säure , die  sich 
auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  ansammelt,  wird  sie  in  der  Kälte  in 
Alkohol  gelöst  und  diese  Auflösung  an  der  Luft  verdunsten  lassen,  wo 
reines  Palminsäurehydrat  kristailisirt.  Sättigt  man  siedenden  Alkohol  mit 
Palminsäurehydrat,  so  ereignet  es  sich  häufig,  dafs  nach  dem  Erkalten  der 
Auflösung  die  gröfste  Menge  der  aufgelösten  Säure  sich  in  Gestalt  einer 
ölartigen  Flüssigkeit  C palminsaures  Aethyloxid  E?])  auf  die  Oberfläche 
begiebt. 

Palminsäurehydrat  kristallisirt  in  weifsen  seidenglänzenden,  concen- 
trisch  gruppirten  Nadeln,  welche  bei  50°  schmelzen  und  .sich  mit  grofser 
Leichtigkeit  in  Alkohol  und  Aether  lösen. 

Wird  die  Palminsäure  der  Destillation  unterworfen , so  beobachtet  man 
einen  starken  eigenthümlichen  Geruch,  und  es  destillirt  ein  ölartiger  Körper 
über,  welcher  beim  Erkalten  butterartig  erstarrt.  Gegen  Ende  der  Ope- 
ration geht  ein  gelbes  brenzliches  Oel  über  und  im  Rückstand  bleibt  nur 
eine  kleine  Menge  Kohle. 

Beim  Erhitzen  des  Destillats  mit  Wasser  erhält  man  eiu  flüchtiges  Oel 
und  im  Rückstand  eine  fette  Säure , welche  in  ihren  Eigenschaften  identisch 
zu  seyn  scheint  mit  Palminsäure. 

Die  Palmiusäure  bildet  mit  Natron  ein  neutrales  und  ein  saures  Salz. 
Palminsaures  Silberoxid  ist  ein  weifser,  in  Wasser  unlöslicher  Nieder- 
schlag, welcher  33,35  p.  c.  Silberoxid  enthält. 


Wirkung  der  schwefligen  Säure  auf  Ricinusöl . 

Leitet  man  einen  Strom  schwefligsaures  Gas  durch  Ricinusöl,  so  wird 
es  unter  Absorbtion  des  Gases  flüssiger  und  nach  einiger  Zeit  erstarrt  es 
zu  einer  festen  Masse. 

Die  sich  bildende  feste  Masse  ist  vollkommen  weifs,  schmilzt  bei  60°, 
löslich  in  allen  Verhältnissen  in  Alkohol,  und  giebt  bei  seiner  Verseifung 
Palminsäure,  welche  bei  50°  schmilzt. 

Die  Entstehung  des  Palmins  und  der  Palminsäure  durch  die  Einwirkung 
der  schwefligen  Säure  ist  höchst  sonderbar  und  verdient  eine  genauere 
Untersuchung. 


1004 


Seifen  und  Pflaster» 


Verhallen  der  Fette  gegen  Metalloxide . 

Seifen  und  Pflaster . 

Die  eigentümlichen  Verändei  ungen,  welche  die  fetten  Körper  durch 
Alkalien  und  Bleioxid  erfahren,  sind  am  längsten  bekannt. 

Die  Verbindungen,  welche  durch  die  ersteren  entstehen  , heifsen  Sei- 
fen, die  Bleioxidverbindungen  heifsen  Pflaster. 

In  dem  alten  Testamente  wird  die  Seife  von  Je.saias  erwähnt.  Galen, 
Oribasius  Aegineta  und  Acthis  erwähnen  der  gallischen;  Plinius  bemerkt, 
dafs  die  beste  aus  Ziegentalg  und  Holzasche  bereitet  werde,  und  bei  den 
Deutschen  eine  feste  und  eine  weiche  Seife  irn  Gebrauch  sey. 

Die  Zusammensetzung  der  Seifen  und  Pflaster  und  ihre  Bildungsweise 
war  bis  auf  Chevreul  als  gänzlich  unbekannt  anzusehen;  vor  1813  hielt 
man  sie  für  Verbindungen  von  Alkalien  oder  Bleioxid  mit  Fett  oder  Gel; 
von  denen  die  ersteren  die  Fähigkeit  der  Seife,  sich  in  Wasser  aufzulö- 
sen, vermittelten;  man  hatte  zwar  beobachtet,  dafs  das  Gel  oder  Fett 
aus  einer  Seife  abgeschieden,  sieh  leichter  wie  vorher  in  Alkohol  auflöse, 
und  beim  unmittelbaren  Zusammenbringen  mit  Alkali  wieder  die  Seife  her- 
zustellen vermöge,  allein  diefs  blieben  isolirte  Beobachtungen,  an  die  sich 
keine  Art  von  Vorstellungen  anknüpfen  liefsen.  Die  wichtigste  Entdeckung 
unter  diesen  war  ohnstreitig  die  des  Oelzuckers  von  Scheele , oder  des 
Glyceryloxidhydrats  bei  der  Pflasterbereitung  aus  Olivenöl  und  Bleioxid; 
es  war  diefs  die  einzige,  welche  den  Entdeckungen  des  grofsen  Natur- 
forschers voranging,  dem  man  die  Kenntnifs  von  der  Natur  der  Fette  über- 
haupt, sowie  über  ihr  allgemeines  und  besonderes  Verhalten  verdankt. 

Bei  der  Untersuchung  einer  Seife  beobachtete  1813  Chevreul,  dafs 
ihre  Auflösung  ln  heifsem  Wasser  mit  einer  grofsen  Menge  Wasser  ver- 
mischt sich  trübte,  und  eine  perlmutterglänzende  Materie  fallen  liefs,  wel- 
che er  aus  Alkali  und  einer  bis  dahin  unbekannten  fetten  Materie  von  ent- 
schieden sauren  Eigenschaften  zusammengesetzt  fand.  Dies  war  der  Aus- 
gangspunkt einer  der  grofsartigsten  Arbeiten,  welche  die  Geschichte  der 
Chemie  aufweist,  iu  weleher  er  nicht  allein  eine  grofse  Reihe  bis  dahin 
unbekannter  Verbindungen  entdeckte,  sondern  auch  die  Grundlagen  aller 
gegenwärtig  herrschenden  Methoden  in  der  Analyse  und  Untersuchung 
organischer  Materien  überhaupt  feststellte.  Sein  hoher  philosophischer 
Geist  erkannte  zu  einer  Zeit,  wo  Forschungen  dieser  Art  nur  wenig  An- 
klang und  Aufmunterung  fanden  , dafs  die  Elementaranalyse  für  sich  allein 
nur  ein  schwaches  Hülfsmittel  ist,  um  zur  sicheren  Erkenntnifs  der  Zu- 
sammensetzung eines  complexen  organischen  Körpers  zu  gelangen,  dafs 
zur  Controle  und  Beurtheilung  ihrer  Richtigkeit  ein  gründliches  Studium 
der  Veränderungen  gehöre,  welche  diese  Körper  durch  die  Einwirkung 
anderer  erfahren,  und  dafs  zuletzt  nur  die  Keuntnifs  der  Quantitäten  der 
hierbei  gebildeten  Produkte  und  ihrer  Zusammensetzung  zu  einer  unzwei- 
felhaften Kenntnifs  der  Zusammensetzung  des  Körpers  führe,  aus  dem  sie 
entstanden  sind. 

Das  gegenwärtig  herrschende  Princip  einer  jeden  organischen  Unter- 
suchung, einen  Körper  nemlich  einer  Reihe  von  Veränderungen  zu  unter- 
werfen, und  aus  der  Ausmittelung  des  Zusammenhangs  dieser  Veränderun- 
gen seine  Zusammensetzung  zu  begründen,  diefs  Princip  verdankt  man 
Chevreul.  Es  führte  ihn  den  richtigen  Weg  zu  zahlreichen  Entdeckungen, 
und  schützte  ihn  vor  Fehlern  zu  eiuer  Zeit,  wo  alles  Irrthum  war,  was 
nur  entfernt  die  Kenntnifs  der  complexen  organischen  Materien  berührte. 
In  der  ganzen  Zeit,  wo  man  den  hohen  Werth  dieses  Princips  nicht  an- 
erkannte, machte  mail  Analysen  und  Beobachtungen,  aber  man  machte 
keine,  welche  geeignet  wraren,  klare  Vorstellungen  zu  begründen,  und 
Licht  in  einem  undurchdringlichen  Dunkel  zu  verbreiten.  Erst  seit  1834, 
wo  Dumas  und  Boullay  dieses  Princip  auf  die  Untersuchung  der  zusam- 
mengesetzten Aetherarten  anwandten,  gab  seine  Anwendung  auf  organische 


Seifen  und  Pflaster.  1005 

Untersuchungen  überhaupt  den  Impuls  zu  dem  auä'serordentlichen  Auf- 
schwung , den  seither  die  organische  Chemie  genommen  hat. 

Chevreul  zeigte,  dafs  alle  unter  dem  Namen  Schmalz,  Oel  und  Talg 
begriffenen  Fette  aus  drei  in  den  mannigfaltigsten  Verhältnissen  mit  ein- 
ander vereinigten  Materien,  aus  einer  bei  gewöhnlicher  Temperatur  und 
unter  0°  stets  flüssigen  Substanz,  dem  Olein,  und  aus  zwei  festen  Fetten, 
wovon  er  das  eine  mit  Stearin  (aus  Hammelstalg),  das  andere  mit  Margarin 
bezeichnete,  beide  durch  ihren  Schmelzpunkt  und  durch  die  Säuren  von 
einander  verschieden,  die  man  durch  ihre  Zersetzung  daraus  erhält. 

Bei  der  Behandlung  eines  Fettes  d.  h.  einer  Giyceryloxidverbindung 
mit  einer  metallischen  Basis,  mit  einem  Alkali,  Blei-  oder  Ziakoxid,  tritt 
Zersetzung  ein;  die  Alkalien  oder  Metalloxide  vereinigen  sich  mit  den 
darin  enthaltenen  fetten  Säuren,  die  ersteren  zu  löslichen  Seifen,  die  an- 
dern zu  unlöslichen  Salzen,  zu  Pflastern.  Das  Glyceryloxid  verbindet  sich 
in  dem  Moment  seiner  Trennung  von  den  fetten  Säuren  mit  Wasser  und 
bildet  damit  Glyceryloxidhydrat  oder  Oelsüfs,  Öelzucker. 

Das  Gewicht  des  Glyceryloxidhydrats  addirt  zu  dein  der  wieder  ab- 
geschiedenen Hydrate  der  fetten  Säuren  beträgt  mehr  als  die  Menge  des 
zur  Seifenbildung  genommenen  Fettes.  Dieser  Gewichtsüberschufs  erklärt 
sich  aus  dem  Wasseraufnehmen  des  Glyceryloxids  und  der  fetten  Säuren, 
welche  im  freien  Zustande  als  Hydrate  wieder  erhalten  w’erden. 

Bei  der  Zersetzung  der  Fette  durch  Alkalien  werden  aulser  den  genann- 
ten Produkten  keine  andern  gebildet,  und  bei  Abschiufs  oder  Zutritt  der 
Luft  geht  die  Seifenbildung  auf  gleiche  Weise  von  statten.  Nur  wenn  die 
fetten  Körper  Verbindungen  von  Glyccryloxid  mit  flüchtigen  riechenden 
Säuren  enthalten,  besitzen  die  gebildeten  Seifen  Geruch. 

Bei  der  Anwendung  von  starken  Laugen  trennen  sich  die  gebildeten 
Seifen  von  der  coucenfcrirten  Flüssigkeit,  und  sammeln  sich  auf  der  Ober- 
fläche derselben;  das  Glyccryloxid  bleibt  stets  in  Auflösung  in  der  alkali- 
schen Flüssigkeit.  Bei  der  Anwendung  von  schwachen  verdünnten  Laugen 
bleibt  die  gebildete  Seife  in  der  heifsen  Flüssigkeit  gelöst ; beim  Erkalten 
erstarrt  sie  zu  einer  gallertartigen,  mehr  od&*  weniger  schmierigen,  weifsen 
undurchsichtigen  oder  durchscheinenden  Masse,  zu  dem  sogenannten  Sei- 
fenleim. 

Man  unterscheidet  feste  harte  Seifen  und  Schmierseifen  ; die  letzteren 
werden  aus  trocknenden  Oelen  erhalten,  und  enthalten  als  alkalische  Basis 
das  Kali;  um  die  Consistenz  dieser  Seifen  zu  verstärken,  werden  Talg 
oder  fette  Oele  bei  der  Fabrikation  zugesetzt,  welche  für  sich  feste  Sei- 
fen bilden. 

Die  harten  Seifen  enthalten  als  Basis  das  Natron,  und  werden  im  All- 
gemeinen aus  vegetabilischen  nichttrocknenden  Oelen  oder  Talgarten  tiar- 
gestellt. 

Die  Natronseifen  werden  in  Frankreich  und  England  direct  mit  kau- 
stischer Soda  und  Fett,  in  Deutschland  durch  wechselseitige  Zersetzung 
von  Kaliseifen  mit  Chlornatrium  dargestellt. 

Die  im  Haudel  verkommenden  Seifen,  aus  vegetabilischen  Fetten  dar- 
gestellt, bestehen  aus  Gemengen  von  ölsaurem  uud  margarinsaurem  Alkali; 
die  aus  thierischen  Fetten  sind  Salze  mit  alkalischer  Basis  von  Talg-,  Mar- 
garin- und  Oelsäure. 

Die  Natron-  und  Kaliseifen  sind  leicht  in  heifsem  Wasser  und  Alkohol 
löslich,  Zusatz  von  vielem  Wasser  zur  wässerigen  Auflösung  bewirkt  eine 
Scheidung,  die  neutralen  Salze  der  Talg-  und  Margarinsäure  zerlegen  sich 
in  freies  Alkali,  was  gelöst  bleibt,  und  in  saures  talg-  oder  margarin- 
saures  Alkali,  was  in  Gestalt  von  kristallinischen  perlmutterglänzenden 
Füttern  sich  zu  Boden  setzt. 

Die  äufsere  Beschaffenheit  der  Seifen,  die  Festigkeit  nernlich  oder  dio 
Weichheit,  hängt  von  ihrem  Verhalten  zum  Wasser  ab.  Die  Seifen  sind 
hart,  wenn  sie  das  Wasser,  was  sic  enthalten,  durch  blolse  Aussetzung 


1006 


Seifen  und  Pflaster. 


an  die  Luft  bei  gewöhnlicher  Temperatur  verlieren,  und  lösen  sich  lang- 
sam in  Wasser,  ohne  sich  zu  zertheilen.  Die  weichen  Seiten  können  im 
Gegenfcheil  an  der  Luft  nicht  getrocknet  werden,  sie  halten  mehr  oder 
weniger  Wasser  zurück,  wodurch  sie  weich  oder  gelatinös  werden.  Im 
trocknen  Zustande  mit  Wasser  übergossen  lösen  sie  sich  darin  auf,  indem 
sie  zerfliefsen. 

In  Hinsicht  auf  die  Hasen  findet  sich  stets,  dafs  die  Kaliseifen  leichter 
in  Wasser  löslich  sind,  als  die  Natronseifen. 

Das  talgsaure  Natron  kann  als  der  Typus  der  harten  Seifen  betrachtet 
werden;  mit  dem  lOfacben  Gewicht  Wasser  in  Berührung,  erleidet  es 
keine  bemerkbare  Veränderung. 

Das  talgsaure  Kali  bildet  mit  derselben  Menge  Wasser  einen  dicken 
Schleim. 

Oelsaures  Natron  ist  in  10  Theilen  Wasser  löslich.  Das  Ölsaure  Kali 
löst  sich  in  4 Theilen,  und  bildet  mit  2 Theilen  Wasser  eine  Gallerte;  es 
besitzt  eine  so  grofse  Anziehung  zum  Wasser,  dafs  100  Th.  davon  in 
feuchter  Lwft  162  Th.  absorbiren.  Die  Margarinsäure  verhält  sich  ähnlich 
wie  die  Talgsäure.  Es  folgt  hieraus  von  selbst,  dafs  die  Seifen  um  so 
weicher  sind,  je  mehr  ölsaures,  und  uin  so  härter,  je  mehr  talg-  und 
margarinsaures  Salz  sie  enthalten. 

Die  Natronseifeu  zeigen  ein  eigentümliches  Verhalten  gegen  Koch- 
salz, oder  gegen  eine  Auflösung  davon  in  Wasser.  Der  Natronseife  geht 
nemlich,  wie  den  thieräschen  Materien,  der  Muskelfaser  etc.,  die  Fähig- 
keit ab,  von  Kochsalzlösung  bei  einem  gewissen  Concentratiousgrade 
durchdrungen  zu  werden,  oder  sich  darin  aufzulösen,  und  diese  merk- 
würdige Eigenschaft,  welche  andere  Salze,  wenigstens  essigsaures  Kali, 
ebenfalls , wiewohl  in  weit  schwächerem  Grade  besitzen , läfst  sich  als 
die  Hauptbedingung,  wenn  auch  nicht  der  Seifenbildung,  wohl  aber  der 
Seifenfabrikation  betrachten,  von  ihr  ist  die  Abscheiduug  alles  freien  Al- 
kali’s,  des  Glyceryloxids,  die  Reinigung  also  und  die  Form,  sowie  der 
Wassergehalt  abhängig.,  in  welcher  die  Seife  im  Handel  vorkommt. 

Bringt  man  feinzertheilte  Seife  in  dem  Zustande,  wie  sie  im  Handel 
vorkommt,  in  eine  bei  gewöhnlicher  Temperatur  völlig  gesättigte  Auflösung 
von  Kochsalz',  so  schwimmt  sie  darauf  ohne  davon  benetzt  zu  werden, 
erhitzt  man  sie  damit  zum  Sieden , so  vertheilt  sie  sich  ohne  zu  schäumen 
in  Gestalt  von  gallertartigen  Flocken,  welche  auf  der  Auflösung  sich  sam- 
meln, und  nach  dem  Erkalten  sich  zu  einer  festen  Masse  wieder  vereini- 
gen, aus  der  die  Kochsalzlösung  abfliefst  wie  Wasser  von  Fett. 

Nimmt  man  von  den  gallertartigen  Flocken  aus  der  heifsen  Flüssigkeit 
heraus  und  läfst  sie  erkalten,  so  erstarren  sie  zu  einer  undurchsichtigen 
festen  Masse,  welche  beim  Zerdrücken  zwischen  den  Fingern  sich  zu  fei- 
nen Blättern  zertheilt,  ohne  dals  Theile  davon  zwischen  denselben  kleben 
bleiben. 

Ist  die  Kochsalzlösung  nicht  gesättigt,  enthält  sie  also  weniger  Salz, 
als  sie  bei  gewöhnlicher  Temperatur  oder  bei  Siedhitze  aufzunehmen  ver- 
mag, so  tritt  eine  Theilung  des  Wassers  ein;  die  Seife  nimmt  eine  gewisse 
Quantität  Wasser  in  sich  auf,  die  Flocken  zertheilen  sich  beim  Sieden  in 
der  Flüssigkeit.  Aber  selbst  wenn  das  Wasser  nur  %„ 0 Kochsalz  enthält, 
tritt  beim  Sieden  keine  Lösung  ein. 

Läfst  man  die  mit  verdünnter  alkalisch  gemachter  Kochsalzlösung  ge- 
kochte Seife  in  der  Flüssigkeit  erkalten,  so  sammelt  sie  sich  ebenfalls 
wieder  auf  der  Oberfläche,  und  erstarrt  zu  einer  Masse,  deren  Zustand 
der  Festigkeit  oder  Weichheit  abhängig  ist  von  dem  Grade  der  Verdün- 
nung der  Flüssigkeit  mit  Wasser,  das  heifst  von  dem  Wassergehalte,  den 
sie  aus  der  Kochsalzlösung  aufgenommen  hat. 

Läfst  man  die  verdünnte  Kochsalzlösung  mit  der  Seife  längere  Zeit 
sieden,  so  blähen  sich  die  wasserreichen  Flocken  der  zertheilten  Seife,  die 
Mischung  nimmt  eine  zähe  schaumartige  Beschaffenheit  an ; auf  einen  Spatel 


Seifen  und  Pflaster. 


1007 


genommen  bemerkt  man  aber  stets , dafs  die  Flocken  in  der  wässerigen 
salzartigen  Flüssigkeit  nicht  gelöst  sind,  dafs  die  letztere  sich  davon 
trennt  und  abfliefst,  während  die  Flocken  der  Seife  an  dem  Spatel  hängen 
bleiben.  Die  erkalteten  und  erstarrten  Flocken  sind  alsdann  schmierig  und 
klebend  an  den  Fingern  beim  Druck  oder  Zertheilen,  und  diese  Klebrig- 
keit nimmt  bis  zu  einem  gewissen  Grade  mit  ihrem  Wassergehalt  zu. 

Beim  fortgesetzten  Sieden  verändert  sich  die  Beschaffenheit  dieser  Mi- 
schung; in  dem  Verhällnifs  nemlich,  als  die  Salzlösung  durch  die  Verdun- 
stung Wasser  verliert,  entzieht  sie  das  verlorne  Wasser  den  gallertartigen 
Flocken  wieder,  diese  nehmen  eine  minder  vertheilte  Beschaffenheit  an, 
die  siedende  Mischung  fährt  fort  zu  schäumen,  allein  die  Schaumblasen 
werden  gröfser. 

Es  kommt  zuletzt  ein  Zeitpunkt,  wo  die  Salzlösung  den  Punkt  ihrer 
Sättigung  erreicht  hat ; vor  demselben  sieht  man  groi’se  glänzende  mit 
Farben  spielende  Blasen  sich  bilden,  und  ganz  kurze  Zeit  darauf  ver- 
schwindet aller  Schaum,  die  Flüssigkeit  siedet  ohpe  ferner  in  die  Höhe  zu 
steigen  oder  consistente  Blasen  zu  werfen,  alle  Seife  findet  sich  in  einer 
durchscheinenden,  durch  dazwischenliegende  Kochsalzlösung  mehr  oder 
weniger  zertheilte,  Masse  auf  der  Oberfläche  derselben;  sie  ist  jetzt  in 
den  Zustand  übergegangen,  wo  Kochsalzlösung  und  Seife  sich  gegenseitig 
kein  Wasser  mehr  entziehen.  Diesen  Zustand  bezeichnen  die  Seifensieder 
mit  Kern . Wird  die  weiche  Seife  aus  der  heifsen  Flüssigkeit  herausge- 
nominen  und  in  passenden  Vorrichtungen  erkalten  lassen,  wobei  man,  so 
lange  sie  noch  weich  ist,  durch  Umrühren  eine  völlige  Vereinigung  der 
Seife  und  Zusammeufliefsen  der  Salzauflösung  bewirkt,  so  ist  sie  nach  dem 
Erkalten  so  fest,  dafs  sie  nur  schwierig  einen  Eindruck  mit  den  Fingern 
annimmt,  sie  hat  alles  klebende  völlig  verloren,  und  ist  nun  in  dem  Zu- 
stande, in  welcher  sie  Kernseife  genannt  wird. 

Aus  einer  concentrirten  alkalischen  Auflösung  von  Seife  in  Wasser 
scheidet  sich  die  aufgelöste  Seife  bei  Zusatz  von  Kochsalz  oder  Kochsalz- 
lösung in  gallertartigen  Flocken  ab,  und  es  entsteht  eine  Mischung,  die 
sich  genau  so  verhält,  wie  die  feste  Seife,  die  man  mit  verdünnter  Koch- 
salzlösung sieden  liefs. 

Kohlensaures  Kali  und  Kalihydrat  verhalten  sich  in  concentrirten  Lö- 
sungen genau  wie  Kochsalz,  d.  h,  sie  bewirken  eine  Scheidung  der  auf- 
gelösten Seife  von  der  alkalischen  Flüssigkeit,  in  der  sie  absolut  unlös- 
lich ist. 

Die  Anwendung  des  eben  angeführten  Verhaltens  auf  die  Seifenfabri- 
kation ergiebt  sich  von  selbst.  Das  Fett  wird  mit  der  kaustischen  Lauge 
bis  zum  völligen  Verschwinden  aller  fetten  Theile  im  Sieden  erhalten,  die 
Lauge  darf  nur  bis  zu  einem  gewissen  Grade  concentrirt  se3rn,  sie  raufs 
so  viel  Wasser  enthalten  , dafs  die  gebildete  Seife  darin  vollkommen  ge- 
löst bleibt.  Man  kann  z.  B.  Talg  mit  Kalilauge  von  1,25  spec.  Gewicht 
Tage  lang  im  Sieden  erhalten,  ohne  dafs  sich  Seife  bildet;  wird  die  Lauge 
concentrirter , so  entsteht  eine  tbeilvveise  Verseifung  des  Talgs,  aber  die 
Seife  löst  sich  nicht  in  der  Flüssigkeit  auf,  sondern  sie  scheidet  sich  als 
feste  Masse  auf  der  Oberfläche  derselben  ab ; giefst  man  nun  nach  und  nach 
Wasser  zu  und  fährt  fort  zu  sieden,  so  wird  bei  einem  gewissen  Punkte 
die  Masse  plötzlich  schleimig  und  dick,  und  bei  mehr  Wasser  entsteht  eine 
Art  zäher  Emulsion,  Seifenleitny  welche,  wenn  Alkali  genug  vorhanden 
ist,  bei  fortgesetzter  Erhitzung  vollkommen  klar  und  durchsichtig  wie  der 
hellste  Zuckersyrup  wird,  sie  läfst  sich  in  diesem  Zustande  in  lange  Fä- 
den ziehen  , welche  beim  Erkalten  entweder  durchsichtig  bleiben  , wie  bei 
der  Schmierseife,  oder  miiehig  und  gallertartig  werden.  So  lange  die 
heifse  Masse,  auf  einem  Spatel  im  Abfliefsen  betrachtet,  den  mindesten 
Schein  von  Trübheit  besitzt,  opalisirt,  so  mufs  das  Sieden  fortgesetzt  oder 
der  Zusatz  von  Alkalilauge  vermehrt  werden.  Bei  vorwaltendem  Alkali- 
gehalte hängt  das  Trübbleibeu  des  Seifeoleims  entweder  von  noch  nicht 
vollendeter  Zersetzung  des  Fettes,  oder  vom  Mangel  an  Wasser  ab:  die 


1008 


Seifen  und  Pflaster. 


erstere  entdeckt  inan  leicht , wenn  eine  kleine  Quantität  der  Masse  , 
in  destillirtem  Wasser  gelöst,  eine  trübe  Flüssigkeit  giebt;  ist  diese  Auf-  | 
lösung  klar  und  durchsichtig,  so  ist  die  Verseifung  vollkommen;  enthält 
die  Lauge  freien  Kalk,  so  wird  der  Seifenleim  ebenfalls  nicht  vollkommen 
klar,  in  diesem  Fall  bewirkt  Zusatz  von  kohlensaurem  Alkali  augenblick- 
lich die  vollkommenste  Klärung  der  Flüssigkeit. 

Um  die  Trennung  der  Seife  vom  Wasser,  freien  Alkali  und  Glyceryl- 
oxid  zu  bewerkstelligen,  wird  dem  siedenden  Soifenleim  eine  gewisse 
Quantität  Kochsalz  nach  und  nach  zugesetzt,  bei  jedem  Zusatz  wird  die 
völlige  Auflösung  des  Zugesetzten  abgewartet,  es  tritt  sehr  bald  in  der 
Flüssigkeit  Gerinnung  ein  ; mit  dem  ersten  Zusatz  von  Kochsalz  vermehrt 
sich  die  Consistenz  des  klaren  Seifenleims,  mit  jedem  weiteren  wird  er 
dünnflüssiger,  er  verliert  seine  fadenziehende  Beschaffenheit  und  fällt  von 
einem  Spatel  in  kurzen  dicken  Massen  ab.  Sobald  die  Gerinnung  völlig 
eingetreten,  das  heilst,  sobald  man  ein  Abfliefsen  einer  klaren  wässerigen 
Flüssigkeit  von  den  gallertartigen  Flocken , die  sich  gebildet  haben,  be- 
merkt, entfernt  man  das  Feuer,  läfst  die  Seife  auf  der  Oberfläche  sich 
sammeln,  und  läfst  sie  entweder  mit  der  Flüssigkeit  erkalten > oder  man 
schöpft  sie  im  warmen  Zustande  aus  und  läfst  sie  beim  Erkalten  fest 
werden. 

In  dem  Zustande,  in  welchem  man  sie  bei  der  ersten  Operation  erhal- 
ten hat,  ist  sie  nicht  rein,  sie  enthält  viel  Wasser,  freies  Alkali,  einge- 
mengte Unreinigkeiten  der  Lauge,  sie  sinkt  meistens  im  Wasser  nicht  zu 
Boden,  ist  deshalb  wohl  zum  Hausgebrauche,  aber  nicht  für  den  Handel 
geeignet. 

Aehnlich  wie  bei  andern  chemischen  Arbeiten  ein  Niederschlag  durch 
Auskochen,  oder  durch  Niederschlagung  aus  einer  Lösung  mit  einer  Flüs- 
sigkeit, in  der  er  nicht  löslich  ist,  gereinigt  wird,  geschieht  diefs  bei  der 
Seife  mit  einer  Kochsalzlösung,  die  man  durch  Zusatz  von  Alkali  alkalisch 
gemacht  hat. 

Die  Seife  des  ersten  Sudes  wird  entweder  mit  einer  schwachen  alka- 
lischen Lauge  wieder  zu  Seifenleim  aufgelöst  und  durch  Zusatz  von  Koch- 
salz wieder  gefällt,  und  diese  Operation  mehrmals  wiederholt,  oder  man 
erhitzt  die  Seife  des  ersten  Sudes  mit  einer  alkalischen  Kochsalzlösung 
zum  Sieden,  erhält  sie  eine  Zeitlang  darin,  läfst  sie  wieder  erkalten  und 
scheidet  sie  zum  zweiten-  und  drittenmal  mit  neuer  salzhaltiger  alkalischer 
Lauge  (ein,  zwei,  drei,  vier  Wasser  sieden);  die  auf  diese  Weise  durch 
Altskochen  gereinigte  Seife  wird  bei  der  letzten  Behandlung  gahr  oder 
%um  Kern  gesotten.  Wenn  der  Seifenleim  durch  Verseifung  des  Fettes 
mit  Kali  gebildet  worden  ist,  so  ist  die  Wirkung  des  zugesetzten  Koch- 
salzes eine  doppelte,  es  löst  sich  in  der  zähen  Flüssigkeit  auf  und  zerlegt 
sich  mit  dem  Kalisalze  der  fetten  Säuren , es  entsteht  Chlorkalium  auf  der 
einen  Seite  und  Natriumoxid  oder  eine  Natronseife  auf  der  anderu.  Die 
gewöhnliche  Hausseife  (in  Deutschland)  ist  ein  Doppelsalz  mit  2 Basen, 
nemlich  Kali  und  Natron.  Dafs  in  der  That  eine  Zersetzung  vor  sich  ge- 
gangen ist,  beobachtet  man  augenblicklich  an  der  beschriebenen  Verände- 
rung der  Consistenz  der  Flüssigkeit.  Da  nun  Chlorkalium  selbst  in  con- 
centrirter  Auflösung  die  Fähigkeit  nicht  besitzt,  um  eine  Trennung  der 
gebildeten  Natronseife  zu  bewirken,  so  bedarf  es  eines  neuen  Koclisalz- 
zusatzes,  um  die  Scheidung  hervorzubringen.  Bei  der  Anwendung  der 
Kalilauge  zur  Seifenfabrikation  bedarf  man  zum  ersten  Aussalzen  etwas 
mehr  als  die  doppelte  Menge  Kochsalz. 

Bei  Darstellungen  von  Kaliseifen  mufs  man  sich  zur  Scheidung  der 
Seife  einer  concentrirten  Kalilauge  bedienen.  Essigsaures  und  weinsaures 
Kali  können  in  manchen  Fällen  seine  Stelle  vertreten.  Durch  längeres  Lie- 
gen an  der  Luft  geht  das  freie  Kali  in  kohlensaures  Salz  über,  und  läfst 
sich  durch  Auflösen  der  Seife  in  Alkohol  davon  trennen. 

Bei  der  Seifen fabrikation  im  Grofsen  ist  die  Verseifung  des  Fettes  bei 
der  ersten  Behandlung  mit  alkalischer  Lauge  gewöhnlich  nicht  vollendet. 


Seifen  und  Pflaster. 


1009 


und  die  wiederholten  Behandlungen  mit  frischer  alkalischer  Lauge  haben 
neben  der  Reinigung  den  bestimmten  Zwecke  die  Verseifung  vollkommen 
zu  machen. 

Bei  der  Verseifung  von  Olivenöl  und  andern  hängt  sich  der  Seifenleim 
häufig  an  den  Boden  der  Kessel  und  brennt  an,  bei  diesen  wird  die  alka- 
lische Lauge  von  vornherein  mit  so  viel  Kochsalz  vermischt  angewendet, 
dafs  die  sich  bildende  Seife  in  einem  gröfseren  Zustand  der  Zertheilung, 
aber  dennoch  vor  der  völligen  Auflösung  zu  Seifenleim  geschützt  erhal- 
ten wird. 

Bei  der  Fabrikation  der  gewöhnlichen  Hausseife  wird  die  Seife  des 
ersten  Sudes  nur  ein  einziges  Mal  wieder  um-  und  zum  Kern  gesotten. 
Die  erhaltene  Kernseife  wird  für  den  Detailhandel  mit  schwacher  salzhal- 
tiger Lauge  wieder  aufquellen  lassen,  wodurch  sie  15  — 20  p.  c.  Wasser 
mehr  aufnimmt,  als  die  Kernseife  enthält,  sie  wird  alsdann  in  die  Form 
geschöpft  und  nach  dem  Erkalten  mit  dünnem  Draht  zerschnitten. 

Die  Kernseife  ist  gewöhnlich  blau  oder  grünlich  gefärbt;  diese  Farbe 
rührt  meistens  von  Schwefeleisen  oder  -Kupfer  oder  Eisenoxidul-  oder 
Kupferoxidseife  her.  Beim  Erkalten  der  weichen  Kernseife  scheiden  sich 
diese  färbenden  Materien  von  der  Seifenmasse  und  vereinigen  sich  an  ge- 
wissen Stellen  mehr  oder  weniger,  wodurch  nach  dem  völligen  Erstarren 
eine  Art  von  Marmorirung  entsteht,  welche  für  die  Kernseife  charakteri- 
stisch ist.  Gewöhnlich  wird  diese  Marmorirung  künstlich  durch  Zusatz 
von  Eisenvitriol  oder  Einmengung  von  Eisenoxid  in  der  weichen  Masse 
hervorgebracht. 

Bei  der  Fabrikation  der  weifsen  oder  Tafelseife  wird  die  Kernseife 
mit  salzhaltender  alkalischer  Lauge  durch  Erwärmen  in  flüssigen  Zustand 
gebracht , und  darin  in  dem  bedeckten  Kessel  so  lange  erhalten , bis  sich 
alle  färbenden  Materien  zu  Boden  gesetzt  haben,  die  Seife  wird  alsdann 
ausgeschöpft  und  erkalten  lassen.  Je  mehr  Wasser  hierbei  die  Seife  auf- 
genommen, d.  h.  je  flüssiger  sie  geworden,  desto  vollkommener  ist  die 
Abscheidung  der  fremden  Stoffe,  desto  weifser  ist  die  Seife.  Da  nun  das 
aufgenommene  Wasser  nicht  wieder  abgeschieden,  sondern  als  Seife  ver- 
kauft wird,  so  ergiebt  sich  hieraus  von  selbst,  dafs  sie  an  und  für  sich 
einen  geringeren  Werth  in  ihrer  Anwendung  als  die  Kernseife  besitzt.  Die 
weifse  Seife  enthält  45  — 60,  die  marmorirte  Seife  25  — 30  p.  c.  Wasser. 

Die  Fabrikation  der  Schmierseifen  ist  die  einfachste  von  allen.  Die 
trocknenden  Oele,  die  zu  ihrer  Darstellung  dienen,  werden  mit  verdünnter 
Kalilauge  entweder  allein,  oder  mit  Thron,  Talg  und  andern  Fetten  ge- 
mengt im  Sieden  erhalten,  bis  dafs  die  Verseifung  vollendet,  d.  h.  eine 
Masse  gebildet  ist,  die  sich  in  lange,  völlig  durchsichtige  Fäden  zieht. 
Bei  ihrer  Darstellung  wird  besondere  Rücksicht  auf  den  Concentrations- 
grad  der  Lauge  genommen ; alle  Schmierseifen  sind  nemlich  in  mäfsig  con- 
centrirter  Kalilauge  ganz  unlöslich,  und  scheiden  sich  aus  ihrer  Auflösung 
durch  Zusatz  von  starken  Laugen  ab.  Der  Seifenleim  wird  demnach  bei 
überschüssiger  starker  Lauge  nicht  klar,  sondern  bleibt  milchähnlich, 
durch  Zusatz  von  Wasser  wird  alsdann  die  heifse  Flüssigkeit  dick,  brei- 
oder  gallertartig.  Beim  Mangel  an  Alkali  entsteht  saures  ölsaures  Kali, 
was  sich  in  dicken  Massen  an  den  Boden  des  Kessels  anhäugt;  Zusatz 
von  alkalischer  Lauge  verwandelt  das  saure  Salz  in  neutrales.  Eine  Ab- 
scheid ung  des  Glyceryloxids  von  der  Seife  findet  nicht  statt , durch  Zusatz 
von  starken  alkalischen  Laugen  läfst  sie  sicl^jibrigens  bewirken. 

Die  im  Handel  vorkommenden  Schmierseifen  besitzen  eine  dicke  zähe 
Beschaffenheit  und  eine  grüne  oder  grünbrauae  Farbe;  sie  sind  in  dünnen 
Lagen  durchsichtig,  glänzend,  weich,  nicht  fettig  im  Anfühlen,  von  eigen- 
thümlichem  Geruch  und  stark  alkalischer  Reaction.  An  manchen  Orten 
setzt  man  den  Oelen  bei  ihrer  Verwandlung  in  Schmierseife  Talg  zu,  in 
welchem  Fall  sie  von  eingemengtem  kristallinischem  talgsaurem  Kali  eine 
mehr  körnige  Beschaffenheit  erhält.  Chevreul  und  Thenard  fanden  in 
Schmierseifen,  die  im  Handel  vorkamen  {verte},  39,2  — 44  Th.  Oel-  und 


1010 


Trocknende  Gele. 


Murgarinsäure,  8,8  — 9,5  Kali  und  46,5  — 53  Th.  Wasser.  Stets  enthält 
sie  Glyceryloxidhydrat,  und  die  aus  Thran  bereitete  delphinsaures  Kali, 
wovon  sie  ihren  Geruch  erhält. 

Wird  die  Auflösung  einer  Seife  mit  alkalischer  Basis  mit  einem  Erd- 
oder Metallsalze  vermischt,  so  entstehen  dicke  weifse  oder  gefärbte  Nie- 
derschläge, in  denen  das  Alkali  ersetzt  ist  durch  Erden  oder  Metalloxide. 

Mit  Kalk-,  Baryt-  und  andern  Salzen  entstehen  auf  diese  Weise  in 
Wasser  unlösliche  Kalk-,  Baryt - etc.  Seifen.  Von  dem  Gehalt  an  Kalk, 
Bittererde  in  den  sogenannten  harten  Wassern,  und  der  Bildung  unlös- 
licher Kalk-  oder  ßittererde- Seife  rührt  das  rahmartige  Gerinnen  des  ge- 
wöhnlichen Seifenwassers  her,  wenn  es  mit  diesen  Wassern  vermischt  wird. 

Ist  der  Kalk  als  kohlensaurer  Kalk  in  den  Wassern  gelöst,  so  ist  der 
Zusatz  von  etwas  kaustischem  Kali  oder  auch  Kalkmilch  nöthig,  um  dem 
Wasser  diese  Eigenschaft  zu  nehmen ; enthält  das  Wasser  Gyps  oder 
Bittererdesalze,  so  dient  ein  Zusatz  von  kohlensaurern  Alkali  (Aschen- 
lauge, Sodalauge),  um  die  gelösten  Erden  abzuscheiden. 

In  concentrirter  Kochsalzlösung  ist,  wie  oben  angeführt,  die  Natron- 
seife nicht  löslieh,  daher  ein  Gerinnen  in  der  Seifenauflösung  dadurch  be- 
wirkt wird.  Kaliseifen  lösen  sich  in  der  Kälte  in  schwacher  Kochsalzlauge 
ohne  Zersetzung,  bei  Anwendung  von  Wärme  und  concentrirter  Lösung 
tritt  hingegen  eine  wechselseitige  Zersetzung,  Bildung  vou  Natronseife  i 
und  Chlorkalium,  und  demzufolge  Gerinnung  ein. 

Die  Kalk-,  Baryt-  und  Strontianseifen  stellen  weifse,  schwierig 
schmelzbare,  in  Wasser  und  Weingeist  unlösliche  pulverige  oder  feste  i 
Massen  dar.  Die  Bittererdeseife  (aus  Bittersalz  und  gemeiner  Seife)  ist 
weifs,  fettig  im  Anfühlen,  schmelzbar  in  gelinder  Wärme,  nach  dem  Er-  I 
kalten  durchsichtig  und  spröde,  sie  löst  sich  in  fetten  Oelen  und  Alkohol. 
Die  Thonerdeseife  ist  im  trocknen  Zustande  weifs,  biegsam  und  zähe,  j 
schmelzbar  in  der  Wärme,  in  Wasser,  Oelen  uud  Alkohol  unlöslich. 

Manganseife  kann  durch  Zersetzung  eines  Manganoxidulsalzes  vermit- 
telst einer  Seifenlösung,  oder  durch  directes  Erhitzen  von  Talg  oder  Oli- 
venöl mit  Braunstein  erhalten  werden;  bei  Anwendung  des  letzteren  ent-  ! 
wickelt  sich  durch  Zersetzung  des  Glyceryloxids  reichlich  Kohlensäure. 

Eisenseife , Kupferseife , durch  Fällung  von  schwefelsaurem  Eisen- 
oxidul oder  Kupferoxid  mittelst  Seifenlösung  dargestellt,  sind  beide  unlös- 
lich in  Wasser,  die  erstere  von  bräunlicher,  die  andere  von  grüner  Farbe; 
beide  sind  in  Terpentinöl,  Aether  und  fetten  Oelen  löslich. 

Bleiseife,  durch  Fällung  eines  Bleisalzes  durch  gemeine  Seife  darge- 
stellt, ist  weifs,  weich,  biegsam,  in  der  Wärme  klebend,  beim  Erhitzen 
schmelzend,  nach  dem  Erkalten  durchscheinend  (Bleipflaster,  siehe  Oli- 
venöl). 

Quecksilbersalze  und  Silbersalze  geben  mit  gemeiner  Seifenlösung 
weifse  Niederschläge. 

In  der  Natur  vorkommende  trocknende  und  flicht  trocknende 

Fette . 

Trocknende  Oele. 

Die  trocknenden  Oele  werden  aus  ölreichen  Saamen  durch  mechani- 
schen Druck  mit  oder  ohne  Anwendung  der  Wärme  erhalten.  Das  Oel 
aus  frischem  Saamen  ist  schleimig,  unklar  und  trübe.  Gewöhnlich  wird 
zum  Oelschlagen  2 — 6 Monate  alter  Saamen  genommen.  Die  trocknenden 
Oele  enthalten  meistens  geringe  Mengen  kristallisirender  fester  Fette ; sie 
sind  stets  mehr  oder  weniger  gelb  oder  bräunlich  gefärbt  und  besitzen 
einen  schwachen  für  jedes  Oel  eigenthümlichen  Geruch.  Sie  sind  im  An- 
fühlen minder  fett,  als  die  nicht  trocknenden  Oele. 

Die  Fähigkeit  dieser  Oele,  an  der  Luft  zu  harz-  oder  firnifsartigen 


Trocknende  Oele. 


1011 


nicht  fetten  Körpern  überzugehen , ist  höchst  verschieden.  Leinöl  und 
Nufsöl  besitzen  diese  Fähigkeit  im  ausgezeichnetsten  Grade ; diese  Oele 
dienen  zu  Oelanstrichen,  zu  Oel-  und  Lack-Firnissen , zur  Bereitung  der 
Druckerschwärze.  Die  andern  dienen  als  Speiseöl,  oder  als  Beleuchtungs- 
mittel. Mit  Lein-,  Nufs-  oder  Hanföl  getränkte  poröse  brennbare  Stoffe, 
Papier,  Hobelspäne,  Zeuge,  Abfälle  von  vegetabilischen  Stoffen , in  denen 
das  sich  oxidirende  Oel  dem  Sauerstoff  eine  grofse  Oberfläche  darbictet, 
bewirkt  dessen  Absorbtion  eine  so  grofse  Temperaturerhöhung,  dafs  sich  diese 
Massen  häufig  von  selbst  entzünden.  Das  Mohnöl  wird  in  der  Oelmalerei 
zu  sehr  hellen  Farben,  weifs  und  anderen  angewendet,  indem  es  diesen 
Farben  ihren  Glanz  nicht  nimmt;  es  wird  zu  diesem  Beliufe  durch  Aus- 
setzen an  die  Sonne  in  flachen  offenen  Gefäfsen,  welche  halb  mit  Salz- 
wasser, halb  mit  Oel  angefüllt  sind,  gebleicht.  Das  Leinöl  reinigt  man, 
wiewohl  unvollkommen,  für  seine  Anwendung  zu  ähnlichen  Zwecken  durch 
starke  Bewegung  und  Kochenlassen  mit  Salz wasser. 

Die  Fähigkeit  der  Oele,  an  der  Luft  Sauerstoff  aufzunehmen  und  zu 
glänzenden  festen  Ueberziigen  auszutrocknen,  wird  wesentlich  durch  ihre 
Reinheit  bedingt:  in  dem  Zustande,  in  welchem  sie  im  Handel  Vorkommen, 
enthalten  sie  fremde  Materien  aufgelöst,  die  man  gewöhnlich  mit  Schleim, 
vegetabilischem  Eiweifs  etc.  bezeichnet,  welche,  indem  sie  die  Theilchen 
des  Oels  vor  der  Berührung  mit  Sauerstoff  schützen,  seine  Oxidation  ver- 
hindern oder  verlangsamen.  Nach  und  nach  erleiden  diese  Stoffe  aber 
selbst  eine  Zerstörung  durch  die  Einwirkung  des  Sauerstoffs,  und  von 
dem  Augenblick  an,  wo  sie  vollendet  ist,  geht  die  Oxidation  des  Oels  mit 
grofser  Schnelligkeit  von  statten.  Die  Beobachtung  Saussure’s , dafs  Nufsöl 
während  dem  Zeitraum  von  8 Monaten  nur  3mal  sein  eignes  Volumen 
Sauerstoff,  in  den  darauf  folgenden  10  Tagen  aber  das  sechszigfache  Vo- 
lumen davon  aufnehme,  findet  in  dieser  Beschaffenheit  ihre  Erklärung.  Die 
Verwandlung  des  langsam  trocknenden  Oels  in  schnell  trocknenden  Firnifs 
beruht  nicht,  wie  man  bis  jetzt  glaubte,  auf  einer  Oxidation  durch  den 
Sauerstoff  des  Bleioxids,  oder  auf  einer  Verseifung  des  Oels,  sondern 
lediglich  auf  einer  Reinigung  von  den  beigemischten  Materien.  Beim  an- 
haltenden schwachen  Sieden  werden  diese  Materien  zerstört.  Gewöhnlich 
wird  dem  Oel  yi6  — y20  Bleioxid  zugesetzt,  was  sich  darin  vollkommen 
löst  und  nach  dem  Verharzen  des  Oels  an  der  Luft  einen  festeren  Ueber- 
zug  bildet.  Ist  die  Menge  des  zugesetzten  Bleioxids  zu  grofs,  so  tritt 
Verseifung  ein;  das  Glyceryloxid  wird  in  der  hohen  Temperatur  zerstört, 
und  durch  Bleioxid  ersetzt;  es  entsteht  eine  mehr  oder  weniger  dickflüssige 
Masse,  die  an  der  Luft  nicht  oder  erst  nach  sehr  langer  Zeit  fest  wird. 
Sie  enthält  in  diesem  Zustande  ein  Gemenge  von  ölsaurem  und  margarin- 
saurem  Bleioxid. 

Zusatz  von  Wasser  zu  dem  Gemenge  von  Oel  mit  Bleioxid  beschleu- 
nigt und  befördert  die  Reinigung  desselben,  d.  h.  die  Firnifsbildung;  dauert 
die  Berührung  des  Bleioxids  und  des  Wassers  mit  dem  Oel  über  einen  ge- 
wissen Zeitpunkt  hinaus,  so  tritt  wieder  Verseifung  ein;  das  Wasser  ent- 
hält alsdann  Glyceryloxidhydrat.  Der  bei  Anwendung  von  Wärme  berei- 
tete Firnifs  besitzt  stets  eine  dunkle  Farbe  und  kann  zu  hellen  Malereien 
nicht  angewendet  werden.  Am  schnellsten  und  reinsten  erhält  man  einen 
vortrefflichen  Firnifs,  wenn  man  1 % Leinöl  mit  1 Lotli  feingeriebener 
Bleiglätte  mengt,  alsdann  */16  seines  Volumens  Bleiessig  (basisch  essig- 
saures Bleioxid,  s.  S.  760)  zusetzt,  und  das  Ganze  durch  Umschütteln 
aufs  sorgfältigste  mengt.  Wird  das  Umschütteln  drei-  bis  viermal  von 
Zeit  zu  Zeit  wiederholt,  und  läfst  man  alsdann  durch  ruhiges  Stehen  die 
Mischung  klar  werden,  so  hat  man  einen  Firnifs  von  weingelber  Farbe 
und  auf  dem  Boden  des  Gefäfses  eine  wässerige  Auflösung  von  Bleizucker, 
in  welcher  ein  weifser  Schlamm  in  Menge  suspendirt  ist,  der  Bleioxid  und 
die  aus  dem  Oel  geschiedenen  fremden  Substanzen  enthält.  Gewöhnlich 
ist  der  Firnifs  ebenfalls  weifslich  getrübt,  er  wird  in  diesem  Fall  durch 
Filtriren  durch  Baumwolle  vollkommen  klar  und  durchsichtig,  er  enthält 
3 — 5 p.  c.  Bleioxid  in  Auflösung,  und  trocknet  an  einem  warmen  Orte  in 


1013 


Trocknende  Oele. 


34  Stunden  vollkommen  aas.  Die  wässerige  Auflösung  von  Bleizucker 
wird  durch  Filtriren  von  den  beigemengten  festen  Theilen  getrennt;  sie  f 
kann  durch  Digestion  mit  Bleiglätte  wieder  in  Bleiessig  verwandelt  und  in 
dieser  Form  zu  dem  nemlichen  Zwecke  wieder  angew^endet  werden.  Durch 
Schütteln  des  bleihaltigen  Firnisses  mit  etwas  verdünnter  Schwefelsäure 
kann  man  alles  Bleioxid  aufs  vollständigste  entfernen  und  ihn  bleifrei  er- 
halten. 

Der  Druckerfirnifs  wird  aus  Lein-  oder  Nufsöl  bereitet , die  man  bis 
zur  Zerstörung  des  Glyceryloxids  einer  hohen  Temperatur  aussetzt,  wo- 
bei die  fetten  Säuren,  die  diese  Oele  enthalten,  ebenfalls  eine  Veränderung 
erfahren.  Man  erhitzt  diese  Oele  über  freiem  Feuer  in  Gefäfsen  von 
Kupfer,  die  zur  Hälfte  oder  V3  damit  angefüllt  sind;  im  Anfang  entwickeln 
sich  Wasserdämpfe,  bei  höherer  Temperatur  nimmt  das  Oel  eine  dunkle 
Farbe  an,  es  entbindet  sich  brennbares  Gas  neben  Kohlensäure,  bei  die- 
sem Zeitpunkt  läfst  sich  das  Gas  entzünden,  allein  es  brennt  nicht  fort. 
Bei  stärkerer  anhaltender  Hitze  geräth  das  Oel  i«.  Bewegung,  es  schäumt 
auf,  es  entwickeln  sich  neben  permanenten  brennbaren  Gasen  verdichtbare 
brennbare  Flüssigkeiten  in  Gestalt  eines  grauen  Rauches,  der  sich  anzün- 
den läfst  und  mit  hellleuchtender  Flamme  fortbrennt.  Wenn  eine  Probe 
des  Oels  auf  einem  kalten  Teller  eine  dicke  Beschaffenheit  zeigt,  und  sich 
zwischen  den  Fingern  in  lange  Fäden  auszieht,  so  ist  der  Firnifs  zu  sei- 
ner Anwendung  tauglich.  In  diesem  Zustande  trocknet  der  Firnifs  mit 
Druckerschwärze  gemengt  leicht  und  schnell  an  der  Luft.  Ist  derselbe  nicht 
lange  genug  gekocht,  so  läuft  die  damit  gedruckte  Schrift  aus,  in  dae  Pa- 
pier ziehen  sich  Oeltheile,  die  Schrift  erscheint  mit  einem  gelben  Rande 
umgeben  und  färbt  ab.  Der  Firnifs  der  Kupferdrucker  besitzt  eine  noch 
stärkere  Consistenz;  seine  Darstellung  geschieht  wie  die  des  vorher- 
gehenden, nur  dafs  man  die  sich  entwickelnden  Dämpfe  anzündet  und  bis 
zur  verlangten  Consistenz  des  Rückstandes  forthrennen  läfst. 

Leinöl  (Ol.  Lini).  — Wird  durch  Auspressen  des  erwärmten 
Saamens  von  Linum  usitatissimum  erhalten ; 100  Theile  trockner  Saainen 
liefern  30—33  Theile  Oel.  Es  besitzt  einen  eigenthiimliohen  Ge- 
ruch, eine  gelbbräunliche  Farbe,  und  erstarrt  erst  bei  höheren 
Kältegraden  ( — 16  bis  20°)  zu  einer  gelben  talgartigen  Masse, 
sein  specifisches  Gewicht  bei  12°  ist  6,9395,  es  löst  sich  in 
40  Theilen  kaltem,  in  5 Theilen  siedendem  Alkohol,  und  in 
1,6  Theilen  Aether.  Das  bis  zur  Schmelzhitze  des  Blei’s  erhitzte  und 
wieder  erkaltete  Oel  verdickt  sich  beim  langen  Aufbewahren  in  verschlos- 
senen Gefäfsen  zu  einer  durchsichtigen  gallertartigen  Masse,  welche  in 
Alkohol  sich  leichter  als  das  ungekochte  Oel  löst  und  in  der  Luft  lange 
schmierig  bleibt.  Bei  sehr  langem  Sieden  für  sich  hinterläfst  es  einen 
schwarzen  elastischen  dem  Kautschuk  ähnlichen  Rückstand,  der  in  Was- 
ser, Alkohol,  Aether,  fetten  und  flüchtigen  Oelen  unlöslich  ist.  Es  wird 
durch  Alkalien  schwierig  verseift  und  giebt  damit  stets  schmierige  gallert- 
artige Seife. 

Nach  Saussure  enthalten  100  Theile  Leinöl  76,01  Kohlenstoff,  10,57 
Wasserstoff  und  13,64  Sauerstoff. 

Nufsöl  (Ol.  HUe.  Juc/lundiWfll ).  Aus  den  Kernen  von  Juglans 
regia.  Das  in  der  Kälte  geschlagene  ist  wenig  gefärbt,  von 
mildem  angenehmem  Geschmack;  es  dient  als  Speiseöl.  Das 

im  Handel  vorkomraende  ist  gelb,  von  schwachem  ranzigem  Geruch  und 
Geschmack;  wird  bei  — 37°  fest.  Verhält  sich  im  Uebrigen  wie  Leinöl. 
Nach  Saussure  enthalten  100  Th.  Nufsöl  79,77  Kohlenstoff,  10,57  Was- 
serstoff, 9,13  Sauerstoff. 

Hanföl.  Wird  vorzüglich  in  Rufsland  aus  Hanfsaamen  ( Cannabis 
sativa)  dargestellt.  Es  ist  gelb,  von  scharfem  Geruch  und  mil- 


Trocknende  Oele. 


1013 


dem  Geschmack  5 löst  sich  in  30  Theilen  kaltem  und  in  sieden- 
dem Alkohol  in  jeder  Menge,  es  wird  bei  — 27°  fest.  Dient 
als  Speise-  und  Brennöl. 

Mohnöl.  — Aus  Papaver  somniferum.  Das  müdeste  unter  den 
trocknenden  Oelen ; dient  als  Speiseöl.  Aus  100  Gewichtstheilen 
trocknem  Saamen  erhält  man  ohne  Anwendung  der  Wärme 
30  — 35  Th.  sehr  wenig  gefärbtes  geruchloses  Oel , in  der 
Wärme  geschlagen  nahe  an  50  p.  c.  gelblich  gefärbtes  Oel  5 
es  mischt  sich  in  allen  Verhältnissen  mit  Aether,  und  ist  in 
25  Theilen  kaltem  und  6 Theilen  siedendem  Alkohol  löslich. 

Mohnöl  mit  Bleichkalk  (8  Theile  mit  t Theil)  zusammengerieben,  bildet 
eine  dicke  seifenartige  Mischung , welche  durch  Ruhe  sich  nicht  klärt. 
Mohnöl  mit  einer  Lösung  von  Bleichkalk  mit  Wasser  gut  zusammenge- 
schüttelt , verliert  seine  Flüssigkeit  und  wird  zähe  und  klebrig.  (Unter- 
schied von  Olivenöl.-) 

CrolonÖl  (Ol  Crolonis ) von  Croion  tiglium.  Ein  gelbes 
oder  bräunliches,  weniger  dickflüssiges,  dem  Jalappenharz 
ähnlich  riechendes  Oel , von  anfangs  schwach  ranzigem,  hin- 
tennach  im  Schlunde  stark  und  anhaltend  brennendem  schar- 
fem Geschmack,  von  heftig  purgirender  Wirkung,  löst  sich 
in  Alkohol  und  enthält  einen  flüchtigen  Stoff,  dem  die  purgi- 
rende  Wirkung  angehört.  Bei  der  Darstellung  dieses  Oels  werden 
die  Saamen  ungeschält  auf  einer  Mühle  verkleinert  und  in  Säcken  von 
starkem  Zeuge  zwischen  erwärmten  Eisenplatten  geprefst,  das  erhaltene 
Oel  läfst  man  durch  Ruhe  klären  und  filtrirt  es  zuletzt  vom  Bodensätze  ab. 
Durch  Befeuchtung  und  Erwärmuug  des  Rückstandes  auf  50  — 60°  mit  Al- 
kohol und  neues  Pressen  erhält  man  eine  neue  Quantität  Oel  io  Alkohol 
gelöst , von  dem  man  den  Alkohol  im  Wasserbade  abdestillirt.  Nach  die- 
ser Methode  erhielt  Soubeiran  von  1000  Saamen  146  Theile  durch  Pres- 
sen für  sich  und  124  Theile  aus  dem  Marke  durch  Alkohol. 

Pinhoenöl  oder  Br  ecköl,  von  Jatropha  multifida  — und  Jatrophaöl 
(Ol.  Cicinurn  seu  Fici  infernalis)  von  Jatropha  Curcas , — sind  dem  Cro- 
tonöl  ähnliche , fette , sehr  scharfe  Oele,  die  ebenso  angewendet  werden. 

Springkörneröl  (Ol.  Euphoröiae  Lalhyris ).  Dem  Cro- 
tonöl  ähnlich,  doch  dünnflüssiger,  blafsgelb  gefärbt.  Ist  min- 
der scharf  als  die  vorigen.  Wird  ebenfalls  als  Purgirmittel  ange- 
wendet. Bewirkt  in  einer  Dosis  von  4 — 8 Tropfen  Purgiren. 

Kürbiskernöl  (Ol.  Cucurbitae') , von  Cucurbita  Pepo  u.  s.  w. 
Ein  blafsgelbes,  auch  braunrothes,  ziemlich  dickflüssiges , 
geruchloses  mildes  Oel,  von  0,923  spec.  Gewicht.  — wird 

noch  in  Apotheken  verlangt. 

Fischlhran  (Adeps  Celij,  huile  de  poisson , fish  oil,  blubber), 

aus  dem  Wallfischgeschlechte,  den  Robben  und  auch  den  Heringen.  Alles 
aus  Fischen  und  Cetaceen  erhaltene  Fett  besitzt  einen  eigentümlichen 
unangenehmen  Geruch , der  von  delphinsaurem  Glyceryloxid  herrührt.  Mit 
einer  Auflösung  von  Kupfervitriol  und  Kochsalz  geschüttelt  und  durch  Ruhe 
wieder  geklärt,  durch  Filtriren  über  Kohlenpulver,  Behandlung  mit  Kalk- 
milch oder  schwacher  Kalilauge  vermindert  sich  der  üble  Geruch  dos 
Thrans.  Nach  Davidsoti  wird  derselbe  durch  Behandlung  mit  einer  Ab- 
kochung vod  Eichenrinde,  sodann  durch  sorgfältige  Mengung  des  Thrans 
mit  einer  Auflösung  von  Bleichkalk  und  nachherigem  Zusatz  von  verdünn- 
ter Schwefelsäure  beseitigt.  Auf  100  Theile  Thran  werden  4 Theile  Bleich- 


1014 


Fette,  nicht  trocknende  Oele. 


kalk  in  12  Theilen  Wasser  gelöst  genommen,  der  Gerbesfcoff  veranlafst  die 
Ausscheidung  der  aufgelösten  gallertartigen  Stoffe,  aus  der  Mischung  des 
Tftrans  mit  der  Bleichkalklösung  scheidet  sich  in  der  Ruhe,  indem  sich  der 
Thran  klärt  , eine  dicke  weifse  Masse  ab,  die  Schwefelsäure  fällt  aus  dem 
erwärmten  Thran  den  aufgelösten  Kalk. 

Alle  Fischthransorten  verdanken  ihren  eigentümlichen  Geruch  einer 
Verbindung  des  Glyceryloxids  mit  Phocensäure  von  ölartiger  Beschaffen- 
heit, deren  Trennung  vom  ölsaureu  Glyceryloxid  bis  jetzt  nicht  gelungen 
ist;  behandelt  man  den  Fischthran  mit  Alkohol  von  75°,  so  löst  sich  vor- 
zugsweise das  Gemenge  von  öl-  und  phocensaurem  Glyceryloxid  auf,  und 
scheidet  sich  beim  Erkalten  wieder  ab.  ( Chevreul ). 

Neben  Oelsäure  und  Phocensäure  enthalten  die  Fischthransorten  noch 
eine  kristallisirbare  Säure,  welche  nicht  näher  untersucht  ist.  Der  Thran 
von  Delphinus  globiceps  enthält  aufgelösten  Wallrath,  der  sich  bei  — 5° 
kristallinisch  abscheidet.  (_ Chevreul ) 

Unter  den  Thransorten  unterscheidet  man  Wallfischthran 
( huile  de  baieine , lokale  oil),  Seekalblhran  ( seal  oit),  See- 
hundslhran  ( dogfish  oil),  Stockfischthran  ( god  oil ).  — Der 
Stockfischthran  wird  aus  der  Leber  des  Stockfisches  j,  Leng 
und  Dorsch  ( Gadus  Morrhua , Moira  und  Callarias ) erhalten 
und  dient  als  Arzneimittel.  Man  hat  1)  weifsen  oder  blanken 
Berger  heberlhran , von  hell  goldgelber  Farbe,  mildem 
Thrangeruch , und  mildem , fettigem  , thranartigem  Ge- 
schmack, specifisches  Gewicht  0,920 ; er  wird  aus  der  frischen 
Leber  dnrch  freiwilliges  Ausfliefsen  an  der  Sonne  erhalten ; 2)  braunen 
heberlhran , von  dunkelbrauner  Farbe  (gegen  das  Licht  ge- 
halten blaugrün),  widerlich  scharfem  Thrangeschmack  und 
Geruch,  ist  meistens  trübe,  von  0,921  specifischein  Gewicht. 

Der  Letztere  wird  durch  Fäulnifs  aus  der  Leber  erhalten  und  beide  Fett- 
arten trocknen  langsam  au  der  Luft  aus.  Die  ächten  Sorten  enthalten  lod 
und  sind  vor  ihrer  Anwendung  auf  Iodgehalt  zu  prüfen.  Durch  Verseifung 
vop  2 — 3 Unzen  mit  Kali,  vorsichtige  Neutralisation  mit  reiner  verdünnter 
Schwefelsäure,  Abscheidung  der  fetten  Säuren  von  der  Auflösung  des 
schwefelsauren  Kali’s  und  Abdampfen  erhält  man  Kristalle  von  schwefel- 
saurem Kali,  und  eine  Mutterlauge,  welche,  mit  Stärkekleister  gemengt, 
beim  Zusatz  von  Chlorwasser,  verdünnter  Salpetersäure  etc.  sich  blau 
färbt. 

Aalquappenfett  f Oleum  seu  liqunr  Mustelae  fluviatilis  hepaticus'). 
Aus  der  Leber  von  Gadus  Lota  durch  Ausschmelzen  an  der  Sonne.  Ein 
gelbliches  Oel  von  schwachem  Thrangeruch.  Wird  gegen  Flecken  der 
Hornhaut  gerühmt. 

Aeschenfett  fAxungia  seu  oleum  Asciae ) von  Salmo  Thymallus.  Ein 
bräunlich  gelbes  mildes  Oel  von  schwachem  Fischgeruch.  Kommt  im  Han- 
del für  Thran  vor. 

Toulourou  - Oel  (von  Pagurus  Latro') , braungelb,  von  ranziger  Be- 
schaffenheit, wird  von  den  Negern  am  Senegal  gegen  Rheumatismus  ge- 
braucht. 

Feite,  nicht  trocknende  Oele. 

Die  in  der  Natur  verkommenden  fetten  Oele  haben  theils  zu  Speisen,  i 
tbeils  als  Beleuchtungsrnittel  einen  vorzüglichen  Werth , sie  unterscheide» 
sich  von  den  trocknenden  Oelen  hauptsächlich  durch  ihr  Verhalten  an  der 
Luft,  durch  die  sie  nach  und  nach  weiter  verändert  werden,  ohne  aber 
zu  eiweifsartrigen  glänzenden  Ueberziigen  auszutrocknev,  sie  verdicke» 
sich,  bleiben  aber  stets  schmierig,  seifenartig. 


Fette,  nicht  trocknende  Oele. 


1015 


Mit  salpetriger  Säure  in  Berührung  verdickt  sich  diese  Klasse  von 
Oelen  und  nimmt  zum  Theil  eine  feste , wachs-  oder  talgartige  Beschaf- 
fenheit an , diese  Beschaffenheit  nimmt  in  einem  sehr  bemerklicben  Grade 
ab,  wenn  sie  mit  manchen  trocknenden  Oelen  verfälscht  sind.  Je  nach 
dem  Verfahren  der  Gewinnung  dieser  Oele  sind  sie  mehr  oder  weniger 
rein  oder  gefärbt,  von  mildem  oder  ranzigem  Geschmacke.  Die  warm 
geschlagenen  Oele  sind  schleimig,  trübe,  sie  nehmen  an  der  Luft  beson- 
ders leicht  eine  saure  Reaction  und  unangenehmen  Geruch  und  Geschmack 
an.  Man  benutzt  sehr  verschiedene  Wege,  um  diese  Oele  zu  reinigen. 
Das  Oel  der  Brassica- Arten  z.  B. , was  theils  als  Speiseöl,  vorzüglich  aber 
als  Brennöl  benutzt  wird,  wenn  es  ungereinigt  in  Lampen  verbrannt  wird, 
setzt  in  dem  Dochte  eine  harte,  wenig  poröse  Kohle  ab,  welche  die  Poren 
desselben  verstopft,  und  das  Aufsaugen  des  Oels  in  die  Flamme  hindert, 
eine  Folge  davon  ist  eine  unvollkommene  Verbrennung  und  Rufsbiidung. 
Diese  Oelsorten  werden  von  den  Materien,  welche  diese  Erscheinungen 
bedingen,  nach  einem  wenig  kostspieligen  Verfahren  gereinigt,  was  von 
Gower  1790  zuerst  angewendet  und  von  Thenard  beschrieben  und  ver- 
bessert worden  ist.  Es  besteht  darin,  dafs  man  die  Oele  mit  1 — ■ 2 p.  c. 
concentrirter  Schwefelsäure  in  kleinen  Portionen  mengt,  wodurch  sich  das 
Oel  sogleich  grün,  grünbraun,  nach  einiger  Zeit  schwarz  färbt;  wird  es 
in  diesem  Zustande  eine  Zeitlang  in  anhaltender  Bewegung  erhalten  , so 
scheiden  sich  schwarze  oder  braunschwarze  Flocken  ab,  die  sich  in  der 
Ruhe  bei  gewöhnlicher  Temperatur  leicht  vereinigen  und  auf  dem  Boden 
sammeln.  Mit  der  Entfernung  der  auhängenden  Schwefelsäure  ist  die  Rei- 
nigung des  Oels  vollendet.  Diefs  geschieht  entweder  vermittelst  Durch- 
einänderschütteln  und  Waschen  mit  y4  von  dem  Volumen  des  Oels 
warmen  Wassers,  einer  dünnen  Kalkmilch,  oder  man  läfst  aus  einem  \ 
Dampfkessel  Wasserdämpfe  durch  das  Oel  streichen.  Nachdem  sich  das 
Wasser  und  die  durch  die  Schwefelsäure  abgeschiedenen  färbenden  Stoffe 
in  der  Ruhe  von  dem  Oel  geschieden  haben  , wird  es  durch  poröse  Mate- 
rien, Baumwolle,  Moos,  grobes  Holzkohlenpulver,  filtrirt  und  klar  er- 
halten. Dubrunfaut  klärt  das  mit  Schwefelsäure  gereinigte  und  von  dem 
Wasser  getrennte  Oel,  indem  er  es  mit  % seines  Gewichts  gepulverten 
Oelkuchen  sorgfältig  mischt  und  klar  absetzen  läfst;  das  geklärte  Oel  wird 
abgezogen  und  der  Rückstand  benutzt  zur  Klärung  von  frischem  Oel. 

Mit  dieser  Reinigung  verliert  das  rohe  Oel  zum  grofsen  Theile  seine 
Farbe  und  wird  dünnflüssiger,  sein  specifisches  Gewicht  nimmt  ab;  ohne 
dafs  hierdurch  seine  Verbrennlichkeit  bemerkbar  erhöht  ist,  brennt  es  mit 
einer  weifsern  und  leuchtenderen  Flamme.  Nach  Sckübler’s  Versuchen  be- 
sitzt ein  rohes  Repsöl  ein  specifisches  Gewicht  von  0,9182,  naeh  der 
Reinigung  von  0,9121.  Die  Ausflufszeiten  (Verhältnifs  der  Flüssigkeit) 
des  gereinigten  zu  dem  ungereinigten  Oel  verhielten  sich  wie  55,5  : 57,8. 
Von  ungereinigtem  Oel  verbrannten  in  der  Stunde  40,  vom  gereinigten 
43,8  Gewichtstheile. 

Die  Reinigung  dieser  Oele  durch  concentrirte  Schwefelsäure  beruht 
theils  auf  einer  Entfernung  von  Schleim  und  andern  Materien,  welche 
durch  die  Schwefelsäure  ihre  Löslichkeit  verlieren  und  eine  Art  Verkoh- 
lung erfahren,  theils  und  hauptsächlich  aber  auf  der  Entziehung  von  Gly- 
ceryloxid  und  der  theilweisen  Ueberführucg  der  Glyceryloxidverbindung 
in  die  Hydrate  der  in  dem  Oel  enthaltenen  fetten  Säuren;  bei  Anwendung 
von  gröfserer  Menge  Säure  geht  übrigens  eine  Veränderung  der  fetten 
Säuren  vor  sich,  das  Oel  wird  zu  dünnflüssig,  nimmt  an  Verbrennlichkeit 
zu,  ohne  dafs  das  Leuchtvermögen  in  demselben  Verhältnifs  steigt. 

Zur  Reinigung  des  Olivenöls  dienen  verschiedene  Mittel.  Zum  Ge- 
brauch als  Schmiermittel  für  Uhren  und  Instrumente  erhält  man  es  sehr 
klar  und  farblos,  wenn  es  in  einem  Gefäfse  von  Blei  der  Luft  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  ausgesetzt  wird;  man  bemerkt  mich  einigen  Tagen  einen 
weifsen  Absatz,  der  sich  vermehrt,  so  lange  das  Oel  noch  gefärbt  ist. 
Gewöhnlich  wird  das  Oel  dem  Sonnenlichte  ausgesetzt,  während  man  eine 
Bleiplatte  kineinlegt.  Das  auf  diese  Weise  gebleichte  Oel  ist  bleihaltig. 


1016  Medicinische  Seife. 

Ranziges  Olivenöl  von  saurer  Reaction  und  unangenehmem  Geruch  er- 
hält seinen  milden  Geschmack  und  die  Eigenschalton  wieder,  die  es  im 
frischen  Zustande  besitzt , durch  Behandlung  mit  feingepulvertem  kristalli- 
sirtem  kohlensauren  Natron  und  nachheriges  Auswaschen  mit  heifsem  Was- 
ser. Das  beste  Mittel  ist  eine  Filtration  durch  ausgewaschene  grobgepul- 
verte thierische  Kohle. 

Olivenöl.  Aus  den  Früchten  der  Olea  europaea.  — Das  im 
Handel  vorkommende  Olivenöl  ist  von  verschiedener  Beschaffenheit,  das  aus 
vollkommen  ausgekeimten  reifen  und  gesunden  Oliven  kalt  geprefste  Oel 
wird  für  das  beste  gehalten , es  kommt  in  sehr  dünngeblasenen  Glasflaschen 
aus  Florenz  und  dem  südlichen  Frankreich.  Das  Oel  aus  reifen  Oli- 
ven ist  grünlichgelb,  das  mit  Anwendung  von  Wärme  gelb- 
lich oder  schwach  Strohgelb.  Durch  Auskochen  der  rückständigen 
Kuchen  mit  Wasser,  oder  durch  Pressen  nach  vorausgegangener  Fäulnifs 
werden  die  schlechteren  Sorten  gewonnen,  sie  dienen  vorzüglich  zur  Dar- 
stellung der  Oelseife.  Der  mehr  oder  weniger  reine  und  aromatische  Ge- 
schmack bedingen  den  Preis  des  Speiseöls.  Das  Olivenöl  erstarrt  bei 
einigen  Graden  über  0°  zu  einer  weichen  butterartigen  Masse, 
in  welcher  man  sternförmige  Kristsllisationen  bemerkt;  das 
warm  geprefste  ist  reicher  an  diesem  Stearin , es  enthält  etwa 
20  — 28  p.  c.  Dieses  bei  gewöhnlicher  Temperatur  feste  Fett 
schmilzt  bei  30°  und  ist  nach  Pelouze  und  ßoudel  eine  Ver- 
bindung von  Olein  und  Margarin. 

Das  Olivenöl  wird  häufig  mit  wohlfeileren  Oelen  , namentlich  mit  Mohnöl 
verfälscht;  die  Verwandlung  des  Olivenöls  in  Elaidin,  d.  h.  sein  Fest- 
werden durch  Berührung  mit  salpetriger  Säure,  wird  als  Mittel  benutzt, 
um  den  Zusatz  von  fremden  Oelen  zu  erkennen.  Bei  yi0  Mohnöl  wird 
z.  B.  das  Olivenöl  nicht  fest  und  hart,  sondern  bleibt  schmierig  und  brei- 
artig. Auf  diese  Probe,  welche  nicht  bei  allen  Sorten  Olivenöl  constaute 
Resultate  liefert,  hat  überdies  die  Temperatur  und  die  Quantität  der  Säure, 
welche  angeweudet  wird,  einen  grofsen  Einflufs,  so  dafs  derselben  Zu- 
verlässigkeit mangelt. 

Zum  Behufe  seiner  Anwendung  als  Schmiermittel  läfst  sich  das  Olivenöl 
durch  Schütteln  mit  etwas  Bleiessig,  Behandlung  des  geklärten  Oels  mit 
etwas  verdünnter  Schwefelsäure,  Entfernung  aller  Säure  durch  Auswaschen 
mit  siedendem  Wasser  und  Stehenlassen  über  geschmolzenem  Chlorcalcium 
reinigen.  - 

Dem  Olivenöl,  welches  zur  Seifenbereitung  dient,  wird  gewöhnlich 
% Rüböl,  Colzaöl  zugesetzt,  und  zwar  geschieht  diefs,  um  die  Seife 
weicher  zu  machen;  für  sich  w'ürde  das  Oel  eine  körnig  kristallinische 
Seife  geben,  deren  Beschaffenheit  sich  für  ihre  Anwendung  zum  gewöhn- 
lichen Gebrauch  minder  gut  eignet.  Nach  Thenard  enthält  die  Marseiller 
Tafelseife,  sogenannte  Venetianische  Seife,  4,6  Theile  Natron,  50,3  Th. 
fette  Säuren  und  45,3  Th.  Wasser.  Die  marmorirte  oder  Kernseife  enthält 
6 Theile  Natron,  64  Th.  fette  Säuren  und  30  Th.  Wasser. 

Medicinische  Seife  (Sapo  medicatus ). 

Synon. : Im  weniger  reinen  Zustande:  venetische,  spanische,  alikan- 
tische  Seife  (Sapo  venetus,  hispanicus,  alicauticus).  — Ist  margarin-  und 
ölsaures  Natron,  gemengt  mit  freiem  Natron  und  Glyceryloxidhydrat. 

§.  191.  Die  reine  medicinische  Seife  erhält  man,  wenn 
ein  Theil  reine  Aetznatronlauge,  deren  specifisches  Gewicht 
sich  zum  Wasser  = 4:3  verhält , mit  2 Theilen  reinem 
Olivenöl  (ProvencerÖl),  oder  nach  mehreren^  Pharmacopöen 


Mediciniscbe  Seife. 


1017 


Mandelöl,  in  einem  porcellanenen  oder  steinernen  Geschirr 
einige  Stunden  anhaltend  gerieben,  dann,  unter  öfterm  Rüh- 
ren, einer  gelinden  Wärme  ausgesetzt  wird,  bis  die  Masse 
dick,  salbenartig  ist,  wo  sie  in  Papierkapseln  ausgegossen 
und  in  gelinder  Wärme  getrocknet  wird.  Kürzer  und  wohl 
auch  besser  verfährt  man,  das  Gemenge  über  dem  Wasser- 
bad unter  fleifsigem  Rühren  so  lange  zu  erhitzen,  bis  eine 
harte  Seife  daraus  geworden  ist.  Scheidet  sich  noch  etwas 
öel  aus,  so  setzt  man  etwas  Natronlauge  zu.  Die  Verbindung 

erfolgt  in  einigen  Stunden.  Bei  zu  langsamer  Einwirkung  der  Stoffe  zieht 
das  Natron  zum  Theil  wieder  Kohlensäure  an,  es  wird  nicht  alles  Oel 
gebunden  und  rancid  , die  Seife  ist  schmierig  und  von  widerlichem  Geruch. 
— Auch  kann  man  nach  Bucholz  zuerst  aus  Oliven-  oder 
Mandel- Oel  und  Aetzkalilauge  durch  Kochen  Kaliseife  be- 
reiten, diese  mit  Kochsalz  zerlegen,  und  die  entstandene  Na- 
tronseife auswaschen  und  trocknen. 

§.  192.  Die  Eigenschaften  der  medicinischen  Seife  sind : 
Es  ist  eine  weifse,  feste,  im  frischen  Zustande  knetbare 
Masse,  die  aber  in  warmer  Luft  nach  und  nach  zu  einer 
durchscheinenden  hornartigen  Masse  austrocknet,  so  dafs  sie 
sich  pulvern  läfst.  Hat  einen  schwachen  eigenthümlichen 
Geruch  und  einen  unangenehmen,  etwas  scharfen  Geschmack. 

■ — Bestandteile:  Oel-  und  margarinsaures  Natron  und 
Wasser,  ungefähr  6 — 10  Theile  Natron,  50  — 70  Th  eile  Oel-  und 
Margarinsäure  und  SO  — 30  Theile  Wasser.  — Gegen  Lösungsmittel 
verhält  sie  sich  der  Kaliseife  gleich , doch  erfordert  sie  etwas 
mehr  Wasser  zur  Lösung. 

Die  Spiefsglanzseife  fSapo  stibiatus  vel  antimoniatus ) ist  ein  Gemenge 
von  medicinischer  Seife  und  einer  Lösung  des  Goldschwefels  in  Aetzkali, 
oder  Natron.  — Man  bereitet  sie,  indem  ein  Theil  orangefarbener  Spiels- 
glanzschwefel in  eben  so  viel  oder  überhaupt  genau  so  viel,  als  nöthig 
ist,  Aetzkalilauge  durch  Kochen  gelöst  und  der  verdünnten  Lösung  6 Theile 
mediciniscbe  Seife  zugesetzt  wird.  Das  Ganze  wird  zur  Pillenraassecon- 
sistenz  bei  gelinder  Wärme  verdampft.  Wird  die  Masse  gegen  Ende 
wieder  rotb,  so  setzt  man  in  kleinen  Mengen  so  lange  Aetzkalilauge  zu, 
bis  sie  weifsgrau  ist,  und  verwahrt  die  fertige  Seife  in  wohlverschlosse- 
nen  Gefafsen.  (Andere  Bereitungsarten.)  Oder  man  löst  1 Theil  Schwefel- 
antimonnatrium  in  5 Theilen  Wasser,  setzt  1 % Theile  medicinische  Seife 
zu,  mengt  alles  innig  und  verdampft  zur  Trockne.  — Es  ist  eine  weifs- 
graue Masse  von  Pillenmassreconsistenz  , schmeckt  seifenartig,  schweflicht 
und  scharf  alkalisch.  An  der  Luft  wird  sie  bald  roth,  wobei  sich  Spiefs- 
glanzschwefel  ausscheidet.  — In  Wasser  ist  die  frische  Spiefwglanzseife 
vollkommen  löslich.  Auch  in  Weingeist  ist  sie  leicht  löslich.  Die  Lösung 
derselben  iu  Kalitinktur  und  Wasser  ist  die  flüssige  Spiefsglanzseife  (_Li~ 
«juor  Saponis  stibiati , Sulphur  auratum  liquidum,  Tinct.  Antimomi  Ja - 
cobi ).  — Die  Spiefsglanzseife  wird  in  Pillenform  gegeben  oder  in  Wein- 
geist gelöst.  Sie  wird  fast  durch  jede  Säure  und  die  meisten  Salze  zerlegt. 

Bleipflaster  fEmplastra  PlumbiJ , durch  Kochen  eines  Bleioxids  mit 
Wasser  und  Oel  bereitet,  giebt  es  zweierlei: 

a)  Silber glätt-Pflaster  f Emp  last  rum  hilhargyri 

Synonyme:  Einfaches  Diachylon-Pflaster  (Emplastrum  diachylon  Sim- 
plex). — Gemenge  von  basisch  margarin-  und  ölsaurem  Bleioxid. 

Geiger’ s Pharmacie.  I.  ( üce  Auf,. ) ßÄ 


1018 


Sil  berglfittpf  1 aster. 


Die  Bleipflaster  sind  schon  den  Alten  bekannt  gewesen.  Ihre  Berei- 
tungsart war  aber  oft  durch  unnöthige  Zusätze  u.  s.  vv.  sehr  langwierig. 
Den  Vorgang  beim  Kochen  der  Fette  mit  Bleioxid  und  Wasser  kennt  man 
aber  erst  seit  QhevreuVs  Entdeckung  der  Talg-,  Margarin-  und  Oelsäure 
genau. 

§.  193.  Das  Silberglättpflaster  wird  durch  Kochen  von 
5 Theilen  feingepulverter  Glätte  mit  9 Theilen  Olivenöl  bei 
Zusatz  von  Wasser,  bis  Pflasterconsistenz  erfolgt,  bereitet. 
Am  besten  erhitzt  man  das  Oel  bis  auf  180  — 190°  für  sich 
und  trägt  nach  und  nach  die  zu  einem  etwas  consistenten 
Brei  mit  heifsem  Wasser  angerührte  Bleiglätte  ein,  so  dafs 
der  Zusatz  der  zweiten  Portion  erst  dann  erfolgt,  wenn  das 
Wasser  der  ersten  verdampft  und  verraucht  ist.  Es  ist  noth- 
weudig,  die  Mischung  durch  Umrühren  in  steter  Bewegung  und  das  Oel 
stets  auf  gleichem  Temperaturgrade  zu  erhalten , in  diesem  Fall  ist  das 
Pflaster  mit  dem  letzten  Zusatz  von  Bleioxid  vollendet.  Es  wird  ma- 

laxirt  und  ausgerollt. 

§.  194.  Das  Silberglättpflaster  ist  weifsgrau  (zu  dunkles 
Pflaster  wird  durch  starkes  Kochen  viel  heller),  es  mufs  in 
heifsem  Zustande  in  einer  zähen  Masse,  nicht  in  zertheilten 
Tropfen  vom  Spatel  abfliefsen ; es  schmilzt  in  höherer  Tem- 
peratur zu  einer  ölartigen  undurchsichtigen  Masse. 

Bei  der  Behandlung  von  Olivenöl  mit  Bleioxid  bei  Gegenwart  von 
Wasser  wird  das  Glyceryloxid  in  dem  Oel  ersetzt  durch  die  doppelte 
Menge  Bleioxid,  es  entsteht  basisch  margarin-  und  ölsaurcs  Bleioxid  und 
auf  der  andern  Seite  Glyceryloxidhydrat,  was  sich  in  dem  überschüssigen 
Wasser  auflöst  und  durch  Malaxiren  entfernt  wird.  In  Frankreich  werden 
anstatt  reinem  Olivenöl  gleiche  Theile  Olivenöl,  Schweineschmalz  und  Blei- 
oxid genommen.  Dieses  Pflaster  enthält  aulser  den  angegebenen  Bestand- 
teilen noch  basisch  talgsaures  Bleioxid. 

Man  hat  in  Deutschland  und  Frankreich  versucht,  das  Bleiglättpflaster 
auf  nassem  Wege,  nemlich  durch  Fällung  einer  Olivenölseife  mit  neutra- 
lem oder  basischem  essigsaurem  Bleioxid,  darzustellen.  Wenn  diese  Fäl- 
lung warm  und  mit  einem  Ueberschufs  des  ßleisalzes  geschieht,  so  erhält 
man  eine  wreifse  Masse,  welche  leicht  malaxirbar  ist,  aber  sich  von  dem 
ebenbeschriebenen  durch  einen  geringeren  Gehalt  an  Bleioxid  und  durch 
die  Fähigkeit  unterscheidet,  in  der  Hitze  zu  einer  durchsichtigen  Masse 
zu  schmelzen.  Dieses  Pflaster  nimmt  aufserdem  mit  dem  Alter  eine  immer 
festere  Beschaffenheit  an,  es  wird  sehr  hart,  spröde  und  brüchig.  In  allen 
Fällen  ist  dieses  Pflaster  in  seiner  Zusammensetzung  dem  deutschen  ähn- 
lich, aber  insofern  verschieden  von  dem  des  französischen  Codex,  als  in 
demselben  talgsaures  Bleioxid  fehlt.  Die  Abweichung  in  den  Eigen- 
schaften des  auf  trocknem  Wege  und  durch  Niederschlagung  erhaltenen 
Pflasters  hat  zu  einer  nähern  Untersuchung  des  ersteren  geführt,  aus  der 
sich  ein  Gehalt  von  freiem  flüssigem  Fett  (Olein)  herausgestellt  hat.  Für 
das  pharmaceutische  Präparat  ist  mithin  die  ursprüngliche  Vorschrift  jeder 
andern  vorzuziehen,  um  so  mehr,  da  sie  an  Einfachheit  alle  andern  über- 
trilft.  Versuche,  durch  Einleiten  von  Wasserdämpfen  in  das  heifserhaltene 
Gemenge  von  Bleioxid  und  Oel  das  Pflaster  zu  bereiten,  haben  günstige 
Resultate,  nemlich  ein  schönes  Pflaster  gegeben;  allein  da  dieser  Weg  i 
nicht  bequemer  ist,  als  der  frühere,  und  besondere  Apparate  erfordert, 
so  wTird  er  nur  an  wenigen  Orten  befolgt. 

Die  Reinheit  und  der  Zustand  des  Bleioxids  hat  auf  die  Beschaffenheit 
des  Pflasters  einigen  Einflufs.  Wählt  man  zu  seiner  Darstellung  reines 
Bleioxid  (Massicot),  so  bleibt  kein  Theil  des  Oels  unverseift  und  man  er- 


Blei  weifs  pflaster. 


1019 


hält  eine  dem  auf  nassem  Wege  bereiteten  Pflaster  gleiche  Verbindung. 
Die  gewöhnliche  Bleiglätte  in  dem  verglasten  Zustand,  in  dem  sie  im  Han- 
del vorkommt,  eignet  sich  am  besten,  nur  verliert  das  daraus  bereitete 
Pflaster  viel  von  seinem  Zusammenhang,  wenn  sie  sehr  eisen-  oder  kupfer- 
haltig ist.  Bei  Anwendung  vou  Mennige  mufs  das  Oel  anfänglich  ohne 
Wasser  sehr  stark  erhitzt  und  die  Mennige  trocken  hinzugebracht  wer- 
den; in  diesem  Pall  wird  durch  den  überschüssigen  Sauerstoff  dieses  Oxids 
das  Glycerytoxid  zerstört  und  die  Verbindung  der  fetten  Säuren  mit  dem 
Bleioxid  alsdann  vermittelt 

Die  rohe  Oelsäure,  welche  als  Nebenprodukt  bei  der  Fabrikation  der 
Stearinkerzen  abfällt,  giebt  mit  ihrem  halben  Gewicht  Bleioxid  ein  vor- 
treffliches Pflaster,  und  empfiehlt  sich  durch  ihre  Wohlfeilheit  und  durch 
die  Leichtigkeit,  mit  welcher  die  Verbindung  vor  sich  geht,  zu  dieser 
Darstellung.  Das  Bleioxid , was  man  zu  der  erhitzten  Oelsäure  bringt,  löst 
sich  dann  mit  derselben  Schnelligkeit  auf,  wie  Salz  im  Wasser;  es  ist 
zweckmäfsig,  zu  Ende  Wasser  zu  der  Mischung  zu  bringen,  wodurch  der 
Erhöhung  der  Temperatur  über  100°  vorgebeugt  wird. 

b)  Bleiweifspflaster  (Emplasfrum  Cerussae). 

Synon.:  Weifsgekochtes  Pflaster,  Froschlaichpflaster  (Emplastrum  al~ 
bum  coctum,  de  spermate  ranarum). 

§.  195.  Das  Blei  weifspflaster  wird  bereitet,  indem  9 
Theile  Baumöl  in  einem  geräumigen  kupfernen  Kessel  bis 
zum  Sieden  erhitzt,  und  hierauf  16  Theile  feingepulvertes, 
reines  Bleiweifs  unter  beständigem  Rühren  zugesetzt  werden. 
Man  kocht  das  Gemenge  unter  öfterin  Zusatz  von  wenig 
Wasser  und  immerwährendem  Rühren,  bis  es  die  gehörige 
Consistenz  hat,  worauf  es  malaxirt  und  ausgerollt  wird. 
Der  Kessel  mufs  sehr  geräumig  seyn ; höchstens  y3  darf  von  dem  Gemenge 
erfüllt  werden.  Beim  Zusetzen  von  Wasser  mufs  im  Anfang  vorsichtig 
verfahren,  und  wenn  etwas  stark  erhitzt  wurde,  am  besten  der  Kessel 
vom  Feuer  entfernt  werden.  Das  anfängliche  Erhitzen  des  Oels  mit  Blei- 
weifs ohne  Wasser  befördert  zwar  die  Pflasterbildung,  doch  darf  es  nicht 
zu  weit  getrieben  werden,  sonst  fällt  das  Pflaster  grau  aus  (nach  Gusse- 
row  darf  es  bis  auf  110  bis  120°  erhitzt  werden).  Man  mufs  Sorge  tra- 
gen, dafs  beständig  Wasser  in  dem  Gemische  ist;  daher  von  Zeit  zu  Zeit 
zugesetzt  werden  mufs,  oder  man  läfst  beständig  so  viel  nachtröpfeln,  als 
verdampft;  doch  wenn  zuviel  Wasser  immer  dabei  ist,  geht  die  Pflaster- 
bildung langsam  vor  sich.  Es  mufs  beständig  mit  einem  breiten  hölzernen 
Spatel  gerührt  und  das  Feuer  nur  mäfsig  unterhalten  werden,  dafs  es  zwar 
immer  kocht,  aber  nicht  zu  stark,  weil  die  Masse  leicht  übersteigt  und 
anbrennt.  Daher  man,  wo  es  nöthig  ist,  das  Feuer  schnell  dämpft,  oder 
den  Kessel  abhebt.  Sollte  zufällig,  bei  Mangel  an  Wasser,  das  Pflaster 
etwas  grau  geworden  seyn,  so  läfst  sich  dieses  einigermafsen  verbessern, 
wenn  man  etwas  viel  Wasser  zusetzt,  und  unter  heftigem  Umrühren  das 
Pflaster  einige  Zeit  stark  kocht.  Die  Consistenz  erkennt  mau  daran,  wenn 
das  heifse  Pflaster  zähe,  in  einer  zusammenhängenden  Masse,  nicht  in  zer- 
theilten  Tropfen  vom  Spatel  fliefst,  und  eine  Probe  nach  dem  Erkalten  fest 
und  'schwer  knetbar,  fast  brüchig  ist.  Man  verdampft  dann  den  Rest  des 
Wassers  in  sehr  gelinder  Hitze.  Bucholz  schlug  vor,  dem  Gemenge  von 
Bleiweifs  und  Baumöl  noch  Vs  Bleiglätte  zuzusetzen , wodurch  die  Arbeit 
sehr  beschleunigt  und  doch  ein  weifses  Pflaster  erhalten  wird.  Die  neueste 
preufsische  Pharmacopöe  befolgt  diese  Vorschrift  und  läfst  auf  54  Theile 
Baumöl  und  84  Theile  Bleiweifs  12  Theile-  Silberglätte  nehmen.  Die  Glätte 
wird  zuerst  mit  dem  Oel  gekocht  und  daun  das  Bleiweifs  nach  und  nach 
zugesetzt.  Alle  übrigen  Künsteleien,  Zusatz  von  Zinkvitriol  u.  s.  w. , 
taugen  nichts,  und  sind  unnöthig,  wenn  reines  Bleiweifs  (aoi  besten  ge- 


1020 


Bleiweifspflaster. 


schlämmte s Schief erweifs)  genommen  wird.  (Das  durch  Fällen  des  Blei- 
zuckers mit  kohlensaurem  Kali  erhaltene  Bleiweifs  taugt  nach  Pfaff  zur 
Bereitung  des  Bleipflasters  nicht.)  Nach  Soubeiran  werden  zur  Darstel- 
lung des  Bleiweifspflasters  48  Th.  Olivenöl  ^ 16  Th.  Bleiweifs  und  3 Th. 
Wachs  wie  oben  zur  Pflasterconsistenz  gekocht.  Das  Wachs  dient  hierbei 
um  die  Pflasterconsistenz  hervorzubringen , welche  nach  den  angegebenen 
Verhältnissen  von  Oel  und  Bleiweifs  nicht  erfolgt. 

Erklärung  : Das  Bleioxid  bewirkt  in  der  Kochhitze , in  Verbindung 
mit  Wasser,  ähnlich  den  Alkalien,  die  Bildung  von  Oel-  und  Margarin- 
säure , welche  damit  das  verlangte  Produkt  nebst  Oelsiifs  bilden ; die 
Kohlen-  und  Essigsäure  des  Bleiweifses  entweichen.  Wasser  ist  hierzu 
ebenfalls  wesentlich,  weil  die  gebildeten  Säuren  und  das  Oelsüfs  Wasser 
oder  dessen  Elemente  aufnehmen,  und  Oel  und  Bleioxid,  bis  auf  83°  R. 
erhitzt,  wirken  gar  nicht  auf  einander,  während  bei  Gegenwart  von  Was- 
ser, bei  gleicher  Temperatur , schnell  Pflasterbildung  Statt  hat.  (Vergl 
auch  Magaz.  für  Pharmac.  Bd.  16.  S.  59.) 

§,  196.  Die  Eigenschaften  des  Bleiweifspflasters  sind: 
Es  ist  eine  glänzend  weifse,  feste  Masse,  in  der  Kälte  etwas 
brüchig,  in  der  Wärme  der  Hand  wird  es  zähe  und  knetbar, 
dafs  es  sich  streichen  läfst;  in  der  Kochhitze  des  Wassers 
schmilzt  es  zu  einer  klebrigen,  undurchsichtigen  Masse  (durch 
langes  Liegen  wird  es  härter  und  spröder,  auch  mit  der  Zeit 
mehr  gelblich).  Geschmacklos,  von  schwachem,  eigenthüm- 
lichem  Geruch;  unlöslich  in  Wasser,  aber  löslich  in  ätheri- 
schen Oelen  und  Fetten  in  der  Wärme.  — Das  durch  Kochen 
erhaltene  Bierweifspflaster  enthält  noch  kohlensaures  und  Spuren  von  essig- 
saurem Bleioxid.  Weingeist,  mehr  noch  Aether,  nimmt  daraus  ölsaures 
Bleioxid  auf  und  läfst  margarinsaures  u.  s.  w.  zurück.  Wird  es  anhaltend 
bis  etwa  130°  R.  erhitzt,  so  verliert  es  sein  Wasser  und  wird  grau;  in 
stärkerer  Hitze  wird  es  zerstört  und  hinterläfst  in  verschlossenen  Gefäfsen 
ein  Bleikorn.  % 

Eisen-Seife  (Pflaster  — Sapo  Ferri)  erhält  man  durch  Niederschlagen  von 
Eisenvitriollösung  mit  Oelnatronseife  (5  Theile  Vitriol  auf  6 Th.  Seife).  Grünlich- 
weifser  Niederschlag,  der  durch  Auswaschen  und  Zusammenschoielzen  schmutzig 
dunkelgrün  und  an  der  Luft  braun  wird,  von  Ansehen  und  Consistenz  dem  vor- 
hergehenden ähnlich.  — Eisenoxidsalze  liefern  braunrothe  und  geschmeidigere 
Verbindungen.  — Die  eisentalgsauren  Verbindungen  (aus  Hausseife  bereitet)  sind 
härter.  — Seit  Kurzem  fängt  man  an,  diese  Pflaster  als  Arzneimittel  zu  gebrau- 
chen. (Vergl.  Würtemberger  raed.  Corresp.  Blatt,  Jahrg.  I.  No.  >.  S.  144.) 

Quecksilber-Seife  (Pflaster  — Sapo  Eydrargyriy  wird  nach  der  russi- 
schen Pharmacopöe  erhalten,  indem  eine  wässerige  Lösung  von  venetischer 
Seife,  so  lange  ein  Niederschlag  entsteht,  mit  salpetersaurem  Quecksilber- 
oxidul versetzt  wird , welcher  mit  Wasser  wohl  ausgew  aschen  und  durch 
Pressen  vom  Wasser  befreit  wird.  — Eine  beim  Niederschlagen  weifse, 
durch  Aussüfsen  mit  warmem  Wasser  leicht  blaugrau  werdende,  weiche 
salbenartige  Masse;  unlöslich  in  Wasser  und  Weingeist.  Ist  öl-  und  mar- 
garinsaures Quecksilberoxidul.  — Wird  in  Verbindung  mit  Salmiakgeist  als 
Liniment  zu  Einreibungen  benutzt.  — Nach  Piepenbring  setzt  mau  der  so 
erhaltenen  Quecksilberseife  in  der  Wärme  so  lange  Aetzkalilösung  zu,  bis 
sie  in  Wasser  löslich  ist.  Die  so  bereitete  Quecksilberseife  ist  eiue  schwarz- 
graue, etwas  weiche,  salbenartige  Masse,  die  unter  Abscheidung  von 
Quecksilberoxidul  in  Wasser  und  Weingeist  löslich  ist.  Es  ist  ein  biofses 
Gemenge  von  Kaliseife  und  Quecksilberoxidul. 

Mandelöl  ( Ol . Amygdalarmn).  — Bei  — 20  — 24°  setzt 
das  Mandelöl  etwa  den  vierten  Theil  seines  Gewichts  eines 
bei  6—7°  schmelzenden  Stearins  ab;  das  aus  frischen  oder 


Lorbeer  ÖL 


1021 


nassen  bitteren  Mandeln  geprefste  Oel  enthält  Blausäure  and 
Benzoyl Wasserstoff.  Es  giebt  mit  Alkalien  weiche  Seifen.  — 
16  Unzen  Mandeln  liefern  6 Unzen  Oel. 

Farrenkrautww'%elöl  ( OL  rad.  Filicis  Maris).  y0u 
Aspidium  Filix  Mas  durch  Ausziehen  mit  Aether  zu  erhalten.  Die  wohl- 
gereinigte , gesunde,  innen  grüne  Wurzel  wird  schnell  getrocknet  und  mit 
schwach  erwärmtem  Aetber  (am  einfachsten  in  der  Realschen  Presse)  aus- 
gezogen; der  Aether  durch  Destillation  und  Abdampfen  entfernt.  Der  Rück- 
stand ist  das  unreine  har%-  und  zum  Theil  auch  extr  acthaltige  Oel  von 
Peschier.  Will  man  es  reinigen , so  behandelt  man  es  3 — 3mal  mit  sei- 
nem iy2fachen  Gewicht  Weingeist  von  0,85  spec.  Gewicht,  welcher  die 
Beimischungen  aufnimmt.  — Ein  dunkelbräunlichgrünes,  dickflüs- 
siges Oel  von  widerlich  rancidem,  scharfem  Geschmack  und 
eigentümlich  raneidem  Geruch;  erstarrt  bei  0°  butterartig. 
Das  harzhaltige  Oel  ist  etwas  mehr  zähe  und  schmeckt  schärfer. 

— Letzteres  wird  (in  Pillenform)  als  ein  vorzügliches  Mittel  gegen  den 
Bandwurm  gebraucht;  Peschier.  (Vergl.  Magazin  für  Pharmacie  Bd.  7. 
S.  38,  Bd.  13.  S.  188,  Bd.  17.  S.  78,  Bd.  18.  S.  157.  u.  Bd.  33.  S.  48.) 

Fier  Öl  (OL  Ovovwn).  Aus  dem  Dotter  der  Hühnereier , von 
welchem  durch  vorsichtiges  Erwärmen  unter  beständigem  ümriihren  das 
Wasser  verdampft  wird,  bis  er,  etwas  zwischen  den  Fingern  gedrückt, 
Oel  von  sich  giebt,  durch  Auspressen  erhalten.  Nach  Mialhe  und  Walme 
erhält  inan  weit  mehr,  wenn  das  Oel  mit  Aether  ausgezogen  wird.  Man 
schüttelt  10  Th  eile  Eigelb  mit  35  — 30  Theilen  Wasser  tüchtig,  setzt  dann 
77*  Tiicile  Aether  zu  und  schüttelt  wieder  während  einigen  Stunden  wohl 
durcheinander,  dann  läfst  man  ablagern  und  erwärmt  wohl  auch  gelinde, 
um  die  Scheidung  zu  befördern.  ( Tlmbeuf  bringt  das  Eigelb  zur  leichtern 
Scheidung  erst  durch  Kochhitze  zum  Gerinnen,  zerreibt  es  dann  mit 
Wasser  und  setzt  hierauf  Aether  zu.)  Den  klar  obenaufschwimmenden 
ölhaltenden  Aether  nimmt  man  ab,  destillirt  den  Aether  über,  kocht  den 
Rückstand  mit  Alkohol , bis  alles  Oel  gelöst  ist,  und  filtrirt  heifs.  Beim 
Erkalten  scheidet  sich  das  Eieröl  ab,  welches  man  durch  Erhitzen  im 
Wasserbad  von  den  letzten  Antheilen  Weingeist  und  Aether  befreit.  — 

Hocbgelbes,  dickflüssiges,  ganz  mildes  Oel;  erstarrt  schon 
bei  gewöhnlicher  Temperatur.  WTird  sehr  bald  rancid  und  mit  der 
Zeit  entfärbt. 

Ochsenfüfsefell  (Axungia  pedam  Tauri).  wird  erhalten, 
indem  die  von  der  Haut  und  von  allem  Talg  sorgfältig  gereinigten  Ochsen- 
füfse  zerhackt,  und  mit  Wasser  einige  Stunden  gekocht  werden.  Das  Fett 
schwimmt  auf  dem  Wasser,  und  wird  nach  dem  Erkalten  abgenommen. 

— • Wasserhelles,  etwas  dickflüssiges  Oel,  geruch-  und  ge- 
schmacklos, gesteht  nur  in  starker  Kälte  zu  einer  dünnen 
salbenartigen  Masse.  Hält  sich  sehr  lange,  ohne  rancid  zu 
werden.  — Dient  zu  Salben,  wo  rancid  werdendes  Fett  zu  vermei- 
den ist. 

Feste  oder  weicht;  Fette ; Butter - und  Talgarten. 

Lorbeeröl  (OL  Laurinum  unguinosum).  wird  aus  den  Lor- 
beerji  durch  Kochen  und  Auspressen  erhalten.  Von  8albenconsistenz , 
besitzt  eine  dunkelgrüne  Farbe,  einen  starken  aromatischen 
Geruch  nach  Lorbeern,  und  bittern  Geschmack ; es  enthält 
ätherisches  Oel  und  löst  sich  leicht  in  Aether  zu  einer  klaren 
Flüssigkeit.  Dient  zu  Salben. 


mi 


Cacao-,  Palm-Butter, 


Cacaobulter  (Ol.  seu  Butyrum  Cacao).  aus  den  Bohnen 
der  Theobroma  Cacao.  Die  entschälten  Bohnen  werden  in  einem  erwärm- 
ten Kessel  zu  feinem  Brei  zerrieben , man  setzt  alsdann  auf  6 Theilfr 
1 Theil  heifses  Wasser  zu  und  mischt  sorgfältig.  Das  Gemenge  nimmt 
alsdann  eine  bröckliche  Consistenz  an*  und  lafst  sich  nun  in  einem  Beutel 
zwischen  heifsen  Platten  leicht  auspressen.  Das  im  Beutel  Zurückhleibende 
enthält  noch  Oel,  was  man  durch  Befeuchten  der  gepulverten  Masse  und 
wiederholtes  Pressen  gewinnt.  — Die  Cacaoblltter  ist  fest,  weifs, 
ziemlich  brüchig’,  schmilzt  in  der  Wärme  der  Hand,  von  mil- 
dem Geschmack  und  schwachem  Geruch  nach  Cacao,  ihr  spe- 
cifisches  Gewicht  ist  0,91.  Wird  nicht  ranzig,  und  löst  sich 
in  Aether  und  Terpentinöl,  wenig  in  heifsem  Weingeist  5 der 
Hauptbestandteil  der  Cacaobutter  ist  eine  kristal fisirte  Ma- 
terie, welche  bei  29°  schmilzt,  upd  eine  chemische  Verbin- 
dung von  Olein  und  Stearin  darstellt. 

Muskalbutler  C Ol.  seu  Baisamum  Nucislae ).  Aus  den 
Nüssen  der  Myristica  moschata.  Die  im  Handel  in  viereckigen  pfund- 
schweren  Tafeln  vorkommende  Muskatbutter  wird  aus  den  frischen  Nüssen, 
welche  etwa  die  Hälfte  ihres  Gewichts  liefern,  erhalten.  Sie  ist  gelb, 
brüchig,  riecht  und  schmeckt  nach  ätherische^  Muskatöl 5 die 
Stücke  sind  von  aufsen  braun,  inwendig  gelb  marmorirt.  Bei 
Behandlung  der  Muskatbutter  mit  kaltem  Alkohol  löst  sich  ein 
ätherisches  und  fettes  Oel  auf,  und  es  bleibt  25  — 30  p.  c.  von 
dem  Gewichte  derselben  eines  weifsen  festen  Fettes  zurück. 
Durch  häufige  Kristallisation  aus  Aether  gereinigt,  ist  es  kri- 
stallinisch, weifs,  perlmutterglänzend,  schmilzt  bei  31°  (Play- 
fair) und  wird  durch  verdünnte  Alkalien  nicht  angegriffen; 
durch  Schmelzen  mit  Kalihydrat  wird  es  hingegen  leicht  und 
schnell  verseift.  Aus  der  erhaltenen  Seife  erhält  man  bei  Zersetzung 
mit  Säure  eine  fette  Säure,  die  aus  Alkohol  in  breiten  glänzenden  Blät- 
tern kristallisirt  und  bei  50°  schmilzt  (Play fair'). 

Nach  Pelouze  und  Boudet  ist  der  in  der  Muskatbutter  enthaltene  weifse 
kristallinische  fette  Körper  reines  Margarin, 

Cocosbutter.  Aus  dem  Kern  der  Nüsse  von  Cocos  nucifera,  Cocos 
butyracea.  Weifs,  von  Salbenconsistenz,  schmeckt  mild,  schmilzt  bei  20° 
und  gesteht  bei  18°;  <vird  sehr  leicht  ranzig;  sie  giebt  mit  Natron  eine 
feste  Seife  von  widrigem  Geruch;  sie  ist  ein  Gemenge  von  einem  flüssigen 
mit  einem  bei  gewöhnlicher  Temperatur  festen  Fett,  das  letztere  ist  im 
gereinigten  Zustande  identisch  mit  Elaidin  (Pelouze  und  Boudet). 

Palmbutter , Palmöl , aus  der  grünen  Schale  der  Frucht  der  Avoira 
Eiais,  Eiais  Guianensis.  — Die  Palmbutter  besitzt  die  Consistenz  von 
Schweineschmalz,  eine  rothgelbe  Farbe,  einen  Veilchengeruch  und  milden 
Geschmack;  sie  schmilzt  in  gelinder  Wärme  zu  einem  rothgelben  Oel;  ihr 
Schmelzpunkt  erhöht  sich  mit  dem  Alter,  frische  Palmbutter  schmilzt  bei 
27°,  ältere  bei  32  — 36°.  Sie  wird  leicht  ranzig  und  scheint  eine  eigen- 
tümliche Zersetzung  zu  erleiden.  Sehr  ranzige  Palmbutter  giebt  nemlich 
an  Wasser  freies  Glyceryloxid  ab  und  enthält  freie  Margarin-  und  Oel- 
säure;  in  dieser  Beziehung  verhält  es  sich  den  andern  Fetten  ähnlich.  Von 
dem  flüssigen  Oel  durch  Pressen  befreit  und  mit  kochendem  Alkohol  be- 
handelt hinterläfst  die  Palmbutter  etwa  % eines  schwerlöslichen  festen 
Fettes,  welches  sich  durch  häufige  Kristallisationen  aus  Aether,  Pressen 
etc.  rein  und  farblos  erhalten  läfst,  In  diesem  Zustande  schmilzt  es  bei 
50°  und  giebt,  mit  Alkalien  verseift,  Glyceryloxidhydrat  und  reines  pal- 
mitinsaures  Kali , ohne  Beimischung  von  öl-  oder  talgsaurem  Alkali ; die  aus 
dem  Kalisalz  abgeschiedene  Säure  schmilzt  bei  60°.  (Pelouze  und  Boudet.) 


Butter. 


1023 


Die  Palmbutter  enthält  einen  pomeranzengelbea  Farbstoff,  der  sich  durch 
Bleichen  in  der  Sonne,  durch  Behandlung  des  geschmolzenen  Fettes  mit 
4 p.  c.  Schwefelsäure,  so  wie  durch  Einleiteu  von  Chlor  zerstören  läfst. 

Das  rohe  Palmöl  dient  zur  Bereitung  von  Seife,  welche  stets  den 
eägenthümlichen  Geruch  behält;  gewöhnlich  wird  demselben  Talg  oder  Harz 
zugesetzt,  um  die  Consistenz  der  Seife  zu  vermehren. 

Galambutter.  Wird  häufig  mit  der  Palmbutter  verwechselt;  sie  kommt 
von  Bassia  butyracea , einem  Baum  aus  der  Familie  der  Sapoteen;  besitzt 
die  Consistenz  von  Schmelzbutter,  eine  röthlichweifse  Farbe,  und  den  Ge- 
ruch und  Geschmack  der  Cacaobutter;  schmilzä;  und  gesteht  bei  31  — 83°, 
und  ist  in  Alkohol  sehr  wenig  löslich’;  verhält  sich  beim  Rauzigvverden 
wie  Palmbutter. 

Pineytaig , von  Vateria  indica ; ein  weifsgelbliches , ziemlich  festes 
^vegetabilisches  Fett,  von  schwachem  angenehmem  Geruch  und  0,9365  spe- 
cifischem  Gewicht,  schmilzt  bei  86,5%  löst  sich  schwierig  in  Weingeist 
von  83  p.  c.  — Krapaöl  und  Krapabutter  kommen  im  Handel  seltener  vor. 

Talg , TJnschtitt  (Sevum).  — Davon  sind  officinelle  Ar- 
ten: Hammeltalg  (Serum  ovillum ),  Ochsentalg  (Serum  bo - 
vinum ),  Hirschtalg  (Serum  cerrinum)^  Bockstalg  (Serum 
hirciniim).  Werden  durch  Auslassen  der  Fette  dieser  Thiere  erhalten. 
Diese  Talgarten  unterscheiden  sich  wenig  von  einander. 
Hammel-  und  Hirschtalg  sind  aber  etwas  fester  und  in  rei- 
nem Zustande  vveifser  als  Ochsentalg.  Uebrigens  sind  sie 
alle  vier  bei  gewöhnlicher  Temperatur  ziemlich  fest,  ein  we- 
nig zähe.  Sie  zeichnen  sich  zum  Th  eil  durch  einen  eigenen 
Geruch  aus,  der  nach  Checreul  von  Hircinfett  herrührt, 
welches  beim  Verseifen  die  Seite  933  beschriebene  Hircinsäure  liefert. 

Sie  enthalten  gegen  % festes  Fett,  werden  an  der  Luft  bald 
rancid  und  gelb.  Man  bleicht  sie  mit  unterchlorigsaurem  Kalk,  oder 
unterchlorigsaurer  Magnesia  und  verdünnter  Schwefelsäure.  Auf  100  Theile 
Talg  3 bis  4 Tb.  unterchlorigsaurer  Kalk  in  dem  4-  bis  8fachen  Gewicht 
Wasser  gelöst,  werden  in  der  Wärme  vermischt  und  die  zur  Zerlegung 
nöthige  Menge  Schwefelsäure  zugesetzt.  Sie  bilden  mit  Natron  feste, 
harte  Seife.  — Werden  zu  Salben  und  Pflaster  benutzt;  — ferner  zu 
Kerzen  u.  s.  w. 

Ochsenmark  fett  ( Axungia  mednllae  Bovis).  Durch  Aus- 
lassen des  Ochsenmarks.  Gelblichweifses,  ziemlich  hartes,  brüchi- 
ges F@tt.  Schmilzt  leicht  in  der  Hand  ,,  riecht,  eigentümlich, 
schmeckt  milde.  — - Wird  zu  feinen  Salben  und  Pomaden  verwendet. 

Butter  tBulyrum  vaccinum ).  W7ird  durch  starkes  Schütteln 
des  Milchrahms , bis  sich  die  Butter  in  Klumpen  ausgesondert  hat,  be- 
reitet (wobei  man  als  Nebenprodukt  Buttermilch  erhält).  Ein  weiches, 
salbenartiges,  zart  anzufühlendes  Fett,  mehr  oder  weniger 
weifs  oder  gelb ; riecht  eigentümlich  angenehm  nach  But*- 
terfett,  Butyrin,  welches  bei  der  Saponification  die  S.  931  beschrie- 
bene Buttersäure  liefert;  schmeckt  milde  angenehm.  Enthält  noch 
Käse  und  Wasser  (oder  Buttermilch),  welche  durch  Auslassen 
entfernt  werden.  Die  ausgelassene  Butter  besteht  nach  Che- 
creul aus  einem  festen  kristallisirbaren  Fett,  was  nach  Bromeis 
Margarinsäure  (keine  Talgsäure)  enthält,  ölsaurem  und  butter- 
saurem  Glyceryloxid,  Butyrin  (Capi-on  und  Caprin),  in  veränder- 
lichen V erhältnissen.  Ferner  enthält  sie  gelben  Farbestolf  und  aro- 


1024 


Schwei  nesqhmalz. 

matisch  riechende  Materie.  Das  Butyrin  läfst  sich  von  Elain  mittelst  Al- 
kohol zum  Theil  scheiden,  der  es  leichter  löst.  Es  riecht  und  schmeckt 
nach  Butter,  wird  sehr  leicht  sauer.  — Die  Butter  wird  bald  rancid. 
MuPs  darum  immer  frisch  seyn.  Ausgelassene  Butter  (Schmalz) 
hält  sich  aber  lange  gut.  Durch  Alter  rancid  gewordene  Butter  ver- 
liert ihre  rancide  Beschaffenheit  durch  wiederholtes  Behandeln  mit  dem 
doppelten  Gewicht  heifsen  Wassers  Man  rührt  das  heifse  Gemenge  fleifsig 
durcheinander  oder  kocht  es  nach  Peters  besser  kurze  Zeit  und  trennt 
das  klare  Fett  jedesmal  von  der  wässerigen  Flüssigkeit.  Auf  ähnliche  Art 
lassen  sich  auch  andere  rancide  Fettarten  reinigen.  Läfst  man  geschmol- 
zene Butter  sehr  langsam  erkalten , so  scheidet  sich  eine  Masse  concen- 
trisch  gruppirter,  undeutlich  kristallinischer  w^eifser  und  fester  körniger 
Kristalle  ab,  die  von  einem  flüssigen  gelben  Fett  umgeben  sind.  Durch 
Pressen  lassen  sich  beide  leicht  von  einander  trennen.  Giefst  man  ge- 
schmolzene Butter  in  eiskaltes  Wasser,  so  erhält  man  sie  von  der  wei- 
chen salbenartigen  Consistenz  der  gewöhnlichen  frischen  Butter.  IJm  frische 
Butter  haltbar  zu  machen  , salzt  man  sie  auch  ein , gesalzene  Butter , diese 
taugt  nicht  zum  Arzneigebrauch.  Besser  ist  es,  sie  in  Zuckersyrup  zu 
legen,  der  sie  gut  conservirt.  (Vergl.  Magaz.  für  Pharm.  Bd.  22.  S.  68. 
u.  Bd.  29.  S.  191.)  — Dient  zu  Salben. 

Schweineschmalz  £ Adeps  suilla , Axungia  PorciJ. 
Vom  Schwein  ( Sus  Scropha  Lj.  Weifs,  körnig,  von  Salbencon- 
sistenz , riecht  schwach,  schmeckt  milde;  besteht  aus  unge- 
fähr 38  Theilen  festem  und  62  Theilen  flüssigehi  Fett.  (Doch 
wechseln  diese  Verhältnisse.)  Es  wird  bald  rancid.  Dieses  reinigt  man 
wie  Butter.  — Dient  vorzüglich  zu  Salben  und  Pflastern. 

Pferdeschmalz  oder  Kammfett  ( Axungia  Equi ),  Hundsfett  f Axungia 
Cants ),  sind  bei  gewöhnlicher  Temperatur  fast  flüssig^  riechen  widerlich; 
— Hasenfett  f Axungia  Leporis ) ist  gelb  oder  röthlich , weich  , salbenartig, 
von  eigentümlichem  Geruch;  zieht  an  der  Luft  schnell  Häute  und  trock- 
net; gehört  also  zu  den  austrockueudeu  Fetten;  — Gänsefett  f Axungia 
Anseris ),  weifses,  salbenartiges,  zartes  Fett  — und  noch  mehrere  andere 
Fettarten  , die  in  ihren  physikalischen  Eigenschaften  mehr  oder  weniger  von 
einander  abweichen,  werden  in  Apotheken  aufbewahrt,  jedoch  meist  sel- 
ten mehr  gebrauch!. 

Wallrathfett. 

Synon. : Cetin.  — In  dem  Wallrath  und  dem  Oel  des  Helphinus  glo - 
biceps. 

Fein  zerriebener  Wallrath  wird  wiederholt  mit  siedendem  Weingeist 
von  0,816  spec.  Gewicht  behandelt,  bi*  der  von  dem  Rückstand  abfiltrirte 
Weingeist  nichts  Oeliges  mehr  hinterläfst.  Das  Ungelöste  ist  reines  Wall- 
rathfett. 

Aus  der  warm  gesättigten  Auflösung  in  Alkohol  krisfcallisirt  das  Wall- 
rathfett in  geschmack-  und  geruchlosen  feinen  weifsen  Blättchen  von  Perl- 
glanz, schmilzt  bei  49°  (das  aus  Delphinöl  bei  45°  j und  gesteht  zu  einer 
strahlig  kristallinischen  Masse,  welche  fast  hart  und  weniger  fett  im  An- 
fühlen ist  wie  Wallrath.  Bei  360°  verflüchtigt  sich  das  Wallrathfett  ohne 
Zersetzuag.  100  Theile  kochender  Weingeist  von  0,821  spec.  Gewicht 
lösen  2,5  Wallrathfett,  welches  sich  beim  Erkalten  grofsentheils  wieder 
absetzt;  es  ist  leichter  in  Alkohol  löslich,  in  Aether  in  der  Wärme  zu 
einer  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  fest  wird;  es  ist  in  Holzgeist,  Ter- 
pentinöl und  fetten  Oelen  löslich.  Der  trocknen  Destillation  unterworfen 
erhält  man  unter  partieller  Zersetzung  brennbare  Gase,  ferner  90  p.  c. 
einer  bei  23,5  schmelzbaren  Masse,  welche  Oel-  und  Margarinsäure,  un- 
zersetztes  Wallrathfett,  ein  in  Kali  und  Weingeist  nicht  lösliches  Oel  und 
braune  Materie  enthält  (kein  Aethal,  Bussy  6r  Lecanu~). 


Wallrath;  Cholsterin. 


1025 


Durch  kaustische  Alkalien  wird  das  Wallrathfett  zersetzt,  leichter 
und  schneller  bei  Gegenwart  von  margarinsaurem  Alkali;  es  entstehen  auf 
der  einen  Seite  ölsaure  und  margarinsaure  Alkalien , auf  der  andern  schei- 
det si.eh  Cetyloxidhydrat  (Aethal)  ab.  100  Wallrathfett  liefern  40  64 
Cetyloxidhydrat  (Aethal)  und  60,96  eines  Gemenges  von  Oelsäure  und 
Margarinsaure,  was  bei  44  — 43°  schmilzt.  Diesem  Schmelzpunkt  nach 
betrachtet  es  Chevreul  als  ein  Gemenge  von  31,6  Margarinsaure  und  29  3 
Oelsäure.  Säuren  verhallen  sich  gegen  die  Verbindung  wie  «e^eü  die  an- 
dern Fett-  nnd  Talg -Arten. 

Chevreul’ s Analyse  giebt  für  100  Theile  Wallrathfett: 

Kohlenstoff  81,6 

Wasserstoff  12,8 

Sauerstoff  5,6 

Nach  der  für  diesen  Körper  von  Dumas  angenommenen  Formel  enthält 
derselbe  2 Afc.  Margarinsaure,  1 At.  Oelsäure  und  drei  Atome  Cetyloxid 
3(C3a  U66  0).  Um  in  seiner  Zusammensetzung  den  Salzen  der  Margarin- 
und  Oelsäure  analog  zu  seyn , fehlen  dem  Wallrathfett  die  Elemente  von 
1 At.  Wasser.  Beide  f&iuren  zusammen  neutralisiren  4 At.  Basis  und  es 
sind  nur  3 At.  Cetyloxid  vorhanden.  Da  man  nun  überdiefs  nicht  weils 
ob  die  als  Margarin-  und  Oelsäure  in  dem  Wallrathfett  angenommenen 
fetten  Säuren  wirklich  das  sind,  wofür  man  sie  hält,  was  der  Schmelz- 
punkt nicht  entscheiden  kann,  so  bleibt  die  Constitution  des  Wallrath- 
fettes zweifelhaft. 


Wallrath. 

Sperma  Ceti , Cetaceum.  — Findet  sich  in  besondern  Höhlen  im  Kopfe 
des  Dhyseter  macrocephalus , -Tarsio,  - microps,  - Orthodon  und  Delphi- 
nus edentulus  aufgelöst  ifi  Wallrathöl , scheidet  sich  von  dem  letztem  nach 
dem  Tode  des  Thiers  beim  Erkalten  kristallinisch  aus  und  wird  durch  Be- 
handlung mit  Kalilauge  davon  befreit.  Der  Wallrath  besitzt  0,940  spec. 
Gewicht,  schmilzt  bei  44  — 45°,  ist  geruch-  und  geschmacklos , ohne  Wir- 
kung auf  die  Pflauzenfarben ; er  besteht  gröfstentheils  aus  Wallrathfett, 
durchdrungen  von  einem  durch  kalten  Weingeist  entziehbaren,  farblosen 
oder  gelblich  gefärbten  Oel.  Seine  Eigenschaften  sind  im  Uebrigen  die  des 
Wallrath  fettes. 

Cholsterin  ( Gallenfett ).  Das  Cholsterin  findet  sich  im  thierischen  Kör- 
per im  Blute,  im  Gehirn,  und  namentlich  in  der  Galle,  aus  welcher  es 
sich  iu  gewissen  Krankheitszuständen  in  der  Gallenblase  häufig  in  stein« 
artigen  Concretionen  abscheidet;  die  Gallensteine  unterscheiden  sich  von 
den  Blasensteinen  durch  ihre  kristallinische  Beschaffenheit,  leichte  Schmelz- 
barkeit und  Löslichkeit  in  Aelher  und  Alkohol.  Aus  trockuem  Blutserum 
und  dem  Eigelb  der  Hühnereier  läfst  es  sich  durch  Aether  ausziehen.  Am 
reinsten  gewinnt  man  es  aus  den  Gallensteinen , die  man  feingepulvert  in 
kochendem  Alkohol  löst.  Beim  Erkalten  der  Flüssigkeit  schiefst  das  Chol- 
sterin in  durchscheinenden  Blättern  an,  die  man  durch  wiederholte  Kri- 
stallisationen reinigt.  Durch  Behandlung  mit  verdünnter  Kalilauge  kann 
man  den  Kristallen  beigemischte  fette  Säuren  leicht  entziehen. 

Das  Cholsterin  stellt  grofse  wreifse  perlmutterglänzende , geschmack- 
und  geruchlose  Blätter  dar,  welche  leichter  als  Wasser  sind  und  bei  137° 
zu  einem  farblosen  Liquidum  schmelzen,  was  zu  einer  blätterigen  kristal- 
linischen, leicht  pulverisirbareu,  beim  Reiben  stark  elektrisch  werdenden 
Masse  erstarrt.  Bei  Abschluls  der  Luft  der  Destillation  unterworfen,  de- 
stillirt  es  unverändert  über;  durch  den  EinOufs  einer  raschen  und  schnellen 
Erhitzung  wird  der  rückbleibende  Theil  in  seinen  Eigenschaften  verändert 
(_Kühn),  seine  Dämpfe  sind  entzündlich  und  brennen  angezündet  mit  rufsen- 
der  Flamme. 

Ein  Theil  Cholsterin  löst  sich  in  9 Th.  siedendem  Alkohol  von  0,84, 
n 5,54  Th.  von  0,816  spec.  Gewicht;  in  kaltem  Alkohol  ist  es  wenig  lös- 


1026 


Cholsterin-  und  Ambreinsäure. 


lieh;  die  aus  der  alkoholische«  Lösung  erhalteneu  Kristalle  verlieren  5 t 
bis  5,8  p.  c.  ihres  Gewichts,  ohne  ihren  Glan«  zu  verlieren;  es  löst  sich 
in  13  Th.  kaltem , in  33  Th.  siedendem  Aether.  Es  löst  sich  in  Holzgeist 
sehr  schwierig  in  Terpentinöl.  Durch  Erwärmen  mit  concentrirter  Schwe- 
felsäure erleidet  es  eine  Zersetzung,  mit  Salpetersäure  gekocht  liefert  es 
Cholsterins  äure. 


Ein  Hauptcharakter  des  Cholsterins  ist  seine  Unverseifbarkeit  mit 
kaustischen  Alkalien,  und  da  es  mit  Alkalien  keine  Art  von  Verbindung 
eingeht,  so  ist  die  Frage,  in  welcher  Form  es  im  Serum  des  Blutes  und 
in  der  Galle,  in  wässerigen  Flüssigkeiten  also,  gelöst  ist,  von  Interesse. 
Hierüber  scheint  eine  Angabe  von  Wagner  den  Schlüssel  zu  geben,  indem 
er  gefunden  hat,  dafs  4 Th.  trockner  Seife  in  Wasser  gelöst,  einen  Theil 
Cholsterin  vollständig  aufnehmen.  Die  Zusammensetzung  des  Cholsterins 
ist  folgende : 

Chevreul.  Couerbe.  Marchand. 


Kohlenstoff  85,095  — 84,895  — 84,86  — 84,90 

Wasserstoff  11,880  — 13,099  — 18,05  — 13,00 

Sauerstoff  3,035  — 3,006  — 3,09  — 3,10 

Aus  diesen  Verhältnissen  lassen  sich  für  das  Cholsterin  zwei  Formeln  ent- 
wickeln, über  deren  Richtigkeit  eine  Bestimmung  seines  Atomgewichts 
allein  Aufschlufs  geben  kann  , die  eine  ist  C58  H66  0,  die  andere  C36  H64  0. 
Die  erstere  setzt  einen  schwachen  Verlust,  die  andere,  wie  bei  andern 
sehr  kohlereichen  Substanzen,  einen  kleinen  Ueberschul's  in  dem  Kohlen- 
stoffgehalte voraus. 


Cholsterinsäure.  Produkt  der  Eiuwirkuug  der  Salpetersäure  auf  Chol- 
sterin; entdeckt  von  Pelletier  und  Caventou.  Zur  Darstellung  dieser  Säure 
wird  Cholsterin  mit  mäl’sig  concentrirter  Salpetersäure  so  lange  gekocht, 
als  sich  noch  eine  Einwirkung  zeigt.  Die  lieifs  abgegossene  saure  Flüs- 
sigkeit setzt  beim  Erkalten  und  beim  Verdünnen  mit  Wasser  Kristalle  ab, 
die  mau  durch  wiederholte  Auflösung  und  Kristallisation  aus  Alkohol  rei- 
nigt. Die  Cholsteriosäure  stellt  schwach  gelblichgefärbte  Nadeln  dar,  wel- 
che leichter  als  Wasser  und  geschmacklos  sind , Lackmus  röthen  und  bei 
58°  schmelzen;  sie  wird  beim  Erhitzen  zersetzt,  ist  in  Wasser  wenig, 
leicht  in  Aether,  flüchtigen  und  fetten  Oelen  uud  in  Alkohol  löslich;  sie 
bildet  mit  Basen  rothgefärbte , mit  den  Alkalien  lösliche,  mit  den  andern 
Basen  unlösliche  oder  schwerlösliche  Salze.  Sie  gab  in  der  Analyse  i 
51,943  Kohlenstoff,  7,137  Wasserstoff,  8,505,  Stickstoff,  32,416  Sauer- 
stoff ( Pelletier  är  Caventou ),  enthält  hiernach  die  Elemente  von  Salpe- 
tersäure. 


Ambrein . Hauptbestandtheil  der  Ambra.  Zu  seiner  Darstellung  ver- 
fährt man  mit  der  Ambra  genau  wie  be^  der  Darstellung  des  Cholsterins 
aus  Gallensteinen.  Das  Ambrein  ist  weifs,  pcrlmuttergläuzeod,  geruchlos 
im  reinen  Zustande,  schmelzbar  bei  30°  ( Pelletier  ör  Caventou') , bei 
37,5°  C John );  es  wird  durch  trockne  Destillation  theil  weise  zerlegt;  gleich 
löslich  in  kaltem  und  warmem  Alkohol  und  durch  Verdunsten  daraus  kri- 
stallisirbar , löslich  in  Aether,  fetten  und  fluchtigen  Oelen  Unverseifbar 
durch  kaustische  Alkalien.  Pelletier  erhielt  durch  die  Analyse  83,37  Koh- 
lenstoff, 13,63  Wasserstoff  und  3,31  Sauerstoff.  v 

Ambreinsüure , entdeckt  von  Pelletier  Caventou  durch  Behandlung 
des  Ambreins  mit  Salpetersäure.  Wenn  man  keine  Entwickelung  von  saD 
petriger  Säure  beim  Sieden  des  Ambreins  mit  Salpetersäure  mehr  wahr- 
nimmt, wird  die  Flüssigkeit  eingedampft,  der  Rückstand  mit  Wasser  ge- 
waschen, mit  Wasser  und  kohlensaurem  Bleioxid  gekocht,  das  gebildete 
salpetersaure  Bleioxid  durch  Waschen  entfernt,  und  der  Rückstand  psit  sie- 
dendem Alkohol  behandelt,  welcher  Ambreinsäure  auflöst  und  beim  Er- 
kalten und  Verdunsten  in  kleinen  gelblichen  Tafeln  absetzt.  Die  Ambrein- 
säure ist  geschmacklos,  von  schwachem  Geruch,  sehr  schwer! öslich  in 
Wasser,  leichtlöslich  in  Alkohol  und  Aether;  sie  röthet  Lackmus , schmilzt 
bei  100°  und  bildet  mit  Alkalien  leichtlösliche,  mit  den  andern  Basen 


Wachs. 


1027 


schwerlösliche  oder  unlösliche  Salze  von  gelber  Farbe.  Die  Zusammen- 
setzung der  Ambreinsäure  ist  nach  Pelletier  folgende:  54,93  Kohlenstoff, 
7,01  Wasserstoff,  4,71  Stickstoff,  33,75  Sauerstoff;  ihr  Atomgewicht 
1807,02. 

Castorin.  Bestandteil  des  Biebergeils  (Castoreums).  Eine  heifse  ge- 
sättigte Auflösung  von  Biebergeil  in  6 Th.  Alkohol  setzt  beim  Erkalten 
gewöhnliches  Fett  ab,  davon  getrennt  liefert  die  filtrirte  Flüssigkeit  beim 
langsamen  Verdunsten  Kristalle  von  Castorin.  Das  durch  mehrmaliges 
Umkristallisiren  gereinigte  Castorin  stellt  feine  vierseitige  durchsichtige 
Nadeln  dar  von  schwachem  Biebergeilgeruch  und  Geschmack , es  schmilzt 
in  kochendem  Wasser  und  erstarrt  nach  dem  Erkalten  zu  einer  harten 
durchsichtigen  Masse,  welche  fest  und  pulverisirbar  ist;  es  scheint  sich 
mit  siedenden  Wasserdämpfen  zu  verflüchtigen,  ist  schwerlöslich  in  Alko- 
hol, die  gesättigte  Lösung  gesteht  heim  Erkalten,  leichtlöslich  in  Aether, 
nur  in  der  Hitze  in  flüchtigen  Gelen  $ es  löst  sich  in  kochender  verdünnter 
Schwefelsäure  und  kristallisirt  daraus  beim  Erkalten , es  löst  sich  in  con- 
centrirter  Essigsäure  und  in  kaustischen  Alkalien  ohne  Veränderung.  Mit 
Salpetersäure  soll  nach  Brandes  eine  der  Ambreinsäure  ähnliche  Säure 
daraus  entstehen. 

Wachs  ( Cera) . 

Wachs,  oder  dem  Wachse  sehr  ähnliche  Materien,  findet  sich  in  vielen 
Pflanzen,  namentlich  im  Bliithenstaube ; es  dient  den  Bienen  zum  Bau  ihrer 
Zellen.  Ob  es  von  denselben  aus  Nahrungsmitteln  wie  Zucker  unter  ge- 
wissen Umständen  erzeugt  wird,  ist  nicht  hinreichend  ermittelt. 

197.  Durch  Umschmelzen  der  Bienenzellen  mit  Was- 
ser erhält  man  Wachs  von  gelber  Färbe  ( Cera  citrina)  und 
eigentümlichem  Geruch;  es  ist  hart,  in  gelinder  Wärme 
knetbar,  schwach  klebend,  kaum  fettig,  von  körnig  spiittri- 
gem  Bruch,  leichter  als  kaltes,  schwerer  als  heifses  Wasser, 
leitet  nicht  die  E.  E.,  schmilzt  bei  62 — 63°  €.  (50°  B.).  In 
dünnen  Bändern  der  Luft  und  dem  Lichte  ausgesetzt  verliert 
es  von  seinem  Gerüche  und  wird  weifs,  an  den  Kanten 
durchscheinend;  sein  Schmelzpunkt  erhöht  sich  auf  70°  C. 
(56°  B.)  und  es  erstarrt  geschmolzen  bei  65°  C.  (o2°  R.). 

Ueber  die  Zusammensetzung  des  Wachses  sind  von  Gay-Lussac  und 
Thenard , Chevreul,  Boudet  und  Boissenot,  Saussure,  Ettling  und  Hefs 
Untersuchungen  angestellt  worden.  Behandelt  man  gelbes  Wachs  mit  Ae- 
ther, so  nimmt  dieser  die  Farbe  auf,  es  vertheilt  sich  zu  feinen  weifsen 
«arteu  kristallinischen  Schuppen,  die  bei  64  bis  65°  schmelzen  und  80,79 
— 80,84  Kohlenstoff,  13,21  — 13,22  Wasserstoff  und  6, —5,94  Sauerstoff 
enthalten.  (Hefs.J 

Das  Bienenwachs  ist  ein  Gemenge  von  zwei  Substanzen,  verschieden 
von  einander  durch  ihre  ungleiche  Löslichkeit  in  Alkohol.  Das  in  Alkohol 
leicht  lösliche  hat  den  Namen  Cerin,  das  schwerlösliche  den  Namen  My- 
ricin erhalten. 

Myricin.  Behandelt  man  Bienenwachs  mit  kochendem  Alkohol,  so  löst 
sich  das  Cerin  auf  und  es  bleibt  ein  Rückstand  von  Myricin , welches  bei 
65°  schmilzt,  sich  in  200  Th.  kochendem  Alkohol,  in  99  Th,  kaltem  Ae- 
ther löst  (Boudet#'  Boissenot,  Buchhol%  # Brandes } und  bei  der  trock- 
nen Destillation  zum  grofsen  Theil  unverändert  äberdestillirt;  es  wird  durch 
kochendes  Kali  nicht  verseift  und  zeigt  nach  der  Behandlung  mit  kochen- 
der Kalilauge  denselben  Schmelzpunkt  und  die  nemliche  Löslichkeit  wie 
zuvor  (Boudet  #r  Boissenot , Ettling Aus  der  heils  gesättigten  Lösung 
in  Alkohol  scheidet  es  sich  beim  Erkalten  in  einzelnen  Flocken  ab. 


1028 


Wachs. 


Cerin.  Die  Flüssigkeit , welche  man  erhalt,  wenn  gebleichtes  Bienen- 
wachs mit  kochendem  Alkohol  behandelt  wird,  gesteht  nach  dem  Erkalten 
zu  einer  aus  feinen  Nadeln  bestehenden  gallertartigen  Masse.  Die  von 
dem  Alkohol  getrennte  Substanz  ist  Cerin;  es  löst  sich  in  16*  Th.  kochen- 
dem Alkohol,  schmilzt  bei  62°  ( Boudet  <$r  Boissenot ) und  giebt  mit  kau- 
stischem Kali  gekocht  einen  trüben  Seifenleim.  Dampft  man  die  alkalische 
Seife  zur  Trockne  ab  und  behandelt  den  Rückstand  mit  kaltem  Alkohol, 
so  läfst  dieser  eine  feste  Alkali-freie  wachsähnliche  Substanz  zurück, 
welche  sich  in  Alkohol  löst  und  daraus  in  Flocken  kristallisirt ; diese  Sub- 
stanz ist  Cerain  , es  schmilzt  bei  70°  (^Boudet  öf  Boissenot') , nach  Ettling 
wird  es  noch  nicht  in  siedender  Kalilauge  flüssig. 

Die  bis  jetzt  über  das  Bienenwachs  angestellten  vollständigsten  Un- 
tersuchungen sind  von  Boudet  Boissenot  und  Ettling ; Hefs  und  Andere 
beschäftigten  sich  nur  beiläufig  damit,  und  die  von  ihnen  geäufserten  Mei- 
nungen über  die  Natur  des  Wachses  stützen  sich  auf  .einige  in  der  Ana- 
lyse erhaltenen  Zahlenresulfate , welche,  wie  sich  von  selbst  versteht, 
über  das  ungleiche  Verhalten  zum  Alkohol  und  zum  Kali  keinen  Aufschlufs 
zu  geben  fähig  sind. 

Das  Wachs  in  den  Bienenzellen  ist  vveifs , nicht  gelb,  und  in  dem 
Blüthenstaube  der  Pflanzen  in  dem  Zustande  einer  grofseren  Vertheilung 
der  Luft  preisgegeben,  als  diefs  auf  dem  mechanischen  Wege  des  ßänderns 
beim  Bleichen  geschehen  kann.  Wenn  es  also  fähig  ist  Sauerstoff  an  der 
Luft  aufzuuehinen , so  kann  man  anuehmen,  dafs  es,  von  den  Bienen  ge- 
sammelt, damit  gesättigt  ist.  Aus  dem  Umstand  nernlich , dafs  Aether  aus 
dem  gelben  Wachse  eine  Substanz  auszieht,'  welche  identisch  in  ihrer  Zu- 
sammensetzung mit  dem  Rückstände  ist,  schliefst  Hefs , dafs  es  kein  Ge- 
menge von  zwei  in  ihren  Eigenschaften  verschiedenen  Materien,  sondern 
eine  einfache  Substanz  sey,  welche  keine  Margarinsäure  enthalte;  allein 
wenn  das  Wachs  Margarinsäure  in  Verbindung  mit  Cerain  enthält,  so  ist 
es  schwer,  sich  eiue  Vorstellung  zu  machen,  wie  man  durch  Behandlung  , 
mit  Aether  die  Abwesenheit  der  Margarinsäure  beweisen  kann. 

Es  ist  als  völlig  entschieden  zu  betrachten,  dafs  das  gewöhnliche  Bie- 
nenwachs ein  Gemenge  in  sehr  ungleichen  Verhältnissen  von  zwei  Sub- 
stanzen ist,  von  denen  sich  die  eine  leicht,  die  andere  sehr  schwer  in 
Alkohol  löst,  und  es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dafs  es  Wachs  giebt, 
welches  nur  den  einen  oder  den  andern  dieser  beiden  Körper  enthält. 

Eine  Sorte  Wachs,  welche  Bostock  untersuchte,  löste  sich  vollständig 
in  weniger  als  20  Th.  Weingeist;  nach  Boullay  ist  es  in  20,6  Th.  und 
nach  Chevreul  erst  in  50  Th.  siedendem  Weingeist  von  0,816  spec.  Ge- 
wicht löslich. 

Nach  Buckholz  und  Brandes  enthält  das  gelbe  Wachs  9/10  in  Alkohol 
lösliche  Theile  (Cerin) , nach  Boudet  und  Boissenot  70  Th.  Cerin , und  das 
von  Hefs  untersuchte  hinterlielk  9/iq  in  Alkohol  unlösliche  Materie  (Myri- 
cin).  Während  Hefs  aus  dem  Rückstände  des  mit  Aether  behandelten 
Wachses  80,79  — 80,84  p c.  Kohlenstoff  durch  die  Analyse  bekam,  er- 
hielt er  aus  dem  von  ihm  dargestellten  Myricin  in  3 Analysen  81,38  bis 
81,52  p.  c.  Kohlenstoff.  Der  Alkohol  hatte  hiernach  eine  Materie  ausge- 
zogen, welche  mehr  Sauerstoff  enthielt  als  der  unlösliche  Rückstand,  eine 
Substanz,  die  der  Aether  zurückliefs.  Ettling  erhielt  in  der  That  durch 
die  Analyse  des  Cerins  (des  in  Alkohol  löslichen  Bestandteils)  78,8642 
Kohlenstoff,  13,4887  Wasserstoff  und  7,6470  Sauerstoff,  und  durch  die 
Analyse  des  Myricins  81,1517  — 80,0136  Kohlenstoff,  13,7505  — 13,8485 
Wasserstoff  und  5,0978  — 6,1379  Sauerstoff. 

Chevreul  behandelte  Bienenwachs,  welches  bei  64°  zu  gestehen  anfing 
und  bei  62,75°  fest  wurde,  mit  Kalilauge  und  erhielt  34,6  p.  c.  eines 
Säuregemenges,  welches  aus  Margarin-  und  Oelsäure  zu  bestehen  schien, 
und  56^7  p.  c.  einer  nicht  sauren  unverseiften  Substanz,  welche  bei  74,75° 
fest  würde,  beide  zusammen  geben  101,3  feste  Substanz,  und  diese  Ge- 
wichtszunahme beweist  offenbar,  dafs  hier  eiue  wirkliche  Verseifung 
sfcattgefuuden  hat. 


Wachs, 


1029 


Das  aus  Cerin  durch  Verseifung  mit  Kali  erhaltene  Cerain  gab  in  der 
Analyse  80,4387  Kohlenstoff,  13,7485  AAAasserstofF  und  5,8131  Sauerstoff 
es  hat  alscr  die  nemliche  Zusammensetzung  wie  das  Mvririn  \ ’ 

Das  Wachs  der  Kohlblätter  gesteht  bei  75%  mit  Alkalien  behandelt 
wird  es  nicht  verseift  (Cherreul),  es  verhält  sich  mithin  genau  wie  der 
Rückstand  des  verseiften  Bienenwachses  und  wie  das  Myricin  Das  w« h 
der  Myrica  cerifera  schmilzt  bei  49°  und  giebt  bei  seiner  Verseif.l™ 
Talgsäure,  Margarin-  und  Oelsäure  neben  Glyceryloxidhvdrat  Alle  ihr?- 
gen  Arten  von  den  Substanzen,  die  man  mit  Wachs  bezeichnet 
sich  zwischen  beiden  zuletzt  genannten  klassificiren  , es  sind  Gement J £ 
den  mannigfaltigsten  Verhältnissen  von  unverseifbaren  mit  verseifhare» 
Materien.  ^ Ddren 

, ..  Al1®  Arten  Wachs  sind  in  flüchtigen  und  fetten  Oelen  löslich:  in 
fetten  Oelen  gelost  giebt  das  Bienenwachs  salbenartige  Massen,  Cerate . 

Destillationsprodukte  des  Bienenwachses. 

Bei  der  Destillation  des  gebleichten  Bienenwachses  erhält  man  a i« 
Kub"rgeheUdes  PrKodukt  eine  weifse  ^ste  harte  Masse,  die  ,og 
Wachsbutter,  spater  geht  ein  flüssiges  mit  Kristallblättchen  gemengtes  ofi 
über,  wahrend  im  Rückstände  eine  schwarze  elastische,  etwas  lederartige 
in  Alkalien  unlösliche  Masse  bleibt,  die  bei  fortgesetzter  Erhitzung  flüch" 
tiges  Oel  liefert  und  Kohle  hinterläfst.  g nucü 

Wachsbutter  giebt  mit  verdünnter  Kalilösung  erwärmt  eiuen  bräun 
liehen  Seifenleim,  auf  dessen  Oberfläche  sich  in  der  Wärme  eine  klarl 

o artige  Flüssigkeit  sammelt,  die  beim  Erkalten  zu  einer  weiften  krisfalü 
nischen  Masse  erstarrt.  v «nstaiii- 

Das  Alkali  nimmt  hierbei  aus  der  Wachsbutter  eine  fette  Säure  auf 
welche  mit  Salzsaure  abgeschieden,  nach  mehrmaliger  Kristallisation  aus 
Alkohol  warzenförmige  weifte,  fettig  anzufühlende  Kristalle  von  »erimim 
Glanze  darstellt,  die  bei  54°  schmelzen  und  bei  52,3°  erstarren  "lli.  'Z 
sammensetzung  dieser  Säure  ist  unbekannt.  / l" 

.®‘®  ®uf.  ‘'er  aus  Wachsbutter  erhaltenen  Seife  sebwinnnende  uuver 
seifbare  Jiubstauz  knstallisirt  aus  helft  gesättigtem  Alkohol  in  blendend 
weiße»  Spiesdhen  und  Blättchen,  welche  getrocknet  atlasglänzend  sind 
und  bei  53  zu  einem  durchsichtigen  Oele  schmelzen,  welches  bei  43°  ™ 
einer  kristallinischen  Masse  erstarrt.  Seiner  Zusammensetzung  und  allen 
seinen  Eigenschaften  nach  ist  dieser  Körper  identisch  mit  Paraffin  ' 
Wwd  die  Wachsbutter  wiederholten  Destillationen  unterworfen 
verliert  sie  immer  mehr  ihre  feste  Beschaffenheit  und  liefert  i's  1, 
Produkt  ein  gelbliches  dünnflüssiges  Oel,  weiches  eine  fette  s'ii.rs  D** 
raffln  und  einen  gelblichen  Farbstoff  enthält,  von  welchem  ei  leicht  tlnrlh 
Rectifikation  über  etwas  Kalihydrat  gereinigt  werden  kann  ; es  siedet  m 
diesem  Zustande  bei  187“,  besitzt  ein  spec.  Gewicht  von  0,7503  und  die 
nemliche  Zusammensetzung  wie  das  ölbildende  Gas.  Mit  concemrirt« 
Schwefelsäure  färbt  es  sich  carminrotli,  beim  Erwärmen  schwwz  lu 
Chlorwasserstoffsaure  scheint  es  eine  Verbindung  einzugellen  9 

lmhiül1  der  Df;Stil!iltir  des  Wachses  bemerkt  man  unter  den  Produkten 
kohlensaures  Gas,  aber  weder  Akrolein  noch  Fettsäure.  (Ett/inai 

Das  Bienenwachs  wird  zuweilen  verfälscht,  z.  B.  mit  Harz  Frh.o» 
D^ehl,  Schwefelpulver  u,  s.  w.  Mit  wässerigem  AVein^eist  läfsfc  sirh  ria«- 
zenZnhUS  Fehe°v  dj,®  bei^emeDSten  Substanzen  scheiden  ^sich  beim  Schmel- 
®e"  \ E?C  XerlaIschuo^  mit  TaI^  läfst  sich  an  der  weicheren  Ss 

stenz  ^ der  leichteren  Schmelzbarkeit  und  an  dem  Fettsäure*eImP  des  De 
stülates  leicht  erkennen.  - In  der  Pbarmacie  wird  es  zu  Salben  Pflasfer" 
Wachsschwanim , AVacbspapier  u.  s.  w.  verwendet.  De  ? 4 ßaster? 

Wachsähnliche  Substanzen  aus  dem  Pflanzenreich  sind  ferner : 

vn»  SOgenannie  JaPflische  Wachs  oder  Baumwachs , aus  den  Früchten 
Uhus  succedanea  L.  erhalten,  kommt  seit  Kurzem  aus  Ostindien, 


Wachs. 


1030 

Fälschlich  glaubte  man  auch,  es  käme  aus  Amerika  und  nannte  es  ame- 
rikanisches Wachs.  — Eine  dem  weifsen  Wachs  sehr  ähnliche  Masse;  hat 
eine  blalsgelblichweifse  Farbe,  ist  durchscheinend,  überzieht  sich  mit  der 
Zeit  mit  einem  weifslichen  Hauch.  Seine  Cpnsistenz  ist  fast  wie  die  des 
weifsen  Wachses,  jedoch  ist  es  etwas  brüchiger  und  weicher,  fühlt  sich 
auch  mehr  fett  an  als  Wachs,  riecht  und  schmeckt  etwas  rancid ; spec. 
Gewicht  0,97;  beim  Kauen  zertheilt  es  sich  zu  einem  körnigen  Pulver; 
schmilzt  bei  40°  R.  und  erstarrt  bei  34°.  Löst  sich  leichter  und  vollstän- 
dig in  Alkohol , eben  so  in  Aether.  Mit  Alkalien  saponificirt  es  sich  leicht 
und  wird  gröfstentheils  in  Margarinsäure , oder  eine  ähnliche  Säure , ver- 
wandelt. Besteht  nach  Oppermann  aus  72,8788  Kohlenstoff,  12,0297 
Wasserstoff  und  15,0915  Sauerstoff.  — Man  kaun  diese  Wachsart  wie 
Bienenwachs  zum  Theil  zu  Salben  und  Pflaster  benutzen;  wegen  der  mei- 
stens ranciden  Beschaffenheit  taugt  es  aber,  ohne  vorherige  Reinigung, 
nicht  zu  feinen  Salben.  Als  Brennmaterial  ersetzt  es  das  Wachs  nicht, 
denn  es  brennt  noch  schlechter  als  Talg,  wahrscheinlich  wegen  seinem 
bedeutenden  Gehalt  an  Sauerstoff.  (Vergl.  auch  Magaz.  für  Pharmac. 
Bd.  35.  S.  57.) 

Wachs  des  nordamerikanischen  Wachsbaums  (Myrica  cerifera  u.  a.). 
Wird  erhalten  durch  Anskochen  der  reifen  Früchte  mit  Wasser.  Das 
Wachs  schwimmt  oben  auf  und  wird  durch  Umschmelzen  gereinigt.  — 
Grünliches,  durchscheinendes  Wachs,  kann  durch’s  Sonnenlicht  ganz  ge- 
bleicht werden ; fest  und  brüchig  in  der  Kälte , so  dafs  es  sich  pulvern 
läfst ; spec.  Gewicht  = 1 ; schmilzt  bei  34°  R. ; besteht  nach  John  aus 
6,6  Cerin  und  1 Myricin.  Nach  Chevreul  besteht  es  aus  Talg  und  grünem 
Harz,  und  bildet  bei  der  Saponification  Talg-,  Margarin-  und  Oelsäure, 
so  wie  Oelsüfs.  (Vergl.  auch  Magaz.  für  Pharm.  Bd.  8.  S.  83.)  — Kann 
wie  das  vorhergehende  benutzt  werden. 

Die  Wachsarten  aus  andern  Pflanzen,  z.  B.  aus  Croton  sebiferum,  Ce- 
lastrus  ceriferus,  Pe-ld  (Magaz.  für  Pharm.  Bd.  11.  S.  129),  und  Pal - 
menwachs,  aus  Ceroxylon  Andicola  (Magaz.  f.  Pharmac.  Bd.  23.  S.  194), 
sind  nicht  bei  uns  in  Apotheken  gebräuchlich.  Die  Milch  des  Kuhbaums 
enthält,  nach  Marchand , kein  Wachs,  sondern  zwei  Harze,  von  einer 
dem  Camphoröl  ähnlichen  oder  gleichen  Zusammensetzung  und  einen  kaut- 
schuckähulichen  Stoff,  von  der  Formel  C20  H66  05.  Manche  haben  zum 
Theil  mehr  harzartige  Beschaffenheit.  — Dahin  gehört  auch 

das  Stopfwachs , Bienenharz  ( Propolis').  Dieses  ist  die  Substanz, 
womit  die  Bienen  die  Risse  der  Korbe  überziehen,  um  das  Licht,  Luft  u. 
s.  w.  abzuhalten.  Eine  braungelbe,  zähe,  klebrige  Substanz,  die  nach 
Storax  riecht.  Besteht  nach  Vauquelin  aus  3 Theilen  Harz  und  1 Theil 
Wachs  und  Unreinigkeiten.  — Wurde  ehedem  zu  Pflaster  und  Salben  ge- 
braucht. 

Cerosin.  Formel:  C43  H100  0*  ~ C48  H96 , H4  02  f Dumas).  — Auf 
der  Oberfläche  des  violetten  und  anderer  Zuckerrohrarten  scheidet  sich 
eine  weifse  oder  graugrüne  wachsartige  Materie  ab , die  entweder  durch 
Abschaben  oder  beim  Erhitzen  des  Saftes  zum  Sieden,  wo  sie  sich  mit 
dem  Schaum  oben  abscheidet,  gesammelt  werden  kann  Sie  wird  durch 
Umkristallisiren  aus  Alkohol  gereinigt.  — Das  Cerosin  bildet  feine,  perl- 
mutterglänzende, sehr  leichte  Blättchen,  welche  Papier  nicht  beflecken, 
zwisqhen  den  Fingern  nicht  weich  werden  und  sich  leicht  zu  einem  weis-< 
sen  Pulver  zerreiben  lassen.  Es  schmilzt  bei  82°  C.,  wird  bei  80°  wieder 
fest,  von  0,961  spec.  Gewicht  bei  10°,  geruchlos,  erleidet  durch  Kochen 
mit  Kali  keine  Veränderung  und  verändert  sich  nicht  an  der  Luft.  Es  ist 
fast  unlöslich  in  Wasser  und  kaltem  Alkohol,  völlig  löslich  in  kochen- 
dem, damit  beim  Erkalten  eine  opodeldockähnliche  Masse  bildend.  Unlös- 
lich in  kaltem  und  schwerloslich  in  heifsem  Aether.  fAvequin.) 

Cerainsäure.  Die  bei  Behandlung  der  Waizenstärke  mit  Salpetersäure 
bei  der  Darstellung  der  Oxalsäure  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  sich 
ausscheidende  wachsartige  Substanz  ist  von  Hefs  mit  dem  Namen  Cerain - 

I 


Chelidoii“  und  Caincasäure 


1031 


säure  belegt  worden;  er  fand , dafs  sie  sich  leicht  mit  Alkalien  zu  einer 
Seife  verbindet,  die  durch  Säuren  zersetzt  wird;  sie  ist  löslich  in  Alkohol 
und  Aether.  Nach  einer  Analyse  enthält  diese  Substanz  73,37  Kohlen- 
stoff, 13,14  Wasserstoff  und  14,49  Sauerstoff, 

Anhang. 

Nicht  oder  weniy  untersuchte  organische  Säuren . 

Chelidonsäure , ScTiöllsäure.  Von  Probst  in  dem  Kraut  und  der  Wur- 
zel von  Chelidonium  majus  entdeckt.  — Zu  ihrer  Darstellung  zieht  man 
die  frisch  getrocknete  Pflanze  mit  natronhaltigem  Wasser  aus,  übersättigt 
das  klare  Filtrat,  oder  auch  den  geklärten  ausgeprefsten  Saft  mit  Salpe- 
tersäure und  fällt  mit  salpetersaurem  Bleioxid.  Der  mit  etwas  verdünnter 
Salpetersäure  gewaschene  Niederschlag  wird  mit  Schwefelnatrium  zersetzt, 
mit  dem  Schwefelblei  und  Thierkohle  aufgekocht,  das  überschüssige  Schwe- 
felnatrium durch  eine  Säure  zerlegt  und  das  verdampfte  Filtrat  kalt  mit 
Schwefelsäure  gefällt.  Durch  wiederholtes  Umkristallisiren  erhält  man  die 
Säure  rein.  — Sie  bildet  kleine,  farblose,  stark  saure,  geruchlose,  an  der 
Luft  verwitternde,  nicht  flüchtige  Kristalle.  Löst  sich  in  166  Th.  Wasser 
b>ei  8°,  in  709  Th.  75procentigem  Alkohol  bei  32°  und  in  26  Th.  kochen- 
dem Wasser.  Die  wässerige  Lösung  wird  durch  überschüssiges  Kalkwasser 
in  der  Hitze,  ferner  durch  Blei-,  Quecksilber-  und  Silbersalze  weifs 
gefällt. 

Die  Chelidonsauren  Alkalien  sind  leicht  löslich,  kristallisirbar;  chelidon- 
saurer  Baryt,  Kalk  und  Strontian  sind  schwer  löslich,  chelidonsäure  Bit- 
tererde ist  in  79  Th.,  -Zinkoxid  in  146  Th.  Wasser  löslich;  das  bei  100® 
getrocknete  Silbersalz  enthält  56,5  p.  c.  Silberoxid.  C Probst .) 

Die  Säure  enthält  nach  einer  damit  angestellten  Analyse,  die  indessen 
wiederholt  werden  mufs,  38,17  Kohlenstoff,  2,22  Wasserstoff  und  59,61 
Sauerstoff,  was  nahezu  der  Formel  C?  H4  06  entspräche.  Jedenfalls  be- 
sitzt diese  Säure  eine  Zusammensetzung  , welche  der  in  derselben  Pflan- 
zenfamilie vorkommenden  Meconsäure  verwandt  ist.  — Das  Silbersalz  gab 
als  Atomgewicht  der  Säure  die  Zahlen  1068, . . und  1059. 

Caincasäure  C Acidum  caincicum').  Synon. : Caincabitter  (^Cainca- 
niurti).  Formel:  C8  H14  04  (?)  CJ-  h.).  — Von  Francois,  Pelletier  und 
Caventou  entdeckt.  — Findet  sich  in  der  Caincawurzel  (von  Chiococca 
racemosa  L. , Ch.  densifolia  und  Ch.  anguifuga  Mart.).  Man  erhält  sie, 
indem  man  den  alkoholischen  Auszug  der  Wurzel  verdampft,  den  Rück- 
stand mit  Wasser  in  der  Siedhitze  behandelt  und  die  Flüssigkeit  mit  soviel 
Kalkmilch  versetzt,  bis  sie  nicht  mehr  bitter  schmeckt.  Das  niedergefal- 
lene basische  Kalksalz  zerlegt  man  durch  Kochen  mit  einer  alkoholischen 
Lösung  von  Kleesäure;  aus  dem  Filtrat  setzen  sich  Kristalle  von  Cainca- 
säure ab.  Oder  man  fällt  die  concentrirte  wässerige  Abkochung  der  Wur- 
zel mit  Bleiessig,  behandelt  den  gewaschenen  Niederschlag  kochend  mit 
schwefelsäurehaltigem  Alkohol  und  verdampft. 

Die  Caincasäure  kristallisirt  in  kleinen  w’eifsen,  büschelförmig  ver- 
einigten Nadeln,  ist  geruchlos,  anfangs  fast  geschmacklos,  später  sehr  un- 
angenehm bitter  und  scharf.  Sie  ist  luftbeständig,  sublimirt  beim  Erhitzen 
(heilvveise , mit  Rticklassung  von  Kohie.  Sie  löst  sich  in  600  Th.  Wasser 
und  in  ebensoviel  Aether,  leichter  in  Alkohol;  die  Auflösungen  röthen 
Lackmus.  Salzsäure  oder  Salpetersäure  lösen  sie  leicht  und  verwandeln 
! sie  schon  in  der  Kälte  in  eine  Gallerte,  welche  beim  Verdünnen  mit  Was- 
ser weifse  Flocken  fallen  läfst,  die  nach  dem  Auswaschen  geschmacklos 
und  in  Wasser  unlöslich  sind.  Von  Schwefelsäure  wird  sie  zersetzt;  in 
Essigsäure  ist  sie  ohne  Veränderung  löslich.  Das  Caincasäurehydrat  ent- 
hält 9 p.  c.  Wasser,  welches  in  ihren  Salzen  durch  die  Base  ersetzt  wird. 
Die  cainqisauren  Alkalien  sind  unkristallisirbar , leichtlöslich  in  Wasser 
und  Weingeist  und  schmecken  bitter.  Säuren  schlagen  aus  ihren  Auflö- 
sungen die  Säure  nieder. 


1082 


Kramer-  und  Schwammsäure. 


Kramersäure  ( Acidum  Cramericum).  Zuerst  von  Peschier  beschrie- 
ben. Sie  findet  sich  in  dem  käuflichen  amerikanischen  Ratanhiaextract. 
Aus  mehreren  im  Handel  vorkommeuden  Arten  der  Ratanhiawurzel 
meria  triandra')  konnte  die  Säure  nicht  erhalten  werden.  Aus  dem  in 
Wasser  gelösten  Extract  oder  aus  der  Abkochung  von  einer  diese  Säure 
enthaltenden  Wurzel  wird  durch  Leim  und  Eisenvitriol  der  Gerbestoff,  der 
Farbstoff  und  die  Gallussäure  niedergeschlagen.  Das  überschüssige  Eisen 
wird  durch  Kalkerde  gefällt.  Die  Flüssigkeit  enthält  nun  kramersaure 
Kalkerde , die  man  durch  kohlensaures  Kali  zersetzt.  Eine  andere  Berei- 
tungsart besteht  darin,  dafs  man  die  vom  Gerbestoff/  befreite  kochende 
Flüssigkeit  mit  kohlensaurem  Baryt  sättigt,  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
versetzt,  so  lange  ein  Niederschlag  entsteht  und  noch  heifs  filtrirt.  Beim 
Erkalteu  kristallisirt  kramersaure  Baryterde.  Das  auf  die  beschriebene 
Weise  dargestellte  Baryt-  oder  Kalisalz  wird  mit  essigsaurem  Bleioxid  ge- 
fällt und  aus  dem  Niederschlag  durch  Schwefelwasserstoff  die  Kramersäure 
geschieden.  Man  dampft  die  Flüssigkeit  bis  zur  Syrupsconsistenz  ab,  wor- 
aus beim  Stehen  allmählig  die  Säure  in  kleinen  luftbeständigen  Kristallen 
anschiefst.  Sie  hat  einen  sauren  zusammenziehenden  Geschmack  und  ist 
nicht  flüchtig.  Die  Säure  ist  bemerkenswert  durch  ihr  Verhalten  zu  Baryt. 

Das  Kali-,  Natron-  und  Ammoniaksafz  kristallisiren , das  Barytsalz 
bildet  sehr  kleine  biegsame  Kristalle,  in  Alkohol  ist  es  unlöslich  und  nur 
von  600  Th.  kochendem  Wasser  wird  es  gelöst.  Weder  durch  Schwefel- 
säure noch  durch  schwefelsaure  Salze,  wohl  aber  durch  kohlensaure  wird 
'diese  Lösung  gefällt.  Die  Säure  hat  die  bemerkenswerthe  Eigenschaft,  der 
schwrefelsaureu  Baryterde  den  Baryt  zu  entziehen.  Das  basische  Barytsalz 
ist  in  450  Theilen  Wasser  löslich. 

Kaffeesäure  und  Kaff eeg  erb  säure ; von  Runge  entdeckt,  nachher  von 
Pfaff  untersucht.  Sie  werden  erhalten,  wenn  man  das  Kaffeedecoct  mit 
essigsaiirem  Blei  versetzt,  wodurch  kaffeesaures  und  kaffeegerbsaures  Blei 
gefällt  wrird.  Man  scheidet  durch  Schwefelwasserstoff  das  Blei  ab,  ver- 
dampft die  Flüssigkeit  zur  Syrupsconsistenz  und  vermischt  sie  mit  einer 
gleichen  Menge  Alkohol,  wodurch  Kaffeesäure  als  weilses  Pulver  abge- 
schieden wird,  während  die  Kaffeegerbsäure  darin  gelöst  bleibt.  Durch 
Lösen  in  Wasser  läfst  sich  die  Kaffeesäure  von  den  damit  gemengten  un- 
löslichen Salzen  trennen.  Ihre  Verbindungen  mit  den  Alkalien  kristalli- 
siren nicht  und  sind  von  rein  brauner  Farbe.  Baryt  und  Kalk  geben  damit 
gelbe,  in  Salpetersäure  lösliche  Niederschläge.  Ihre  bemerkenswertheste 
Eigenschaft  ist,  dafs  sie  bei  ihrer  Zersetzung  in  der  Hitze  den  dem  ge- 
brannten Kaffee  eignen  aromatischen  Geruch  verbreitet. 

Die  Kaff  eeg  erb  säure  ist  in  Wasser  und  Alkohol  in  allen  Verhältnissen 
löslich.  Sie  gehört  zu  den  Gerbsäuren,  welche  Eisensalze  grün  fällen. 
Kupferoxidsalze  werden  dadurch  pistaziengrün  gefällt ; dieser 'Niederschlag 
lost  sich  in  Ammoniak.  Mit  den  Erden  giebt  sie  gelbgefärbte,  in  Wasser 
unlösliche  Verbindungen.  Durch  Salpetersäure  wird  sie  in  Oxalsäure  ver- 
wandelt. 

Boletsäure  ( Acidum  boleticum).  — Von  Braconnot  im  Boletus  pseudo- 
igniarius  entdeckt.  Behandelt  man  den  verdampften  Saft  des  Schwamms 
mit  Alkohol,  so  hinterbleibt  ein  weifser  Rückstand,  der  nach  dem  Auf- 
lösen in  Wasser,  Fällen  mit  salpetersaurem  Bleioxid  und  Zersetzen  des 
Niederschlags  mit  Schwefelwasserstoff,  die  Boletsäure  liefert.  — Kristal- 
lisirt in  farblosen,  vierseitigen  Nadeln,  von  saurem,  dem  Weinstein  ähn- 
lichen Geschmack,  reagirt  stark  sauer  und  ist  fast  unzersetzt  sublimirbar; 
löst  sich  in  180  Th.  Wasser  von  20°,  in  45  Th.  Alkohol.  Fällt  Eisenoxid 
vollkommen  aus  seinen  Auflösungen. 

Schwammsäure  f Acidum  fuvgicum ).  — Kommt  nach  Braconnot  in 
den  meisten  Schwämmen  vor;  im  freien  Zustande  in  Peziza  nigra,  an  Kali 
gebunden  in  Hydnum  hybridum.  Boletus  juglandis,  B.  pseudoigmarius, 
Merulius  cantharellus  u.  s.  w. ; wird  auf  ähnliche  Art  wie  die  Boletsäure 
dargestellt.  Die  Säure  ist  farblos,  stark  sauer,  zerflielslich , nicht  krb- 
stallisirbar. 


Aetherische  Oele, 


1033 

Tamcetsäure.  — Nach  Peschier  enthalten  die  Blüthen  von  Tamcetum 
vulgare  eine  in  Wasser  lösliche,  in  Nadeln  kristallisirende  Säure,  welche 
Baryt-,  Kalk-,  Blei-,  Silber-,  Zink-  und  Quecksilberoxidulsalze  fällt 

Lactucasäure.  Die  von  Pfaff  im  Safte  von  Lactuca  virosa  als  eieen- 
thumlich  angenommene  Saure  ist,  nach  Versuchen  von  II«/;..  Kleesäure 

Atropasüure.  Von  Richter  in  der  Atropa  Belladonna  entdeckt,  worin 
sie,  mit  Atropin  verbunden,  enthalten  seyn  soll.  Er  erhielt  sie . indem 
er  dm  bm  seiner  Bereitung  des  Atropins  resultirende  ammoniakalische  Flüs- 
sigkeit durch  Verdampfen  und  Zusatz  von  Kali  von  dem  Ammoniak  hei 
freite,  mit  Thierkohle  entfärbte  und  das  atropasaure  Kali,  nach  dem  Ver- 
dampfen zur  Trockne,  mit  verdünnter  Schwefelsäure  zersetzte,  wo  die 
Atropasaure  knstallisirte.  Sie  war  flüchtig.  Ihre  Eigenthiimlichkeit  Ist 
noch  nicht  naher  dargethan. 

Cocogninsäure.  - In  den  Saamen  von  Daphne  Gnidium.  Man  erhält 

daaa!?'  !?d/m^an  das  weingeis«ge  Extract  der  Saamen 
mit  Wasser  behandelt  und  das  Filtrat  verdunstet.  Sie  kristallisirt  in  farb- 
losen, vierseitigen,  eigentümlich  säuerlich  schmeckenden  Prismen. 

Solaninsäure,  soll  nach  Peschier  in  allen  Solanenarten  Vorkommen. 

Coniinsaure  im  Conium  maculatum  L.;  andere  problematische  Säuren 
smu  noch  z 

Ahornsäure,  in  Acer  campestre  L.,  und  Maulbeerholzsäure,  China- 
novasaure, Memspermsäure , Seidenwurmsäure  etc. 

Anemonsäure , Saponsäure  u.  s.  w.  siehe  bei  Anemonin,  Saponin  u s.  w. 


Aetherische  Oele. 

Durch  Destillation  einer  grofsen  Anzahl  von  Pflanzenstoffen  mit  Was- 
ser erhalt  man  die  ätherischen  Oele;  es  sind  diefs  mehr  oder  weniger 
fluchtige,  m Wasser  wenig  lösliche  Flüssigkeiten,  welche  mehrentheils  den 
ganzen  Geruch  des  Pflanzenstoffs  besitzen , gewöhnlich  farblos  und  zu- 
weilen eigentümlich  gefärbt  sind;  sie  sind  leicht  entzündlich,  brennen  mit 
stark  leuchtender  rufsender  Flamme  und  erleiden  durch  die  Einwirkung 
des  Wassers  und  der  Luft  besondere  Veränderungen. 

Diesen  Körpern  ähnlich  sind  gewisse  andere  Verbindungen , die  durch 
zerstörende  Destillation  von  Pflanzen  und  Thiersubstanzen  entweder  für 
sich  allein  oder  mit  Zusatz  von  Kalk  und  starken  Basen  erzeugt  werden« 
es  sind  diefs  die  sogenannten  brenzlichen  oder  empyreumatischen  Oele , die 
man  ihrer  Beschaffenheit  und  Eigenschaften  wegen  zu  dieser  Klasse  rech- 
net;  die  letzteren  werden  als  Produkte  der  Zersetzung  der  Pflanzen-  und 
Thierstoffe  beschrieben  werden. 

Manche  ätherische  Oele  Anden  sich  fertig  gebildet  in  Pflanzentheilen 
wie  in  den  Citronen-  und  Pomeranzenschalen,  aus  denen  sie  durch  blofses 
Auspressen  schon  erhalten  werden  können,  andere  fliefsen  aus  Bäumen 
“ Ve™indung  mit  Harzen , als  sogenannte  Balsame  aus.  Es  ist  von  an- 
dern fluchtigen  Oelen  bewiesen  worden , dafs  sie  durch  eine  eigentümliche 
Art  von  Umsetzung  aus  zwei  oder  mehreren  nicht  flüchtigen  Materien  erst 
beim  Zusammenbringen  der  Pflanzenstoffe  mit  Wasser  gebildet  werden. 
Dahin  gehören  das  ätherische  Oel  der  bittern  Mandeln  und  des  Senfs  und 
ane  durch  den  Act  der  Gährung  und  Fäulnifs  erzeugte  flüchtige  und  öl- 
artige  riechende  Materien.  (Siehe  Amygdalin.)  Vollkommen  geruchlose 
nanzen,  z.  B.  das  Kraut  von  Centaurium  minus,  geben,  mit  Wasser  der 
Gahrung  überlassen,  bei  der  Destillation  durchdringend  riechende  ätherische 
ueie  (Fuselöle);  das  ätherische  Oel  der  Spiraea  ulmaria  kann  mit  allen 
„®K Eigenschaften  durch  einen  Oxidationsprocefs  aus  Salicin  künstlich 
nna  we.rden  , und  durch  Processe  ähnlicher  Art  erhält  man  aus  Stärke 
und  Sagespauen,  wenn  sie  mit  Braunstein  und  Schwefelsäure  der  Destilla- 

Geigert  Pharmacia.  I,  ( Bte  Jiufl.) 


1034 


A etherische  Oele. 

tion  unterworfen  werden,  neben  Kohlensäure  und  Ameisensäure  stark  rie- 
chende, den  flüchtigen  Oelen  in  allen  ihren  Eigenschaften  vollkommen 
ähnliche  Flüssigkeiten. 

Bei  vielen  riechenden  Pflanzenstoffen , wie  bei  den  Lindenblüthen  und 
Jasmin,  kann  man  das  riechende  Princip  mit  fetten  Oelen  und  Aether 
ausziehen;  allein  durch  Destillation  mit  Wasser  erhält  man  daraus  kein 
Oel,  entweder  weil  es  durch  Berührung  mit  Wasser  in  höherer  Tempo-, 
ratur  verändert  wird,  oder  in  Wasser  so  auflöslich  ist,  dafs  seine  Ab- 
scheidung nicht  gelingt.  Bei  manchen,  die  zur  letzteren  Klasse  gehören, I 
läfst  sich  sehr  häufig  das  ätherische  Oel  gewinnen  , wenn  das  über  den 
PflanzenstofF  abdestillirte  Wasser  mit  Koclisalz  gesättigt  wird. 

Sehr  viele  ätherische  Oele  enthalten  feste  kristallinische  Verbindungen,  j 
sogenannte  Stearoptene,  in  Auflösung,  welche  bei  vielen,  namentlich  bei  1 
dem  Lavendelöl  und  Baldrianöl , reiner  Camphor  sind;  andere  sind  Gemenge i 
von  flüssigen,  flüchtigen  ölartigen  Säuren  mit  indilFerenten  Oelen;  manche* 
enthalten  StickstofFverbindungen,  wie  Blausäure  und  Ammoniak. 

Ihrem  specifischen  Gewichte  nach  unterscheidet  man  flüchtige  Oele,) 
welche  im  Wasser  zu  Boden  sinken,  schwere , von  andern,  die  auf  dem 
Wasser  schwimmen,  leichte,  ätherische  Oele. 

Ihrer  Zusammensetzung  nach  unterscheidet  man  sie  in  sauerstofffreie 
und  sauerstoffhaltige.  Bei  allen  bis  jetzt  untersuchten  sauerstofFfreien] 
ätherischen  Oelen  hat  sich  das  merkwürdige  Resultat  herausgestellt,  dafs 
sie  einerlei  Verhältnis  Kohlenstoff  und  Wasserstoff,  ausdrückbar  durch 
die  empirische  Formel  C10  H16,  enthalten;  sie  besitzen  bei  sehr  ungleichen 
Eigenschaften  eine  gleiche  Zusammensetzung. 

Unter  den  sauerstoffhaltigen  Oelen  hat  man  bis  jetzt  keine  Beobach- 
tungen gemacht,  die  sie  mit  einander  in  bestimmte  Beziehungen  bringen 
könnten;  es  sind  diefs  meistens  Gemenge  von  mehreren  Oelen,  die  sich, 
wenn  sie  sich  einander  gleich  verhalten,  nicht  von  einauder  trennen  las- 
sen, und  wenn  sie  ungleich  flüchtig  sind,  so  gelingt  es  wohl,  den  minder 
flüchtigen  Theil  in  reinem  Zustande  darzustellen,  allein  der  flüchtigere 
Theil  ist  stets  mit  dem  minder  flüchtigen  gemengt  und  die  Kenntnifs  seiner 
Zusammensetzung  deshalb  w'erthlos. 

Alle  ätherische  Oele  sind  mischbar  in  jedem  Verhältnis  mit  Alkohol 
(wasserfreiem  Weingeist),  sie  lösen  sich  in  verdünntem  um  so  leichter! 
und  in  um  so  gröfserer  Menge  auf,  je  mehr  Sauerstoff  sie  in  chemischer 
Verbindung  enthalten;  sie  lösen  sich  in  geringer  Menge  im  Wasser  auf , i 
dem  sie  ihren  Geruch  ertheilen  (destillirte  Wasser).  Die  über  riechende  : 
Pflanzenstoffe  destillirten  Wasser  werden,  wenn  sie  fremde  veränderliche 
Substanzen  enthalten,  leicht  schleimig  und  verlieren  ihren  Geruch  durch 
die  Veränderung,  welche  das  aufgelöste  Oel  erleidet;  alle  diese  leicht 
veränderlichen  destillirten  Wasser  werden  in  verschlossenen  Gefäfsen 
haltbar,  wenn  sie  frisch  bereitet  zum  z weitenmale  destillirt  werden. 

Der  Geruch  selbst,  den  die  ätherischen  Oele  besitzen,  scheint  in  einer 
ganz  bestimmten  Beziehung  zu  der  Veränderung  zu  stehen  , die  sie  im  All- 
gemeinen durch  Berührung  mit  Luft  erfahren.  Die  meisten  davon  nehmen 
aus  der  Luft  Sauerstoff  auf,  und  diejenigen  unter  ihnen  riechen  am  stärk- 
sten, welche  sich  am  schnellsten  oxidiren.  Werden  sauerstofffreie  äthe- 
rische Oele  über  frischgebrannten  Kalk  im  luftleeren  Raume  oder  in  einem 
Strome  kohlensaurem  Gas  destillirt,  so  ist  das  Destillat  vollkommen  ge- 
ruchlos, und  es  ist  unmöglich  in  diesem  Zustande  Citronöl  von  Wachhol- 
derbeerenöl oder  Terpentinöl  zu  unterscheiden;  ein  kurzes  Aussetzen  an 
die  Luft,  noch  schneller  ein  Verbreiten  auf  Papier,  macht  sie  augenblick- 
lich stark  riechend , aber  das  Oel  wird  in  diesem  Fall  klebrig  und  harz- 
ähnlich. Hier  scheint  also  der  Act  der  Oxidation,  wie  beim  Arsenik,  den 
Geruch  zu  bedingen.  In  dem  Grade  als  die  Oele  älter  werden  und  öfterer 
mit  Luft  in  Berührung  kommen,  werden  sie  dicker,  zähe,  terpentinähn- 
lich, sie  nehmen  zuletzt  alle  Eigenschaften  der  Harze  an.  Viele  indiffe- 
rente Oele  nehmen,  der  Luft  ausgesetzt,  eine  saure  Reaction  an;  die 


Aetherische  Oele. 


1035 


hierbei  entstehende  Saure  ist  nur  bei  dem  Zimmtöi  und  Bittermandeöl  ge- 
nau untersucht , sie  ist  Zimmtsäure  oder  Benzoesäure,  bei  andern  Essig 
säure  £ßizio')- 

Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  die  Harze,  die  sich  an  der  Luft  durch 
Oxidation  des  Oels  bilden , identisch  sind  mit  den  in  den  Balsamen  enthal- 
tenen Harzen,  doch  liegen  hierüber  keine  Versuche  vor. 

Bei  der  Oxidation  der  ätherischen  Oele  an  der  Luft  entsteht  nach  der 
Beobachtung  von  Saussure  neben  den  erwähnten  Produkten  kohlensaures 
Gas. 

Das  Verharzen  der  Oele  an  der  Luft  beruht  unzweifelhaft  auf  einer 
Sauerstoffaufnahme;  ob  dieser  Sauerstoff  geradezu  an  das  Oel  tritt,  ob 
das  Oel  die  Rolle  eines  Radikals  spielt  und  das  gebildete  Harz  also  ein 
Oxid  des  Oels  darstellt , diefs  ist  nicht  wahrscheinlich.  Es  läfst  sich  im 
Gegeotheile  darthun , dals  die  sauerstofffreien  ätherischen  Oele  den  Was- 
serstoff in  zweierlei  Zustand  gebunden  enthalten,  wovon  eine  Portion  mit 
greiser  Leichtigkeit  hinweggenommen  werden  kann , während  die  andere 
der  Einwirkung  von  Sauerstoff,  Chlor  und  lod  einen  starken  Widerstand 
entgegensetzt. 

Alle  sauerstofffreien  ätherischen  Oele  geben,  mit  lod  in  Berührung, 
mit  einer  Art  von  Verpuffung,  Wasserstoff  an  das  lod  ab,  und  eine  ge- 
wisse Menge  lod  nimmt  den  Platz  dieses  ausgetretenen  Wasserstoffs  ein; 
in  dieser  neuen  Verbindung,  welche  noch  sehr  reich  an  Wasserstoff  ist 
wird  durch  Hinzubringen  von  lod  kein-  Wasserstoff  mehr  abgeschieden. 
Aehnlich  verhält  sich  Chlor  und  man  kann  hinzufügen  der  Sauerstoff,  beide 
nehmen  Wasserstoff  hinweg  und  treten  an  seine  Stelle , in  der  Art  also 
dafs  die  neu  entstandenen  Produkte,  das  Harz  z.  B.,  stets  weniger  Was- 
serstoff enthalten  müssen  als  das  Oel.  Beim  Erwärmen  des  Terpentin- 
Rosmarin-,  Lavendel  - etc.  Oels  mit  Kupferoxid  und  Bleihyperoxid  entsteht 
eine  lebhafte  Reaction,  unter  Bildung  von  Wasser  werden  diese  Oxide 
partiell  desoxidirt;  höhere  Chlorverbindungen,  wie  Sublimat  und  Zinn- 
chlorid, Antimonchlorür , werden  zu  niederen  und  letzteres  oft  bis  zu 
Metall  reducirt.  Goldchlorid  wird  von  allen  sauerstofffreien  Oelen  zu 
Metall  reducirt,  mit  sauerstoffhaltigen  Oelen  ist  es  hingegen  mischbar 
ohne  Veränderuzg. 

Bei  Berührung  mit  Salpetersäure  werden  die  ätherischen  Oele  in  harz- 
artige Produkte  verwandelt,  welche  sehr  wenig  untersucht  sind;  manche 
Oele  brechen  in  Flamme  aus , wenn  sie  mit  rauchender  Salpetersäure  oder 
mit  eioem  Gemenge  derselben  mit  Schwefelsäure  gemischt  wrerden.  Mit 
mäfsig  conceutrirter  Salpetersäure  unter  beständiger  Erneuerung  derselben 
gekocht,  lösen  sich  die  sauerstofffreien  ätherischen  Oele  nach  und  nach 
auf  und  liefern  eigenthümliche  kristallisirbare  Säuren,  keine  Oxalsäure, 
(s.  Terpentinsäure  S.  1037.1 

Die  flüchtigen  Oele  lösen  Phosphor  und  Schwefel,  sie  sind  mischbar 
mit  Schwefelkohlenstoff,  mit  Essigsäurehydrat  und  nehmen  Cyanwasser- 
stoff und  Schwefelwasserstoff  in  grofser  Menge  auf.  Die  Blausäure  kann 
den  Oelen  durch  Behandlung  mit  Quecksilberoxid  nicht,  mit  Alkalien  nur 
schwierig  entzogeu  werden. 

In  dem  Folgenden  sind  die  einzelnen  Oele  und  ihr  Verhalten  zu  an- 
der» Körpern  beschrieben,  die  Untersuchung  derselben  läfst  noch  vieles 
y;u  wünschen  übrig,  und  es  bedarf  eines  gründlichen  Studiums  ihrer  Ver- 
änderungen durch  oxidirende  Substanzen  , oder  Chlor  und  lod , um  zu  einer 
sicheren  Erkeuntnifs  über  ihre  Constitution  zu  gelangeu.  Terpentin-  und 
Citrouöl  sind  z.  B.  beide  ausdrückbar  durch  die  Formel  C10'H16,  das  Ci- 
tronol  kann  seyn  CI0  H14  H-  Ha,  das  Terpentinöl  C30  H20  -b  H2 , die  Fest- 
setzung dieser  oder  einer  ähnlichen  Constitution  kaun  durch  die  Analyse 
nicht  erwartet  w erden. 


1086 


Terpentinöl. 


a)  Sauer  st  off  fr  eie  ätherische  Oele . 

Terpentinöl  ( Oleum  seu  Spiritus  Terebinfhinae ) , wird 
erhalten  durch  Destillation  des  Terpentins , einer  Art  flüssigen 
Harzes  (von  verschiedenen  Species  aus  dem  Geschlechte  Pi - 
nus) , mit  Wasser*  Das  im  Handel  vorkommende  ist  durch 
Einflufs  der  Luft  immer  etwas  harzhaltig  geworden.  Um  es 
rein  zu  erhalten,  wird  es  mit  Wasser  nochmals  destillirt, 
durch  Chlorcalcium  getrocknet  und  rectificirt.  In  diesem  Zu- 
stande ist  es  wasserhell,  sehr  dünnflüssig,  von  durchdringen- 
dem balsamischem  Geruch  und  brennend  scharfem  Geschmack. 
Hat  ein  spec.  Gewicht  von  0,86 — 0,87.  Das  käufliche  röthet 
stets  Lackmus,  das  reinste  rectificirte  nicht.  Es  siedet  bei 
156°.  Das  spec.  Gew.  seines  Dampfes  ist  4,764  f Dumas J. 
In  Wasser  ist  es  sogut  wie  unlöslich,  theilt  diesem  aber  sei- 
nen Geruch  mit.  Bei  langem  Stehen  in  der  Kälte  scheidet  sich  bis- 
weilen aus  dem  Terpentinöl  ein  festes  Hydrat  aus,  welches  auf  C10  H16 
nach  Blanchet  6r  Seil  2 At.  Wasser,  nach  Dumas  §r  Pelligot  3 At.  Was- 
ser enthält.  Diese  Substanz  ist  kristallinisch , schmilzt  und  sublimirt  bei 
150°;  löst  sich  in  22  Th.  kochendem  Wasser  und  kristallisirt  daraus  beim 
Erkalten,  da  sie  200  Th.  kalten  Wassers  zu  ihrer  Lösung  bedarf.  Alko- 
hol löst  sie  sehr  leicht,  ebenso  Essigsäure.  Schwefelsäure  löst  sie  in  der 
Kälte  mit  rother  Färbung,  Wasser  scheidet  sie  aus  der  sauren  Lösung 
ab,  jedoch  nicht  unverändert.  Alkalien  wirken  nicht  darauf  ein.  Kalte 
Salpetersäure  löst  sie  ohne  Zersetzung,  ln  grofser  Menge  soll  dieses 
Terpentinölhydrat  erhalten  werden,  wenn  man  das  Oel  mit  Salpetersäure 
und  Alkohol  gemischt  Monate  lang  stehen  läfst.  Der  Antheil  des  Oeles, 
der  mit  Salzsäure  eine  kristallinische  Verbindung  bildet,  soll  der  das  Hy- 
drat liefernde  seyn.  (Wiggers.)  In  absolutem  Alkohol  und  Aether 
ist  das  Terpentinöl  sehr  leicht  löslich  und  läfst  sich  mit  fetten 
Oelen  in  jedem  Verhältnifs  mischen.  In  100  Th.  Weingeist 
von  0,84  spec.  Gew;  lösen  sich  nur  13  V*  Th.  Man  kann 
daher  durch  Waschen  mit  kleinen  Mengen  Weingeist  dem 
nicht  rectificirten  Terpentinöl  seinen  Harzgehalt  entziehen. 
Mit  Salpetersäure  oder  mit  Vitriolöl  gemischt  bräunt  es  sich 
stark  unter  Erhitzung  5 mit  einem  Gemisch  beider  Säuren  zu- 
sammengebracht entzündet  es  sich.  Chlor  verbindet  sich  damit 
unter  Warmeentwickehmg,  wird  wenig  Del  in  das  Gas  ge- 
bracht, so  entzündet  es  sich  5 bei  langsamer  Einwirkung  kann 
ein  Viertel  des  Wasserstoffs  des  Oeles  durch  Chlor  ausge- 
schieden und  vertreten  werden  (Chlorcamphen  von  Deville). 
Auch  Brom  und  lod  verbinden  sich  mit  dem  Terpentinöle,  es 
löst  die  Hälfte  seines  Gewichts  Schwefel,  auch  Phosphor,  in 
der  Hitze  auf.  Die  Schwefelverbindung  ist  roth  und  dick- 
flüssig, Begum’ s Schwefelrubin. 

Das  reine  Terpentinöl  enthält  keinen  Sauerstoff.  In  100 
Th.  besteht  es  aus  88,46  Kohlenstoff,  11,54  Wasserstoff, 
was  dem  Verhältnifs  C5  H«  entspricht. 

Mit  Chlorwasserstoffgas  bildet  das  Terpentinöl  zwei  Ver- 
bindungen, die  eine  ist  fest  und  kristallinisch,  die  andere  flüssig. 
Durch  Behandlung  mit  kohlensaurem  Natron  läfst  sich  die  überschüssige, 
nicht  chemisch  gebundene  Salzsäure  leicht  entfernen.  Die  gereinigte  flüs- 


Terpentinöl. 


1037 


sige  Verbindung  der  Säure  mit  dem  Oele  ist  unzersetzt  destillirbar  * farb- 
los, in  Alkohol  und  Aether  löslich. 

Treibt  man  die  Dämpfe  dieses  Körpers  durch  ein  mit  Kalkerde  gefüll- 
tes und  so  stark  erhitztes  Rohr,  dafs  sich  nichts  darin  verdichtet,  so  bildet 
sich  Chlorcalcium , und  ein  mit  dem  Terpentinöl  gleich  zusammengesetztes 
Oel  wird  in  der  Vorlage  verdichtet  erhalten;  es  ist  von  Blanchet  Sr  Seil 
Peucyl,  von  Soubeiran  uud  Capitaine  Peucylen , von  Deville  Terebilen 
genannt  worden,  ist  farblos  und  leichtflüssig,  hat  ein  spec.  Gew.  von  0,8(5 
uud  siedet  bei  134°. 

Die  feste  Verbindung  der  Salzsäure  mit  Terpentinöl,  der  sogenannte 
künstliche  Campkor,  ist  von  Kindt  entdeckt  worden.  Er  wird  durch  Wa 
sehen  mit  kohlensaurem  Natron  und  Wasser,  durch  Sublimation  mit  koh- 
lensaurer Kalkerde,  Lösen  in  Alkohol  und  Fällung  daraus  durch  Wasser 
gereinigt.  Er  ist  weifs , durchscheinend,  kristallinisch,  schwimmt  auf 
Wasser,  schmeckt  gewürzhaft,  röthet  das  Lackmus  nicht,  löst  sich  nur 
unmerklich  in  Wasser,  leicht  in  Alkohol.  Die  Lösung  wird  durch  salpe- 
tersaures Silberoxid  nicht  gefällt.  Er  sublimirt  unzersetzt.  Durch  öfteres  Su- 
blimiren  mit  Kreide  oder  Bolus  wird  er  theilweise  zersetzt;  wird  er  durch 
glühende  Röhren  geleitet,  so  giebt  er  brennbare  mit  Salzsäure  gemischte 
Gase.  Angezündet  verbrennt  er  mit  grüner  Flamme  unter  Geruch  nach 
Chlorwasserstoff.  Diese  Verbindung  ist  von  Honton-  Labillar diere , Op- 
permann, Blanchet  Sp  Seil  und  Dumas  mit  vollkommen  übereinstimmen- 
den Resultaten  analysirt  worden  und  besteht  darnach  aus  70,20  Kohlen- 
stoff, 10,01  Wasserstoff;  19,48  Chlor.  Diesem  procentischen  Gehalte  ent- 
spricht die  Formel  C20  H34  Cl2. 

Durch  10  — 12ma!ige  Destillation  der  alkoholischen  Lösung  über  Kalk- 
liydrat  wird  dem  Terpentincamphor  sein  Salzsäuregehalt  entzogen  und  er 
verwandelt  sich  in  ein  dem  Terpentinöle  ( Camphen  von  Dumas ) procen- 
tisch  gleich  zusammengesetztes,  farbloses,  dickliches,  süfslich  aromatisch 
schmeckendes  Oel,  von  Blanchet  Seil  Dadyl , von  Soubeiran  und  Ca- 
pitaine Tereben , von  Deville  Camphilen  genannt.  Sein  spec.  Gewicht  ist 
0,87.  Es  kocht  bei  145°,  ist  ohne  Wirkung  auf  Kalium,  in  Alkohol  und 
Aether  löslich.  Mit  Schwefelsäure  verbindet  es  sich,  von  Salpetersäure 
und  Kali  wird  es  nicht  verändert , mit  Chlorwasserstoffgas  bildet  es  wieder 
künstlichen  Camphor. 

Von  Soubeiran  und  Capitaine , sowie  von  Deville,  sind  in  neuester 
Zeit  diese,  sowie  einige  weitere  Verbindungen  des  Camphen  mit  Chlor, 
Brom  und  lod  untersucht  worden,  wornach,  sowie  nach  Dumas  Versu- 
chen, das  Camphen  als  aus  C20  H32  bestehend  betrachtet  werden  mufs. 

Oxidationsprodukte  des  Terpentinöls  durch  Salpetersäure. 

Beim  Erwärmen  von  mäfsig  concentrirter  Salpetersäure  mit  Terpen- 
tinöl entsteht  eine  sehr  heftige  Einwirkung,  es  bildet  sich  eine  harzartige 
Masse,  die  bei  fortgesetzter  Behandlung  sich  in  der  Säure  völlig  löst. 
Wird  diese  Auflösung  mit  Wasser  vermischt , so  trübt  sie  sich  und  es 
schlägt  sich  Harz  nieder ; wird  die  darüberstehende  Flüssigkeit  wieder  ab- 
gedampft und  mehrmals  mit  Wasser  gefällt,  so  bleibt  zuletzt  ein  harz- 
freies, scharf  saures,  intensiv  bitteres  Oxidationsprodukt  des  Oels , was 
in  der  Form  von  einer  syrupartigen  Flüssigkeit,  sich  selbst  überlassen,  zu 
einer  kristallinischen  Masse  sich  verdickt.  Durch  Abfiltriren  und  Waschen 
mit  Wasser  sind  die  Kristalle  leicht  zu  reinigen,  sie  sind  sehr  glänzend, 
besitzen  die  Form  vierseitiger  Nadeln  mit  schiefer  Endfläche,  schmelzen 
schwierig  und  zersetzen  sich  ohne  Sublimation  in  höherer  Temperatur. 
(Bromeis.) 

Bromeis,  der  diesen  kristallinischen  Körper  zuerst  beobachtete  und 
untersuchte,  nennt  ihn  Terpentinsäure.  Aufser  mit  Silberoxid  ist  keine 
Verbindung  derselben  bekannt.  Die  Analyse  führte  zur  Formel  C*4  H20  08 , 
oder  C14  H18  Or  -+-  aq.  Bemerkens werth  ist,  dafs  diese  Säure  Blei-,  Kalk- 
und  Silberauflösungen  niehfc  fällt;  sie  bedarf  einer  genaueren  Untersuchung. 


1038 


W achholder  öl. 


Das  Terpentinöl  wird  äufserlich,  auch  innerlich  als  Arzneimittel  ge«? 
braucht , kommt  als  Ingredienz;  zu  verschiedenen  Zusammensetzungen , 
dient  als  Lösungsmittel  von  Fetten,  Harzen  u.  s.  w. , zu  Firnissen.  — 
Der  reine  künstliche  Camphor  ist  nicht  otficinell.  Aber  der  Liquor  antar- 
thriticus  Pottii , welcher  durch  Destillation  eines  Gemenges  von  gleichen 
Theilen  Terpentinöl  und  Kochsalz , dem  vorsichtig  % Wasser  zugesetzt 
wurde , erhalten  wird,  ist  eine  solche  Verbindung  im  unreinen  Zustande. 
— Eine  Verbindung  von  Terpentinöl  und  Thieröl  ist  unter  dein  Namen 
Chabertsöl  gebräuchlich.  Man  erhält  es,  indem  1 Theil  Hirschhornöl  mit 
2 Theilen  Terpentinöl  vermischt  und  von  dem  Gemische  nach  4 bis  0 Ta- 
gen 3/4  überdestillirt  werden.  Ein  farbloses,  zuweilen  rothes  Oel  von  wi- 
derlichem Geruch  und  Geschmack.  Wird  gegen  den  Bandwurm  gebraucht. 

Kienöl  (Ol.  Pini  rubrum, ) erhält  man  durch  Destillation  aus  dem  Rück- 
stand beim  Auspressen  des  gelben  Harzes  oder  des  hellen  Theers.  — Ein 
hellrothbraunes,  dünnflüssiges  Oel  von  starkem  Terpentin-  und  zugleich 
brenzlichem  Geruch.  — Ist  ein  Gemische  von  Terpentinöl  und  brenzlichem 
Holzöl.  — Wird  äufserlich  angewendet;  dient  auch  zu  Firnissen. 

Tannenzapfenöl , auch  Krummholzöl  genannt  (Ol.  templinum),  durch 
Destillation  aus  den  Tannenzapfen  zu  erhalten;  soll  auch  durch  Destilla- 
tion aus  den  feinsten  Zweiglein  der  Zwergflehte  (Pinus  Pumilio  Haenke ) 
erhalten  werden.  — Ein  häufig  bräunliches  oder  grünliches,  im  reinsten 
Zustande  aber  wasserhelles,  sehr  dünnflüssiges  Oel  von  starkem  balsami- 
schen, sehr  feinem  Terpentin  - Geruch , zugleich  aromatisch  citronen-  und 
und  pomeranzen-ähnlich  riechend ! Ist  nach  Blanchet  <$r  Seil  ganz  so  wie 
Terpentinöl  zusammengesetzt.  — Wird  wie  Terpentinöl  angewendet.  Nicht 
selten  erhält  man  dieses  dafür. 

W ü.chholder Öl.  Aus  den  Beeren  (Ol.  baccarum  juniperi)  von  Ju- 
niperus communis  L.  durch  Destillation  mit  Wasser  zu  erhalten.  Man  soll 
aus  den  unreifen  Beeren  mehr  (aus  8 Pfund  Beeren  2 Duzen)  Oel  erhalten, 
als  aus  den  reifen  (aus  ebensoviel  nur  V*  Unze);  Blanchet  Seil.  Das 
erstere  enthält  ein  flüchtigeres  bei  155°  siedendes  und  ein  weniger  flüch- 
tiges, dessen  Kochpunkt  bei  305°  liegt,  aus  welchem  allein  das  Oel  der 
reifen  Beeren  besteht.  Das  flüchtigere  Oel  ist  farblos . riecht  nach  Wach- 
holder und  Fichtenreisern.  Mit  Salzwasser  geschüttelt  setzt  sich  eine 
kristallinische  Substanz  daraus  ab,  wahrscheinlich  ein  Hydrat  des  Oels. 

Das  Oel  hat  ein  spec.  Gewicht  von  0,839,  löst  sich  in  Alko- 
hol von  0,85  nur  wenig;  mit  absolutem  Alkohol  mischt  es 
sich  zu  gleichen  Theilen,  scheidet  sich  aber  bei  Zusatz  von 
mehr  Alkohol.  Mit  wasserfreiem  Aether  mischt  es  sich  in 
jedem  Verhältnifs. 

Das  weniger  flüchtige  Oel  kann  nicht  farblos  erhalten  werden ; sein 
spec.  Gew.  ist  = 0,878;  löst  sich  wenig  in  Alkohol  von  0,85,  bedarf 
8 Th.  wasserfreien  Alkohols  zur  Auflösung;  mischt  sich  mit  reinem  Aether 
in  jedem  Verhältnifs.  Kalium  wird  darin  nicht  verändert.  Wird  das  mit 
dem  Oel  zugleich  überdestillirte  Wasser  mit  kaustischem  Kali  versetzt,  so 
entsteht  eine  kristallinische  Substanz,  wahrscheinlich  ein  Hydrat.  Auch 
durch  Stehenlassen  über  Wasser  bildet  sich  dieser  Körper  sehr  leicht. 

Das  flüchtigere  Oel  wurde  von  Blanchet  und  Seil  vollkommen  gleich 
mit  dem  Terpentinöl  zusammengesetzt  gefunden.  Auch  fanden  Soubeiran 
und  Capitaine  das  spec.  Gewicht  des  Dampfes  beider  gleich  0,85.  Mit 
salzsaurem  Gas  giebt  es  nur  eine  flüssige  Verbindung,  deren  Analyse 
66,16  Kohlenstoff,  9,09  Wasserstoff,  24,60  Chlor  gab,  was  zu  der  For- 
mel C1S  H26  Cl2  führt.  Das  Radikal  dieser  Verbindung  nennen  sie  Juni - 
perilen. 

Eine  kleine  Beimischung  von  Wachholderöl  zum  Branntwein  bildet  den 
Genilvre  oder  Gin  der  Engländer.  Als  harntreibendes  Mittel  wird  es  in 
der  Medicin  angewendet  und  ertheilt  dem  Harn  einen  Veilchengeruch.  Eine 


Citrö'nenöl. 


1039 


Verfälschung  mit  Terpentinöl  läfst  sich  durch  das  geringere  spec.  Gewicht 
erkennen.  Durch  Destillation  des  frischen  Holzes  mit  Wasser  wird  ein 
dem  aus  den  Beeren  erhaltenen  ganz  gleiches  Oel  ( Ol.  ligni  juniperi ) 
gewonnen. 

Das  brenzliche  Wachholderholzöl , Kaddigöl,  Kadeöl  ( Ol . juniperi 
empyreumaticumj , wird  durch  trockene  Destillation  des  harzigen  Wach- 
holderholzes und  anderer  Juniperusarteu  erhalten.  — « * Ein  dunkelbraunes, 
etwas  dickflüssiges  Oel,  von  wachholderähuliehem  und  zugleich  brenzli- 
chem Geruch.  Ist  ein  Gemiselie  von  ätherischem  und  brenzlichem  Oel.  — 
Wird  äufserlich  angewendet  gegen  Rheumatismus,  Hautausschläge,  vor- 
züglich gegen  Schafraude. 

Sevenbaum-  oder  Sadebäum-Oel  (OL  Sabinaej,  von  Juniperus  £a- 
bina  L.  aus  den  Beeren.  Fast  wasserhelles,  dünnflüssiges  Oel,  von  wi- 
drigem Geruch  und  bittersCharfem  harzigem  Geschmack.  Es  ist  dem  Ter- 
pentinöl analog  zusammengesetzt  (Dumas),  röthet  nicht  Lackmus  und  ver- 
pufft rasch  mit  lod.  Sein  spec.  Gew.  ist  z=r  0,915.  In  der  Medicin  wird 
es  als  Diureticum  angewandt.  Keine  andere  Pflanze  enthält  eine  so  grofse 
Menge  ätherischen  Oeles. 

Elemiöl , aus  dem  Harze  von  Amyris  elemifera  und  ceylanica  durch 
Destillation  mit  Wasser.  Nach  Bonastre  enthält  das  Harz  12,5  Procent, 
Stenhöuse  erhielt  nur  3%  Procent  Oel.  Es  ist  farblos,  von  angenehmem, 
dem  Harz  ähnlichen  Geruch  und  scharfem  Geschmack.  Es  siedet  bei  166° 
und  sein  spec.  Gew.  ist  0,852.  Es  brennt  mit  rufsender  Flamme,  ist  in 
Wasser  unlöslich,  wenig  löslich  in  schwachem  Weingeist,  und  mischbar 
mit  wasserfreiem  Alkohol  und  Aether.  Kalium  bleibt  unverändert  darin; 
durch  Aetzkali  wird  das  Oel  verharzt.  Iod  erhitzt  sich  sehr  heftig  damit; 
durch  salzsaures  Gas  wird  es  braun  , ohne  künstlichen  Camphor  zu  bilden. 
Durch  Salpetersäure  wird  es  braungelb  gefärbt;  beim  Erhitzen  explodirt 
das  Gemenge  und  es  erzeugt  sich  eine  harzartige  Materie.  Schwefelsäure 
färbt  es  in  der  Kälte  schön  roth,  in  der  Wärme  tritt  Verkohlung  ein.  Die 
Analyse  des  Oels  gab  87,93  — 87,72  Kohlenstoff  und  11,69  — 11,73  Was- 
serstoff, was  sehr  gut  mit  dem  Verhältnis  Cs  H8  übereinstimmt;  es  ist 
dieses  Oel  folglich  dem  Terpentinöl  analog  zusammengesetzt.  ( Stenhöuse .) 

Storaxöl , aus  /Storax  liquida  durch  Destillation  mit  Wasser.  Zuerst 
von  Bonastre  beschrieben , später  von  Simon  untersucht.  Er  destillirt  2 
Th.  Storax  mit  1,5  Th.  kristallisirtem  kohleosaurem  Natron  und  15  Th. 
Wasser,  giebt  aber  an,  dafs  man  ohne  Zusatz  von  Natron  ebensoviel 
ätherisches  Oel  erhält , dessen  Quantität  sehr  nach  der  Frische  und  Qua- 
lität des  Storax  wechselt,  so  dals  er  von  1 % desselben  bisweilen  %,  oft 
nur  yi0  Löth  erhielt.  Das  Oel  ist  im  frischdestillirten  Zustande  wasserhell, 
besitzt  den  Geruch  des  Storax , löst  sich  in  Alkohol  lind  Aether  und  bricht 
sehr  stark  die  Lichtstrahlen.  Nach  mehreren  Monaten  verdickt  es  sich  an 
der  Luft  zu  einer  gallertartigen  Masse,  die  in  Alkohol,  Aether  und  Ter- 
pentinöl nicht  mehr  löslich  und  nicht  ohne  Zersetzung  flüchtig  ist.  Simon 
nennt  das  flüchtige  Oel  Styrol,  und  es  besteht  nach  mehreren  Analysen 
von  Marchand  aus  92,46  Kohlenstoff  und  7,54  Wasserstoff,  wo  mach  es 
in  seiner  Zusammensetzung  mit  dem  Benzin  übereinstimmt.  Die  durch  Oxi- 
dation an  der  Luft  entstandene  zähe  Masse  nennt  Simon  Styroloxid.  — 
Salpetersäure  verharzt  beim  Erwrärmen  das  Styrol.  Wird  das  erhaltene, 
von  anhängender  Salpetersäure  durch  Waschen  mit  Wasser  befreite  Harz 
mit  Wasser  destillirt,  so  erhält  man  ein  dem  Zimmt  ähnlich  riechendes, 
sehr  scharfes  Oel,  welches  die  Haut  wie  Senföl  stark  reizt  und  röthet. 
Beim  Abkühlen  kristallisirt  es.  Man  erhält  es  durch  nochmaliges  Lösen  in 
heifsem  Weingeist  in  ausgezeichnet  schönen  Kristallen,  welche  rhombische 
Prismen  sind,  die  durch  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten  als  Tafeln 
erscheinen.  Simon  nennt  dieses  Produkt,  welches  nur  aus  dem  Styrol, 
nicht  aber  aus  dem  Styroloxid  erhalten  werden  kann,  Nitrostyrol.  Es 
bildet  sich  zu  gleicher  Zeit  Benzoesäure  und  Blausäure. 

Citronenöl  (OL  Citri ).  A\\s  der  Früctii&cliäie  von  Citrus  medica 


1040 


Pomeranzen  schalen  öl. 


durch  Pressen  oder  Zerreifsen  der  Oberhaut,  indem  die  Früchte  auf  mit 
feinen  Stacheln  besetzten  Brettchen  gerollt  werden,  zu  erhalten.  Bisweilen 
wird  es  auch  durch  Destillation  mit  Wasser  gereinigt.  Zur  Reinigung  wird 
es  wie  Terpentinöl  rectificirt.  Wie  es  im  Handel  vorkommt,  ist 
es  meistens  gelblich,  häufig  trübe.  Rectificirt  ist  es  wasser- 
hell,  dünnflüssig,  von  starkem  angenehmem  Citronengeruch 
und  scharfem,  gewürzhaftem  Geschmack.  Der  erste  Theil 
des  Oeles  destillirt  bei  165°  und  hat  ein  spec.  Gewicht  von 
0,848;  die  letzteren  Theiie  sieden  erst  bei  175°  und  darüber 
und  haben  ein  spec.  Gew.  von  mehr  als  0,85.  Die  Dichtig- 
keit des  Dampfes  eines  Oeles  von  0,84  spec.  Gew.  wurde  = 
4,87 — 4,81  gefunden  ( Soubeiran  und  Capitaine ).  Es  ent- 

hält nach  Blanchet  und  Seil  87,93  Kohlenstoff  und  11,57 
Wasserstoff,  was  genau  dem  Verhältnifs  Ci0  Hi6  entspricht. 
Gegen  Reagentien  verhält  sich  das  Citronenöl  dem  Terpentinöl 
sehr  ähnlich.  Auf  Lackmus  reagirt  es  nicht  sauer.  Mit  Salzsäure  bil- 
det es  ebenfalls  zwei  Verbindungen,  wovon  die  eine  fest,  die  andere  flüs- 
sig ist.  Der  künstliche  Citronencamphor  unterscheidet  sich  nur  dadurch  von 
dem  Tcrpeutincamphor,  dafs  er  auf  die  gleiche  Menge  Kohlenstoff  und  Was- 
serstoff doppelt  so  viel  Chlorwasserstoff  enthält.  Er  schmilzt  bei  45°,  su- 
blimirt  bei  50°.  Bei  höherer  Temperatur  wird  er  partiell  zerlegt,  üeber 
bis  180°  erhitztes  Kalkhydrat  geleitet  giebt  er  ein  flüssiges,  mit  dem  Ci- 
tronenöl gleich  zusammengesetztes  Oel , welches  von  Blanchet  und  Seil 
Citronyl , von  Capitaine  und  Soubeiran  und  Dumas  Citren  genannt  wird. 
Sein  spec.  Gew,  ist  =rr  0,847;  es  siedet  constant  bei  165°  und  die  Dampf- 
dichte wurde  = 4,73  gefunden.  — Die  flüssige,  durch  Abkühlen  bis  zu 
— 10°  von  dem  Camphor  getrennte  Verbindung  ist  mit  diesem  gleich  zu- 
sammengesetzt {Blanchel  und  Seil ) und  giebt  in  Dampfform  über  Kalk- 
hydrat geleitet  ein  flüchtiges,  bei  168  — 175°  siedendes  Oel  von  0,88  spec. 
Gew.  — Soubeiran  und  Capitaine  fanden  die  Dampfdichte  = 5,08  und 
nennen  es  Citrilen , Blanchet  und  Seil  Citryl.  — Mit  Iod  verpufft  das  Ci- 
tronenöl eben  so  rasch  wie  Terpentinöl.  — Das  im  Handel  vorkommende 
Cedroöl  {Ol  de  Cedro}  , sowie  das  Cedraöl  ( Ol  de  Cedrat ) unterscheiden 
sich  beide  nur  durch  einen  weniger  angenehmen  Geruch  von  dem  Citro- 
nenöl. 

Pomeranzenschalenöl  (Ol.  cort.  Aurantiorum).  Aus  den  Fruchtschalen 
der  Pomeranzen  ( Citrus  Aurantium).  Durch  Auspressen  und  Destillation 
erhalten,  wird  es  auch  Ol  Portuyallo  genannt.  Dem  Citronenöl  ist  es  sehr 
ähnlich,  besonders  nur  durch  den  Geruch  verschieden.  Es  hat  ein  spec. 
Gew.  von  0,835  und  beginnt  bei  180°  zu  sieden.  Mit  Chlorwasserstoffgas 
giebt  es  dem  Citronenöl  vollkommen  analoge  Produkte.  Seine  Zusammen- 
setzung ist  ebenfalls  dieselbe.  {Soubeiran  und  Capitaine .) 

Pomeranzenblüthenöl , Orange-  oder  Neroli-Oel  {Ol.  flor.  Aurantio- 
rum, Ol.  seu  Essentia  Naphae  seu  Neroli).  Wird  durch  Destillation  der 
frischen  oder  eingesalzenen  Blüthen  mit  Wasser  erhalten.  Frisch  destillirt 
ist  es  fast  farblos,  röthet  sieh  jedoch  sehr  bald  am  Lichte.  Das  officinelle 
Pomeranzenblüthenwasser  {Aq.  Naphae ) ist  entweder  das  bei  der  Destilla- 
tion des  Oeles  mit  übergegangene  Wasser,  oder  man  bereitet  es  durch  Lö- 
sung des  Oeles  in  Wasser.  Das  Oel  besteht  nach  Soubeiran  aus  einem  in 
Wasser  sehr  löslichen,  welches  am  angenehmsten  riecht  und  in  grofser 
Menge  in  dem  destillirten  Wasser  enthalten  ist,  und  aus  einem  zweiten, 
welches  fast  allein  in  dem  Oele  sich  findet  und  in  Wasser  kaum  löslich 
ist.  Ersteres  wird  durch  Schwefelsäure  geröthet.  Hierauf  hat  Le  Roy 
eine  Methode  zur  Unterscheidung  der  verschieden  bereiteten , wässerigen 
Lösungen  gegründet.  Nach  Boullay  und  Plisson  kann  durch  Lösung  des 
Neroliöles  in  möglichst  wenig  Alkohol  von  90T  p.  c.  ein  Stearopten  abge- 
schieden werden,  welches  bei  50°  schmilzt,  in  Wasser  unlöslich,  nur  in 


Cubebenöl. 


1041 


absolutem,  siedendem  Alkohol  etwas , in  Aether  aber  leichtlöslich  ist.  Nach 
Henry  und  Plisson’s  Analyse  soll  dieser  Körper  83,76  Kohlenstoff,  15,09 
Wasserstoff  und  1,15  Sauerstoff  enthalten.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich, 
dafs  dieser  Sauerstoffgehalt  nicht  eigentlich  zu  der  Zusammensetzung  der 
Substanz  gehöre.  Salpetersäure  färbt  das  Neroliöl  gelb  und  braun  und 
zerstört  den  Geruch;  ebenso  Vitriolöl.  Nach  Döbereiner  bildet  es  in  Be- 
rührung mit  Platinschwarz  und  Luft  eine  Säure. 

Unter  dem  Namen  Ol.  Neroli  bigara  erhält  man  das  aus  den  Früchten 
von  Citrus  bigara  bereitete  Oel.  Huile  des  petites  graines  ist  aus  den 
Blättern  und  unreifen  Pomeranzen  dargestellt  und  riecht  weit  weniger  an- 
genehm als  das  Pomeranzenblüthenöl,  welches  damit  verfälscht  werden 
soll,  was  überhaupt  bei  diesem  kostspieligen  Oele  nicht  selten  ist. 

Copaivabalsamöl  (Ol.  Bals.  Copawae'),  wird  aus  Copaivabalsam  (aus 
Copaivera  multijuga  Mart .)  durch  Destillation  mit  Wasser,  welches  6 — 
Ömal  mit  dem  Rückstaude  cohobirt  werden  mufs,  um  alles  Oel  zu  gewin- 
nen, erhalten.  Auch  soll  man  das  Oel  aus  dem  Balsam  scheiden  können, 
wenn  man  ihn  mit  gleichen  Theilen  Alkohol  von  0,836  spec.  Gew.  stark 
schüttelt,  dann  mit  Kalilauge  mischt  und  stehen  läfst,  wo  sich  das  Oel 
allmählig  absondert  (Ader ).  Ferner  kann  das  Oel  durch  Destillation  des 
Balsams  für  sich  erhalten  werden,  wo  es  sich  jedoch  erst  bei  260  — 275° 
verflüchtigt  (Durand).  Es  ist  wasserklar,  riecht  wie  der  Balsam.  Frisch 
dcstillirt  ist  sein  spec.  Gew.  nr  0,91 , durch  den  Einflufs  der  Luft  steigt 
es  auf  0,96.  Von  90procentigem  Alkohol  bedarf  es  4 Th.  zur  Lösung. 
Kalium  oxidiri  sich  nicht  darin  (Gerber).  Blancliet  erhielt  das  Oel  durch 
Destillation  mit  Wasser,  wobei  t Th.  Oel  und  32  Th.  Wasser  übergingen. 
Durch  Chlorcalcium  wurde  es  entwässert  und  dann  für  sich  rectificirt;  es 
hatte  ein  spec.  Gew.  von  0,878,  kochte  bei  245°,  bedurfte  25  — 30  Th. 
Alkohols  von  0,85  spec.  Gew.  und  nur  2V2  Th.  wasserfreien  Alkohols  zur 
Lösung.  Mischt  sich  mit  weingeistfreiem  Aether  in  jedem  Verhältnifs. 
Löst  lod  ohne  Verpuffung,  indem  es  sich  braunroth  färbt.  Gegen  Chlor, 
Schwefelsäure  und  Salpetersäure  verhält  es  sich  dem  Terpentinöl  ähnlich. 
Mit  rauchender  Salpetersäure  verpufft  es,  wobei  ein  kristallinischer,  an- 
fangs gelber,  dann  blauer,  zuletzt  grüner  Körper  entsteht.  Mit  Salzsäure 
bildet  es  einen  Camphor,  der  gleich  zusammengesetzt  mit  dem  Citronenöl- 
camphor  ist  und  wie  dieser  aus  C10  H18  Cl2  besteht  (Blanchet).  Das  Ra- 
dikal dieser  Verbindung  konnte  nicht  dargestellt  werden,  da  es  bei  der 
zur  Zersetzung  des  Camphors  nöthigen  Temperatur  selbst  zersetzt  wird. 
Die  flüssige  Chlorwasserstoffverbindung  bildet  sich  zwar  auch  hier,  konnte 
aber  nicht  isolirt  werden  (Soubeiran  und  Capitaine).  Wird  der  Camphor 
mit  Schwefelblei  destillirt,  so  erhält  man  ein  kuoblauchähnlich  riechendes 
öliges  Produkt.  — In  neuerer  Zeit  wird  das  Oel,  sowohl  das  durch  De- 
stillation, wie  das  nach  Ader  durch  Alkohol  und  Kalilauge  aus  dem  Balsam 
erhaltene,  in  der  Medicin  angewandt. 

Pfefferöl.  Durch  Destillation  von  Pfeffer  (Piper  nigrum  L.)  mit  Was- 
ser. Es  ist  farblos,  sehr  flüssig,  von  3,864  spec.  Gew.  Der  Siedepunkt 
ist  constant  bei  167,5°,  hat  dieselbe  procentische  Zusammensetzung  wie 
das  Terpentinöl,  und  die  Dampfdichte  wurde  von  Soubeiran  und  Capitaine 
zz:  4,73  gefunden.  Salzsaures  Gas  wird  in  grofser  Menge  davon  absor- 
birt,  ohne  eine  kristallinische  Verbindung  zu  bilden.  Dieses  Produkt  gab 
bei  der  Analyse  62,88  Kohlenstoff,  8,79  Wasserstoff,  28,32  Chlor,  was 
aber  zu  keiner  zulässigen  theoretischen  Formel  führt. 

Cubebenöl.  Wird  durch  Destillation  von  Cubeben  (die  Frucht  von 
Piper  Cubeba)  erhalten.  Es  ist  farblos,  schmeckt  gewürzhaft,  camphor- 
artig,  nicht  bitter,  riecht  aromatisch  und  verdickt  sich  an  der  Luft,  ohne 
an  Geruch  zu  verlieren.  Es  ist  klebrig,  von  0,929  spec.  Gew.  Der  Siede- 
punkt ist  zwischen  250  — 260°;  es  ist  für  sich  nicht  unzersetzt  destillirbar. 
Selbst  über  Chlorcalciumlauge  aufbe wahrt  enthält  es  ein  dadurch  nicht 
zersetzbares  Hydrat.  Mit  salzsaurem  Gas  giebt  es  einen  kristallisirten 
Camphor,  der  geschmack-  und  geruchlos,  in  kaltem  Wasser  leicht  löslich 
ist  und  bei  131°  schmilzt.  Seine  Zusammensetzung  ist  65,16  Kohlenstoff, 


104« 


Bitter  m and  el  öl. 


9,32  Wasserstoff,  25,52  Chlor,  was  der  Formel  C15  H26  Cl2  entspricht. 
Hiernach  betrachten  Soubeiran  und  Capitaine  das  Öel  selbst  als  aus  CJ5 

bestehend. 

b)  Sauerstoffhaltige  ätherische  Gele. 

Bittermandelöl  (OL  destilL  Amygdal.  amar .).  Blausäure- 
haltiger  Benzoylwasserstoff.  Aus  den  Fruchtkernen  von  Amygdalus 
commun.  var.  amara  L.  Man  befreit  die  zerstofsenen  bittern  Mandeln 
durch  Pressen,  ohne  Anwendung  von  Wärme,  von  dem  gröfsten  Theil  des 
fetten  Oels,  rührt  dann  die  Masse  mit  kaltem  Wasser  an  und  läfst  sie  12 
— 24  Stunden  damit  stehen.  Hierauf  setzt  man  mehr  Wasser  zu  und  de- 
sti'llirt,  oder  noch  besser  wird  Wasserdampf  so  lange  durch  die  mit  kal- 
tem Wasser  digerirte  Masse  geleitet,  bis  die  übergehende  Flüssigkeit  kein 
Oel  mehr  enthält.  Hierdurch  wird  die  Gefahr  des  Aubrennens  und  des 
Uebersteigens  der  Masse  am  sichersten  vermieden.  Das  zuerst  übergehende 
Wasser  ist  klar  und  enthält  viel  Oel  gelöst,  später  geht  das  Wasser  mil- 
chig über;  sobald  es  wieder  klar  destillirt  unterbricht  man  die  Operation, 
da  dann  kein  Oel  mehr  erhalten  wird.  Wird  die  zuerst  erhaltene  klare 
Flüssigkeit,  nachdem  man  das  daraus  abgesetzte  Oel  getrennt  hat/  mit  der 
trüben  Flüssigkeit  gemengt,  so  klärt  sich  diese,  indem  sich  das  in  ihr 
suspendirte  Oel  löst.  Daher  mufs  das  klare  Wasser  nochmals  rectificirt 
werden.  Das  zuerst  übergehende  enthält  sämmtliches  Oel , dessen  Menge 
fast  eben  so  grofs  ist  wie  die  zuerst  erhaltene.  Das  Bittermandelöl 
ist  gewöhnlich  goldgelb,  schwerer  als  Wasser,  von  starkem, 
angenehmem  Geruch  und  bitterem,  brennendem  Geschmack. 
Wegen  seines  Blausäuregehaltes  ist  es  sehr  giftig.  Durch  Was- 
ser kann  ihm  die  Blausäure  nicht  entzogen  werden,  wohl  aber  durch  kau- 
stisches Kali.  Salpetersaures  Silberoxid  fällt  nicht  sogleich  Cyansilber,  son- 
dern allmählig.  Wird  aber  salpetersaures  Silberoxid- Ammoniak  zugesetzt 
und  das  Gemenge  nachher  durch  Salpetersäure  sauer  gemacht,  so  schlägt 
sich  der  ganze  Blausäuregehalt  sogleich  als  Cyausilber  nieder.  (Siehe  Ben- 
zoylwasserstoff  und  Bittermandelwasser,  S.  071  u.  682.) 

Kirschlorbeer  öl  ( Ol . Laaro  - Cerasiy.  Von  Prunus  Laurocerasus  L . 
aus  den  frischen  Blättern  durch  Destillation  mit  Wasser  zu  erhalten.  Hell- 
gelbes, mit  der  Zeit  bräunlich,  zuweilen  schön  purpurviolett  werdendes 
Oel.  Durch  Wasser  verschwindet  diese  Färbung  bisweilen  wieder  und  tritt 
wieder  ein.  Es  ist  von  etwas  dicklicher  Consistenz,  riecht  wie  Bitter- 
mandelöl und  verhält  sich  überhaupt  diesem  ganz  gleich. 

Pfirsichblätter-  und  Pßr  sic  liker  liöl  (OL  foliorum  et  nucleorum  Per- 
sicorum').  Aus  den  jungen,  im  Juli  gesammelten  Zweigen  und  den  Frucht- 
kernen von  Persica  vulg.  Mül.  ( Amygdalus  Persica  LA.  Den  vorhergehen- 
den sehr  ähnlich.  Ganz  gleich,  nur  von  etwas  weniger  angenehmem  Ge- 
ruch ist  das  Oel  der  Ahlkirschenrinden  ( Ol.  Corticis  pruni  padiy.  Auch 
aus  den  Blättern  dieses  Baumes  erhält  man  solches  Oel,  ebenso  aus  andern 
Gattungen  vou  Primus  und  Amygdalus  ; nach  Grafsmann  liefert  es  auch 
die  Wurzel  von  Pyrits  seu  Sorbus  aucuparia  und  nach  Gerber  die  Rinde 
von  Rhamnus  frangula. 

Spiraeaöl,  s.  S.  690. 

Zimmtöl  (OL  Cinnamomi ).  Es  giebt  zweierlei : Ceyla - 
nischcs  Zimmtöl  (OL  Cinnamomi  ceylanici ),  von  Persea 
(Laurus)  Cinnamomum , und  gemeines  Zimmtöl  (OL  Cässiae 
cinnamonieäe ),  von  Persea  (Laurus)  Cassia . Beide  sind 

frisch  hellgelb,  bräunen  sich  jedoch  bald  an  der  Luft,  schmek- 
ken  angenehm,  süfslich,  sehr  aromatisch,  das  gemeine  etwas 
weniger  fein ; beide  haben  eine  sehr  stark  lichtbrechende  und 


Zimmtöl. 


1043 


farbenzerstreuende  Kraft,  ein  spec.  Gewicht  von  1,03  — 1,09. 

(Weitere  Eigenschaften  siehe  Cinnamyl  und  Zimmtöl , S.  692  u.  f.)  Mul - 
der  hat  in  der  neuesten  Zeit  eine  sehr  umfassende  Untersuchung  der  Oele 
der  verschiedenen  Zimmtsorten  , der  Cassienrinde  und  der  sogenannten  Cas- 
sienblüthen  geliefert,  die,  obwohl  in  ihren  physikalischen  Eigenschaften 
nicht  ganz  gleich,  doch  vollkommen  dasselbe  chemische  Verhalten  und  iden- 
tische Zusammensetzung  zeigen.  Er  fand,  dafs  sie  81,93  Kohlenstoff, 
7,23  Wasserstoff  und  10,84  Sauerstoff  enthalten,  was  sehr  genau  mit  der 
Formel  C20  H22  02  stimmt.  Diefs  ist  jedoch  nur  die  Zusammensetzung  der 
ganz  frischen  Oele,  denn  an  der  Luft  absorbiren  sie  sehr  rasch  Sauerstoff, 
es  bildet  sich  Zimmtsäure,  zwei  Harze  und  Wasser.  — Wird  lange  der 
Luft  ausgesetztes  Oel  destillirt,  so  erhält  man  kein  Oel  mehr  von  obiger 
Zusammensetzung,  sondern  ein  an  Sauerstoff  reicheres  Produkt,  in  der 
Retorte  bleibt  Zimmtsäure  und  die  beiden  Harze  mit  der  Kochsalzlösung 
gemischt  zurück.  Mulder  nennt  das  eine  Harz  Alphaharz.  Es  ist  schön 
rothbraun,  durchsichtig,  brüchig,  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol 
und  Aether,  schmilzt  bei  60°.  Es  löst  sich  in  concentrirter  Schwefelsäure 
und  wird  durch  Wasser  wieder  daraus  gefällt,  Salzsäure  löst  es  nicht 
auf,  von  Salpetersäure  wird  es  in  der  Wärme  zersetzt,  siedende  Kali- 
lauge löst  es  langsam  auf,  Ammo»niak  nicht.  In  Terpentinöl  und  Olivenöl 
ist  es  mit  rother  Farbe  löslich.  Es  enthält  79,52  Kohlenstoff,  6,40  Was- 
serstoff, 14,08  Sauerstoff,  was  der  Formel  C1S  H1S  02  entspricht.  Dieses 
Harz  ist  in  kaltem  Alkohol  leicht  löslich  und  bleibt  daher  in  Auflösung, 
während  das  zweite,  Betaharz  genannt,  in  kaltem  Alkohol  fast  unlöslich, 
sich  niederschlägt.  Diefs  letztere  ist  in  Aether  und  kochendem  Alkohol 
leichtlöslich,  hat  ein  geringeres  spec.  Gewicht  als  Wasser,  schmilzt  bei 
145°  zu  einem  rothbraunen  Harze,  dessen  Pulver  gelb  ist.  Concentrirte 
Schwefelsäure  färbt  es  schwarz , Wasser  schlägt  es  aus  dieser  Lösung 
unverändert  nieder.  Durch  Salpetersäure  wird  es  in  der  Wärme  entfärbt 
und  zersetzt.  Aetzkali  löst  kaum  eine  Spur  davon , Ammoniak  nichts. 
Seine  Lösung  in  kochendem  Alkohol  wird  durch  kochende  alkoholische 
Bleizuckerlösung  nicht  gefällt,  beim  Erkalten  fällt  bleifreies  Harz  heraus. 
Es  ist  also  ein  indifferentes  Harz.  Es  enthält  84,76  Kohlenstoff,  6,08 
Wasserstoff,  9,16  Sauerstoff,  was  der  Formel  Cia  H10  O entspricht.  Be- 
trachtet man  die  Zusammensetzung  der  Zimmtsäure  und  der  beiden  eben- 
beschriebenen Harze , so  erklärt  sich  ihre  Bildung  aus  dem  Zimmtöle  durch 
Aufnahme  von  Sauerstoff  sehr  einfach: 

1 At.  Zimmtsäure  = 18C  14H  -4-  SO 

1 At.  Betaharz  = 12C  -4-  10H  -4-10 

2 At.  Alphaharz  = 30C  -1-  30H  -4-  40 

6 At.  Wasser  = 12H  -f-  60 

60C  -+•  66HH-140  == 

3  At.  Zimmtöl  — 3(20C  -f-  22H  -h  20)  -4-  8 At.  Sauerstoff,  die  aus  der 
Atmosphäre  aufgenornmen  wurden. 

Durch  Einwirkung  von  Salzsäuregas  auf  Zirnrnt-  und  Cassienöl  werden 
diese  zersetzt;  es  bilden  sich  zwei  Harze,  deren  eines  in  kaltem  Alkohol 
fast  unlöslich,  das  andere  leicht  löslich  ist,  ferner  ein  nicht  näher  unter- 
suchtes, sehr  flüchtiges  Oel  und  Wasser.  Das  in  Alkohol  wenig  lösliche 
Harz  ist  leichtlöslich  in  Aether,  dunkelbraun,  sehr  brüchig,  schmilzt  bei 
160°.  Schwefelsäure  löst  es  bei  50°  mit  dunkelrother  Farbe;  Salzsäure 
greift  es  nicht  an ; Salpetersäure  zersetzt  es.  Kali  und  Ammoniak  lösen 
es  nicht  auf,  wohl  aber  Terpentinöl  und  Olivenöl.  Es  enthält  88,19  Koh- 
lenstoff, 5,76  Wasserstoff  und  6,05  Sauerstoff,  was  der  Formel  C20  H16  O 
entspricht. 

Das  in  Alkohol  lösliche  Harz  schmilzt  bei  85",  ist  rothbraun,  sehr 
brüchig,  in  kaltem  Alkohol,  Aether,  Terpentinöl  und  Olivenöl  löslich,  un- 
löslich in  Wasser,  Kali,  Ammoniak  und  Salzsäure.  Schwefelsäure  löst  es 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  mit  violetter  Farbe,  heifse  Salpetersäure 
zersetzt  es.  Es  enthält  85,88  Kohlenstoff,  6,25  Wass-erstoff,  7,87  Sauer- 
stoff, was  der  Formel  C14  H 2 O entspricht.  Durch  concentrirte  Schwe - 


1044 


Nelkenöl. 


felsäure  erhält  man  aus  dem  Zimmtöle  ebenfalls  zwei  Harze,  deren  eins 
in  Alkohol  löslich  ist,  bei  90°  schmilzt,  von  kaltem  Alkohol,  Aether,  Ter- 
pentin- und  Olivenöl  gelöst  wird,  ebenso  von  concentrirter  Schwefelsäure 
mit  violetter  Farbe  und  daraus  durch  Wasser  farblos  fällbar  ist.  Salpeter- 
säure zersetzt  es  nur  langsam  beim  Sieden.  Salzsäure,  Ammoniak  und 
Kali  lösen  es  nicht.  Es  enthält  85,56*  Kohlenstoff,  7,20  Wasserstoff,  7,24 
Sauerstoff,  woraus  sich  die  Formel  CIS  0 berechnet.  Das  zweite,  durch 
die  Einwirkung  der  Schwefelsäure  entstandene  Harz  ist  selbst  in  sieden- 
dem Alkohol  unlöslich,  bildet  ein  orangefarbenes,  noch  nicht  bei  300° 
schmelzendes  Pulver.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  Kali,  Ammoniak  und 
Salzsäure,  leichtlöslich  in  Aether,  Terpentinöl  und  Olivenöl.  Salpeter- 
säure zersetzt  es  beim  Sieden  ohne  es  zu  lösen.  Es  enthält  in  100  Th. 
88,60  Kohlenstoff,  7,22  Wasserstoff  und  4,18  Sauerstoff,  was  mit  den 
nach  der  Formel  630  H50  O berechneten  Zahlen  sehr  gut  übereinstimmt. 

Hiernach  erklärt  sich  die  Einwirkung  der  Schwefelsäure  auf  das  Zimmt- 
und  Cassienöl  sehr  leicjit,  denn: 

2 At.  des  in  Alkohol  löslichen  Harzes  zz:  30C  -4-  30H  -4-  20 

1 At.  des  in  Alkohol  unlöslichen  Harzes  = 30C  -4-  30H  -+-  O 

3 At.  Zimmtöl  minus  3 At.  Wasser  zzz  60C  -4-  60H  -4-  30 

Es  hat  sonach  die  Schwefelsäure  jedem  Atome>Oel  1 At.  Wasser  entzogen 
und  Cao  H20  O ist  in  zwei  Harze,  welche  sich  nur  durch  ihren  Sauerstoff- 
gehalt unterscheiden,  zerfallen.  — Wenn  in  concentrirte  Salpetersäure 
in  der  Kälte  frisches  Zimmtöl  getropft  wird,  so  bildet  sich  nach  einigen 
Augenblicken  eine  kristallinische  gelbe  Masse.  Durch  Pressen  derselben 
zwischen  Fliefspapier.  wird  sie  von  überschüssiger  Säure  uud  einem  rotlien 
öligen  Körper  befreit.  Sie  erscheint  dann  vveifs  und  gab  nach  dem  Trock- 
nen über  Schwefelsäure  57,84  Kohlenstoff,  4,98  Wasserstoff,  6,96  Stick- 
stoff, 30,22  Sauerstoff,  was  der  Formel  C18  HI8  N2  Or  entspricht.  Diese 
Verbindung  ist  in  wasserfreiem  Alkohol  und  Aether  löslich,  durch  Wasser 
und  selbst  an  feuchter  Luft  zersetzt  sie  sich.  Kali  und  Ammoniak  scheiden 
ein  orangegelbes  Oel  ab.  Concentrirte  Schwefelsäure  giebt  eine  gelbe 
Lösung  , die  durch  Wasser  milchig  wird  und  Zimmtsäure  abscheidet.  Salz- 
säure löst  die  Verbindung.  Wasser  scheidet  ein  farbloses  Oel  ab,  welches, 
mit  Wasser  destillirt  und  getrocknet,  eine  der  Formel  C18  H16  02  entspre- 
chende Zusammensetzung  hat.  — Der  von  dem  Papier  eingesogene  rothe 
Körper  kann  durch  vollkommen  wasserfreien  Aether  und  Alkohol  daraus 
ausgezogen  werden,  durch  Wasser  wird  er  aber  sogleich  zersetzt  und  ein 
nach  der  Formel  C1S  H14  02  zusammengesetztes  Oel  abgeschieden. 

Ueber  die  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  das  Zimmtöl  kann  man 
sich  nach  diesen  Angaben  leicht  Rechenschaft  geben.  Das  Zimmtöl  C20 
H„  04  verliert  C2  H4  und  verbindet  sich  mit  N2  Os  zu  Cj8  H18  N2  Or , eine 
Verbindung,  deren  rationelle  Zusammensetzung  sich  wohl  am  besten  durch 
die  Formel  C18  H16  03  -f-  N2  0,  -f-  H2  0 ausdrücken  läfst,  da  sich  dann  ihre 
Zersetzung  durch  Wasser,  sowie  die  Bildung  der  Zimmtsäure  in  der  schwe- 
felsauren Lösung  leicht  erklärt.  — Durch  die  Einwirkung  von  Ammoniak 
auf  Zimmtöl  bildet  sich  ein  flüchtiges,  nicht  näher  untersuchtes  Oel  und  ein 
gelbes  Harz,  welches  mit  dem  durch  Salzsäure  erzeugten,  in  Alkohol  un- 
löslichen, identisch  ist.  ( Mulder .) 

Nelkenöl  ( Ol . Caryophy Horum ).  Aus  den  noch  unent- 
wickelten Blüthenknospen  von  Caryophyllus  aromaticus  L. 
Fast  farbloses,  mit  der  Zeit  gelb  und  braun  werdendes,  etwas 
dickflüssiges  Oel,  riecht  sehr  durchdringend,  schmeckt  feurig 
gewürzhaft,  reagirt  sauer;  spec.  Gew.  1,055.  Es  ist  eins  der 
am  wenigsten  flüchtigen,  ätherischen  Oele  und  schwer  über- 
zudestilliren.  Es  löst  sich  in  Alkohol,  Aether  und  concen- 
trirter Essigsäure.  Es  erstarrt  nicht  bei  — 18  bis  20°.  (Wei- 
tere Eigenschaften  siehe  Nelkensäure  S.  936  u.  f.) 


Pichurimöl, 


1045 


Sassafrasöl  C Ol.  Sassafras ).  Von  Persea  oder  Laurus  Sassafras . 
Frisch  farbloses,  mit  der  Zeit  gelb  und  bräunlich  werdendes  Oel,  von  an- 
genehm fenchelartigem  Geruch  und  scharfem  gewürzhaftem  Geschmack. 
Spec.  Gew.  = 1,08  — 1,09.  Nach  Bonastre  soll  es  durch  Wasser  in  zwei 
Oele  geschieden  werden,  von  denen  das  eine  leichter,  das  andere  schwe- 
rer als  Wasser  ist.  Oft  ist  jedoch  das  erstere  nur  Terpentinöl,  mit  dem 
es  sehr  häufig  verfälscht  vorkomint.  Von  Salpetersäure  wird  es  schar- 
lachroth,  in  der  Wärme  bildet  sich  Kleesäure.  Mit  rauchender  Salpeter- 
säure verpufft  es  heftiger  als  die  meisten  andern  flüchtigen  Oele.  Mit  Al- 
kalien verbindet  es  sich  nicht.  Concentrirte  Schwefelsäure  zersetzt  es. 
Durch  Chlor  wird  es  dicklich,  weifs  und  undurchsichtig.  Beim  Aufbewah- 
ren setzt  es  viel  Stearopten  ab,  welches  schön  kristallisirt,  wie  das  flüs- 
sige Oel  schmeckt,  bei  der  Wärme  der  Hand  schmilzt  und  sich  unzersetzt 
verflüchtigt.  In  Wasser  ist  es  unbedeutend  löslich,  aus  seiner  Lösung  in 
Alkohol  wird  es  durch  Wasser  nicht  gefällt.  Concentrirte  Schwefelsäure 
zersetzt  es.  Concentrirte  Salpetersäure  bildet  damit  eine  rothe,  ölige 
Flüssigkeit,  aus  der  sich  ein  braunes  Harz  absetzt.  Von  Chlorwasserstolf- 
säure,  Essigsäure  und  Kalilauge  wird  es  selbst  in  der  Wärme  nicht  gelöst. 

Es  riecht  wie  das  Oel  und  wird  durch  längere  Berührung  mit  der  Luft 
wieder  flüssig,  wornach  es  selbst  bei  — 4°  nicht  erstarrt. 

Lorbeeröl  (Ol.  laurinum  aethereum).  Aus  den  Lorbeeru  (von  Laurus 
nobilis')  durch  Destillation  mit  Wasser  zu  erhalten.  Schmutzigweifses, 
dickflüssiges  Oel  von  starkem  Geruch  und  bitterm  Geschmack.  Es  erstarrt  # 
schon  über  0°.  Es  hat  ein  spec.  Gew.  0,914.  Durch  Rectification  er- 
hält man  daraus  ein  leichtflüchtiges  Oel  von  0,857  spec.  Gew.  und  ein 
schwerflüchtiges  von  0,885  spec.  Gew.;  in  der  Retorte  bleibt  eine  zähe 
braune  Masse  zurück.  Beide  enthalten  81,7  — 81,6  Kohlenstoff,  11,6  — 11,7 
Wasserstoff  und  6,7  — 6,6  Sauerstoff.  Ein  frisch  mit  Wasser  destillirtes, 
sowie  ein  über  Kali  rectificirtes  gaben  bei  der  Analyse  83,1  — 83,7  Koh- 
lenstoff, 11,2  — 11,6  Wasserstoff,  5,7  — 4,7  Sauerstoff.  Brandes  stellt 
hiernach  für  das  flüchtige  Lorbeeröl  die  Formel  C30  HJ2  O auf,  die  mit  der 
des  Camplioröls  identisch  ist.  Der  harzige  Rückstand  der  Destillation  ent- 
hält nur  73  p.  c.  Kohlenstoff. 

Laurin  wird  erhalten  durch  Ausziehen  der  Lorbeern  mit  heifsem  Al- 
kohol, den  man  dann  zum  gröfsten  Theil  abdestillirt,  und  beim  Erkalten 
kristallisirt  das  Laurin  aus  der  übrigbleibenden  Flüssigkeit  in  Octaedern  mit 
rhombischer  Basis  mit  Winkeln  von  120°  und  60°.  Es  schmeckt  scharf  und 
bitter,  riecht  wie  Lorbeeröl,  ist  in  Wasser  und  kaltem  Alkohol  sehr  we- 
nig, in  kochendem  Alkohol  und  in  Aether  leichtlöslich  und  schiefst  daraus 
in  spröden,  zwischen  den  Zähnen  knirschenden,  harten  Nadeln  an.  Es 
reagirt  weder  sauer  noch  alkalisch.  In  höherer  Temperatur  schmilzt  es 
und  verflüchtigt  sich  ohne  Rückstand.  Concentrirte  Schwefelsäure  färbt  es 
zuerst  gelb,  dann  roth.  In  kalter  Salpetersäure  wird  es  flüssig  und 
schwimmt  wie  ein  Oel  obenauf. 

Culilabanöl,  von  Laurus  Culilaban.  Es  ist  farblos,  riecht  wie  Ca- 
jeput-  und  Nelkenöl  und  ist  schwerer  als  Wasser.  Mit  Sa/petersäure  er- 
hitzt giebt  es  eine  carmoisin rothe  Flüssigkeit,  aus  der  durch  Wasser  ein 
ziegelrothes  Harz  gefällt  wird.  (Schlafs.) 

Oel  aus  Guiana.  Von  einem  zu  Ocotea , Litsea  oder  Percea  gehören- 
den Baume,  aus  dessen  Rinde  es  bei  Verletzung  ausfliefst.  Leichter  als 
Wasser,  farblos,  von  terpentinartigem  Geruch,  warmem,  stechendem  Ge- 
schmack, bei  24°  verdampfend.  Es  verbrennt  mit  dickem  Rauch,  mischt 
sich  nicht  mit  Schwefelsäure;  wird  wieder  von  Wasser  noch  Säuren  oder 
Alkalien,  leicht  aber  von  Alkohol  und  Aether  gelöst.  Es  löst  leicht  Cam- 
phor  und  Harze. 

Pichurimöl  und  - Camphor , wird  nach  Bonastre  durch  Destillation  von 
Pichurimbohnen  (Laurus  Pichurim)  mit  Wasser  erhalten.  Setzt  man  dem 
Wasser  Schwefelsäure  zu,  so  geht  nur  das  Oel  über.  Dieses  ist  leichter 
als  Wasser,  blafsgelb,  dem  Lorbeer-  und  Sassafrasöle  ähnlich  riechend 


1046 


Bergarnottöl. 


und  leichtlöslich  in  Weingeist.  Das  Camphor  haltende  ist  schmutzigweirs 
riecht  schwächer,  schmeckt  scharf  und  bitter,  gesteht  schon  bei  mittlerer 
Temperatur  und  bräunt  sich  an  der  Luft.  Der  daraus  geschiedene  Camphor 
ist  weifs,  kristallinisch,  glänzend,  fast  geruchlos,  schwach  aromatisch 
schmeckend,  flüchtig,  nicht  in  kaltem,  leicht  in  heifsem  Alkohol  und  Ae- 
ther  löslich. 

Safranöl.  Aus  dem  Stigma  von  Crocus  sativus  durch  Destillation  mit 
Wasser.  Es  ist  gelb,  leichtflüssig,  sinkt  in  Wasfcer  unter,  riecht  wie 
SafraD,  schmeckt  scharf  und  bitter.  Mit  der  Zeit  verwandelt  es  sich  in 
eine  weifse  kristallinische,  auf  dem  Wasser  schwimmende  Materie,  von 
der  sich  stets  schon  bei  der  Destillation  eine  geringe  Menge  bildet. 

Bergamollöl  (OL  seu  Essenäa  BergamoUae).  wird  erhal- 
ten durch  Zerreifsen  der  Oberhaut  der  Früchte  der  Bergamotten  ( Citrus 
Limettä  Bergamium  seu  Citrus  Beryamia  Rissu ) und  Auspressen.  Es  ist, 
wie  es  im  Handel  verkommt,  ein  blafs^elbes,  zum  Theil 
grünlich-  oder  bräunlichgelbes,  sehr  dünnflüssiges  Oel  von 
angenehmem,  Citronen  und  Pomeranzen  nicht  unähnlichen 
Geruch.  Sein  spec.  Gew.  ist  = 0,873  — 0.885.  in  der  beim 

Lagern  des  Oels  sich  abscheidenden  Flüssigkeit,  weiche  sowie  das  rohe 
Oel  sauer  reagirt,  fand  Ohme  Essigsäure.  Auch  Benzoesäure  soll  biswei- 
len darin  enthalten  seyn.  Es  setzt  sich  mit  der  Zeit  aus  dem  Oele  Stea- 
ropten  (Bergamottencamphor , Ohme’s  Bergapten)  ab.  Durch  Lösen  in  sie- 
dendem Alkohol,  nachdem  er  durch  Aether  von  anhängendem  Oele  befreit 
ist,  erhält  man  diesen  Körper  beim  Erkalten  in  feinen  Nadeln  kristallisirt, 
bei  206°  schmelzbar  und  kristallinisch  erstarrend.  Er  ist  farblos  und  ge- 
ruchlos, löslich  in  Alkohol,  Aether,  heifsem  Wasser  und  Aetzkali.  Von 
Schwefelsäure  wird  er  roseuroth  gefärbt.  Salpetersäure  wirkt  in  der  Kälte 
nicht  darauf  ein  , beim  Erwärmen  bildet  sich  keine  Kleesäure,  wiewohl  er 
zersetzt  wird.  Salzsaures  und  Ammoniakgas  verbinden  sich  nicht  damit. 
Die  spirituöse  Lösung  wird  durch  in  Alkohol  gelöstem  ßleizucker  nicht 
gefällt.  (MulderJ  Üebercinstimmende  Analysen  von  Mulder  und  Ohme 
führen  zu  der  empirischen  Formel  C5  H2  O. 

Soubeiran  und  Capitaine  analysirten  Bergarnottöl,  welches  für  sich 
destillirt  worden  war.  Die  ersteren  Theile  des  Destillates  enthielten  Koh- 
lenstoff, Wasserstoff  und  Sauerstoff  in  einem  Verhältnis,  wornach  man 
das  Oel  als  ein  Hydrat  des  Camphen’s  betrachten  kann,  wie  diefs  Ohme 
nach  seinen  Analysen  von  Oel,  welches  mit  W’asser  destillirt  worden  war, 
annehmen  zu  müssen  glaubt.  Er  giebt  dafür  die  Formel  3(C10H16)-f-2H20. 
In  den  letzten  Portionen  des  für  sich  destillirten  Oels  wurde  aber  ein 
grofser  Ueberschufs  an  Sauerstoff  gefunden.  Deshalb  glauben  Soubeiran 
und  Capitaine,  dafs  das  Bergamottöl  ein  oder  zwei  Oele  aus  der  Klasse 
der  Camphene  enthalte,  aufserdem  ein  Hydrat  und  ein  sauerstoffhaltiges, 
durch  den  Einflufs  der  Luft  gebildetes  Oel.  Es  raufs  daher  das  Bergarnottöl 
zu  den  sauerstoffhaltigen  Oelen  gezählt  werden.  — Sie  brachten  wasser- 
freie Phosphorsäure  mit  dem  Oele  in  Berührung,  dem  dadurch  alles  Was- 
ser entzogen  wurde , und  das  über  der  sauren  Flüssigkeit  schwimmende 
Oel  hatte  die  procentische  Zusammensetzung  des  Camphen’s.  Mit  der  Phos- 
phorsäure hatte  sich  ein  anderer  Theil  des  Oels  zu  einer  den  Aethersäuren 
analogen  Verbindung  ( acide  phospho-beryamique')  vereinigt.  Mit  salzsau- 
rem Gas  konnten  sie  nur  eine  flüssige  Verbindung  darstellen,  die  aber 
wahrscheinlich  nicht  rein  erhalten  wurde.  Sie  fanden  27,81  Chlor.  Ohme 
fand  nur  7,69  Chlor  in  der  Verbindung,  die  er  mit  W^asser  destillirt  hatte, 
wodurch  wohl  ein  grofser  Theil  zersetzt  worden  war.  — Das  Bergarnottöl 
dient  vorzüglich  zu  Parfümerie,  Pommade  u.  s.  w.  — Unter  dem  Namen  Ol. 
Portugallo  kommt  eine  geringere  Sorte  im  Handel  vor,  auch  heifst  das 
folgende  Oel  so.  — Hierher  gehört  noch  das  Limettenöl  (Ol.  Limettae'), 
ein  ähnliches  Oel,  von  etwas  abweichendem,  aber  fein  aromatischem  Ge- 
ruch und  brennend  bitterscharfem  camphorartigen  Geschmack;  spec.  Ge- 
wicht 0,931 ; röthet  stark  Lackmus. 


Caj  eputö  1. 


1047 


Roseilöl  (Ol.  Rosaruni).  Vou  Rosa  centifolia , moschata,  sem~ 
pervirens  u.  a.  Gelbes,  dickflüssiges  Oel,  bei  niedrigeren  Wär- 
megraden erstarrend  zu  einer  aus  glänzenden , fast  farblosen, 
durchsichtigen  Blättchen  bestehenden,  butterartigen  Masse,  die 
erst  bei  28  — 30°  wieder  vollständig  flüssig  wird.  Es  riecht 
in  sehr  verteiltem  Zustande  angenehm  und  sehr  eigentüm- 
lich, in  Masse  Kopfiyeh  erregend,  schmeckt  milde,  gewürz- 
haft 5 röthet  das  Lackmus  nicht,  lod  wirkt  nur  langsam  dar- 
auf ein,  indem  es  einen  Theil  verharzt.  Spec.  Gew.  = 0,832. 
1000  Th.  Alkohol  von  0,808  spec.  Gew.  nehmen  bei  14°  nur 
7%  Th.  und  bei  22°  nicht  mehr  als  33  Th.  des  Oeles  auf. 
1 Th.  Oel  bedarf  8000  Th.  Wasser  zu  seiner  Lösung.  Es  be- 
steht aas  Stearopten  und  einem  flüssigen  nicht  näher  gekannten  Oele.  Diefs 
Gemenge  wurde  von  de  Saussure , Göbel,  Blanchet  und  Seil  analysirt  mit 
sehr  verschiedenen  Resultaten , was  wohl  von  der  ungleichen  relativen 
Menge  des  flüssigen  und  des  festen  Bestand theils  herrührt. 

De  S.  G.  BL  u.  Seil. 

Kohlenstoff  82,05  — 69,66  — 75,11 

Wasserstoff  13,12  — 16,06  — 12,13 

Sauerstoff  3,92  — 14,28  — 12,76 

Das  Stearopten  wird  rein  erhalten , indem  man  das  flüssige  Oel  mit  Wein- 
geist auszieht,  das  ungelöste  in  Aether  löst  und  daraus  durch  Alkohol 
fällt.  Es  bildet  kristallinische,  erst  bei  35°  schmelzende,  bis  25°  butter- 
artig weich  bleibende  Blättchen  von  Wachsconsistenz,  welche  bei  280 
300°  sieden,  in  Alkohol  sehr  schwer  löslich,  in  Aether  und  flüchtigen 
Oelen  sehr  leicht  löslich  sind.  Von  Schwefelsäure  wird  es  mit  brauner 
Farbe  gelöst.  Salz-  und  Salpetersäure  wirken  nur  wem«-  darauf  Con- 
centrirte  Essigsäure  löst  es  auf,  auch  Kali , nicht  aber  'Ammoniak.  De 
Saussure  und  Blanchet  §r  Seil  fanden  es  bestehend  aus  85,96  Kohlenstoff 
und  14,04  Wasserstoff,  was  dem  Verhältnifs  CH*  entspricht 

Das  Rosenöl  wird  häufig  mit  Rosenholzöl,  gelbem  Santelöl  - IVardenö! 
fettem  Oel  und  Wallrath  verfälscht.  Selbst  in  Ostindien  wird  es  zum  Theil 
mit  fettem  Oel  vermischt  erhalten,  indem  die  Saamen  einer  Dteitalisart 
Sisama,  wiederholt  mit  frischen  Bosenblättern  geschichtet  und  dann 
geprefst  werden.  Man  läfst  ablagern  und  nimmt  die  obere  Schicht  als 
brauchbar  ab.  Soll  es  jedoch  rein  erhalten  werden,  so  wird  diese  Lösnni 
m fettem  Oele  mit  wenig  Wasser  destillirt,  mit  dem  das  Rosenöl  zugleich 
ubergeht.  Das  beste  kommt  aus  der  Türkei.  s 


Rosenholzöl  (Ol.  ligni  Rhodii~),  von  Convolvolus  scoparius.  Blafs- 
gelbes,  dünnflüssiges  Oel,  mit  der  Zeit  roth  werdend,  roaenähnlich  rie- 
chend, bitter  und  gewürzhaft  schmeckend.  Es  wird  zur  Verfälschung  des 
verliert  beaui,zt>  welches  aber  dadurch  seine  butterartige  Beschaffenheit 

..i.,*0SemraniTU  C°l,  Gertnii  rusei)-  Von  Vetorgonium  Radula,  va- 
netas  roseum.  Ein  aus  kristallinischen  Nadeln  bestehendes,  weifsliches 
erst  bei  SO  schmelzendes  Oel,  welches  rosenähnlich  riecht,  aber  zugleich 
m^ch  Germmim  robertmnum.  Es  hat  einen  milden  Geschmack  und  w rd 
zur  Verfälschung  des  Rosenöls  benutzt. 

Cajepuli).  Von  Melaleuca  Leucadendron  L.  und 
muieuca  Cajeputi  Roxb.  Cajeput  bedeutet  in  der  Landessprache  der 
Moluckenbewohner:  der  weifse  Baum.  Das  Oel  ist  gewöhnlich  blafsarön 
gefärbt.,  was  eine  Eigemhiiniliohkeit  dieses  Oeles  ist,  oft  aber  auch  noch 
überdies  von  einem  Kupfergehalt  herrührt , den  es  erhält  durch  Aufbewah- 
rung und  Versendung  in  kupfernen  Gefäfsen.  Es  ist  sehr  dünnflüs- 
sig;  in  Masse  besitzt  es  einen  unangenehmen,  bei  grofser 
Vertheilung  einen  sehr  angenehmen,  dem  Camphor-  und  Ros- 


1048 


Muskatnufsöl. 


marinöl  nicht  unähnlichen  Geruch  und  gleichen  Geschmack, 
es  hinterläfst  wie  Pfeffermünzöl  eine  anhaltende  Kühle  im 
Munde  $ es  reagirt  nicht  sauer.  Spec.  Gewicht  = 0,978. 

Durch  Destillation  wird  es  in  zwei  Oele  getrennt , die  zuerst  übergehen- 
den 7/s  sind  ungefärbt,  von  0,897  spec.  Gew.,  dann  geht  ein  grünes  Oel 
von  0,92  spec.  Gew.  über  (Leverkölin').  Blanchet  und  Seil  beschreiben 
ein  ganz  unverfälschtes  Oel  von  0,927  spec.  Gew.,  welches  bei  175° 
kochte,  ein  farbloses  Destillat  von  0,919  spec.  Gew.  und  173°  Siedepunkt 
lieferte  und  ein  wenig  Harz  hinterliefs , welches  ohne  Asche  zu  hinterlas- 
sen verbrannte.  In  dem  rectifieirten  Oele  löste  sich  Iod  ohne  Verpuffung. 
Kalium  oxidirte  sich  darin,  ohne  das  Oel  zu  färben.  Schwefelsäure  bräunt 
es  schwach  in  der  Kälte,  Salpetersäure  bewirkt  keine  Veränderung.  Sie 
fanden  es  bestehend  aus  77,90  — 78,11  Kohlenstoff,  11,57 — 11,38  Was- 
serstoff, 10,53  — 10,51  Sauerstoff,  was  der  Formel  C10  H18  0 entspricht. 

— Den  sehr  gewöhnlichen  Kupfergehalt  in  dem  Oele  entdeckt  man  leicht, 
wenn  man  es  mit  salzsäurehaltigem  Wasser  schüttelt  und  dieses  nachher 
mit  Blutlaugensalzlösung  vermischt,  wo  dann  die  Salzlösung  durch  Cyan- 
eisenkupfer rothgefärbt  erscheint.  Auch  durch  einen  in  die  saure  Flüssig- 
keit gestellten  blanken  Eisenstab  wird  der  Kupfergehalt  leicht  aufgefunden. 

— Die  Aechtheit  ergiebt  sich  aus  den  angegebenen  Eigenschaften;  beson- 
ders ist  auch  die  Kühle,  welche  es  im  Munde  hinterläfst,  ein  Kennzeichen 
der  Aechtheit.  Ein  mit  Camphor  und  andern  ätherischen  Oelen  künstlich 
verfertigtes  soll  sich  auch  zu  erkennen  geben  , wenn  man  etwas  auf  Zucker 
tröpfelt  und  in  Wasser  wirft,  wo  sich  der  Camphor  ausscheidet.  Diese 
Probe  ist  nach  Guibourt  täuschend.  — Die  Blätter  von  Eucalyptus  resini-  1 
fera , sowie  anderen  Eucalyptus-Arten,  liefern  ebenfalls  viel,  dem  Caje- 
putöl  sehr  ähnliches  ätherisches  Oel. 

Muskatnufsöl  ( Ol . Nucistae  aethereuni).  Wird  durch  Destillation  mit 
Wasser  aus  den  Muskatnüssen  von  Myristica  moschata  erhalten,  ßlafs- 
gelbes , dünnflüssiges,  aromatisches  Oel  von  0,92  spec.  Gew.  Es  besteht  1 
aus  einem  leichten  flüssigen  und  einem  kristallinischen , in  Wasser  zu  Bo- 
den sinkenden,  unter  100°  schmelzenden  Körper,  der  von  John  Myristi - 
ein  genannt  worden  ist.  Mulder  hat  diesen  kristallinischen  Körper  genauer 
untersacht  und  ihn  bestehend  gefunden  aus  93,28  Kohlenstoff,  10,51  Was- 
serstoff, 26,13  Sauerstoff.  Nach  seinen  Versuchen  enthielt  die  Verbindung 
mit  Salzsäure  V3*  mehr  Wasserstoff,  als  das  Stearopten;  er  berechnet  ' 
hiernach  und  nach  der  Bestimmung  des  Chlorgehaltes  das  Atomgewicht 
des  Stearoptens  zu  1922,6  und  stellt  dafür  die  Formel  C16  H3J  05  auf. 

Muskatblütlienöl  (Ol.  Macis).  Aus  der  die  Muskatnufs  umgebenden 
netzförmigen  Haut,  Macis,  durch  Destillation  mit  Wasser.  Ist  mit  dem 
vorhergehenden  wrohl  identisch.  Beide  Oele  bilden  mit  Alkalien  seifen- 
ähnliche Verbindungen. 

Cardamomenöl  (Ol.  Cardamomi ).  Von  Amomum  repens  L.,  dessen 
Früchte  4 Proc.  des  flüchtigen  Oels  nach  Trommsdorff  enthalten.  Es  ist 
farbles  oder  blafsgelb,  riecht  gewürzhaft,  camphorartig  und  hat  einen 
brennenden  Geschmack.  Sein  spec.  Gew.  ist  0,945.  Von  Alkohol,  Ae- 
ther,  fetten  und  flüchtigen  Oelen,  sowie  von  concentrirter  Essigsäure  wird 
cs  gelöst,  ebenso  von  Kalilauge.  Mit  Iod  detonirt  es  nicht.  Mit  rauchen- 
der Salpetersäure  bildet  es  unter  heftigem  Schäumen  ein  gelbes  Harz,  bis- 
weilen entzündet  es  sich  selbst  damit. 

Galyantöl.  Nach  Neumann  und  Buchholz  in  der  Galgantwurzel  (Al- 
pinia  Galanya ) enthalten.  Gelblichweifs,  von  aromatisch  camphorartigem 
Geschmack  und  dem  Cajeputöle  ähnlichen  Geruch.  Es  ist  leichter  als  Was- 
ser, nicht  sehr  flüchtig,  verdickt  sich  an  der  Luft  und  verliert  den  Geruch. 

Es  löst  sich  leicht  in  Alkohol  und  Aether,  aber  nur  unvollkommen  in  al- 
kalischen Laugen. 

Tonkastearopten , aus  den  Bohnen  von  Dipterix  odorata  Willd.  Von 
Boullay  und  Boutron-  Charlard  dargestellt.  Die  Bohnen  werden  mit 


1049 


Anisöl.  Dillöl. 

dt  räckW"  Md  feWes 

kohol  behandelt der  das  fette  Oel  zuröckläfsfc "J? tundl§e  Masse  mit  Al- 
ge«1 Verdampfeu  das  Stearopten  kristallisirt  Fs fj!  aUS  deo*  bei  freiwilli- 
mendfüii  Gcsclimaek  und  aromatischem  Geruch^  sch  wert  al^w*“  ’ "är~ 
kaltem  Wasser  ist  es  sehr  wenig  löslich  bedarf TJ k n 1 W»s»er.  In 
Wasser  von  15°  und  45  Th.  kochendes  Tn  aw  l T°h  Buchn er  40(>  Th. 

flüchtigen  Oelen  ist  es  leicht  löslich  Diese  Linien  ret  ’ feWen  und 
Lackmus.  e Losungen  reagiren  nicht  auf 

halten.  Trübe,  thfslichgelb  ? dfeic Bässi°e  vont”*  ?ed??ria  Roxh-  ent- 
und  Geschmack,  löst  sichln  Alkohol  undSAether  Natt  ‘CheD1  Geruch 
es  aus  zwei  Oelen,  wovon  das  eine  schwerer  t Neumann  besteht 
Wasser  ist;  nach  Geoffroy  enthält  es  eine  cantottig^  sXtanz^^  * 

«Ohes  tiTon  durchdringend  SÄt?  \ ^ b^' 

%TZckd  r0%t ■“*  Lackraus^  ää  SiSSSWSZ 

Es  ist  farblos^der  ff?elblirh  UVnn  Fr“ch.ten.vo“  Vimpintiia  Anisum  h 
lichem  Geschmad!  gesteht  XfbS'lO?fteJ’/i!de,n>  Sufs' 
17»  wieder  flüssig  Es besteht  J°  ’ Vd  aber  erst  bei 
Temperatur  feste!  und  einem  flüss gen  Öde Xfv^’fet’ 
von  Stearopten  und  flüssigem  Eläonfen  varärt  hänfil  h®  ,fs 

und  Seil  s Analyse  gab  81.35  Kohlenstoff  ft  « w * ^ Blanchet 

Stoff.  Es  läfst  sich  in  allen 10,10  Sauer- 
»Sein  spec.  Gew.  ist  ~ 0^985.  mif  ^^ohol  von  0^80  mischen. 

bei  0\  Es® ist° eine  wdfetÄS  Whpapier 

welche  bei  330"  kocht.  Bei  10°  ist  es  in  4 Th  aÜ  ll  llmeIzende  Masse, 
während  es  bei  15»  schon  von  %0  seines  Gctichts  a°.l  7“,  °>80  ldsli<=", 
Kristallisirt  verändert  es  sich  nicht  an  der  Alk°bol  gelöst  wird. 

Stande  verharzt  es  und  kristallisirt  d»nt-  n?ft’  .lm  geschmolzenen  Zu- 
steht cs  aus  C„  H,6  <>  “pec  Gew  ttt";  NaCh  Cah<»‘™  be- 

£,0r."^--  ei“"  'W Vertag,  dwelSfPc“H"‘n  n,Ba  Mit 

Brom  bildet  damit  eine  analog  zusamniPni«-iJrfe.  • f.20  C 6 °*  entliält. 

Mit  verdünnter  Salpetersäure8  »uhstanz. 

Formel  C1#  H, , 0,  4-  AeO  besitzt  i L *>aure,  deren  Silbersalz  die 
Nitroanisiosäure  erzeugt;  die  Formel  des  "«Mhe1"1?6  Sa|Pctersäure  «irrt 
C,(  H,„  (N,  0.)  Og  -+-  AgO.  Bei  BeTandlun^  m t r?  ? dieser  Säure  is‘ 
entsteht  eine  noch  nicht  näher  untersuche  s,,,re  'v  nende'?  K;il,l|ydrat 
damit  einen  festen  Körper.  Mit  rauchender  vv?r  Schwefelsäure  bildet 
em  Theil  des  Anisölstearonfpn«  ^ ‘uc  .ender.ÄchvvefeIsaure  verbindet  sich 
Baryt  ein  lösliches  Salz  gfebt  CCaho'ursl C^e^bu™!ichen  Säure , die  mit 
ohne  Verpuffung,  die  Verbindung  wira  lost  sich  in  dem  Anisöl 

salzsaurem  Gas  bildet  es  keinen  festen  Campbor.  ',arzartis»  s‘)rdde-  Mit 

fÄÄta  ÄSolf ueZlte^tLel™  SderDaniS  (deD 

hours  ist  das  Stearopten  des  Sternan^if*  ?*  e.S  le,cht  ,ös,ich-  Nach  Ca~ 
des  Anisöles.  P Steinamsoles  gleich  zusammengesetzt  mit  dem 

Sein  spec.  Gew.  ist  oÄÄÄ  schmeckt  sufslich,  brennend. 

“ 1500  Th.  Wasser  löslich.  * ' U 10  Aettler  ““d  Alkohol  und  nur 

Phmrmtwir.  /.  (5 U Aufl.) 


67 


1:050. 


Fenchelöl. 


Fenchelöl  ( OL  Foeniculi ).  AUS  dem  Saamen  von  Anethum 
foenicuium.  Farblos  oder  gelblich , schmeckt  angenehm  süfslich, 
hat  ein  spec.  Gew.  ==  0,997.  Unter  10°  gesteht  es  zu  einer 
festen  Blasse,  ans  der  durch  Auspressen  das  Stearopteri  er- 
halten wird;  dieses  stimmt  nach  Blanchet  und  Seil  sowohl 
in  seiner  Zusammensetzung,  als  seiner  Schmelzbarkeit  und 
seinem  Kochpunkt  vollkommen  überein  mit  dem  Stearopten 
des  Anisöls.  Dasselbe  giebt  Cdtwurs  au  von  dem  festen  Theile  des 
huile  de  fenouil  amer , dessen  flüssiger  Bestandteil  dem  Terpentinöl  ana- 
log zusammengesetzt  ist  und  mit  Stickoxid  eine  nach  der  Formel  Cu  II24 
N\  04  constituirte  Verbindung  bildet. 

Der  feste  Theil  des  Fenchelöls  ist  in  Wasser  weit  weniger  löslich; 
als  der  flüssige;  welcher  letztere  besonders  zu  Anfang  der  Destillation  des 
Fenchelsaamens  mit  Wasser  übergeht  und  von  dem  Blanchet  und  Seil 
allein  die  Verschiedenheit  des  Anis-  und  Fenchelöls  herrührend  betrachten. 
Bei  einer  Analyse  des  rohen  Oeles  fanden  sie  77,19  Kohlenstoff,  8,49 
Wasserstoff,  14,32  Sauerstoff;  Gäbet  75,4  Kohlenstoff,  10,0  Wasserstoff, 
14,6  Sauerstoff.  Das  Fenchelöl  verliert  mit  der  Zeit  die  Fähigkeit  in  der 
Kälte  zu  gestehen  und  löst  Iod  ohne  Verpuffuug  auf  wie  Anisöl. 

Wasserfenchelöl  (Ol.  Phellandrii  uquatici}.  Nach  Frlckhinger  wird 
durch  Destillation  der  Saamen  dieser  Pflanze  mit  Aet'/kali  und  Wasser  ein 
ammoniakhaltiges , ätherisches  Del  von  bräunlichgelber  Farbe  und  stark 
aromatischem  Geruch  und  Geschmack  ei  halten.  Versuche  über  seine  Wir- 
kung auf  den  thierischen  Organismus  scheinen  für  seine  narkotischen  Ei- 
genschaften zu  sprechen. 

Pelersilienöl  ( OL  Pelroselini ).  von  Apium  petroseUnum  L 

Blafsgeib,  stark  nach  Petersilien  riechend.  Aus  zwei  durch 
Schimein  mit  wenig  Wasser  trennbaren  Gelen  bestehend.  Der 
flüssige  Theil  schwimmt  auf  dem  Wasser,  der  kristallinische 

sinkt  ZU  Boden.  Aus  dem  Petersilieawasser , einer  gesättigten  Lösung 
des  Oeles  in  Wasser,  kristallisirt  nach  längerem  Stehen  der  Petersilien- 
caniphor  in  langen  Prismen  sehr  leicht.  Er  riecht  wie  das  flüssige  Oel , ist 
schwerer  als  Wasser,  schmilzt  bei  30°  und  bleibt  dann  bei  Ausschlufs  von 
Wasser  selbst  unter  dem  Gefrierpunkt  flüssig.  Nach  Läwig  und  Weidmann 
zerfällt  das  Oel  bei  der  Destillation  für  sich  in  ein  flüssiges  übergehendes 
Oel  und  in  einen  in  der  Betörte  zurückbleibenden  festen  Körper.  Durch 
mehrfache,  frafctionirte  Destillation  erhält  man  aus  dem  flüssigen  Theile 
ein  bei  160*  siedendes,  dem  Terpentinöl  analog  zusammengesetztes  Oel. 
Der  in  der  Retorte  zurückgebliebene  Theil  wurde  in  Alkohol  gelöst,  durch 
Wasser  der  feste  Antheil  gefällt,  während  der  flüssige  obenaufschwamm. 
Die  Zusammensetzung  des  festen  Körpers  geben  sie  zu  CiaHi6  03,  was 
jedoch  der  Bestätigung  bedarf. 

Kvmmelöl  ( OL  Carvi).  Von  Carum  Carvi  L.  Blafsgelbes, 
bald  bräunlich  werdendes  Oel,  sehr  dünnflüssig,  von  durch- 
dringendem Geruch  und  gewürzhaftem  Geschmack,  röthet 
stark  Lackmus,  löst  Iod  ohne  Erhitzung.  Absorbirt  unter 
Wärreeentwickelung  Salzsäure,  verliert  jedoch  den  Säure- 
gehalt durch  Kochen  mit  Wasser.  Spec.  Gew.  = 0,938. 
Es  kocht  bei  £05°.  Durch  fraktionirte  Destillation  läfst  sich 
ein  schon  bei  193°  und  ein  erst  bei  228°  destiiiirendes  Oel 

scheiden.  In  erstcrem  fand  Völkel  86,09  Kohlenstoff,  11,09  Wasser- 
stoff, 2,82  Sauerstoff;  in  letzterem  78,60  Kohlenstoff,  9,21  Wasserstoff 
nnd  13,19  Sauerstoff»  Er  glaubt  jedoch  di®  Oel©  nicht  vollkommen  ga- 


Pfeffermünzöl. 


1051 


trennt  zu  haben,  und  hält  es  für  wahrscheinlich , dafg  das  flüchtigere  im 
reinen  Zustande  sauerstofffrei  sey  (siehe  Anhang  zu  Cuminsäure  S.  936). 

Römisch- Kümm elöl  (Ol.  Cumini ).  Von  Cuminum  Cyminum  L.  BJafs- 
gelbes  Oel  von  starkem  Geruch  und  scharfes«  Geschmack  (siehe  Cumin- 
säure  S.  936^. 

Corianderöl.  Farblos,  dünnflüssig,  gewürzhaft  riechend  und  schmec- 
kend, von  0,759  spec.  Gew.  ; löslich  in  Alkohol  und  Aether.  Durch  Sal- 
petersäure wird  es  in  eine  grüne  harzige  Masse  verwandelt.  Von  Schwe- 
felsäure wird  es  mit  gelber,  bald  braunroth  werdender  Farbe  gelöst.  Mit 

Iod  fulminirt  es. 


Pimpinellwurzelöl.  Von  Pimpinella  Saxifraga.  Goldgelb,  dünnflüs- 
sig, unangenehm  petersilienartig  riechend,  bitter  und  kratzend  schmeckend, 
leichter  als  Wasser,  sehr  flüchtig.  Mit  Salpetersäure  färbt  es  sich  roO? 
und  giebt  eine  braune  Harzinasse.  (Bley.)  — Das  Oel  von  Pimpinella  mumm 
ist  zähe,  hellblau,  mit  der  Zeit  grün  werdend,  schmeckt  bitter  und  kraz- 
zend,  riecht  wie  die  Wurzel.  Mit  rauchender  Salpetersäure  bildet  es  unter 
Verlust  seines  Geruches  ein  braunes,  mit  Schwefelsäure  ein  ähnliches,  aber 
den  Geruch  des  Oels  noch  besitzendes  Harz.  ( Bley .) 


P fejf ermün%öl  (Ol.  Menlhae  piperitae ).  von  Mentha  pipe- 

rita  L.  Kommt  jetzt  häufig  sehr  schön  aus  Amerika».  F'üst  WllSSCF— 

helles  oder  gelbliches,  bisweilen  grünliches,  mit  der  Zeit 
dunkler  werdendes,  sehr  dünnflüssiges  Oel  von  durchdrin- 
gendem Geruch  und  brennend  gewürzhaftem,  hinlennach  an- 
genehm kühlendem  Geschmack.  An  den  Augen  bewirkt  sein 
Dunst  eine  Empfindung  von  Kühle.  Es  röthet  nicht  Lackmus, 
fulminirt  nicht  mit  Iod,  löst  dieses  aber  schnell  auf:  sein  spec. 
Gew.  ist  0,9.08* — 0,01.  Es  seist  heim  Erkälten' oder  nach 
der  Destillation  über  kohlensaures  Kali  zum  Theil  nur  schwie- 
rig oder  gar  nicht  Stearopteo  ab.  Nach  Giese  soll  diese  Ausschei- 
dung nur  bei  dem  O eie  stattfiuden,  welches  aus  Kraut  erhalten  wird,  das 
man  in  der  Blüthezeit  gesammelt  und  getrocknet  hat.  Aus  dem  amerika- 
nischen erhält  man  immer  Stearopten  in  langen  vierseitigen  Prismen  kri- 
stallisirt  und  von  demselben  Gerüche  wie  das  Oel.  Nach  Blanchet  und  Seil 
enthält  das  Oel  79,63  Kohlenstoff,  11,25  Wasserstoff,  9,12  Sauerstoff 
Kane  befreite  durch  fraktiouirte  Destillation  das  Oel  soviel  als  möglich 
von  Stearopten  , er  untersuchte  ein  rectificirtes  Oel , welches  ein  spec  Gew 
von  0,899  hatte,  zwischen  188  und  193c  destillirte  und  77,8  Kohlenstoff,* 
12,0  Wasserstoff  und  10,2  Sauerstoff  enthielt. 

Das  Stearopten  schmilzt  bei  27°  und  kocht  bei  208°.  Es  ist  in  Alko- 
hol, Holzgeist,  Schwefelkohlenstoff  und  Aether  löslich  und  wird  durch 
Wasser  aus  diesen  Lösungen  pulverförmig  gefällt.  Salpetersäure  färbt  es 
roth  und  Kalilauge  löst  es  auf,  Dumas  und  Blanchet  dp  Seil  fanden  es  be- 
stehend aus  77,27  Kohlenstoff,  12,96  Wasserstoff,  9,77  Sauerstoff,  was 
der  Formel  C10  H30  0 entspricht.  9 

In  neuester  Zeit  hat  Walter  eine  Untersuchung  dieses  kristallini- 
schen Theiles  des  amerikanischen  Pfeffermünzöls  geliefert.  Er  giebt  den 
Schmelzpunkt  zu  34°,  den  Siedepunkt  zu  213°  an.  Brom  wirkt  heftio  dar- 
auf ein,  es  entwickelt  sich  Bromwasserstoff  und  eine  schön  rothgefärbte 
Verbindung  wird  gebildet.  Die  Einwirkung  von  Iod  ist  gering.  Auch  er 
fand  dieselbe  procentische  Zusammensetzung  wie  Dumas  und^giebt  dafür 
die  Formel  C20  H40  02.  Das  spec  Gew.  des  Dampfes  ist  gleich  5,455, 
wornach  in  dem  festen  Pfeffermünzöle  4 Vol.  zu  1 Vol.  verdichtet  sind. 
Durch  mehrmalige  Behandlung  dieses  Körpers  mit  wasserfreier  Phosphor- 
saure  und  Destillation  erhält  man  eine  klare , durchsichtige , sehr  beweg- 
liche Flüssigkeit  von  angenehmem  Geruch  und  erfrischendem  Geschmack, 
welche  durch  wenig  Aether  und  Alkohol  getrübt,  durch  etwas  mehr  voll- 
ständig gelöst  wird.  Sie  ist  leichtlöslich  in  Terpentinöl,  unlöslich  in  Was- 


1052 


Krausemünzöl. 


ser,  brennt  mit  rufsender  Flamme , siedet  bei  103®  und  hat  ein  spec.  Gew, 
rr:  0,851.  Schwefelsäure  wirkt  nicht  in  der  Kälte,  Salzsäure  färbt  sich 
damit  gelb,  beim  Kochen  roth,  was  aber  wohl  von  anhängendem  Oel  lier- 
riihrt.  Brom  und  lod  färben  sich  schön  roth  damit,  beim  Erhitzen  ent- 
wickelt sich  etwas  Säure  und  die  Flüssigkeit  wird  schmutziggrün.  Das 
spec.  Gew.  des  Dampfes  ist  4,835 , was  wehst  der  Elementaranaljse  zu 
der  Formel  C30  H56  führt.  Walter  nennt  diesen  Körper  Menthen.  Das 
Stearop-ten  des  Pfeffernuinzöls  ist  ein  Hydrat  dieses  Körpers  und  nach  der 
Formel  020  H56  -h  2H2  O zusammengesetzt. 

Durch  Behandlung  des  Pfeffer  mihizöistearopteuö  mit  concentrirter  Schwe- 
felsäure in  mäfsiger  Wärme  scheidet  sich  die  halbflüssige  Masse  in  eine 
leichtere,  sehr  durchsichtige  und  in  eine  dichtere  stark  rothgefärbte  Flüs- 
sigkeit. Letztere  enthält  wesentlich  nur  Schwefelsäure.  Die  erstere  Öfters 
mit  frischer  Säure  behandelt,  dann  mit  Wasser  und  Aetzkali  gereinigt, 
erwies  sich  bei  der  Analyse  als  reines  Menthen.  Bei  der  Behandlung  des 
krislallisirten  Pfeffermünzöls  mit  Phosphorchlorid  erhält  man  Chlurmenthen , 
ein  ölartiger  gelber  Körper,  der  uach  der  Formel  C20  HJ4  Cl2  zusammen- 
gesetzt ist.  Es  ist  leichter  als  Wasser,  wenig  löslich  in  Wasser,  leicht 
löslich  in  Bolzgeist,  Alkohol,  Aether  und  Terpentinöl.  Es  siedet  bei  204“, 
zersetzt  sich  aber  dabei.  Mit  Kalium  in  der  Wärme  behandelt  erzeugt  sich 
Chlorkalium;  concentrirte  Schwefelsäure  färbt  sich  damit  blutroth.  Durch 
conoeutrirte  alkoholische  Kalilösung  wird  es  nicht  ver.i udert.  — Das  ge- 
schmolzene Pfeffermüuzöl  im  Dunkeln  mit  Chlor  behandelt,  liefert  einen 
nach  der  Formel  C20  H31  Cls  02  zusammengesetzten  Körper,  der  intensiv 
gelb,  schwerer  als  Wasser,  löslich  in  Alkohol,  Aether  und  Terpentinöl, 
wenig  löslich  in  Wasser  ist,  von  Schwefelsäure  rothgefärbt  wird  und  mit 
grüner  rufsender  Flamme  brennt.  Im  Sonnenlicht  erzeugt  das  Chlor  damit 
einen  C20  I12S  Cl12  02  enthaltenden  Körper,  der  gelblich  grau,  klebrig,  etwas 
löslich  in  Alkohol  ist  und  sich  erst  nach  längerer  Zeit  mit  Schwefelsäure 
färbt. 

Durch  Behandlung  des  Menthen’ s mit  coueentrirter  Salpetersäure  in 
der  Wärme  entsteht  eine  gelbe,  ölige,  in  Wasser  und  Alkohol  lösliche, 
nicht  ohne  Zersetzung  flüchtige  Materie,  welche  C10  HJ8  ö9  enthält.  Sie 
ist  nicht  genauer  untersucht.  Durch  Einwirkung  von  Chlor  auf  Menthen 
wird  eine  syrupartige,  gelbe,  in  Alkohol,  Holzgeist,  Aether  und  Terpen- 
tinöl lösliche  Flüssigkeit  erzeugt,  welche  schwerer  als  Wasser  ist,  mit 
rufsender  grüner  Flamme  brennt  und  sich  mit  coueentrirter  Schwefelsäure 
intensiv  roth  färbt.  Nach  der  Analyse  besteht  sie  aus  C20  H26  Cl,0  {Walter). 

Krausemiinzöl  {Ol.  rnenthae  crispae  L.).  In  Farbe  und  Consistenz  ist 
es  dem  Pfeffermünzöl  gleich,  der  Geruch  ist  weniger  angenehm  und  der 
Geschmack  bitterlich  und  weniger  kühlend  ; sein  spec.  Gew.  ist  r=  0,969. 
Durch  Abkühlen  erhält  man  aus  dem  frischen  Gele  auch  Stearopten. 

Polei/öl  {Ol.  Menthae  Puleghtm).  Sein  spec.  Gew.  ist  = 0,927;  der 
Siedepunkt  schwankt  zwischen  182  — 188°.  Kane  fand  es  bestehend  aus  i 
79,0  Kohlenstoff,  10,9  Wasserstoff,  10,1  Sauerstoff,  was  der  Formel 
C10  H16  O entspricht.  Es  ist  diese  Zusammensetzung  deshalb  merkwürdig, 
weil  sie  mit  der  des  Camphors  übereinstimmt.  Das  Oel  soll  sehr  häufig 
mit  Terpentinöl  verfälscht  werden. 

Oel  der  Mentha  viridis . Das  im  Handel  vorkommende  hat  ein  spec. 
Gew.  rr:  0,914  und  wenn  es  durch  Destillation  von  Stearopten  soviel  als 
möglich  befreit  ist  “ 0,876.  Es  siedet  dann  constant  bei  166°  und  enthält 
85,44  Kohlenstoff,  11,19  Wasserstoff,  3,36  Sauerstoff,  was  der  Formel 
C3S  H46  O entspricht.  {Kane.) 

Melissetiöl  {OL  Meiissae ).  Von  Melissa  offic.  L.  Blafsgelb,  von  an- 
genehmem, den  Citrouen  ähnlichen  Geruch.  Es  hat  ein  spec.  Gew.  von 
0,975  und  giebt  bei  starker  Abkühlung  Stearopten.  Eine  Verfälschung  mit 
Citronenöl  ist  häufig. 

Mäjoranöl  {Ol.  Majuranae).  Von  Origanum  Major ana  L.  Blafsgel- 
5 es  t öfters  bräunliches,  auch  grünliches  Oel  von  starkem  Geruch  und  Ge- 


Eosmarinöl. 


1053 


„schmack.  i0(i  vdrpufft  es.  Es  setzt  mit  der  Zeit  auch  in  verschlosse- 

nen Gefäfsen  Stearopten  ab,  welches  bei  113°  kein  Wasser  verliert , beim 
Erhitzen  auf  Platioblech  schmilzt  und  ohne  Rückstand  sublimirt,  schwerer 
als  Wasser  ist,  sich  in  kochendem  Wasser,  Alkohol  und  Aether,  Salpeter- 
säure und  Aetzkali  löst  und  von  coucentrirter  Schwefelsäure  roth  gefärbt 
wird.  Es  enthalt  61,01  Kohlenstoff,  10,71  Wasserstoff,  28,28  Sauerstoff. 
Mit  salzsaurem  Gas  verbindet  es  sich,  und  Mulder  berechnet  nach  der  auf- 
genommenen  Menge  das  Atomgewicht  des  Stearoptens  zu  1757,3,  wornach 
seine  theoretische  Formel  C14  Hi0  0S  ist.  In  einem  Strom  von  trocknem 
Ammoniakgas  nimmt  das  Stearopten  nicht  an  Gewicht  zu.  Das  Majoranöl 
wird  nicht  selten  mit  Dostenöi,  Citronenöl  u.  s.  w.  verfälscht. 

Cretisches  Dostenöi  {Ol.  Oriyani  cretici ).  Von  Oriyanum  smyrnaeum 
h.  Braunes,  dünnflüssiges  Oel  von  starkem  gewürzhaftem  Geschmack  und 
Geruch.  Es  röthet  nicht  Lackmus;  sein  spec.  Gew.  ist  — 0,946. 

Dostenöi  {Ol.  Oriyani  vulyaris ).  Von  Oriyanum  vulyare.  Man  erhält 
es  sehr  rein  im  Handel,  jedoch  wegen  variirendem  Gehalt  an  Stearopten, 
der  im  Allgemeinen  bedeutend  ist,  von  ungleichem  spec.  Gew.  von  0,90  — 
0,89.  Durch  mehrmalige  Rectification  wird  es  von  einem  spec.  Gew.  == 
0^867  erhalten  und  siedet  dann  constant  bei  161°.  Die  Analyse  gab  86,33 
Kohlenstoff,  1 1,44  Wasserstoff,  2,23  Sauerstoff,  was  der  Formel  C40H8oO 
entspricht.  [Kane.~) 

Lavendelöl  (OL  Lavendltlae ).  Von  Lavandnla  anyustifolia 
Ehrh,  { Lavand . Spica  Lj.  Ein  blnfsgelbes,  dünnflüssiges  Oel  von 
starkem  Geruch  und  brennend  gewürzhaftem . bitterlichem 
Geschmack.  Es  röthet  Lackmus.  Das  im  Handel  vorkom- 
mende enthält  stets  eine  grofse,  doch  sehr  vanirende  Menge 
von  Stearopten,  oft  ein  Viertel  bis  die  Hälfte  seines  Gewich- 
tes, welches  nach  einer  Analyse  von  Dumas  mit  dem  Camphor 
gleiche  Zusammensetzung  hat.  Horch  Destillation  des  OeSes 
mit  Wasser  kann  es  von  0,872  — 0,877  spec.  Gew.  erhalten 
werden.  Solches  rectificirtes  Oel  siedet  bei  195  — 187°.  Mit 
Iod  verpufft  es  schwach  unter  Bildung  eines  gelben  Dampfes. 
In  Spiritus  von  0.83  spec.  Gew.  ist  es  in  allen  Verhältnissen 
löslich,  aber  Spiritus  von  ®,*87  spec.  Gew.  löst  nur  2/s  seines 
Gewichts  von  dem  Oele.  Mit  coucentrirter  Essigsäure  ge- 
schüttelt verbindet  sich  ein  Theil  des  Oeles  mit  wasserfreier 
Essigsäure  zu  einer  öligen  Flüssigkeit,  ein  anderer  Theil  löst 
sich  in  der  freien  wässerigen  Säure.  Nach  de  Saussure  enthält  es 
75,50  Kohlenstoff,  11,07  Wasserstoff,  13,07  Sauerstoff  und  0,36  Stick- 
stoff. In  neuerer  Zeit  hat  Kane  mehrere  Analysen  von  diesem  Oel  bekannt 
gemacht.  Sie  waren  mit  Oel  von  verschiedenem  spec.  Gewicht  und  Siede- 
punkt angestellt,  enthielten  also  verschiedene  Mengen  von  Stearopten, 
daher  auch  der  Kohlenstoffgehalt  zwischen  79,45  und  75,77  p.  c.  variirt. 
Die  für  diese  Gemenge  berechnete  Formel  hat  daher  keinen  Werth. 

Spicköl  {Ol.  Spicae ).  Von  Spica  latifolia  Ehrh . Dem  vorigen  sehr 
ähnlich,  von  etwas  weniger  angenehmem  Geruch.  Es  enthält  ebenfalls 
sehr  viel  Stearopten,  welches  durch  Auspressen  und  Sublimation  rein  er- 
halten wird.  Proust  hält  es  für  ein  sehr  vorteilhaftes  Ersatzmittel  des 
Camphors,  mit  dem  es  identisch  ist.  Das  Oel  erzeugt  mit  salzsaurem  Gas 
keinen  festen  Camphor.  Es  wird  häufig  mit  Terpentinöl  oder  Rosmarinöl 
verfälscht. 

Rosmarinöl  (OL  Anthos ).  Von  Rosmarinus  offic.  L.  WflS- 
serhelles,  sehr  dünnflüssiges  Oel,  von  durchdringendem  Ge- 
ruch und  gewürzhaft  camphorartigem  Geschmack.  Das  spec. 


1051 


B a s i 1 i c u m ö I. 


Gewicht  -des  käuflichen  ist  = 0,911.  doch  variirt  es  nach  der 

Jahreszeit,  in  welcher  die  Pflanze  destillirt  wird,  wegen  der 
wechselnden  Menge  von  Siearopten,  die  es  enthält."  Durch 
F.ectification  erhält  inan  das  reine  Oel  von  0,885  spec.  Gew. 
Diefs  siedet  hei  10Ü0.  Es  enthält  83,49  Kohlenstoff,  11,66  Wasser- 
stoff, 4/  -3  Sauerstoff,  wornach  man  es  betrachten  kann  als  nach  der  For- 
mel 9CS  B3  -j-  0 zusammengesetzt  (Kaue).  Beim  freiwilligen  Verdun- 

sten oder  iu  Berührung  mit  Kali  bildet  sich  Rosmarincämphor.  Mit  salz- 
saurem Gas  entsteht  ein  schweres  Oel , aber  kein  künstlicher  Cainphor. 
Es  erhitzt  sieh  mit  Xod  nur  zum  Theil  bis  zum  Fulminiren.  Mit  Schwefel- 
säure gemischt  schwärzt  es  sich , durch  Sättigung  mit  Kalk  erhält  man 
hieraus  ein  leicht  lösliches  Kalksalz  ; durch  Destillation  des  Gemenges  der 
Säure  mit  dem  Oele  wird  eine  lauchartig,  aromatisch,  dem  Mesitylen  ähn- 
lich riechende  Fiüssiglret  erzeugt,  die  im  reinen  Zustande  0,867  spec.  Gew. 
hat,  hei  I V kocht , mit  dem  Terpentinöl  gleich  zusammengesetzt  ist  und 
von  Kane  Rosmarin  genannt  wird. 

Basilicumol  {Ol.  Basilici  aether  eum).  Durch  Destillation  des  Basilien- 
krautes ( Odmum  Basüicum ) mit  Wasser.  Es  setzt  beim  Aufbewahren 
Stearopten  ab  in  prismatischen  Kristallen,  welche  nach  Bonastre'  in  kaltem 
Wasser  wenig,  in  kochendem  leicht  löslich  sind  und  sich  daraus  in  regel- 
mäfsigen  weifseu  durchsichtigen  Tetraedern  wieder  abscheiden.  Von  Wein- 
geist, Aether,  Salpetersäure  und  Essigsäure  wer’en  sie  gelöst.  Durch 
Schwefelsäure  werden  sie  roth  gefärbt.  Die  ammoniakalische  Lösung  wird 
von  Wasser  getrübt.  Dumas  und  Peligot  fanden  sie  bestehend  aus  63,8 
Kohlenstoff,  11,5  Wasserstoff,  24,7  Sauerstoff,  was  der  Formel  C20  HSJ 
-4-6H20  entspricht  und  mit  dem  Terpentinölhydrat  iibereinstimmt.  Der 
flüssige  Theil  des  Basüicumöls  ist  nicht  untersucht. 

Thymianöl  ( Ol  Thymi'),  Von  Thymus  vulgaris  L.  Blafsgelb  oder 
grünlich  gefärbtes , sehr  dünnflüssiges  Oel.  Im  Handel  kommt  es  nicht  sel- 
ten stark  braungefärbt  vor,  sauer  reagirend,  während  das  wenig  gefärbte 
keir  saure  Keaction  zeigt.  Es  hat  einen  starken  gewürzhaften  Geruch 
und  Geschmack  und  sein  spec.  Gew  ist  rr:  0,903.  Auch  das  reinste  setzt 
tnit  der  Zeit  Stearopten  ab.  Mit  Iod  fulminirt  es  nicht. 

Quendelöl  ( OL  Serpglli ).  Von  Thymus  Serpgllum  L.  Blafsgelbes 
oder  bräunliches,  sehr  dünnflüssiges  Oel  von  gewürzhaftem  Geruch  und 
Geschmack, 

Mar  um  c a mp  hör.  Von  Bieg  aus  Teucrium  Mar  um  dargestellt.  Es  ist 
eine  blättrige,  spröde,  wasserhelle,  aromatisch  riechende  und  schmeckende 
Substanz,  die  von  warmem  Wasser,  Alkohol  und  Aether  gelöst  wird  und 
ein  gröfseres  spec.  Gewicht  als  Wasser  besitzt. 

Ilgssop-  oder  Isop-Oel  (OL  Hgssopi ).  Von  Hyssopus  offic.  Ein  blafs- 
gelbes, mit  der  Zeit  braunroth  werdendes  Oel  von  starkem  Geruch  und 
scharfem  campborartigem  Geschmack. 

Salbeiöl  ( Ol . Salviae ).  Von  Salvia  offic.  L.  Gelbes,  beim  Altern 
sich  bräunendes  Oel,  von  gewürzhaftem  Geruch.  Setzt  mit  der  Zeit  Stea- 
ropten ab. 

Wolfsfufsöl.  Nach  Geiger  aus  Lycopus  europaeus  zu  erhalten.  Es  ist 
grün,  bei  12°  butterartig,  leichter  als  Wasser. 

Porschcärnphor  und  Oel.  Nach  Grafsmann  iu  Ledum  palustre  ent- 
halten. Das  Oel  ist  gelb,  schmeckt  brennend  gewürzhaft  und  betäubend, 
riei,  sehr  durchdringend  und  ist  leichter  als  Wasser.  — Der  Camphor 
kristallisirt  in  zarten,  weifseu , seidenglänzenden  Prismen,  ist  fast  ge- 
ruchlos, leicht  flüchtig  mit  betäubendem  Geruch,  wenig  in  Wasser,  leicht 
in  Alkohol  und  Aether  löslich.  Durch  Säuren  und  Ammoniak  wird  er  nur 
schwierig  gelöst. 

Baldrianöl  {Ol.  Valerianae ).  Von  Valeriana  offic.  L,  Blafsgelbes, 
dünnflüssiges,  mit  der  Zeit  braun  und  dickflüssig  werdendes  Oel.  (Aus  alten 


Wermuthöl. 


1055- 


*\ ' 

Wurzeln  erhält  man  sogleich  braunes  Oel.)  Es  riecht  sehr  unangenehm 
und  schmeckt  bitter  und  camphorartig.  Es  reagirt  wegen  seines  Gehaltes 
an  Baldriansäure  (S.  93fi ) stark  sauer.  Jod  löst  es  ohne  merkliche  Er- 
hitzung. Spec.  Gew.  0,944.  Nach  Bonastre  färbt  es  sich  durch  Salpeter- 
säure blau  und  giebt  beim  Erhitzen  damit  Kieesäure.  Bei  —20°  soll  es 
Stearopten  absetzen. 

Rautenöl  {Ol.  Ruine).  Von  Ruin  graveolens  L.  Blafsgelb  oder  grün- 
lich, nicht  sehr  dünnflüssig,  von  unangenehmem  Geruch  und  bitterlich 
scharfem  Geschmack.  Es  röthet  das  Lackmus  nicht.  Sein  spec.  Gew.  ist 
0,837.  Es  destillirt  zwischen  218  und  245°  unverändert  über.  Es  enthält 
76,60  Kohlenstoff,  12,59  Wasserstoff,  10,81  Sauerstoff,  was  zu  der  For- 
mel C>,8  H56  -4-  30  führt,  welche  Zusammensetzung  auch  durch  die  gefun- 
dene üampfdicbte  = 7,69  bestätigt  wird.  In  concentrirter  Schwefelsäure 
löst  sich  das  Oel  mit  schön  rothbrauner  Farbe,  scheidet  sich  aber  durch 
Wasser  unverändert  ab.  Salzsaures  Gas  scheint  kaum  darauf  zu  wirken. 
Chlor  und  raucheude  Salpetersäure  zersetzen  es.  (TI 'Hl.') 

Cascarillöl  {Ql.  Cascarillae ).  Aus  der  Cascarillrinde  (von  Croton  Elu- 
teriä).  Gelbes,  zum  Theil  auch  grünes  und  blaues  Oel  von  sehr  starkem 
Geruch  und  aromatisch  bitterm  Geschmack.  Spec.  Gew.  0,938.  Löst  lod 
ohne  merkbare  Erhitzung  — Völ ekel  untersuchte  ein  dunkelgelbes  Casca- 
rillöi  von  0,909  spec  Gew.  Es  fing  bei  180°  zu  sieden  an.  Durch  fractio- 
nirte  Destillation  erhielt  er  daraus  ein  Oel,  welches  schon  bei  173°  kochte, 
ein  spec.  Gew.  " 0,832  hatte  und  86,93  Kohlenstoff,  10,48  Wasserstoff 
und  2,59  Sauerstoff  enthielt.  Die  letzte  Portion  des  iiberdestillirten  Oeles 
war  von  der  Consistenz  eines  fetten  Oeles  und  enthielt  82,02  Kohlenstoff, 
10,26  Wasserstoff  und  7,72  Sauerstoff.  Er  hält  es  hiernach  für  wahr- 
scheinlich, dafs  es  gus  einem  sauerstofffreien  flüchtigeren  und  aus  einem 
sauerstoffhaltigen  weniger  flüchtigen  bestehe.  Von  starken  Säuren  wird 
das  Oel  zersetzt,  Alkalien  sind  ohne  Wirkung  darauf. 

Kamillenöl  (QL  Öhamomillcie).  Von  Matricaria  Chamomilla. 
Dunkelblau,  in  Masse  undurchsichtig , dickflüssig,  zähe. 
Schmeckt  bitterlich  gewürzhaft.  Durch  EmHofs  von  Luft  und 
Licht  wird  es  bräunlich  und  zähe.  Heagirt  nicht  sauer.  Sal- 
petersäure bräunt  es  und  Wasser  schlägt  daraus  ein  nach 
Moschus  riechendes  Harz  nieder.  Spec.  Gew.  = 0.924.  lod 
löst  sich  darin,  indem  es  das  Oe!  zu  einer  dunkelrothbraunen 
Masse  verharzt  oline  Erhitzung:  Ein  mit  Terpentinöl  verfälschtes 

Oel,  was  nicht  selten  vorkommt,  lässt  sich  durch  das  Verhalten  gegen  Tod 
leicht  erkennen,  indem  ein  solches  Oel  sich  stark  erhitzt  oder  selbst  mit 
violettem  loddampf  verpufft.  Dasselbe  ist  der  Fall,  wenn  das  Kamillenöl 
Citronenöl  enthält,  was  nach  der  preufsischen  Pharmacopöe  vorschrifts- 
mäfsig  ist.  Auf  drei  Pfund  Blüthen  wird  bei  der  Destillation  1 Unze  Ci- 
tronenöl  zugesetzt,  um  ein  flüssigeres  Oel  zu  erhalten,  was  sich  leichter 
von  dem  Wasser  trennen  läfst.  Aber  diese  Vorschrift  ist  unnöthig  und 
nicht  zu  loben.  Bei  zweckmäßiger  Destillation  erhält  man  leicht  auch  das 
reine  ( Geiger . S.  Magaz.  für  Pharm.  Bd.  17.  S.  161.) 

Römisches  Kamillenöl,  von  Änthemis  nobilis , ist  dem  gewöhnlichen 
Kamillenöl  sowohl  in  Geruch  als  Farbe  sehr  ähnlich. 

Schafgarbenöl  ( OL  MillefoHi ).  Aus  den  Blüthen  von  Achillea  Mille- 
fölium.  Werni  die  Pflanze  auf  fettem  Boden  gewachsen , so  liefert  sie  ein 
blaues,  sonst  ein  grünes  dickflüssiges  Oel.  (Nach  Bieg  ist  das  Oel  der 
Wurzel  fast  farblos,  das  des  Krautes  und  der  Blumen  dunkelblau  und  das 
des  Saamens  .schmutziggrün.)  Mit  der  Zeit  verliert  es  die  Farbe.  Spec. 
Gew.  ~ 0,92.  Erhitzt  sich  schwach  mit  lod  und  entwickelt  loddämpfe. 

Wermut höl  {Ol.  Absinthii ).  Von  Artemisia  Absinthium  L.  Grünes, 
zuweilen  gelbes  Oel,  wird  bald  bräunlich;  riecht  stark  nach  Wermuth, 
schmeckt  unangenehm  bitterlich  scharf,  röthet  nicht  Lackmus ; mit  lod  er- 


iüS6 


Wu  rmsaamenö  L 


hitzt  es  sich  unter  Entwickelung  von  loddämpfen.  Spec.  Gew.  0,897. 
Salpetersäure  färbt  es  erst  grün,  dann  blau,  zuletzt  braun. 

Wurmsaamenöl  {Ol.  seminis  Cinae ),  aus  Wurmsaamen  (von  Artemisia 
Contra  u.  s.  w.)  erhalten,  Blafsgelbes  Oel,  von  durchdringendem  widri- 
gen Geruch  nach  Wurmsaamen,  und  bitterlich  camphorartigem  Geschmack. 
Verpufft  nicht  mit  Iod.  Spec.  Gew.  0,925 — 0,936.  Nach  Völkel  enthält 
es  zweierlei  Oele,  welche  er  jedoch  nicht  zu  trennen  vermochte.  Er  fand 
bei  fractiooirter  Destillation  in  der  zuerst  übergegangenen  Portion  77,98 
— 78,88  Kohlenstoff,  10,46 — 10,832  Wasserstoff  und  11,55  — 10,28 
Sauerstoff;  in  der  später  übergegangenen  77,81 — 77,96  KohlenstofF,  10,60 
— 10,56  Wasserstoff  und  11,58 — 11,47  Sauerstoff,  wornach  er  als  das 
einfachste  relative  Atomverhältnifs  die  Formel  C9  HIS  O berechnet.  Wird 
das  Oel  mit  festem  Kalihydrat  destillirt,  so  bekommt  es  einen  dem  Pfeffer- 
münzöle sehr  ähnlichen  Geruch  {Völkel). 

Unter  dem  Namen  Wurmsaamenöl  ist  vor  einigen  Jahren  ein  anderes 
im  Handel  erschienen , welches  aus  Nordamerika  kommt.  Büchner  be- 
schreibt es  als  ein  blafsgelbes  Oel,  leichter  als  Wasser;  riecht  wie  das 
mexikftnischc  Traubenkraut , Chenopodium  ambrosioides. 

Esdragonöl,  in  Artemisia  Dracunculus  enthalten,  ist  in  neuester  Zeit 
von  Laurent  untersucht  worden.  Es  siedet  bei  206°.  Sein  spec.  Gew.  ist 
0,945.  Die  Dichtigkeit  seines  Dampfes  ist  6,157.  Laurent  stellt  für  die 
Zusammensetzung  des  Oels  die  Formel  C24  U}2  02  auf.  Mit  Schwefelsäure 
bildet  es  die  Sulfodraconsäure , deren  Barytsalz  nach  der  Formel  C,4 
Bi702  SO,  H-  BaO  zusammengesetzt  ist.  Mit  Salpetersäure  giebt  das 
Oel  fünf  neue  kristallisirbaro  Säuren  {Laurent). 

Beifufsöl , in  Artemisia  vulgaris  enthalten,  von  Brez  und  Eliason 
dargestellt.  Es  ist  grünlichgelb,  butterartig,  von  brennendem,  hintenuach 
kühlendem  Geschmack,  siedet  bei  100°,  wird  von  Alkohol  und  Aether, 
Dicht  aber  von  Alkalien  gelöst.  Salpetersäure  verwandelt  es  in  braunes 
Harz. 

Rheinfarrnöl  {Ol.  Tänaceti).  Von  Tanacetum  vulgare  L.  Blals-  oder 
goldgelb,  auch  grün,  wenn  die  Pflanze  auf  sehr  trocknem  fettem  Boden 
gewachsen  war.  Von  starkem , widerlichem  Geruch  und  bitterm  scharfem 
Geschmack.  Spec.  Gew.  = 0,931.  Verpufft  nicht  mit  Iod. 

Olibanumöl , aus  dem  Harze  von  Juniperus  Lycia  und  thurifera.  Durch 
Destillation  mit  Wasser  wurden  4 p.  c.  von  dem  Harze  an  flüchtigem,  farb- 
losem, dem  Terpentinöl  Dicht  unähnlich  riechenden  Oele  erhalten.  Sein 
spec.  Gew.  ist  “ 0,866.  Im  übrigen  verhält  es  sich  dem  Elemiöle  sehr 
ähnlich.  Die  Analysen  gaben  in  100  Theilen  84,66  — 85,23  Kohlenstoff, 
11,26  Wasserstoff  und  3,67  — 3,48  Sauerstoff,  was  der  Formel  C5S  Hss  O 
entspricht.  Sonderbarerweise  ist  diefs  genau  dieselbe  Zusammensetzung 
wie  die  von  Kane  für  das  Oel  der  Mentha  viridis  ausgemittelte.  ( Sten - 
house.) 

Myrrhenöl.  Aus  dem  Harze  der  Amyris  Kataf , Baisamo dendron 
Myrrhen  Ehrenb.,  welches  2*/*  p.  c.  davon  nach  Braconnot  und  Brandes 
enthalt.  Es  ist  farblos,  dünnflüssig,  riecht  wie  Myrrhe,  schmeckt  anfangs 
mikie,  dann  balsamisch  camphorartig.  An  der  Luft  verdickt  es  sich  und 
wird  gelb.  In  Alkohol,  Aether  und  Oelen  ist  es  leicht  löslich.  Durch 
Schwefelsäure,  Salpetersäure  und  Salzsäure  wird  es  zu  einer  rothen,  mit 
Wasser  sich  trübenden  Flüssigkeit. 

Galbanumöl.  Aus  dem  Harze  von  Galbanum  offic.  durch  Destillation 
mit  Wasser,  welches  nach  Meifsner  3%,  nach  Pelletier  6 p.  c.  flüchtiges 
Oel  enthält.  Es  ist  farblos,  von  0,92  spec.  Gew.,  schmeckt  brennend, 
hinteunach  kühlend,  bitter  und  läfst  sich  leicht  mit  absolutem  Alkohol, 
Aether  und  fetten  Oelen  vermischen.  — Ein  zum  Theil  brenzliches  Oel 
wird  bei  der  trocknen  Destillation  des  Galbanums  erhalten.  Diefs  ist  bei 
Unterbrechung  der  Destillation  zu  einer  bestimmten  Zeit  blau. 

Sagapenöl.  Nach  Brandes  durch  Destillation  mit  Wasser  aus  dem  Sa- 
gapeaharze  (von  Ferula  persica)  zu  erhalten.  Es  ist  leichter  als  Wasser, 


W antifl  echten  öl. 


1057 


Maisgelb,  dünnflüssig,  riecht  kuoblauchartig,  schmeckt  anfangs  milde, 
dann  erwärmend  bitterlich.  An  der  Luft  verliert  es  seinen  Geruch  nach 
Knoblauch  und  riecht  dann  dem  Terpentin  und  Camphor  ähnlich,  wobei  es 
sich  verdickt.  Concentrirte  Salpetersäure  wirkt  in  der  Kälte  nicht  darauf, 
beim  Erhitzen  erzeugt  sich  Kfeesäure  und  das  Oe!  wird  dick  und  gelbroth. 
Schwefelsäure  färbt  sich  damit  sogleich  dunkelroth.  Alkohol  und  Aether 
lösen  es  leicht  auf. 

Cypr essenöl  (OL  Cupressus ).  Von  Cupressus  sempervirens.  Es  wird 
als  Anthelminticum  gebraucht,  sowie  zum  Schutz  für  Pelzwerk  gegen 
Insecten. 

Thujaöl  (OL  Thujue').  Von  Thuja  occidentalis.  Es  ist  gelblichgrün, 
riecht  dem  Rheinfarrn  ähnlich  und  schmeckt  camphorartig.  Wird  gegen 
Würmer  angewendet. 

Virginisches  Schlang emvurzelöl  ( Ol . Serpeniariae).  Von  Aristolochia 
Serpentaria  L.  Es  ist  dem  Baldrianöl  sehr  ähnlich , selbst  im  Geruch. 

Fernambuckholzöl.  Von  Chevreul  riargestellt  aus  dem  Holze  von 
Caesalpinia  crista.  Es  schmeckt  und  riecht  pfeiferartig  und  hat  die  Eigen- 
schaft Goldchlorid  sehr  schnell  .zu  reduciren. 

Hedwigiaöl.  Von  Bonastre  uns  dem  Harze  von  Hedwigia  balsami/era 
durch  Destillation  mit  Wasser  dargestellt.  Es  ist  leichter  als  WTasser,  gelb- 
lich, dem  Terpentinöle  itn  Geruch  ähnlich,  von  brennendem  Geschmack. 
Kalt  färbt  es  sich  roth  mit  Salpetersäure , in  der  Hitze  bildet  es  ein  gelbes 
Harz,  Mit  Salzsäure  färbt  es  sich  aniaraothroth.  Es  wird  von  4 Th.  Al- 
kohol gelöst  und  mischt  sich  in  jedem  Verhäitnils  mit  Aether. 

Birkenöl  (Ol.  Betitlae  albae').  Aus  c’en  Blättern  und  Knospen  der  Birke 
durch  Destillation  mit  Wasser.  Farbloses  oder  blafsgelbliches  , dünnflüssi- 
ges Del,  von  stark  balsamischem,  im  sehr  zertheilten  Zustande  dem  Ro- 
senöl nicht  unähnlichen  Geruch;  anfangs  mJfde  süfslich , hmtennach  scharf 
balsamisch  schmeckend.  In  der  Kälte  gesteht  es  leicht  und  man  kann  ein 
geschmackloses  Stearopten  durch  Auspressen  davon  trennen.  Grafsmann 
schlägt  es  als  Arzneimittel  vor.  (Ueber  brenzfiches  Birkeuöl  siehe  bei  den 
durch  trockne  Destillation  erhaltenen  ölartigen  .Producten.) 

Wintersrindenöl.  Nach  Cartheuser  zu  % p.  n.  in  der  Rinde  von  Win- 
tern aromatica  L.  enthalten.  Es  ist  gelb,  riecht  durchdringend,  schmeckt 
terpentinartig,  bitter  und  trennt  sich  nach  einigen  Monaten  in  Stearopten 
und  flüssiges  Oel.  — - Das  Oel  der  Rinde  von  Canella  alba  Murray  ist  dick- 
flüssig, dunkelgelb,  schwerer  als  Wasser  ( CartheusedO * 

Pappelöl.  Durch  Destillation  mit  Wasser  aus  den  Knospen  von  Po- 
pulus  niyra  zu  erhalten.  Farblos,  angenehm  riechend,  unlöslich  in  Was- 
ser, schwerlösiich  in  Weingeist,  leichtlöslich  in  Aether.  Es  ist  leichter 
als  Wasser  ( Pelletier ). 

Traubenkrautöl.  Von  Bley  aus  Chenopodium  ambrosidides  erhalten. 
Gelblich,  sehr  dünnflüssig,  eigentbümlich  riechend,  von  aromatischem, 
bitterlichem,  brennendem  Geschmack,  leichter  als  Wasser  n.nd  darin  un- 
löslich, leichtlöslich  in  Alkohol  und  Aether.  Salpetersäure  verwandelt  e® 
in  ein  gelbes,  aromatisch  riecheudes,  Schwefelsäure  in  ein  ro.thcs  Harz. 
In  Kalilauge  ist  es  unlöslich,  mit  Ammoniak  aber  bildet  es  eia  beständiges 
Liniment. 

Dahlienöl.  Durch  Destillation  der  zu  Brei  geriebenen  Wurze?VöoIleit 
von  Dahlia  pinnata  mit  Wasser  zu  erhalten.  Leichter  als  Wasser,  von 
sehr  starkem  Geruch,  süfslichem,  hintennaob  etwas  scharfem  Geschmack. 
An  der  Luft  verwandelt  es  sich  in  ein  braunrothes,  in  Alkohol  unlösliches 
Harz.  Mit  Wasser  mischt  es  sich  leicht  zu  einer  milchig  bleibenden  Flüs- 
sigkeit. Mit  Wasser  aufbewahrt  sinkt  es  darin  allmählig  zu  Boden,  inde&t 
es  dicklich  und  kristallinisch  wird.  Die  Kristalle  sollen  Benzoesäure  seynj 
Das  davon  abgeprefste  Oel  kristallisirt  nicht  mehr  (Payeri). 

Wandflechtenöl.  Nach  Gumprecht  in  Parmelia  parieiina  enthalten. 
Es  ist  ein  grünes  Oel  von  butterartiger  Consistenz,  leichter  als  Wasser, 


1058 


Thceöl. 


von  unangenehmem , sclummelartigem  Geschmack  und  Geruch  Vou  20 
Pfund  Flechte  erhielt  er  mir  5 Grau  Oel. 

Thee  öl,  flüchtiges.  Es  erstarrt  leicht,  ist  citroneugelb , leichter  als 
Wasser,  hat  den  Geruch  des  Thee’s  io  hohem  Grade  und  ist  so  betäubend, 
dafs  es  bei  Menschen  und  Thieren  als  Gift  wirken  würde.  In  Verbindung 
mit  Gerbestofir  hat  es  diuretische  und  diaphoretische  Wirlnpg.  Beim  Trock- 
nen der  Theeblätter  geht  ein  grofser  Theil  verloren,  wcsialb  man  aus  dem 
trocknen  Thee,  seihst  aus  dem  reichhaltigsten,  dem  «Minen  Javanischen 
(Haysan)  , noch  nicht  1 p.  c.  Oel  erhält.  Mulder  stelle  es  dar,  indem  er 
den  Thee  mit  Aether  auszog,  den  gröfsten  Theil  derben  bei  25°  ver-> 
dampfte,  etwas  Wasser  zumischte  und  destillirte.  Durch  Chlorcalcium 
wurde  das  Wasser  entfernt*  und  durch  Verdampfung  an  der  Luft  das  Oel 
von  dem  Aether,  in  dem  es  gelöst  war,  befreit. 

LindenbliUkenöl  {Ol.  Tiliae ) wurde  vou  wMder  erhalten,  indem  er 
das  über  Lindenblüthen  destillirte  Wasser  mit  Kochsalz  sättigte  und  mit 
Aether  schüttelte , der  das  Oel  auszog  und  l.*ffm  frei  willigen  Verdunsteu 
zurückliefs.  Es  ist  farblos,  dünnflüssig,  leimt  zu  destillirea , und  wenig 
zur  Aufnahme  von  Sauerstoff  aus  der  Luit  geneigt.  lod  löst  sich  darin 
ohne  Erhitzung. 

HoUuuderbliitheöl  {Ol.  Flor.  Sambua )•  Von  Sambucus  nigra  durch 
wiederholtes  Cokobiren  des  Wassers  über  frische  Blumen  zu  erhalten,  Ein 
festes  kristallinisches,  grüulichweifses  0^1  von  bitterlich  brennendem,  hin- 
tennach  kühlendem  Geschmack.  Es  r^girt  nicht  sauer. 

Pfeifenstrauchöl  {OL  Philadelphicoronarii ) wurde  vou  Büchner  d J. 
erhalten  durch  Ausziehen  der  Blume»  mit  Aether,  der  das  flüchtige  Oel  und 
Fett  löste.  Er  wurde  abdestillirt  u'd  der  Rückstand  mit  Alkohol  extrahirt, 
das  ätherische  Destillat  und  der  Alkohol  vermischt  und  letzterer  durch 
Chlorcalcium  abgeschieden.  Beiin^oiwilligen  Verdampfen  des  Aethers  blieb 
das  Oel  jedoch  nicht  ganz  frei  *ou  Fett  zurück.  Auf  dieselbe  Weise  er- 
hielt er  das  Oel  von  Reseda  odivaia. 

Jasminöl  uud  -Camphur.  Das  Oel  ist  in  den  Jasminblüthen  {Jasmiuum 
offic.)  in  sehr  geringer  Meajö  enthalten  midi  wird  daraus  durch  Ausziehen 
der  frischen  Blumen  mit  feiern  Oel  auf  dieselbe  Art  wie  Rosenöl  erhalten. 
Das  reine  ätherische  Oel  .«Dzt  bei  (i°  Camphor  ab,  der  weifs  ist,  in  glän- 
zenden Blättchen  kristaliis*'t>  geruchlos  ist,  dem  Camphor  ähnlich  schmeckt, 
bei  12,5°  schmilzt,  leicHer  alsWasser  ist,  in  dem  er  sich  nur  wenig  löst, 
dagegen  vou  Alkohol,  Aether  und  Oelen  leicht  aufgenommen  wird.  Mit 
lod  erwärmt  er  sich  .«eh  wach  und  bildet  eine  rothe , bald  grasgrün  wer- 
dende Verbindung.  Durch  Salpetersäure  wird  er  leicht  gelöst,  nur  theil- 
weise  durch  SchwePj-  und  Salzsäure.  In  Essigsäure  ist  er  unlöslich.  Ka- 
lium oxidirt  sich  (Ärin  nicht.  ( Herberger .) 

Oel  von  Syrnga  vulgaris.  Man  behandelt  die  frischen  Blumenblätter 
mit  Aether,  wodurch  man  eine  gelbliche  Flüssigkeit  erhält,  die  sich  in 
zwei  Schichter  trennt,  die  obere  enthält  das  flüchtige  Oel.  Man  destillirt 
und  lafst  den  mit  übergegangeuen  Aether  an  der  Luft  verdampfen.  Der 
Rückstand  i.«  ein  dickliches  Oel,  welches  sich  in  ein  gelbes  flüssiges  Oel 
und  eine  v*chsähnliche  Substanz  durch  Filtration  trennen  läfst.  Mit  der 
Zeit  setzt ce  noch  mehr  davon  ah.  {FavrotJ 

Oel  on  Acacia  wird  auf  ganz  gleiche  Weise  wie  das  voi  hergehende 
erhaUer  utl(l  is£  bis  auf  den  Geruch  diesem  in  allen  äufseren  Eigenschaften 
sehr  ä^lick*  {FavrotJ 

jLaiblumenaroma.  In  den  Biiithen  von  Convallaria  majalis  enthalten. 
Es  ^ leichter  als  Wasser  und  darin  unlöslich,  riecht  stark  und  ist  dem 
(*piiphor  ähnlich  kristallinisch.  ( Herberger. ~) 

Breaöl.  Von  Bonastre  aus  dem  Harze  des  Arbre  ä Bray  {Arbol  d 
ßrea-H.SLV7j~)  daigestellt.  Es  ist  von  gelblichgrüner  Farbe,  sehr  starkem 
Geruch,  leichter  als  Wasser  uud  wird  durch  % Salpetersäure  braunroth 
gefärbt. 


) 


Senf ÖL 


1059 


Bukkoöl.  In  den  Blättern  von  Diosma  crenata,  enthalten,;  von  Cadet 
und  von  Brandes  dargestellt.  Es  ist  von  goldgelber  Farbe , stark  reizen- 
dem scharfem  Geschmack  und  Geruch , leichter  als  Wasser,  in  dem  es 
etwas  löslich  ist.  Es  scheint  kein  Stearopten  zu  enthalten. 

Oel  aus  dem  Harze  des  Arhre  du  Langon.  Von  Bonastre  dargestelit. 
Es  ist  blafsgelb,  nach  Lohe  riechend,  leichter  als  Wasser.  Färbt  sich  durch 
Salpetersäure  erst  rosenroth,  dann  violett,  zuletzt  schwarzbraun. 

Courbarillöl.  Aus  dem  Harze  durch  Destillation  zu  erhalten.  Es  ist 
farblos,  leichter  als  Wasser,  riecht  angenehm  , sehr  stark,  schmeckt  bren- 
nend, gesteht  nicht  in  der  Kälte  und  verdächtigt  sich  ohne  Rückstand. 
Durch  Schwefelsäure  wird  es  pomeranzeugelb  gefärbt.  ( Paoli .) 

OL  Myricae  Gale.  Durch  Destillation  der  Blätter  mit  Wasser  wird 
ein  flüchtiges  Oel  in  sehr  geringer  Menge  (24  Pfund  gaben  nur  42  Gran 
Oel)  erhalten.  Es  ist  dunkelgelb  , besitzt  den  Geruch  der  Pflanze,  schmeckt 
anfangs  milde,  dann  brennend  und  zusammenziehend;  bei  12°  schon  wird 
es  fest  durch  Absetzen  des  :/10  seines  Gewichts  betragenden  Stearopteos. 
Spec.  Gew.  ~ 0,876.  100  Th.  Alkohol-losen  nur  2%  Th.  davon  auf.  In 

Aether  ist  es  leicht  löslich.  Mit  lod  färbt  es  sich  grün  , ohne  zu  verpuffen. 
Das  gemischte  Oel  besteht  aus  81,75  Kohlenstoff,  3,00  Wasserstoff,  15,25 
Sauerstoff.  CRahenhorst.) 

Bieber  (feilöl.  Durch  Destillation  des  Biebergeils  mit  Wasser  zu  erhal- 
ten. Es  ist  blafsgelb,  von  der  Consistenz  des  Baumöls,  bald  leichter 
( Bonn ) bald  schwerer  f Brandes^  als  Wasser,  besitzt  den  Geruch  des 
Biebergeils,  schmeckt  scharf  und  bitter,  ist  in  Alkohol  leicht,  in  Wasser 
nur  wenig  löslich. 

c)  Schwefelhaltige  ätherische  Oele . 

Flüchtiges  föenföl  (OL  Sinapis  aether eum ).  A.us  den 

Saamen  von  tämapzs  nigra  L.  durch  Destillation  mit  Wasser 
'/Al  erhalten.  Mao  befeuchtet  die  zerstofsenen , durch  Pressen  möglichst, 
von  fettem  Oele  befreiten  Saamen  mit  kaltem  Wasser  und  destiüirt  erst 
nach  vorhergegaogener  mehrstündiger  Maceration  in  der  Kälte,  da  das  Oel 
durch  den  Einflufs  des  Wassers  aus  den  Saamen,  ähnlich  wie  das  Bitter- 
mandelöl aus  den  bittern  Mandeln,  erst  erzeugt  wird  und  nicht  fertig  ge- 
bildet darin  vorhanden  ist.  Das  mit  dem  Wasser  überdestiliirendo 
Oel  ist  gelblich,  von  1,038  spec.  Gew.  Durch  ßectiticatiori 
für  sich  oder  mit  Wasser  wird  es  farblos  erhalten,  von  1,015 
spec.  Gew.  Seine  Dampfdichte  ist  3.4 ; es  kocht  bei  143  . 
( Dumas  und  Pelou%e.Jl  Nach  Robiquet  und  Bussy  erhält  man  durch 
mehrstündiges  Erhitzen  des  Senföls  für  sich  bis  zu  100°  eine  geringe 
Menge  eines  sehr  flüssigen,  farblosen,  schwach  ätherartig  riechenden 
Oeles  , was  sich  nicht  mit  Wasser  mischt,  demselben  aber  einen  sülslichea 
Geschmack  ertheilt.  Auf  freiem  Feuer  beginnt  uaefr  denselben  Chemikern 
das  Oel  bei  110°  zu  sieden.  Sein  Kochpunkt  steigt  allmählig  bis  155°. 
Von  nun  an  verändert  sich  der  Siedepunkt  nicht  merkbar,  es  geht  ein 
farbloses  Oel  von  1,015  spec.  Gew.  über.  Der  zuerst  abdestillirte  Theil 
für  sich  erhitzt  beginnt  schon  bei  90°  zu  sieden,  bis  zu  130°  geht  ein 
starkgefärbtes  Oel  von  0,986  spec.  Gew.  über;  das  erst  zwischen  130 
und  155°  destillirende  ist  farblos  und  vou  1,009  spec.  Gew.  — In  100  Th. 
Wasser  lösen  sich  2 Th.  Oel.  Alkohol  und  Aether  lösen  es  sehr  leicht, 
durch  Wasserzusatz  wird  es  daraus  abgeschieden.  Phosphor  und  Schwefel 
lösen  sich  in  dem  Oele  in  bedeutender  Menge  beim  Erwärmen  und  schei- 
den sich  beim  Erkalten  daraus  kristallinisch  ab.  Es  absorbirt  Chlor  unter 
Bildung  von  Salzsäure.  Mit  Kalium  erwärmt  bildet  sich  unter  Explosion 
Schwefelkalium  und  Schwefel  cyankalium.  Mit  Kalilauge  gekocht  entwickelt 
«ich  Ammoniak  und  Schwefelkalium,  Schwefelcyankalium  und  ein  nicht 


1060 


Senf  öl. 


näher  untersuchter  Körper  bilden  sich  gleichzeitig  (Dumas  und  Pelouze). 
Mit  Ammoniak  verbindet  sich  das  Oel  direct  zu  einem  weifsen,  schön  kri- 
stallisirenden  Körper  (s.  Senfölainmoniak).  Beim  Zusammenbriogeu  mit  Sal- 
petersäure erwärmt  es  sich,  es  entwickelt  sich  Stickoxid  und  salpetrige 
Säure,  während  das  Oel  zuerst  grün , dann  rothgelb  und  dick  wird.  Bei 
längerer  Einwirkung  verschwindet  das  Oel  ganz,  unter  Bildung  einer 
schwefelgelben,  porösen,  harzigen  Masse,  die  Löwig  Nitro sinapglharz 
nennt.  Von  Wasser  und  Alkohol  wird  diefs  nicht,  von  Aether  nur  schwer 
gelöst.  Kalilauge  löst  es  auf  und  Säuren  scheiden  es  wieder  in  gelben 
Flocken  daraus  ab.  Bei  fortgesetzter  Ein  airkung  von  Salpetersäure  zer- 
setzt sich  das  Harz  in  Schwefelsäure  und  Kleesäure  unter  gleichzeitiger 
Bildung  einer  neuen  Säure,  die  leichtlöslich  in  Wasser,  unlöslich  in  Aether 
und  Alkohol  ist,  nicht  kristallisirt  uud  zu  einer  rothen  Masse  eintrocknet, 
mit  Blei-  und  Silbersalzen  gelbe  Niederschläge  giebt.  Concentrirte  Kali- 
lauge entwickelt  daraus  Ammoniak  und  üoucentnrte  Salpetersäure  ver- 
wandelt sie  in  Oxalsäure  (Löwig').  — Durch  Behandluug  von  Senföl  mit 
frischgefälltem  Bleioxid  in  der  Digestionswärme  und  zuletzt  Verdampfen 
zur  Trockne  irn  Wasserbade  wird  jenem  aller  Schwefe!  entzogen.  De- 
stillirt  man  das  Gemisch  im  Chlorcalciumbade  mit  Wasser,  so  wird  eine 
stark  ammoniakalische  Flüssigkeit  erhalten;  in  dem  Rückstände  ist  nebst 
Schwefelblei  eine  kristallinische,  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  lösliche 
Substanz  enthalten,  welche  Simon  Sinapolin  nennt.  Es  schmilzt  bei  90°, 
zersetzt  sich  bei  170  — 180°.  Durch  Salpetersäure  wird  es  iu  eine  Säure 
verwandelt.  Schwefelsäure  bräunt  es.  Seine  Zusammensetzung  entspricht 
der  Formel  C28  Hi0  N8  04. 

Senf  Ölammoniak. 

Mit  Ammoniak  verbindet  sich  das  Senföl  direct  zu  eiuem  in  Prismen 
mit  rhombischer  Basis  kristallisirenden  weifsen  Körper,  der  nach  der  For- 
mel C8  H,6  N4  S2  oder  C8  H10  N2  Sz  N4  1I6  zusammengesetzt  ist.  Das 
Senfölarumoniak  ist  löslich  in  Wasser,  Alkohol  uud  Aether,  geruchlos, 
bitterschmeckeud , schmilzt  bei  70°  und  gesteht  beim  Erkalten  zu  einer 
kristallinischen  Masse.  Seine  Lösung  reagirt  neutral.  Durch  Kalilauge 
wird  es  nur  sehr  aUtnählig  und  unter  Bildung  von  Schwefelkaliuni,  Schwe- 
felcyan kali  um  uud  Ammoniak  zersetzt.  Verdüuute  Säuren  sind  ohne  Wir- 
kung darauf.  Durch  Quecksilberchlorid  entsteht  iu  seiner  Lösung  eia 
weifser,  mit  Platinchlorid  ein  gelber  Niederschlag  (Will  und  Varrentrapp ); 
mit  salpetersaurem  Silberoxid  ein  weifser  Präcipitat  ( Aschoff ),  der  nach 
Löwig  1 At.  Senfölammoniak  uud  salpetersaures  Silberoxid  enthält.  Ver- 
sucht man  das  Ammoniak  durch  Salpetersäure  zu  entziehen  , so  erhält  man 
die  Zersetzungsprodukte  dieser  Säure  mit  dem  Oele.  — Wird  das  Senföl- 
ammoniak mit  5 Th.  Quecksilberoxid  zusammengerieben,  so  bildet  sich 
unter  Erwärmung  Schwefelquecksilber,  und  eine  nicht  kristallisirbare  , zu 
einer  zähen  Masse  eintrocknende  Substanz,  die  löslich  in  Wasser,  Alkohol 
und  Aether  ist.  Sie  reagirt  stark  alkalisch,  entwickelt  mit  Alkalien  kein 
Ammoniak,  sondern  zersetzt  Ammoniaksalze  beim  Erwärmen  und  sättigt 
Säuren  (Bussy  und  Robiquet ).  Nach  Simon  erhält  man  dieselbe  Substanz 
auch  durch  friscligefälltes  Bleioxid  aus  dem  Senfölammoniak.  Aber  diefs 
Produkt  soll  zwei  Substanzen  enthalten,  von  denen  nur  die  eine  alle 
eben  angeführten  Eigenschaften  besitzt;  die  zweite  aber  ist  fest  und  un- 
löslich in  Aether. 

Anhang  zum  Senföl. 

Der  schwarze  sowohl  wie  der  weifse  Senf  enthalten  eine  dem  Emul- 
sin sehr  ähnliche,  von  Bussy  Mgrosgn  genannte  Substanz,  die  mau  er- 
hält, wenn  man  weifsen  Senf  mit  kaltem  Wasser  auszieht  und  die  abfil- 
trirte  Flüssigkeit  bei  einer  Temperatur,  die  nicht  40*  überschreitet,  zur 
Syrupsconsistenz  verdampft,  mit  Alkohol  versetzt,  wodurch  das  Myrosyn 
gefällt  wird;  der  Niederschlag  wird  in  Wasser  gelöst  und  bei  gelinder 


M yronsäure. 


1061 


Temperatur  zur  Trockne  verdampft  Io  seinen  aufseren  Eigenschaften  ist 
er  dem  Emulsin  sehr  ähnlich,  giebt  in  Wasser  eine  schleimige  durchsich- 
tige Losung,  die  durch  Wärme  schon  bei  60°,  durch  Alkohol  und  Säuren 
leicht  coagulirt  wird.  Mao  hat  noch  kein  Mittel  gefunden,  es  vom  Albu- 
min zu  trennen.  Versucht  man  das  Myrosyn  aus  dem  schwarzen  Senf 
darzustellen,  so  gelingt  diels  nicht,  weil  darin  zugleich  die  später  zu  be- 
schreibende Myronsäure  enthalten  ist,  die  damit  in  Berührung  bei  Gegen- 
wart von  Wasser,  unter  Umsetzung  der  Elemente  beider,  die  Entstehung 
von  flüchtigem  Senfol  veraulafst.  Dafs  das  Myros3’U  des  schwarzen  und 
weifsen  Senfs  identisch  ist,  geht  deutlich  daraus  hervor,  dafs  wenn  man 
schwarzen  Senf,  dessen  Myrosyn  durch  Wärme  oder  Alkohol  coagulirt, 
also  unwirksam  gemacht  worden  ist,  so  dafs  er  mit  Wasser  angerührt 
keine  Spur  von  Senfol  mehr  erzeugt,  mit  Myrosyn  aus  weifsem  Senf 
mengt,  alsbald  die  Bildung  des  Oels  in  unverminderter  Menge  stattfindet. 
Weder  mit  dem  Emulsin  aus  bittern  Mandeln  noch  mit  Bierhefe  erzeugt  die 
Myronsäure  Senfol,  ebensowenig  als  Amygdalin  mit  Myrosyn  oder  Bier- 
hefe Bittermandelöl  zu  erzeugen  im  Stande  ist. 

Myronsäure . Von  Bussy  aus  dem  schwarzen  Senfsaamen  abgeschie- 
den, worin  sie  mit  Kali  verbunden  verkommt.  Wird  durch  Zersetzung 
des  myronsaurera  Kali’s  mittelst  Weinsäure  oder  des  myronsauren  Baryts 
mittelst  Schwefelsäure  erhalten.  — Die  M^yronsäure  ist  geruchlos,  schmeckt 
bitter,  reagirt  deutlich  sauer  und  bildet,  aus  ihren  Salzen  abgeschieden, 
beim  Verdampfen  eine  syrupartige,  nicht  kristallisirbare  Masse;  sie  ist 
nicht  flüchtig,  löslich  in  Wasser  und  Alkohol,  kaum  in  Aether;  die  Auf- 
lösung zersetzt  sich  bei  anhaltendem  Kochen  unter  Entwickelung  von 
Schwefelwasserstoff,  Salpetersäure  löst  die  Saure  auf,  beim  Erwärmen 
entwickeln  sich  rothe  Dämpfe  und  die  Flüssigkeit  enthält  dann  Schwefel- 
säure. Besteht  aus  Kohlenstoff,  Wasserstoff,  Stickstoff,  Schwefel  uud 
Sauerstoff.  Die  Analyse  ist  von  Bussy  noch  nicht  mitgetheilt.  Mit  Kali, 
Natron,  Ammoniak,  Baryt,  Kalk,  Blei-  und  Silberoxid  bildet  sie  in  Wasser 
lösliche,  geruchlose  und  bitter  schmeckende  Salze,  deren  Auflösungen, 
mit  Myrosyn  versetzt,  Senföl  bilden. 

Myronsaures  Kali.  Zur  Darstellung  dieses  Salzes  wird  das  getrock- 
nete und  zur  Entfernung  des  fetten  Oels  scharf  geprefste  Senfmehl  zuerst 
mit  Alkohol  von  85°  erschöpft,  geprefst  uud  dann  mit  Wasser  ausgezogen. 
Die  wässerige  Auflösung  wird  nach  dem  Verdampfer*  mit  Weingeist  behan- 
delt, wodurch  schleimige  Substanzen  abgeschieden  werden.  Das  Filtrat 
liefert  beim  Verdunsten  Kristalle  von  inyronsaurem  Kali,  die  durch  Wa- 
schen mit  schwachem  Weiugeist  rein  erhalten  werden.  — Durchsichtige, 
an  der  Luft  unveränderliche  Kristalle,  löslich  in  Wasser,  unlöslich  in 
starkem  Weingeist.  Sehmeckt  kühlend  bitter,  verliert  bei  100°  kein  Was- 
ser, zersetzt  sich  in  höherer  Temperatur  unter  Rücklassung  von  schvve- 
felsaurern  Kali.  Die  Auflösung  wird  durch  Erd-  und  Metalloxidsalze  nicht 
gefällt ; Weinsäure  und  Platinchlorid  zeigen  darin  das  Kali  an. 

Durch  Ausziehen  des  schwarzen  Senfs  mit  starkem  Alkohol,  Verdampfen 
der  Lösung,  Behandlung  des  Rückstandes  mit  Aether  erhielt  Simon  das  Sina- 
pisin , einen  indifferenten  Stoff,  der  sich  den  unverseifbaren  kristallini- 
schen Fetten  ähnlich  verhält.  Behandelt  man  den  rückständigen  Saamen 
mit  einer  Lösung  von  kohlensaurem  Natron , übersättigt  diese  mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  und  destillirt,  so  geht  eine  Säure,  der  Essigsäure 
oder  Ameisensäure  nicht  unähnlich,  mit  dem  Wasser  über.  Sie  bildet  sehr 
leichtlösliche,  schwer  kristallisirbare  Salze.  Das  Bleisalz  ist  schon  in  4 
— 5 Th.  Wasser  löslich. 

Wenn  man  weifsen  Senf,  nachdem  er  durch  Pressen  von  fettem  Oele 
befreit  ist,  mit  Wasser  behandelt,  so  erzeugt  sich  trotz  seines  Myrosyn- 
gehaltes  kein  Senföi,  sondern  eine  eigenthümliche  scharfe  Substanz.  Durch 
Alkohol  oder  Wärme  kann  ihre  Bildung  ebenso  wie  die  des  Senföls  aus 
schwarzem  Senf  verhindert  werden^  Vorhergehende  Extraction  mit  Aether 
ist  ohne  Einfiufs. 

Nach  Henry  und  Garot  erhält  man  auf  ganz  dieselbe  Weise , wie  Bussy 


il)6i 


MeerrettigöL 


zur  Darstellung  des  myrousauren  Kali’s  angiebt*  sowohl  aus  weifsem  wie 
aus  schwarzem  Senf  eine  identische  Substanz*  welche  sie  Salfosinapin  (die- 
sen Namen  hat  Berzelius  in  Sinapin  umgeäodert)  nennen.  Es  entging  ihnen 
also  jedenfalls  in  dem  aus  schwarzem  Senf  dargesteliten  Körper  der  be- 
deutende* wesentliche  Gehalt  an  feuerbeständigem  Alkali.  Aufserdem  ist 
es  nicht  möglich*  dafs  die  aus  weifsem  Senf  dargestellle  Substanz  damit 
identisch  sey ; denn  da  beide  Saamen  Myrosyn  nach  Bussy  enthalten*  so 
miiS'sten  sie  bei  einem  Gehalt  an  myronsuurem  Kali  auch  beide  ätherisches 
Senföl  liefern. 

Meerrettigöl  (OL  Ärmoraciae) , von  Cochlearia  armoracia.  Es  ist  ein 
hellgelbes  Oel*  schwerer  als  Wasser*  in  dem  es  zwar  nur  wenig  löslich 
ist.  ihm  aber  seinen  scharfen  beifsenden  Geschmack  und  ausnehmend  star- 
ken Geruch  mittheilt.  Diese  Lösung  reagirt  nicht  auf  Lackmuspapier*  wird 
aber  durch  Blei-  und  Silbersalze  gefällt*  indem  die  Metalle  sich  mit  dem 
im  öele  enthaltenen  Schwefel  verbinden.  Es  ist  leicht  löslich  in  Alkohol. 
Bei  langem  Aufbewahren  verwandelt  es  sich  zuletzt  ganz  in  nadelförmige* 
silberglänzende  Kristalle*  die  denselben  Geschmack  und  Geruch  wie  das 
Oel  besitzen.  Liese  Kristalle  schmelzen*  verflüchtigen  sich  ohne  Rückstand 
und  sind  sclnverlöslicli  in  Alkohol.  Diesem  Oele  verdankt  der  Meerrettig 
seine  blasenziehende  Wirkung. 

Löffelkrautol  (O l.  Cochlearia?') , von  Cochlearia  officinalis.  Es  ist  dem 
vorhergehenden  sehr  ähnlich,  selbst  im  Geruch;  ist  schwerer  als  Wasser* 
gelblich*  leicht  löslich  in  Spiritus,  mit  dem  es  überdestillirt  werden  kann. 

Knoblauchöl.  Wird  erhalten  durch  Destillation  von  Knoblauch  (Alltitm 
sativum)  mit  Wasser.  Es  ist  sehr  flüchtig  und  geht  daher  gleich  zu  An- 
fang der  Destillation  über.  Es  ist  schwerer  als  Wasser*  leichtlöslich  in 
Alkohol*  hat  einen  sehr  durchdringenden  Geruch  und  Geschmack*  ähnlich 
den  vorhergehenden  Oelen*  und  erregt  wie  diese  auf  die  Haut  gebracht 
starken  Schmerz.  Es  soll  frischgefälites  Eisenoxidulhydrat  schwarz  fär- 
ben * nicht  aber  Wismulh-  oder  Bleioxid.  Ein  ganz  ähnliches  Oel  erhält 
man  durch  Destillation  der  Zwiebeln  fAllium  Cepa). 

ßtinkasantul  (Ol.  Asae  foetidae).  ln  dem  Gummiharze  von  Ferula 
Asa  foelida  enthalten.  Es  ist  wasserhell*  leichter  als  Wasser*  von  sehr 
widrigem  Geruch*  schmeckt  anfangs  milde*  dann  sehr  kratzend.  Es  löst 
sich  leicht  in  Alkohol  und  enthält  wie  die  vorhergehenden  Schwefel.  Durch 
Salpetersäure  wird  es  in  der  Wärme  in  Oxalsäure*  Schwefelsäure  und 
eine  gelbe  bittere  Substanz  verwandelt.  Mit  Quecksilber  gerieben  bildet 
es  Schwefelquecksilber*  und  mit  Kalium  erwärmt  bildet  sich  Schwefel- 
kalium unter  Absatz  von  Kohle. 

Auch  das  Oel  des  Wasserpfeffers  ( [Polygonwn  hydropiper) * sowie  das 
von  Aron  fArum  maculatum),  ist  wohl  zu  diesen  schwefelhaltigen  schar- 
fen Oelen  zif  zählen. 

Oel  von  Leptäium  latifolium.  Nach  Steudel  erhält  man  durch  Destil- 
lation der  frischen  Blätter  eia  im  Wasser  niedersinkendes  Oel  nebst  einem 
milchigen*  stark  riechenden,  scharf  schmeckenden  Wasser*  welches  an 
der  Luft,  ebenso  durch  Kohle  und  durch  Chlor  seinen  Geruch  verliert* 
Silbersalze  allmählig  schwarz  fällt  und  metallisches  Silber  mit  der  Zeit 
schwärzt. 

Hopfenöl  . Durch  Destillation  der  weiblichen  Blüthen  des  Hopfens 
CHutmilus  Luvulus)  oder  des  Lupulins  mit  Wasser  Es  ist  nach  Payen 
und  Chevalier  ein  dünnflüssiges*  wenig  gefärbtes*  betäubend  nach  Hopfen 
riechendes*  scharf  schmeckendes*  sehr  flüchtiges  Oel.  Sein  spec.  Gew,  ist 
nr  0*910.  Es  ist  ziemlich  löslich  in  Wasser*  schwärzt  metallisches  Sil- 
ber* und  beträgt  ohngefähr  yi0  Procent  der  Hopfenzapfen. 

Anhang  zu  den  flüchtigen  Oelen. 

Als  Anhang  zu  den  flüchtigen  Oelen  sollen  hier  einige  flüchtige  Pflan- 
«tnstoffe  beschrieben  werden*  die  insofern  mit  Stearopten  Aehnlichke# 


Asarin.  SÖ63 

haben,  als  sie  flüchtige,  meist  kristallinische  nncTmiS  Wasser  iiberdesÜI- 
lirbare  Körper  sind. 

] Helen  in.  Aus  der  Alantwurzel  (Imila  Helenium)  durch  Ausziehen 
der  frischen  Wurzel  mit  heiftem  Alkohol.  Auch  durch  Destillation  mit 
Wasser  kann  es  sehr  rein , aber  io  kleiner  Menge  erhalten  werden.  Es 
kristallisirfc  in  vierseitigen  weifscn  Prismen  von  äufserst  schwachem  Ge- 
schmack und  Geruch,  die  leichter  als  Wasser  sind,  worin  es  unlöslich 
ist.  Von  heifsem  Alkohol  und  von  Aether  wird  es  leicht  gelöst  und  durch 
Zusatz  vo»  Wasser  gefällt.  In  ätherischen  Gelen  und  Kreosot  ist  es  in 
jedem  Verhältnifs  löslich.  Es  schmilzt  bei  72"  , siedet  bei  275  — 280°  und 
verflüchtigt  sich  schon  vorher  unter  Verbreitung  eines  schwach  aromati^ 
sehen  Geruchs,  wobei  es  jedoch  zum  Theil  verändert  wird.  Wird  es  bei 
gelinder  Temperatur  geschmolzen,  so  bildet  es  beim  Erkalten  eine  kristal- 
linische Substanz ; einer  höheren  Temperatur  ausgesetzt  gesteht  es  beim 
Abkühlen  zu  einer  dem  Colophoniurn  ähnlichen  Masse.  Von  wässerigem 
Kali  wird  es  gelöst  und  durch  Säuren  unverändert  aus  dieser  Lösung  ge- 
fällt. Durch  schmelzendes  Kali  wird  es  verkohlt.  Mit  conceutrirter  Schwe- 
felsäure behandelt  verbindet  es  sich  damit  zu  einer  eigenthiimlichen  Säure, 
die  durch  Wasser  schon  zersetzt  wird  und  wegen  ihrer  Unbeständigkeit 
nicht  näher  untersucht  werden  konnte  (Gerhardt).  Nach  Dumas  besteht 
das  Helenin  aus  76,9  Kohlenstoff,  8,8  Wasserstoff,  14 ,3  Sauerstoff ; er 
berechnet  hiernach  die  Formel  CJ4  H18  02„  Gerhardt  fand  in  100  Th. 
77,62  — 77,98  Kohlenstoff,  8,45  — 8,62  Wasserstoff,  14,12  — 13,50  Sauer- 
stoff; er  berechnet  hiernach  und  nach  der  Analyse  mehrerer  Zersetzungs- 
produkte die  Formel  0JS  H20  0*.  — Nitrohelenin,  wird  erhalten,  wenn  man 
das  Helenin  so  Sange  mit  mafsig  concentrirter  Salpetersäure  erhitzt , bis 
sich  das  Produkt  vollkommen  in  Ammoniak  löst.  Man  tröpfelt  dann  die 
salpetersaure  Lösung  in  Wasser,  wodurch  das  Nitrohelenin  als  gelber 
Niederschlag  gefällt  wird.  Es  löst  sich  leicht  in  Ammoniak  und  wird  durch 
Säuren  aus  dieser  Lösung  als  rothe  Gallerte  gefällt.  Es  ist  nicht  flüchtig, 
wenig  in  Wasser,  leicht  löslich  io  Alkohol  und  Salpetersäure.  Durch 
einen  Ueberschufs  dieser  letzteren  wird  es  in  Kleesäure  verwandelt.  Durch 
schmelzendes  Kali  wird  es  verkohlt  unter  Ammooiakentwickelung.  Es  ent- 
hält 56,69  Kohlenstoff,  6,15  Wasserstoff.  Der  Stickstoffgehalt  wurde  nicht 
bestimmt.  Hiernach  ist  es  wahrscheinlich  nach  der  Formel  CIS  H18  02  -f- 
N2  04  zusammengesetzt.  — Wird  Chlor  über  geschmolzenes  Helenin  ge- 
leitet und  die  erhaltene  klebrige  Masse  mit  Alkohol  ausgekocht,  so  setzen 
sich  beim  Erkalten  gelbe  Flocken  daraus  ab , die  48,3  Kohlenstoff,  5,6 
Wasserstoff,  36,9  Chlor  enthalten,  was  der  Formel  C1S  H20  CJ4  02  ent- 
spricht. Das  Chlorwasserstoff- Chlor helenin  ist  ein  gelbes  Pulver,  leichter 
als  Wasser,  worin  es  -sich  nicht  löst;  löslich  in  Aether  und  kochendem 
Alkohol.  Mit  Aetzkalk  erhitzt  liefert  es  Naphtalin.  — Durch  Destillation 
mit  wasserfreier  Phosphorsäure  erhält  man  aus  dem  Helenin  einen  ölarti- 
gen Körper,  den  man  durch  Behandlung  mit  rauchender  Schwefelsäure 
von  beigemengtem  Helenin  befreit;  die  Säure  wird  danf  durch  Wasser 
entfernt  und  das  Del  über  Chiorcälcium  getrocknet.  Es  wird  Helenen  ge- 
nannt und  enthält  91,20  Kohlenstoff,  8,87  Wasserstoff,  was  der  Formel 
C15  Hi6  entspricht.  Es  entsteht  sonach  aus  dem  Helenin,  indem  dieses 
2HjO  verliert.  Es  ist  farblos,  flüssig,  leichter  als  Wasser,  von  scharfem 
Geschmack  und  schwachem  Geruch,  siedet  bei  200°.  Io  der  Kälte  wird 
es  weder  von  rauchender  Schwefelsäure  noch  von  Salpetersäure  zersetzt. 
(Gerhardt.) 

Asarin  oder  Asarit.  Zu  erhalten  aus  der  trocknen  Wurzel  von  Asa- 
rum  europatum  durch  Destillation  mit  8 Th.  Wasser,  bis  3 Th  eile  über- 
gegangen sind.  Es  kristallisirt  zum  Theil  im  Retortenhalse,  zum  Theil 
beim  Abkühlen  des  Destillates.  Es  schiefst  in  durchsichtigen,  perlmutter- 
glänzenden, vierseitigen  Tafeln  an,  riecht  und  schmeckt  aromatisch  cam- 
phorartig,  schmilzt  in  siedendem  Wasser  und  läfst  sich  in  der  Hand  wie 
Wachs  kneten.  Nach  Gräger  ist  sein  spec.  Gew.  nr  0,95  und  sein  Schmelz- 
punkt bei  70*;  nach  Blanckei  und  Seil  schmilzt  es  bei  40°  und  erstarrt 


1081 


Nicotianin, 


bei  27®.  Es  verflüchtigt  sich  ohne  Rückstand.  Seine  Dämpfe  reizen  sehr 
zum  Husten.  Es  beginnt  bei  280°  zu  sieden,  indem  der  Kochpunkt  bald 
auf  300°  steigt^  wo  es  sich  zersetzt  ohne  zu  sublimiren.  Es  ist  schwer- 
löslich  ia  Wasser,  welches  jsdoch  den  Geschmack  davon  annimmt.  Von 
Alkohol  wird  es  leicht  gelöst  und  durch  Wasser  daraus  gefällt.  Nach 
Blanchet  und  Seil  besteht  es  aus  69,42  Kohlenstoff,  7,79  Wasserstoff  und 
22,79  Sauerstoff,  was  der  Formel  C8  Hu  0,  entspricht.  Sie  halten  es  für 
ein  Hydrat  eines  in  der  Wurzel  enthaltenen  und  daraus  durch  Alkohol 
extrahirbare^  Oeles,  welches  sie  auch  analysirten  und  darin  75,41  Koh- 
lenstoff, 9,7 6 Wasserstoff,  14,83  Sauerstoff  fänden.  Nach  diesen  Resul- 
taten ist  es  jedoch  nicht  möglich,  das  Asarin  als  eine  Verbindung  eines 
Atoms  dieses  Oeles  mit  1 At.  Wasser  zu  betrachten,  da  das  berechnete 
Resultat  von  dem  gefundenen  zu  sehr  abweicht. 

Nicotianin.  Wird  erhalten  durch  Destillation  von  Tabaksblättern  mit 
wenig  Wasser.  Man  gewinnt  aus  1 Pfund  Blätter  kaum  2 Gran  einer  fet- 
tigen , nach  Tabaksdampf  riechenden,  aromatisch  und  bitter  schmeckeuden 
Substanz,  die  sich  beim  Erhitzen  verflüchtigt,  in  Wasser  unlöslich,  leicht- 
löslich aber  in  Alkohol  und  Aether  ist.  Von  Kali  wird  es  gelöst,  nicht 
von  verdünnten  Säuren. 

Anemonin.  (Anemonen-  oder  Pulsatillen-Camphor.')  Von  Reger  ent- 
deckt, von  Vauquelin , Robert , Schwart% , neuerdings  von  Lüwig  und 
Weidmann , zuletzt  von  Fehling  untersucht.  Es  findet  sich  im  Kraute  von 
Anemone  Pulsatilla , nemorosa  und  pratensis . 

Es  wird  durch  Destillation  des  frischen  Krautes  der  genannten  Pflan- 
zen erhalten , indem  man  sie  mit  ihrem  'doppelten  Gewichte  Wasser  üöer- 
giefst,  die  Hälfte  davon  abdestillirt  und  von  dem  Destillate  wiederum  ein 
Achtel  überdestillirt,  woraus  sich  dann  nach  einigen  Wochen  das  Anemo- 
nin  in  Kristallen  absetzt.  Es  ist  schwerer  als  Wasser,  schmilzt  und  ver- 
dampft bei  höherer  Temperatur  in  offener  Luft,  indem  es  einen  sehr  ste- 
chenden Geruch  verbreitet  und  die  Augen  stark  reizt;  doch  kann  es  nicht 
unzersetzt  destillirt  werden.  Es  besitzt  einen  höchst  brennenden  Geruch, 
ist  in  Wasser  wenig,  in  Aether  leicht  löslich.  Durch  längeres  Kochen 
mit  Salpetersäure  wird  es  zersetzt  unter  Entwickelung  von  Stickoxid. 
Chlor,  Brom  uud  lod  zeigen  keine  auffallende  Einwirkung  darauf.  Von 
concentrirter  Schwefelsäure  wird  es  in  der  Kälte  gelöst  und  kann  durch 
Wasser  daraus  unverändert  abgeschieden  werden.  Beim  Erhitzen  wird  es 
unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure  zersetzt.  Auch  von  verdünnter 
Schwefelsäure  wird  es  bei  längerem  Kochen  verändert.  Concentrirte  Salz- 
säure verwandelt  es  in  Anemoninsäure,  CLöwigJ  Er  fand  bei  der  Ana- 
lyse des  Auemonins  55,70  Kohlenstoff,  4,30  Wasserstoff,  40,00  Sauere 
Stoff,  woraus  er  die  Formel  C7  H6  O*  berechnet. 

Fehling  fand,  dafs  das  Anemonin  in  heifsem  Alkohol  leichtlöslich, 
schwerlöslich  in  Aether  und  Wasser  ist.  Bei  der  Lösung  in  Alkohol  hin- 
terliefs  es  stets  einen  in  den  drei  genannten,  sowie  in  fetten  und  ätheri- 
schen Oelcn  unlöslichen,  weifsen,  pulverförmigen  Körper.  Es  kristallisirl 
aus  der  spirituösen  Flüssigkeit.  Er  stellte  vier  sehr  übereinstimmende  Analy- 
sen mit  zu  verschiedener  Zeit  dargestellter  Substanz  an , welche  im  Mittel 
62,85  Kohlenstoff,  4,37  Wasserstoff  und  32,78  Sauerstoff  gaben,  woraus 
er  die  Formel  Cs  H4  O*  berechnet.  Durch  Kochen  von  Bleioxid  mit  Ane- 
monin  und  Wasser  erhielt  er  eine  kristallinische  Verbindung,  deren  Ana- 
lyse mit  der  berechneten  Zusammensetzung  Clt  U12  06  PbO  übereinstimmt. 

Anemoninsäure  wird  nach  Löwig  erhalten  durch  Kochen  von  Anemo- 
nin mit  Barytwasser.  Der  überschüssige  Baryt  wird  durch  Kohlensäure 
entfernt,  die  filtrirte  Flüssigkeit  mit  essigsaurem  Bleioxid  vermischt.  Es 
fällt  anemoninsaures  Bleioxid  als  gelber  Niederschlag  nieder,  der  mit 
Schwefelwasserstoff  zersetzt  wird.  Die  Auflösung  der  Anemoninsäure  wird 
zur  Trockne  verdampft.  Sie  stellt  eine  braune,  durchscheinende,  spröde, 
nicht  kristallinische  Masse  dar,  die  sich  leicht  zu  einem  gelbbraunen  Pul- 
ver zerreiben  läfst.  Aus  der  Luft  zieht  sie  schnell  Feuchtigkeit  an,  ist 
leichtlöslich  in  Wasser,  schwerlöslich  in  Weingeist,  unlöslich  in  Aether. 


Catith  arid  in. 


1065 


Sie  schmeckt  stark  sauer , röthet  Lackmus  und  zersetzt  die  koklensauren 
Salze.  Durch  trockne  Destillation  wird  sie  zersetzt.  Ihre  Salze  sind  nicht 
kristallisirbar.  Löivig  stellt  die  Formel  Cr  H8  Os  -+-  aq  dafür  auf. 

Anemonstiure  scheidet  sich  nach  Schwartz  neben  dem  Anemonin  aus 
dem  destillirten  Wasser  der  Anemone  und  ist  in  Wasser,  Alkohol  und 
Aether  kaum  löslich.  Durch  Alkalien  wird  sie  gelb  gefärbt  und  zerfällt 
in  zwei  Körper,  von  denen  der  eine  in  Kali  löslich,  der  andere  darin  un- 
löslich ist.  Das  Wasser  soll  frisch  destillirt  noch  ein  hellgelbes,  scharfes 
Oel  enthalten,  was  durch  den  Zutritt  der  Luft  zuerst  in  Anemonin,  dann 
in  Anemonsäure  übergeht. 

Vanillecarnphor . Kleine  biegsame  Blättchen  oder  Nadeln,  in  der  Hitze 
schmelzend  und  Dämpfe  gebend,  die  weder  stechend  noch  hustenerregend 
sind.  Er  löst  sich  nicht  in  Wasser,  leicht  in  Alkohol  und  Aether,  diese 
Lösungen  sind  neutral  CBleyJ. 

Quassiacamphor.  Nach  Bennerscheidt  in  dem  Holze  von  Quassia 
amara  in  geringer  Menge  enthalten.  Er  kristaliisirt  in  weilsen  Tafeln, 
welche  dem  Holze  ähnlich  riechen,  leichter  als  Wasser  und  darin  in  der 
Wärme  etwas  löslich  sind. 

Tangin-  oder  Tanghincamphor.  Nach  Henry  wird  er  erhalten,  wenn 
man  die  durch  Auspressen  von  fettem  Oele  befreiten  Tangin-Mandeln  (von 
Tanghinia  madagascariensis ) mit  Aether  auszieht.  Die  beim  freiwilligen 
Verdampfen  der  Lösung  erhaltenen  Kristalle  werden  durch  Lösen  in  Wein- 
geist gereinigt.  Sie  sind  durchsichtig  und  verwittern  an  der  Luft , schmel- 
zen leicht  zu  einer  harzähnlichen  Masse  ohne  sich  zu  verflüchtigen,  rea- 
giren  nicht  auf  Lackmus,  schmecken  erst  bitter,  dann  aufserordentlicb 
brennend  wie  Bertramwurzel.  Der  Tangincamphor  ist  unlöslich  in  Was- 
ser, löslich  in  Alkohol  und  daraus  fällbar  durch  Wasser.  Von  Aether 
wird  er  leicht  gelöst.  Säuren  verbinden  sich  nicht  damit.  Schon  in  klei- 
nen Mengen  wirkt  er  giftig,  tödtlich. 

Massoycamphor  und  Oele.  Die  Massoyrinde  enthält  nach  Bonastre 
eine  weifse,  pulverige,  etwas  rauh  anzufühlende,  wenig  riechende  und 
schmeckende  Substanz,  welche  schwerer  als  Wasser  ist,  von  Alkohol, 
Aether  und  Essigsäure  gelöst  und  von  Salpetersäure  gelb  gefärbt  wird. 
Er  nennt  sie  Massoycamphor.  Ferner  enthält  diese  Wurzel  zwei  Oele*. 
Das  eine  ist  leichter  als  Wasser,  farblos,  sehr  dünnflüssig,  von  scharfem  j 
stechendem  Geschmack,  sassafrasähnlichem  Geruch,  wird  von  Alkohol 
Aether  und  Essigsäure  leicht  gelöst  und  von  Salpetersäure  kirschroth  ge- 
färbt.  Das  zweite  Oel  ist  minder  flüchtig  und  flüssig,  auch  von  schwäche- 
rem Geruch,  aber  scharfem  Geschmack.  Bei  — 10°  ist  es  weich.  Es  färbt 
sich  in  der  Kälte  hochroth  mit  Salpetersäure,  beim  Erhitzen  des  Gemenges 
bildet  sich  Oxalsäure.  Mit  Alkalien  verbindet  es  sich  nur  unvollkommen. 

Aurikelcamphor.  Nach  Hünefeld  in  der  frischen  Wurzel  von  Primula 
Auricula  enthalten.  Er  bildet  lange,  durchsichtige  Prismen,  welche  Pfeffer- 
münze  nicht  unähnlich  riechen.  — In  der  Wurzel  von  Primula  veris  findet 
sich  eine  ähnliche  Substanz , welche  in  zarten  vreifsen  Nadeln  kristaliisirt 
erhalten  werden  kann , nach  Fenchel  und  Knoblauch  riecht  und  Primel - 
camphor  genannt  wird.  ( 'Hiinefeld .) 

Cantharidin , Cantharidencamphor.  In  den  Canthariden  ( Lytta  ruß- 
collis , auch  Gigas  und  vittata ) enthalten;  von  Robiquet  entdeckt.  Man 
zieht  die  Insecten  mit  Wasser  aus,  verdampft  zur  Trockne  und  behandelt  den 
Rückstand  mit  heifsem  Alkohol.  Diese  Lösung  wird  ebenfalls  verdampft, 
mit  Aether  extrahirt,  der  beim  freiwilligen  Verdampfen  das  Cantharidin 
in  glimmerartigen  Blättchen  niederfallen  läfst,  welche  man  durch  Waschen 
mit  kaltem  Alkohol  von  einer  noch  anhängenden  gelben  Materie  befreit. 
Es  ist  unlöslich  in  Wasser;  in  Verbindung  mit  der  gelben  Materie  wird 
es  aber  davon  gelöst.  Es  ist  leicht  in  heifsem  Alkohol  löslich  und  kristal» 
Sisirt  daraus  beim  Erkalten.  Aether  und  fette  Oele  nehmen  es  leicht  auf. 

Griffet**  Pharmr.de. . 1.  (Ute  Aufl.)  08 


1066 


Kautschuk. 


Von  Essig-  und  Salzsäure  wird  es  nicht  gelöst.  Beim  Erhitzen  schmilzt 
es,  hei  höherer  Temperatur  ist  es  unzersetzt  flüchtig  (J L.  Gmeliri ).  Die- 
ser Substanz  verdanken  die  Canthariden  ihre  blasenziehende  Wirkung.  — 
Nach  Regnault  ist  es  nach  der  Formel  CI0  H^  0*  zusammengesetzt  imd 
enthält  in  100  Theilen  61,68  Kohlenstoff,  6,04  Wasserstoff  und  32,2$ 
Sauerstoff. 

Kautschuk  (Caufschitc). 

Synonyme : Elastisches  Gummi  oder  Harz,  Federharz,  Lederharz 
(Gummi  elasticum,  Resina  elastica,  Resina  Cautschuc). 

Im  Anfang  des  vorigen  Jahrhunderts  wurde  das  Kautschuk  in  Europa 
bekannt.  Die  erste  wissenschaftliche  Notiz  darüber  verdankte  man  de  la 
Condamine  1751.  Nachher  lieferten  viele  Chemiker  Beiträge  zu  seiner 
Kenntnifs,  so:  Macquer , Acfiard,  Fourcroy  u.  A.;  in  neuester  Zeit  Fa- 
raday , Lüdersdorff.  Zuletzt  wurden  die  Produkte  seiner  trocknen  De- 
stillation von  Trommsdorff ",  Gregory , Bouchardat  und  vorzüglich  von 
Himly  untersucht.  — Man  weils  jetzt,  dafs  mehrere  Arten  von  milch- 
gebenden Bäumen,  vorzüglich  Siphonia  elastica  Pers.  C Jatropha  elastica 
L.  f Hevea  yuianensis  Aubl  , Siphonia  Cahnchu  Rieh.'),  ferner  Tabernae - 
montana  elastica  Spr.  (Urceola  elastica  Roxb.),  Lobelia  Caoutchouc 
Hurnb.,  mehrere  Ficusarteu  u.  a.  Kautschuk  liefern. 

§.  198.  Das  Kautschuk  wird  in  der  Form  von  Flaschen, 
wie  es  meistens  in  den  Handel  kommt,  erhalten,  indem  man 
den  aus  absichtlich  in  die  Bäume  gemachten  Einschnitten  aus- 
fliefsenden  Milchsaft  auf  ungebrannte  Thonformen  streicht  und 
dieses  so  oft  nach  jedesmaligem  Trocknen  wiederholt,  bis  der 
Ueberzug  die  passende  Dicke  besitzt.  Ueber  FJammenfeuer 
wird  es  vollständig  getrocknet  und  dabei  beraucht,  woher  die 
äufserlich  schwarze  Färbung  rührt.  Durch  Zerschlagen  oder 
Aufweichen  in  Wasser  kann  die  Thonform  herausgenommen 
werden.  In  neuerer  Zeit  wird  der  Milchsaft  selbst  in  ganz 
damit  angefüllten  Flaschen  bisweilen  nach  Europa  gebracht. 
Dieser  Saft  ist  gelblich,  dick,  dem  Kahme  ähnlich.  Erriecht 
etwas  säuerlich  und  faul  in  Folge  der  Yerderbnifs  von  darin 
aufgelöstem  Pllanzeneiweifs.  Beim  Erhitzen  wird  dieses  coa- 
gulirt  und  bewirkt  hierdurch  das  Agglutiniren  des  emulsions- 
artig suspendirten  Kautschuk’s.  Der  Saft  enthält  hiervon  nach 
Faraday  in  100  Th.  32  Th.,  2 Th.  Pllanzeneiweifs,  7 Th. 
einer  stickstoffhaltigen,  braunen,  in  Wasser  und  Alkohol  lös- 
lichen, 3 Th.  einer  darin  unlöslichen  Substanz  und  56  Th. 
Wasser. 

§.  199.  Eigenschaften . Das  Kautschuk  ist  im  reinsten 
Zustande  durchsichtig  und  farblos;  an  frischen  Schnittflächen 
klebt  es  sehr  fest  zusammen,  hat  ein  spec.  Gew.  von  0,925, 
ist  vollkommen  elastisch.  Es  ist  ein  Nichtleiter  der  EJektri- 
cität;  wird  es  rasch  stark  ausgedehnt,  so  entwickelt  sich  da- 
bei viel  Wärme  und  freie  Elektricität.  Wenn  es  einmal  aus 
dem  Safte  abgeschieden  ist,  so  besitzen  wir  kein  Mittel,  es 
wieder  in  diesen  emulsionsartigen  Zustand  zu  versetzen.  In 
Wasser  gekocht  quillt  es  auf  und  wird  sehr  weich,  ohne  sich 
im  geringsten  zu  lösen.  Ebenso  verhält  es  sich  gegen  Al- 


Kautschuk. 


1067 


kohol.  In  weingeistfreiein  Aether  ist  es  löslich  und  das  be- 
ruhte hinterläfst  Rufs  und  fremde  Stoffe.  Nach  Verdunstung 
des  Aethers  bleibt  es  mit  seinen  ursprünglichen  Eigenschaf- 
ten und  einer  lange  Zeit,  wie  im  frischen  Zustande,  leicht 
anhaftenden  Oberfläche  zurück.  Die  ätherische  Lösung  wird 
durch  Alkohol  gefällt.  In  Steinöl  schwillt  es  zu  seinem  30- 
fachen  Volumen  an.  In  rectificirtem  brenzlichem  Del,  sowohl 
in  dem  aus  Steinkohlen-  wie  aus  Holztheer  erhaltenen,  löst 
es  sich  in  der  Wärme  in  jedem  Verhältnifs.  Wenn  es  die 
letzten  Antheile  dieser  Lösungsmittel  wieder  abgeben  soll, 
mufs  es  in  Wasserdampf  getrocknet  werden.  Auch  in  Ter- 

Sentinöl  und  einigen  andern  ätherischen  Oelen  ist  es  löslich, 
liese  hinterlassen  jedoch  geringe  Mengen  von  Harz  beim 
Verdampfen,  wodurch  das  Kautschuk  lange  schmierig  bleibt 
und  beim  völligen  Austrocknen  spröde  wird.  In  20  Th.  Schwe- 
felkohlenstoff löst  es  sich  nach  Lampadius  vollkommen.  An 
der  Luft  wird  es  nicht  verändert,  und  von  Chlorgas,  Chlor- 
wasserstoffgas, Ammoniakgas,  schwefligsaurem  Cas  u.  a.  nicht 
angegriffen.  Nur  concentrirte  Schwefelsäure  und  Salpeter- 
säure wirken,  jedoch  langsam  und  indem  sie  sich  selbst  zer- 
setzen, darauf  ein.  Bis  zu  120°  erhitzt  schmilzt  das  Kaut- 
schuk und  bleibt  nach  dem  Erkalten  schmierig.  In  sehr  dün- 
nen Lagen  trocknet  es  jedoch  allmählig  wieder,  aber  oft  erst 
nach  Jahresfrist.  Nach  Faraday  besteht  das  reine,  aus  dein 
Milchsaft  erhaltene  und  durch  vieles  Waschen  mit  Wasser 
von  allen  fremden  Bestandteilen  möglichst  befreite  Kautschuk 
aus  87,2  Kohlenstoff  und  12,8  Wasserstoff. 

Die  Anwendung  des  Kautschuks  zum  Auslöschen  von  Bleistiftstrich ea, 
zu  elastischen  Röhren , zu  Schuheu,  besonders  aber  zu  wasserdichten 
Zeugen,  ist  sehr  verbreitet.  Letztere,  zuerst  von  Macintosh  verfertigt, 
werden  dargestellt,  indem  man  das  Zeug  auf  der  einen  Seite  mit  einer 
dicken  Lösung  von  Kautschuk  in  einer  Mischung  von  Steinkohlentheeröl 
und  Terpentinöl  bestreicht,  mit  Hülfe  eines  den  Pflasterstreichmaschinen 
sehr  ähnlichen  Apparates.  Zwei  so  bestrichene  Zeuge  werden  durch  Wal- 
zen aufeinander  geprefst  und  in  mit  Wasserdampf  geheizten  Zimmern  ge- 
trocknet. — Durch  Einweichen  gewöhnlicher  Kautschukflaschen  in  Aether 
und  nachheriges  vorsichtiges  Aufblasen  kanu  man  sehr  dünne  Ballons  dar- 
aus darstellen. 

Produkte  der  Destillation  des  Kautschuks. 

Das  weifse,  trübe,  im  Handel  vorkommende  Kautschuk  enthält  13,7 
Procent  Wasser,  die  es  über  Schwefelsäure  verliert,  an  der  Luft  aber 
wieder  allmählig  aufnimmt.  Wird  es  der  Destillation  unterworfen , so  zer- 
setzt sich  zuerst  das  darin  enthaltene  Pflanzeneiweifs  bei  einer  Tempera- 
tur, wo  das  Kautschuk  unzersetzt  schmilzt.  Diese  ersten  Produkte  sind 
ihrer  Menge  nach  gering.  Es  entwickelt  sich  Kohlensäure,  Kohlenoxid, 
ammoniakalisches  Wasser,  ein  höchst  widrig  riechendes,  in  Aether  lösli- 
ches Oel,  welches  sich  mit  Säuren  verbindet  und  durch  Alkalien  wieder 
davon  getrennt  werden  kann.  Es  wird  von  der  Luft  leicht  verändert,- 
selbst  in  seinen  Verbindungen  mit  Säuren.  — In  der  Flüssigkeit  flndet  mau 
noch  eine  an  Ammoniak  gebundene  Säure,  die  Mimly  für  wenig  verschie- 
den von  Brenzschleimsäure  hält. 

Nachdem  diese  Produkte  übergegangen  sind,  mufs  die  Hitze  sehr  ge- 
steigert werden,  ehe  das  Kautschuk  aufs  Neue  ins  Kochen  kommt;  mn 


1063 


Harze. 


entfernt  dann  schnell  das  meiste  Feuer  und  es  geht  nun  zuerst  ein  gelb- 
liches , dann  ein  braunes,  zuletzt  bei  sehr  hoher  Temperatur  ein  schwar- 
zes Oel  über  und  nur  Kohle  bleibt  in  der  Betörte. 

Durch  vielfach  fractionirte  Destillation  erhält  man  Oele  von  verschie- 
denem Kochpunkt;  die  alle  eine  ähnliche  Zusammensetzung  wie  Terpentinöl 
haben.  Das  flüchtigste  kocht  schon  bei  33°  und  hat  ein  spec.  Gew.  von 
0,654.  Das  am  schwersten  flüchtige  destillirt  erst  bei  einer  Temperatur 
von  360°  und  mehr  über  ( Hirni ij  ).  Als  Greyory  das  bei  36°  kochende  Oel 
mit  Schwefelsäure  behandelte,  wurde  diese  geschwärzt,  es  entwickelte 
sich  schweflige  Säure,  und  durch  Vermischen  mit  Wasser  schied  sich  ein 
Oel  ab,  dessen  Siedpunkt  höher  als  220°  war. 

Durch  vielfach  fractionirte  Destillation  erhielt  Himly  ein  Oel , welches 
zwischen  140°  und  200°  überdestillirte.  Dieses  w urde  mit  1 Th.  Schwe- 
felsäure und  8 Th.  Wasser,  dann  mit  Kaliiösung  und  Wasser  geschüttelt, 
destillirt  und  nur  der  zwischen  16*6°  und  170°  übergehende  Th  eil  aufge- 
fangen; dieser  wurde  mit  trocknem  Salzsäuregas  gesättigt,  in  Alkohol 
gelöst,  durch  Wasser  daraus  geschieden,  über  Chlorcalcium  getrocknet 
und  eiuigemale  über  Baryterde  und  daun  über  Kalium  reclificirt.  Dieses 
Oel  hat  Himly  Cautschin  genannt  ; es  destillirt  bei  171°,  hat  ein  spec., 
Gew.  von  0,842.  Das  spec.  Gew.  seines  Dampfes  ist  4,461.  Es  erstarrt 
noch  nicht  bei  — 39°.  Auf  Papier  hinterläfst  es  einen  Flecken.  Es  löst 
sich  fast  nicht  in  Wasser,  löst  aber  selbst  viel  davon  auf.  Alkohol,  Ae- 
ther,  flüchtige  und  fette  Oele  mischen  sich  damit  in  jedem  Verhältnifs. 
Kalium  wirkt  nicht  darauf  ein.  Wasserstoffsuperoxid  verharzt  es,  die  Me- 
tallsuperoxide sind  ohne  Wirkung.  Wasserfreie  Schwefelsäure  verbindet 
sich  damit  unter  Entwicklung  von  schwefligsaurem  Gas  zu  einer  Säure, 
die  mit  Barytsalz  eiue  lösliche  Verbindung  giebt.  Nach  der  Analyse  be- 
steht es  aus  88,44  Kohlenstoff  und  11,56  Wasserstoff  ” Cs  H8.  — Chlor 
und  Brom  verbinden  sich  damit  unter  Bildung  von  Wasserstoffsäuren.  Das 
Chlorcaufschin  ist  schwer  flüssig  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  bat  ein 
spec.  Gew.  vou  1,443;  mit  kohlensauren  Alkalien  zersetzt  es  sich  nicht, 
durch  Destillation  wärd  immer  etwas  Salzsäure  gebildet.  Bei  der  Destil- 
lation mit  Basen  entsteht  ein  weniger  Wasserstoff  haltendes  Oel.  Es  be- 
steht aus  70,07  Kohlenstoff,  9,57  Wasserstoff,  20,36  Chlor  = Cl0H18Cl2 
(Himly). 

Boucliardat  hielt  die  letzte  Vorlage  bei  der  Destillation  in  einer  künstli- 
chen Kältemischung  sehr  kalt.  Er  erhielt  dabei  eine  Flüssigkeit,  die  schon  unter 
0°  siedet,  wohl  identisch  mit  Faraday’s  Doppelt-Kohlen Wasserstoff.  Sie  ist 
gemischt  mit  einem  zweiten  Oele,  dem  Cautclien,  welches  erst  zwischen 
H-tO°  und  18°  destillirt  und  in  einer  Kältemischung  kristallisirt  erhalten 
werden  kann.  Bei  — 10°  schmelzen  die  Kristalle  und  destilliren  bei  -+-14°. 
Bouchardat  erhielt  in  der  ersten  Vorlage  noch  ein  sehr  schwerflüchtiges 
Oel,  welches  erst  bei  315°  siedet,  aber  bei  keinem  Kältegrade  gesteht. 
Er  nennt  es  Heveen.  In  Alkohol  und  Aether  ist  es  in  jedem  Verhältnifs 
löslich.  Es  absorbirt  sehr  rasch  Chlor  und  nimmt  Wachsconsistenz  dadurch 
an.  Mit  Alkalien  verdickt  es  sich  und  nimmt  Sauerstoff  auf.  Durch  con- 
centrirte  Schwefelsäure  verdickt  es  sich  zuerst,  es  scheidet  sich  dann  ein 
klares  Oel  ab,  welches  die  gröfste  Aehnlichkeit  mit  Eupion  besitzt.  Das 
Heveen  enthält  dasselbe  Verhältnifs  von  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  wie 
das  ölbildende  Gas. 


Die  Harze  kommen  vorzüglich  in  Pflanzen  vor;  sie  fliefsen  entweder 
aufgelöst  in  ätherischem  Oel  aus  der  Rinde  als  sog.  Balsame  und  erhärten 
an  der  Luft,  oder  sie  sind  in  dem  Innern  von  Stämmen  und  Wurzelstöcken 
abgelagert.  In  dem  Mineralreich  kommen  die  sogenannten  fossilen  Harze 
vor,  deren  Ursprung  sich  auf  vorweltiiche  Vegetationen  zurückführen  läfst. 

Nachweisbar  besteht  zwischen  den  Harzen  und  den  flüchtigen  Oelen, 
in  denen  sie  gelöst  Vorkommen,  ein  gewisser  Zusammenhang.  Alle  Harze 


Harze  £ ResinaeJ . 


Harze. 


1069 


ohne  Ausnahme  enthalten  Sauerstoff,  und  sehr  viele  ätherische  Oele  ver- 
harzen sich  an  der  Luft,  indem  sie  Sauerstoff  daraus  aufnehmen.  Diese 
Thatsache  kann  nicht  geläugnet  werden , aber  man  würde  zu  weit  gehen, 
wenn  man  daraus  folgern  wollte,  dafs  die  Harze  Oxide  sind  von  ätheri- 
schen Oelen,  eiufache  Verbindungen  derselben  mit  Sauerstoff.  Es  ist  bei 
den  ätherischen  Oelen  erwähnt  worden,  dals  Terpentinöl  und  die  meisten 
andern  sauerstofffreien  ätherischen  Oele  eine  Art  von  Verpuffung  zeigen, 
wenn  sie  mit  lod  in  Berührung  gebracht  werden;  diese  Erscheinung  beruht 
darauf,  dafs  das  lod  diesen  Oelen  Wasserstoff  entzieht,  der  sich  mit  einer 
Portion  lod  zu  lod  Wasserstoff  vereinigt,  eine  andere  Portion  lod  tritt  an 
die  Stelle  des  hiovveggenomrnenen  Wasserstoffs.  Ein  Körper  also,  dessen 
Wasserstoffverbinduug  (lod  wasserstoffsäure)  an  der  Ly  ft  ihren  Wasserstoff 
verliert,  dessen  Verwandtschaft  also  zum  Wasserstoff  aufserordentlich  ge- 
ring ist,  dieser  Körper  entzieht  den  ätherischen  Oelen  eine  gewisse  Quan- 
tität Wasserstoff;  offenbar  ist  dieser  durch  lod  ersetzbare  Wasserstoff  in 
diesen  Oelen  noch  schwächer  gebunden  als  in  der  lodwasserstoffsäure. 
Wenn  die  Wirkung  des  Sauerstoffs  der  Luft,  wie  man  kaum  zweifeln 
kann,  der  Wirkung  des  Iods  ähnlich  ist,  so  verharzen  sich  die  flüchtigen 
Oele  auf  die  Weise,  dafs  eine  gewisse  Menge  von  ihrem  Wasserstoff  hin- 
weggenomrnen  und  ersetzt  wird  durch  Sauerstoff.  Der  hinvveggenommene 
Wasserstoff  verwandelt  sich  in  Wasser,  was  sieb  abscheidet  oder  mit  dem 
ueuentstandenen  Oxid  in  Verbindung  bleibt. 

Wenn  also  nach  dieser  Ansicht  aus  einem  ätherischen  Oele  durch  Ein- 
wirkung des  Sauerstoffs  ein  Harz  gebildet  wird,  so  mufs  die  Zusammen- 
setzung dieses  Harzes  ausdrückbar  seyn  durch  die  des  Oels  plus  Sauer- 
stoff, minus  einer  gewissen  Menge  Wasserstoff. 

Entscheidend  für  den  Vorgang  der  Harzbildung  sind  dio  Analysen  der 
Harze  von  Blanchet  und  Seil,  Trommsdorff  und  H.  Rose. 


Colophon. 

Sylvinsäure . 

Pinins. 

Copawa- 

har%. 

( Blanchet  u.  Seil.) 

(J.  Z. , Trommsd.) 

(Rose.) 

(Rose.) 

Kohlenstoff  80,04  — 79,27  — 

79,74  — 79,36  — 

79,27 

— 79,26 

Wasserstoff  10,01  — 10,15  — 

9,82  — 9,82  — 

10,36 

— 10,15 

Sauerstoff  9,95  — 10,58  — 

10,44  — 10,52  — 

10,37 

— 10,59 

100,00  — 100,00  —100,00  —100,00  — 100,00  — 100,00 
Wenn  wir  für  die  Formel  des  Terpentinöls  zwei  oder  die  des  Co- 
paivaöls  einen  Atom  Sauerstoff  ohne  Hinwegnehmen  von  Wasserstoff  hin- 
zurechnen, so  würden  die  daraus  entstehenden  Harze  zusammengesetzt 
seyn  aus: 

in  100  Th. 

10  At.  Kohlenstoff  . . . 79,28 

10  — Wasserstoff  . . . 10,34 

1 — Sauerstoff  . . . 10,37 

Man  beobachtet  aber  leicht,  dafs  in  den  analysirten  Harzen  constant  we- 
niger Wasserstoff  erhalten  worden  ist,  als  die  Theorie  voraussetzt,  und 
da  mau  weifs,  dafs  in  den  Wasserstoffbestimmungeu  in  der  Regel  etwas 
mehr  Wasserstoff  erhalten  wird,  als  zur  Zusammensetzung  der  analysir- 
ten Materie  gehört,  so  läfst  sich  hieraus  kein  anderer  Schlafs  ziehen,  als 
dafs  die  Harze,  wenn  auch  durch  Oxidation  aus  deu  Oelen  entstehend, 
dennoch  keine  einfache  Oxide  des  Oels  sind,  sie  sind  entstanden,  indem 
eine  gewisse  Menge  Wasserstoff  aus  dem  Oele  austritt,  welcher  durch 
Sauerstoff  ersetzt  wird. 

Die  wahre  Formel  für  das  Colophouium  würde  demnach  seyn  C10  H14  0 
oder,  wenn  man  das  von  H.  Rose  gefundene  Atomgewicht  der  Berechnung 
seiner  Formel  zu  Grunde  legt,  C40  Hs6  04.  Mit  der  Analyse  stimmt  sehr 
genau  die  Formel  C40  II60  04.  Nach  der  letzteren  würden  aus  2 Atomen 
Terpentinöl  2C20  HJ2  m C40  H64  hinweggenommen  4 At.  Wasserstoff , diese 
wären  ersetzt  durch  2 At.  Sauerstoff,  C40  H60  O* , und  dieses  neu  entstan- 


1070 


Harze. 


dene  Oxid  hatte  - sich  mit  zwei  weiteren  Atomen  Sauerstoff  zu  Pinin-  und 
Sylvinsäure  vereinigt,  ähnlich  also  wie  es  bei  dem  Uebergang  des  Alde- 
hyds in  Essigsäure  geschieht.  Wenn  man  von  dieser  Thatsache  einen 
Schlafs  rückwärts  auf  die  Constitution  des  Terpentinöls  machte  so  ist  klar, 
dafs  es  den  Wasserstoff  in  zwei  Formen  gebunden  enthält,  eine  gewisse 
Menge  ist  ersetzbar  durch  Sauerstoff,  eine  andere  Portion  ist  unter  ge- 
wöhnlichen Umständen  nicht  oxidirbar.  Die  Formel,  welche  diese  Consti- 
tution ausdrückt,  würde  seyn  C10  H30  -4-  H2. 

Diese  Formel  giebt  in  einem  gewissen  Sinne  eine  Vorstellung  für  seine 
Eigenschaft,  sich  mit  Wasserstoffsäuren  zu  verbinden;  es  ist  die  Wasser- 
stoffverbindung eines  zusammengesetzten  Radikals,  fähig,  mit  Wasserstoff- 
verbindungen einfacher  Radikale  sich  zu  verbinden. 

Der  von  Wiggers  erhaltene  Terpentincamplior  (siehe  S.  1036),  von 
dem  es  ungewifs  ist,  in  welchen  Beziehungen  er  zu  den  von  Blanchet  är 
Seil  und  Dumas  analysirten  kristallinischen  aus  Terpentinöl  darstellbaren 
Materien  steht,  bildet  sich  offenbar  durch  den  Einflufs  des  Sauerstoffs  der 
Luft  oder  der  Salpetersäure,  und  man  kann  kaum  daran  zweifeln,  dafs 
er  das  Hydrat  eines  neuen,  durch  Hinwegnahme  von  Wasserstoff  und  Zu- 
tritt von  Sauerstoff  entstehenden  Oxids,  also  kein  Hydrat  des  Terpentinöls 
ist.  Wenn  das  Terpentinöl  überhaupt  die  (Fähigkeit  besäfse,  eine  Verbin- 
dung mit  Wasser  einzugehen,  so  sollte  man  voraussetzen,  dafs  bei  der 
Zersetzung  des  salzsauren  Terpentinöls  durch  Kalk  sich  dieses  Hydrat 
bilden  müsse.  Während  die  Salzsäure  sich  mit  dem  Kalk  vereinigt,  ent- 
steht Chlorcalcium  und  Wasser,  und  im  Entstehungsmomente  findet  sich 
dieses  Wasser  in  Berührung  mit  dem  freiwerdenden  Oel;  allein  obwohl 
sich  hier  alle  Bedingungen  zu  seiner  Bildung  vereinigen,  so  bemerkt  man 
keine  Spur  von  entstehendem  Terpentinölhydrat.  Diese  Körper  bedürfen 
mithin  einer  genaueren  Untersuchung. 

§.  200.  Die  Harze  kommen,  wie  oben  erwähnt,  zum 
Theil  in  Verbindung  mit  flüchtigem  Oel  vor,  sie  werden  aus 
den  natürlichen  Balsamen  durch  Kochen  mit  Wasser,  so  lange 
noch  Oel  übergeht,  im  Rückstände  rein  erhalten.  Aus  Ter- 
pentin erhält  man  auf  diese  Weise  den  gekochten  Terpentin 
(Terebinthina  cocta),  welcher,  bis  zur  Entfernung  alles  Was- 
sers geschmolzen,  Colophonium  (Geigenharz)  heifst. 

§.  201.  Man  unterscheidet  Hai'tharze  und  Weichharze . 
Die  Hartharze  sind  fest,  hart  und  spröde,  im  reinsten  Zu- 
stande sind  sie  farblos,  im  gewöhnlichen  hingegen  durch 
fremde  Materien  gelblich  oder  braun  gefärbt,  in  der  Regel 
sinken  sie  in  Wasser  zu  Boden,  sie  sind  Nichtleiter  der  EE. 
und  werden  beim  Reiben  negativ  elektrisch.  In  reinem  Zu- 
stande sind  sie  geruchlos,  viele  verdanken  einer  kleinen  Menge 
flüchtigem  Oel  einen  Geruch,  der  namentlich  beim  Erwärmen 
bemerkbar  wird.  Die  in  Wasser  unlöslichen  sind  geschmack- 
los, manche  schwerlösliche  Harze  schmecken  bitter  oder  scharf; 
viele  Harze  gehen  mit  Wasser  Verbindungen  ein  (Hydrate), 
ziehen  Wasser  aus  der  Luft  an  und  werden  weich  und  zähe. 

In  heifsem  Wasser  werden  die  Harze  weich,  knetbar, 
zähe  und  klebend,  und  lassen  sich  in  lange  dünne  Fäden  aus- 
ziehen;  sie  schmelzen  selten  vollkommen  in  siedendem  Was- 
ser, und  bedürfen  dazu  einer  höheren  Temperatur;  sie  sind 
nicht  flüchtig,  leicht  in  höheren  Temperaturen  entzündlich,  sie 
brennen  mit  stark  rufsender  Flamme.  Durch  trockne  Destil- 


Harze. 


1071 


lation  liefern  sie  brennbare  Gase  und  flüssige  leichtentzünd- 
liche flüchtige  Flüssigkeiten , sie  hinterlassen  eine  poröse 
Kohle  im  Rückstand.  Durch  Salpetersaure  liefern  sie  Oxal- 
säure und  eine  Reihe  nicht  untersuchter  Oxidationsprodukte.  * 

Die  in  der  Natur  vorkommendeu  Harze  sind  häufig  Ge- 
menge von  mehreren  in  ihrem  Verhalten  ungleichen  Harzen. 

Als  Hauptcharakter  aller  Harze  wird  gewöhnlich  ihre 
Fähigkeit  angesehen,  sich  in  Alkohol  zu  lösen,  in  dieser 
Löslichkeit  stehen  sie  aber  weit  auseinander.  Manche  davon 
lösen  sich  in  gewöhnlicher  Temperatur  mit  Leichtigkeit,  an- 
dere nur  beim  Sieden,  andere,  wie  Copal,  sind  nur  sehr  we- 
nig löslich  in  kaltem  und  heifsem  Alkohol. 

Aus  der  weingeistigen  Lösung  lassen  sich  mehrere  Harze 
in  rcgelmäfsigen  Kristallen  erhalten;  durch  Zusatz  von  Was- 
ser werden  die  weingeistigen  Harzlösungen  milchig  gefällt. 

Viele  Harze  sind  in  Aether  löslich,  andere  werden  davon 
nicht  aufgenoramen , sie  lösen  sich  in  fetten  und  flüchtigen 
Oelen,  die  meisten  lösen  sich  in  Schwefelkohlenstoff.  Durch 
ihr  Verhalten  gegen  Alkalien  unterscheiden  sie  sich  wesent- 
lich von  einander.  Eine  gewisse  Anzahl  von  Harzen  röthen 
in  ihrer  weingeistigen  Lösung  die  Pflanzen  färben , alle  diese 
Harze  sind  mehr  oder  weniger  starke  Säuren,  fähig  die  Ra- 
sen zu  neutraiisiren  und  mit  Metalloxiden  überhaupt  Verbin- 
dungen einzugehen;  eine  zweite  Klasse  röthet  das  Lackmus- 
papier in  ihrer  alkoholischen  Auflösung  nicht,  und  läfst  sich 
nicht  mit  Metalloxiden  verbinden  (kristallinisches  Elemiharz). 

Diejenigen  Harze,  welche  den  entschiedensten  Charakter 
als  Säuren  besitzen,  zerlegen  beim  Sieden  die  kohlensauren 
Alkalien,  lösen  sich  leicht  in  Aetzlaugen,  ihre  weingeistige 
Lösung  wird  durch  Zusatz  von  Ammoniak  nicht  gefällt,  und 
der  durch  Wasser  entstandene  Niederschlag  ist  vollständig 
in  Ammoniak  löslich.  Die  weingeistige  Lösung  der  nicht 
sauren  Harze  wird  durch  Ammoniak  zu  einem  weifsen  Magma 
gefällt. 

Die  weingeistige  Lösung  der  sauren  Harze  fällt,  mit  Am- 
moniak versetzt,  Silbersalze  kristallinisch,  der  Niederschlag 
ist  löslich  in  einem  Ueberschufs  von  Ammoniak ; die  nicht 
sauren  Harze  bringen  unter  diesen  Umständen  keinen  Nie- 
derschlag hervor. 

Die  Verbindungen  der  sauren  Harze  mit  Alkalien  heifsen 
Harzseifen ; sie  unterscheiden  sich  wesentlich  von  den  Seifen 
der  fetten  Säuren  dadurch,  dafs  sie  durch  Kochsalz  aus  ihren 
wässerigen  Auflösungen  nicht  geschieden  werden  können,  und 
im  concentrirten  Zustande  keinen  Seifenleim  bilden,  ihre  Auf- 
lösungen schäumen  übrigens  ähnlich  wie  Seifenwasser;  in 
starker  Kalilauge  sind  die  Harzseifen  unauflöslich  (wie  die 
Colophonseife)  oder  löslich  (wie  die  Guajakseife). 


107$ 


Sylvin-,  Pinin-  und  Colopholsäure. 


Sylvinsäure . 

Synonyme  : Beta-Harz  des  Colophon  (Berzelius) , kristallisirbares  Harz 
des  Coloplion  (ff.  Rose).  Formel:  C20  HJ0  O*  (Trommsdorfl) , C20  «3,  02 
CH.  Rose). 

Die  Sylvinsäure  wurde  von  Unverdorben  im  Colophon  entdeckt.  Sie  | 
kommt  mit  der  Pininsäure  vereint  darin  vor  und  ist  damit , so  wie  mit  dem 
Terpentinöl,  im  gewöhnlichen  Fichtenterpentin  enthalten. 

Darstellung.  Gepulvertes  käufliches  Colophon  wird  mit  60procentigem 
Weingeist  angeripben,  so  lange  bis  es  sich  gänzlich  in  demselben  zertheilt 
hat.  Aus  der  entstandenen  trüben  Flüssigkeit  setzt  sich  nach  einiger  Zeit 
die  unreine  Sylvinsäure  als  gelbe  Flocken  ab,  die  von  der  darüber  ste- 
henden braunen  Flüssigkeit  getrennt  und  noch  einigemal  mit  60procentigem 
Weingeist  ausgewaschen  werden.  Diese  noch  sehr  unreine  Säure  wird 
nach  Trommsdorff  in  heifsem  SOprocentigem' Weingeist  gelöst,  und  der 
siedend  heifsen  Auflösung  so  viel  Wasser  zugesetzt,  dafs  sich  ein  Theil 
des  Harzes  abscheidet.  Es  sinkt  in  Gestalt  brauner  Tropfen  zu  Boden, 
während  die  darüber  stehende  Flüssigkeit  weit  heller  erscheint  und  noch 
heifs  vom  niedergefallenen  Harz  getrennt,  beim  Erkalten  zu  einer  kristal- 
linischen Masse  erstarrt.  Man  trennt  die  noch  gelb  gefärbten  Kristalle 
von  der  Mutterlauge,  löst  sie  wieder  in  80procentigem  Alkohol,  schlägt 
abermals  einen  Theil  des  Harzes  mit  Wasser  nieder  und  läfst  aus  der 
vom  Harze  abgegossenen  Flüssigkeit  die  Sylvinsäure  kristallisiren.  Um 
sie  vollkommen  farblos  zu  erhalten,  mufs  man  diese  Operation  noch  ein- 
oder  zweimal  wiederholen. 

Die  Sylvinsäure  kristallisirt  nach  Trommsdorff  aus  einer  nicht  zu  con- 
oentrirten  heifsen  Auflösung  beim  Erkalten  in  grofsen,  zu  Büscheln  ver- 
einigten rhombischen  Tafeln,  die  meistens  so  dünn  sind,  dafs  sich  die 
Seitenflächen  nicht  deutlich  erkennen  lassen,  nach  Unverdorben  sind  es 
vierseitige  rhombische  mit  4 Flächen  zugespitzte  Prismen.  Sie  schmelzen 
bei  153°,  werden  aber  erst  in  etwas  höherer  Temperatur  vollkommen 
flüssig.  Bei  100°  getrocknet  erleiden  sie  durch  Schmelzen  keinen  Ge- 
wichtsverlust. In  wasserfreiem  Alkohol  und  Aether  löst  sie  sich  leicht 
auf,  die  Lösung  röthet  Lackmus;  sie  löst  sich  in  fetten,  ätherischen  und 
brenzlichen  Oelen;  bei  der  trocknen  Destillation  wird  sie  zerlegt.  Die 
ßylvinsäure  verbindet  sich  mit  Basen  zu  sylvinsauren  Salzen  , die  sich  in 
Aether  und  wasserfreiem  Alkohol  lösen.  Die  sylvinsaure  Talkerde  ist  in 
Alkohol  löslich,  wodurch  sich  diese  Säure  von  der  nachfolgenden  Pinin- 
säure unterscheidet. 

Pininsäure. 

Synonyme:  Alplia-Harz  des  Colophon  ( Berzelius),  nichtkristallisir- 
bares  Harz  des  Colophon  (ff.  Rose).  — Entdeckt  mit  der  vorigen  von 
Unverdorben  im  Colophon ; Zusammensetzung  ermittelt  von  Blanchet  6p 
Seil , J.  L.  und  ff.  Rose.  — Formel:  C20  H30  02  (J.  L.). 

Zerriebenes  Colophon  wird  mit  72procentigem  Alkohol  erschöpft,  der 
die  Pininsäure  löst  und  die  Sylvinsäure  zurückläfst.  Die  Lösung  in  Al- 
kohol fällt  man  mit  essigsaurein  Kupfer;  der  Kupferniederschlag  wird  mit 
Salzsäure  zerlegt,  und  die  ausgeschiedene  Pininsäure  noch  mehrmals  mit 
Wasser  ausgekocht. 

Die  Eigenschaften  der  Pininsäure  sind,  sowie  ihrer  Salze,  denen  der 
Sylvinsäure  und  sylvinsauren  Salze  ähnlich,  unterscheiden  sich  nur  durch 
ihre  geringere  Löslichkeit  in  Alkohol,  namentlich  des  Talkerdesalzes,  was 
darin  ganz  unlöslich  ist. 

Colopholsäure. 

Wenn  man  Piniusäure  der  trocknen  Destillation  unterwirft,  bis  ein 
Drittel  übergegangen  ist,  so  hat  sich  die  übergegangene  Pininsäure  in  eine 
neue  Säure,  die  Colopholsäure  oder  das  Gamma-Harz  des  Colophons  von 
Berzelius  verwandelt.  Diese  Säure  unterscheidet  sich  von  der  Pininsäure 


Fichtenharz. 


1073 


durch  ihre  braune  Farbe  , greisere  Affinität  zu  den  Salzbasen  und  Schwer- 
löslichkeit in  67procentigem  Alkohol;  ihre  Salze  gleichen  denen  der  Pinin- 
säure. Das  gewöhnliche  Colophon  enthält  verschiedene  Mengen  dieser 
Säure,  verschieden  nach  der  Temperatur,  bei  der  es  unigeschmolzen  wurde 
und  durch  welche  die  Colopholsäure  darin  erzeugt  wurde. 

Pimarsäure , Pyromarsäure  und  Azomarsäure. 

Laurent  hat  im  Terpentin  der  Pinus  maritima , wie  er  bei  Bordeaux 
vorkommt,  eine  neue,  mit  den  vorhergehenden  Harzsäuren  isomere  Säure, 
die  er  Pimarsäure  nennt,  gefunden.  — Das  vom  Terpentin  dieser  Pinus- 
Art  getrennte  Harz  besteht  fast  ganz  aus  körnigen  Kristallen,  die  mit 
einem  Gemische  von  5 Th.  Alkohol  und  1 Th.  Aether  ausgezogeu  und  end- 
lich aus  kochendem  Alkohol  kristallisirt  werden.  Die  Pimarsäure  kristal- 
lisirt  aus  kochendem  Alkohol  in  mikroskopischen  4 — Cseitigen  Prismen, 
wird  durch  Schmelzen  in  Alkohol  leicht  löslich,  somit  in  eine  isomere 
Modifikation  verwandelt  und  zeigt  ihre  übrigen  Eigenschaften  den  vorher- 
gehenden Harzsäuren  ähnlich,  so  wie  gleiche  Zusammensetzung. 

Durch  die  Destillation  der  Pimarsäure  im  luftleeren  Raume  erhält  man 
die  Pyromarsäure , die  sich  von  der  Pimarsäure  durch  ihre  leichte  Lös- 
lichkeit in  Alkohol,  durch  die  Form  der  aus  dieser  Auflösung  anschiefsen- 
den  Kristalle,  in  dreiseitigen  Tafeln,  ferner  durch  das  in  4seitigen  Prismen 
kristallisirende  Bleisalz  unterscheidet.  Zusammensetzung  gleich  der  Pimar- 
säure. 

Die  Kristalle  der  Pimarsäure  werden  bei  längerem  Aufbewahren  un- 
durchsichtig und  gehen  in  die  amorphe  Pimarsäure  über,  die  aus  Alkohol 
nicht  mehr  kristallisirt,  ohne  ihre  Zusammensetzung  geändert  zu  haben.  — 
Wird  Pimarsäure  vorsichtig  mit  Schwefelsäure  gemischt  und  nach  24  Stun- 
den durch  Wasser  wieder  ausgeschieden  , so  hat  sie  ebenfalls  die  Eigen- 
schaft verloren  aus  der  alkoholischen  Lösung  zu  kristallisiren , in  ihre  Zu- 
sammensetzung ist  aber  nach  Laurent  nahe  ein  Atom  Wasser  eingetreten, 
sie  ist  also  zu  Pimar Säurehydrat  geworden. 

Wird  Pimarsäure  längere  Zeit  rnit  viel  Salpetersäure  behandelt,  so 
treten  aus  ihrer  Zusammensetzung  4 Aequivalente  Wasserstoff  heraus, 
dafür  nimmt  sie  aber  1 Aeq.  Stickstoff  und  6 Aeq.  Sauerstoff  auf  und  verwan- 
delt sich  in  die  Azomarsäure.  — - Wird  Pimarsäure  unter  gewöhnlichem 
Druck  destillirt,  so  zerlegt  sie  sich  theilweise,  es  entsteht  ein  neuer  in- 
differenter Körper,  Pimar on , der  nach  Laurent  ein  Atom  Wasser  weniger 
als  die  Pimarsäure  enthält  and  an  der  Luft  nach  und  nach  wieder  eine 
solche  Veränderung  erleidet,  dafs  er  an  Basen  wieder  gebunden  werden 
kann. 

Hierher  gehören  noch  zwei  Körper,  die  Fremy  durch  Destillation  von 
Harz  mit  Kalkerde  erhalten  hat,  die  er  Resineon  und  Resinon  nannte  und 
nach  der  Formel  C29  H46  0 und  C10  H13  O zusammengesetzt  fand. 

Die  Vorhergehenden  Harzsäuren  sind  im  Fichtenharz  enthalten. 

Fichlenharz  ( Resina  Pini ),  Galipol  zum  Theii,  von  Pinus 
sylvestris , Pinaster , Abies , Picea , maritima.  Weifsliches  oder  gel- 
bes, wenig  durchscheinendes,  von  selbst  ausfliefsendes,  an 
der  Luft  erhärtendes  Harz,  zum  Theii  durch  gelindes  Schmel- 
zen und  Auspressen  von  anhängenden  Unreinigkeiten  befreit. 
Weifses  Harz  ( Resina  alba).  Ist  gewöhnlich  noch  zähe  und 
riecht  stark  nach  Terpentin,  von  ätherischem  Oei  herrührend. 
Schmilzt  man  es  unter  ö flenn  Zusatz  von  Wasser,  welches 
wieder  verjagt  wird,  unter  Umrühren,  so  giebt  es  das  Pech , 
auch  Schuster-  oder  Burgundisches  Pech  ( Pix  burgundica) 
genannt.  (Unter  diesem  Namen  versteht  man  auch  ein  durch 
Zusammenschmelzen  von  i Th.  Galipot  und  8 Th.  Colopho- 


1074 


Co  p a i vaharz. 


nium  erhaltenes  Gemische.)  Häufiger  wird  das  Pech  jedoch 
auf  die  Art  erhalten,  dafs  man  den  Theer  abdestillirt  und  den 
Rückstand  noch  warm  und  flüssig  in  kaltes  Wasser  giefst. 
Der  beim  langsamen  Schwelen  von  harzreichem  Fichtenholz 
(Kienholz)  zu  Anfang  erhaltene  helle  Theer  liefert  bei  der 
Destillation  Kienöl  und  als  Rückstand  weifses  Pech  ( Pix 
alba),  eine  gelbbräunliche  undurchsichtige  Masse.  Der  später 
erscheinende  oder  aus  andern  Holzarten  erhaltene  dunkele 
Theer  liefert  eine  dunkelbraune  Masse,  schwarzes  Pech  ( Pix 
nigra).  Beide  sind  in  der  Kälte  brüchig,  erweichen  aber 
in  der  warmen  Hand,  dafs  sie  sich  kneten  und  in  lange  Fä- 
den ausziehen  lassen,  ohne  viel  anzukleben.  Es  sind  Ge- 
mische von  mehr  oder  minder  Harz  und  den  weniger  flüch- 
tigen Substanzen  der  trockenen  Destillation.  — Das  Schiff- 
pech ( Pix  navalis),  auch  zum  Theil  Burgunder- Pech  genannt, 

f ehört  auch  hierher  5 es  wird  auch  durch  anhaltendes  Erhitzen 
es  schwarzen  Theers  erhalten.  — Der  gekochte  Terpentin 
ist  weifsgelb,  durchscheinend,  in  der  Kälte  spröde 5 ein  ziem- 
lich reines  Harz,  enthält  aber  noch  Wasser.  Das  Colopho- 
niunij  welches  daraus  bereitet  wird,  ist  entweder  hellbräun- 
lichgelb 9 im  reinsten  Zustande  blaj'sg eiblich , durchsichtig 
( Coloplionium  album),  oder  dunkelbraun  ( Colophonium  com- 
mune), durchscheinend,  in  der  Kälte  spröde,  leicht  pulveri- 
sirbar,  leicht  schmelzend  in  der  Hitze  5 fast  geruch-  und  ge- 
schmacklos. 

Wenn  Colophon  in  einem  eisernen  Gefäfse  geschmolzen  wird  und  man 
setzt  demselben  nach  und  nach  in  kleinen  Portionen  starke  Kalilauge  zu, 
so  vereinigen  sich  beide  unter  heftiger  Entwickelung  von  Wasserdampf 
zu  einer  brüchigen,  harten,  aufgeblähten  Masse,  die  bei  einem  gehörigen 
Verbältnifs  Kali  sich  vollständig  und  ohne  Rückstand  in  Wasser  und  in 
erhitztem  Leinöl  löst.  Die  wässerige  Auflösung  ist  ohne  alkalische  Re- 
action,  sie  schmeckt  bitter  und  dient  in  der  Papierfabrikation  anstatt  Leim, 
um  das  Durchschlagen  der  Dinte  zu  verhüten.  Eine  gewisse  Portion  dieser 
Harzseife  dem  Buchdruckerfirnifs  zugesetzt,  giebt  ilun  die  Eigenschaft,  we- 
niger durchzuschlagen  und  mit  schwacher  Lauge  sich  leicht  von  den  ge- 
brauchten Lettern  ab  waschen  zu  lassen. 

Das  Colophon  findet  eine  grofse  Anwendung  zur  Leuchtgasbereitung, 
indem  es  bei  der  Glühhitze  eine  grofse  Menge  ziemlich  reines  Leuchtgas 
giebt.  Es  bilden  sich  hierbei  noch  Kohle  und  flüssige  Kohlenwasserstoffe, 
welche  später  abgehandelt  werden. 

Der  Terpentin  findet  aufserdem  noch  in  der  Medicin  und  den  Künsten 
Anwendung  zu  Pflastern,  Firnissen  und  Kitten. 

Copaivaharz  ( Resina  Bals.  Copaivae ).  Formel : C40  H64  04  (H.  Rose). 

■ — Kommt  im  Copaivabalsam , mit  einem  flüchtigen  Oele  verbanden,  vor. 
Es  wird  in  Kristallen  aus  dem  Copaivabalsam  nach  Schweitzer  dargestellt 
durch  Auflösen  desselben  in  kaustischem  Ammoniak,  woraus  durch  frei- 
williges Verdunsten  die  Kristalle  anschiefsen.  Durch  Waschen  mit  Aether 
und  Kristallisiren  aus  Alkohol  erhält  man  das  Harz  ganz  rein.  Es  kri- 
stallisirt  in  deutlichen,  prismatischen  CG.  Rose ),  ungefärbten,  durchsich- 
tigen Kristallen,  die  sehr  weich  und  an  der  Luft  undurchsichtig  werden. 
Sie  sind  in  Alkohol,  Aether,  fetten  und  ätherischen  Oelen  löslich  und 
verbinden  sich  mit  Basen  zu  salzartigen  Verbindungen.  Seine  Zusammen- 
setzung, wie  aus  oben  bemerkter  Formel  hervorgeht,  ist  gleich  der  des 
Colophons  und  Camphors.  ( U . Rose.) 


Harze  des  Mecca-,  Perubalsams  etc.  1075 

h 

Das  Copaivaharz  ist  im  Copaivabalsam  enthalten,  der  aus  den  Arten 
der  Copaifera  in  Westindibn  gewonnen  wird.  Der  Copaivabalsam  ist  ölig, 
flüchtig,  besitzt  einen  eigenthümHchen  aromatischen  Geruch  und  einen  bit- 
tern  scharfen  Geschmack.  An  der  Luft  verliert  er  seinen  Geruch  und 
wird  hart.  Mit  Bittererde  bildet  er  eine  harte  Masse.  Der  Oopaivabalsara 
kommt  mit  fetten  Oelen  verfälscht  vor,  was  man  leicht  erkennt,  dafs  er 
mit  Wasser  länger  gekocht  weich  bleibt,  während  er,  unverfälscht,  ganz 
Colophon-ähnlich  wird. 

Elemiharz.  Das  käufliche  Elemi  ist  durch  kalten  Alkohol  in  zwei 
Harze  zu  trennen.  Das  in  kaltem  Alkohol  unlösliche  kann  aus  heifsem 
kristallinisch  erhalten  werden.  Es  ist  von  weifser  Farbe,  die  Lösung 
in  Alkohol  wirkt  auf  Pflanzenfarben  nicht,  Ammoniakflüssigkeit  verwan- 
delt sie  in  eine  Gallerte,  Blei-  und  Silbersalze  geben  keinen  Nieder- 
schlag damit.  Die  Zusammensetzung  beider  Harze  nach  H.  Rose  ist  gleich 
Cjo  Hj»  Ha» 

Betulinharz . Entdeckt  von  Lowitz.  Aus  der  mit  Wasser  erschöpften 
und  getrockneten  Birkenrinde  wird  das  Betulin  nach  Hefs  mit  Alkohol  aus- 
gezogen, aus  dem  es  in  warzigen  Massen  anschiefst.  Es  ist  ungefärbt, 
schmilzt  bei  300°  und  riecht  nach  Birken;  in  einem  Luftstrom  ist  es  subli- 
mirbar,  geht  mit  Basen  keine  Verbindungen  ein.  Die  Zusammensetzung 
ergab  eine  Beziehung  zu  Elemi,  dessen  Elemente  es  enthält  H-  O -f-  H,  O. 

Animeharz.  Kommt  von  Hymenaea  Courbaril,  einem  in  Westindien 
wachsenden  Baume.  Es  bildet  in  reinem  Zustande  blafsgelbe  Stücke  von 
glasigem  Bruch,  riecht  angenehm  und  erweicht  schon  im  Munde.  Kalter 
Alkohol  zerlegt  es  wie  das  Elemi  in  zwei  Harze,  die  dem  siedenden  Al- 
kohol saure  Reaction  geben. 

Euphorbiumharz.  Wird  aus  Gummi  Euphorbium  auf  ähnliche  Weise 
wie  das  Elemi  gewonnen,  mit  dem  es  nach  H.  Rose  in  allen  Eigenschaft 
ten , selbst  der  Zusammensetzung,  übereinkommt,  nur  dafs  die  alkoholW 
scbe  Lösung  mit  Ammoniak  keine  Gallerte  giebt. 

Benzoeharz.  Aus  dem  verhärteten  Saft  des  Styrax  Benzoin,  auf  Su*? 
matra.  Es  besteht  aus  Benzoesäure,  einem  ätherischen  Oele  und  aus  drei 
verschiedenen  Harzen,  Alpha-,  Beta-  und  Gammaharz,  die  man  auf  folt 
gende  Weise  von  einander  trennt.  Wird  das  Benzoeharz  mit  einer  Auf- 
lösung von  kohlensaurem  Natron  im  Sieden  erhalten , so  löst  sich  das 
Gammaharz  auf,  Alpha-  und  Betaharz  bleiben  ungelöst;  behandelt  man 
den  ungelösten  Rückstand  mit  Aether,  so  löst  dieser  das  Alphaharz  auf 
und  es  bleibt  das  Betaharz  ungelöst.  Aus  der  alkalischen  Auflösung  erhält 
man  durch  Zusatz  einer  Säure  und  durch  Waschen  des  Niederschlags  das 
Gammaharz  rein.  Sie  theilen  alle  drei  die  gewöhnlichen  Eigenschaften  der 
Harze.  — Van  der  Vliet,  der  die  Zusammensetzung  dieser  3 Harze,  so 
wie  ihre  Darstellung  studirte,  fand  das 

Alphaliarz  ~ Cro  H84  0I4 

Betaharz  = C40  H44  09 

Gammaharz  = C30  H40  Os . 

Wie  man  aus  diesen  Formeln  ersieht,  enthalten  das  Beta-  und  Garmnaharz 
zusammen  die  Elemente  des  Alphaharzes,  oder  es  entsteht  aus  dem  Alpha- 
harz das  Betaharz,  wenn  man  die  Elemente  des  Gammaharzes  davon  ab- 
zieht. van  der  Vliet  hat  durch  Versuche  gezeigt,  dafs,  wenn  man  das 
Kochen  mit  kohlensaurem  Kali  lange  genug  fortsetzt,  alles  Alphaharz  ver- 
schwindet und  nur  Gammaharz  im  Kali  gelöst  und  Betaharz  ungelöst  zu- 
rückbleibt. — Die  Zusammensetzungen  wurden  aus  den  Bleiresinaten  er- 
mittelt. 

Harze  im  Mecca- , Perubalsam  und  im  Storax.  — Diese  drei  Bal- 
same bestehen  zum  grofsen  Theil  aus  flüchtigem  Oele,  aus  einem  Harze, 
und  die  zwei  letzteren  enthalten  noch  Zimmtsäure  (S.  Gü3)  und  Benzoe- 
säure. Die  darin  enthaltenen  Harze  sind  aufser  ihren  allgemeinen  Eigen- 
schaften noch  wenig  untersucht,  und  die  Balsame,  aus  denen  sie  kommen, 


i076 


Sty  racin. 


sind  hier  mir  erwähnt , weil  alle  drei  in  mediciniscber  Beziehung  Anwen- 
dung finden. 

Styracin.  Von  Bonastre  zuerst  dargcstellt  aus  dem  flüssigen  Storax  durch 
Destillation  mit  Aetzkali  und  Wasser.  In  reichlicher  Menge  erhält  man  es  nach 
Simon,  wenn  man  den  Storax  mit  kohlensaurem  Natron  und  Wasser  destillirt, 
wobei  das  ätherische  Oel  (Styrol)  mit  dem  Wasser  übergeht.  In  der  Re- 
torte bleibt  zimmtsaures  Natron  in  der  Flüssigkeit  gelöst  und  eine  bedeu- 
tende Menge  Harz , die  man  durch  Abwaschen  soviel  als  möglich  von  noch 
anhängendem  Salze  befreit,  daun  in  18  — SO  Theilen  kochendem  Alkohol 
löst  und  nach  dem  Filtriren  V3  davon  abdestillirt.  Beim  Erkalten  des  Rück- 
standes fällt  das  Styracin  als  kristallinisches  Pulver  heraus.  Durch  Wa- 
schen mit  kaltem  Alkohol  befreit  man  es  vollständig  von  noch  anhängendem 
Harz  , löst  es  dann  in  Aether,  der  eine  geringe  Menge  einer  Verbindung 
von  Styracin  mit  Natron  zurückläfst,  destillirt  den  Aether  im  Wasserbade 
ab  und  löst  das  reine  Styracin  nochmals  in  Alkohol,  woraus  es  in  schönen 
weifsen , haarförmigen  Kristallen  beim  freiwilligen  Verdampfen  anschiefst. 
Es  ist  in  3 Th.  kochendem  und  in  22  Th.  kaltem  Alkohol  und  schon  in 
3 Th.  Aether  von  gewöhnlicher  Temperatur  löslich.  Unlöslich  in  Wasser. 
Es  schmilzt  bei  50°,  reagirt  weder  sauer  noch  alkalisch.  Wird  es  in  6 — 
8 Th.  heifsem  Alkohol  gelöst,  so  wird  die  Lösung  beim  Erkalten  stark 
opalisireui)  , setzt  man  aber  etwas  Zimmtsäure  oder  auch  concentrirte 
Essigsäure  oder  Schwefelsäure  zu,  so  wird  sie  wieder  klar,  was  anzu- 
deuten scheint,  dafs  es  sich  mit  Säuren  verbinden  kann,  ohne  sie  jedoch 
zu  sättigen.  Es  ist  nach  der  Formel  Ca4  H21  O*  zusammengesetzt.  — Mit 
Salpetersäure  destiliirt  enthält  das  Destillat  Benzoy I Wasserstoff  und  Blau- 
säure, im  Rückstände  findet  sich  Benzoesäure,  Picriusalpetersäure  und 
Harz,  wie  bei  der  Zimmtsäure.  Mit  chromsAurem  Kali  und  Schwefelsäure 
liefert  es  bei  der  Destillation  ebenfalls  Benzoylwasserstoff.  Durch  Destil- 
lation mit  Kalkhydrat  erhält  man  ein  mit  dem  Benzin  und  Cinnamomin  pro- 
centisch  gleich  zusammengesetztes  Oel,  welches  aber  von  beiden  wesent- 
lich verschiedene  Eigenschaften  zeigt.  Destillirt  man  das  Styracin  mit 
concentrirter  Aetzkalilauge,  so  erhält  man  ein  schwerflüchtiges  Oel,  wel- 
ches schwerer  als  Wasser  ist,  bei  320°  siedet,  in  30  Th.  kochendem  und 
90  — 100  Th.  kaltem  Wasser  löslich  ist  und  von  Simon  Styracon  genannt 
wird.  In  der  Retorte  bleibt  Zimmtsäure  und  Harz  mit  dem  Alkali  ver- 
bunden zurück.  Am  vorteilhaftesten  gewinnt  man  das  Styracon,  wenn 
man  die  bei  der  Destillation  von  flüssigem  Storax  mit  Wasser  zurückge- 
bliebene Harzmasse  mit  concentrirter  Aetzkalilauge  übergiefst  und  destil- 
lirt. Es  geht  dann  zugleich  mit  dem  Wasser  über,  welches  dadurch  mil- 
chig wird.  Man  erhält  das  Styracon  daraus  als  obeuaufschwimmendes  Del, 
wenn  man  Kochsalz  bis  zur  Sättigung  in  dem  Wasser  löst.  Durch  Recti- 
fication  für  sich  wird  es,  nachdem  es  durch  Chlorcalcium  von  Wasser 
befreit  ist,  vollkommen  rein  erhalten  QSimon~). 


Gliajakharz  (JResiUOt  Guüjaci).  Von  Guajacum  ofßcinale^  und 
sanctum,  theils  von  selbst  ausfliefsend,  theils  durch  Ausbraten  aus  dem 
Holz  erhalten,  indem  es  an  einem  Ende  angezündet  und  das  am  andern 
Ende  ausfliefsende  Harz  gesammelt  wird ; theils  mit  Weingeist  aus  dem 
geraspelten  oder  gemahlenen  Holz  und  Rinde  erhalten.  — Das  von 
selbst  ausfliefsende  Harz  ist  hell  gelblichbraun,  ins  Grünliche, 
durchsichtig  oder  durchscheinend,  giebt  ein  hellgraues,  an  der 
Luft  grün  werdendes  Pulver.  Das  durch  Ausbraten  oder  mit 
Weingeist  erhaltene  Harz  ist  meistens  dunkelbrauh,  fast  un- 
durchsichtig; reinstes  beschlägt  ebenfalls  mit  einem  grünlichen 
Staub.  Es  ist  spröde,  leicht  pulverisirbar;  anfangs  ge- 
schmacklos, entwickelt  aber  später  einen  anhaltend  kratzen- 
den Geschmack.  Schmilzt  ziemlich  leicht  in  der  Wärme,  und 
verbreitet  dabei  einen  nicht  unangenehmen  Geruch.  Das 


Guajak-Harz  und  -Seife. 


1077 


Guajakharz  färbt  sich,  in  Berührung  mit  Luft,  für  sich  und 
mit  vieJen  organischen  Substanzen  blau.  Dahin  gehört  ara- 
bischer Gummischleim , die  frischen  Wurzeln  von  Althaea, 
Meerrettig,  Cichorien,  Kartoffeln,  Zwiebeln  und  viele  andere 
frische  Pflanzentheile.  Diese  färben  die  Guajaktinktur  blau. 
Salpetrige  Säure,  Salpeternaphta  und  versüfster  Salpeter- 
geist färben  sie  ebenfalls  vorübergehend  schön  dunkelblau. 
Mit  Blausäure  vermischte  Guajaktinktur  färbt  Kupfersalze 
vorübergehend  blau.  — Nach  Unverdorben  besteht  das  Guajakharz 
aus  2 verschiedenen  Harzen  , von  denen  eins  in  wässerigem  Ammoniak 
leichtlöslich  ist,  welches  die  alkoholische  Lösung  des  essigsauren  Kupfer- 
oxids fällt,  das  andere  damit  eine  thecrartige  Verbindung  bildet,  die  nur 
in  6000  Theilen  Wasser  löslich  ist  und  die  alkoholische  Lösung  des  essig- 
sauren Kupferoxids  nicht  fällt.  Dieses  Harz  verhält  sich  auch  gegen  Basen 
als  Säure,  und  bildet  damit  salzartige  Produkte.  Aulser  salpetriger 
Säure  färbt  die  geistige  Guajakharzlösung  auch  Eisenchlorid  stark  blau. 
Sowohl  durch  Desoxidaiion  als  Oxidation  wird  die  blaue  Farbe  zerstört. 
Mit  Goldauflösung  bildet  die  Guajakharzseife  einen  violetten  Niederschlag 
(Harzgoldsuboxid),  der  sich  in  Kalilauge  mit  purpurrother  Farbe  auflöst  j 
ähnliche  Verbindungen  geht  es  mit  Kupferoxid  und  Silberoxid  ein.  Es  lie- 
fert durch  trockene  Destillation  , Rectificiren  des  flüssigen  Theils  mit  Kali 
und  nochmaliges  Destilliren  mit  Schwefelsäure  zweierlei  farblose  Oele: 
ein  flüchtigeres , leichter  als  Wasser,  und  ein  minder  flüchtiges , das 
schwerer  als  Wasser  ist.  — Nach  Büchner  ist  das  reine  Guajakharz  zwar 
geschmacklos , allein  das  natürlich  vorkommende  und  künstlich  erhaltene 
enthält  den  kratzenden  Bestandteil,  und  ^verdankt  diesem  wohl  mit  seine 
medicinische  Wirkung.  — Nach  Trommsdorff'  enthält  die  Guajak -Rinde  eia 
dunkelbraunes,  geruchloses  und  anfangs  geschmackloses,  später  etwas 
brennend  schmeckendes  Harz , welches  weder  an  der  Luft  noch  durch  die 
oben  angezeigten  Substanzen  sich  blau  färbt.  Dagegen  enthält  das  Holz 
ein  geschmackloses  Harz,  das  die  angezeigte  Färbung  erleidet.  Den 
kratzenden  Geschmack  verdankt  das  Guajakharz  einem  eigenthümlicheu 
kratzend-bittern  sogenannten  Extractivstoff  (Guajacin),  der  viel  reich- 
licher iö  der  Rinde  als  in  dem  Holz  enthalten  ist.  — Auf  Beimischung  von 
Colophonium  prüft  man  das  Harz  nach  Schaub  und  Bucholz,  indem  die 
geistige  Lösung  desselben  mit  Wasser  vermischt  und  der  milchigen  Flüs- 
sigkeit so  lange  Aetzkalilösung  zugesetzt  wird,  bis  sie  sich  aufhellt;  setzt 
man  jetzt  noch  mehr  zu  und  die  Flüssigkeit  bleibt  hell,  so  war  das  Harz 
frei  von  Colophonium;  im  Gegentbeil  wird  ein  Niederschlag  entstehen  von 
Colophoniumseife.  — Das  Guajakharz  wird  innerlich  in  Pulverform  und 
Pillen  gegeben;  in  Mixturen  mit  arabischem  Gummischleim,  wo  bei  anhal- 
tendem Reiben  eine  blaue  Farbe  entsteht,  ln  Weingeist  gelöst,  ohne 
| oder  mit  Ammoniak  ( Tinct . guajaci  Simplex  et  ammoniata) ; als  Guajak - 
harz-Seife. 

Guajakseife  t$apo  Guajacinus ).  Man  bereitet  sie,  in- 
dem so  viel  gepulvertes  Guajakharz  in  erhitzte  Kalilauge 
getragen  wird,  als  diese  aufnimmt.  Die  kolirte  Flüssigkeit 
wird  in  gelinder  Wärme  zur  Piilenmasse- Consistenz  ver- 
dampft. — Dunkelbraune,  ins  Grünliche  sich  neigende  Masse, 
von  scharfem,  alkalischen  und  kratzenden  Geschmack  und 
Geruch  nach  Guajak.  — Leicht  in  Wasser  und  Weingeist 
löslich.  Wird  in  Pillenform  verordnet. 

Gummilack-Harz.  Aus  mehreren  Ficus- Arten,  so  wie  aus  Zicgphus 
Jujuba,  quillt  durch  den  Stich  eines  Insects,  Cocus  ficus , ein  milchiger 
Saft  aus,  der  erstarrt  obigen  Namen  trägt  Dieses  Harz  kommt  unter  den 
Namen  Stocklack , Körnerlack  und  Schellack  im  Handel  vor.  Darunter 


1078 


J)am  mar  harz. 


ist  das  Schellack  das  reinste.  Alle  drei  Sorten  bestehen  aber  ausser  70 

90  Proc.  Harz  noch  aus  einem  rothen  Farbstoff,  Wachs  und  Pflanzenleim. 
— - Das  Harz  des  Gummilacks  wird  mit  Alkohol  ausgezogen.  Aus  der  Auf- 
lösung abgeschieden  ist  es  braun,  hart,  spröde.  Es  wird  wieder  durch 
Alkohol  in  mehrere  Bestandtheile  zerlegt,  deren  Zusammensetzung  nicht 
untersucht  ist.  Es  löst  sich  in  Alkali  und  dadurch  auch  in  Wasser.  Die 
Auflösung  iu  Alkohol  giebt,  mit  Terpentin  und  Mastix  vermischt,  einen 
vielgebrauchten  Firnifs.  Unverdorben  hat  in  dem  Gummilack  mehrere 
Substanzen  gefunden , nemlich : ein  in  Alkohol  und  Aether  lösliches 
Harz,  ein  in  Alkohol  lösliches  aber  in  Aether  unlösliches  Harz,  ein  in 
kaltem  Alkohol  wenig  lösliches  Harz,  ein  kristallisirbares  Harz,  ein  in 
Alkohol  und  Aether  lösliches,  in  Steinöl  aber  unlösliches  Harz,  ferner 
noch  fette  Säuren,  Wachs,  Farbestoff  und  Extractivstoff. 

Dammarharz.  In  neuerer  Zeit  kommt  unter  diesem  Namen  ein  Harz 
aus  einem  unbekannten  Baume  Ostindiens,  das  farblos  durchsichtig,  ge- 
schmaok-  und  geruchlos,  in  ätherischen  und  fetten  Oelen  vollkommen  lös- 
lich ist,  und  damit  einen  Firnifs  giebt,  der  dem  Mastix  noch  vorgezogen 
wird.  Auf  ähnliche  Weise  wie  aus  den  übrigen  sauren  Harzen  hat  man 
zweierlei  Harze  daraus  dargestellt,  die  noch  nicht  näher  untersucht  sind. 

Mastix.  Aus  dem  Stamme  der  Pistacia  Lentiscus  der  griechischen 
Inseln  wird  dieses  Harz  durch  Einschnitte  gewonnen.  Es  kommt  in  klei- 
nen, gelben,  durchsichtigen,  besonders  beim  Erwärmen  wohlriechenden 
Körnern  vor.  Es  besteht  ebenfalls  aus  zwei  durch  Alkohol  trennbaren 
Harzen,  die  nicht  näher  untersucht  sind.  Der  in  Alkohol  lösliche  Theil 
wurde  auch  Masticin  genannt. 

Drachenblut-Harz . Kommt  vorzüglich  aus  dem  Baume  Dracena  DracOj 
so  wie  aus  den  Früchten  des  Calamus  Rotang.  Es  ist  braun,  im  Striche 
roth,  geschmack-  und  geruchlos,  löst  sich  leicht  in  den  Lösungsmitteln  der 
Harze,  hat  keine  säuren  Eigenschaften  und  wird  benutzt,  um  Harzfirnissen 
eine  rothe  Farbe  zu  geben.  Melandri  hat  den  in  Schwefelsäure  unlösli- 
chen ßestandtheil  desselben  Dracenin  genannt. 

Sandarac.  Juniperus  communis  der  wärmeren  Zonen  giebt  dieses 
wohlriechende  Harz,  das  sich  analog  den  übrigen  sauren  Harzen  verhält, 
und  von  Unverdorben  in  3 Harze  getheilt  wurde.  Es  wird  zu  Pflastern, 
Salben,  Firnissen  und  auf  Papier  eingerieben  gebraucht,  um  das  Zerfliefsen 
der  Dinte  zu  hindern. 

Takamahaka.  Ein  den  vorigen  ähnliches,  wohlriechendes  Harz,  das 
die  gewöhnlichen  Eigenschaften  der  Harze  theilt  , nicht  blos  von  Alkohol 
und  Aether,  sondern  auch  von  Alkalien  gelöst  wird. 

Ladanum.  Ein  von  den  Inseln  des  Archipelagus  vom  Cistus  creticus 
kommendes  Harz,  das  in  spiralförmig  gedrehten  Kuchen  zu  uns  kommt. 
Es  ist  braun,  weich,  wohlriechend. 

Pastoharz.  Ein  Harz,  das  nach  Boussingault  von  den  Indianern  ge- 
braucht wird,  um  Holz  undurchdringlich  für  Wasser  zu  machen.  Es  be- 
steht nach  der  Analyse  dieses  Chemikers  aus  Cs  H8  O und  steht  somit  mit 
Elemi  und  Copaiva  in  einiger  Beziehung. 

Palmwachs-Harz.  Von  Boussingault  aus  dem  Palmwachse  ausgezo- 
gen und  untersucht.  Palmwachs  wird  mit  kaltem  Alkohol  ausgezogen,  der 
das  Harz  auflöst  und  das  Wachs  ungelöst  läfst.  — Nach  dem  Abdampfen  des 
Alkohols  bleibt  ein  gelbliches  Harz,  das  bei  100°  schmilzt,  in  heifsem  Al- 
kohol löslicher  als  in  kaltem  ist,  und  sich  in  Aether  und  ätherischen 
Oelen  löst. 

Jalappenhar*  ( Resina  jalappae ).  aus  der  Wurzel  von  Con- 
volvulus  tlpomaea')  Jalappa  zu  erhalten.  Festes,  sehr  sprödes, 
leicht  zerreibliches  Harz,  von  grangelber  Farbe  (nach  Martius 
wird  es  durch  Behandeln  der  alkoholischen  Lösung  mit  thierischer  Kohle, 
Niederschlagen  des  Filtrats  mit  Wasser  und  Auswaschen,  blafsgelb  erhalten). 


C o p al. 


1079 


wenig1  durchscheinend,  fast  geruchlos,  anfangs  geschmacklos, 
dann  ein  anhaltendes  Kratzen  irn  Halse  erregend  (das  gereinigte 
schmeckt  weniger  scharf) ; drastisch  wirkend.  — Das  gewöhnliche 
besteht  nach  Cadel  aus  einem  in  Aether  unlöslichen  und  darin 
löslichen  Harz,  letzteres  wird  ihm  durch  erwärmten  Aether 
entzogen.  In  Salpetersäure  löst  es  sich  in  der  Kälte  leicht 
auf,  ohne  Gasentwickelung.  Nach  Büchner  und  Herberger  besteht 
das  Jalappenharz  ebenfalls  aus  einem  basischen , Jalappin,  welches  ganz 
farblosdurchsichtig  ist,  in  Aether  völlig  unlöslich,  und  mit  Säuren  chemi- 
sche (salzartige)  Verbindungen  eingeht  (?),  und  einem  braunen  scharf- 
bitterlichen, das  gegen  Basen  schwachsaure  Eigenschaften  zeigt.  — Prü- 
fung des  Jalappenharzes  : Es  mufs  hart,  leicht  brüchig  seyn,  in  Wasser 
ganz  unlöslich;  an  kalten  Aether  fast  nichts  Lösliches  abgeben  (Verfäl- 
schung mit  Guajakharz).  — Wird  in  Pulverform  , mit  Mandeln  abgerieben, 
in  Pillenform,  gelöst  in  Weingeist,  als  Jalappenseife  u.  s.  w.  angewendet. 

Dem  Jalappenharz  fast  gleich  sind  die  Harze  von  Convolvulus  arven - 
sis,  Sepiurn , Turpethum  und  Mechoacanna . 

Ein  ähnliches  Harz  enthält  das  Scammonium  (und  Convolvulus  Solda- 
nella) , welches  aber  nach  den  Versuchen  von  Planche  fast  geschmacklos 
und  in  Aether  leichtlöslich  seyn  soll.  Salpetersäure  färbt  es  gelb,  ohne 
viel  aufzulösen;  es  entwickelt  sich  Salpetergas. 

Das  Bieber  geilharz  CCastoreum-Resinoid')  gehört  noch  hierher:  Ein 
dunkelbraunes , hartes , bitter  und  scharf  schmeckendes  Harz.  Etwas  lös- 
lich in  Wasser,  leichtlöslich  in  Weingeist,  unlöslich  in  absolutem  Aether, 
aber  löslich  in  gewöhnlichem. 

Copal  ( Gummi-Copal ).  — Gewöhnlich  leitete  man  den  Copal  bisher 
von  Rhus  copallinum  ab.  Nach  neuern  Nachrichten  von  v.  Martius  und 
Hayne  soll  er  aber  von  mehreren  Arten  Hgmenea,  Trachylobium  und 
Vouapa  kommen.  Er  hat  jedoch  zu  viel  Analoges  mit  dem  Bernstein,  als 
dafs  er  nicht  etne  Art  Erdharz  seyn  sollte.  Wahrscheinlich  kommt  er  von 
denselben  Bäuinen,  die  auch  Anime-  und  Bammar-Harz  liefern,  und  ist 
nur  durch  Einwirkung  von  Luft  und  Wasser  etwas  verändert.  — Es  ist 
ein  blafsgelbes,  durchsichtiges,  bis  bräunlichgelbes,  durch- 
scheinendes, hartes,  klingendes  Harz,  jedoch  weniger  hart 
und  zähe  als  Bernstein.  Kommt  in  unregeimäfsigen , meistens 
abgerundeten,  aufsen  rauhen  Bruchstücken,  zuweilen  in  ku- 
geligen Stücken  (Kugel- Copal)  vor,  von  1,045  bis  1,139 
spec.  Gew.  Geschmack-  und  geruchlos,  ohne  Zerlegung  un- 
schmelzbar, liefert  durch  trockene  Destillation  keine  Bern- 
steinsäure. In  wässerigem  Aetzkali  ist  der  Copal  in  der 
Wärme  auflöslich  und  scheidet  sich  hiebei  in  zweierlei  Harze, 
von  denen  das  eine  in  der  Kälte  gelöst  bleibt,  das  andere 
trüb  und  gallertartig  wird.  In  absolutem  Alkohol  sehr  wenig 
löslich,  seine  Löslichkeit  wird  vermehrt,  wenn  man  ihn,  ge- 
pulvert, mehrere  Monate  an  einem  luftigen  Ort  liegen  Jäfst, 
desgleichen  vermehrt  ein  Zusatz  von  Camphor  seine  Löslich- 
keit. Oder  mau  befeuchtet  das  Pulver  nach  Berzelius  mit  Ammoniak  in 
einem  verschlossenen  Gefäfs,  wodurch  es  nach  und  nach  zu  einer  gela- 
tinösen Masse  aufschwillt;  dieser  setzt  man  nach  und  nach  in  kleinen 
Portionen  Alkohol  unter  Erwärmen  zu,  wo  er  zu  einem  wasserklaren 
Firnifs  sich  auflöst,  der  beim  Aufstreichen  einen  undurchsichtigen  weifsen 
Ueberzug  hinterläfst;  beim  Erwärmen  wird  er  aber  klar  und  glänzend.  — 

ln  Aether  schwillt  der  Copal  stark  auf  und  ist  dann  vollstän- 


1080 


Torf  harze. 


dig  darin  löslich.  Die  erhitzte  aufgequollene  Verbindung  löst 
sich  leicht  in  heifsem  (nicht  kaltem)  Alkohol,  den  man  in 
kleinen  Mengen  zusetzen  mufs  ( geistige  Copal firnisse ).  Ros- 
marinöl löst  ihn  ziemlich  auf,  weniger  Terpentinöl.  (Ueber- 
haupt  verhalten  sich  die  Copaisorten  oft  sehr  verschieden  in  ihrer  Lös- 
lichkeit.) Der  geschmolzene  (etwas  veränderte)  Copal  wird  zu  gewöhn- 
lichem Copalfirnifs  verwendet.  Man  erhitzt  in  erbsengrofse  Stücke  zer- 
schlagenen Copal  in  einer  dünnen  Glasflasche  über  Kohlenfeuer  vorsichtig/ 
bis  er  geschmolzen  ist,  ohne  braun  zu  seyn , setzt  dann  in  kleinen  An- 
teilen Terpentinöl,  das  so  weit  erhitzt  wurde , dafs  man  es  kaum  in  der 
Hand  leiden  kann  (aber  nicht  stärker),  hinzu,  wo,  wenn  die  rechte  Hitze 
getroffen  wurde,  der  Copal  sich  schnell  zu  einem  fast  farblosen  Firnifs  löst, 
im  Gegentheil  coagulirt  er  und  bleibt  ungelöst.  Nach  Unverdorben  besteht 
der  Copal  aus  nicht  weniger  als  5 verschiedenen  Harzen  und  einer  Spur 
ätherischen  Oels. 

Torfharz.  Mulder  hat  aus  den  niederländischen  Torfarten  vier  bis 
sechs  Harze  ausgezogen  und  ihre  Zusammensetzungen  ermittelt.  Der  fries- 
ländische  Torf  enthält: 

Alphaharz  zr:  Ci0  H80  09 
Betaharz  ~ Cr7  H154  09 
Gammaharz  C1C4  H188  09 
Deltaharz  = Cm  H242  09 
der  leichte  friesische  Torf  höherer  Gegenden : 

Ahplaharz  n C5S  HS6  Ofc 
Ammagharz  = C90  HI68  06. 

Das  Harz  der  Pappelknospen  (oder  vielmehr  die  Knospen)  von  Popu- 
ius  nigra  ist  officinel!.  Durch  Auspressen  oder  Ausziehen  mit  Weingeist 
erhalten  ist  es  weichklebrig,  von  grünlich-  oder  bräunlich-gelber  Farbe 
und  starkem  angenehmen  Geruch  nach  Storax.  An  der  Luft  trocknet  es 
nach  und  nach  (durch  Verlust  au  Oel  und  Wasser)  vollständig  aus. 

Von  officinellen  Pflauzentheilen  enthalten  die  Myrrhe  (neben  einem 
in  Aether  unlöslichen  geschmacklosen  Hartharz)  ein  röthlichgelbes , wei- 
ches, klebriges,  sehr  bitteres  Harz,  — Senega  ein  rothbraunes , schmie- 
riges, in  Weingeist  und  Aether  leicht  lösliches  Harz  von  bitterm , wenig 
scharfem  Geschmack.  — Aus  Lycopus  europaeus  zog  Geiger  ein  blafs- 
gelbes  Harz  (?),  welches  anfangs  weich  war,  an  der  Luft  nach  und  nach 
austrocknete,  fest  und  brüchig  wurde,  sehr  bitter  schmeckt,  in  Wasser 
weich  und  klebrig  wird , darin  etwas  löslich  ist  und  ihm  seinen  bittern 
Geschmack  mittheilt.  Leichtlöslich  in  Alkohol  und  Aether,  unlöslich  in 
Alkalien.  Gehört  vielleicht  eher  den  BitterstofFarten  an.  Dahin  gehört  auch 
das  Harz  (?)  von  Galeopsis  villosa ; doch  schmeckt  dieses  zugleich  eigen- 
thümlich  reizend. 

Das  Bisamharz  gehört  noch  hierher.  Gelbbraunes,  etwas  weiches 
klebendes  Harz,  von  schwachem  ßisamgeruch  und  widerlich  bitterm  Ge- 
schmack; leichtlöslich  in  Weingeist  und  Aether,  kaum  löslich  in  Aetzkali- 
x lösung.  Ertheilt  dem  Bisam  den  bittern  Geschmack. 

Harzhaltige  Pflanzen  und  Fflanzentheile  sind  ferner  noch : 

Violenwurz , von  Iris  florentina.  Braungelbes,  schmieriges,  sehr 
scharfes  und  brennend  schmeckendes  Harz.  — Schwarzer  Pfeffer,  Piper 
nigrum.  — Spanischer  Pfeffer,  von  Caspicum  annuum.  Aeufserst  scharf 
und  brennend  schmeckendes  Weichharz  (Capsicin).  — Biberneil  (die  Wur- 
zel von  Ptmpinella  saxifraga ).  Braun,  von  Extractconsistenz  , scharf  und 
kratzend  schmeckend.  — Niefswurz,  von  Helleborus  hyemalis  (und  niger 
etc.).  Aeufserst  scharf  und  brennend  schmeckendes  Weichharz  (soll  kri- 
stallisationsfähig seyn?).  — Fallkrautblumen , Arnica  montana . Grünlich 
oder  bräunlichgelbes,  scharf  und  bitteres  Harz.  — Bertramwurz,  von 
Antliemis  Pyrethrum.  Weiches,  sehr  brennend  scharfes  Harz.  Erregt 
Speichelflufs.  Auch  diese  sogenannten  Weichharze  erhalten  vielleicht  besser 


Harz-Firnisse. 


108! 


ihre  Stellung  unter  den  Extractivstoffarten,  — Seidelbastharz , von  JDaphne 
Mezereurn,  alpina  u.  s.  w.  Grünes , weiches  (nach  C G.  Gmelin  und  Bär 
hartes)  Harz  von  aufserordentlicher  Schärfe.  Nach  Gmelin  und  Bär  soll 
die  Schärfe  von  einem  fetten  Oel  herrühren , nach  Vauquelin  von  einem 
flüchtigen  Oel;  die  Schärfe  ist  durch  Harz  fixirt.  — Acajoitharz.  Aus  den 
westindischen  Elephantenläusen  (von  Anacardium  occidentaleA  durch  Aus- 
kochen der  zerquetschten  Nüsse  mit  Wasser,  oder  Behandeln  derselben 
mit  Alkohol,  und  Waschen  des  durch  Destillation  vom  Weingeist  befreiten 
Harzes  mit  heifsem  Wasser  zu  erhalten.  Ein  halbflüssiges,  schön  roth 
braunes,  klebriges  Harz  (Balsam)  von  äufserst  scharfem  ätzenden  Ge- 
schmack; erregt,  auf  die  Haut  gebracht,  leicht  Blasen;  die  Wirkung  ist 
lange  andauernd.  Scheint  ein  Gemische  von  Harz,  Oel  und  einem  eigen« 
thümlichen,  näher  zu  untersuchenden,  scharfen  Stoff  zu  seyn.  — Wurde 
als  Reizmittel  auf  die  Haut  vorgeschlagen. 

Harz- Firnisse. 

Um  Gegenstände  von  Holz,  Metall  etc.  mit  einem  dünnen  Ueberzug  zu 
versehen,  der  sie  vor  der  Einwirkung  der  Luft  und  des  Wassers  schützt, 
der  ihnen  eine  glatte,  glänzende  Oberfläche  giebt,  hat  man  von  jeher  die 
verschiedenen  Firnisse  angewendet.  Man  unterscheidet  Oel-  und  Harz- 
Firnisse.  Die  ersteren  beruhen  auf  der  Eigenschaft  einer  Klasse  von  fet- 
ten Oelen  (trocknenden),  in  dünnen  Schichten  auf  Körper  aufgetragen  zu 
einem  festen  elastischen,  für  Wasser  undurchdringlichen  Ueberzug  zu  er- 
starren. Die  zweiten  oder  Harz  - Firnisse , die  sich  hieher  beziehen,  be- 
stehen in  Auflösungen  von  Harzen,  welche  auf  die  Oberfläche  der  Gegen- 
stände io  dünnen  Schichten  gebracht,  durch  das  Verdunsten  oder  gleich- 
zeitige Erhärten  des  Lösungsmittels,  dieselben  mit  einer  Harzschichte  über- 
ziehen. Man  unterscheidet  Weingeist- , Terpentin-  und  fette  Firnisse. 
Die  ersten  beiden  haben  ihren  Namen  von  dem  Lösungsmittel  Weingeist 
oder  Terpentinöl;  die  fetten  Firnisse  enthalten  als  Lösungsmittel  der  Harze 
Lein-,  Mohn-,  Nufsöl  oder  LeinöJfirnifs.  Der  Name  Lackfirnifs  oder 
Lack  ist  von  der  Auflösung  des  Schellacks,  des  gebräuchlichsten,  auf  alle1 
Harzfirnisse  übergegangen.  Ein  guter  Firnifs  mufs  fest  aufsitzcn,  nicht 
abspringen  und  rissig  werden,  die  unterliegende  oder  mitgemengte  Farbe 
nicht  ändern  und  eines  grofsen  dauerhaften  Glanzes  fähig  seyn. 

Zu  Weingeist- Firnissen  nimmt  man  ganz  starken,  mindestens  f)Spro- 
centigen  WTeingeist.  Die  Auflösung  des  Harzes  wird  befördert  durch  Bei- 
mischen von  Glaspulver.  Sie  sind  die  glänzendsten  aber  auch  sprödesten, 
was  durch  Zusatz  von  Terpentin  vermindert  wird.  Die  gewöhnlich  dazu 
verwendeten  Harze  sind:  Mastix,  Sandarach,  Schellack,  Elerni,  Copal. 
Eine  Lösung  von  Schellack  in  Weingeist,  die  mit  einem  ölgetränkten 
Lappen  eiugerieben  wird,  ist  der  gewöhnliche  Tischler  - Firnifs , oder 
Politur. 

Dieselben  Harze  in  Terpentinöl  gelöst,  geben  geschmeidigere  Fir- 
I nisse , da  das  Terpentinöl  selbst  zu  einem  weichen  Harz  eintrocknet. 

Copal-  und  Bernsteinharz  lösen  sich  in  Terpentinöl  oder  Leinöl  in  dem 
Zustande,  wie  sie  im  Handel  verkommen,  nicht  auf;  um  zu  Firnissen  zu 
dienen,  werden  sie  in  hohen  Gefäfsen  von  Thon  oder  Eisen  bei  raschem 
Feuer  in  Flufs  gebracht , der  vollkommen  flüssigen  Materie  wird  alsdann, 

I auf  1 Pfund  etwa  zwei  Unzen,  heifser  Leinölfirnifs  und  wenn  beide  sich 
: verbunden  haben  , ein  dem  Harz  gleiches  Gewicht  warmes  Terpentinöl  in 
kleinen  Portionen  zugesetzt.  Diese  Auflösungen  geben  die  dauerhaftesten 
und  festesten  Firnisse , doch  sind  sie  nicht  so  farblos  wie  die  vorher- 
gehenden. 

Die  Firnisse  werden  nicht  selten  mit  bestimmten  Farben  versehen,  in- 
dem man  sie  mit  Curcuma,  Orlean,  Gummigutt,  Drachenblut,  Cochenille, 
Sandelholz,  Kupferoxid,  Zinnober,  Indigo,  Berlinerblau,  Chromgelb  etc. 
roth,  gelb,  grün  oder  blau  färbt,  um  mit  diesen  Farben  die  Oberfläche 
der  zu  firnissenden  Gegenstände  zu  versehen. 

Geigar’s  Phurrnacic . /.  ( Sie  Au  fl, ) 0 


iÖS& 


Destillation  der  Harze. 


Bestillatiomprodukle  der  Harze. 

Die  Harze  iß  reinem  Zustande  einer  Temperatur  ausgesetzt,  bei  wel- 
cher sie  destilliren^  werden  alle  theilweise  oder  ganz  zerlegt.  Sie  geben 
im  Allgemeinen  gasförmigen  Kohlenwasserstoff,  flüssige  Produkte,  die 
auch  grölstentheils  aus  Kohlenwasserstoff  in  verschiedenen  Verhältnissen 
bestehen,  und  rückständige  Kohle.  Diese  Produkte  sind  vorauszusehen 
bei  Körpern,  die  einen  so  grofsen  Ueberschufs  von  Kohlenstoff  und  Was- 
serstoff über  Sauerstoff  haben.  Die  Destillatiousprodukte  der  wenigsten 
Harze  sind  genau  untersucht;  alles,  was  wir  darüber  wissen , bezieht  sich 
fast  ausscliliefsend  auf  das  Colophooharz , das  Fremy , Pelletier  und  Wal- 
ter in  dieser  Beziehung  untersuchten.  Ais  JDe»ii31ationsproriukt  der  Pinin- 
säure  ist  schon  früher  die  Colopholsäure  erwähnt  worden.  Wenn  man 
nach  Fremy  Colophon  bei  einer  Temperatur  destillirt,  wo  es  gerade  sie- 
det, so  geht  nebst  Wasser  und  etwa  noch  enthaltenem  Terpentinöl,  ein 
gelbes  dickliches  Oel  über,  welches  geruch-  und  geschmacklos,  durch 
Jlectification  selbst  farblos  wird,  bei  250°  siedet,  iu  Wasser  unlöslich,  in 
Alkohol  sclnverlöslich  und  in  Aether  leichtlöslich  ist.  Es  wird  von  Kali 
nicht  angegnfTen,  von  Salpetersäure  oxidirt  und  von  Bleioxid  reducirfc. 
Fremy  hat  dieses  Oel  Resinein  genannt  und  folgende  Zusammensetzung 
gefunden;  C2n  H3n  0,.  — Nach  Pelletier  und  Walter  bilden  sich  bei  der 
Zersetzung  des  Colophons  bei  der  Rothgluhhitze  in  den  Gasapparaten, 
auf'ser  dem  entweichenden  Kohlenwasserstoffgas,  mehrere  sehr  wasser- 
stoffreiche Produkte. 

Weun  nemlich  Fichteuliarz , bei  seiner  Anwendung  zur  Gewiunimg  des 
Leuchtgases,  destillirt  wird,  so  beträgt  das  rohe,  den  Kohlenwasserstoff 
begleitende  Oel  ungefähr  30  pCt.  des  angewendeten  Harzes.  Letzteres 
kommt  unter  dem  Namen  traekner  Schiff stheer  (hrai  sec}  im  Handel  vor. 
Das  dunkelbraune  Oel  wird  in  einer  grolsen  Blase  destillirt  und  die  Pro- 
dukte nach  der  Temperatur  theilweise  aufgefangen.  Das  erste  Produkt, 
von  den  Fabrikanten  flüchtige  Essenz  (vice  essence ) genannt,  geht  von 
130 — 160°  über;  dann  folgt  bei  280°  ein  Oel,  das  wegen  seiner  geringen 
Flüchtigkeit  hitile  fixe  genannt  wird;  in  der  Zwischenzeit  der  Erzeugung 
beider  Oele  sublimirt  etw  as  Naphtalin.  Während  der  Destillation  des  fixen 
Oels  steigt  die  Temperatur  bis  350°,  dann  geht  ein  neuer,  bräunlich- 
schwarzer  oder  blauer  Körper  über,  der  den  Namen  fette  Materie  ( ma - 
tiere  grosse ) führt.  In  der  Blase  bleibt  eine  glänzende  Kohle. 

Die  flüchtige  Essenz,  so  wie  sie  aus  der  Fabrik  erhalten  wird , ist 
bernsteinroth  , von  starkem  Geruch;  sauer  reagirend.  Durch  Destillation 
in  einem  Oelbade  Jiefs  sie  sich  in  4 Substanzen  zerlegen,  nemlich  in  2, 
durch  ihren  Siedpunkt  verschiedene , flüchtige  Oele,  in  Naphtalin  und  iu 
eine  kleine  Menge  einer  färbenden  Substanz^  die  als  theerartige  Masse 
zurückblcibt. 

Aus  dem  flüchtigeren,  bei  130  — 160c>  destiliirbaren  Oele  wurde  durch 
sehr  oft  wiederholte  Behandlung  mit  concentrirter  Schwefelsäure  (15  — 
20mal)  und  Kalilauge  eine  sehr  leichte  Flüssigkeit  erhalten,  welche  nach 
3maliger  Destillation  über  Kalium  sich  auch  damit  nicht  mehr  veränderte. 
Sieiteifst  Retinaphta.  Es  ist  eine  vollkommen  klare  Flüssigkeit,  von  an- 
genehmem an  den  einiger  Labiaten  erinnernden  Geruch  und  leicht  stechen- 
dem Geschmack;  bricht  stark  das  Licht;  von  constantem  Siedpunkt  bei 
108°;  w ird  selbst  bei  — 20°  C.  noch  nicht  fest.  Aus  den  Resultaten  dreier 
Analysen  berechnet  sielt  als  einfachste  Formel  = C7  H8 , der  Versuch 
gab  91,7  Kohlenstoff,  9,0  Wasserstoff,  das  spec.  Gewicht  des  Dampfes 
~ 3,23,  nach  obiger  Formel  berechnet  3,223. 

Durch  Einwirkung  von  trocknem  oder  feuchtem  Chlorgas  auf  Refci- 
napbta  in  der  Siedhitze  entsteht  eine  ölige,  sehr  schwöre  dichte  Flüssig- 
keit, von  gelbbrauner  Farbe,  sehr  stechendem  Geschmack  und  starkem 
meerrefctigar tigern  Geruch;  der  Dampf  reizt  die  Augen  stark  zum  Thränen. 
Dieses  Produkt  hat  grolse  Aelinliehkeit  mit  dem  Chlorbenzoyl ; beide  Ver- 
bindungen haben  das  nemliche  Ansehen,  spec.  Gewicht  und  ähnlichen  Ge- 
nick, Die  Chlorretinaphta  giebt  aber  mit  Wasser  keine  Benzoesäure  und 


Retinyl,  Retinol. 


1083 


Salzsäure , da  sie  keine«  Sauerstoff  enthält.  Mit  Aetzkali  verwandelt  sie 
sich  in  Chlorkalium  und  in  ein  braunes,  eigenthiimlich  riechendes  Oel.  Die 
Zusammensetzung  ist  wahrscheinlich  C14  Hla  Cl4. 

Brom  bildet  mit  Retinaphta  eiu  ganz  analoges  Produkt.  — Mit  Salpe- 
tersäure behandelt  entwickelt  sich  Stickoxidgas,  es  bildet  sich  Blausäure 
am  Boden  der  Retorte  setzt  sich  eine  weifse  körnige  Substanz  ab.  9 

Bei  der  Destillation  der  flüchtigen  Essenz  bei  einer  höheren  Tempe- 
ratur geht,  wie  schon  bemerkt,  eine  zweite  ölartige  Substanz  über.  Aus 
dieser  stellten  Pelletier  und  Walter  einen  eigenthümlicheu  Kohlenwasser- 
stoff dar,  den  sie  Retinyl  nennen. 

* Zur  Reindarstellung  des  Retinyls  mufs  es  mehreremale  destillirt  wer- 
den, indem  man  jedesmal  den  ersten  und  flüchtigsten  Antheil,  der  Reti- 
naphta  enthalten  könnte,  entfernt.  Das  so  erhaltene  Produkt  wird  öfter 
und  hintereinander  mit  concentrirter  Schwefelsäure  und  Aetzkalilauge  be- 
handelt, und  nach  jeder  Behandlung  mit  Schwefelsäure  destillirt.  Letztere 
Operationen  mit  Schwefelsäure,  wodurch  das  Naphtalin  entfernt  wird, 
dürfen  jedoch  nicht  zu  oft  wiederholt  werden,  da  das  Retinyl  selbst  voü 
der  Säure  angegriffen  wird.  Als  letztes  Reinigungsmittel  wurde  auch  hier 
wieder  Kalium  angewendet , aber  auch  von  diesem  wird  das  Retinyl  wieder 
angegriffen , daher  sie  auch  nicht  zu  oft  wiederholt  werden  darf. 

In  reinem  Zustande  ist  das  Retinyl  vollkommen  klar  und  durchsichtig, 
am  Lichte  unveränderlich , weniger  beweglich  als  die  Retinaplita,  von  0,87 
spec.  Gew.,  siedet  bei  150°  und  destillirt  ohne  Rückstand.  Sein  Geruch 
ist  verschieden  von  dem  der  Retinaphta,  der  Geschmack  viel  stechender, 
etwas  bitter.  Sein  Verhalten  gegen  Chlor  und  Salpetersäure,  so  wie  seine 
Zusammensetzung,  sind  von  der  der  Retinaphta  verschieden.  Die  Analyse 
führte  zur  Formel  = C9  H12,  das  spec.  Gew.  des  Dampfes  =;  4,344  ge- 
funden, nach  der  Formel  berechnet  = 4,347.  89 

Das  Retinyl  lost,  wie  Retinaphta,  Schwefel  und  Iod  auf;  die  Produkte 
durch  Chlor  und  Salpetersäure  sind  nicht  näher  untersucht. 

Das  (hatte  fixe ) fixe  oder  opalisirende  Oel,  das  bei  280°  übergeht,  ist 
bräunlichgrün,  an  den  Rändern  blau,  opalisirend  und  oft  sehr  trübe.  Nach- 
dem es  durch  Gyps  filtrirt,  dem  Sonnenlichte  ausgesetst  und  mit  Aetzlauge 
behandelt  ist,  ist  es  so  weit  gereinigt,  dafs  es  zu  Malereien  an  Gebäuden 
verwendet  werden  kann;  es  enthält  aber  dann  noch  Essigsäure,  eine  bitu- 
minöse Substanz,  von  welcher  später  bei  der  Untersuchung  der  fetten  Ma- 
terie die  Rede  seyn  wird.  Von  allen  diesen  Substanzen  durch  den  obigen 
ganz  analoge  Operationen  und  durch  Behandlung  mit  Schwefelsäure  und 
Kali  befreit,  bildet  es  einen  andern  eigentümlichen  Kohlenwasserstoff,  von 
seiner  ölartigen  Beschaffenheit  Retinol  genannt. 

Der  Siedpunkt  des  reinen  Retinols  liegt,  bei  238°;  da  es  nur  über 
freiem  Feuer  destillirt  werden  kann,  so  zersetzt  sich  bei  jeder  Destillation 
ein  kleiner  Theil  in  Produkte,  wovon  das  eine  flüchtiger,  das  andere 
feuerbeständiger  als  das  Retinol  selbst  ist;  es  läfst  sich  daher  eine  zwi- 
schen 236  — 240°  siedende  Flüssigkeit  schon  als  Retinol  betrachten.  Es 
ist  eine  klare,  ölartige,  sanft  anzufühlende  Flüssigkeit,  ohne  Geruch  und 
Geschmack;  färbt  sich  nicht  tsm  Lichte;  spec.  Gew\  rr  0,9.  Die  Analyse 
führte  zur  Formel  C8  Hs,  das  spec.  Gew.  des  Dampfes  = 7,11  gefunden, 
7,39  berechnet.  7 

Auf  Papier  bringt  Retinol  einen  Fettflecken  hervor,  der  nach  einiger 
Zeit  verschwindet ; Kalium  verändert  sich  nicht  darin  ; wenn  es  Retinyl 
enthält,  so  schwärzt  sich  das  Kalium.  Es  absorbirt  mehrere  Gasarfen, 
namentlich  schweflige  Säure;  es  verbindet  sich  nicht  mit  Alkalien.  Bei  der 
Behandlung  mit  Chlor  in  der  Siedhitze  färbt  sich  das  Retinol  gelblichbraun p 
nach  dem  Erkalten  hat  man  eine  durchsichtige  dicke  Masse  von  schwachem 
Rosengeruch.  Durch  Einwirkung  von  Salpetersäure  in  der  Wärme  auf  das 
Retinol  bildet  sich  weder  Blausäure  noch  eine  kristallinische  Substanz,  son- 
dern eine  ölige,  stark  gefärbte  Flüssigkeit.  Das  Retinol  verbindet  sich  mit 
letten  Körpern,  Oelen  und  löst  mehrere  Harze  auf. 


Farbstoffe. 


1094 

Das  letzte  Produkt  der  Destillation,  die  sogenannte  fette  Materie, 
wurde  Metanaphtalin  ( Pelletier  und  Walter')  oder  Retisteren  f Dumas) 
genannt.  Die  Reindarstellung  gelingt  auf  folgende  Weise:  Aus  der  fetten 
Materie  werden  erst  durch  gelindes  Kochen  die  flüchtigen  Kohlenwasser- 
stoffe ausgetrieben,  es  destillirt  dann  bei  verstärktem  Feuer  eine  weifse  1 
oder  pomeranzengelbe  wachsähnliche  Materie  über,  welche  durch  wie- 
derholte Destillationen,  Pressen  zwischen  Fliefspapier , Auflösen  in  star- 
kem Alkohol  und  wiederholte  Behandlung  der  daraus  erhaltenen  Kristalle 
mit  conceutrirter  Schwefelsäure  rein  erhalten  wird.  Man  erkennt  diefs 
daran,  weün  sich  Schwefelsäure  in  der  Kälte  nicht  mehr  damit  färbt. 

Das  Retisteren  ist  weifs,  kristallinisch,  ohne  Geschmack,  von  schwa- 
chem, dem  des  Wassers  ähnlichen  Geruch;  schmilzt  bei  67°,  siedet  bei 
335°.  Es  ist  ganz  unlöslich  in  Wasser,  wenig  in  kaltem,  leichter  in  heis- 
sem  und  absolutem  Alkohol , daraus  in  Lamellen  kristallisirend.  Aether 
löst  es  noch  leichter;  Naphta,  Terpentinöl  und  die  obigen  Kohlenwasser- 
stoffe sind  die  besten  Auflösungsmittel.  Der  Schmelz-  und  Siedpuukt,  die 
Löslichkeit  in  Alkohol,  Aether  und  Oelen  charakterisireu  das  Retisteren 
hinreichend  , um  es  von  einigen  andern  brenzlichen  Materien  zu  unter- 
scheiden. So  schmilzt  das  Paraffin  bei  43°,  das  Naphtalin  bei  79°  und  das 
Paranaphtalin  bei  180°. 

Die  Analysen  gaben  eiue  analoge  Zusammensetzung  mit  Naphtalin, 
nemlich  93,7  Kohlenstoff,  6,9  — 6,5  Wasserstoff. 

Das  Retisteren  verbindet  sich  nicht  mit  Alkalien;  concentrirte  Schwe- 
felsäure wirkt  in  der  Kälte  nicht  darauf,  in  der  Hitze  wird  es  davon 
verkohlt.  Chlorgas  zersetzt  es  im  geschmolzenen  Zustande  unter  Entwick- 
lung von  Chlorw’asserstoffsäure  in  eine  grünliche,  harzähnliche,  nicht  wei- 
ter untersuchte  Substanz.  Salpetersäure  ändert  es  in  eine  ochergelbe, 
harzähnliche,  nicht  flüchtige  Materie,  während  Paranaphtalin  bekanntlich 
mit  Salpetersäure  ein  sublimirbares  Produkt  liefert. 

Stickstofffreie  organische , durch  cigenthümliche  Farben 
ausgezeichnete  V erbindungen . 

Fa  rb  Stoffe. 

Die  Pflanzen  und  Pflanzentheile  verdanken  die  mannigfaltigen  Farben 
und  Färbungen,  die  sie  auszeichnen,  der  Gegenwart  von  bestaunten  che- 
mischen Verbindungen,  die  sich  aus  vielen  darstellen  und  isoliren  lassen. 
Diese  Verbindungen  heifsen  im  Allgemeinen  Farbstoffe ; sie  besitzen  alle 
Arten  von  Farbentönen,  die  verbreitetsten  sind  rotli,  gelb  und  grün;  in 
den  meisten  gefärbten  Pflanzcntheilen  finden  sich  gewöhnlich  zwei  Farb- 
stoffe uud  oft  mehrere  nebeneinander,  die  rothen  sind  meistens  begleitet 
von  gelben,  was  ihre  Scheidung  und  Darstellung  erschwert. 

Das  Verhalten  der  Farbstoffe  gegen  Lösungsmittel  ist  ausnehmend  un- 
gleich, manche  davon  lösen  sich  in  Wasser,  andere  sind  nur  in  Alkohol 
oder  Aether  löslich,  alle  besitzen  die  Fähigkeit  sich  mit  Alkalien  zu  ver- 
binden uud  ihre  alkalischen  Eigenschaften  aufzuheben , sehr  viele  verbin- 
den sich  mit  Säuren.  An  dem  Licht  und  namentlich  bei  Gegenwart  von 
Feuchtigkeit  erleiden  sie  eiue  Veränderung,  sie  werden  unter  Sauerstoff- 
aufuahme  zerstört,  gebleicht.  In  einem  auf  120  bis  200°  erwärmten  Luft- 
strom erleiden  die  meisten  die  nemliche  Veränderung  wie  im  Sonnenlicht. 

In  alkalischen  Flüssigkeiten  gelöst  wird  ihre  Fähigkeit,  Sauerstoff  auf- 
zunehmen und  damit  zerstört  zu  werden,  ausnehmend  beföidert. 

Ihre  Verbindungen  mit  Alkalien  besitzen  meistens  eine  andere  Farbe, 
als  die  Substanz  fiir  sich  selbst,  woher  es  kommt,  dafs  sie  bei  Berührung 
mit  Alkalien  augenblicklich  ihre  Farbe  wechseln,  die  gelben  Farbstoffe 
werden  häufig  braun,  die  rothen  violett,  blau  oder  grün.  Einen  ähnlichen 
Farbenwechsel  zeigen  viele  Farbstoffe , wenn  sie  mit  Säuren  zusammen- 
gebracht werden.  Die  dunkelrothen  werden  meistens  heller  roth,  die  blauen 
rotb. 


Curcumagelb. 


1085 


Sehr  viele  dieser  Materien  sind  in  dem  Zustande,  in  welchem  sie  aus 
Pflanzentheilen  dargestellt  werden,  in  den  lebenden  Pflanzen  nicht  vor- 
handen. So  ist  die  frische  Krappwurzel  gelb  und  wird  erst  durch  eine 
Art  von  Gährung  roth;  das  frische  Fernambukholz  ist,  sowie  das  Cam- 
pecheholz,  gelb  oder  braungelb,  beide  werden  erst  an  der  Luft  roth.  Eine 
Abkochung  von  beiden  Hölzern  wird  an  der  Luft  durch  SauerstofFaufnahme 
dunkler  und  es  entstehen  bei  hinlänglich  langer  Aussetzung  an  die  Luft 
kristallinische  gefärbte  Substanzen,  die  sich  in  frischem  Holze  nicht  nach- 
weisen  lassen.  Diese  Art  von  Farbstoffen  verdankt  ihre  Farbe  der  Auf- 
nahme einer  gewissen  Menge  Sauerstoff,  der  sich  ihnen  durch  Reductions- 
mittel,  durch  Schwefelwasserstoff  und  Zink,  häufig  entziehen  läfst,  wo- 
durch sie  farblos  werden.  In  dieser  Weise  entfärbt  der  Luft  preisgegeben, 
absorbiren  sie  den  entzogenen  Sauerstoff  wieder  und  nehmen  ihre  frühere 
Farbe  wieder  an. 

So  giebt  es  eine  Menge  ungefärbter  Substanzen,  welche  in  Berührung 
mit  Luft  und  Ammoniak  Sauerstoff  aufnehmen,  wodurch  neue,  meistens 
stickstoffhaltige  Farbstoffe  entstehen,  deren  Bildung  auf  einer  Oxidation 
und  einer  Aufnahme  der  Bestandteile  des  Ammoniaks  beruht.  Diese  Art 
von  Farbstoffen,  das  Lackmus,  Orcein,  Phloridzein  etc.,  werden  in  dem 
Anhang  abgehandelt  werden 

Andere  farblose  Materien,  wie  Gallus-  und  Gorbesäure,  wenn  sie  in 
geringen  Mengen  in  alkalischen  Flüssigkeiten  gelöst  der  Luft  ausgesetzt 
werden,  färben  sich  dunkelblau  oder  purpurroth.  Ein  Gallapfel  in  reines 
Wasser  gehängt,  was  etwas  kohlensauren  Kalk  oder  Magnesia  enthält, 
umgiebt  sich  mit  einer  grünen , blauen  oder  purpurnen , zuletzt  schwarzen 
Zone,  es  entsteht  durch  Oxidation  der  Gerbe-  oder  Gallussäure,  bei  Ge- 
genwart von  Alkali,  ein  wahrer  Farbstoff. 

Alle  Farbstoffe  werden  durch  Chlor  zerstört,  mit  der  schwefligen 
Säure  gehen  die  meisten  ohne  Zerstörung  des  Farbstoffs  farblose  Verbin- 
dungen ein,  sie  werden  gebleicht.  Wird  die  schweflige  Säure  durch  eine 
stärkere  Säure  abgeschieden,  oder  durch  Aufnahme  von  Sauerstoff  in 
Schwefelsäure  übergeführt,  so  erscheint  die  Farbe  wieder.  (Eine  rothe 
Rose  wird  in  schwefligsaurem  Gas  weifs,  in  verdünnter  Schwefelsäure 
nimmt  sie  wieder  ihre  Farbe  an,  in  Chlorwasser  getaucht;  wird  sie  roth, 
sodann  durch  Zerstörung  der  Farbe  wieder  weifs.) 

Zu  Tfionerdö  haben  die  meisten  Farbstoffe  eine -ausgezeichnete  Ver- 
wandtschaft, ebenso  zu  Zinnoxid  und  andere  Oxiden,  die  io  der  Mitte 
zwischen  Basen  und  Säuren  stehen;  diese  Verbindungen  heifsen  Lacke 
und  dieneu  als  Malerfarben.  Die  Thonerde- Lacke  werden  meistens  dar- 
gestellt durch  Auflösung  des  Farbstoffs  in  Alaunwasser  und  durch  Fällung 
mit  einem  Alkali,  wo  die  Verbindung  des  Farbstoffs  mit  Thonerde  unlös- 
lich niederfällt.  Thonerdehydrat  nimmt  aus  den  meisten  Farbstoffauflösun- 
gen den  Farbstoff  hinweg  und  verbindet  sich  damit.  Vegetabilische  Kohle, 
so  wie  Thierkohle,  entfärben  bei  Gegenwart  von  freier  Säure  die  meisten 
Farbstoffauflösuugen,  indem  sie  sich  mit  dem  Farbstoff  verbinden;  Alkalien 
entziehen  der  Kohle  den  aufgenommenen  Farbstoff. 

1)  Gelber  Farbstoff. 

Curcumagelb  (Curcumiri) , aus  der  Wurzel  von  Curcuma  longa.  Um 
ihn  im  isolirten  Zustande  zu  erhalten , zieht  man  nach  Vogel  und  Pelletier 
die  getrocknete  Wurzel  mit  kochendem  Alkohol  aus,  verdampft  die  Löh- 
süng zur  Trockne  und  behandelt  den  Rückstand  mit  Aether,  der  den  rei- 
nen harzartigen  Farbstoff  löst.  Er  ist  schwerer  als  Wasser,  schmilzt  bei 
40°,  ist  in  Masse  bräunlichgelb,  gepulvert  hochgelb,  in  Wasser  fast  un- 
löslich, durch  alkalische  Flüssigkeiten  wird  er  leicht  gelöst  mit  rothbrau- 
ner  Farbe.  Hierauf  gründet  sich  die  Anwendung  des  mit  Curcuma  gefärbten 
Papiers  als  Reagens  auf  Alkali.  Verdünnte  Säuren  lösen  das  Curcumin 
nicht,  machen  seine  Lösungen  aber  blasser;  von  mehreren  concentrirten 
Mineralsäuren  wird  es  aber  mit  carnioisinrother  Farbe  gelöst;  Wasser 
schlägt  es  daraus  in  gelben  Flocken  nieder.  Die  alkoholische  Lösung  wird 


1Ö8CS 


Gumm  iguU-Gelb. 


durch  in  Weingeist  gelöste  Borsäure  nicht  verändert , beim  Abdämpfe» 
aber  setzt  sich  eine  carnioisinrothe  Verbindung  ab.  Die  Curcuma  wird  in 
der  Wollen-  und  Seidenfärberei  angewendet.  Auch  in  der  Pharmacie  und 
iu  der  Kochkunst  dient  es  als  Färbemittel. 

Gelbes  Harz  von  Gummi  Guttae.  Von  Garcinia  Gambogia  (_Gambogia 
Gutta  I/.)  oder  Stalagmites  gambogioides  M.  etc.  Es  beträgt  60  bis  90 
pCt.  nach  Christison , Braconnot  und  John  von  dem  Gumniigutt,  aus  dem 
es  durch  Ausziehen  mit  Aether  rein  erhalten  wird.  Durch  Verdampfen 
der  Lösung  erhält  man  es  als  eine  hyaciuthrothe  Masse , die  ein  hoch- 
gelbes  Pulver  giebt.  Es  ist  fast  geruch-  und  geschmacklos,  wirkt  drastisch. 
In  kaltem  Wasser  ist  es  unlöslich,  leicht  löslich  in  Alkohol  und  Aether. 
Von  kaustischem  Kali  wird  es  zu  einer  dunkelrothen  neutralen  Flüssigkeit 
aufgelöst.  Die  Verbindungen  mit  den  Erden  sind  unlöslich,  so  wie  die  mit 
den  Metaüoxiden.  Zinnoxidul  giebt  eine  prächtig  gelbe  Verbindung;  die 
mit  Eisenoxidul  ist  braun,  mit  Kupferoxid  grün.  Chlor  bleicht  und  zer- 
stört seine  Farbe.  In  Chlorwasser  vertheilt  und  damit  abgedampft  liefert 
es  eine  blafsgelbe,  in  Wasser  unlösliche  Substanz,  welche  chemisch  ge- 
bunden Salzsäure  enthält.  Salpetersäure  zersetzt  es  beim  Kochen  unter 
Bildung  von  Oxalsäure. 

Orleangelb . Aus  Orlean  COrellin , Anotto , Roucou),  einem  stark  rie- 
chenden Farbstoff,  der  durch  Kneten  der  Saamen  von  Bixa  Orellana  jind 
Me.te.lla  tinctoria  mit  Wasser  aufgeschlemmt  gewonnen  wird.  Man 
trocknet  den  Orlean,  zieht  ihu  mit  Alkohol  aus  und  behandelt  die  zur 
Trockne  verdampfte  brandgelbe  Lösung  mit  Aether.  Nach  dem  Abdestil- 
liren  des  Aethers  bleibt  der  Farbstoff  als  eine  rothbraune,  weiche,  kle- 
brige, in  der  Wärme  schmelzende,  in  der  Kälte  nicht  spröde  werdende 
Masse  zurück.  Er  ist  schwerer  als  Wasser  und  darin  nur  wenig  löslich. 
Auch  durch  Ausziehen  des  Orlean  mit  kaustischem  Kali,  wodurch  man 
eine,  dunkelrothe  Flüssigkeit  erhält,  und  durch  Uebersättigen  dieser  mit 
Stare  wird  der  Farbstoff  mit  pomeranzeugelher  Farbe  gefällt.  Von  con- 
centrirter  Schwefelsäure  wird  er  zuerst  blau,  daun  grüo,  zuletzt  violett. 
Salpetersäure  verändert  ihn  bei  Verdünnung  in  der  Kälte  nicht.  Wird 
aber  nur  wenig  couceutrirte  Säure  zugesetzt,  so  wird  das  Gemenge  zu- 
erst grün  , dann  gelb  und  detouirt  sehr  leicht  beim  Erhitzen.  Fette  und 
flüchtige  Ocle  färben  sich  rothgelb  durch  Orleau.  — Chevreul  faud  zwei 
Farbstoffe  darin;  der  eine  ist  gelb,  in  Wasser,  Alkohol  und  wenig  in 
Aethc.  löslich  uud  färbt  mit  Alaun  gebeitzte  Zeuge  gelb.  Der  andere  ist 
roth,  wenig  löslich  in  Wasser,  leichtlöslich  dagegen  in  Aether  und  Alkohol 
mit  orangerother  Farbe. 

Carotin.  Der  aus  den  Mohren  (Daucus  Carota ) zu  erhaltende  Farb- 
stoff. Man  zieht  die  getrockneten  Möhren,  oder  das  durch  Erhitzen  des 
frisch  ausgeprefsten  Saftes  erhaltene  Coagulum  mit  Aether  aus,  der  den 
Farbstoff  und  fettes  Oel  aufnimmt.  Nach  dem  Verdunsten  der  Lösung  be- 
handelt man  den  Rückstand  mit  kaustischem  Ammoniak,  wodurch  das  meiste 
Oel  entfernt  wird.  Das  zurückgebliebene  Carotin  wird  wieder  in  Aether 
gelöst,  dem  man  etwras  Alkohol  zusetzt.  Beim  freiwilligen  Verdampfen 
schielst  das  Carotin  in  kleinen,  rubinrothen,  unter  dem  Mikroskope  als 
4seitige  Tafeln  erkennbaren  Kristallen  an.  Man  legt  es  auf  Löschpapier 
und  wäscht  das  noch  anhängende  Oel  mit  Ammoniak  ab.  So  gereinigt  er- 
hält es  sich  sehr  lange  unverändert,  selbst  im  Sonnenlicht.  Es  hat  weder 
Geschmack  noch  Geruch,  reagirt  nicht  auf  Pflaozenfarben , ist  nicht  flüch- 
tig und  unlöslich  in  Wasser.  Von  wasserfreiem  Alkohol  wird  es  in  ge- 
ringer Menge  gelöst,  von  Aether  nur  bei  Gegenwart  von  fettem  Oeie, 
was  seine  Auflösung  begünstigt.  Die  Fette  lösen  es  sehr  leicht  und  färben 
sich  dadurch  schön  gelb;  diese  Farbe  wird  jedoch  sehr  schnell  durch  den 
Einflufs  des  Lichtes  oder  das  Ranzigwerden  des  Oole  zerstört,  weshalb  es 
auch  nur  aus  frischgetrocknefcen  Möhren  erhalten  werden  kaun.  Essig- 
säure und  Alkalien  lösen  es  nicht  auf  (Wachenroäer'). 

Noch  mehrere  Pflanzentheile , wie  die  gelbe  Rinde  von  Faulbaum 


Ith  apo  ntioin.  108?’ 

(Rhmnnus  frangula) , Wollbltimeu  CVerbascum  Thapsus ),  Narcissen,  Ha- 
genbutten  u.  s.  vv.  verdanken  ihre  Farbe  harzigem  Farbstoff. 

Rhabarber  gelb,  Rhabarber  stoff,  Rhabarber- Bitter,  Rhabarbarin , Rha - 
barbersäure  und  Rhein.  Findet  sich  in  den  Wurzeln  der  verschiedenen 
Rheumarten  zugleich  mit  Gerbestoff  Rein  wird  es  erhalten  durch  Aus- 
ziehen der  Wurzel  mit  kaltem  Weingeist.  Das  Extract  wird  zur  Trockne 
verdampft , dann  so  lange  mit  Wasser  versetzt,  als  eine  Trübung  entsteht. 
Der  Niederschlag  wird  mit  kaltem  Wasser  gewaschen , dann  in  heifsem 
gelöst,  aus  dem  er  beim  Erkalten  wieder  nied erfüllt;  hierauf  in  absolutem 
Alkohol  gelöst,  dieser  abdestillirt  und  der  vollkommen  getrocknete  Rück- 
stand mit  reinem  Aether  ausgezogen,  bis  dieser  nicht  mehr  gelb  gefärbt  wird. 
Auch  kann  man  das  weingeistige  Extract  der  Wurzel  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  so  lange  versetzen,  als  ein  schnell  zusammenballender, 
dunkler  Niederschlag  entsteht.  Wenn  man  mehr  Säure  zusetzt,  so  wird 
er  gelb,  pulvrig  und  enthält  viel  Gerbestoff.  Oder  man  versetzt  die  trübe 
wässerige  Auflösung  des  Extractes  zuerst  mit  Ammoniak,  so  lange  ein 
dunkelrother  Niederschlag  entsteht , vertheHt  diesen  in  wenig  Wasser  und 
setzt  so  viel  Schwefelsäure  zu,  dafs  die  ro?he  Färbung  verschwindet*  Die 
auf  die  eme  oder  andere  Art  dargestellte  Substanz  wird,  wie  die  aus  der 
Lösung  in  heifsem  Wasser  gefällte,  mit  Alkohol  und  Aether  behandelt. 

Das  Rhabarbergelb  kristalfisirt  aus  seiner  alkoholischen  und  ätherischen 
Lösung  körnig,  mit  orangegelber  Farbe;  trocken  ist  es  geruchlos,  feucht 
riecht  es  wie  Rhabarber;  iu  kaltem  Wasser  ist  das  reine  wenig  löslich, 
mehr  in  warmem,  woraus  es  sich  extractartig  absetzt.  Auch  in  Weingeist 
ist  es  in  der  Kälte  schwer  löslich  , es  erfordert  350  Theile  desselben.  Die 
Losungen  schmecken  widerlich  bitter,  reagireu  schwach  sauer.  Eisen- 
chlorid färbt  die  Spirituose  Lösung  braun,  Bieizucker  färbt  sie  rothgelb, 
nach  einiger  Zeit  Süidet  sich  ein  hellrother  Niederschlag.  In  Alkalien  ist 
das  Rhabarbarin  mit  violetter  Farbe  löslich.  Durch  Alaun  wird  diese  Lö- 
sung vollständig  eutfärbt  unter  Bildung  eines  schönen,  rothen,  in  Wasser 
gänzlich  unlöslichen  Niederschlags. 

Bei  gelinder  Hitze  schmilzt  das  Rhabarbarin  und  läfst  sich  zum  grofsen 
Theil  unzersetzt  sublietiren.  (Geiger.) 

Rulle  glaubt,  dafs  diefs  Rhabarbarin  ein  verändertes  Produkt  und  nicht 
als  solches  in  der  Wurzel  enthalten  sey.  Er  zieht  deshalb  diese  mit  einer 
ammoniakalischen  Flüssigkeit  aus,  digerirt  die  Lösung  mit  kuhlensaurem 
Baryt,  bis  der  Geruch  nach  Ammoniak  vollständig  verschwunden  ist  und 
Eisensalze  nicht  mehr  gniu  gefällt  werden.  Darauf  wird  die  barythaltige 
Flüssigkeit  ültrirt , mit  SCieselfluorwasserstoffsäure  gefällt  und  damit  zur 
Trockne  verdampft,  mit  weingeistiger  Ammoniak flüssigkeit  übergossen , 
ültrirt,  mit  basisch  essigsaurem  Bleioxid  gefällt  und  der  Niederschlag  mit 
Schwefelwasserstoff  zersetzt.  Beim  Abdampfen  erhält  man  eine  hygrosko- 
pische, röthlich  gelbe,  mit  Kriseallen  untermengte  Masse,  die  Dulk  für 
den  reinen  Rhabarberstoff  hält  und  Rhein  nennt.  Die  Analysen  der  Sub- 
stanz selbst  und  ihrer  Busverbindung,  von  Brandes  angestellt,  haben 
jedoch  unvereinbare  Resultate  gegeben,  und  die  ganze  Arbeit  verdient 
wiederholt  zu  werden. 

Rumicin.  (Entdeckt  von  Geiger.)  Es  ist  in  der  Wurzel  von  Rumex 
patientia  enthalten  ; wird  daraus  ganz  auf  gleiche  Weise  wie  Rhabarbarin 
aus  der  Rhabarberwurzel  gewonnen,  und  kommt  in  seinen  Eigenschaften 
mit  diesem  fast  ganz  überein,  so  dafs  es  wahrscheinlich  damit  identisch  ist. 

Rhaponticin.  (Entdeckt  von  Home  mann.)  Es  ist  in  der  Wurzel  von 
Rheum  rhapunticum  enthalten.  Das  wässerige  Extract  wird  so  lange  mit 
W asser  vermischt,  als  sich  ein  gelber  Niederschlag  bildet,  der  mit  kaltem 
Wasser  und  Weingeist  gewaschen  und  in  kochendem  Alkohol  gelöst  wird. 
Beim  Erkalten  und  freiwilligen  Verdunsten  kristullisirt  das  Rhaponticin.  — 
Es  ist  ein  gelbes,  glänzendes,  kristallinisches  Pulver,  gescbmack-  und 
geruchlos;  wenig  löslich  in  Wasser  und  kaltem  Weingeist,  es  wird  leicht 
von  kochendem  Alkohol,  Aether  und  Alkalien  gelöst.  Salpetersaures  Queck« 


1088  Waagelb. 

silberoxidtil , Chlorplatiu  und  -Gold  fällen  seine  weingeistige  Lösung.  Es 
soll  Stickstoff  enthalten. 

Waugelb , Luteolin.  In  allen  Theilen  des  Wau  CReseda  Luteola  L.) 
enthalten,  wodurch  die  wässerige  Abkochung  der  Pflanze  eine  gelbe,  bei 
Verdünnung  grüngelbe  Farbe  erhält.  Säuren  machen  die  Farbe  blasser, 
durch  Alkalien  und  viele  Neutralsalze  wird  sie  dunkler.  Mit  Alaun  , Zinn- 
chlorür  und  essigsaurern  Bleioxid  giebt  die  Abkochung  schön  gelbe  Nieder- 
schläge, mit  Eisenvitriol  einen  schwarzgrauen  und  mit  Kupfervitriol  eiuen 
grünbraunen  Niederschlag.  Das  von  Chevreul  zuerst  dargestellte  Luteolin 
ist  sublimirbar  und  kristallisirt  dabei  in  gelben  Nadeln.  In  Wasser  ist  es 
mit  blafsgelber  Farbe  löslich,  ebenso  in  Alkohol  und  Aether.  Es  verbin- 
det sich  mit  Säuren  und  mit  Basen.  Die  Kaliverbindung  ist  goldgelb , wird 
aber  an  der  Luft  bald  grüngelb  und  dann  rothbiaun.  — Aus  diesem  Farb- 
stoff, sowie  aus  Gelbholz-  und  Quercitrongelb,  wird  das  sogenannte  Schütt - 
gelb  dargestellt,  indem  man  die  Abkochungen  so  lange  mit  geschlämmter 
Kreide  und  Alaunlösung  vermischt,  bis  aller  Farbstoff  ausgefällt  ist. 

Quercitrongelb , Quercitrin , Quercitronsäure . — Von  Chevreul  aus 
der  Rinde  von  Quercus  nigra  L.  CQuercus  tinctoria  Mich.)  dargestelit; 
von  Bolley  näher  untersucht.  Formel:  C16  HJ6  09  -+-  aq.  ( Rolleg .)  — Durch 
Ausziehen  der  gepulverten  Rinde  in  einem  Verdrängungsapparate  mit  Wein- 
geist von  0,84  spec.  Gew.,  Fällung  des  Geibstoffs  mit  Leim  oder  nicht  zu 
viel  Kalk  und  Verdampfen  des  Filtrats  zu  erhalten.  Durch  wiederholtes 
Auflösen  in  Weingeist,  Zusatz  von  Wasser  und  Verdampfen  wird  der 
Farbstoff  gereinigt.  — Schwefel-  oder  Chromgelbes,  zum  Th  eil  kristallini- 
sches Pulver,  geruchlos,  schwach  bitter,  löslich  in  400  Th.  kochendem 
Wasser,  in  4 — 5 Th.  absolutem  Alkohol.  An  der  Luft  unveränderlich; 
die  Lösung  färbt  sich  nach  und  nach  braunroth.  Liefert  bei  der  trockenen 
Destillation,  unter  RückJassung  von  Kohle,  ein  flüssiges  gelbes,  bald  er- 
starrendes Sublimat;  mit  Braunstein  und  Schwefelsäure  erhitzt  Ameisen- 
säure. Die  Auflösung  reagirt  sauer,  ueutralisirt  Barjtvvasser  vollkommen, 
beim  Verdampfen  wird  die  Säure  aber  verändert.  Das  durch  Fällung  der 
weingeistigen  Lösung  der  Quercitronsäure  mit  weingeistiger  Bleizucker- 
lÖsung  erhaltene  gelbe  Bleisalz  hat  die  Formel  C16  H16  09  -h  PbO.  ( Bolley .) 

Gelbholzgelb , Morin.  Im  Holz  von  Brousonettia  seu  Morus  tinctoria 
enthalten,  neuerlichst  ebenfalls  von  Chevreul  rein  dargestellt,  durch  Aus- 
ziehen des  Holzes  mit  Wasser,  Verdampfen  des  Auszugs,  bis  er  beim 
Erkalten  Kristalle  bildet,  Lösen  dieser  Kristalle  in  Aether  und  Verdampfen 
zu  erhalten.  — Gelbe,  kurze,  zusammengehäufte  Nadeln  von  bitterm  (?) 
Geschmack,  die  mit  Kalk wasser  gebräuntes  Curcumapapier  wieder  gelb 
machen,  wenig  löslich  iu  Wasser,  selbst  in  kochendem,  die  concentrirte 
Lösung  läfst  beim  Erkalten  kristallinische  Flocken  fallen,  leichter  löslich 
in  Alkohol  und  noch  löslicher  iu  Aether,  aus  diesen  Lösungen  kristallisirt 
es  leicht  beim  Verdampfen.  In  verschlossenen  Gefäfsen  erhitzt  schmilzt 
es  und  es  destillirt  eine  gelbe  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  zu  rothgelben 
Nadeln  anschiefst,  welche  schwefelsaures  Eisenoxid  grün  färben,  ferner 
destillirt  Wasser,  brenzliches  Oel  und  Gasarten,  unter  Riicklassung  von 
sehr  wenig  Kohle.  Kochende  Salpetersäure  verwandelt  es  in  Kleesäure, 
concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  mit  grünlich  orangegelber  Farbe  auf. 
An  der  Luft  wird  die  wässerige  Lösung  roth , auch  Salpetersäure  färbt  sie 
röthlich  unter  Trübung,  concentrirte  Schwefelsäure,  so  wie  Alkalien  er- 
höhen die  gelbe  Farbe  der  Lösung  ohne  Trübung,  Alaunlösung  färbt  sie 
grünlichgelb,  schwefelsaures  Eisenoxid  fällt  sie  grün.  — Aufser  dem  be- 
schriebenen Morin  erhält  man  aus  Gelbholz  auch  manchmal  blässere  Kri- 
stalle, weif ses  Morin,  das  etwas  abweichende  Eigenschaften  hat,  nament- 
lich wird  es  durch  schwefelsaures  Eisenoxid  nicht  grün,  sondern  granat- 
roth  gefärbt. 

Visetgelby  aus  dem  Visetholz  (von  Rhus  Cotinus  L .)  zu  erhalten.  Ist 
wahrscheinlich  ebenfalls  kristallisirbar.  Wird  aber  meistens  als  ein  orange- 
gelber, ins  Grünliche  stechender  Firnifs  erhalten,  von  adstriugirendem 


Safrangelb. 


1089 


Geschmack,  löst,  sich  leicht  in  Wasser,  concenfcrirte  Schwefelsäure  lös! 
es  mit  oraugerother , ins  Braune  geheuder  Farbe.  Die  wässerige  Lösung 
färbt  sich  mit  Kalilauge  schön  purpurn,  später  in  rothgelb  übergehend, 
ähnlich  verhalten  sich  Barytwasser  und  Ammoniak;  Alaun  und  Zinnsolution 
erhöhen  die  gelbe  Farbe  der  wässerigen  Lösung,  essigsau  res  Bleioxid  und 
Kupferoxid  schlagen  rothe  Flocken  daraus  nieder,  Eisenoxid  färbt  sie  oli- 
vengrün  mit  braunem  Niederschlag.  Alaunte  Wolle  nimmt  eine  schöne 
Orangefarbe  mit  einem  Stich  ins  Grünliche  an. 

Safloryelb.  Durch  Ausziehen  des  Saflor  ü ( Carthamus  tinctorius)  mit 
Wasser  zu  erhalten.  Digerirt  man  das  Extract  mit  Weingeist,  verdampft 
den  Auszug  und  wiederholt  diese  Operation , zuletzt  mit  Aether- Wreingeist, 
so  erhält  man  die  Farbe  reiner.  Eine  weiche,  dunkel  braungelbe  Masse 
von  stechend  salzigem  und  bitterm  Geschmack,  leicht  löslich  in  Wasser 
(der  auf  angegebene  Art  gereinigte  Farbstoff  ist  aber  nur  theilweise  in 
Wasser  löslich),  die  Lösung  reagirt  schwach  sauer  (der  in  W’asser  un- 
lösliche schmierige  Theil  ist  in  Weingeist  und  Aether  ziemlich  leicht  lös- 
lich, die  Lösung  reagirt,  nicht  sauer ; Wasser  trübt  die  geistige  Lösung 
stark  hellgelb  flockig);  Säuren  entfärben  die  Lösung  etwas,  Alkalien  ver- 
dunkeln sie  in  rothgelb,  salzsaures  Eisenoxid  verdunkelt  sie  stark  (die 
geistige  Lösung  des  reinem  Farbstoffs  nicht),  Zinnsolution  und  Bleizucker- 
lösung fällen  sie  gelb,  Kupfervitriol  olivengrün.  — Diese  Farbe  ist  übri- 
gens noch  nicht  rein,  sie  enthält  fettige  und  andere  Theile.  Das  reinste 
Saflorgelb  kennt  man  noch  nicht. 

Datiscayelb.  In  den  Blättern  und  jungen  Stengeln  von  Datisca  can - 
nabina  enthalten.  Eiue  braungelbe  durchscheinende  Masse  von  bitterm 
Geschmack,  leichtlöslich  in  Wasser,  die  gelbe  Lösung  wird  durch  Säuren 
blässer,  durch  Alkalien  dunkler  gefärbt,  Alaun  färbt  sie  lebhaft  gelb, 
Bleizucker  fällt  sie  nicht,  aber  Quecksilbersalz  fällt  sie.  In  Weingeist  ist 
es  schwerlöslich;  alauntes  Wollenzeug  wird  davon  dauerhaft  gelb  gefärbt. 

Aehnliche  Farben  enthalten  die  Narcissen  (Narcissus  Pseudo-Narcis - 
susj , die  Galläpfel , der  Färbeyinster  (Genista  tinctoria'),  Scharte  fS er- 
rat/da  tinctoria ),  die  Birkenblätter  (von  Betula  alba ) und  andere  Pflanzen. 

Rhamnusyelb.  In  den  nicht  völlig  reifen  Früchten  von  Kreutzdorn 
( Rhamnus  Cathartica') , Färberdorn  ( Rhamnus  infectoria ) und  andern 
Rhamnusarten  enthalten.  — Grünlichgelbe  Masse,  von  sehr  bitterm  ekel- 
haften Geschmack.  Leicht  löslich  in  Wasser ; Alkalien  färben  den  Saft 
bräunlich,  Alaunlösung  bewirkt  darin  einen  gelben  Niederschlag,  Zinn- 
solution und  Bleizucker  fällen  den  Saft  gelb,  salzsaures  Eisenoxid  ver- 
dunkelt ihn  stark  ohne  Fällung.  — Der  Farbstoff  soll  nach  Chevreul  im 
reinen  Zustande  in  der  Wärme  flüchtig  seyn.  — Färbt  Zeuge  dauerhaft  gelb. 

Safranyelb , Polychroit.  Hauptbestandteil  des  Safrans  ( Crocus  sa~ 
tivus').  Durch  Ausziehen  des  wässerigen  Extracts  mit  Weingeist  zu  er- 
halten. Dunkelbraunrothgelbe,  leicht  in  Wasser  und  Weingeist  lösliche 
Masse,  fast  unlöslich  in  Aether  und  Oelen,  von  schwachem  Honiggeruch 
und  bitterm  Safrangeschmack.  Die  an  den  Glaswänden  verbreitete  wäs- 
serige Lösung  färbt  Vitriolöl  dunkelblau,  dann  braun;  Salpetersäure  grün, 
in  andere  Farben  übergehend.  — Nach  Henry  ist  diese  Substanz  noch  öl- 
und  säurehaltig.  Das  davon  durch  Aether  oder  Alkalien  befreite  Safran- 
gelb ist  in  Masse  scharlachrot , geruchlos , wenig  bitter , sehr  schwer- 
löslich in  Wasser  mit  gelber  Farbe,  leichtlöslich  in  Weingeist  mit  roth- 
gelber  Farbe,  auch  in  Aether,  den  ätherischen  und  fetten  Oelen  löslich. 
Alkalien  lösen  es  leicht,  die  Lösung  wird  durch  Säuren  gefällt.  Sonst 
verhält  es  sich  wie  oben  angegeben;  wird  aber  sehr  schnell  durch  Licht 
zerstört. 

Gelber  Farbstoff  von  Lichen  parietinus.  Wird  nach  Schräder  durch 
Ausziehen  dieser  Pflanze  mit  kochendem  Alkohol  erhalten , indem  er  aus 
der  Lösung  beim  Erkalten  in  langen  glänzenden  Blättchen  kristallisirt , 
welche  sich  zusammenkueten  lassen,  in  der  Wärme  leicht  schmelzen  und 
beim  Erkalten  zu  einer  schwer  pulverisirbaren  Masse  gestehen.  Er  ist  in 


1090 


Spiräain. 


Wasser  unlöslich,  löslich  ia  Alkohol,  Aether  und  Kalilauge.  Nach  LI  er- 
be ry  er  ist  er  theilweise  unverändert  subümirbar,  wird  von  conceutrirter 
Schwefelsäure  mit  carmiürother  Farbe  gelöst,  die  sich  bald  in  blutroth 
verändert.  Die  alkalische  Lösung  ist  -anfangs  ebenfalls  carminroth,  wird 
aber  bald  violett;  Säuren  scheiden  den  Farbstoff  in  gelben  Flocken  daraus 
ab.  Kohlensäure  Alkalien  uud  Ammoniak  lösen  ihn  mit  gelber  Farbe.  Zäun- 
oxidul  und  Bleioxid  geben  damit  gelbe  Niederschläge.  Wird  der  gelbe 
Farbstoff  lauge  mit  Wasser  gekocht,  so  löst  sich  ein  Theil  darin,  der  beim 
Erkalten  roth  und  kristallinisch  niederfällt,  in  kaltem  Wasser  unlöslich  ist, 
dagegen  leicht  vou  Alkohol,  Aether,  fetten  und  fluchtigen  Oelen  gelöst 
wird.  Schwefelsäure,  kaustische  und  kohlensaure  Alkalien  lösen  ihn  mit 
rother  Farbe,  und  Zinuoxidul  und  Bleioxid  geben  röthliche  Verbindungen 
damit.  Die  Flechte  enthält  31/,  pCt.  Farbstoff,  welcher  % rothen  enthält. 

Spiräain.  Gelber  Farbstoff,  aus  den  Blumen  von  Spiraea  ulmaria 
durch  Ausziehen  mit  Aether  zu  erhalten.  Aus  der  ätherischen  Lösung  wird 
es  durch  Wasser  gefällt,  dann  in  Alkohol  gelöst,  aus  dem  sich  beim  Er- 
kalten beigomengtes  Fett  abscheidet.  Durch  Verdunsten  erhält  mau  das 
Spiräain.  Um  es  vollkommen  rein  darzusteüen,  rrntfs  die  Lösung  in  Wein- 
geist mehrmals  wiederholt  werden.  Es  stellt  so  ein  gelbes  kristallinisches 
Pulver  dar,  welches  in  Wasser  unlöslich,  leichtlöslich  aber  in  Aether  und 
Alkohol  ist.  Im  concentrirten  Zustande  sind  diese  Lösungen  dunkelgrün, 
im  verdünnten  gelb  und  rötben  schwach  Lackmus.  Kaustische  Alkalien 
lösen  es  mit  gelber  Farbe,  beim  Erwärmen  mit  einer  Lösung  von  kohlen- 
saurem  Kali  treibt  es  die  Kohlensäure  aus;  durch  Neutralisation  mit  siar- 
ken  Säuren  wird  es  wieder  unverändert  gefällt.  Die  alkalischen  Lösungen 
bräunen  und  zersetzen  sich  an  der  Luft.  Durch  Bärytwasser , schwefel- 
saure Thonerde  und  Brechweinstein  wird  die  Weingeistige  Lösung  des  Spi- 
räain’s  gelb  gefällt,  durch  Bleizucker  entsteht  ein  carminrother  Niederschlag, 
der  beim  Trocknen  schwarz  ward.  Eisenoxidulsalze  fällen  es  dunkelgrün, 
Eisenoxid  salze  schwarz , Zinkoxidsalze  mit  wenig  Ammoniak  versetzt  ge- 
ben einen  gelben  Niederschlag , der  in  mehr  Ammoniak  löslich  ist.  Die 
Verbindung  mit  Kupferoxid  ist  grasgrün.  Salpetersaures  Silber  fällt  die 
weingeistige  Lösung  nur  bei  Zusatz  von  Ammoniak,  worin  der  entstehende 
schwarze  Niederschlag  unlöslich  ist.  Salpetersaures  Quecksilberoxidul 
giebt  zuerst  einen  gelbbraunen , bald  dunkelbraun  werdenden  Nieder- 
schlag. ►Sublimat,  Chlorgold  uud  Chlorplatia  fälleu  die  Lösung  nicht.  — 
Idöiviy  uud  Weidmann  fauden  das  Spiraeaiu  bestehend  aus  59,94  Kohlen- 
stoff, 5,14  Wasserstoff  und  34,92  Sauerstoff,  wornach  sie  die  Formel 
C1S  H16  Oj  berechnen,  was  aber  einen  bedeutend  geringeren  Kohienstoff- 
gehait  voraussetzt,  als  durch  die  Versuche  gefunden  wurde.  Die  durch 
Fällung  einer  alkoholischen  Lösung  des  Spiraeain’s  vermittelst  in  Wein- 
geist gelöstem  Bleizucker  erhaltene  Bleiverbindung  ist  nach  der  Formel 
Cu  Hi6  07  -f-  2PbO  zusammengesetzt.  — ln  höherer  Temperatur  wird  das 
Spiraeain  zersetzt.  Von  conceutrirter  Salpetersäure  wird  es  in  der  Wärme 
mit  rofcher  Farbe  gelöst  und  erst  durch  längeres  Kochen  verändert,  ohne 
jedoch  Kleesäure  zu  bilden.  Mit  Braunstein  oder  chromsaurem  Kali  und 
Schwefelsäure  destillirt  entsteht  Ameisensäure  und  Kohlensäure.  Schwe- 
felsäure löst  es  ohne  Zersetzung  und  es  kann  durch  Wasser  wieder  un- 
verändert daraus  geschieden  werden.  Salzsäure  wirkt  nicht  darauf.  Brom 
zersetzt  es  unter  Bildung  von  viel  Bromwasserstoffsäure  und  einer  rothen 
eigen! hiimlichen,  aus  mehreren  Verbindungen  bestehenden  Masse.  ( L'öwitj 
und  Weidmann .) 

Chelidoxanthin.  Gelber,  in  der  Wurzel,  Kraut  und  Bliithe  von  Che - 
lidonium  majus  enthaltener  Bitterstoff.  — Bildet  undeutliche  Nadeln , meist 
eine  gelbe,  bröckliche,  in  kaltem  Wasser  schwer,  leichter  in  heifsem 
lösliche  Masse  ; unlöslich  in  Aether,  leicht  löslich  in  wasserhaltigem  Al- 
kohol. Die  Lösungen  sind  intensiv  gelb,  schmecken  aufserordentlich  bitter 
und  werden  durch  Säuren  und  Alkalien  nicht  verändert.  Die  wässerige 
Auflösung  wird  durch  Gallustinctur  gefällt.  ( Probst .)  — S.  Annal.  der 
Pharm.  8d.  XXIX.  S.  138, 


J o h a » n i g k r a » t r o t b. 


um 

Blattgelb , XanthophylL  Blau  erhält  es  aus  den  im  Herbste  gelbge- 
wordenen Blättern  durch  Ausziehen  mit  Alkohol , den  man  alsdann  bis  auf 
% abdestillirt.  Aus  dem  Rückstand  setzt  sich  eine  körnige  Substanz  ab, 
von  der  man  noch  mehr  bei  der  vollkommnen  Abdestillation  des  Alkohols 
erhält.  Es  ist  das  Blattgelb  gemischt  mit  einem  flüssigen  und  einem  festen 
Fett,  die  man  zum  Theil  durch  Verseifen  und  Behandeln  mit  kaltem  Al- 
kohol, jedoch  nicht  vollständig,  von  dem  Blattgelb  trennen  kann.  Es  ent- 
steht wahrscheinlich  aus  dem  Chlorophyll,  dieses  kann  aber  auf  keine 
Weise  daraus  wieder  dargesteilt  werden. 

2)  Hotfier  Farbstoff. 

Brachenblut  ( Sanguis  Bracofiis) , im  reinsten  Zustande  Draconin  ge- 
nannt. Aus  Calamus  petraeus  Lour  und  anderen  Calamus- Arten , ferner 
Dracaena  Braco  und  Pterocarpus  Braco  zu  erhalten.  — In  Masse  roth- 
braun  , mattglänzend,  spröde,  leicht  pulverisirbar,  ein  hochrothes  Pulver 
gebend;  leicht  schmelzbar  in  gelinder  Wärme.  Es  kommen  mehrere  Horten 
im  Handel  vor.  Geschmack-  und  geruchlos,  beim  Erhitzen  verbreitet  es 
aber  schwachen  Benzoegeruch;  von  1,196  spec.  Gewicht;  in  Wasser  un- 
löslich. Löst  sich  leicht  in  Weingeist,  Aether  und  Oelen;  auch  Alkalien 
lösen  es  auf  mit  violetter  Farbe;  Essigsäure  löst  es  ebenfalls,  Vitriolöl 
verkohlt  es.  Soll  etwns  Benzoesäure  enthalten.  — Wird  zu  Zahnpulver 
n.  s.  w.  verwendet.  Dient  in  der  Färberei  und  Malerei,  zu  Firnissen  etc. 

Sandelrotk  ( Santalin ).  Aus  rotkem  Sandelholz  (von  Pterocarpus 
santalin  us ) mit  Weingeist  zu  erhalten.  Dunkelrotlies',  in  Masse  zum  Theil 
glänzend  grün  erscheinendes,  dem  vorhergehenden  ähnliches  Färb  harz , 
geschmacklos,  bei  80°  R.  schmelzbar;  unlöslich  in  Wasser,  leichtlöslich 
in  Alkalien;  starke  Mineralsä uren  fällen  die  Lösung.  Auch  in  Essigsäure, 
so  wie  in  Weingeist  und  Aether  leichtlöslich;  die  geistige  Lösung  wird 
durch  Zinnsolution  purpurfarben , durch  Bleizucker  violett  gefällt;  die 
ätherische  Lösung  ist  gelb , .färbt  sich  aber  beim  Verdampfen  an  der  Luft 
(nicht  bei  Luftausschlufs)  schön  purpurrOtb.  Von  ätherischen  Oelen  lösen 
es  besonders  die  sauerstoffreichen , die  sauerstofffreien  sind  ohne  Wirkung 
darauf,  ähnlich  verhaften  sich  die  fetten  Oele;  Voget.  — Nach  Pelletier 
besteht  es  aus  75,03  Kohlenstoff,  6,37  Wasserstoff  und  18,6  Sauerstoff. 

Rother  Farbstoff  der  falschen  Alkanna , Anchusasäure  ; Pelletier  (von 
Anchusa  tinctoria  L.).  Durch  Ausziehen  mit  Aether  oder  durch  Ausziehen 
der  mit  Wasser  vorher  erschöpften  Wurzel  mit  kohiensauren  Alkalien  und 
Fällen  der  alkalischen  .Auflösung  mit  einer  Säure  zu  erhalten.  Dunkel 
braunrothe , feste,  leicht  schmelzbare  Masse;  geschmack-  und  geruchlos. 
Bei  vorsichtigem  Erhitzen  mit  violetten,  .den  loddämpfen  ähnlichen,  ste- 
chend riechenden  Dämpfen  zum  Theil  flüchtig.  Unlöslich  in  Wasser.  In 
Alkalien  mit  blauer  Farbe  löslich.  Reagens  auf  Alkalien.  Die  alkalischen 
Lösungen,  selbst  die  Verbindung  mit  Magnesia,  sind  in  Weingeist  und 
Aether  löslich,  Säuren  stellen  die  rothe  Farbe  der  alkalischen  Verbin- 
dungen wieder  her.  Leichtlöslich  in  Weingeist  (die  mit  Wasser  vermischte 
Lösung  färbt  sich  an  der  Luft  blau).  Sinnsolution  fällt  die  Lösung  car- 
moisiuroth , Bleizucker  blau,  Eisenvitriol  violett.  Auch  sehr  leichtlöslich 
in  Aether , ätherischen  und  fetten  Oelen.  — Enthält  nach  Pelletier  in 
100  Th.  71,178  Kohlenstoff,  6,826  Wasserstoff  und  21.996  Sauerstoff.  — 
Ueber  den  Farbstoff  der  orientalischen  Alkanna,  Al  hemm  (von  Laipsonia 
inermis ),  s.  Journal  de  pharnmeie,  Aoüt  1824,  p.  405,  und  Magaz.  für 
Pharmac.  Bd.  8.  S.  180. 

Johanniskrautroth,  Hypericumroth.  Aus  den  Blüthen,  wohl  auch  den 
Früchten  von  Hypericum  perforatum  mit  Weingeist  zu  erhalten.  Eine 
dunkelrothe , harzglänzende,  in  dünnen  Lagen  durchscheinende  glänzende 
weiche,  klebende,  leicht  schmelzbare,  weichharzähulickö  Substanz,  die 
einen  starken  kamillenähnlichen  Geruch  (von  ätherischem  Oel  herrührend?) 
verbreitet  und  etwas  scharf,  gelinde  aromatisch , schmeckt;  unlöslich  in 
Wasser  und  verdünnten  Säuren,  leichtlöslich  in  Alkohol,  Aether  und  äthe- 


1098 


/ 

Saflor  roth. 

rischen  Öelen , unlöslich  in  fetten  Oelen  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  aber 
löslich  beim  Erhitzen  mit  denselben,  ferner  löslich  in  reinen  Alkalien  mit 
grüner  Farbe,  in  der  concentrirten  Lösung  erscheint  aber  die  Farbe  bei 
zuriickfallendem  Lichte  roth.  Mit  erdigen  Alkalien  und  schweren  Metall- 
.oxiden  bildet  es  meistens  gelbe  Niederschläge  , verhält  sich  also  auch  gegen 
Basen  gleichsam  als  Säure.  Soll,  innerlich  genommen,  in  einer  Dosis  von 
2 — 10  Gran  starken  Hunger  erregen  (?!);  Büchner.  Dieses  Koth  ist  in 
dem  offieinellen  01.  Hyperici  enthalten. 

Saflorruth,  Carthamin,  Carthaminsäure ; Düber einer.  Aus  Saflor  ; 

(von  Carthamus  tinctorius ) zu  erhalten.  Man  zieht  die  Blumen  mit  kal- 
tem Wasser  aus , dem  wenig  Essig  zugesetzt  wird  , so  lange  sich  dieses 
durch  Saflorgclb  (S.  1080)  gelb  färbt,  zieht  sie  dann  mit  verdnnutem  wäs- 
serigen kohlensaureu  Natron  aus,  legt  in  die  Lösung  Baumwolleuzeug , 
schlägt  mit  Citronensaft  nieder,  zieht  das  gefärbte  Zeug  durch  kaltes  Was- 
ser, löst  den  Farbstoff  wieder  mit  kohlensaurer  Natroolösung  auf,  und 
schlägt  ihn  mit  Citronensaft  nieder.  Durch  Abgiefsen,  Filtriren  und  Trock- 
nen erhält  man  das  reine  Carthamin.  (Nach  Rerzelius  ist  das  Binden  an 
Zeug  unnöthig,  und  man  erhält  aus  der  alkalischen  Lösung  durch  Nieder-  } 
schlagen  mit  reiner  Citronensäure  sogleich  sehr  schönes  Carthamin  ) — 
Eine  feste  pulverige  Substanz,  in  Masse  auf  der  Oberfläche  schön  grün, 
metalJglänzeud  schimmernd;  in  dünnen  Lagen  ausgebreitet  schön  purpur- 
rotii ; röthet  feachtes  Lackmus.  Unlöslich  in  Wasser  und  Säuren,  leicht- 
löslich in  Alkalien;  damit  eine  farblose  oder  gelbe  Auflösung  bildend, 
welche  nach  Uöbereiner  zum  Theil  kristallisirbar  ist.  Durch  Säuren  mit 
rosenrother  Farbe  fällbar.  Verhält  sich  also  wie  eine  Säure.  Seidenzeug 
u.  s.  w.  färbt  es  schön  rosenroth;  diese  Farbe  wird  im  Sonnenlichte  leicht 
gebleicht.  In  Weingeist  etwas  schwerlöslich ; noch  schwerer  löslich  in  , 
Aether.  — Dient  zum  Bosenrothfärbeu;  auch  als  feine  Malerfarbe,  Schminke  I 
u.  s.  w,  {Rouge  vegetale ). 

Chica.  So  nennt  mau  zinnoberrothe  Kuchen,  einer  harzigen  Farbe, 
die  aus  den  durch  Trocknen  rothgewordenen  Blättern  der  Bignonia  Chica 
Humb.  in  Südamerika  erhalten  wird.  Dient  zum  Färben  der  Zeuge.  Die 
Indianer  färben  sich  damit  die  Haut.  (Vergl.  Mag.  f.  Pharm.  Bd.  11.  S.  40.) 

Krapproth.  Der  Färbestoff  der  Krappwurzel  ( Rnbia  tinctorum , Fär- 
berröthe)  ist  der  Gegenstand  der  Untersuchung  mehrerer  Chemiker  gewe- 
sen; sie  enthält  mehrere  Farbstoffe,  die  nur  äufserst  schwierig  vou 
einander  zu  trennen  sind,  weshalb  die  meisten  nur  Gemenge  untersuchten. 
Kuhlmann , Robiquet  uud  Colin,  Gaultier  de  Glaubry  und  Person,  zuletzt 
Runge,  haben  sich  damit  beschäftigt.  Die  beste  Sorte  Färberröthe  wird  in 
Kleinasien  gezogen,  uud  die  levantische  , dort  unter  dem  Nameu  Lizzari 
oder  Alizzari  bekannt,  ist  daher  die  geschätzteste.  Doch  auch  im  südli- 
chen Europa  wird  sie  häufig  kultivirt.  Man  trennt  von  der  Wurzel  die 
kleinen  Fasern  und  die  aufs  erste  Haut,  was  Mullkrapp  oder  Krappkleie 
genannt  wird,  eben  so  wie  die  Marksubstanz , die  man  Korkkrapp  nennt. 
Das  zerstofsene  Holz  der  Wurzel  kommt  unter  dein  Namen  achter  Krapp 
in  den  Handel.  Die  frische  Wurzel  ist  gelb,  beim  Aufbewahren  wird  sie 
roth  , durch  das  Alter  braunrot!»  und  enthält  dann  keinen  rothen  Farbstoff 
mehr.  Runge  hat  daraus  fünf  Farbstoffe , drei  in  Wasser  unlösliche , rothe, 
einen  in  Wasser  löslichen,  gelben  uud  einen  unlöslichen,  braunen  geschie- 
den. Er  nennt  die  drei  rothen  Farbstoffe:  Krapp-Purpur,  Krapp-Roth 
und  Krapp-Orange  und  beschreibt  ihre  Darstellung  folgendermafsen : 

1)  Krapppurpur.  Die  Wurzel  wird  mit  kaltem  Wasser  ausgelaugt, 
dann  mit  concentrirter  Alauulösung  ausgekocht.  Beim  Erkalten  der  sie- 
dendheifs  filtrirten  Lösung  scheidet  sich  eine  rothbraune  Substanz  ab  , die 
man  von  der  klaren  rothen  Flüssigkeit  trennt.  Diese  wird  mit  Schwefel- 
säure versetzt.  Nach  einigen  Tagen  hat  sich  hierdurch  ein  rother  Nieder- 
schlag vollständig  geschieden,  der  von  10  Pfund  Wurzeln  nur  ein  Loth 
beträgt.  Man  wascht  ihn  mit  Wasser  ab,  zieht  durch  Salzsäure  die  Thon- 
erde aus  und  löst  ihn  alsdann  in  Alkohol,  woraus  er  sich  als  kristallini- 
sches Pulver  mit  pomeranzenrother  Farbe  absetzt.  Beim  Erhitzen  schmilzt 


Krapproth,  -braun. 


1093 


der  Krapppurpur,  verflüchtigt  sich  zum  Theil  unzersetzt,  ohne  dafs  das 
Sublimat  irgend  kristallinisch  erscheint.  Er  ist  in  kaltem  Wasser  wenig, 
mehr  in  kochendem  löslich.  Die  alkoholische  Lösung  wird  durch  Wasser 
getrübt.  Verdünnte  Säuren  lösen  ihn  in  der  Wärme  mit  gelber  Farbe, 
beim  Erkalten  scheidet  er  sich  in  orangegelben  Flocken  aus.  Von  Alkalien 
wird  er  mit  hochrother  Farbe  gelöst.  Er  hat  eine  so  grolse  Verwandtschaft 
zum  Kalk,  dafs  wenn  seine  Lösung  mit  Kreide  gekocht  wird,  aller  Farb- 
stoff sich  damit  verbindet. 

2)  Krappruth.  Es  macht  den  Hauptbestandteil  der  sich  aus  der  heifsen 
Alaunabkochung  absetzenden  Masse  aus.  Von  dem  eingemengten  Krapp- 
purpur scheidet  man  es  durch  Auskochen  mit  Salzsäure,  Lösen  in  Alkohol, 
Fällung  aus  dieser  Lösung  mit  starker  Alaunsolution , so  oft  diese  noch 
rotligefärbt  bleibt,  und  Umkristallisiren  in  Aether,  aus  dem  es  als  ein  kri- 
stallinisches, braungelbes  Pulver  erhalten  wird.  Es  schmalzt  in  der  Wärme 
zu  einer  orangefarbenen  Flüssigkeit  und  sublimirt  in  glänzend  orangefar- 
benen Nadeln  mit  Hinterlassung  von  Kohle,  die  sich  alsdann  unzersetzt 
verflüchtigen  lassen.  Es  ist  in  kochendem  Wasser  löslich  und  fällt  beim 
Erkalten  daraus  in  Flocken  nieder.  In  Alkohol  und  Aether  ist  es  mit 
rothgelher  Farbe  löslich.  Von  Säuren  wird  es  gelb.  Ammoniak  löst  es 
mit  Purpurfarbe , Kali  mit  veilchenblauer,  ebenso  Kalkwasser.  Das  Krapp- 
roth  ist  der  eigentliche  Farbsioff  des  sogenannten  Türkischroih. 

3)  Krappurartye.  Man  wäscht  die  Wurzel  mit  Wasser  gut  ab,  dige- 
rirt  sie  mit  lauwarmem  Wasser  und  seiht  die  Flüssigkeit  durch  Mousselin. 
Nach  mehrstündiger  Ruhe  setzt  sich  der  Farbstoff  in  schillernden  Kristall- 
blättchen ab,  die  man  in  kochendem  Alkohol  löst,  aus  dem  sie  beim  Er- 
kalten niederfallen.  Man  wascht  sie  alsdann  mit  kaltem  Spiritus  ab,  bis 
eine  Probe  sich  in  Schwefelsäure  mit  rein  gelber  Farbe  löst.  Das  Krapp- 
orange  ist  ein  gelbes  Pulver,  welches  zu  einer  braunen  Flüssigkeit  schmilzt 
und  gelbe  Dämpfe  bildet,  die  sich  zu  einer  gelbbraunen  Masse  verdichten. 
Selbst  von  kochendem  Wasser  wird  es  nur  wenig  gelöst,  ebenso  von  kal- 
tem Alkohol,  leichter  von  heifsem  Alkohol  und  von  Aether.  Ammoniak 
löst  es  mit  rothbrauner,  Kali  mit  rosenrother  Farbe. 

Diese  drei  Farbstoffe  zusammen  oder  theil weise  getrennt,  geben  die 
verschiedenen  Nuancen  für  die  mit  Krapp  gefärbten  Zeuge.  Der  von  Per- 
soz  und  Gaultier  de  Glaubry  dargestellte  Farbstoff  enthielt  alle  drei  ge- 
mengt. Robiqaet’s  Alizarin  ist  vorzüglich  Krapproth,  doch  nicht  frei  von 
den  beiden  andern , da  sie  alle  sublimirbar  sind.  Diese  Farbstoffe  sind 
leichtlöslich  in  Eiweifs,  beim  Coaguliren  dieses  durch  Hitze  bleiben  sie 
damit  verbunden.  Chlorcalciumsolution  fällt  das  gefärbte  Eiweifs.  Wird 
seine  Lösung  mit  phosphorsaurem  Ammoniak  und  hierauf  mit  Chlorcalcium 
versetzt,  so  wird  der  ganze  Farbstoffgehalt,  verbunden  mit  pliosphorsau- 
rem  Kalk  und  wenig  Eiweifs , gefällt.  Durch  Urin  wird  der  Farbstoff  der 
FärberrÖthe  leicht  gelöst.  Milch  färbt  sich  damit  gelb,  und  rothgefärbter 
coagulirter  Käse  setzt  sich  ab.  Auf  der  leichten  Löslichkeit  der  Krapp- 
farben in  eiweifshaltigen  Flüssigkeiten  und  anf  ihrer  noch  größeren  Ver- 
wandtschaft zum  pliosphorsäuren  Kalke  beruht  es , dafs  die  Knochen  von 
Thieren,  die  längere  Zeit  mit  Krapp  gefüttert  werden,  sich  alltnählig  roth 
färben.  Wenn  das  Thier  wieder  andere  Nahrung  erhält,  so  verschwindet 
die  Farbe  mit  der  Zeit  wieder. 

Krappyelb  C Xanthin ) wird  erhalten,  wenn  man  die  Wurzel  kalt  mit 
Wasser  auszieht,  die  Lösung  mit  Kaikwasser  fällt,  den  Niederschlag  mit 
Essigsäure  behandelt,  wodurch  Krappgelb  und  essigsaurer  Kalk  gelöst  wird. 
Man  verdampft  zur  Trockne,  zieht  den  Rückstand  mit  Alkohol  aus.  Diese 
Lösung  wird  mit  Bleizucker  gefällt,  der  einen  scharlachrothen  Niederschlag 
bildet,  den  man  durch  Schwefelwasserstoff  zersetzt;  man  erhält  eine  schön 
gelbe  Lösung  von  Krappgelb. 

Das  Krappbraun  ist  eine  in  Wasser  und  Alkohol  unlösliche,  durch 
Alkali  ausziehbare  Substanz.  Aus  dieser  Lösung  wird  sie  durch  Ueber- 
sättigung  mit  einer  Säure  gefällt.  Zum  Färben  ist  diese  Substanz  nicht 
anwendbar  (Runge'). 


10D4 


K r a p p f a r b s t o f f e. 


Es  ist  erwähnt  worden , dafs  die  frische  Krappwurzel  gelb  und  nicht 
roth  ist,  und  dafs  sich  die  reiche  rothe  Farbe  in  ihr  erst  unter  gewissen 
Umständen  bildet,  durch  eine  Art  von  Gährung,  oder  vielleicht  richtiger 
Verwesung,  Oxidation,  denn  der  Luftzutritt  hat  einen  entschiedenen  Ein- 
flufs  darauf.  Dieser  Vorgang  ist  so  gut  wie  nicht  ermittelt  und  es  ist  hier- 
nach nicht  unwahrscheinlich,  dafs  alle  die  verschiedenen  Farbstoffe  im 
Krapp,  der  gelbe  sowohl  wie  der  rothe,  Modificationen  eines  und  dessel- 
ben Körpers  sind. 

So  erhält  man  z.  B.  aus  allen  Farbstoffen  des  Krapps,  nach  irgend 
einer  Methode  dargestellt,  wenn  sie  trocken  mit  Vorsicht  erhitzt  werden, 
gelbe  oder  gelbrothe  lange  Nadeln,  welche  auf  Zeugen  sich  mit  allen 
Farb-Nüancen  in  Roth  befestigen  lassen,  und  diese  gefärbten  Stoffe  sind 
eben  so  dauerhaft  am  Licht,  wie  die  mit  dem  Krapp  erhaltenen  0 Robiquet). 
Robiquet  und  Colin , welche  diese  Art  von  Sublimation  des  Krappfarbstoffes 
zuerst  beobachteten,  gaben  ihm  den  Namen  Alizarin,  und  führen  zu  sei- 
ner Darstellung  folgende  Methode  au. 

Gepulverter  Krapp  wird  mit  3 bis  4 Theilen  Wasser  kalt  10  Minuten 
macerirt,  ausgeprefst  und  kolirt,  die  KoJatur  wird  bald  gallertartig;  man 
läfst  sie  auf  einein  Filter  abtröpfeln  und  behandelt  sie,  halbtrocken, 
kochend  mit  absolutem  Alkohol,  bis  sich  dieser  nicht  mehr  färbt;  der 
Weingeist  wird  bis  auf  % abdestillirt,  der  Rückstand  mit  etwas  Schwe- 
felsäure versetzt,  mit  Wasser  verdünnt,  wo  sieh  gelbe  Flocken  abson- 
dern, w'elche  wohl  mit  Wasser  gewaschen,  getrocknet  und  vorsichtig  in 
einem  Sublimirapparat  erhitzt  werden  , wo  das  Ali zarin  aufsteigt.  Zennek 
macerirt  Krapppulver  mit  kaltem  Wasser,  bringt  den  vom  Auszug  befrei- 
ten Rückstand  mit  etwas  Wasser  uud  Hefe  in  Gährung,  behandelt  den  von 
der  Flüssigkeit  durch  Auspressen  befreiten  Rückstand  mit  Alkohol,  destil- 
lirt  den  Auszug  auf  y4  ab,  versetzt  den  Rückstand  mit  verdünnter  Schwe- 
felsäure und  sublimirt  den  erhalteuen  flockigen  rothbrauneu  Niederschlag 
in  mäfsiger  Wärme.  Oder  er  zieht  Krapppulver  unmittelbar,  oder  nach- 
dem es  mit  kaltem  Wasser  und  verdünnter  Schwefelsäure  behandelt  wurde, 
mit  Aether  aus  und  sublimirt  den  durch  Destillation  vom  Aether  befreiten 
Rückstand  des  Auszugs  tPoggendorffs  Anualen  Bd.  13.  S.  375).  — Das  so 
erhaltene  Alizarin  bildet  durchsichtige,  rothgclbe,  stark  glänzende,  oft 
mehrere  Linien  lange,  nadelförmige  Kristalle;  ist  geschmaek-  und  geruch- 
los (.nach  Zennek  schmeckt  es  bitterlich  sauer)  und  läfst  sich  sublimiren; 
in  kaltem  Wasser  wenig,  in  heifsem  mehr  löslich,  die  Lösung  ist  rosen- 
roth;  in  Alkohol  uud  Aether  nach  Colin  und  Robiquet  leicht-,  nach  Zennek 
schwerlöslich;  die  weingeistige  Lösung  ist  rosenroth,  die  ätherische  gold- 
gelb, die  Lösungen  reagiren  nach  Zennek  sauer;  in  Alkalien  auch  leicht 
auflöslich,  die  Auflösungen  sind  violett  oder  blau,  und  werden  beim  Ver- 
dünnen roth;  diese  Auflösungen  werden  durch  Säuren  gefällt,  durch 
schweflige  Säure  rostgelb,  diese  Niederschläge  losen,  sich  in  überschüssi- 
gem Ammoniak  wieder  mit  dunkelrother  Farbe;  Alaun  schlägt,  in  Verbin- 
dung mit  etwas  Kali,  aus  der  wässerigen  Lösung  einen  rosenfarbenen  Lack 
nieder.  Nach  Köchlin  ist  das  Robiquet-  Colin’ sehe  Alizarin  ein  durch 
Krapproth  gefärbtes  Harz,  welches  iin  reinen  Zustande  gelblichweifse  Na- 
deln beim  Sublimiren  bildet,  die  sich  nicht  färben  nut  Alkalien  u.  s.  w. 
(Magaz.  für  Pharmac.  Bd.  21.  S.  51);  hiergegen  sprechen  aber  die  spätem 
Versuche  von  Zennek  (s.  o.)  und  L . Gmelin , welcher  aus  reinem  Krapp- 
lack (s.  u.)  viel  Alizarin  erhielt  (< dessen  Handbuch  der  Chemie,  3te  Aull., 
Bd.  2.  S.  660). 

Robiquet  und  Colin  fanden,  dafs  wenn  man  gepulverte  Krappwurzel 
mit  soviel  »concentrirter  Schwefelsäure  befeuchtet , dafs  ein  dicker  Brei 
entsteht  und  diese  Mischung  sich  selbst  überläfst,  dafs  die  holzigen  und 
andere  in  Wasser  löslichen  Theile,  namentlich  der  gelbe  Farbstoff  zerstört 
und  verkohlt  werden,  während  der  rothe  keine  Veränderung  erleidet.  Mit 
Wasser  w ohl  ausgewaschen  bleibt  mithin  der  reine  Farbstoff  in  Verbindung 
mit  der  durch  Schwefelsäure  entstandenen  Kohle,  und  es  wird  sogar  (nach 
Robiquet  und  Colin ) durch  dieses  Verfahren  eine  gröfsere  Menge  Farbstoff 


Blau  bolzrot  h. 


1095 


ausziehbar  gemacht,  die  sich  sonst  von  der  Holzfaser  nicht  trennen  Jäfst. 
Zum  Beweis  der  Präexistenz  des  Alizarins  in  der  Wurzel  führt  Robiquet 
an,  dafs  wenn  man  auf  ein  Blatt  Papier,  was  auf  einer  erwärmten  Platte 
liegt,  feingepulverten  durch  Schwefelsäure  verkohlten  Krapp  streut,  2 bis 
3 Linien  dick,  und  fortfährt  zu  erhitzen,  so  sieht  man  aus  dem  Pulver, 
ohne  dafs  sich  das  Papier  schwärzt,  seidenartige  Nadeln  von  Alizarin 
emporsteigen,  von  prächtig  rother  Farbe.  Die  auf  d^m  angegebenen  Wege 
dargestellten  Kristalle  von  Alizarin  sind  mehrentheils  begleitet  von  einer 
fetten  Substanz,  welche  seine  Löslichkeit  in  Wasser  und  Beizmitteln  wie 
Alaunlösung  hindert;  durch  vorheriges  Befeuchten  mit  Alkohol  wird  diese 
Eigenschaft  beseitigt. 

Es  scheint  demnach,  als  ob  das  Alizarin  zu  dem  eigentlichen  rothen 
Farbstoff  im  Krapp  in  der  ncmlichen  Beziehung  stehe,  wie  subiimirter  In- 
digo zu  gewöhnlichem  reinem  Indigo;  beide  sind  dem  Verhalten  nach 
identisch. 

Döbereiner  beobachtete,  dafs  gewöhnlicher  Krapp  mit  warmem  Was- 
ser iibergossen  in  Gährung  geräth,  ohne  dafs  dadurch  der  rothe  Farbstoff 
eine  Veränderung  erleidet. 

Krapplack.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  man  eine  Verbindung  des 
Krappfarbstoffs  mit  Thonerde,  welche,  der  Schönheit  und  Dauerhaftigkeit 
ihrer  Farbe  wegen,  in  der  Malerei,  sehr  geschätzt  wird.  Nach  Robiquet 
und  Colin  erhält  man  einen  schönen  Krapplack,  wenn  2 Th.  Krapp  mit 
8 Th.  Wasser  10  Minuten  macerirt,  sodann  stark  ausgeprefst  und  dieses 
Verfahren  noch  zweimal  wiederholt  wird;  der  Rückstand  wird  nun  im 
Wasserbade  mit  einer  Auflösung  von  t Th.  Alaun  in  12  Th.  Wasser  zwrei 
bis  drei  Stunden  erwärmt  und  die  davon  abfiltrirte  Flüssigkeit  nach  und 
nach  mit  reinem  kuhlensaurem  Natron  versetzt.  Der  erst  erhaltene  Nie- 
derschlag ist  der  schönste;  die  Niederscliläge  werden  gewaschen  und  ge- 
trocknet. 

Einen  sehr  schönen  Krapplack  erhält  man  ferner,  wenn  der  Krapp  mit 
Wasser  so  lange  gewaschen  wird  , bis  sich  dieses  nicht  mehr  gelb  färbt, 
sodann  mit  Alaunwasser  in  der  Wärme  ausgezogen  und  der  Auszug  mit 
einer  Auflösung  von  Borax  gefällt  wird. 

Blauliolzrotli , Hämatin , Hämatoxylin.  Von  Chevreul  entdeckt.  In 
dem  Blauholz,  Campeschenholz  (von  Haematoxylon  campechianum ) ent- 
halten. Der  wässerige,  zur  Trockne  verdampfte  Auszug  des  Campeschen- 
holzes wird  mit  heifsem  Alkohol  von  0,84  spec.  Gewicht  ausgezogen,  der 
filtrirte  Auszug  mit  wenig  Wasser  versetzt,  und  verdunstet,  wo  das  Hä- 
matin kristallisirt,  welches  man  mit  kaltem  Weingeist  wäscht.  — Kristal- 
lisirt  in  feinen  glänzenden,  geibrothen  Schuppen  (nach  Teschemacher  in 
rectangulären  Säulen  mit  gerade  abgestumpften  Seitenkanteu  und  3 Flächen 
zugeschärft)  von  bitterm  und  herbem  Geschmack,  ist  luftbeständig.  In 
reinem  Zustande  wenig  löslich  in  Wasser;  eine  geringe  Menge  färbt  aber 
Wasser  schon  roth,  die  wässerige  Lösung  kristallisirt  schwierig  beim  Ver- 
dunsten (in  Verbindung  mit  braunfärbender  Materie  ist  es  leichter  löslich 
in  Wasser).  Ziemlich  löslich  in  Weingeist  und  Ae! her.  Die  wässerig© 
Lösung  wird  durch  wenig  Schwefel-,  Salz-  und  Salpetersäure  etwas  heller. 
Die  mit  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  gemischte  rothe  Flüssigkeit  verliert 
beim  Coutact  mit  metallischem  Zink  ihre  Farbe,  und  wird  nach  Entfernung 
des  Zinks  ao  der  Luft  wieder  roth.  Kuhlmann  bemerkte  in  der  entfärbten 
Flüssigkeit  die  Bildung  von  weifsen  Kristallen.  Mehrere  Säuren  erhöhen 
die  Farbe.  Reine  Alkalien  färben  sie  aufangs  purpurn,  dann  violett,  erdige 
Alkalien  fällen  sie  blau,  Alaun  fällt  und  färbt  sie  violett;  viele  Metall- 
salze, Zinnsolution , Bleisolution  u.  a.  bilden  damit  blaue  Niederschläge; 
Thierleiin  fällt  sie  in  rothen  Flocken. 

Fernambukroth , Brasilin.  Aus  Fernambuk  und  rothem  Brasilienholz 
(von  Caesalpinia  Crista  [?},  brasiliensis  u.  s.  w.)  zu  erhalten.  Im  un- 
reinen Zustande  feste,  dunkelrüthgelbe  Masse  , leicht  in  Wasser  und  Wein- 
geist löslich.  Die  wässerige  Lösung  ist  röthlichgelb,  wird  an  der  Luft 
roth,  durch  wenig  Schwefel-,  Salz-  und  Salpetersäure  wird  sie  blässer, 


1096  Bother  Farbstoff  von  Beeren,  Blättern  u.  s.  w. 

durch  mehr  Säure  roth , unter  Absatz  von  Flocken  ; Hydrothionsäure  und 
schweflige  Säure  entfärben  sie.  Starke  Säuren  stellen  die  rotlie  Farbe 
wieder  her.  Alkalien  färben  die  Lösung  violett  (Reagens  auf  Alkalien). 
Bleiessig  fällt  sie  dunkelroth.  Mehrere  Säuren , Phosphor-,  Schwefel-, 
Salz-,  Salpeter-,  Citronensäure  u.  s.  w.  färben  das  Fernambukpapier  an- 
fangs roth,  dann  gelb,  oder  gleich  gelb.  Schweflige  Säure  bleicht  es.  — 
Das  reine  Brasilin  kristallisirt  nach  Chevrenl  in  kleinen  orangefarbenen 
Nadeln,  die  in  der  Hitze,  wie  es  scheint,  zum  Tlieil  fluchtig  sind  , gröfsten- 
theils  aber  zerstört  werden  und  ein  saures  ammoniakhaltendes  Destillat 
liefern.  Salpetersäure  verwandelt  es  zum  Theil  in  Kohlenstickstoffsäure  (?). 
In  Wasser,  Weingeist  und  Aether  ist  es  löslich.  Die  rothgelbe  wässerige 
Lösung  wird  durch  starke  Säuren  wie  angeführt  verändert,  Hydrothson- 
säure  eutfärbt  sie,  Alkalien  färben  sie  purpurviolett,  ähnlich  wirken  Blei- 
oxid und  Zinnoxid,  welche  eben  so  gefärbte  Niederschläge  bilden.  Alaun- 
erde bildet  einen  rothen  Lack. 

Die  rothe  Farbe  der  Blumen  von  Rosen , Gichtrosen  (Paeonia  off.'), 
Klapperrosen  ( Papaver  Rhoeas),  Halsrosen  (Atthaea  rosea),  Nelken 
(Dianthus  Caryophyllus) , Cactus , Gladiolus  und  vieler  andern,  welche 
man  am  einfachsten  durch  Behandeln  der  Blumen  (die,  wenn  sie  fettige, 
harzige  oder  wachsartige  Theile  enthalten,  zweckmäfsig  vorher  mit  Aether 
erschöpft  werden)  mit  Weingeist  erhält,  ist  eine  dunkelrothe  Masse  oder 
ein  hochrothes  Pulver , leicht  löslich  in  Wasser  und  wässerigem  Weingeist, 
unlöslich  in  Aether  und  Oelen.  Säuren  erhöhen  in  der  Regel  die  Farbe 
der  Lösungen,  Alkalien  ändern  sie  zum  Theil  erst  in  Blau,  ein  Ueberschufs 
in  Grün  und  endlich  Gelb  um,  Bleiessig  fällt  sie  meistens  grün,  auch  gelb, 
Bleizucker  eben  so  oder  mehr  blau , auch  violett.  Licht  bleicht  die  rothe 
Farbe  mehr  oder  minder  schnell,  eben  so  wässeriges  Chlor. 

Rother  Farbstoff  der  Blätter  im  Herbst , Erythrophyll.  Die  Blätter 
mancher  Bäume  und  Sträucher  werden  im  Herbste  roth,  alle  diese  tragen 
auch  Früchte,  in  deneu  derselbe  Farbstoff  enthalten  ist.  Man  zieht  ihn 
durch  Alkohol  aus,  destillirt  diesen  ab,  wobei  sich  Harz  und  Fett  scheidet 
und  durch  Filtration  getrennt  wird.  Die  klare  Flüssigkeit  läfst  sich  mit 
Wasser  ohne  Trübung  mischen.  Essigsaures  Bleioxid  fällt  daraus  einen 
grasgrünen  Niederschlag.  Man  setzt  so  lange  Bleizucker  zu,  als  der  Nie- 
derschlag sich  schnell  in  graubraun  verändert,  er  besteht  dann  zum  gröfsten 
Theil  nur  aus  einer  Verbindung  der  Pflanzensäuren  in  den  Blättern  mit 
Bleioxid.  Man  filtrirt;  die  von  nun  an  erzeugte  Fällung  durch  Bleioxid 
ist  schön  grasgrün  und  behält  diese  Farbe  bei.  Man  zersetzt  ihn  durch 
Schwefelwasserstoff  und  verdampft  die  Flüssigkeit  im  luftleeren  Raume 
zur  Trockne.  Er  ist  rothbraun  , wenig  löslich  in  Wasser  , dagegen  leicht 
löslich  in  alkalischen  Flüssigkeiten.  Die  neutralen  grünen  Verbindungen 
mit  Alkalien  oxidiren  sich  an  der  Luft,  nicht  aber  der  grüne  Niederschlag 
mit  Bleioxid.  — Ganz  ähnlich  verhält  sich  der  aus  rothgefärbten  Beeren 
dargestellte  Farbstoff  CBerzelius ). 

3)  Blauer  Farbstoff 

Von  diesem  kennt  man  auch  nur  sogenannten  extractiven  oder  blauen 
farbigen  Extractivstoff  — Derselbe  ist  in  mehreren  Blättern,  Blumen  und 
Früchten  enthalten.  — Wird  den  vorhergehenden  ähnlich  erhalten.  — Dahin 
gehören  das  Blau  der  Violen  (von  Viola  odorata  etc.),  der  Iris  (von  Iris 
germanica') , Ageley  (von  Aquilegia  vulgaris ),  Malven  (von  Malva  syl- 
vestris),  das  Violettblau  der  Heidelbeeren  (von  Vaccinium  Myrtillus) , 
Hollunderbeeren  {Sambucus  nigra),  der  blauen  Trauben  {Vitus  vinif er a), 
des  Blaukohls  {Brassica  oleracea  rubra)  , die  Rinde  der  blauroihen  Ret - 
tige  {Raphanus  sativus)  u.  v.  a.  Mancher  könnte  zum  Theil  ebensowohl 
zum  rothen,  so  wie  mancher  rothe  Farbstoff  (wohl  nicht  aller!)  zum 
blauen  gezählt  werden,  der  durch  Säuren  geröthet  wurde.  Sämmtliche 
Farben  sind  ebenfalls  leicht  in  Wasser  und  Weingeist  löslich;  werden  auch 
leicht  durch  Licht  u.  s.  w.  zerstört.  Durch  Säuren  werden  sie  gerötketj 


Blattgrün. 


100? 


Alkalien  ändern  die  blaue  Farbe  in  grün , später  gelb.  Sind  deshalb  em- 
pfindliche Reagentien  auf  letztere  (Bereitung  des  Liliengrtius).  Sie  verhalten 
sich  übrigens;  den  vorhergehenden  ähnlich. 

Die  blaue  Farbe  von  Crozophora  tinctoria  Jass.  ( Croton  tincto- 
rium  L.~)  bildet  sich  erst  (aus  der  grünen?)  unter  Luftzutritt  und  Mit- 
wirkung von  Ammoniak,  ähnlich  dem  Lackmusroth.  — Dient  zur  Dar- 
stellung der  blauen  Schminkläppchen  fBezetta  coerulea blauen  Tour - 
nesol.  Man  bereitet  diese , indem  Leinwandläppchen  in  den  Saft  von  der 
zerquetschten  und  ausgeprefsten  Pflanze  getaucht,  getrocknet,  dann  den 
Dämpfen  eines  Gemisches  von  Kalk  und  Urin  ausgesetzt  werden,  bis  die 
anfangs  grüne  Farbe  in  Blau  umgewandelt  ist.  — Dunkelblaue  Lappen,  die 
durch  Säuren  geröthet  werden.  — Können  als  Reagens  wie  Lackmus  be- 
nutzt werden;  dient  auch  zur  Bereitung  des  blauen  Zuckerpapiers. 

Einen  ähnlichen  Farbstoff  scheinen  Mercurialis  annua  und  M.  peren - 
nis  zu  haben.  Diese  Pflanzen  werden  durch  Liefen  an  der  Luft  blau. 

Das  Violettblau  der  überreifen  Kreuzbeeren  (von  Rhamnus  cathar- 
tica)  unterscheidet  sich  von  den  eben  angeführten  blauen  Farben,  dafs  es 
sowohl  durch  Alkalien  als  Alaun  grün  gefärbt  wird.  (Dafs  indessen  auch 
andere  blaue  Pflanzenfarben  durch  Alaun  grün  gefärbt  werden  s.  Magaz. 
für  Pharmac.  Bd.  11.  S.  173.)  Es  zeichnet  sich  auch  durch  seinen  ekelhaft 
bittern  Geschmack  und  die  purgirende  Wirkung  aus.  — Der  diesen  Farb- 
stoff enthaltende  Saft  der  Kreuzbeeren  wird  in  Apotheken  als  Kreuzbeer- 
saft (Syrupus  domesticus ) angewendet,  und  das  Saftgrün  (Succus  viri- 
dis) daraus  bereitet.  Dieses  erhält  man,  indem  der  frisch  geprefste  Saft 
der  Kreuzbeeren  zur  Syrupdicke  verdampft  und  auf  jedes  Pfund  rohen 
Saft  % Drachme  Alaun  oder  Pottasche  zugesetzt  wird,  dann  verdunstet 
man  ihn  in  gelinder  Wärme  zur  Trockne.  Wird  als  Malerfarbe  benutzt. 

4)  Grüner  Farbstoff. 

Der  grüne  Farbstoff  ist  am  verbreitetsten  im  Pflanzenreich.  Alle  Blätter 
und  jungen  Stengel,  auch  unreifen  Früchte  der  phanerogamen  Pflanzen  sind 
in  der  Regel  grün,  selbst  die  Blätter  und  Stengel  der  meisten  Laubmoose; 
nur  die  Gebilde  der  niedern  Pflanzengeschlechter,  Algen,  Flechten  und 
Schwämme,  ermangeln  meistens  der  grünen  Farbe.  Dieser  grüne  Farb- 
stoff ist  das : 

Blattgrün , Chlorophyll , Phyto  chlor  ainon.  Es  ist  der  Gegenstand  der 
Untersuchung  vieler  Chemiker  gewesen.  Aus  den  höchst  abweichenden 
Angaben  seiner  Eigenschaften  sieht  man  deutlich,  dafs  sie  alle  nur  durch 
Blattgrün  gefärbte  Gemenge  untersucht  haben.  Das  Genauere  verdankt 
man  einer  ausführlichen  Untersuchung  von  Berzelius.  Er  stellte  es  aus 
den  intensiv  grüngefärbten  Blättern  des  Mehlbeerbaums  fSorbus  seu  Cra- 
taegus Aria ) dar,  indem  er  die  frisch  cingesammelten  und  zerquetschten 
Blätter  mit  Aether  auszog.  Dieser  wird  von  dem  Filtrat  bis  zu  einem  ge- 
ringen Rückstand  abdestillirt,  den  man  alsdann  mit  wasserfreiem  Alkohol 
extrahirt.  Die  alkoholische  Lösung  wird  abgedampft  und  mit  Salzsäure 
übergossen,  die  sich  dadurch  schön  smaragdgrün  färbt  und  eine  dunkle 
Substanz  ungelöst  zurückläfst.  Durch  Wässer  wird  das  Blattgrün  aus  der 
Säure  gefällt,  mit  AVasser  abgewaschen  und  dann  ausgekocht,  wobei  sich 
eine  geringe  Menge  einer  gelben  Substanz  löst.  Das  so  dargestellte  Blatt- 
grün ist  in  Alkohol  und  Aether  schwerlöslich.  Es  wird  in  Kalilauge,  die 
eine  geringe  Menge  einer  schwarzen  Substanz  hinterläfst,  gelöst  und 
daraus  durch  Essigsäure  gefällt.  Nach  dem  Trocknen  erscheint  die  Masse 
dunkelgrün,  gepulvert  grasgrün.  Bis  zu  200°  erhitzt  giebt  sie  nur  eine 
Spur  Feuchtigkeit  ab,  schmilzt  aber  nicht.  Durch  höhere  Temperatur  wird 
sie  zersetzt.  In  AVasser  ist  das  Chlorophyll  vollkommen  unlöslich;  Al- 
kohol ist  das  beste  Lösungsmittel , wiewohhl  auch  er  nur  wenig  davon 
aufnimmt.  Feucht  wird  es  sogleich  gelöst,  nach  dem  Trocknen  nur  all- 

Gtiger’s  Pharrnaoic.  /.  ( 5<e  Aufl. ) 70 


1098 


Polychrom. 


mählig.  Wasser  fällt  diese  Lösung  vollständig.  Aether  verhält  sich  ganz 
wie  Alkohol.  Schwefelsäure  löst  es  mit  smaragdgrüner  Farbe  und  es  wird 
daraus  durch  Wasser  zum  gröfsten  Theil  abgeschieden,  während  die  saure 
Flüssigkeit  eine  Aquamarinfarbe  annimmt.  Aehnlich  verhält  sich  Salzsäure, 
bei  vorsichtigem  Verdampfen  kann  alle  Säure  verjagt  werden  und  unver- 
ändertes Blattgrün  bleibt  zurück.  Durch  Chlor  wird  es  sehr  leicht  ge- 
bleicht , durch  Salpetersäure  ohne  Gasentwickelung  brandgelb  gefärbt  und 
aus  der  Lösung  durch  Wasser  nicht  mehr  gefällt. 

Von  Alkalien  wird  es  mit  grüner  Farbe  gelöst.  Beim  Verdampfen  der 
Kalisolution  setzt  sich  Chlorophyllkali  ab,  was  sich  leicht  mit  schön  grüner 
Farbe  in  Wasser  löst.  Kalk-  und  Barytwasser  geben  mit  Blattgrün  hell- 
grüne Niederschläge,  aus  denen  Alkohol  uud  Aether  nichts  auszieht;  auch 
mit  Bleioxid  verbindet  es  sich.  Das  Chlorophyllkali  wird  durch  Alaun- 
lösung grün  gefällt.  — Aus  getrockneten  Blättern  erhielt  Berzelius  eine 
kleinere  Menge  einer  zweiten  Modificatiou  des  Blattgrüns,  die  in  ihrem 
Verhalten  gegen  Reagentien  dem  vorhergehenden  sehr  ähnlich  ist;  nur  ver- 
schieden ist  es  durch  seine  gelblichgrüne  Farbe  und  seine  Unfällbarkeit  aus 
der  salzsauren  Lösung  durch  Wasser.  — Die  bei  der  Darstellung  des  Chlo- 
rophylls in  Salzsäure  ungelöst  bleibende  Substanz  ist  eine  dritte  Modifica- 
tion.  Sie  ist  schwerlöslicher  als  die  vorhergehenden  in  Alkohol  und  Ae- 
ther,  bei  der  trocknen  Destillation  liefert  sie  nicht  wie  die  beiden  andern 
ein  rothes  Sublimat.  — Das  Chlorophyll  wird  durch  Schwefelwasserstoff 
nicht  entfärbt.  Durch  Zink,  was  man  in  seine  mit  Salzsäure  angesäuerte 
Lösung  wirft,  wird  es  gelb  und  erhält  an  der  Luft  theilweise  seine  grüne 
Farbe  wieder. 

Als  Anhang  zu  den  Farbstoffen  wird  hier  abgehandelt  das: 

Polychrom,  Schiller  Stoff',  Aesculin , Enalloclirom.  Dieser  Stoff  ist 
nach  der  Beobachtung  verschiedener  Chemiker  in  vielen  Pflanzen  enthal- 
ten. Zuerst  wurde  er  wohl  von  Löseke  in  dem  Aufgufs  von  Griefsholz 
(hiijnum  nephriticum  von  Guilandina  Moringa  L.)  bemerkt.  Frischmann 
fand  ihn  in  der  Riude  der  Rofskastanie , der  gemeinen  Esche ; Nolde  im 
Quassienholz.  Später  beschäftigten  sich  Remmler,  Raab , Martins,  Mi- 
nor, Dahlström,  Kalkhrunner  mit  der  Untersuchung  dieses  Stoffes.  Die 
genauere  Kenntnifs  darüber  verdankt  man  Trommsdorff.  Man  zieht  am 
besten  nach  Minor  die  Rinde  mit  Wasser  aus,  fällt  durch  essigsaures  Blei- 
oxid ; die  abiiltrirte  Flüssigkeit  wird  durch  Schwefelwasserstoff  von  über- 
schüssigem Bleioxid  befreit  und  zur  Syrupsconsistenz  verdampft.  Nach 
einigen  Tagen  kristallisirt  das  Polychrom , was  man  mit  Wasser  abwascht. 
Trommsdorff  schreibt  vor,  die  Rinde  mit  8 Th.  Alkohol  auszuziehen,  die- 
sen bis  auf  1 V»  Th.  abzudestilliren  und  den  Rest  der  freiwilligen  Verdun- 
stung zu  überlassen.  Nach  einigen  Wochen  erst  hat  sich  das  Polychrom 
abgesetzt,  man  wäscht  es  mit  kaltem  Wasser  und  löst  es  in  einem  Ge- 
menge von  Alkohol  und  Aether,  was  mehrmals  wiederholt  werden  mufs. 
Das  Polychrom  im  reinen  Zustande  ist  farblos,  kristallinisch,  von  bitterm 
Geschmack,  in  kaltem  Wasser  schwer,  in  heifsem  sehr  leicht  löslich. 
Diese  Lösung  erstarrt  beim  Erkalten.  Bei  durchfallendem  Lichte  erscheint 
die  Lösung  farblos,  bei  reflectirtem  aber  blau,  was  nocli  sichtbar  ist,  wenn 
1 % Million  Th.  Wasser  nur  1 T<h.  Polychrom  enthalten.  1 Th.  desselben 
wird  von  24  Th.  kochendem  Alkohol  gelöst  und  scheidet  sich  daraus  beim 
Erkalten  pulverförmig  ab.  ln  wasserfreiem  Aether  ist  es  nur  höchst  wenig 
löslich.  Säuren  vernichten  das  Farbenspiel  seiner  wässerigen  Lösung, 
Alkalien  färben  diese  gelb  und  vermehren  bedeutend  das  Schillern.  Chlor 
färbt  die  Lösung  rotli  und  zerstört  das  Polychrom.  In  der  Wärme  schmilzt 
es  zu  einer  dunkelbraunen,  sich  aufblähenden  Masse.  Es  röthet  Lackmus, 
giebt  mit  den  Metalloxiden  keine  Niederschlage  und  mit  den  Alkalien  keine 
kristallisirbaren  Verbindungen.  Nach  Trommsdorff  d.  J.  enthält  es  52,453 
Kohlenstoff,  4,876*  Wasserstoff,  42,672  Sauerstoff,  was  dem  Verhältnifs 
C3  B9  Os  entspricht. 


Extractiv-  und  Bitterstoffe.  1099 

ln  Pflanzen  und  P fl anzenth eil en  vorkommende,  rächt  näher 
bestimmte  organische  Verbindungen. 

Extractiv-  und  Bitterstoffe. 

ln  Pfl  an  zenth  eilen  und  den  Pflanzensäften  findet  sich  eine  äufserst 
zahlreiche  Klasse  von  Verbindungen,  deren  allgemeine  Eigenschaften  zum 
Tlieil  bekannt,  deren  chemische  Eigenschaften  aber  kaum  studirt  sind;  viele 
davon  sind  in  den  wässerigen  und  weingeistigeh  Abkochungen  der  Pflanzen« 
theile  enthalten  und  heifsen  im  Allgemeinen  Extractiv  Stoffe , oder  Bitter- 
stoffe, insofern  sie  einen  bittern  Geschmack  besitzen.  Der  gegenwärtige 
Zustand  unserer  Kenntnisse  über  das  Verhalten  dieser  Körper  gestattet 
keine  scharte  und  genaue  Ordnung  derselben  oder  eine  Zusammenstellung 
der  ähnlichen  in  Gruppen,  indem  ihre  Eigenschaften  ausnehmend  von  ein- 
ander afeweichen.  Viele  davon  sind  in  Wasser  löslich,  andere  nur  in 
Weingeist  oder  Aether,  manche  sind  weder  Säuren  noch  Basen,  andere 
verbinden  sich  mit  Alkalien  und  Metalloxiden,  wie  die  Zuckerarten,  ohne 
dafs  sie  sich  den  eigentlichen  Säuren  anreihen  lassen.  Viele  davon  sind 
den  kristallisirbaren  Harzen  ähnlich,  oder  den  kristallinischen  fetten  Sub- 
stanzen. Den  meisten  unter  ihnen  gehören  die  medicinischen  Wirkungen 
der  Pflanzen  an,  worin  sie  enthalten  sind.  Ihre  nähere  Untersuchung  ist 
eine  der  wichtigsten  Aufgaben  der  organischen  Chemie,  sie  rnufs  von  der 
Zukunft  erwartet  werden.  Eine  Menge  derselben  wird  bei  genauerem 
Studium  ihres  Verhaltens  und  ihrer  Eigenschaften  sicher  von  eben  so  grofser 
Bedeutung  fiir  die  Kenntnifs  der  organischen  Materien  überhaupt  werden, 
wie  das  Salicin  und  Phloridzin. 

Der  wässerige  oder  weingeistige  Auszug  von  Pflanzenstoffen,  wenn 
er  bei  Zutritt  der  Luft  abgedampft  wird,  färbt  sich  gewöhnlich  durch 
Sauerstoffaufnahme  dunkler.  Die  bis  zur  Consistenz  von  Honig  einge- 
dampften Auszüge  oder  Abkochungen  sind  braun  oder  schwarz  und  heifsen 
im  Allgemeinen  Extracte.  Man  unterscheidet  wässerige  oder  weingeistige 
Extracte.  Die  letzteren  enthalten  in  den  meisten  Fällen  alle  medicinisch 
wirksamen  Bestandtheile  des  Pflanzentheils.  Beim  Wiederauflösen  der 
meisten  Extracte  in  Wasser  oder  Alkohol  bleiben  meistens  braun-  oder 
schwarzgefärbte  Materien  zurück,  welche  durch  die  Einwirkung  der  Luft 
auf  den  Auszug  in  Folge  der  Veränderung  eines  aufgelösten  Stoffes  ent- 
standen sind.  Man  bezeichnet  alle  diese  Zersetzungsprodukte,  von  denen 
keiu  einziger  untersucht  ist,  mit  oxidirtem  Extractivstoff.  Viele  dieser 
unlöslichen  Materien  bestehen  in  wässerigen  Extracten  aus  gefärbtem 
Albumin  oder  Pflanzenleim;  andere  sind  stickstofffrei  und  entstehen  in 
gerb-  oder  gallussäurehaltigen  Auszügen  in  Folge  der  Einwirkung  der 
Luft.  Ein  Pllanzenextract  stellt  ein  Gemenge  der  verschiedenartigsten 
Stoffe  dar;  Gummi,  Schleim,  häufig  Zucker  und  viele  Salze  sind  selten 
fehlende  Bestandtheile  der  wässerigen  Extracte;  Zucker,  harzähnliche  und 
fette  Materien  finden  sich  hauptsächlich  in  weingeistigen  Extracten. 

Unter  dem  Namen  Bitterstoff  C Principiwm,  amarum ) verstand  man 
früher  einen  hypothetisch  angenommenen  eigenthümlichen  Stoff,  welchem 
organische  Verbindungen  ihren  bittern  Geschmack  verdanken  sollten.  Man 
erkannte  aber  bald  , dafs  den  verschiedenartigsten  Produkten  dieser  bittere 
Geschmack  zukomme.  So  schmecken  manche  Säuren,  brenzliche  und  äthe- 
rische Gele,  Harze,  Farbstoffe  bitter,  ferner  die  meisten  der  später  ab- 
zuhandelnden stickstoffhaltigen  organischen  Salzbasen.  Man  beschränkte 
diese  Benennung  später  auf  solche  natürlich  vorkommende  organische  Ver- 
bindungen, welche  den  allgemeinen  Charakter  des  sogenannten  Extractiv- 
stoffs  besitzen,  benannte  diese  bittern  Substanzen  im  Allgemeinen  mit  dem 
Namen  bitteren  Extractivstoff  (Principium  extractivum  amarum ) und 
th eilte  ihn  ein  in  milde  bittern,  scharfen  bittern,  und  narkotisch  bittern 
Extractivstoff. 

In  dem  Folgenden  werden  die  reinen  indifferenten  stickstofffreien  or- 
ganischen Verbindungen,  die  man  bis  jetzt  im  reinen  Zustande  kennt,  näher 
beschrieben  und  denselben  die  noch  weniger  untersuchten  schicklich  angereiht. 


1100 


Gentianin,  Santonin. 


Gentianin , Enzian  bitter.  — Von  Henry  und  Caventou  gleich- 
zeitig 1823  entdeckt.  In  dem  rotben  Enzian  ( Gentiana  lutea')  und  wahr- 
scheinlich allen  bitteren  Enzianarten  enthalten.  — Mein  erhalt  das 
Gentianin  durch  Ausziehen  der  gepulverten  Wurzel  mit  Aether. 

Dieser  wird  zum  grofsen  Th  eil  abdestillirt  , den  Rest  läfst  man  freiwillig 
verdunsten.  Die  zurückbleibende  Masse  wird  mit  Alkohol  von  0,83  spec. 
Gew.  so  lange  macerirt,  als  dieser  sich  dadurch  färbt.  Beim  Verdampfen 
kristallisirt  Gentianin,  welches  nochmals  in  schwächerem  Spiritus  gelöst, 
filtrirt  und  zur  Trockne  verdampft  wird;  der  Rückstand  wird  mit  etwas  ge- 
brannter Magnesia  und  Wasser  gekocht,  letzteres  verdampft  und  die  Masse 
mit  Aether  ausgezogen,  woraus  nun  vollkommen  reines  Gentianin  kristallisirt. 

Eigenschaf  len:  Es  kristallisirt  in  goldgelben  Nadeln  von 
sehr  bitterem  Geschmack,  aber  keinem  Geruch 5 es  läfst  sich 
sublimiren,  ist  schwerlöslich  in  kaltem,  löslicher  in  warmem 
Wasser  und  leichtlöslich  in  Aether,  Alkohol  und  Essigsäure. 
Auf  Pflanzenfarben  ist  es  ohne  Reaction;  von  alkalischen  Flüs- 
sigkeiten wird  es  mit  dunkeigelber  Karbe  etwas  leichter  als 
von  Wasser  gelöst.  Das  reine  Gentianin  schmeckt  nicht 
bitter,  fällt  Eisenoxid-  und  Kupferoxidsalze,  treibt  aus  koh- 
lensauren Alkalien  die  Kohlensäure  aus  und  bildet  damit  kri- 
stallisirbare,  goldgelbe  Verbindungen.  QH<  Trommsdorff. J 
Von  Bleiessig  wird  seine  wässerige  Lösung  gefällt,  nicht 
aber  von  Bleizucker  oder  Quecksilberchlorid.  — wird  bis  jetzt 
kaum  als  Arzneimittel  gebraucht. 

Menyanthin.  — Durch  Fällen  des  weingeistigen  Auszugs  des  Extracts 
von  Menyanthes  trifoliata  mit  Bleiessig,  Zerlegen  des  Niederschlags  mit 
Schwefelwasserstoff,  Verdampfen  u.  s.  w.  erhielt  Brandes  eine  fast  weifse, 
durchsichtige,  pulverisirbare,  bittere  Masse.  — Bildet  ein  gelbbraunes, 
nicht  pulverisirbares  bitteres  Extract.  (Trommsdorff.) 

Centaurin  , Tausendgüldenkraut- Bitter ; aus  Erythraea  Centaurium . 
— Nur  als  dunkelbraunes  Extract  bekannt. 

Absintliiin , Wermuthbitter  (von  Artemisia  Absinthium).  — Durch  Be- 
handeln des  wässerigen  Extracts  der  getrockneten  , blühenden  Spitzen  des 
Wermuths  mit  Alkohol,  Verdampfen  und  Anriihren  mit  Wasser,  wodurch 
ein  Theil  Wermuthbitter  rein  abgeschieden , ein  anderer  aber  nebst  Zucker 
u.  s.  w.  aufgelöst  wird,  zu  erhalten.  Das  gelöste  Wermuthbitter  gewännt 
man  durch  Verdampfen  , Lösen  in  Alkohol,  Fällung  des  Zuckers  u.  s.  w.  mit 
Aether,  und  wiederholtes  Abscheiden  aus  der  alkoholischen  Auflösung  mit 
Wasser.  Ganz  rein  wird  es  durch  Fällung  der  alkoholischen  Auflösung  mit 
Bleizucker,  Vermischen  mit  Wasser,  Verdampfen  des  Alkohols  im  Wasser- 
bade, Zersetzen  des  klaren  Filtrats  mit  Schwefel  Wasserstoff,  und  Ver- 
dampfen der  heifs  filtrirten  Flüssigkeit  erhalten.  — Farblose,  theilweise 
kristallinische,  äufserst  bittere,  leicht  in  Alkohol,  auch  in  Aether  und 
Alkalien  lösliche  Masse.  Aus  der  letzteren  Auflösung  wird  sie  durch  koh- 
lensaures Alkali,  aus  der  Auflösung  in  Essigsäure  durch  Wasser  gefällt.  Sie 
färbt  sich  mit  Schwefelsäure  zuerst  dunkelgelb,  dann  purpurroth , und  läfst 
sich  durch  doppelte  Zersetzung  mit  Metalloxiden  verbinden.  (Mein.) 

Tanacetin , Rheinfarrnbitter  (aus  Tanacetum  vulgare).  — Auf  ähnliche 
Weise  zu  erhalten.  — Feste,  gelbe,  geruchlose,  sehr  bittere,  in  Wasser 
und  Weingeist  lösliche  Masse.  Die  Lösung  wird  durch  Eisenoxidsalze 
braun,  durch  essigsaures  Bleioxid  hellgelb,  durch  Quecksilberoxidulsalze 
weifslich  gefällt.  (Frommherz.) 

Der  hierher  gehörige  bittere  Stoff  der  Centaurea  benedicta  verhält  sich  ; 
ähnlich;  wird  durch  Bleiessig,  nicht  durch  Bleizucker  gefällt.  iMorin.) 

Santonin , Wurmsaamenbitler . — Es  wurde  gleichzeitig  von 
Kahler  und  Alms  entdeckt,  näher  von  Trommsdorff  d.  J.  untersucht. 


Santonin. 


1101 


Es  findet  sich  in  den  Blumenspitzen  mehrerer  Artemisia- Arten,  in  dem 
Wurmsaamen  ( Semen  Cynae),  einem  Gemenge  von  Blüthen,  Blüthenknospen 
und  unreifem  Saamen  derselben  Pflanzen.  — Man  erhält  das  San- 
tonin durch  Ausziehen  in  der  Digestionswärme  einer  Mischung 
von  4 Th.  Wurmsaamen  und  i1/»  Th.  trocknen  Kalkhydrats 
mit  20  Th.  Weingeist  von  0,90  spec.  Gew.  5 dieser  wird  bis 
auf  12  Th.  abdestiliirt,  fiürirt;  die  Lösung  enthält  Santonin 
und  eine  harzige  braune  Substanz  in  Verbindung  mit  Kalk. 
Man  übersättigt  mit  Essigsäure  und  kocht  auf.  Beim  Erkal- 
ten scheidet  sich  Santonin  mit  etwas  Harz  gemengt  ab ; beim 
Verdampfen  erhält  man  noch  mehr  unreines  Santonin;  es  wird 
mit  wenig  Alkohol  gewaschen,  um  das  Harz  zu  entfernen, 
dann  in  8 — 10  Th.  SOprocentigem  Alkohol  gelöst,  mit  Thier- 
kohle digerirt  und  kochend  filtrirt.  Beim  Erkalten  kristallisirt 
das  Santonin  in  weifsen,  piattgedrückteri,  sechsseitigen  Säu- 
len oder  federartigen  Kristallgruppen,  die  vor  dem  Lichte  ge- 
schützt werden  müssen. 

Es  ist  geschmack-  und  geruchlos , die  weingeistige  Lö- 
sung sphmeckt  rein  bitter;  sein  spec.  Gew.  ist  ==  1,247;  es 
schmilzt  bei  168°  zu  einer  farblosen,  beim  Erkalten  kristalli- 
nisch erstarrenden  Flüssigkeit;  läfst  sich  unzersetzt  sublimi- 
ren ; bedarf  5000  Th.  kalten  und  250  Th.  kochenden  Wassers, 
43  Th.  kalten  und  nur  2,7  Th.  kochenden  absoluten  Alkohols 
zu  seiner  Lösung;  es  löst  sich  in  75  Th.  kaltem  und  42  Th. 
kochendem  Aether.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  in  der  Kälte 
ohne  Zersetzung  und  es  kann  daraus  durch  Wasser  unverändert  abge- 
schieden werden;  bei  längerem  Stehen  färbt  sich  die  Lösung  roth  und 
zuletzt  scheidet  sich  eine  harzige  braunrothe  Materie  ab  ; dieselbe  Ver- 
änderung bewirkt  verdünnte  Schwefelsäure  beim  Kochen.  Auch  in  rau- 
chender Salpetersäure  ist  es  löslich  und  durch  Wasser  unverändert  ab- 
scheidbar;  lange  mit  verdünnter  Salpetersäure  gekocht  wird  es  zerlegt, 
indem  Kleesäure  gebildet  wird.  Chlor  wirkt  in  der  Kälte  nicht  darauf  ein; 
beim  Schmelzen  in  Chlorgas  bildet  sich  eine  braune,  feste,  in  Alkohol  und 
Alkalien  leichtlösliche  Substanz.  Iod  bewirkt  eine  ähnliche  Veränderung. 
In  der  Kälte  äufsert  Kalilauge  keine  Wirkung;  wird  es  aber  lange  damit 
gekocht,  so  lögt  es  sich  darin;  bei  einer  gewissen  Concentration  trübt  sich 
die  Flüssigkeit,  es  scheiden  sich  gelbe  ölartige  Tropfen  ab,  die  beim  Er- 
kalten eine  weifse,  unkristallinische,  in  Wasser  und  Alkohol  leichtlösliche 
Masse  darstellen.  Wird  diese  Lösung  in  Wasser  mit  Säure  gesättigt,  so 
fällt  unverändertes  Santonin  heraus.  Mit  kohlensaurer  Kalilösung  zur 
Trockne  verdampft,  mit  Alkohol  ausgezogen,  erhält  man  neutrales  Sau- 
toninkali, was  in  Wasser  und  Alkohol  leicht  löslich  ist  und  beim  Erhitzen 
roth  wird,  etwas  alkalisch,  salzig,  bitterlich  schmeckt  und  rothes  Lack- 
mus, bläut.  Wird  die  wässerige  Lösung  gekocht,  so  zersetzt  sich  die 
Verbindung  und  es  scheidet  sich  Santonin  kristallinisch  ab.  Die  Natron- 
verbindung ist  kristallinisch  und  besteht  aus  stark  seidenglänzenden,  strahlig 
gruppirten  Nadeln.  Mit  Ammoniak  scheint  es  keine  bestimmte  Verbindung 
zu  bilden.  Santoninkalk  bereitet  man/  durch  Kochen  von  Santonin  und 
Aetzkalk  mit  wässerigem  Weingeist  bis  zum  Verschwinden  der  anfangs 
entstehenden  Färbung,  Verdampfen  zur  Trockne,  Lösen  des  Rückstandes 
in  Wasser,  Ausfällen  des  überschüssigen  Kalkes  durch  Hineinleiten  von 
Kohlensäure  und  Verdampfen  der  klaren  Flüssigkeit  zur  Kristallisation  > 
wo  Santoninkalk  in  seidenglänzenden  Nadeln  anschiefst.  Ganz  ähnlich 
verhält  sich  Santoninbaryt.  Eine  concentrirte  Lösung  von  Santoninkali 
wird  durch  schwefelsaures  Zinkoxid  in  weifsen,  in  Wasser  löslichen  Flocke« 


1102 


Populin,  Picrolichenin. 


gefällt;  essigsaures  Bleioxid  wird  weifs  gefällt,  ist  in  kaltem  Wasser  fast 
unlöslich^  löslich  in  Weingeist  und  in  weifsen  Nadeln  krislallisirend.  Ei- 
senoxidulsalze werden  weifs,  Eisenoxidsalze  isabellgelb  niedergeschlagen. 
Quecksilberoxidsalze  werden  nicht  gefällt;  die  Oxidulsalze  und  Silberoxid- 
salze bilden  weifse  Niederschläge  mit  Santoninkali.  Alle  diese  Verbin- 
dungen werden  durch  längeres  Kochen  mit  Wasser  zersetzt;  wenn  die 
Basis  unlöslich  ist;  so  scheidet  sie  sich  ab  und  beim  Erkalten  kristallisirt 
reines  Santonin. 

Wie  erwähnt  wird  das  Santonin  durch  den  Einfluls  des  Lichtes  gelb; 
sowohl  in  kristallisirtem  Zustande ; wie  in  seinen  Lösungen.  Es  zersprin- 
gen dabei  die  Kristalle  mit  Heftigkeit.  Durch  Lösen  in  Alkalien  und  Fäl- 
lung mit  Säuren  wird  es  wieder  weifs  und  unrerändert  erhalten.  Es  ent- 
hält 73,63  Kohlenstoff;  7,21  Wasserstoff,  19,16  Sauerstoff.  Diesen»  ent- 
spricht die  Formel  C5  H6  O;  aber  seine  Sättigungscapacität  ist  so  gering, 
dafs  sein  Atomgewicht  durch  12nml  so  grofse  Atomzahlen  ausgedrückt 
werden  mufs.  ( Ettling: ) 

Populin , von  Braconnot  in  der  Rinde  und  den  Blättern  von  Populus 
tremula  gefunden.  Ist  in  der  Mutterlauge  von  der  Bereitung  des  Salicins 
aus  Pappel-Rinde  oder  -Blättern  enthalten.  Man  versetzt  diese  mit  koh- 
lensaurem Kali;  es  fällt  ein  weifses  Pulver  heraus,  welches  man  in  heifsem 
Wasser  löst,  beim  Erkalten  kristallisirt  Populin  heraus.  — Weifse  zarte 
Nadeln,  von  reizend  süfsem,  dem  Süfsholz  ähnlichen  Geschmack,  in  70 
Th.  kochendem,  in  1000  Th.  kaltem  Wasser,  in  Alkohol  leicht  löslich. 
Aus  der  Auflösung  in  Säuren  wird  es  durch  Wasser  wieder  gefällt;  von 
Schwefelsäure  wird  es  roth  gefärbt  ( Braconnot ).  Die  Kristalle  enthalten 
5,43  pCt.  Wasser  ( de  Köninck). 

Eichenrindebittei'.  — Die  Rinde  von  Quercus  Robur  enthält  nach 
Gerber  eine  dem  Salicin  ähnliche,  in  Wasser  und  Weingeist  lösliche,  in 
Aether  unlösliche,  bittere,  kristallinische  Materie.  Die  Lösung  wird  durch 
Blei-,  Silber-,  Zinn-  und  Quecksilberoxidulsalze  gefällt. 

Liriodendrin , Tulpenbaumbitter.  Von  Emmet  aus  der  Wurzelrinde 
des  Tulpenbaums  ( Liriodendron  tulipifera)  dargestellt.  Man  erschöpft  die 
Rinde  mit  Alkohol  und  verdampft  bis  auf  %,  wo  sich  unreines  Lirioden- 
drin abscheidet;  bei  fernerem  Verdampfen  und  Zusatz  von  etwas  Ammo- 
niak erhält  man  den  Rest.  Die  unreine  Substanz  wird,  zur  Entfernung 
von  Harz  und  Farbstoff,  mit  verdünnter  Kalilauge  gewaschen,  der  Rück- 
stand bei  30°  in  Alkohol  gelöst  und  die  Lösung  mit  so  viel  warmem  Was- 
ser versetzt,  bis  die  olivengrüne  Farbe  sich  in  eine  weifsliche  milchige 
verwandelt  hat;  beim  Erkalten  kristallisirt  das  Liriodendrin  heraus.  Es 
bildet  farblosdurchsichtige,  der  Boraxsäure  ähnliche  Schuppen  oder  stern- 
förmig gruppirte  Nadeln  von  balsamisch  bitterem  Geschmack.  Wenig  lös- 
lich in  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol  und  Aether,  schmilzt  bei  83®  C., 
sublimirt  theilweise  unverändert  und  liefert  bei  der  trockenen  Destillation 
ammoniakfreie  Produkte.  Von  wässerigen  Alkalien  und  verdünnten  Säuren 
wird  es  nicht  aufgelöst,  von  concentrirter  Salpetersäure  nicht  zersetzt, 
wohl  aber  von  Salzsäure  und  concentrirter  Schwefelsäure  , welche  letztere 
es  in  ein  braunes,  geschmackloses  Harz  verwandelt.  Von  Iod  wird  es 
gelb  gefärbt. 

Picrolichenin , Flechtenhilter.  — von  Aims  1831  aus  der 
Variolaria  amara  Ach.  dargestellt.  — Die  gepulverte  Flechte  wird 
mit  rectificirtem  Weingeist  ausgezogen  und  der  Weingeist 

enz  des  Rückstandes  abde- 


lisirfc,  welches  man  durch  Waschen  mit  einer  verdünnten 
Auflösung  von  kohlensaurem  Kali  und  Umkristallisiren  aus 
Weingeist  reinigt.  — Bildet  farblosdurchsichtige,  an  der  Luft 
unveränderliche , stumpfe  vierseitige  Doppelpyramiden  mit 


Picrolichenin  herauskristal- 


Cetrari  n. 


1103 


rhombischer  Basis,  ist  geruchlos,  schmeckt  äufserst  bitter, 
von  1,176  spec.  Gew.  Es  schmilzt  etwas  über  100°  und  er- 
starrt wieder  beim  Erkalten;  löst  sich  nicht  in  kaltem  Was- 
ser, wenig  in  heifsem,  beim  Erkalten  der  Auflösung  kristal- 
lisirt  nichts  heraus.  Leichtlöslich  in  Weingeist,  Aether, 
ätherischen  Oelen,  Schwefelkohlenstoff  und  beim  Erwärmen 
auch  in  fetten  Oelen.  Oie  weingeistige  Auflösung  reagirt 
sauer  und  wird  durch  Wasser  in  voluminösen  Flocken  gefällt; 
ebenso  verhält  sich  die  Auflösung  in  concentrirter  Schwefel- 
säure und  Essigsäure.  Von  Salpeter-,  Salz-  und  Phosphorsäure  wird 
es  nicht  zersetzt.  Eine  Auflösung  von  kohlensaurem  Kali  nimmt  nur  wenig 
davon  auf;  wässeriges  Chlor  färbt  es  gelb*  ohne  es  zu  lösen.  Uebergiefst 
man  Picrolichenin  mit  Ammoniak  in  einem  verschliefsbaren  Cefäfs,  so  wird 
es  harzartig  klebrig,  löst  sich  dann  zu  einer  anfangs  farblosen,  bald  röth- 
lich-  dann  safrangelben  Flüssigkeit  auf,  die  sich  bald  trübt  und  nach  ei- 
niger Zeit  gelbe,  stark  glänzende,  büschelförmig  gruppirte  platte  Nadeln 
absetzt,  die  an  trockener  Luft  verwittern.  Die  Flüssigkeit  behält  hierbei 
ihre  gelbe  Farbe.  Die  Kristalle  sind  geschmacklos,  lösen  sich  leicht  in 
Alkohol  und  ätzenden  Alkalien,  die  Auflösungen  schmecken  nicht  bitter. 
Beim  Erhitzen  entwickeln  die  Kristalle  Ammoniak,  schmelzen  bei  40°  zu 
einer  intensiv  kirschrothen , stark  klebenden,  harzähnlichen  Masse,  die 
sich  gegen  Lösungsmittel  wie  die  Kristalle  verhält.  Bei  der  freiwilligen 
Verdunstung  der  ammoniakalischen  Auflösung  des  Picrolichenins  an  der 
Luft  bildet  sich  der  rothe  Körper  ebenfalls,  was  auf  eine  Verwandtschaft 
mit  Orcin  und  Erythrin  hindeutet.  Kalilauge  löst  das  Picrolichenin  mit 
anfangs  weinrother,  später  braunrot!!  werdender  Farbe.  Säuren  fällen 
daraus  eine  rothbraune,  noch  bitter  schmeckende  Substanz.  In  höherer 
Temperatur  liefert  das  Picrolichenin  ammoniakfreie  Produkte  und  verkohlt, 
an  der  Luft  erhitzt  verbrennt  es  mit  heller  rufsender,  aufsen  violetter 
Flamme.  Die  Zusammensetzung  ist  nicht  ausgemittelt.  — Soll,  nach  Alms, 
fieberwidrige  Eigenschaften  besitzen. 

Cetrarin > isländisches  Flechten-  oder  Moos  - Bitter,  — 

Aus  der  Cetraria  islandica  Ach.  ( Lichen  islandicus ) und  Sticta  pulmo  - 
nacea  ( Weppen ) von  Berzelius  zuerst  dargestellt,  später  von  Rigatelli 
und  Herberger  untersucht.  — Das  Moos  wird  kochend  mit  absolu- 
tem Alkohol  erschöpft;  beim  Abdestilliren  des  letzteren  setzt 
sich  Cetrarin  in  Körnern  ah,  ebenso  heim  freiwilligen  Ver- 
dampfen der  Mutterlauge.  Nach  dem  Waschen  mit  wenig 
kaltem  Wasser,  Aether  oder  Alkohol  von  0,83  spec.  Gew., 
und  Umkristallisiren  aus  absolutem  Alkohol  ist  es  rein.  QHer - 
berger.l  Oder  man  zieht  das  Moos  zuerst  mit  6 Th.  kochen- 
dem Weingeist  von  0,90  spec.  Gew.,  dann  deh  geprefsten 
Rückstand  mit  2 Th.  kaltem  Wasser  aus  und  versetzt  die  ge- 
mischten Auszüge  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  wo  sich  das 
Cetrarin  absetzt,  welches  durch  Umkristallisiren  aus  Wein- 
geist, dem  man  nach  der  Auflösung  Schwefelsäure  und  ko- 
chendes Wasser  zusetzt,  gereinigt  wird,  i Pfund  Moos  giebt 
2%  Drachme  Cetrarin.  (j Uigatelli.')  Die  verdünnte  Kalilauge,  womit  man 
isländisches  Moos  zur  Entfernung  der  Bitterkeit  behandelt  hat,  enthält 
Cetrarin,  welches  daraus  durch  Fällen  mit  Schwefelsäure  erhalten  wer- 
den kann. 

Das  Cetrarin  bildet  ein  feines  weifses,  aus  nichtkristal- 
linischen Körnern  bestehendes,  abfärbendes  Pulver;  geruch- 
los, schmeckt  unangenehm,  anhaltend  bitter ; wenig  löslich  in 


1104 


Cetrarin,  Daphnin 


Wasser,  leichter  in  wasserfreiem  Alkohol  und  Aether  (100  Th. 
kochender  Alkohol  lösen  1,7  Th.  und  Aether  fast  1 Th.  auf), 
etwas  löslich  in  Terpentinöl , unlöslich  in  fetten  Oelen.  Die 
Auflösungen  verändern  Pflanzenfarben  nicht,  schäumen  beim 
Schütteln,  die  wässerige  Lösung  färbt  sich  durch  Kochen 
braun;  Säuren,  namentlich  Mineralsäuren,  schlagen  das  Ce- 
trarin  aus  seiner  Auflösung  in  Wasser  oder  Alkohol  gallert- 
artig nieder.  Es  schmilzt  nicht,  zersetzt  sich  bei  200°  voll- 
ständig, unter  Rücklassung  von  Kohle  und  ohne  Bildung  von 
ammoniakhaltigen  Produkten.  Von  concenfcrirter  Schwefelsäure 
wird  es  mit  brauner  Farbe  gelöst,  Wasser  bringt  darin  einen  in  Säuren 
unlöslichen,  in  Alkalien  löslichen  braunen  Niederschlag  hervor.  Salpeter- 
säure zersetzt  das  Cetrarin  unter  Bildung  von  Kleesäure  und  eines  gelben 
Harzes.  Concectrirte  kalte  oder  verdüunte  kochende  Salzsäure  färben  es 
dunkelblau.  Die  sich  hierbei  auflösende  geringe  Menge  von  Cetrarin  fällt 
beim  Kochen  als  dunkelblauem,  nach  dem  Trocknen  hellblaues  Pulver  nie- 
der, das  durch  längeres  Kochen  mit  Wasser  braun  wird.  Von  concen- 
trirter  Schwefelsäure  wird  dieser  blaue  Körper  mit  blutrother  Farbe  ge- 
löst und  durch  Wasser  anfangs  blau,  später  braun  daraus  gefällt.  Farblose 
Salpetersäure  verhält  sich  ähnlich,  nach  längerer  Einwirkung  entsteht 
Kleesäure  und  eine  harzartige  Materie.  Aus  der  Auflösung  des  blauen 
Körpers  in  Zinnsalz  wird  durch  Alkalien  ein  blauer  Lack  gefällt. 

In  salzsaurem  Gas  schmilzt  das  Cetrarin,  beim  Erwärmen,  unter  Auf- 
blähen und  Schwarzwerden , während  sich  eine  orangerothe  ölartige  Flüs- 
sigkeit und  ein  rothes  Sublimat  bilden. 

Die  Auflösungen  des  Cetrarins  in  «ätzenden  oder  kohlensauren  Alkalien 
färben  sich  im  concentrirten  Zustande  zuerst  gelb , dann  braun ; Säuren 
schlagen  daraus  braune  Flocken  nieder.  Uebersättigt  man  eine  Auflösung 
von  Cetrarin  in  verdünnter  Kalilauge  schwach  mit  Essigsäure,  so  lallen 
gallertartige  Flocken  nieder,  welche  Kali  enthalten,  beim  Trocknen  sich 
bräunen  und  sich  nur  wenig  in  Alkohol  und  Wasser  lösen.  Durch  Metall- 
salze werden  aus  der  alkoholischen  Lösung  Verbindungen  des  Cetrarins 
mit  Metalloxid  mit  eigentümlichen  Farben  niedergeschlagen.  Die  Silber- 
oxidverbindung enthält  10,35  — 10,47  pCt.  Silberoxid,  t Herberger .)  — Das 
Cetrarin  soll  in  Italien  gegen  Fieber  angewendet  werden. 

Mein,  Stechpalmenbitter.  — Durch  Fällung  der  Abkochung  der  Blätter 
von  Ilex  aquifolium  mit  Bleiessig,  Verdampfen  des  Filtrats  und  Auskochen 
des  Rückstandes  mit  absolutem  Alkohol  erhält  man  nach  dem  freiwilligen 
Verdunsten  braungelbe,  durchscheinende,  bitter  schmeckende  Kristalle, 
welche  sich  leicht  in  Wasser,  aber  nicht  in  Aether  lösen.  Die  Lösung 
wird  durch  Metalloxidsalze  nicht  gefällt.  ( Delechamps .)  Wurde  als  wirk- 
sames Mittel  gegen  intermittirende  Fieber  und  Wassersucht  empfohlen. 

Lilac-  oder  Syringa-Bitter.  — Die  unreifen  Kapseln  und  dünnen  Zweige 
des  spanischen  Flieders  enthalten  einen  in  heifsem  Wasser  leicht  löslichen, 
durch  Eisenvitriol  und  Bleiessig  fällbaren  Bitterstoff.  ( Braconnot , Petruz 
und  Robinet. ) — Wurde  als  Fiebermittel  empfohlen. 

Scordiumbitter.  — Der  Lachenkuoblauch  ( Teucrium  Scordium ) liefert 
bei  ähnlicher  Behandlung  wie  der  Bitterklee,  zur  Gewinnung  des  Menyaa- 
thins,  eine  gelbe,  durchsichtige,  als  Pulver  weifse  Masse,  von  aromati- 
schem stark  bitteren  Geschmack.  Leicht  schmelzbar  in  der  Wärme,  un- 
löslich in  kaltem  Wasser,  löslich  in  Weingeist,  weniger  in  Aether,  un- 
löslich in  verdünnten  Säuren,  löslich  in  concentrirfcer  Salpetersäure  und 
in  Alkalien.  Wird  von  concentrirter  Schwefelsäure  rothbraun  gefärbt. 
{Winkler.} 

Daphnin , Seidelbastbitter.  Von  Vauquelin  entdeckt,  von  C.  G. 
Gmelin  und  Bär  genauer  untersucht.  Findet  sich,  neben  scharfem  Harz, 
tu  der  Rinde  mehrerer  Seidelbastarten  {Daphne  Mezereum , D.  atyrina  u.  a.) 


Hesperidin,  Elaterin. 


1105 


und  wir*!  daraus  durch  Ausziehen  der  Rinde  mit  Alkohol,  Verdampfen  des 
Auszugs,  Behandeln  des  Extracts  mit  Wasser,  Fällen  mit  Bleiessig  u.  s. 
w.,  wie  Menyanthin  erhalten.  — Bildet  farblosdurchsichtige , büschelförmig 
vereinigte  Kristalle,  von  mäfsig  bitterem,  etwas  herbem  Geschmack;  we- 
nig löslich  in  kaltem,  leichter  löslich  in  heifsem  Wasser,  Alkohol  und 
Aether;  Alkalien  färben  efc  gelb;  Metalloxidsalze  fällen  die  wässerige 
Lösung  nicht;  von  Salpetersäure  wird  es  in  Kleesäure  zersetzt. 

Hesperidin  f Pomeranzenbitter.  — Von  Lebreton  1828  entdeckt.  Findet 
sich  im  weifsen  schwammigen  Theil  der  Pomeranzen  und  Citronen,  auch 
im  Fruchtknoten  der  Blüthe.  Der  schwammige  Theil  der  unreifen  oder  rei- 
fen Pomeranzen  wird  von  der  äufseren  Haut  und  dem  inneren  Mark  be- 
freit, mit  warmem  Wasser  ausgezogen,  der  erhitzte  und  filtrirte  Anszug 
mit  Kalkwasser  gesättigt,  zur  Syrupdicke  verdampft,  der  Rückstand 
hierauf  mit  Alkohol  ausgezogen  und  das  Filtrat  verdampft.  Man  behandelt 
dann  den  Rückstand  mit  dem  SOfachen  Gewicht  destillirtem  Wasser  oder 
Essig  kalt  und  überläfst  das  Gemische  8 Tage  der  Ruhe,  wo  Hesperidin 
niederfällt,  das  durch  ümkristallisiren  aus  Weingeist  gereinigt  wird.  — 

Es  bildet  weifse  seidenglänzende , büschelförmig  oder  in  Warzen  vereinigte 
Nadeln,  ist  geruch-  und  geschmacklos,  schmilzt  in  gelinder  Wärme  zu 
einer  harzähnlichen  Masse,  die  beim  Reiben  elektrisch  wird;  in  stärkerer 
Hitze  wird  es  zerstört , liefert  hierbei  kein  Ammoniak , und  verbrennt  mit 
Flamme  unter  Verbreitung  eines  aromatischen  Geruchs.  Salpetersäure 
färbt  es  gelb,  ebenso  Schwefelsäure,  dann  rotli,  Salzsäure  grüngelb;  es 
ist  unlöslich  in  kaltem,  löslich  in  60  Th.  heifsem  Wasser,  leichtlöslich  in 
heifsem  Weingeist,  unlöslich  in  Aether.  Die  Auflösung  in  Essigsäure  wird 
durch  Wasser  nicht  gefällt.  Schwefelsaures  Eisenoxid  fällt  die  Lösung 
rothbraun.  In  Alkalien  ist  es  leichtlöslich.  Es  ist  nicht  weiter  untersucht. 

— (Ueber  eine  efwas  abweichende , kristallinische  Substanz  in  den  grünen 
bittern  Pomeranzen  vergl.  Widnmann  in  Buchner’s  Repert.  Bd.  XXXII. 

S.  207.  und  Mag.  f.  Pharm.  Bd.  XXX.  S.  303.) 

Lapathin.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  Herberger  eine  Materie,  die 
er  bei  der  Analyse  der  Grindwurzel  ( Rumex  obtusifolius ) erhielt.  Sie  ist 
hart,  firnifsartig,  schmeckt  bitter,  färbt  den  Speichel  gelb,  in  Wasser 
und  Alkohol,  nicht  aber  in  Aether  und  flüchtigen  Oelen  löslich.  Die  wäs- 
serige Lösung  färbt  sich  mit  Alkalien  braun  und  wird  durch  Säuren  nicht 
wieder  gelb.  Ist  nicht  weiter  untersucht. 

Cornin.  — In  der  als  Fiebermittel  empfohlenen  Wurzelrinde  von  Cor- 
nus  florida  glaubte  Carpenter  eine  Pflanzeubase  aufgefunden  zu  haben. 
Geiger  fand  später,  dafs  sie  neben  einem  ktistallisirbaren  Harze  einen  Bit- 
terstoff enthalte,  von  sauren  Eigenschaften,  in  Wasser  und  Alkohol  lös- 
lich, mit  Bleiessig  und  salpetersaurem  Sslberöxid  Niederschläge  bildend. 

Wallnufsbitter.  Aus  den  grünen  Schalen  der  Wallnüsse  (von  Juglans 
regia ) durch  Auspressen  zu  erhalten.  — Der  frische  Saft  der  Wallnufs- 
schalen  ist  fast  wasserhell,  schmeckt  scharf  und  bitter,  wird  an  der  Luft 
schnell  braun,  verliert  seinen  scharfen  Geschmack.  Bei  längerer  Einwir- 
kung der  Luft  bilden  sich  bald  dunkelbraune,  geschmacklose,  in  Wasser  \ 
und  Weingeist  unlösliche  Flocken,  und  in  dem  Maafse , als  sich  diese 
bilden,  verliert  der  Saft  seine  Bitterkeit.  Der  frische  Saft  grünt  Eisen- 
oxidsalze (der  braungewordene  fällt,  in  Kalilauge  gelöst,  Eisenvitriol  un- 
ter Entfärbung  der  Flüssigkeit;  Büchner ),  fällt  Silbersolution,  der  Nie- 
derschlag wird  schnell  schwarz  und  enthält  reducirtes  Silber.  — Das  Ex- 
tract  der  Wallnüsse  ist  unreines  Wallnufsbitter  und  wird  als  Arzneimittel 
gebraucht.  — Der  Saft  dient  auch  zum  Schwarzfärben  der  Haare. 

Elaterin , Eselskürbisbitter.  — Von  Morrier  aus  der  Esels'gurke  (Mo- 
mordica  Elaterium ) dargestellt.  Der  eingedickte  Saft  der  Früchte  wird 
zuerst  mit  Wasser  behandelt,  der  Rückstand  mit  Alkohol  von  0,825  spec. 
Gew.  erschöpft  und  der  Auszug  zur  Syrupdicke  verdampft,  wo  Elaterin 
herauskristaüisirt.  Durch  Versetzen  der  Mutterlauge  mit  Aetzkali  fällt 
noch  mehr  nieder;  mau  wäscht  alles  mit  Aether.  Oder  mau  giefst  die  sehr 


1106 


Colocynthin,  Narcifcin. 


concentrirte  geistige  Lösung  in  Wasser , wo  Elaterin  herausfällt.  — Zarte 
weifse,  seidenglänzende  Kriställchen,  die  unter  dem  Mikroskope  als  ge- 
streifte rhombische  Säulen  erscheinen,  von  äufserst  bitterem,  etwas  stypti- 
schem  Geschmack.  Wirkt  in  der  geringsten  Dose,  zu  %a — %6  Gran, 
heftig  brechenerregend  und  purgireud.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  was-  j 
serigen  Alkalien  und  verdünnten  Säuren,  löslich  in  5 Th.  kaltem  und  2 
Th.  kochendem  Alkohol,  in  Aether  und  fetten  Oelen.  Schmilzt  etwas  über 
100°  und  verflüchtigt  sich  in  etwas  höherer  Temperatur  in  weifsen,  ste- 
chend riechenden  Nebeln.  Es  ist  ungewifs  ob  das  Elaterin  Stickstoff  ent- 
hält. Starke  Säuren  zerstören  es,  concentrirte  Salpetersäure  bildet  damit 
eine  gelbe,  gummiartige  Masse;  concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  mit 
dunkler  blutrother  Farbe  auf.  — Verdient  näher  untersucht  zu  werden. 

Colocynthin,  Coloquinthenbitter.  — In  den  Coloquinthen  ( Cucumis 
Colocy?ithis')  enthalten.  — Das  von  den  Kernen  befreite  zerschnittene  Mark 
wird  mit  kaltem  Wasser  ausgezogen;  aus  dem  verdampften  Auszug  schei- 
det sich  Colocynthin  in  ölartigen  , beim  Erkalten  fest  werdenden  Tropfen 
ab.  ( Vauquelin .)  Oder  man  zieht  das  wässerige  Extract  mit  Alkohol  aus, 
verdampft  das  Filtrat  und  behandelt  den  Rückstand  mit  wenig  Wasser,  wo 
Colocynthin  zurückbleibt.  ( Braconnot .)  — Braun-  oder  blafsgelbe,  durch- 
scheinende spröde  Masse,  von  muschligem  Bruch;  schmeckt  äufserst  bitter, 
wirkt  drastisch,  purgirend.  Löslich  in  Wasser,  Weingeist  und  Aether. 
Chlor  fällt  die  wässerige  Lösung;  Säuren  und  zerfliefsliche  Salze  bringen 
einen  schmierigen,  in  Wasser  unlöslichen  Niederschlag  hervor.  Die  Auf- 
lösung des  Colocynthins  wird  durch  mehrere  Metalloxidsalze,  aber  nicht 
durch  Kalilauge,  Kalk-  oder  Barytwasser  gefällt. 

Bryonin.  — In  der  Wurzel  von  Bryonia  alba  und  dioica.  Der  auf- 
gekochte und  filtrirte  Saft  der  Wurzel  wird  mit  Bleiessig  gefällt,  der  ge- 
waschene Niederschlag  mit  Schwefelwasserstoff  zersetzt  und  das  verdampfte 
Filtrat  mit  Alkohol  ausgezogen.  ( Brandes.')  Oder  der  durch  Absetzen- 
lassen von  der  Stärke  befreite  Saft  wird  nach  dem  Aufkochen  filtrirt,  ver- 
dampft, der  Rückstand  mit  Alkohol  digerirt,  die  Auflösung  wieder  ver- 
dampft und  der  Rückstand  mit  Wasser  behandelt,  welches  das  Bryonin 
aufnimmt,  das  man  durch  Verdampfen  daraus  gewinnt.  tVulongJ  — Röth- 
lich  braune,  im  reinsten  Zustande  gelblich  weifse  Masse,  schmeckt  anfangs 
süfslich,  dann  etwas  stechend,  äufserst  bitter;  löslich  in  Wasser  und 
Weingeist,  unlöslich  in  Aether;  wird  von  Chlor  nicht  zersetzt,  von  Schwe- 
felsäure mit  blauer,  hernach  grüner  Farbe  gelöst;  entwickelt  beim  Erhitzen 
Ammoniak.  Von  Alkalien  wird  es  nicht  verändert,  die  wässerige  Auflö- 
sung wird  durch  salpetersaures  Silberoxid  weifs,  durch  Chlorgold  gelb, 
durch  salpetersaures  Quecksilberoxidul  und  Bleiessig  weifs,  durch  Gallus- 
tinctur  grauweifs  gefällt.  — Wirkt  drastisch  purgirend,  giftig. 

Mudarin  nennt  Buncan  den  stark  brechenerregenden  Stoff  der  Wur- 
zelrinde von  Calotropis  Mudarii.  Man  erhält  es  beim  Verdampfen  der 
wässerigen  Lösung  des  alkoholischen  Extracts  der  Wurzelrinde  als  braune, 
durchsichtige,  extractähnliche  Masse.  In  Wasser  und  Alkohol  leicht,  in 
Aether,  Terpentinöl  und  fetten  Oelen  unlöslich.  Die  wässerige  Auflösung 
wird  bei  35°  gallertartig,  bei  höherer  Temperatur  coagulirt  sie,  indem 
sich  eine  pechartige  Masse  abscheidet,  die  sich  beim  Erkalten  erst  nach 
einigen  Tagen  wieder  löst. 

Scillitin , Meerzwiebelbitter.  — Aus  dem  eingedickten  Saft  der  Meer- 
zwiebeln (von  Scilla  maritima ) durch  Behandeln  mit  Weingeist,  Abdam- 
pfen, Wiederlösen  in  Wasser,  Versetzen  der  Lösung  mit  Bleizucker, 
Fällen  des  Filtrats  mit  Schwefelwasserstoff  und  Abdampfen  zu  erhalten. 
Farblose,  zerreibliche  Masse,  von  ekelhaft  bitterem,  dann  süfsfichem  Ge- 
schmack. Wird  an  der  Luft  feucht,  leichtlöslich  in  Wasser  (nach  Tilloy 
schwerlöslich),  löslich  in  Weingeist,  unlöslich  in  Aether;  wird  durch 
essigsaures  Bleioxid  nicht  gefällt.  Wirkt  brechenerregend  , purgirend , im 
reinsten  Zustande  giftig  iTilloy ). 

Nareitin.  In  allen  Theilen  der  Wiesennarcisse  ( Narcissus  Pseudo- 


Cytisia,  Zanthopicrin, 


U07 


Narcissus') , sowie  in  anderen  Narcissen  enthalten.  — Weifs  , durchschei- 
nend^ von  schwachem  Geruch  und  Geschmack,  zerfliefslich,  löslich  io 
Wasser,  Alkohol  und  Säuren.  Die  getrocknete  Zwiebel  soll  37  pCt. , die 
Blüthen  25  pCt.  enthalten.  Wirkt  brechenerregend.  ( Jourdain .) 

Cytisin.  — Bei  ähnlicher  Behandlung  des  weingeistigen  Extracts  der 
Früchte  des  Bohnenbaums  ( Cytisus  Laburnum ) erhält  man  eine  gelbgrüne, 
bittere  Masse,  deren  Auflösung  durch  Bleiessig  und  salpetersaures  Silber- 
oxid gefällt  wird.  Bewirkt  Schwindel  und  Erbrechen.  ( Chevallier  und 
Lassaigne.')  — Ist  nach  Peschier  nichts  anderes  als  die  folgende  Substanz. 

Cathartin,  Sennesblätterbitter.  In  den  Sennesblättern  (von  Cassia 
lanceolata  und  Senna  u.  s.  w.)  nach  Lassaigne  und  Feneulle , sowie  in 
Cytisus  alpinus,  Anagyris  foetida  und  Coronilla  varia  nach  Peschier  und 
Jaquemin  enthalten.  — Wird  ähnlich  wie  Scillitin  dargestellt.  — Gelb- 
braune, nicht  kristallisirbare,  durchsichtige  Masse,  von  bitterem,  ekel- 
haftem Geschmack,  löslich  in  Wasser  uud  Alkohol,  unlöslich  in  Aether. 
Wird  von  Alkalien  gebräunt,  von  Bleiessig  und  Gallustinctur  hellgelb  ge- 
fällt; liefert  beim  Erhitzen  stickstofffreie  Produkte. 

Dem  Cathartin  ähnlich  ist  nach  Gerber  die  bittere,  brechen-  und  pur- 
girenerregende  Substanz  der  Rinde  von  Rhamnus  frangula. 

Antiarin.  — Formel  C14  H20  Os.  QMalder .)  — Macht  das  wirksame 
Princip  des  Upas  Antiar  aus,  worunter  man  das  Gummiharz  von  Antiaris 
toxicaria , einem  auf  Borneo,  Sumatra  und  Java  wachsenden  Baume,  ver- 
steht. Das  Upas  Antiar  enthält,  nach  Mulder’s  Analyse,  in  100  Theilen : 
Pflanzeneiweifs  16,14,  Gummi  12,34,  Harz  20,93,  Myricin  7,02,  Antia- 
rin 3,56,  Zucker  6,31  und  Extractivstoff  33,70.  — Man  erhält  das  An- 
tiar! n daraus  durch  Ausziehen  mit  Alkohol , Behandeln  des  alkoholischen 
Extracts  mit  Wasser  und  Verdampfen  J)is  zum  Syrup,  wo  es  in  kleinen, 
perlmutterglänzenden  Blättchen  auschiefst,  die  durch  einmaliges  Umkristal- 
lisiren  rein  werden.  — Das  Antiarin  ist  geruchlos,  schwerer  als  Wasser, 
löslich  in  251  Th.  Wasser,  70  Th.  Alkohol  und  2792  Th.  Aether  von  22,5° 
in  27,4  Th.  Wasser  von  100°.  Es  ist  unveränderlich  au  der  Luft,  löslich 
in  verdünnten  Säuren;  concentrirte  Schwefelsäure  färbt  es  bei  gewöhnli- 
cher Temperatur  braun;  Salpeter-  und  Salzsäure  lösen  es  scheinbar  ohne 
Zersetzung  auf,  ebenso  Ammoniak  und  Aetzkali.  Die  wässerige  Lösung 
reagirt  weder  sauer  noch  alkalisch ; bei  220,6C  schmilzt  es  zu  einer  kla- 
ren, durchsichtigen  Flüssigkeit,  nach  dem  Erkalten  bleibt  eine  glasartige 
Masse.  Bei  240°,5  wird  es  braun,  sublimirt  nicht  und  stöfst  saure  Dämpfe 
aus.  Das  kristallisirte  Antiarin  enthält  13,44  pCt.  Wasser,  was  auf  1 At. 
Antiarin  2 At,  Wasser  beträgt.  Das  Antiarin  bringt  in  allen  Fällen,  schon 
auf  die  Wunde  eines  Thiers  gebracht,  den  Tod  hervor,  welchem  Erbre- 
chen, Convulsionen  und  Diarrhöen  vorangehen.  Die  tödtliche  Wirkung 
wird  durch  Beimischung  von  löslichen  Substanzen,  Zucker  u.  s.  w. , be- 
schleunigt. 

Zanthopicrin.  — Von  Chevallier  und  Pelletan  in  der  Rinde  von  Zan - 
thoxylum  Clara  Herculis  (Z.  caribaeum  Lam.~)  entdeckt.  — Man  erhält 
es,  indem  die  Rinde  mit  Alkohol  ausgezogen,  der  Auszug  verdampft,  der 
Rückstand  mit  kaltem  Wasser,  dann  mit  Aether  behandelt  wird.  Das  in 
beiden  Flüssigkeiten  Unlösliche  wird  in  Alkohol  gelöst ; beim  freiwilligen 
Verdampfen  schielst  das  Zanthopicrin  in  Kristallen  an.  — Grünlichgelbe, 
seidenglänzende,  verworrene  Nadeln,  die  äufserst  bitter  und  zusammen- 
ziehend schmecken,  die  Absonderung  des  Speichels  vermehren,  geruchlos 
und  luftbeständig  sind.  Reagirt  weder  sauer  noch  alkalisch,  sublimirt  beim 
Erhitzen  theilweise , leichtlöslich  in  Alkohol , schwerlöslich  in  Wasser, 
unlöslich  in  Aether;  wird  durch  Chlor  erst  nach  längerer  Einwirkung  zer- 
setzt, leichter  durch  unterchlorigsaures  Natron.  Schwefelsäure  färbt  es 
braun,  die  Farbe  verschwindet  aber  wieder  beim  Neutralismen  der  Säure; 
durch  längeres  Kochen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  wird  es  zersetzt; 
Salpetersäure  färbt  es  röthlich,  Salzsäure  verändert  eg  nicht.  Die  Auflö- 
sung wird  durch  die  meisten  Salze  nicht  gefällt,  oder  wenigstens  nur  in- 


1108 


Picrotoxin. 


sofern  als  sich  Zanthopicrin  flockig  abscheidet,,  wenn  die  Auflösungen  con- 
centrirt  sind;  nur  Goidchlorid  bewirkt  einen  orangefarbenen , in  Wasser 
und  Ammoniak  unlöslichen,  aber  iu  Weingeist  löslichen  Niederschlag;  aus 
der  weingeistigen  Auflösung  wird  durch  Zinnauflösung  Goldpurpur  gefällt. 
— Bis  jetzt  wurden  noch  keine  Versuche  über  die  medicinische  Wirkung 
des  Zanthopicrins  angestellt,  aber  auf  den  Antillen  benutzt  man  die  Rinde 
von  Zanthoxylum  Clava  Herciilis  als  Arzneimittel. 

Picrotoxin. 

Synonyme:  Kokkelkernbitter,  Kukkulin,  Menispermin. 

Boullay  entdeckte  dasselbe  1812;  später  glaubte  er,  es  sey  eine  or- 
ganische Base,  was  von  Casaseca  widerlegt  wurde.  Es  findet  sich  in  den 
Kokkelskörnern  (von  Menispermum  Cocculus'). 

§.  202.  Dar  Stellung.  Man  zieht  die  entschälten  Kok- 
kelskörner mit  Weingeist  aus  und  destillirt  den  Weingeist 
vom  Auszug  in  gelinder  Wärme  ab;  das  Picrotoxin  findet 
sich  unter  einer  Schichte  fettem  Oel  kristaüisirt.  Das  Oel 
entfernt  man,  prefst  das  Picrotoxin  noch  zwischen  Fliefspapier, 
um  es  von  Oel  zu  befreien,  löst  es  in  Weingeist,  filtrirt  durch 
Thierkohle  und  verdampft  in  gelinder  Wärme.  [Merck.)  — 

Wittstock  prefst  die  entschälten  Kokkelskörner  vorher  aus,  zieht  den 
Rückstand  3mal  mit  Alkohol  von  0,835  spec.  Gew.  aus,  destillirt  den 
Weingeist  ab,  löst  den  Rückstand  in  Wasser,  nimmt  das  Oel  ah,  filtrirt 
und  kristaüisirt  das  Picrotoxin  durch  gelindes  Verdampfen  der  Flüssigkeit. 
Pelletier  und  Coiterbe  behandeln  den  Rückstand  des  weingeistigen  Auszugs 
der  Kerne  mit  kochendem  Wasser  und  versetzen  die  abgegossene  Flüssig- 
keit mit  etwas  Säure ; beim  Erkalten  kristaüisirt  das  Picrotoxin  heraus.  — 
Boullay  kocht  die  entschälten  Kokkelskörner  mit  Wasser  aus,  verdampft 
den  Auszug  zur  Honigdicke,  versetzt  ihn  mit  Magnesia  oder  Baryt  (vor- 
theilhafter  wohl  Kalk),  verdampft  zur  Trockue,  extrahirt  den  Rückstand 
mit  Alkohol  und  verdampft-;  oder  er  zieht  das  wässerige  Extract  mit  Wein- 
geist heifs  aus,  läfst  den  Auszug  einige  Tage  ablagern,  wo  sich  fettes  Oel 
abscheidet,  verdampft,  behandelt  den  Rückstand  mit  Magnesia  u.  s.  w. 
wie  vorher.  Zur  Reinigung  wird  das  Picrotoxin  noch  mit  Thierkohle  be- 
handelt; auch  kann  das  Extract  vorher  durch  Bleiessig  und  Schwefelwas- 
serstoff entfärbt  und  die  stark  verdampfte  weingeistige  Lösung  mit  kohlen- 
saurem Kali  zerlegt  werden,  wo  nach  einiger  Zeit  das  Picrotoxin  kristal- 
lisirt.  — Nach  Meifsner  erhält  man  schon  durch  blofses  Verdampfen  der 
Abkochung  von  Kokkelskörnern  Kristalle  von  Picrotoxin. 

§.  203.  Eigenschaften . Weifse,  durchsichtige,  viersei- 
tige Säulchen  oder  sternförmig  gruppirte  Nadeln;  luftbestän- 
dig, geruchlos,  schmeckt  unerträglich  bitter;  ohne  Wirkung 
auf  Pflanzenfarben,  wird  in  höherer  Temperatur  zersetzt, 
ohne  zu  schmelzen.  Löst  sich  in  150  Th.  kaltem,  in  26  Th. 
kochendem  Wasser  und  in  3 Th.  kochendem  Alkohol  von 
0,800  spec.  Gew.;  es  ist  auch  in  Aether  löslich,  aber  nicht 
in  fetten  und  flüchtigen  Oelen.  In  Säuren,  namentlich  in 
Essigsäure,  löst  es  sich  leichter  als  in  Wasser,  ohne  damit 
salzartige  Verbindungen  einzugehen;  auch  in  Alkalien  ist  es 
leicht  löslich. 

Concentrirte  Schwefelsäure  bildet  mit  Picrotoxin  eine  safrangelbe,  nach 
und  nach  rothgelb  werdende  Auflösung;  mit  Salpetersäure  entsteht  Klee- 
säure. Mit  Bleioxid  geht  das  Picrotoxin  eine  lösliche , durch  Kohlensäure 
zersetzbare  Verbindung  ein. 


C o 1 u m b i n. 


1109 


Die  vorhandenen,  von  Pelletier  und  Couerbe , Oppermann  und  zuletzt 
von  Regnault  angestellten  Analysen  des  Picrotoxins  weichen  etwas  von 
einander  ab,  so  dafs  über  seine  Zusammensetzung  noch  Zweifel  herrschen. 
Es  sind  folgende: 

Pell.  u.  Couerbe.  Oppermann.  Regnault. 

Kohlenstoff  60,91  61,43  — 61,53  60,31  — 60,47 

Wasserstoff  6,00  6,11  — 6,33  5,83  — 5,70 

Sauerstoff  33,09  33,46  — 33,35  33,96  — 33,83 

Pelletier  und  Caventou  berechneten  hieraus  die  Formel  C12  H14  Os,  Opper- 
mann C10  Hi  2 04. 

Das  Picrotoxin  ist,  als  wirksames  Princip  der  Kokkelskörner,  giftig; 
es  bewirkt,  innerlich  genommen , Rausch,  Schwindel,  Convulsionen  und 
selbst  den  Tod. 

Unteiyjicrotoxinsäure.  — Bei  Behandlung  des  weingeistigen  Extracts 
der  Schalen  der  Kokkelskörner  mit  kochendem  Wasser,  sehr  verdünnter 
Säure  und  Aether,  erhielten  Pelletier  und  Couerbe  eine  dunkelbraune 
Masse  als  Rückstand,  welche  sie  mit  obigem,  unpassenden  Namen  be- 
zeichnen. Sie  ist  löslich  iu  Alkohol  und  Alkalien  , wird  aus  der  Auflösung 
in  den  letzteren  durch  Säuren  gefällt.  Die  damit  angestellte  Analyse  hat 
keinen  Werth. 

Columbin  f Columbium) . 

Von  Wittstock  1830  entdeckt.  — Findet  sich  in  der  Columbowurzel 
von  Menispermum  palmatum. 

§.  204.  Darstellung . Die  Columbowurzel  wird  mit  dem 
2 — 3 lachen  Gewicht  Alkohol  von  0,835  spec.  Gew.  ausge- 
wogen und  der  Alkohol  von  dem  Auszug  bis  auf  y3  abdestil- 
lirts,  wo  nach  einigen  Tagen  unreines  Columbin  anschiefst, 
welches  mit  Wasser  gewaschen,  in  Weingeist  gelöst  und 
mit  Thierkohle  behandelt  wird.  Beim  Verdampfen  des  Filtrats 
bleibt  reines  Columbin.  — öder  man  zieht  die  Wurzel  mit 
Aether  aus  und  überläfst  den  Auszug  der  freiwilligen  Ver- 
dunstung. 

§.  205.  Eigenschaften . Kristallisirt  in  farblosdurchsich- 
tigen, schiefen  rhombischen  Säulen  und  deren  Abänderungen, 
oder  in  zarten  weifsen  Nadeln,  schmeckt  sehr  bitter,  geruch- 
los, luftbeständig,  reagirt  weder  sauer  noch  basisch,  schmilzt 
in  gelinder  Hitze  und  liefert  bei  der  trockenen  Destillation 
ammoniakfreie  Produkte.  In  kaltem  Wasser,  Weingeist  und 
Aether  ist  es  wenig  löslich,  kochender  Weingeist  von  0,835 
löst  y40  — yso  seines  Gewichts,  in  ätherischen  Oelen  ist  es 
etwas  löslich,  leichter  in  Kalilauge,  woraus  es  durch  Säuren 
unverändert  gefällt  wird.  Salpetersäure  löst  es  ohne  Zer- 
setzung, Wasser  fällt  die  Auflösung  theilweise;  Salzsäure 
wirkt  nur  unbedeutend  auf  Columbin;  concentrirte  Schwefel- 
säure löst  es  erst  mit  orangegeiber,  dann  dunkelrother  Farbe 
auf,  Wasser  fällt  die  Lösung  rostfarben.  In  Essigsäure  ist 
es  sehr  leicht  löslich,  die  Auflösung  schmeckt  unerträglich 
bitter,  beim  Verdampfen  kristallisirt  das  Columbin  aus  der 
sauren  Auflösung  in  regelmäfsigen  Prismen.  Die  Auflösungen 
des  Columbins  werden  von  keinem  Metallsalze,  auch  nicht  von 
Gallusiinctur  gefällt. 


um 


Quassiin,  Lactu  ein. 


Nach  einer  Analyse  von  J.  L.  enthält  das  Columbin  66,36  Kohlenstoff. 
6,17  Wasserstoff  und  27,47  Sauerstoff. 

Anwendung.  Bis  jetzt  benutzt  man  das  Columbin  nicht  als  Heilmittel; 
es  macht  aber  den  wirksamen  Bestandteil  der  officinellen  Columbowur- 
zel  aus. 

Quassün.  Von  Winkler  dargestellt  und  von  Wiggers  näher  unter- 
sucht. Macht  den  bittern  Bestandteil  des  Holzes  von  Quassia  amara  und 
excelsct  aus.  — Die  filtrirte  Abkochung  des  zerkleinerten  Quassienholzes 
wird  bis  auf  3/4  vom  Gewicht  des  angewandten  Holzes  eingedampft,  nach 
dem  Erkalten  mit  Kalkhydrat  versetzt,  wodurch  Poetin  und  andere  Be- 
standteile des  Holzes  ausgeschieden  werdeL.  Nach  eintägiger  Berührung 
mit  dem  Kalk  wird  das  Filtrat  fast  zur  Trockne  verdampft  und  der  Rück- 
stand mit  80  — 90proceutigem  Alkohol  ausgezogen.  Die  Lösung  hinterläfst 
nach  der  Verdunstung  eine  hellgelbe,  kristallinische,  an  der  Luft  feucht 
werdende,  bittere  Masse,  woraus  das  Quassiin  durch  wiederholte  Behand- 
lung mit  möglichst  wenig  absolutem  Alkohol,  Vermischen  der  Auflösung 
mit  viel  Aether  und  Verdunsten  des  Filtrats  erhalten  wird.  Zuletzt  giefst 
man  die  ätherhaltige  Lösung  auf  etwas  Wasser  und  läfst  freiwillig  ver- 
dunsten. Man  erhält  sehr  kleine,  weifse,  undurchsichtige,  wenig  glän- 
zende Prismen,  die  luftbestäudig , geruchlos,  aber  sehr  bitter  sind.  Durch 
freiwillige  Verdunstung  der  Auflösung  des  Quassiins  in  absolutem  Alkohol 
oder  Aether,  ohne  Wasser,  erhält  man  es  als  durchsichtigen  Firnifs,  der 
bei  Berührung  mit  Wasser  weii's  und  undurchsichtig,  nicht  kristallinisch 
wird.  Beim  Erhitzen  schmilzt  das  Quassiin  wie  ein  Harz  und  verliert 
1,76  pCt.  hygroscopisches  Wasser;  nach  dem  Erkalten  bildet  es  eino 
durchsichtige,  etwas  gelbliche,  sehr  spröde  Masse.  In  höherer  Temperatur 
wird  es  dünnflüssiger,  färbt  sich  braun,  verkohlt  und  liefert  saure,  am- 
moniakfreie  Produkte.  100  Th.  Wasser  von  12°  lösen  0,45  Th.  Quassiin 
auf;  die  Löslichkeit  wird  durch  Salze  und  leichtlösliche  organische  Sub- 
stanzen vermehrt.  Die  wässerige  Lösung  wird  durch  Gerbsäure  weifs 
gefällt;  Iod,  Chlor,  Sublimat,  Eisen-  und  Bleisalze  bringen  darin  keinen 
Niederschlag  hervor.  In  Alkohol,  namentlich  wasserfreiem,  löst  sich  das 
Quassiin  sehr  leicht,  weniger  in  Aether.  Von  concentrirter  Schwefelsäure 
und  Salpetersäure  von  1,25  spec.  Gew.  wird  es  ohne  Farbenveränderung 
aufgenommen ; beim  Erhitzen  bildet  letztere  Säure  damit  Kleesäure.  — Bei 
der  Analyse  des  Quassiins  erhielt  Wiggers  66,77  Kohlenstoff,  6,91  Was- 
serstoff und  26,32  Sauerstoff,  woraus  er  die  Formel  Ci0  HJS  06  entwickelt, 
wahrscheinlich  ist  sie  aber  C20  H24  06 , wodurch  die  ungerade  Anzahl  der 
Wasserstoffatome  vermieden  ist. 

Lupulin , Lupulit , Hopfenbitter.  — Aus  dem  gelben  Staub  der  weib- 
lichen Hopfenblumen  (von  Humulus  Lupulus')  durch  Ausziehen  mit  Alko- 
hol, Vermischen  des  verdampften  Auszugs  mit  Wasser,  wodurch  Harz 
abgeschieden  wird.  Sättigen  der  wässerigen  Flüssigkeit  mit  Kalk,  zur  Ent- 
fernung von  Gerbsäure  und  Aepfelsäure,  Behandeln  des  verdampften  Fil- 
trats mit  Aether  und  Auflösen  in  Alkohol  zu  erhalten.  — Weifs,  gelblich 
und  undurchsichtig  oder  röthlichgelb  und  durchsichtig,  geruchlos,  hopfen- 
artig bitter,  löslich  in  5 Th.  Wasser  von  100°,  reagirt  weder  sauer  noch 
alkalisch,  unveränderlich  von  verdünnten  Säuren  und  Alkalien,  leichtlös- 
lich in  Alkohol,  unlöslich  in  Aether.  Liefert  bei  der  trockenen  Destillation 
ammoniakfreie  Produkte.  ( [Pagen , Chevallier  und  Velletan.’)  — Der  Hopfen- 
staub , welcher  von  Yves  auch  Lupulin  genannt  wurde,  enthält  aufser 
diesem  Bitterstoff  noch  ohngefähr  2 pCt.  eines  farblosen , in  Wasser  lös- 
lichen, flüchtigen  aromatischen  Oels,  welches  Schwefel  zu  enthalten  scheint 
und  ein  rotbgelbes,  in  Alkohol  und  Aether  leicht  lösliches  Harz. 

Lactucin , Lattigbiller  ( Lactucariwn).  — Aus  Lattich  (Lac- 
tuca  settiva,  auch  Lactuca  virosa  und  L.  Scariola ) durch  Einschnitte  in  die 
Stengel  und  Blätter,  Sammeln  des  ausflielsenden  Milchsaftes  und  Trocknen 
desselben  zu  erhalten.  Das  Sammeln  geschieht  am  besten  in  den  frühen  Mor- 
genstunden 5 man  nimmt  den  erhärtenden  Saft  vorsichtig  mit  einem  silbernen 


Lactucin,  Ergotin. 


lill 


Messer  ab,  ohne  die  Oberhaut  zu  verletzen.  — Hellgraubraune  (von 
Lactuca  sativa ) oder  gelbröthlichbraune  (von  Lactuca  virosa},  feste, 
zerreibliche,  doch  etwas  zähe,  luftbeständige  Masse,  von 
starkem  eigentümlichem,  opiumähnlichen  Geruch  und  sehr 
bitterem  Geschmack.  Wirkt  narkotisch,  beruhigend.  Ist  nur 
(heil weise  in  Weingeist,  Aether  oder  Wasser  löslich.  — ~ 

Das  eigentliche  Lactucin , welches  wahrscheinlich  den  wirksamen  Bestand- 
teil des  Milchsaftes  obiger  Pflanzen  ausmacht,  erhält  mai^  durch  Aus- 
ziehen des  feinzerriebenen  Lactucariums  mit  einem  Gemisch  von  Weingeist! 
und  %0  coucentrirtem  Essig  und  Fällen  des  mit  Wasser  versetzten  Aus- 
zugs mit  Bleiessig.  Das  durch  Schwefelwasserstoff  von  überschüssigem 
Blei  befreite  Filtrat  wird  in  gelinder  Wärme  verdampft  und  der  Rückstand 
entweder  mit  Aether  oder  besser  zuerst  mit  Alkohol  ausgezogen  und  dann 
das  alkoholische  Extract  mit  Aether  behandelt.  Beim  Verdunsten  der  äthe- 
rischen Lösung  bleibt  reines  Lactucin.  {Walz.}  Bildet,  wenn  es  durch 
freiwilliges  Verdunsten  gewonnen  ist ^ gelbgefärbte , unter  der  Loupe  als 
verworrene  Nadeln  erkennbare  Kristalle;  beim  schnelleren  Verdampfen 
erhält  man  es  als  gelbliches,  körniges,  zwischen  den  Fingern  etwas  kle- 
bendes, geruchloses,  stark  und  anhaltend  bitter  schmeckendes  Pulver.  Löst 
sich  in  60  — 80  Th.  kaltem  Wasser,  leicht  in  Weingeist,  weniger  in  Ae- 
ther. Die  Lösungen  schmecken  sehr  bitter,  dem  frischen  Milchsäfte  ähn- 
lich, reagiren  weder  sauer  noch  basisch.  Von  verdünnter  Salz-  und  Sal- 
petersäure wird  es  nicht  zersetzt,  Salpetersäure  von  1,48  verwandelt  es 
in  ein  braunes  geschmackloses  Harz;  concentrirte  Schwefelsäure  färbt  es 
braun ; in  Essigsäure  ist  es  löslicher  als  in  Wasser.  Schmilzt  beim  Er- 
hitzen zu  einer  braunen  Masse;  liefert  beim  Zersetzen  mit  Alkalien  ammo- 
niakfreie  Produckte.  Die  wässerige  Lösung  des  Lactucins  wird  durch  kein 
Reagens  gefällt.  Der  eingetrocknete  Milchsaft  des  Giftlattichs  enthält, 
aufser  Lactucin , noch  Spuren  eines  ätherischen  Oels,  eine  in  Aether  leicht 
und  eine  andere  in  Aether  schwer  lösliche  fette  Materie,  ein  gelbrothes 
geschmackloses  Marz,  grünlichgelbes  kratzendes  Harz,  Zucker,  Gummi, 
Pectinsäure,  eine  braune  liumusartige  Säure,  eine  braune  basische  Sub- 
stanz, Pflauzeneiweifs,  Kleesäure,  Citronsäure,  Aepfelsäure,  Salpeter- 
säure, Kali,  Kalk  und  Magnesia.  Die  von  Pfaff  und  Link  als  Lactuca - 
säure  beschriebene  Säure  ist  nichts  anderes  als  Kleesäure  (Walz}. 

Unter  Thridacium , Thridace  wird  auch  ein  Produkt  verstanden,  wel- 
ches man  durch  Auspressen  der  von  dem  Mark  befreiten  Stengel,  Blüthen 
und  Blätter  der  Pflanze  und  Verdampfen  des  filtrirten  Safts  in  gelinder 
Wärme  erhält.  Braungelbes,  an  der  Luft  zerfliefsliches,  in  Wasser  leicht 
lösliches  Extract;  röthet  Lackmus  und  besitzt  einen  dem  eingetrockneten 
Milchsäfte  ähnlichen  Geruch  und  Geschmack.  — Das  Lactucarium  und  Thri- 
dacium werden,  ähnlich  dem  Opium,  als  Arzneimittel  angewendet.  — Hier- 
her kann  man  vielleicht  noch  das 

Opiumextract  oder  den  Extractiv Stoff"  des  Opiums  zählen,  welcher 
die  Hälfte  des  Opiums  ausmacht.  Man  erhält  ihn  gelegentlich  aus  dem 
Opium  bei  Bereitung  des  Morphiums  und  der  Mohnsäure.  Möglichst  von 
allen  Beimischungen  befreit  ist  es  eine  schvvarzbrauue,  harte,  im  Bruch 
glänzende,  leicht  zerreibliche,  sauer  reagirende  Masse  von  Opium-Geruch 
und  Geschmack;  schwerlöslich  in  Wasser,  Weingeist  und  Aether,  leicht- 
löslich in  Essigsäure  und  ätzenden  Alkalien,  Säuren  fällen  die  alkalische 
Lösung  zum  Theil,  Alkalien  die  saure.  Gallustinktur  fällt  die  wässerige 
Lösung  stark  weifsgelb,  salzsaures  Eisenoxid  färbt  sie  braunschwarz.  Ob 
dieses  Extract  narkotische  Wirkungen  äufsert,  ist  nicht  untersucht.  In 
keiuem  Fall  kann  es  als  ein  reines  Pfla;  zeuprodukt  angesehen  werden,  es 
enthält  wohl  immer  noch  von  den  ausgeschiedenen  Stoffen.  (Vergl.  hier- 
über, so  wüe  über  Opium-Mark , Magaz.  für  Pharm.  Bd.  15.  S.  16*5.  und 
Annalen  der  Pharmacie  Bd.  5.  S.  151  u.  157.) 

Ergotin.  Von  Wiggers  1831  entdeckt.  — Macht  den  wirksamen  (?) 
Bestandteil  des  Mutterkorns  ( Secale  cornutum ) aus.  — Man  erhält  cs. 


im 


Porphyroxin,  Saponin. 


nachdem  das  zerstofsene  Mutterkorn  mit  Aether  ausgezogen  ist,  uro  Fett 
und  Wachs  zu  entfernen,  durch  Behandeln  desselben  mit  kochendem  Al- 
kohol , Verdunsten  des  Auszugs  zur  Extractconsistenz  und  Behandeln  des 
Extracts  mit  kaltem  Wasser,  wo  Ergotin  zurückbleibt.  — Ein  braunrothes, 
scharf  und  bitterlich  schmeckendes , beim  Erwärmen  eigentümlich  wider- 
lich aromatisch  riechendes  Pulver,  weder  sauer  noch  basisch  reagirend. 
Unschmelzbar,  unter  Luftzutritt  erhitzt  verbrennt  es  unter  Ausstofsen  eines 
eigentümlichen  Geruchs.  In  Wasser  (?)  und  Aether  ist  es  unlöslich, 
leicht  löslich  in  Weingeist  mit  rotbrauner  Farbe,  Wasser  trübt  die  gei- 
stige Lösung;  unlöslich  in  verdünnten  Säuren,  aber  löslich  in  concentrirter 
Essigsäure,  Wasser  fällt  die  Lösung  graubraun;  auch  löslich  in  Aetzkali- 
lauge,  Säuren  fällen  die  Lösung.  Salpetersäure  zerstört  das  Ergotin  in 
der  Wärme  und  löst  es  mit  gelber  Farbe  auf,  ohne  Kleesäure  oder  Schleim- 
säure zu  bilden;  Vitriolöl  löst  es  mit  rotbrauner  Farbe,  Wasser  fällt 
daraus  einen  graubraunen  Niederschlag.  Das  Ergotin  wirkt  narkotisch  (?) 
giftig , langsam  tödtend.  Bestandtheile?  (Vergl.  Wiggers  in  den  Annalen 
der  Pharmacie  Bd.  I.  S.  171  ff.). 

Porphyroxin.  Im  bengalischen  Opium  von  Merck  gefunden.  — Das 
gepulverte  Opium  wird  zuerst  mit  Aether,  dann  mit  Wasser,  weiches  etwas 
kohlensaures  Kali  enthält,  ausgezogen,  und  nun  von  neuem  mit  Aether 
gekocht.  Der  letzte  Auszug  hinteriäf'st  Codein,  Thebain  und  Porphyroxin. 
Sie  werden  in  Salzsäure  gelöst,  und  mit  Ammoniak  gefällt,  wobei  Codein 
gelöst  bleibt.  Von  dem  mit  niedergefallenen  Thebain  trennt  man  das  Por- 
phyroxin durch  Behandlung  mit  Weingeist.  — Das  Porphyroxin  kristallisirt 
in  feinen  glänzenden  Nadeln,  ist  weder  sauer  noch  basisch,  concentrirte 
Säuren  färben  es  olivengrün.  Weingeist,  Aether  und  verdünnte  Säuren 
lösen  es  leicht  ohne  Farbeuveränderung  auf,  Alkalien  schlagen  es  aus  der 
sauren  Auflösung  als  lockere,  voluminöse  Masse  nieder,  welche  beim  Er- 
wärmen harzartig  zusammenschmilzt  und  dann  leicht  zerreiblich  ist.  Die 
Auflösungen  in  verdünnten  Mineralsäuren  färben  sich  beim  Kochen  rotli, 
Alkalien  fällen  es  daraus  wieder  weifs , es  löst  sich  aber  hernach  auch  in 
Essigsäure  mit  rother  Farbe,  obschon  es  im  unveränderten  Zustande  durch 
Essigsäure  beim  Erhitzen  nicht  gefärbt  wird.  Die  purpurrothe  Lösung  in 
Salzsäure  wird  durch  Gerbstoff  und  Zinnsalz  lackartig,  durch  Goldchlorid 
schmutzigroth,  durch  Bieizucker  rosenroth  gefällt.  ( Merck .) 

Saponin.  In  der  Wurzel  von  Saponaria  officinalis  und  Gypsophila 
Struthium  enthalten.  Durch  Ausziehen  der  gepulverten  Wurzel  mit  kochen- 
dem Alkohol  von  36°  B.,  Filtriren,  Abdestilliren  des  Alkohols  und  wieder- 
holtes Behandeln  des  rückständigen  Extracts  mit  Alkohol,  so  lange  noch 
beim  Erkalten  Saponin  herausfällt,  erhält  man  es  als  eine  weifse,  unkri- 
stalJisirbare,  leicht  zerreibliche,  anfangs  süfsliche,  dann  anhaltend  scharf, 
stechend  kratzend  schmeckende,  geruchlose  Masse.  Das  Pulyer  erregt,  in 
der  geringsten  Menge  in  die  Nase  gebracht,  heftiges  Niesen.  Das  Saponin 
reagirt  weder  sauer  noch  basisch,  lost  sich  leicht  in  Wasser;  auch  die  sehr 
verdünnte  wässerige  Lösung  schäumt  noch  stark  beim  Schütteln.  Es  ist  in 
500  Th.  wasserfreiem,  siedendem  Alkohol  löslich,  und  fällt  beim  Erkalten 
der  Lösung  wieder  gröfstentheils  heraus;  wässeriger  Weingeist  löst  es 
leichter;  in  Aether  ist  es  unlöslich.  Salpetersäure  von  1,33  spec.  Gew. 
zersetzt  das  Saponin  in  ein  saures  gelbes  Harz,  Schleimsäure  und  Klee- 
säure; Alkalien  verwandeln  es  in  Saponinsäure.  — Nach  einer  Analyse 
von  Bussy  enthält  das  Saponin  in  100  Th.  51,0  Kohlenstoff,  7,4  Wasser- 
stoff und  41,6  Sauerstoff.  — Bis  jetzt  ist  das  Sapouin  nicht  officinell.  Die 
Wurzel  dient  zum  Reinigen  der  Zeuge. 

Saponinsäure  CAescnlinsäiire , Fremy).  Entsteht  bei  Behandlung  von 
Saponin  mit  Säuren  und  Alkalien.  Löst  man  Saponin  in  verdünntem  wäs- 
serigem Kali  auf,  verdampft  zur  Trockne  und  zieht  den  Rückstand  mit 
Alkohol  aus,  so  löst  sich  saponinsaures  Kali  in  dem  Weingeist  auf,  das 
bei  Zerlegung  mit  einer  Säure  die  Saponinsäure  liefert.  Weifses  Pulver, 
unlöslich  in  kaltem,  schwerlöslich  in  heifsem  Wasser,  leichtlöslich  in  Al- 
kohol, unlöslich  in  Aether.  Schmilzt  in  höherer  Temperatur  unter  Zer- 


Smilacin,  Guajacin. 


1113 


Setzung  und  liefert  bei  der  trockenen  Destillation  kein  kristallinisches  Pro- 
duct. Die  Saponinsäur©  ist  eine  so  schwache  Säure , dafs  sie  die  Kohlen- 
säure aus  ihren  Verbindungen  nicht  auszutreiben  vermag.  - Besteht  nach 
der  Analyse  aus  57,3  Kohlenstoff,  8,3  Wasserstoff  und  34,4  Sauerstoff, 
was  der  Formel  C26  H46  012  entspricht.  CFremyJ 

Smilacin.  — Sy  non. : Pariglin,  Salseparin , Parillinsäure.  — Von 
Pallota  in  der  Sarsaparille  (von  Smüax  Sarsaparilla ) gefunden.  — Kri- 
stallisirt  aus  dem  bis  auf  % verdampften  und  durch  Thierkohle  entfärbten 
alkoholischen  Auszug  der  Wurzel.  Durch  Umkristallisiren  wird  es  rein 
erhalten  (Thuebeuf , PoggiaW).  Das  durch  freiwillige  Verdunstung  der 
alkoholischen  Auflösung  kristallisirte  Smilacin  bildet  feine,  färb-  und  ge- 
schmacklose Nadeln.  Leichtlöslich  in  kochendem  Wasser  und  Alkohol, 
schwieriger  in  kaltem ; auch  in  Aether,  flüchtigen  und  wenig  in  fetten  Oelen 
löslich;  die  wässerige  und  alkoholische  Auflösung  schäumt  beim  Schütteln. 
Löst  sich  in  verdünnten  Säuren  und  Alkalien  und  scheidet  sich  bei  der 
Neutralisation  dieser  Auflösungen  wieder  unverändert  ah.  Von  Salpeter- 
säure wird  es  theilweise  zersetzt,  Schwefelsäure  färbt  es  zuerst  dunkel- 
roth,  dann  violett,  endlich  gelb,  durch  Wasser  wird  es  daraus  wieder 
gefällt. 

Das  Smilacin  ist  von  Poggiale,  Thuebeuf  und  Petersen  auf  seine  Zu- 
sammensetzung untersucht  worden.  Es  enthält  8,56*  pCt.  Wasser  und  nach 
der  Analyse  des  letzteren  6*3,63  Kohlenstoff,  9,09  Wasserstoff  und  27,28 
Sauerstoff,  woraus  sich  die  Formel  C1S  II26  05  entwickelt,  welche  63,39 
Kohlenstoff,  8,96  Wasserstoff  und  27,64  Sauerstoff  verlangt. 

Unter  dem  Namen  Chinovabitter  beschrieb  Winkler  eine  von  ihm  aus 
der  China  nova  dargestellte  Substanz,  von  welcher  Büchner  jun.  zeigte, 
dafs  sie  in  ihren  Eigenschaften  mit  dem  Smilacin  identisch  sey.  Nach  der 
Analyse  von  Petersen  enthält  es  67,61  Kohlenstoff,  8,99  Wasserstoff  und 
23,40  Sauerstoff,  was  der  Formel  C1S  H24  04  entspricht,  welche  sich  von 
der  des  Smilacins  nur  durch  1 At.  Wasser  unterscheidet,  welches  das 
letztere  mehr  enthält. 

Senegin , Polygalasäure , Poly galin.  — Von  Gehlen  zuerst  entdeckt, 
später  von  Feneulle , Peschier  und  am  ausführlichsten  von  Quevenne  un- 
tersucht. Ist  in  der  Polygala  Senega  und  virginea  enthalten.  — Man  er- 
hält es,  indem  man  den  wässerigen  Auszug  der  Polygala  mit  JBleizucker 
fällt,  die  von  dem  Niederschlag  abfiltrirte  Flüssigkeit  durch  Schwefel- 
wasserstoff vom  Blei  befreit,  verdampft,  den  Rückstand  mit  Alkohol  von 
86°  auszieht,  wieder  verdampft,  das  alkoholische  Extract,  nachdem  es 
vorher  mit  Aether  behandelt  wurde,  in  Wasser  löst  und  mit  basisch  essig- 
saurem Bleioxid  fällt.  Der  so  erhaltene  Niederschlag  liefert,  nach  dem 
Auswaschen,  Zersetzen  mit  Schwefelwasserstoff  und  Behandeln  des  ver- 
dampften Filtrats  mit  Alkohol,  das  Senegin  im  reinen  Zustande.  — Es  ist 
weifs,  pulvrig,  geruchlos,  anfangs  fast  geschmacklos,  später  jedoch  sehr 
scharf,  im  Schlunde  zusammenziehend  wirkend ; an  der  Luft  unveränder- 
lich; erregt  im  gepulverten  Zustande  Niesen;  nicht  flüchtig;  in  kaltem 
Wasser  langsam,  in  heifsem  leichter,  auch  in  Alkohol  löslich,  unlöslich 
in  Aether,  Essigsäure,  fetten  und  ätherischen  Oelen.  Das  Senegin  zer- 
setzt die  kohlensauren  Alkalien  nicht.  Es  löst  sich  leicht  in  ätzenden  al- 
kalischen Flüssigkeiten  ohne  sie  zu  neutralisiren.  — Läfst  man  Senegin 
24  Stunden  mit  einem  grofsen  Ueberschufs  concentrirter  Salzsäure  in  Be- 
rührung, so  wird  es  gallertartig,  in  Wasser  fast  unlöslich  und  in  seinen 
Eigenschaften  überhaupt  verändert. 

Quevenne  fand  bei  der  Analyse  des  Senegins  55,70  Kohlenstoff, 
7,53  Wasserstoff  und  36,77  Sauerstoff,  was  der  Formel  C22  H36  On  ent- 
spricht. 

Guajacin.  Von  Trommsdorff  in  dem  Guajakholz  und  der  Rinde  ent- 
deckt. — Wird  erhalten,  indem  das  Holz  oder  die  Rinde  mit  Alkohol  aus- 

Gdßcr’t  Pharmacic.  L ( 5<e  jlafl.) 


1114 


Piumbagin,  P eueedanin. 


gezogen,  der  Alkoholauszug  mit  Wasser  vermischt,  abdestillirt,  die  wäs- 
serige Flüssigkeit  vom  Harz  getrennt,  zur  Trockne  verdampft,  der  Rück- 
stand mit  Alkohol  behandelt,  der  geistige  Auszug  verdampft,  der  trockene 
Rückstand  in  Wasser  aufgenommen  und  das  Filtrat  mit  einer  starken 
Säure,  verdünnter  Schwefelsäure  u.  s.  w. , versetzt  wird,  so  lange  ein 
Niederschlag  entsteht,  den  man  mit  Wasser  auswäscht.  — Es  ist  eine 
dunkelgelbe,  feste  Masse,  die  zerrieben  ein  hellgelbes  Pulver  gibt;  luft- 
beständig, geruchlos,  schmeckt  sehr  kratzend,  der  Senega  ähnlich  und 
bitter;  in  kaltem  Wasser  wenig,  aber  leicht  in  heifsem , leichter  in  Alkohol 
löslich,  die  Lösungen  reagiren  weder  sauer  noch  basisch;  unlöslich  in 
Aether.  Alkalien  verändern  die  wässerige  Lösung  nicht ; starke  Säuren 
fällen  aber  das  Guajacin  als  ein  gelbes  Pulver,  das  später  harzartig  zu- 
sarnmenklebt , schwere  Metallsalze  fällen  sie  nicht,  nur  ßleiessig  bewirkt 
schwache  Trübung.  Beim  Erhitzen  bläht  es  sich  auf,  entwickelt  aroma- 
tisch riechende,  ammoniakfreie  Dämpfe  und  verbrennt  unter  Luftzutritt. 
Salpetersäure  verwandelt  es  anfangs  in  eine  gelbe  harzige  Substanz,  später 
bildet  sieb  Kleesäure.  — An  sich  nicht  officinell.  Macht  jedoch  einen  wirk- 
samen Bestandteil  des  Guajaks  aus,  und  ist  die  Ursache  des  kratzenden 
Geschmacks  des  Guajakharzes.  — Vergl.  Trommsdorff  in  dessen  Journal 
n.  R.  Bd.  21.  St  1.  &.  10. 

Plumbagin.  — Von  Bulong  (VAslafort  aus  der  Wurzel  von  Plumbago 
europaea  1828  erhalten.  Man  zieht  die  Wurzel  mit  Aether  aus  und 
dampft  ab,  den  Rückstand  behandelt  man  wiederholt  mit  kochendem  Was- 
ser, wo  unreines  Plumbagin  kristallisirt , welches  durch  wiederholtes  Lö- 
sen in  Aether  oder  ätli  er  haltigem  Weingeist  und  Verdampfen  zu  reinigen 
ist.  Aus  dem  Wurzelrückstand  läfst  sich  noch  durch  Behandeln  mit  Alko- 
hol, Aether  u.  s.  w.  Plumbagin  ausziehen.  — Das  Plumbagin  kristallisirt  in 
feinen,  oft  büschelförmig  vereinigten  orangegelben  Nadeln  oder  Prismen, 
von  anfangs  süfslich  reizendem,  dann  brennend  scharfem  Geschmack;  ist 
leicht  schmelzbar  und  verflüchtigt  sich  in  der  Hitze  zum  Theil  unverän- 
dert; reagirt  weder  sauer  noch  alkalisch;  ist  kaum  löslich  in  kaltem,  aber 
mehr  löslich  in  heifsem  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol  und  Aether; 
Wasser  trübt  die  geistigen  Lösungen,  kalte  concentrirte  Schwefel-  und 
Salpeter -Säure  bilden  damit  eine  gelbe  Lösung,  woraus  Wasser  gelbe 
Flocken  niederschlägt ; Alkalien  färben  die  wässerige  Lösung  schön  kirseb- 
rotk,  Säuren  stellen  die  gelbe  Farbe  wieder  her.  Bleiessig  färbt  sie  auch 
roth,  unter  Bildung  eines  carmoisiurothen  Niederschlags.  Neben  Plumbagin 
enthält  die  Wurzel  ein  wenig  untersuchtes  Fett,  welches  den  Händen  eine 
bleigraue  Farbe  ertheilt,  woher  die  Wurzel  ihren  Namen  hat. 

Arthamtin,  Cyclcimin.  Von  Saladin , dann  Büchner  und  Herberger 
aus  dem  Schweinsbrod  (der  Wurzel  von  Cyclamen  europmeum ) dargestellt. 
— Wird  erhalten,  indem  man  die  frische  Wurzel  mit  Weingeist  auszieht, 
den  Auszug  verdampft,  den  Rückstaud  zuerst  mit  Aether,  dann  mit  kaltem 
Wasser  behandelt,  das  Ungelöste  ist  Artbanitin,  welches  man  wieder  in 
Alkohol  auflöst,  mit  Thierkohle  behandelt,  und  kristallisirt.  — Eigenschaf- 
ten: Es  kristallisirt  in  zarten  weifsen  Nadeln,  die  geruchlos  sind,  aber 
äufserst  scharf  kratzend  und  brennend  schmecken,  reagirt  weder  sauer 
noch  basisch,  wirkt  brechenerregend  und  purgirend.  In  Wasser  ist  es 
schwerlöslich , 1 Theil  bedarf  gegen  500  Theile,  leichtlöslich  in  Alkohol, 
unlöslich  in  Aether  und  Oelea.  Wird  leicht  zerstört,  schon  in  der  Koch- 
hitze des  Wassers  wird  es  verändert  und  verliert  seine  Schärfe  und  leichte 
Löslichkeit  in  Alkohol.  Concentrirte  Schwefelsäure  färbt  es  lebhaft  vio- 
lett, und  verkohlt  es  in  der  Wärme.  (Journal  de  chimie  medicale  t.  VI. 
p.  417.  und  Buchner’s  Repertorium  Bd.  87.  S.  36.) 

Peucedanin.  — Von  Sclilatter  1832  in  der  Haarstrangwurzel  (von 
Peucedanum  officinale ) entdeckt.  — Formel:  C4  H4  O ( Erdmann , Zöp- 
pritz ).  — Wird  durch  Ausziehen  der  Wurzel  mit  Weingeist  und  Ver- 
dampfen des  Auszugs  erhalten,  das  man  durch  Waschen  mit  Wasser  und 
Alkohol  und  wiederholtes  Umkristallisiren  aus  Aether  von  beigemengtem 
Harz  reinigt.  — Kristallisirt  in  büschelförmig  vereinigten,  zarten,  lockern. 


Imperatorin,  Fraxinin. 


1115 


glänzend  weifsen,  durchsichtigen  Prismen , ist  geruchlos , auch  fast  ge- 
schmacklos, schmilzt  bei  60°  ohne  Gewichtsverlust  und  wird  nur  langsam 
wieder  fest,  indem  es  zuerst  einen  zähen  durchsichtigen  Syrup  bildet,  in 
welchem  sich  nach  und  nach  einzelne  undurchsichtige  Kerne  bilden,  bis 
endlich  das  Ganze  zu  einer  wachsähnlichen  Masse  erstarrt.  Beim  Umrüh- 
ren geht  das  Erstarren  oft  augenblicklich  vor  sich.  Unlöslich  in  kaltem 
und  kochendem  Wasser,  wenig  löslich  in  kaltem  SOprocentigem  Alkohol, 
leichter  in  heifsem;  durch  Wasser  wird  es  daraus  wieder  gefällt.  Die 
Auflösung  schmeckt  brennend  scharf  und  anhaltend  kratzend,  ist  neutral. 
Leicht  löslich  in  Aether,  auch  in  fetten  und  flüchtigen  Oelen.  Wässerige 
Säuren  lösen  es  nicht,  aber  wässerige  Alkalien,  Säuren  schlagen  daraus 
das  Peucedanin  unverändert  nieder.  Concentrirte  Schwefel»,  Salz-  und 
Essigsäure  wirken  in  der  Kälte  nicht  darauf,  concentrirte  Salpetersäure 
bildet  damit  beim  Erwärmen  unter  Zersetzung  eine  goldgelbe  Flüssigkeit, 
die  durch  Wasser  nicht  getrübt  wird;  mit  lod  und  Chlor  geht  es  Verbin- 
dungen ein,  die  nicht  näher  untersucht  sind.  — Die  Niederschläge,  welche 
eine  weingeistäge  Auflösung  des  Peucedanins  mit  mehreren  Metallsalzen, 
schwefelsaurem  Kupferoxid  und  essigsaurem  Bleioxid  bildet,  enthalten  kein 
Peucedanin.  Mit  essigsaurem  Kupferoxid  erhielt  Erdmann  einen  Nieder- 
schlag, der  45,3  — 44,3  pCt.  Kupferoxid  enthielt.  Beim  Auflösen  von 
wahrscheinlich  aus  alten  Wurzeln  dargestelltem  Peucedanin  in  Aether 
blieb  eine,  bis  auf  die  Unlöslichkeit  in  Aether,  mit  Peucedanin  sich  gleich 
verhaltende,  weifse  pulvrige  Substanz  zurück,  deren  Analyse  zu  der  For- 
mel C8  H8  03  führte,  die  sich  von  obiger,  doppelt  genommen,  nur  durch 
1 At.  Sauerstoff  unterscheidet,  den  letztere  mehr  enthält.  ( Erdmann. ) 

Imperatorin.  — Von  Osann  1831  in  der  Meister wurzel  (von  Impera- 
toria  Ostrntiuni)  gefunden.  Formel:  C24  Ha4  05  ( [Fr . Böbereiner).  — Wird 
durch  Ausziehen  der  Wurzel  mit  Aether  erhalten.  — Kristallisirt  in  farblos- 
durchsichtigen, langen  und  schiefen  rhombischen  Prismen,  ist  geruchlos, 
schmeckt  sehr  scharf  und  brennend,  reagirt  weder  sauer  noch  basisch, 
schmilzt  bei  75°  und  erstarrt  wieder  zu  einer  strahligen  Masse  von  1,193 
spec.  Gew.;  in  höherer  Temperatur  wird  es  zersetzt,  unter  Verbreitung 
eines  scharfen  Geruchs.  Unlöslich  in  Wasser;  löslich  in  Alkohol,  Aether, 
Terpentinöl  und  Olivenöl.  Aus  der  Auflösung  in  Kalilauge  wird  es  durch 
Säuren  unverändert  gefällt;  in  Schwefelsäure  löst  es  sich  mit  braunrother, 
in  Salpetersäure  mit  gelber  Farbe;  durch  Wasserzusatz  scheidet  es  sich 
wieder  ab.  Iod  geht  damit  eine  braunrothe  Verbindung  ein,  welche  das 
lod  beim  Erwärmen  wieder  fahren  läfst.  ( Wackenroder .) 

Phillyrin.  — Von  Carbonieri  in  der  Rinde  von  Phillyrea  media  und 
latifolia  aufgefunden.  — Die  Rinde  wird  durch  Kochen  mit  Wasser  er- 
schöpft, die  Flüssigkeit  etwas  verdampft,  mit  Eiweifs  geklärt  und  mit 
Kalkmilch  etwas  im  Ueberschufs  versetzt.  Nach  längerem  Stehen  wird 
das  Abgesetzte  abfiltrirt,  geprefst,  der  schwarzgrüne  Rückstand  wieder- 
holt mit  Alkohol  behandelt  und  der  durch  Thierkohle  entfärbte  Auszug 
nach  dem  Filtriren  und  Abziehen  des  Alkohols  mit  Wasser  versetzt.  Bei 
gelindem  Verdampfen  kristallisirt  das  Pbyllinn  in  silberglänzenden  Blät- 
tern. Es  ist  geruchlos,  anfangs  geschmacklos,  dann  bitter;  wenig  löslich 
in  kaltem , leichter  löslich  in  heifsem  Wasser  und  in  Alkohol ; in  Aether 
ist  es  wenig,  in  ätherischen  und  fetten  Oelen  gar  nicht  löslich.  Concen- 
trirte Schwefelsäure  löst  es,  unter  Zersetzung,  mit  rothbrauner  Farbe. 
Salpetersäure  erzeugt  damit  ein  gelbes  Harz,  keine  Oxalsäure.  Von  ver- 
dünnten Säuren  und  Alkalien  wird  es  in  nicht  gröfserer  Quantität  als  von 
Wasser  aufgenommen. 

Fraxinin.  — Von  Keller , welcher  es  aus  der  Rinde  von  Fraxinus 
excelsior  darstellte,  für  eine  organische  Base  gehalten,  was  aber  von 
Büchner  und  Herberger  widerlegt  wurde.  — Der  Auszug  der  Rinde  wird 
mit  Bleiessig  gefällt,  das  Filtrat  durch  Schwefelwasserstoff  vom  Blei  be- 
freit und  verdampft,  wo  das  Fraxinin  kristallisirt.  — Feine  sechsseitige, 
an  der  Luft  unveränderliche  Prismen.  Leicht  in  Wasser  und  Weingeist  * 


1Ü6 


Tanghinin^  Meconin. 


schwer  in  Aether  löslich.  Die  wässerige  Lösung  schmeckt  sehr  bitter  und 
schillert,  wahrscheinlich  in  Folge  beigemischten  Polychroms. 

Tanghinin.  — Von  Henry  j.  und  Olivier  aus  den  von  dem  fetten  Ocle 
befreiten  Mandeln  von  Tanghinict  madagascariensis  durch  Ausziehen  mit 
Aether  und  Verdunsten  durgestellt.  — Kristallisirt  aus  der  Auflösung  in 
Alkohol  von  0,815  spec.  Gewicht  in  durchsichtigen,  glänzenden,  an  der 
Luft  verwitternden  Schuppen.  Löslich  in  Wasser;  schmilzt  beim  Erhitzen; 
zeigt  weder  saure  noch  basische  Eigenschaften  und  ist  stickstofffrei.  Schmeckt 
äufserst  brennend,  bitter;  wirkt,  innerlich  genommen,  giftig. 

Melampyrin . — Von  Hünefeldt  aus  Melampyrum  nemorosum  darge- 
stellt. — Die  getrocknete,  anfangs  der  Bliithezcit  gesammelte  Pflanze  wird 
mit  Wasser  ausgekocht.  Aus  dem  zur  Consistenz  eines  Mellago  einge- 
dampften Auszuge  scheidet  sich  nach  längerem  Stehen  das  Melampyrin 
krystallinisch  aus.  Aus  der  von  den  Kristallen  abgegossenen  Flüssigkeit 
läfst  sich  durch  Fällen  mit  Bleisalzen,  Kochen  des  Filtrats  mit  Bleiweifs, 
Ausfällen  des  Blei’s  aus  der  Flüssigkeit  durch  Schwefelwasserstoff  und 
Eindampfen  noch  mehr  gewinnen.  — Färb-,  geruch-  und  geschmacklose, 
wasserhelle  Säulen,  leichtlöslich  in  Wasser,  wenig  in  Weingeist,  unlöslich 
in  Aether.  Es  ist  stickstofffrei,  vollkommen  neutral  und  wird  durch  Blei- 
und  andere  Metalloxidsalze  nicht  gefällt. 

Meconin.  — Von  Couerhe  1833  im  Opium  entdeckt.  Formel:  C4  ET* 
O*  C?)  C Couerbe).  — Wird  erhalten,  indem  Opium  mit  Wasser  erschöpft, 
der  Auszug  bis  auf  8°  Baume  verdampft  und  mit  verdünntem  Ammoniak 
versetzt  wird,  so  lange  ein  Niederschlag  entsteht.  Dieser  wird  mit  Wasser 
wohl  gewaschen,  sämmtliche  ammoniakalische  Flüssigkeiten  zur  Syrup- 
dicke  verdampft  und  14  Tage  bis  3 Wochen  an  einen  kühlen  Ort  hinge- 
stellt, wo  unreines  Meconin  mit  mohnsauren  Salzen  u.  s.  w.  anschiefst. 
Die  zwischen  Fliefspapier  geprefsten  Kristalle  werden  in  kochendem  Al- 
kohol von  36°  Baume  gelöst,  der  Alkohol  bis  auf  */5  abdestillirt ; beim  Er- 
kalten fällt  Meconin  nieder;  durch  ferneres  Verdampfen  der  Mutterlauge 
erhält  man  noch  mehr.  Man  reinigt  die  Kristalle  wieder  durch  Pressen 
und  bringt  sie  mit  kochendem  Wasser  in  Berührung;  das  Meconin  schmilzt 
ölartig  und  löst  sich ; man  setzt  so  viel  'Wasser  zu , bis  alles  durch  Kochen 
gelöst  ist,  entfärbt  die  braune  Flüssigkeit  mit  Thierkohle  und  filtrirt;  beim 
Erkalten  schiefst  Meconin  an,  das  durch  Umkristallisiren  aus  Aether  ge- 
reinigt wird.  Das  dem  rohen  Morphium -Niederschlag  noch  anhängende 
Meconin  kann  man  durch  Behandlung  mit  Aether  gewinnen,  wodurch  letz- 
teres neben  Narcotin  gelöst  wird;  man  behandelt  das  vom  Aether  befreite 
unreine  Meconin  mit  kochendem  Wasser  und  Thierkohle,  wodurch  es  von 
Narcotin  und  färbender  Substanz  befreit  wird.  — Das  Meconin  kristallisirt  in 
weifsen,  sechsseitigen  Prismen,  mit  3 Flächen  zugespitzt,  ist  geruchlos, 
anfangs  geschmacklos,  später  scharf  schmeckend,  reagirt  weder  sauer 
noch  basisch,  schmilzt  bei  90°  und  destillirt  bei  155°  ohne  zerlegt  zu 
werden;  beim  Erkalten  erstarrt  es  zu  einer  weifsen  fettähnlichen  Masse; 
verbrennt,  an  der  Luft  erhitzt,  mit  heller  Flamme.  Von  kaltem  Wasser 
erfordert  es  266  Th.,  von  kochendem  etwas  über  18  Tb.  zur  Lösung, 
wobei  es  zuvor  ölartig  schmilzt;  in  Alkohol  und  Aether  ist  es  viel  leichter 
löslich,  ebenso  in  ätherischen  Oelen.  Die  wässerige  Lösung  wird  durch 
Bleiessig  gefällt.  Von  Alkalien,  uicht  aber  von  Ammoniak,  wird  das  Me- 
conin aufgelöst,  ebenso  von  Salz-  und  Essigsäure.  — Mit  dem  halben  Ge- 
wicht Wasser  verdünnte  Schwefelsäure  löst  das  Meconin  klar  und  farblos 
auf,  beim  Erwärmen  und  Verdunsten  wird  die  Flüssigkeit  dunkelgrün. 
Alkohol  verwandelt  die  grüne  Farbe  in  rosenroth,  beim  Verdunsten  wird 
sie  wieder  grün.  Wasser  fällt  daraus  braune  Flocken,  unter  rotli er  Fär- 
bung der  Flüssigkeit,  welche  durch  Concentration  wieder  grün  wird  u.  s.  f. 
Ammoniak  erhöht  die  rothe  Farbe  der  verdünnten  Flüssigkeit.  Die  durch 
Wasser  gefällte  braune  Substanz  löst  sich  in  Schwefelsäure  mit  grüner, 
in  Alkohol  und  Aether  mit  dunkel  rosenrother  Farbe.  Blei-,  Zinnsalze 
und  Alaun  fällen  aus  der  alkoholischen  Auflösung  schöne  Lackfarben.  — 


Mechloinsfture,  Cubebin.  111T 

Salpetersäure  verwandelt  das  Meconin  in  Nitromeconinsäure,  Chlor  in 
Mechloinsäure  (siehe  unten). 

Mechloinsäure , Mechlorsäure  ( Acide  mechloique).  Entsteht  bei  Ein- 
wirkung von  Chlor  auf  Meconin.  Formel:  C14  HJ4  010  QCouerbe').  — Be- 
handelt man  geschmolzenes  Meconin  mit  Chlorgas,  so  erhält  man  eine 
blutrothe  Masse,  welche  beim  Erkalten  zu  gelbrothlichen  Nadeln  erstarrt, 
die  fast  unlöslich  in  Wasser,  wenig  löslich  in  Aether,  aber  leicht  löslich 
in  kochendem  Aikohol  ist,  woraus  sie  beim  freiwilligen  Verdunsten  in 
weifsen  körnigen  Kristallen  anschiefst,  mit  einer  gelben  klebrigen,  durch 
Aether  zu  entfernenden  harzähnlichen  Masse  gemengt.  Die  farblosen  Kri- 
stalle schmelzen  bei  125°,  verflüchtigen  sich  unter  theilweiser  Zersetzung 
bei  190  — 192°  als  gelbe  Oeltropfen,  welche  wieder  kristallinisch  erstar- 
ren. Sie  enthalten  5,43  Chlor,  welches  durch  Silberoxid  oder  Kali  entfernt 
werden  kann.  Aus  der  kochenden  Auflösung  in  Aetzlauge  krystallisirt , 
nach  dem  Sättigen  mit  Salpetersäure , die  Mechloinsäure  in  weifsen,  perl- 
mutterglänzenden Blättchen  oder  kurzen  vierseitigen  Prismen,  die  bei  160° 
schmelzen  und  bei  165°  flüchtig  sind.  Durch  Behandlung  der  weingeistigen 
Lösung  der  chlorhaltigen  Kristalle  mit  Silberoxid  und  Verdampfen  des  Fil- 
trats erhält  man  die  Säure  ebenfalls.  Sie  reagirt  stark  sauer,  ist  in  kochen- 
dem Wasser,  Weingeist  und  Aether  löslich;  die  Auflösung  wird  durch 
Blei-  und  Kupfersalze  gefällt.  Von  Schwefel-  und  Salzsäure  wird  die 
Mechloinsäure  nicht  zersetzt,  wohl  aber  von  Salpetersäure. 

Die  liarzähnliclie  Materie,  welche  sich  neben  den  chlorhaltigen  körni- 
gen Kristallen  aus  dem  Meconin  bildet,  und  die  durch  Vermischen  der 
Mutterlauge  mit  Wasser  erhalten  wird,  enthält  nach  der  Entfernung  von 
allem  Chlor  durch  Kochen  mit  kohlensaurem  Natron  47,3  Kohlenstoff,  3,7 
Wasserstoff  und  48,9  Sauerstoff.  ^Couerbe'). 

Nitromeconinsäure , Meconinsalpetersäure.  — Zersetzungsproduct  des 
Meconins  durch  Salpetersäure.  — Concentrirte  Salpetersäure  löst  das  Me- 
conin mit  schön  goldgelber  Farbe  auf;  die  Lösung  wird  durch  Wasser 
gefällt.  Beim  Verdampfen  der  Auflösung  bleibt  eine  gelbe  kristallinische 
Masse  zurück,  welche  aus  der  Auflösung  in  kochendem  Wasser  in  gelben 
regelmäfsigen  Kristallen  anschiefst.  Die  Auflösung  in  Wasser  und  Alkohol 
reagirt  sauer,  ist  gelb,  die  in  Aether  farblos,  und  wenige  Tropfen  Aether 
reichen  hin,  die  Farbe  der  ersteren  Lösungen  zu  vernichten.  Die  Kristalle 
schmelzen  bei  150°,  sublimiren  bei  190°  theilweise  unverändert,  unter 
Verbreitung  nach  bitteren  Mandeln  riechender  Dämpfe.  Concentrirte  Säu- 
ren lösen  die  Nitromeconinsäure  ohne  Veränderung,  beim  Verdünnen  mit 
Wasser  verschwändet  die  Farbe  und  die  Säure  kristallisirt  in  weifsen 
glänzenden  Prismen  heraus.  Alkalien  lösen  sie  leicht  mit  intensiv  roth- 
gelber  Farbe,  Eisensalze  fällen  die  wässerige  Lösung  röthlicligelb,  Kupfer- 
salze grün.  — Couerbe , welcher  diese  Säure  entdeckte  , fand  bei  ihrer 
Analyse  50,32  Kohlenstoff,  3,94  Wasserstoff,  6,36  Stickstoff  und  39,37 
Sauerstoff,  woraus  er  die  Formel  C20  Hlg  N2  012  entwickelt,  welche  auch 
durch  C20  H,s  Or  -4-  N2  0*  oder  durch  C20  H18  09  N2  05  ausgedrückt  wer- 
den kann. 

Cubebin.  — Von  Soubeiran  und  Capitaine  aus  den  Cubeben  (von  Viper 
Cubeba)  zuerst  rein  dargestellt.  — Das  bei  der  Bereitung  des  ätherischen 
Cubebenöls  zurückbleibende  Mark  wird  mit  Alkohol  ausgezogen  und  das 
alkoholische  Extract  mit  Aetzkali  behandelt.  Man  wäscht  das  gefällt© 
Cubebin  mit  etwas  Wasser  und  reinigt  es  durch  wiederholte  Kristallisa- 
tionen aus  Alkohol.  — Es  ist  weifs,  geruch-  und  geschmacklos,  aus  klei- 
nen Nadeln  gruppenförmig  vereinigt;  verliert  im  leeren  Kaume  bei  200° 
nichts  an  Gewicht  und  ist  nicht  flüchtig.  In  Wasser  und  kaltem  Alkohol 
nur  wenig  löslich;  100  Th.  absoluter  iösen  bei  12°  1,31,  Alkohol  von 
82°  löst  0,70  Th.,  in  der  Siedhitze  aber  so  viel,  dafs  die  Flüssigkeit  beim 
Erkalten  zu  einer  Masse  gesteht.  100  Th.  Aether  lösen  bei  12°  3,75  Th. 
Cubebin  auf;  es  ist  auch  in  Essigsäure,  ätherischen  und  fetten  Oelen  lös- 
lich. Mit  concentrirter  Schwefelsäure  färbt  es  sich  roth.  Es  ist  neutral 
und  scheint  keine  Verbindungen  einzugehen,  so  dafs  sein  wahres  Atom- 


1118 


Kämpfend,  Ama nitin. 


gewicht  nicht  bestimmt  werden  konnte.  — Der  Analyse  zufolge  enthält  es 
67,90  Kohlenstoff,  5,64  Wasserstoff  und  26,45  Sauerstoff,  was  am  näch- 
sten der  Formel  C54  Hä4  OI0  entspricht,  die  68,19  Kohlenstoff,  5,56  Was- 
serstoff und  26,25  Sauerstoff  verlangt. 

Monheim  beschreibt  als  Cubebin  eine  bei  der  Analyse  der  Cubeben 
erhaltene  gelbgrüne,  bei  24°  schmelzende  und  bei  36°  siedende,  theilweise 
flüchtige  Materie,  deren  Eigenschaften  sich  mit  den  Angaben  von  Sou - 
beiran  und  Capitaine  über  das  reine  Cubebin  nicht  vereinigen  lassen.  Es 
ist  wahrscheinlich,  dafs  Monheim’ s Cubebin  ein  Gemenge  mehrerer  Sub- 
stanzen ist. 

Kämpferid.  — Von  Brandes  aus  der  Radix  Galangae  dargestellt.  — - 
Durch  Ausziehen  der  Wurzel  mit  Aether  im  Deplacirungsapparat  erhält 
man  das  Kämpferid  mit  einem  balsamischen , braunen , zähen  Körper  ge- 
mengt, von  dem  es  durch  sehr  oft  wiederholtes  Auflösen  in  Weingeist  und 
freiwilliges  Verdunsten  getrennt  wird;  das  Kämpferid  bleibt  immer  in  Auf- 
lösung, während  der  braune  Stoff  sicli  zuerst  abscheidet.  — Es  ist  ge- 
schmack-  und  geruchlos,  im  reinen  Zustande  wahrscheinlich  weifs,  sonst 
immer  gelblich,  schmilzt  erst  über  100”,  löst  sich  in  25  Th.  Aether  bei 
15° , weniger  leicht  in  Alkohol  und  kaum  in  Wasser.  Essigsäure  löst  es 
beim  Erhitzen  auf  , Ammoniak  bringt  in  dieser  Auflösung  einen  Niederschlag 
hervor,  der  in  überschüssigem  Ammoniak  sich  wieder  löst.  Schwefelsäure 
färbt  es  schön  blaugrün,  Aetzkali  löst  es  mit  gelber  Farbe,  kohlensaures 
Kali  unter  Entwickelung  von  Kohlensäure.  Bei  der  Analyse  fand  Brandes 
65,347  Kohlenstoff,  4,265  Wasserstoff  und  30,388  Sauerstoff. 

Olivil.  — Von  Pelletier  aus  dem  Oelbaumhar% , Olivengummi  (von 
Olea  europaea')  durch  Auflösen  desselben  in  wässerigem  Alkohol  und  Ver- 
dunsten des  Filtrats  erhalten,  wo  das  Olivil  kristallisirt.  Von  beigemeng- 
tem Harz  befreit  man  es  durch  Behandlung  mit  Aether  und  Auflösen  in 
Alkohol.  — Kristallisirt  in  weifsen,  plattgedrückten  Nadeln  oder  bildet  ein 
weifses,  stärkmehlartiges  Pulver;  geruchlos,  schmeckt  reizend  bittersüfs, 
etwas  aromatisch,  schmilzt  bei  70°  und  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer 
blafsgelben,  harzartigen  Masse;  in  höherer  Temperatur  wird  es,  ohne 
Ammoniak  zu  bilden,  zersetzt.  Wenig  löslich  in  kaltem,  löslich  in  32  Th. 
kochendem  Wasser;  die  wässerige  Lösung  wird  beim  Erkalten  milchig, 
ohne  Olivil  abzusetzen,  essigsaures  Bleioxid  fällt  sie  flockig.  In  kochen- 
dem Alkohol  ist  das  Olivil  in  allen  Verhältnissen,  in  kaltem  weniger  lös- 
lich, unlöslich  in  Aether.  In  Alkalien  und  concentrirter  Essigsäure  ist  es 
ebenfalls,  nicht  aber  in  verdünnter  Schwefelsäure  löslich.  Salpetersäure 
löst  es  mit  dunkelrother  Farbe  auf,  beim  Erhitzen  entsteht  Oxalsäure  und 
ein  bitterer  Stoff.  Concentrirte  Schwefelsäure  verkohlt  es.  Bei  der  Ana- 
lyse erhielt  Pelletier  63,84  Kohlenstoff,  8,06  Wasserstoff  und  28,10 
Sauerstoff,  woraus  sieb  die  Formel  C6  H9  02  entwickelt. 

Olivin  oder  Olivit  wird  nach  Länderer  erhalten  durch  Auskochen  der 
Blätter  des  Olivenbaumes  COlea  europaea ) mit  säurehaltigem  Wasser,  Coa- 
centriren  des  Auszugs  und  üebersättigen  mit  Ammoniak,  wodurch  ein 
gelbgrüner  Niederschlag  gefällt  wird,  den  man  in  Chlorwasserstoffsäure 
löst,  mit  Blutkohle  entfärbt  und  durch  Alkali  fällt.  Wird  dieser  in  Alkohol 
gelöst,  so  erhält  man  beim  Verdampfen  farblose  Kristalle  von  bitterm  Ge- 
schmach,  unlöslich  in  Wasser,  leichtlöslich  in  Säuren,  ohne  jedoch  damit 
kristallisirbare  Verbindungen  zu  geben.  In  der  Hitze  schmilzt  das  Olivin 
und  bräunt  sich  unter  Verbreitung  aromatischer  Dämpfe. 

Amanitin  nennt  Letellier  den,  bis  jetzt  nicht  im  reinen  Zustande  dar- 
gestellten giftigen  Stoff  von  Agaricus  muscarius , A.  bulbosus  und  anderer 
Blätterschwämme.  — Durch  Erhitzen  des  ausgeprefsten  Saftes  zur  Ab- 
scheidung des  Eiweifses,  Fällen  des  Filtrats  mit  basisch  essigsaurem  Blei- 
oxid, Entfernen  des  überschüssigen  Blei’s  aus  der  Flüssigkeit  mittelst 
Schwefelwasserstoff,  Verdampfen,  Behandeln  des  Rückstandes  mit  Aether 
und  Wiederauflöseu  in  Alkohol  erhielt  er  als  Rückstand  der  letzteren  Lö- 
sung eine  braune,  unkristallisirbare , geschmack«  und  geruchlose  Masse, 


Lecanorin,  Orcin,  Erythrin.  Ü1D 

welche  durch  verdünnte  Säurea  und  Alkalien  nicht  versetzt  wird , sich  in 
Wasser  nichtig  aber  in  wasserfreiem  Weingeist  und  Aether  löst. 

Substanzen^  welche  weder  saure  noch  basische  Eigenschaften;  einen 
bitteren  oder  gar  keinen  Geschmack  besitzen  und  deren  Existenz  zum 
Theil  noch  problematisch  ist;  indem  die  darüber  vorhandenen  Angaben  sehr 
unvollständig  sind,  sind  ferner  noch  folgende: 

Alchortiin,  aus  der  Rad.  Alcornoco  von  Hedwigia  vivgiltoides.  (Biltz. 
Frenzei .) 

Alismin , in  Alisma  Plantago.  {Juch.) 

Arnicin,  in  Arnica  montana.  { Chevallier  und  Lassaigne.) 

Asclepin , in  der  Wurzel  von  Asclepias  gigantea.  { Faure .) 

Buenin , in  der  Rinde  von  Buena  hcxandra.  ( Büchner ,) 

Canellin,  in  der  Canella  albet.  ( Petroz  und  Robinet. ) 

Cascarillin  , in  der  Rinde  von  Croton  Elateria.  {Brandes.) 

Cassiin , in  der  Cassia  fistula.  ( Caventou .) 

Colletiin , in  der  Colletia  spinosa.  { Reufs .) 

Coriarin , in  den  Blättern  von  Coriaria  myrtifolia.  ( Peschier , Esen - 
beck.) 

Corticin,  in  der  Espenrinde.  ( Braconnot .) 

Baliscin , in  Datisca  cannabina.  {Braconnot.) 

Diosmin,  in  den  Buccoblättern;  von  Diosma  crenaia.  {Brandes.) 
Evonymin , in  den  Früchten  von  Evonymus  europaeus.  {Biederer.) 
Fagin,  in  de«  Buchein  ? von  Fagus  sylvatica.  {Büchner  und  Her  berget'.) 
Geraniin,  in  den  Geraniaceen.  {Müller.) 

Granatin,  aus  unreifen  Granatfriicliten.  {Länderer.) 

Guacin , in  den  Guacoblättern.  {Faure.) 

Hyssopin,  in  Eyssopus  officinalis.  {Trommsdorff.) 

Ligustrin,  in  der  Rinde  von  Ligustrum  vulgare  L.  {Polex.) 
Primulin,  in  der  Wurzel  von  Priniula  veris.  {Eiinefetdt.) 

Pyrethrin , in  der  Wurzel  von  Anthemis  Pyrethrum.  {Parisei.) 
Rhamnusbitter , in  Rhamnus  frangula.  {Gerber.) 

Scutellarin , in  Scutellaria  lateriflora.  {Cadet  de  Gassicourt.) 
Serpentarin , in  der  Wurzel  von  Aristolochin  Serpentaria.  {Chevallier 
und  Lassaigne.) 

Spartiin , in  »S 'partium  monospermum. 

Spigelin,  in  der  Wurzel  und  den  Blättern  von  Spigelia  anthelmia, 

C Feneulle .) 

Taraxacin , in  Leontodon  Taraxacum.  {Polex.) 

Tremellin , in  Tremella  mesentherica.  {Brandes.) 

Zedoarin,  in  der  Wurzel  von  Curcuma  aromatica.  {Trommsdorff.) 


Anhang. 

Lecanorin,  Orcin,  Erythrin. 

Als  Uebergang  zu  den  stickstoffhaltigen  Bestandteilen  der  Pflanzen 
wird  in  dem  Folgenden  eine  Anzahl  von  farblosen  stickstofffreien  Materien 
abgehandelt;  welche  bei  Gegenwart  von  Luft  und  Ammoniak  roth  oder 
blau  gefärbte  Verbindungen  liefern;  die  Stickstoff  als  Bestandteil  und 
zwar  in  einer  andern  Form  als  im  Ammoniak  enthalten.  Hierher  gehören 
die  Farbstoffe  der  Orseilie  und  des  Lackmus ; die  man  aus  sehr  verschie- 
denen Flechten  durch  einen  Fäulnifs-  und  Verwesungsprocefs  bei  Gegen- 
wart von  Urin;  Kalk;  Alaun  und  weifsem  Arsenik  gewinnt. 

Unter  dem  Namen  Orcin  und  Erythrin  sind  von  Robiquet  und  Heeren 
die  farblosen  Bestandteile  der  Variolaria  oreina , des  Lichen  roccella , 
Lecanora  tartarea  beschrieben  worden;  allein  diese  Materien  bedürfen  in 
Hinsicht  auf  den  Zustand  ; in  welchem  sie  in  den  Flechten  enthalten  sind ; 
einer  neuen  Untersuchung;  deren  Notwendigkeit  sich  aus  der  Beschreibung 
der  folgenden  Versuche  von  Schunck  von  selbst  ergeben  wird. 


tm 


Lecanorin. 


Lecanorin . Werden  nemlich  die  Farbeflechten , hauptsächlich  diejeni- 
gen, welche  Variolaria  lactea  enthalten,  (am  besten  in  einem  Deplaci- 
rungsapparate)  mit  Aether  ausgezogen  und  die  erhaltene  grünliche  Auflö- 
sung verdunstet,  oder  der  gröfste  Theil  des  Aethers  durch  Destillation 
davon  getrennt,  so  erhält  man  beim  Erkalten  des  Rückstandes  einen  Brei 
von  feinen  grünlich  gefärbten  Kristallen,  die  man  durch  Abwaschen  auf 
eiuem  Trichter  mit  kaltem  Aether,  Auflösen  und  Kristallisiren  aus  Alkohol 
vollkommen  weifs  und  rein  erhält. 

Dieser  Körper,  den  Schnnck  Lecanorin  nennt,  ist  in  Wasser  unlös- 
lich, schwerlöslich  in  kaltem,  leichter  in  kochendem  Alkohol,  leicht  lös- 
lich in  Aether  und  Essigsäure,  er  erleidet  durch  Contact  mit  Alkalien  eine 
sehr  merkwürdige  Veränderung,  er  zerlegt  sich  nemlich  damit  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  in  einigen  Stunden,  beim  Sieden  augenblicklich  in 
Kohlensäure  und  in  einen  neuen  Körper,  der  identisch  in  allen  seinen 
Eigenschaften  mit  dem  von  Robiquet  entdeckten  Orciu  ist. 

Das  Lecanorin  ist  in  allen  wässerigen  Alkalien,  so  wie  in  Ammoniak  1 
leicht  löslich,  und  diese  Auflösung  giebt  unmittelbar  darauf,  nachdem  man 
sie  gemacht  hat,  mit  Säuren  einen  Niederschlag  von  unverändertem  Leca- 
norin; bleibt  aber  die  Auflösung  sich  selbst  nur  einige  Stunden  überlassen,  1 
so  bewirken  Säuren  darin  ein  Aufbrausen,  ohne  dafs  sich  ein  Niederschlag 
bildet;  das  Aufbrausen  rührt  von  der  Entwickelung  von  Kohlensäure  her, 
neben  welcher  sich  das  in  Wasser  leichtlösliche  Orcin  bildet.  Diese  Um- 
setzung zeigt  sich  am  schönsten,  wenn  man  Lecanorin  bis  zur  Sättigung 
in  Barytwasser  löst  und  diese  Auflösung  zum  Sieden  erwärmt.  Es  entsteht 
sogleich  ein  Brei  von  neugebildetem  kohlensauren  Baryt,  während  die 
Flüssigkeit  reines  von  Baryt  freies  Orcin  enthält,  das  man  beim  Ver- 
dampfen daraus  kristallisirt  erhält. 

Die  weingeistige  Auflösung  des  Lecanorins  giebt  mit  basisch  essigsau- 
rem Bleioxid  einen  weifsen  Niederschlag. 

Durch  langes  Kochen  des  Lecanorins  mit  Wasser  wird  es  allmählig 
aufgelöst  zu  einer  Flüssigkeit,  welche  aufser  Orcin  keinen  fremden  Körper 
enthält. 

Das  Lecanorin  liefert,  der  trocknen  Destillation  unterworfen,  ebenfalls 
Kohlensäure  und  Orcin,  was  üherdestillirt;  nur  bei  rascher  Erhitzung  tritt 
Zersetzung  und  Schwärzung  des  Rückstandes  ein. 

Versetzt  man  eine  Auflösung  von  Lecanorin  mit  wässerigem  Ammoniak 
und  überläfst  diese  Flüssigkeit  der  Einwirkung  der  Luft,  so  nimmt  sie 
eine  prachtvolle  rothe  Farbe  an.  Ueber  die  Zusammensetzung  des  Leca- 
norins sieh«  Orcin. 

Die  von  Schunck  untersuchten  Flechten,  welche,  von  den  Basalten 
des  Vogelsberges  gesammelt,  angewendet  wurden,  enthalten  noch  zwei 
andere  kristallinische  Substanzen,  von  denen  die  eine  in  ihren  Eigenschaf- 
ten mit  dem  von  Heeren  beschriebenen  Pseuderythrin  (s.  S.  1125)  überein- 
stimmt. Diese  ist  in  geringer  Menge  dem  Lecanorin  beigemischt  und  kann 
durch  siedendes  Wasser  davon  getrennt  werden.  Leichter  erhält  man  sie, 
wenn  man  die  Flechten  mit  siedendem  Alkohol  auszieht,  den  Alkohol  ab- 
destilürt  und  den  Rückstand  wiederholt  mit  siedendem  Wasser  behandelt. 
Beim  Erkalten  dieser  heifsen  Flüssigkeit  setzen  sich  grofse  glänzende  Kri- 
stallblätter oder  platte  Nadeln  ab,  welche  in  Alkohol  leicht,  in  Aether 
schwierig  und  in  kaltem  Wasser  kaum  löslich  sind.  Mit  Ammoniak  in 
Berührung  geht  sie  nur  äufserst  langsam  in  einen  rothen  Farbstoff  über; 
in  Barytwasser  löst  sie  sich  leicht  und  diese  alkalische  Flüssigkeit  giebt 
gekocht  einen  Niederschlag  von  kohlensaurem  Baryt.  Nach  einer  damit 
Angestellten  Analyse  enthält  sie  in  100  Theilen  61,68  Kohlenstoff,  6,23 
Wasserstoff  und  32,09  Sauerstoff,  Verhältnisse,  die  mit  der  Formel  C10 
Hia  04  nahe  übereinstimmen. 

Kocht  man  die  Flechten,  nachdem  durch  Aether  alle  darin  löslichen 
Materien  daraus  entfernt  sind,  mit  Alkohol  aus,  so  erhält  man  beim  Er- 
kalten eine  kristallinische,  durch  einen  grünlichen  Farbstoff  verunreinigte 
Materie,  die  beim  Waschen  mit  Aether  weifs  und  rein  wird.  Durch  eine 
neue  Kristallisation  aus  Alkohol  erhält  man  sie  in  Gestalt  von  sternförmig 


Orcin,  Orcein. 


1121 


gruppirfcen  Nadeln,  welche  trocken  seideuglänzend  sind;  sie  röthet  Lack- 
mus, ist  in  Alkalien  leicht  löslich  und  daraus  durch  Säuren  wieder  unver- 
ändert fällbar.  Diese  Materie  ist  in  Aether  unlöslich  und  kann  ohne  Zer- 
setzung nicht  geschmolzen  werden.  Die  Analyse  derselben  gab  61,68  — 
63,15  Kohlenstoff,  5,50  — 5,89  Wasserstoff  und  33,83—31,96  Sauerstoff. 
Dieser  Körper  weicht  in  seinen  Eigenschaften  und  seiner  Zusammensetzung 
von  dem  vorherbeschriebenen  ab,  obwohl  dieser  letztere  in  der  alkoholi- 
schen Auflösung  zum  grofsen  Tbeil  enthalten  se37n  miifste;  es  scheint,  als 
ob  bei  diesen  leicht  veränderlichen  Materien  die  Stoffe,  die  zu  ihrer  Dar- 
stellung dienen,  so  wie  die  Temperatur  auf  ihre  Eigenschaften  einen  ge- 
wissen Einflufs  ausiiben,  in  der  Art,  dafs  man  aus  einem  oder  zwei  ur- 
sprünglich vorhandenen  Körpern  eine  Reihe  von  IJmsetzungsprodukten  er- 
hält, wenn  man  sich  verschiedener  Mittel  und  Wege  zu  ihrer  Darstellung 
bedient. 

Wenn  man  sich  erinnert,  dafs  das  Lecanorin  durch  Sieden  mit  Wasser 
in  Kohlensäure  und  Orcin  zerlegt  wird,  so  ist  eine  Veränderung  durch 
siedenden  Alkohol  nicht  unwahrscheinlich. 

Von  einer  dem  Ansehen  nach  ähnlichen  Flechte,  welche,  wie  es 
schien,  längere  Zeit  an  einem  feuchten  Orte  gelegen  hatte,  erhielt  Schunck 
kein  Lecanorin,  sondern  eine  durch  Alkohol  ausziehbare,  leicht  kristalli- 
sirbare  Substanz,  die  in  ihren  Eigenschaften  der  zuletzt  beschriebenen 
sehr  nabe  stand. 

Orcin.  Das  Orcin  kriställisirt  aus  der  syrupdicken  wässerigen  Auflö- 
sung nach  einigen  Tagen  in  grofsen  regelmäfsigen  quadratischen  Prismen , 
welche  stets  eine  schwach  gelblichrothliche  Farbe  besitzen ; es  ist  iu  Was- 
ser und  Alkohol  löslich,  die  wässerige  Flüssigkeit  besitzt  einen  entschieden 
süfsen  Geschmack,  sie  geht  durch  Hefe  nicht  in  Gährung  über.  Die  Kri- 
stalle sind  unveränderlich  in  ammoniakfreier  Luft,  sie  verlieren  bei  100° 
Wasser,  indem  sie  flüssig  werden;  das  wasserfreie  Orcin  destillirt  bei 
387  — 390°  (Dumas}  in  Gestalt  einer  syrupdicken  Flüssigkeit,  ohne  Rück- 
stand über,  welche  an  der  Luft  Wasser  anzieht  und  mit  Wasser  zusam- 
mengebracht nach  und  nach  wieder  kristallinisch  erstarrt.  Nach  einer 
Bestimmung  von  Dumas  besitzt  der  Dampf  des  wasserfreien  Orcins  ein 
spec.  Gewicht  von  5,7. 

Aufser  durch  basisch  essigsaures  Bleioxid  wird  die  Orcinauflösung  durch 
kein  Metailsalz  gefällt;  der  damit  erhaltene  Niederschlag  ist  weifs,  und 
giebt  mit  Schwefelwasserstoff  zersetzt  eine  Flüssigkeit,  welche  sauer  rea- 
girt  und  neben  Essigsäure  reines  Orcin  enthält. 

Die  wässerige  Auflösung  des  Orcins , der  man  Kali  oder  ein  anderes 
lösliches  fixes  Alkali  zusetzt,  bräunt  sich  an  der  Luft  unter  Sauerstoff- 
aufnahme. 

Mit  Ammoniak  versetzt  nimmt  die  Auflösung  des  Orcins  an  der  Luft 
nach  und  nach  eine  tief  dunkelblutrotbe  Farbe  an,  es  entsteht  die  Ammo- 
niakverbindung  eines  neuen  Körpers,  des  Orceins , welcher  Stickstoff  in 
einer  andern  Form  als  im  Ammoniak  enthält.  Durch  das  vorhandene  Am- 
moniak bleibt  das  Orcein  in  Auflösung,  beim  Zusatz  von  Essigsäure  fällt 
es  daraus  als  braunrothes  Pulver  nieder. 

Das  Orcein  löst  sich  in  Ammoniak  mit  dunkelblutrother,  in  fixen  Al- 
kalien mit  violettrother  Farbe  auf  und  wird  durch  Säuren  daraus  unver- 
ändert gefällt;  bei  der  trocknen  Destillation  und  beim  Kochen  mit  Alkalien 
liefert  es  reichlich  Ammoniak.  Durch  SchwefelarnmoBium  verliert  die  am- 
moniakalische  Lösung  ihre  schön  rothe  Farbe  und  wird  gelbbraun,  die 
Auflösung  des  Orceins  in  Kalilauge  wird  davon  schwarzbraun , beide  neh- 
men an  der  Luft  ihre  rothe  Farbe  wieder  au.  Mit  salpetersaurem  Silber- 
oxid und  Bleisalzen  giebt  die  ammoniakalische  Auflösung  des  Orceins  tief 
dunkelschwarzrothe  Niederschläge. 

Was  die  Bildung  des  Orceins  aus  Orcin  betrifft,  so  hat  Robiquet  ge- 
zeigt , dafs  bei  Berührung  mit  Ammoniak  allein  , dieser  Farbstoff  nicht  ent- 
steht, beim  Hinzutreten  von  Luft  und  Wasser  wird  hingegen  Sauerstoff 
absorbirti,  das  Orcin  verschwindet  nach  und  nach  völlig  und  an  seiner 


tm 


Orcia,  Orcein. 


Stelle  erhält  man  die  Ammoniakverbindung  des  Orceins,  ohne  dafs  man 
sonst  ein  anderes  Produkt,  namentlich  keine  Kohlensäurebildung  bemerkt. 

Was  die  Zusammensetzung  des  Orcins  betrifft,  so  ist  klar,  dafs  sie  in 
einer  bestimmten  und  nachweisbaren  Beziehung  zu  der  des  Lecanorins 
stehen  mufs,  da  es  aus  diesem  durch  ein  Austreten  von  Kohlensäure  er- 
zeugbar ist  und  höchst  wahrscheinlich  auch  in  andern  Fällen  daraus  ent- 
steht. Nach  den  Analysen  von  Dumas,  Will  und  Schunck  besteht  das 
kristaliisirte  Orcin  in  100  Theilen  aus: 


Dumas. 

Kohlenstoff  57^73^58^3?  — 

Wasserstoff  6,77  — 6,08  — 

Sauerstoff  34,50  — - 35,67  — 

Das  wasserfreie  Orcin  enthält: 


Will. 

58,454 

6,755 

34,701 


Schunck. 

Orcin  aus  Lecauorin. 


58,98 

7,06 

83,96 


Dumas. 
Destillirtes 
Kohlenstoff  67,78 
Wasserstoff  6,50 
Sauerstoff  25,72 


Schunck . 

bei  ioo°  getrocknetes  Orcin. 

67,26  — 

— 6,60  - — 


25,52 


Robiquet. 

68,574 

6,828 

24,598 


Zwischen  den  Fehlergrenzen  dieser  Zahlen  liegen  zwei  Formeln,  wel- 
che beide  gleich  nahe  Ausdrucke  für  die  procentische  Zusammensetzung 
sind,  sie  geben  in  100  Theilen: 


Ite  Formel. 
C16  — 59,36 

H2a  — 6,66 

Or  — 33,98 


2te  Formel. 
C18  - 59,1 
H24  - 6,5 

08  — 34,4 


Von  der  Zusammensetzung  der  Bleioxidverbindung  ausgehend,  welche 
79,60  — 80  — 80,34  p.  c.  Bleioxid  in  der  Analyse  ergab,  nahm  Dumas  die 
Formel  C18  H26  Oa  für  das  kristaliisirte,  die  Formel  C18  H20  Os  für  das  was- 
serfreie uud  die  Formel  C18  1I16  05  5PbO  für  die  Bleiverbindung  an. 

Mit  diesen  Formeln  in  Widerspruch  stand  seine  Analyse  des  Orceins 
und  seiner  Verbindung  mit  Silberoxid.  Beide  lieferten  in  der  Analyse  in 
100  Theilen : 

Orcein.  Silberoxidrerbinduisg  det  Orceins. 


Kohlenstoff  55,9  — 24,6 

Stickstoff  7,9  — 3,5 

Wasserstoff  5,2  — 1,8 

Sauerstoff  31,0  — 11,5 

Silberoxid  — 58,6 


Stickstoff  uud  Kohlenstoff  sind  in  dem  Orcein  und  seiner  Silberoxid- 
verbindung  in  dem  Atomverhältnifs  von  2:16  enthalten,  und  Dumas 
drückt  hiernach  die  Zusammensetzung  /des  ersteren  durch  die  Formel  CI6 
N*  H18  07  , die  der  andern  durch  die  Formel  C16  N2  H16  06  -H  2AgO  aus. 
In  beiden  ist  hiernach  weniger  Kohlenstoff  enthalten  als  im  Orcin,  und  bei 
seiner  Ueberführung  in  Orcein  müfste  hiernach  eine  gewisse  Menge  Kohlen- 
stoff von  seinen  Bestandtheilen  austreten.  Wie  früher  erwähnt  hat  man 
aber  hierbei  kein  anderes  Produkt  beobachtet. 


Vergleicht  man  mit  diesen  Verhältnissen  die  Formel  des  Lecanorins, 
so  ergeben  sich  folgende  Beziehungen.  In  seinen  Analysen  des  Lecanorins 
fand  Schunck  in  100  Theilen: 


Kohlenstoff  60,25  — 00,54  — 60,76 

Wasserstoff  4,51  — 4,53  — 4,45 

Sauerstoff  35,24  — 34,93  — 34,79 

Auch  auf  diese  Zahlen  passen  zwei  Formeln,  von  denen  es  ohne 
Kenntnifs  des  Atomgewichts  des  Lecanorins  schwer  seyn  würde  zu  ent- 
scheiden, welche  die  richtige  ist;  es  sind  diefs  die  Formeln  und 

C18  H,*  Oe,  beide  geben  in  100  Theilen  berechnet: 


Orcin,  0 ree  in. 


an 


CJ8  — 60,43  C20  — 60,16 

H16  — 4,33  HJ8  — 4,42 

08  — 35,24  09  — 35,42 

Die  letztere  Formel  erklärt  auf  eine,  dem  Anschein  nach,  völlig  be- 
friedigende Weise  die  Bildung  des  Örcins  nach  der  von  Dumas  angenom- 
menen Formel.  Nimmt  man  in  der  That  von  den  Bestandteilen  des  Leca- 
norins  die  Elemente  von  2 At.  Kohlensäure  hinweg  und  läfst  3 At.  Wasser 
hinzutreten,  so  hat  man  C.20  H18  Ü9  — 1—  3H2  O - — - C20  H24  012  C2  04  — 
Cu  H24  08.  Die  Richtigkeit  der  ersteren  Formel  hat  aber  Schunck  entschie- 
den durch  die  genaue  Bestimmung  der  Kohlensäuremenge,  die  bei  dem  Ueber- 
gang  des  Lecaaorins  in  Orcin  von  seinen  Elementen  austritt;  in  überein- 
stimmenden Versuchen  fand  er,  dafs  der  Kohlenstoff  der  ausgetretenen 
Kohlensäure  sich  zu  dem  Kohlenstoff  des  Lecanorins  verhält  wie  1:9,  in 
der  Art  also,  dafs  das  letztere  in  Summa  nicht  über  18  Atome  Kohlenstoff 
enthalten  kann,  woraus  folgt,  dafs  das  Orcin  16  At.  Kohlenstoff  enthalten 
mufs. 

Hiernach  zerlegt  sich  1 At.  Lecanorin  C18  H16  Og  in  zwei  Atome  Koh- 
lensäure C2  04  und  in  1 Atom  was- 
serfreies Orcin  C16  H16  04  zu  welchem  die  Ele- 
mente von  3 At.  Wasser  treten  Jf6  05  um  damit  1 At.  kri~ 

stallisirtes  Orcin  zu  bilden  C16  H22  0:. 

Die  Bildung  des  Orceins  erklärt  sich  hiernach  leicht.  Za  einem  Atom 
Orcin  treten  5 At.  Sauerstoff  und  die  Elemente  von  1 Aeq,  Ammoniak , um 
1 Afc.  Orcein  und  5 At.  Wasser  zu  bilden. 

&16  Hl  8 Na  Oy 
Hio  Os 

c16  h28  n2  o;2 

Aus  der  Variolaria  dealbata  erhält  man  nach  Robiquet  durch  directe 
Behandlung  dieser  Flechte  mit  kochendem  Alkohol  eine  Auflösung,  welche 
fertig  gebildetes  Orcin  enthält;  beim  Erkalten  dieses  Iteifsen  Auszugs  setzen 
sich  daraus  feine  weifse  Nadeln , in  ihren  Eigenschaften  verschieden  von 
dem  Orcin,  ab,  von  denen  man  bei  weiterem  Verdampfen  noch  mehr  er- 
hält. Dieser  Körper  ist  ohne  lleactiön  auf  Pflanzenfarben,  löslich  in  wäs- 
serigen Alkalien,  ohne  damit  bei  Zutritt  der  Luft  einen  rothen  Farbstoff 
zu  bilden;  trocken  für  sich  erhitzt,  zerlegt  er  sich  ohne  zu  schmelzen,  es 
verflüchtigt  sich  hierbei  eine  weifse  kristallinische  Substanz  und  es  bleibt 
viel  Kohle. 

Wird  der  weiageistige  Auszug  der  Flechte  zur  Trockne  abgedampffe 
und  mit  Wasser  behandelt,  so  löst  dieses  das  Orcin  auf,  was  man  durch 
Verdampfen  dieser  wässerigen  Lösung  zur  Syrupconsistenz  beim  Stehen- 
lassen in  gefärbten  Kristallen  erhält,  die  man  durch  Behandlung  mit  Kohle 
reinigt. 

Nach  der  Ausziehung  des  Orcins  aus  dem  Alkoholextract  mit  Wasser 
bleibt  ein  Rückstand,  der  sich  zum  grofsen  Theil  in  Aether  mit  grünlicher 
Farbe  löst.  Die  ätherische  Auflösung  giebt  beim  Verdampfen  weifse  Na- 
deln, die  mit  einer  gefärbten  Mutterlauge  umgeben  sind.  Diese  kristalli- 
nische Substanz,  Robiquet  nennt  sie  Variolarin , welche  man  durch  Wa- 
schen mit  Alkohol  und  Aether  reinigt,  ist  ziemlich  leicht  in  beiden  Flüs- 
sigkeiten löslich,  leicht  schmelzbar  in  gelinder  Wärme,  in  höherer  Tem- 
peratur verflüchtigt  sie  «ich  ohne  Rückstand  und  liefert  ohne  bemerkbare 
Zeichen  von  Zersetzung  ein  farbloses,  stark  und  angenehm  riechendes 
Oel,  so  wie  eine  kristallinische  Substanz,  welche  von  dem  Variolarin  nicht 
verschieden  zu  seyn  scheint. 

Diese  beiden  von  Robiquet  beobachteten  Stoffe  haben  mit  den  von 
Scliunck  beschriebenen  viele  Aehnliehkeit;  allein  es  läfst  sich  bei  der  un- 
vollkommenen Kenntnifs,  die  man  davon  hat,  kein  Schluß;  auf  ihre  Iden- 
tität ziehen,  so  wahrscheinlich  dies®  auch  ist. 


1 At.  Orcin  Clfr  H22  07 

2 At.  Ammoniak  B6  N2 

5 At.  Sauerstoff  Os 


1 At.  Orcein 
5 At.  Wasser 


C16  H28  o12n2 


11*4 


Erythrin. 


Erythrin . Als  Hauptbestandtheil  der  Parmelia  roccella  und  Lecanora 
tartarea  wurden  unter  dem  Namen  Erythrin  und  Pseudoerythrin  von  Hee- 
ren zwei  Materien  beschrieben , welche  die  Eigenschaft  mit  einander 
theilen,  an  der  Luft  bei  Gegenwart  von  Ammoniak  in  rothe  Farbstoffe 
überzugehen.  Diese  beiden  Substanzen  sind  neuerdings  von  Keine  zum 
Gegenstand  einer  Untersuchung  gemacht  worden , allein  ohne  dafs  es  ihm 
gelungen  ist  Licht  über  die  Haupteigenschaften  derselben  zu  verbreiten, 
was  sich  aus  der  Beschreibung  seiner  Versuche  ergeben  wird. 

Heeren  zieht  zur  Darstellung  des  Erythrins  die  Flechten  mit  heifsem, 
nicht  kochendem  Alkohol  aus,  mischt  die  Auflösung  mit  ihrem  doppelten 
Volum  Wasser,  erhitzt  sie  zum  Sieden,  setzt  feingepulverte  Kreide  hinzu, 
bis  der  gebildete  Niederschlag  sich  zu  Flocken  vereinigt,  filtrirt  und  läfst 
erkalten,  wo  das  Erythrin  sich  als  feines  bräunliches  Pulver  absetzt,  was 
man  durch  Umkristailisiren  aus  warmem  Alkohol  und  Behandeln  mit  Thier- 
kohle weifs  erhält. 

Wird  die  Flechte  mit  kochendem  anstatt  mit  heifsem  Alkohol  ausge- 
zogen, und  die  Flüssigkeit  der  ncmlichen  Behandlung  unterworfen,  wie 
wenn  man  Erythrin  darstellen  wollte,  so  erhält  man  anstatt  des  Erythrins 
einen  gefärbten  Absatz  von  Pseudoerythrin,  was  in  kochendem  Alkohol 
gelöst  und  mit  Thierkohle  behandelt,  in  grofsen  farblosen  Blättern  und 
Nadeln  kristallisirt,  während  das  Erythrin  stets  nur  ein  zartes  Pulver  von 
röthlicher  Farbe  und  kaum  kristallinischem  Ansehen  darstellt. 

Kane , welcher  dem  Pseudoerythrin  Heereny$  den  Namen  Erythrin  und 
seinem  Erythrin  den  Namen  Erythrilin  gegeben  hat,  erhielt  aus  dem  heifsen 
alkoholischen  Auszug  der  Flechte,  nach  dem  Abdampfen  zur  Trockne  und 
Behandlung  des  Rückstandes  mit  siedendem  Wasser,  aus  dieser  wässerigen 
Auflösung  beim  Erkalten  eine  Menge  der  Borsäure  ähnliche  Kristalle, 
welche  in  ihrem  Verhüten  und  Eigenschaften  identisch  sind  mit  dem 
Pseudoerythrin  von  Heeren ; er  hält  es  nicht  für  ein  Produkt  der  Verän- 
derung des  Erythrins,  sondern  das  letztere  für  ein  Gemenge  mehrerer  un- 
bestimmter Körper. 

Was  diesen  Gegenstand  noch  mehr  verwirrt,  ist  die  Beobachtung  von 
Kane,  dafs  man  zuweilen  aus  der  heifsen  wässerigen  Auflösung  des  trock- 
nen Alkoholextracts  soviel  Erythrin  ( Pseudoerythrin)  in  feinen  Kristallen 
erhält,  dafs  die  Flüssigkeit  zu  einem  Brei  erstarrt;  in  andern  Fällen  hin- 
gegen, namentlich  wenn  das  Kochen  mit  Wasser  längere  Zeit  gedauert 
hat,  erhält  man  sehr  wenig  Kristalle.  Dafs  hierbei  durch  die  Einwir- 
kung der  Wärme  und  des  Wassers  eine  wahre  Zersetzung  vorgeht,  be- 
weist noch  der  Umstand,  dafs  der  kristallinische  Brei  des  Erythrins  (Pseudo- 
erythrins) iu  der  Flüssigkeit,  worin  er  sich  gebildet  hat,  bis  zur  Auflösung 
erhitzt,  nach  dem  Erkalten  derselben,  sehr  wenig  Kristalle  mehr  liefert. 
Was  hier  aus  diesen  Kristallen  geworden  ist,  wurde  von  Kane  nicht  un- 
tersucht. 

Wenn  man  sich  nun  erinnert,  dafs  das  Lecanorin  von  Schunck  durch 
Kochen  mit  Wasser  in  Kohlensäure  und  Orcin  zerlegt  wird,  so  läfst  sich 
kaum  daran  zweifeln,  dafs  mit  dem  Erythrin  eine  ähnliche  Veränderung 
vorgeht. 

Die  folgenden  Methoden,  deren  sich  Heeren  und  Kane  zur  Darstellung 
der  von  beiden  beschriebenen  Materien  bedienten,  lassen  noch  eiue  gröfsere 
Ungewifsheit  über  den  Zustand,  in  welchem  die  in  Farbstoffe  übergehenden 
Bestandteile  der  Flechten  darin  enthalten  sind. 

Nach  Heeren  erhält  man  nemlich  das  Erythrin  am  besten  , wenn  man 
die  Flechten  mit  flüssigem  Ammoniak  auszieht,  die  ammoniakalische  Lösung 
mit  Chlorcalciurn  fällt,  und  nach  Absonderung  des  Niederschlags  von  der 
Flüssigkeit  diese  mit  Salzsäure  in  schwachem  Ueberschufs  fällt,  wodurch 
Erythrin  gefällt  wird,  das  man  wie  angegeben  reinigt. 

Kane  löst  das  mit  kochendem  Wasser  behandelte  Alkoholextract  in 
verdünnter  Kalilauge  auf  und  schlägt  nach  dem  Filtriren  da«  Aufgelöste 


Pseudoerythrin» 


1185 


mit  Salzsäure  wieder  nieder,  nimmt  den  ausgewaschenen  Niederschlag 
zum  zweitenmal  in  schwachem  Ammoniak  auf,  vermischt  die  Auflösung 
mit  einer  Chlorcalciumlösung,  filtrirt  die  Flüssigkeit  von  dem  etwa  gebil- 
deten Niederschlag  ab  und  fällt  sie  durch  Salzsäure.  Der  neue  Nieder- 
schlag, den  mau  jetzt  erhält,  ist,  wie  erwähnt,  Kane’s  Erythrilin ; es 
stellt  ein  gelbes  oder  grünliches  Pulver  dar , was  sich  wenig  in  Wasser, 
leicht  in  Alkohol,  Aether  und  den  Alkalien  löst;  durch  anhaltendes  Kochen 
mit  Wasser  entsteht  eine  braungefärbte  bittere  Auflösung  (Erythrilinbitter). 
In  einer  höheren  Temperatur  als  100°  wird  es  zersetzt.  Eine  ammoniaka- 
lische  Lösung  dieses  Körpers  giebt  mit  essigsaurem  Bleioxid  einen  grünli- 
chen Niederschlag. 

Das  Pseudoerythrin  Heeren’ s (Erythrin  Kane’s')  kristallisirt  in  glän- 
zendweifsen  Blättchen,  die  bei  120°  schmelzen;  es  ist  kaum  in  kaltem, 
reichlich  in  heifsem  Wasser  löslich  , die  Auflösung  in  heifsem  Wasser  färbt 
sich  an  der  Luft;  in  einer  gesättigten  wässerigen  Auflösung  gekocht 
schmilzt  das  Pseudoerythrin  zu  einem  Oeltropfen,  der  beim  Erstarren  bei 
Berührung  in  Blätter  zerfällt;  es  ist  löslich  in  5 Theilen  60procentigem 
Weingeist,  in  Aether  und  alkalischen  Flüssigkeiten , die  Auflösungen  färben 
sich  an  der  Luft  braun,  die  ammoniakalische  Lösung  nimmt  nach  und  nach 
eine  weinrothe  Farbe  au. 

Trocken  erhitzt  wird  es  zersetzt,  die  ammoniakalische  Lösung  giebt 
mit  löslichen  Bleisalzen  einen  weifsen  Niederschlag. 

Das  nach  Heeren’ s Verfahren  dargestellte  Erythrin  schmilzt  über  100° 
erhitzt,  es  löst  sich  in  2,29  Th.  siedendem  und  in  22%  Th.  kaltem  Wein- 
geist von  89  pCt.  Beim  Kochen  mit  Alkohol  wird  es  in  Pseudoerythrin 
verwandelt;  es  unterscheidet  sich  von  den  Substanzen,  welche  Kane  be- 
schreibt, durch  seine  Unlöslichkeit  in  Aether  und  durch  seine  Löslichkeit 
in  siedendem  (170  Theilen)  Wasser;  es  löst  sich  in  Alkalien  und  in  Am- 
moniak und  setzt  sich  aus  letzterem  beim  Verdunsten  in  Kristallen  wieder 
ab.  Bei  längerer  Einwirkung  von  Ammoniak  entsteht  daraus  eine  bitter- 
schmeckende Substanz,  die  nach  und  nach  in  rothen  Farbstoff  übergeht. 
Aus  dem  Erythrin  erhält  man  nach  Heeren  den  rothen  Farbstoff,  wenn 
es,  in  sehr  verdünntem  Ammoniak  gelöst,  an  einem  warmen  Orte  der  Luft 
ausgesetzt  wird;  schon  nach  einigen  Minuten  färbt  sich  die  Flüssigkeit 
gelb,  nach  24  Stunden  nimmt  sie  die  Farbe  des  rothen  Burgunderweins  an. 
Verdunstet  man  die  weinrothe  Flüssigkeit , bis  sie  anfängt  trüb  zu  werden, 
setzt  ihr  nun  gepulvertes  kohlensaures  Ammoniak  zu,  so  entsteht  (was 
auch  durch  andere  Salze,  wie  Kochsalz,  Salmiak,  bewirkt  werden  kann) 
ein  Niederschlag,  welcher  trocken  kastanienbraun  ist,  beim  Reiben  gelb 
wird  und  Metallglanz  annimmt.  Dieser  Körper  ist  weder  in  Wasser  noch 
Ammoniak  löslich,  was  eine  Aenderung  des  Zustandes  anzeigt,  in  dem  es 
in  der  ursprünglichen  Auflösung  vorhanden  war,  leicht  löslich  aber  in  fixen 
kaustischen  Alkalien  mit  Purpurfarbe.  In  Alkohol  löst  er  sich  mit  dunkel- 
carmoisinrother  Farbe;  zur  Trockne  abgedampft  und  mit  Ammoniak  behan- 
delt hinterläfst  dieses  eine  gelbe  Substanz  und  es  löst  sich  ein  violettrother 
Farbstoff  auf,  der  nach  dem  Verdampfen  des  Ammoniaks  als  rothes,  in 
Wasser  wenig,  leicht  in  Alkalien  mit  prächtig  violetter  Farbe  lösliches  Pul- 
ver zurückbleibt.  In  Aether  ist  der  Farbstoff  unlöslich.  Schwefelwasser- 
stoff entfärbt  seine  ammoniakalische  Lösung,  die  Farbe  erscheint  beim 
Kochen  wieder. 

Durch  Sieden  mit  kohlensaurer  Ammoniaklösung  wird  das  Erythrin 
rasch  in  braunes  Erythrinbitter  verwandelt,  was  man  beim  Abdampfen 
als  eine  braune,  in  Wasser  und  Alkohol  leichtlösliche,  nicht  kristallini- 
sche Masse  erhält.  Die  braune  Farbe  ist  zufällig,  sie  erscheint  nicht, 
wenn  bei  der  Darstellung  des  Erythrinbitters  die  Luft  vollkommen  abge- 
halten wurde;  das  Erythrinbitter  enthält  kein  Ammoniak  und  geht  in  Be- 
rührung mit  Luft  und  Ammoniak  ebenfalls  in  Fiechtenroth  über. 

Das  Pseudoerythrin  Heeren’ s unterscheidet  sich  nach  ihm  wesentlich 
von  seinem  Erythrin  dadurch,  dafs  es  nicht  gelingt,  Erythrinbitter  daraus 


um 


Orseille.  Persio,  Lackmus. 


dar  zus  teilen , in  der  Art  also,  dafs  sein  U ebergang  in  den  rothen  Farbstoff 
vor  sich  geht  ohne  Bildung  dieser  Zwischenverbißdung. 

Kane  im  Gegensatz  zu  Heeren*  s Angabe  erhält  aus  Heeren9 s Pseudo- 
erythrin, was  er  Erythrin  nennt,  durch  blofses  Steheniassen  seiner  heifsen 
wässerigen  Auflösung  an  der  Luft  reines  Erythriubittcr,  was  nach  ihm 
einen  siifsen  und  bittern  Geschmack  besitzt.  Nach  Heeren  wird  das  Ery- 
thrinbitter ohne  Zutritt  der  Luft , nach  Kane  durch  eine  Sauersfcoffaufuahme 
aus  der  Luft  gebildet. 

Das  Erythrinbitter  Kane’s  (Amarythrin)  wird  in  seiner  wässerigen  Auf- 
lösung nach  und  nach,  an  der  Luft  stehend,  kristallinisch;  es  entsteht 
hierdurch  ein  neuer  Körper,  das  Telerythrin. 

Die  Zusammensetzung  der  von  Kane  untersuchten  Materien  ist  fol- 
gende : 


Pseudoerythrin  (Heeren* s). 
analysirt  von  J.  L. 
Kohlenstoff  60,810  — 

Wasserstoff  6,334  — 

Sauerstoff  3, <5,856  — 


Erythrin  (liane’s). 


— 61,19  — 61,16  — - 

6,3  0—  6,31  — 

— 38,61  — 33,53  ™~ 

Telerythrin. 

Kohlenstoff  44,7.9  — 45,35 
Wasserstoff  3,78  — 3,67 
Sauerstoff  51,43  — 50,98 
Kane  entwickelt  aus  diesen  Zahlen  folgende  Formeln: 


Erythrilin. 

67,83  — 67,06 
8,13  — 8.37 
34,04  — 84', 57 


Erythrilin  C22  H52  06 
Erythrin  C22  Il16  09 

Amarythrin  C22  H26  0X4  in  der  ßleiverbindung. 

Telerythrin  C22  H20  019. 

Die  Behandlung  des  alkoholischen  oder  ammoniakalischen  Auszugs  der 
Flechte  mit  einer  Auflösung  von  Chlorcalcium  nach  dem  Verfahren  von 
Heeren  hat  den  Zweck,  eine  den  fetten  Säuren  ähnliche  Substanz  zu  ent- 
fernen, welche  Heeren  Roccellsäure  nennt.  (Siehe  Seite  935.) 


Or s eilte,  Versio , Lackmus. 

Diese  drei  im  Handel  vorkommenden  Farbmaferialien  vrerden  aus  ver- 
schiedenen Fiechtenarten  durch  Fäulnifs  bei  Gegenwart  von  Ammoniak, 
oder  von  Ammoniak  und  fixen  alkalischen  Basen  dargestellt. 

Die  vorzüglichste  Sorte  Orseille  (Orseille  des  canaries,  des  iles')  be- 
reitet man  aus  der  Roccella  tinetoria,  die  auf  den  Klippen  der  canarischen 
Inseln,  den  Azoreu,  von  Corsica  und  Sardinien  häufig  Vorkommen;  die  an- 
dern Sorten  werden  aus  der  Variolaria  orcina , dealbata , Lecanora  tar- 
tarea  etc.  gewonnen. 

Die  Flechten  werden,  von  Steinen  und  Erde  gereinigt,  aufs  feinste  auf 
Mühlen  zu  einem  dünnen  Brei  gemahlen,  und  mit  gefaultem  Urin  befeuchtet 
mehrere  Wochen  lang  der  Luft  ausgesetzt.  Zu  den  feinsten  Sorten  wendet 
man  destillirten  Urin  oder  geradezu  eine  Auflösung  von  kohlensaurem 
Ammoniak  an.  Nach  85  — 30  Tagen,  während  welcher  Zeit  man  das  Be- 
feuchten mit  Ammoniak  häufig  wiederholt  hat,  erhält  man  eine  tief  purpur- 
rothe  Flüssigkeit  und  einen  Brei  von  derselben  Farbe,  Bei  Anwendung 
von  Urin  wird  zur  Zersetzung  der  gebildeten  nicht  flüchtigen  Ammoniak- 
salze Kalkhydrat  zugesetzt.  Die  erhaltene  Farbe  kommt  als  ein  mehr 
oder  wenig  consistenter  Brei,  als  Orseille,  in  den  Handel. 

Wenn  man  die  Flechten  (Roccella  tinetoria ) anstatt  mit  Ammoniak 
allein,  mit  einem  Gemenge  von  kohlensaurem  Kali  und  Ammoniak  der  Luft 
aussetzt,  so  entsteht  zuerst  eine  rothe,  später  tief  blaue  Farbe;  der  ge- 
bildete blaue  Brei  wird  durch  Gyps,  Kreide  etc.  verdickt,  in  Würfel  ge- 
formt und  als  Lackmus  in  den  Handel  gebracht.  Versio,  ein  der  Orseille 


/ 


Orseille,  Persio,  Lackmus.  U27 

ähnliches  Farbmaterial  , wird  wie  diese  aus  Lecanora  tartarea  vorzüglich 
in  England  dargestellt. 

Die  in  England  vorkommende  Orseille  enthält  nach  Keine  zwei  Farb- 
stoffe, der  eine  ist  Betaorcein,  der  andere  wird  von  ihm  mit  Alpha- 
orcein  bezeichnet.  Das  Betaorcein  ist*  der  Analyse  des  Orceins  von 

Dumas  entgegen , nach  der  Formel  C18  H20  N2  08 , das  Alphaorcein 
0I8  H2o  N*  Os  zusammengesetzt.  Beide  unterscheiden  sich  also  ledig- 
lich durch  den  Sauerstoffgehalt.  Das  Betaorcein  wird  nach  Keine  aus 
seiner  gesättigten  wässerigen,  so  wie  aus  seiner  alkalischen  Lösung  durch 
Kochsalz  und  andere  Salze,  ähnlich  wie  eine  Seife  abgeschieden.  Einen 
dritten  Farbstoff  bezeichnet  Kane  mit  Erythr Oleinsäure ; er  ist  ölartig, 
halbflüssig,  roth,  unlöslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  alkalischen  Flüs- 
sigkeiten; die  Formel  C26  H44  03  stimmt  am  besten  mit  der  Analyse  überein. 
Da  die  Formeln  der  in  den  Flechten  aufgefundenen  farblosen  Stoffe,  durch 
deren  Veränderung  die  gefärbten  neuen  Verbindungen  gebildet  werden, 
einer  Bestätigung  bedürfen , so  ist  vorläufig  die  Entwickelung  der  Bildungs- 
weise  der  letzteren  aus  Kane’s  Erythrin , Ery thrilin  , als  zweifelhaft  an- 
zusehen. 

Das  Lackmus,  welches  auf  eine  ähnliche  Weise  wie  die  Orseille  aus 
gewissen  Flechten  dargestellt  wird,  enthält  nach  Kane  vier  bestimmt  von 
einander  verschiedene  Stoffe.  Wird  es  mit  Wasser  ausgekocht  und  zuletzt 
mit  Salzsäure  ausgezogen,  so  bleibt  ein  rother  Rückstand,  den  man  mit 
kochendem  Alkohol  auszieht.  Die  alkoholische  Auflösung  giebü  beim  Ver- 
dampfen einen  Rückstand,  aus  welchem  Aether  Erythrolein  und  Erythro - 
litmin  auszieht.  Beim  Verdampfen  des  Aethers  scheidet  sich  Erythrolein 
als  ölartige  Flüssigkeit  ab , das  Erythrolitmiu  bleibt  gelöst  und  wird  bei 
weiterem  Verdampfen  erhalten.  Das  mit  Aether  behandelte  Alkoholextract 
ist  braunrot!!,  Ammoniak  löst  daraus  A%olitmin  auf,  was  nach  dem  Ver- 
dampfen durch  Behandlung  mit  einer  Säure  alles  Ammoniak  abgiebt. 

Das  mit  siedendem  Wasser  behandelte  Lackmus  giebt  an  dieses  einen 
blauen  Farbstoff  ab,  der  seine  Löslichkeit  dem  Ammoniak  verdankt.  Die 
wässerige  Auflösung  abgedampft,  mit  Salzsäure  behandelt  und  mit  Alkohol 
gewaschen  , hinterläfst  Spaniolitmin. 

Das  Erythrolein  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur  halbflüssig,  in  Aether, 
Alkohol  und  wässerigen  Alkalien  leicht  mit  rother  oder  Purpurfarbe  lös- 
lich, sehr  wenig  löslich  in  Wasser,  zersetzbar  in  der  Hitze,  seine  Formel 
ist  C26  H44  04.  (Kane.) 

Das  Erythrolitmin  ist  roth,  wenig  in  Wasser,  leichter  in  Alkohol  lös- 
lich; aus  der  siedenden  alkoholischen  Auflösung  erhält  man  es  nach  dem 
Erkalten  als  körniges  kristallinisches  Pulver.  In  Alkalien  löst  es  sich  mit 
blauer  Farbe,  mit  Ammoniak  bildet  es  eine  blaue  unlösliche  Verbindung; 
seine  Formel  ist  C2Ö  H46  018,  (Kane.) 

Das  Azolitmin  ist  unlöslich  in  Wasser  und  Alkohol,  leichter  in  Alka- 
lien; es  ist  der  Hauptbestandteil  des  blauen  Lackmus;  es  enthält  49  — 50 
pCt.  Kohlenstoff,  5,35  — 5,52  Wasserstoff,  ferner  Stickstoff,  der  nicht  be- 
stimmt wurde. 

Das  Spaniolitmin  enthält  keinen  Stickstoff,  für  seine  Zusammensetzung 
giebt  Kane  die  Formel  C18  H14  016. 

Wenn  man  nach  A.  Gelis  Lackmus  in  Kuchen  mit  einer  schwachen 
alkalischen  Lauge  auszieht,  die  erhaltene  tiefblaue  Flüssigkeit  mit  essig- 
saurem  Bleioxid  fällt  und  den  Niederschlag  mit  Schwefelwasserstoff  voll- 
kommen zersetzt,  so  hat  man  ein  Gemenge  von  Schwefelblei  und  drei  in 
ihrem  Verhalten  gegen  Alkohol,  Aether  und  Wasser  von  einander  abwei- 
chende Farbstoffe,  welche  man  durch  Behandlung  mit  schwacher  Ammoniak- 
flüssigkeit von  dem  Schw^efelblei  trennt.  Die  ammoniakalische  Auflösung 
ist  blau , mit  Essigsäure  vermischt  fallen  die  drei  Farbstoffe  in  Gestalt  eines 
höchst  feinen  rothen  Pulvers  vereinigt  nieder,  welches  frei  von  der  zur  Fällung 
angewandten  Säure  ist.  Behandelt  man  diesen  Niederschlag  mit  Aether, 


tm 


Phloridzein» 


so  färbt  sich  dieser  orange  und  hinterläfst  beim  Verdampfen  einen  Rück- 
stand von  glänzendrother  Farbe , in  welchem  man  feine  nadelförmige  Kri- 
stalle bemerkt , die  ihm  ein  sammtartiges  Ansehen  geben.  Nach  der  Be- 
handlung mit  Aether  löst  Alkohol  einen  zweiten  Farbstoff  mit  blutrother 
Farbe  auf,  welcher  nach  dem  Eintrocknen  einen  Goldglanz  besitzt,  diefs 
ist  der  Hauptbestandteil  des  Lackmus.  Nach  der  Behandlung  mit  Alkohol 
bleibt  ein  in  Wasser  unlöslicher  Körper,  welcher  nach  dem  Verbrennen 
einen  Aschenrückstand  hinterläfst,  er  löst  sich  in  Alkalien  und  verbindet 
sich  mit  diesen,  wie  die  beiden  audern  Farbstoffe,  zu  blauen  Verbindun- 
gen. Diese  drei  Substanzen  geben  bei  trockner  Destillation  ammoniak- 
haltige Produkte. 

Nach  Peretti  ist  der  eigentliche  Farbstoff  des  Lackmus  roth,  und  seine 
blaue  Farbe  abhängig  von  der  Gegenwart  des  Ammoniaks;  diese  Meinung 
wird  von  Kane  getheilt.  Durch  desoxidirende  Mittel,  Schwefelwasserstoff, 
Zinnchlorür  etc.,  verlieren  die  in  dem  Lackmus  und  der  Orseille  enthalte- 
nen Farbstoffe  ihre  Farbe,  bei  Luftzutritt  nehmen  sie  sie  wieder  an. 

»Löst  man  Alphaorcein  in  Ammoniak  und  läfst  die  Auflösung  in  einem  ver- 
schlossenen Gefäfse  mit  Zink  in  Berührung,  so  entfärbt  sie  sich  vollkom- 
men , mit  Ammoniak  im  Ueberschufs  erhält  man  daraus  einen  weifsen  Nie- 
derschlag, der  an  der  Luft  violett,  zuletzt  purpurroth  wird.  In  luftleerem 
Raume  getrocknet  ist  seine  Zusammensetzung  durch  die  Formel  C18  H20 
N2  06  -f-  3ZnO  -4-  4aq  ausdrückbar  ( Kane );  die  correspondirende  Verbin- 
dung des  ßetaorceins  enthält  C18  H20  Na  08  ~h  3ZnO  4aq.  Das  Beta- 
orcein  Kane’s  wird  durch  Chlor  zersetzt,  ebenso  das  Azo-  und  Erythro- 
litmin;  die  neuen  Verbindungen  enthalten  Chlor,  wodurch  eine  gewisse 
Quantität  Wasserstoff  ersetzt  wird.  In  keiner  der  von  Kane  untersuchten 
Flechten  liefs  sich  Orcin  auffinden. 

Phloridzein.  Unter  diesem  Namen  hat  Stass  einen  rothen  Farbstoff 
beschrieben,  welcher  durch  die  Einwirkung  von  Ammoniak  bei  Gegenwart 
von  Sauerstoff  aus  Phloridzin  in  einer  ähnlichen  Weise  wie  das  Pigment 
der  Orseille  und  Lackmus-Flechten  entsteht. 

Das  Phloridzein  wird  am  besten  erhalten,  wenn  man  das  Phloridzin 
feucht  und  auf  mehrere  flache  Schalen  vertheilt  unter  eine  Glocke  bringt, 
worunter  sich  zugleich  die  Lösung  eines  Ammoniaksalzes  befindet,  aus  der 
man  durch  hineingeworfenes  Kalihjdrat  nach  Belieben  Ammoniakgas  ent- 
wickeln kann.  Nach  mehrtägiger  Einwirkung  ist  das  Phloridzin  in  einen 
dunkelblauen  Syrup  verwandelt.  Diesen  bringt  man  im  leeren  Raum  über 
Schwefelsäure,  um  das  überschüssige  Ammoniak  zu  entfernen,  löst  ihn 
dann  in  etwas  Wasser  und  giefst  die  Flüssigkeit  in  viel  Alkohol,  wodurch 
das  Phloridzeinammoniak  als  schön  blaues  Pulver  gefällt  wird.  Man  kocht 
es  mit  absolutem  Alkohol  aus,  löst  es  in  möglichst  wenig  Wasser  und 
fällt  es  daraus  durch  mit  Essigsäure  sauergemachtem  Alkohol,  von  dem 
man  nicht  mehr  zusetzen  darf,  als  gerade  znr  Fällung  nöthig  ist,  und 
wascht  den  erhaltenen  rothen  Niederschlag  alsdann  mit  absolutem  Alkohol 
gut  aus.  Das  Phloridzein  ist  nach  der  Formel  C42  Hs8  N4  026  zusammen- 
gesetzt. Es  entsteht  aus  dem  Phloridzin,  indem  dieses  2 Aeq.  Ammoniak 
und  8 At.  Sauerstoff  aufnimmt,  während  6 At.  Wasser  aus  der  Verbindung 
austreten.  Es  ist  roth,  fest,  unkristallisirbar,  schwach  bitter  schmeckend, 
nicht  schmelzbar  und  nicht  flüchtig  ohne  Zersetzung.  Kochendes  Wasser 
löst  es  mit  rother  Farbe.  Alkohol,  Holzgeist  und  Aether  lösen  kaum  Spu- 
ren davon.  Chlor  zersetzt  es  augenblicklich.  Auch  durch  Alkalien  wird 
es  zersetzt.  — Der  aus  dem  blauen  Syrup  durch  Alkohol  gefällte  Nieder- 
schlag ist  die  Ammoniakverbindung  des  Phloridzeins,  welche  1 Aeq.  Am- 
moniumoxid enthält.  Sie  ist  blau,  unlöslich  in  Alkohol,  Holzgeist  und 
Aether;  in  der  Wärme  verliert  sie  Wasser  und  Ammoniak;  Säuren  schla- 
gen aus  der  wässerigen  Lösung  das  Phloridzein  nieder,  welches  in  cou- 
centrirten  Säuren,  mit  Ausnahme  von  Salpetersäure,  mit  blutrother  Farbe 
löslich  ist.  Desoxidirende  Materien  entfärben  es , Schwefelwasserstoff  unter 
Absatz  von  Schwefel.  Auch  in  Kali  gelöstes  Zinnoxidul  nimmt  der  Lösung 
die  Farbe,  die  sich  durch  Absorbtion  von  Sauerstoff  an  der  Luft  schnell 


Phloridzin,  Phloretinsäure. 


um 


wieder  herstellfc.  Thonerdehydrat  verbindet  sich  mit  dem  Phloridzein  zu 
einem  blauen  Körper  unter  Abscheidung  von  Ammoniak.  Salpetersaures 
Silberoxid  und  basisch  essigsaures  Bleioxid  fällen  die  Ammoniakverbindung 
mit  blauer  Farbe;  die  Silberoxidverbindung  wird  durch  Wasser  zersetzt; 
In  der  Bleioxid  Verbindung  ist  1 Aeq.  Ammoniumoxid  durch  1 At,  Bleioxid 
ersetzt. 

Als  Nachtrag  zu  Phloridzein  folgen  einige  neuere  Beobachtungen  über 
das  Phloridzin  von  Stass. 

Phloridzin.  (Seine  Darstellung  und  Eigenschaften  siehe  Seite  691.) 
Neuerdings  hat  Stass  eine  Untersuchung  des  Phloridzins,  seiner  Verbin- 
dungen und  Zersetzungsprodukte  geliefert.  Die  von  ihm  berechneten  For- 
meln verlangen  mehrere  unzulässige  Annahmen,  die  wegfallen,  wenn  man 
für  das  kristallisirte  Phloridzin  die  Formel  C42  H46  018  -f-  6aq  annimmt. 
Alle  erhaltenen  anatytischen  Resultate  lassen  sich  zwanglos  aus  dieser 
Formel  ableiten.  Bei  100°  verliert  das  Phloridzin  4 At.  Wasser.  Wird 
seine  kochende  Lösung  mit  Bleizucker  gefällt,  so  erhält  man  ein  Salz,  in 
dem  <Jie  6 At.  Wasser  des  kristailisirten  Phloridzins  durch  6 At.  Bleioxid 
ersetzt  sind.  Wird  die  Lösung  bei  niedrigerer  Temperatur  gefällt,  so  ent- 
hält das  Salz  wechselnde  Mengen  von  Bleioxid.  — Schwefelsäure,  Phos-* 
phorsäure,  Salzsäure,  lodwasserstoffsäure  und  Kleesäure  lösen  das  Phlo- 
ridzin in  der  Kälte  unverändert  auf;  hei  längerer  Berührung  damit  oder 
beim  Erwärmen  zersetzt  es  sich  in  Traubenzucker  und  in  eine  als  kristal- 
linischer Niederschlag  sich  ausscheidende  Substanz,  Phloretin  genannt. 
Salpetersäure  und  Chromsäure  erzeugen  andere  Zersetzungsprodukte. 

Das  Phloretin , durch  den  Einflüfs  verdünnter  Säuren  auf  das  Phlorid- 
zin gebildet,  ist  weifs,  kristallinisch,  von  süfslichem  Geschmack,  fast 
unlöslich  in  kaltem,  wenig  löslieh  in  heifsem  Wasser  und  Aether,  in  jedem 
Verhältnifs  in  Alkohol,  Holzgeist  und  concentrirter  Essigsäure  löslich 
und  daraus  in  glänzenden  Körnern  kristallisirend.  Es  verliert  selbst  bei 
16*0°  kein  Wasser,  bei  180°  schmilzt  es,  weiter  erhitzt  zersetzt  es  sich. 
Von  concentrirten  Säuren  wird  es  unverändert  gelöst,  durch  Salpetersäure 
in  einen  rothen  Körper  verwandelt,  der  mit  dem  aus  Phloridzin  durch 
Einwirkung  dieser  Säure  gebildeten  identisch  ist  und  später  unter  dem 
Namen  Phloretinsäure  beschrieben  wird.  Mit  trocknen)  Ammoniakgas  be- 
handelt schmilzt  es,  nimmt  14  Procent  davon  auf  und  erstarrt  wieder  zu 
einer  unkristallinischen  Substanz , die  an  der  Luft  das  Ammoniak  allmählig 
verliert.  Die  Ammoniakverbindung  giebt  mit  Blei-  und  Silbersalzen  Nie- 
derschläge, die  aber  nicht  von  constanter  Zusammensetzung  erhalten  wur- 
den. Seine  Zusammensetzung  wird  durch  die  Formel  CJ0  U30  010  aus- 
gedrückt. Addirt  man  hierzu  die  Elemente  von  1 Atom  Traubenzucker 
C12  H28  Ou,  so  hat  man  C42  His  024,  diefs  ist  die  Formel  des  Phloridzins, 
mit  seinem  Kristallwassergehalt. 

Phloretinsäure  bildet  sich  bei  der  Einwirkung  von  concentrirter  Sal- 
petersäure auf  Phloridzin  und  Phloretin.  Sie  wird  io  Alkali  gelöst,  durch 
eine  Säure  daraus  gefällt  und  gut  ausgewaschen.  Sie  ist  flohfafben,  un- 
kristallisirbar , unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol,  Holzgeist  und 
Alkalien.  In  verdünnten  Säuren  ist  sie  unlöslich,  von  concentrirter  Schwe- 
felsäure wird  sie  mit  blutrother  Farbe  aufgenommen,  durch  concentrirte 
Salpetersäure  allmählig  in  Kleesäure  und  Kohlenstickstoffsäure  (?)  ver- 
wandelt. Bei  150°  zersetzt  sie  sich  unter  Entwickelung  von  Stickoxid. 
Ihre  Zusammensetzung  kann  mit  grofser  Wahrscheinlichkeit  entweder  durch 
die  Formel  C30  H24  N2  016  oder  C24  H18  N2  0I2  ausgedrückt  werden,  wor- 
über weitere  Untersuchungen  entscheiden  müssen.  — Das  kristallisirte 
Phloridzin  absorbirt  10  — 12  pCt.  Ammoniakgas.  Die  Verbindung  absorbirt 
in  feuchter  Luft  viel  Sauerstoff,  indem  sie  von  hellgelb  in  orange,  purpur- 
roth  und  blau  übergeht,  dann  aber  durch  dieselben  Agentien  leicht  weiter 
zersetzt  wird.  Der  blaue  Körper  ist  die  Ammoniakverbiudung  eines  neuen, 
Phloridzein  genannten  Körpers.  (Siehe  oben.) 

Geiger*  s Pharmacic.  /•  ( 5 le  Au  fl,) 


72 


üSG 


Indigo. 


Indigo y blauer . 

Formel:  C16  Na  HJ0  Oä.  (Ti7.  Crum , Dumas , Erdmann.) 

$.  206.  Zur  Darstellung  eines  reinen  Indigo  wird  der  im 
Handel  vorkommende  Indigo  fein  gepulvert,  in  einem  wohlver- 
schlossenen Gefäfse  mit  Eisenvitriol,  K&lkhydrat  und  Wasser  (5 
ludig,  10  Eisenvitriol , 15  Kalkhydrat  und  60  Wasser)  meh- 
rere Tage  sich  seihst  überlassen,  die  klare  Flüssigkeit  ver- 
mittelst eines  Hebers  abgezogen,  mit  verdünnter  Salzsäure 
gemischt,  der  erhaltene  Niederschlag  sorgfältig  mit  reinem 
Wasser,  zuletzt  mit  kochendem  Alkohol,  bis  dieser  farblos 
oder  blaugefärbt  durchgeht,  ausgewaschen  und  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  an  der  Luft  getrocknet.  (Anstatt  der  Mi- 
schung von  Eisenvitriol  und  Kalk  bedient  man  sich  mit  gröfse- 
rem  Vortheil  noch  einer  schwachen  Natronlauge  [1  Th.  Natron 
auf  20  Th.  Wasser],  in  der  man  ein  dem  Natron  gleiches 
Gewicht  Stärkezucker  gelöst  hat.) 

Reiner  Indigo  stellt  ein  tief  dunkelblaues,  beim  Reiben 
mit  einem  glatten  Körper  metallisch  kupferblaues  Pulver  dar, 
welches  in  Wasser,  Alkohol,  Aether,  ätherischen  und  fetten 
Oelen,  Salzsäure,  verdünnten  Alkalien  vollkommen  unlöslich 
ist.  In  kleinen  Mengen  auf  ein  schwach  glühendes  Platin- 
blech geworfen  verflüchtigt  er  sich  in  purpurfarbenen  Dämpfen 
ohne  Rückstand  von  Kohle,  in  gröfseren  Massen  erhitzt  con- 
densiren  sich  diese  Dämpfe  auf  der  Oberfläche  des  Pulvers 
zu  tiefdunkelblauen  Nadeln  oder  geraden  rhombischen  Säulen, 
die  sich  als  kristallinisches  Netzwerk  leicht  von  dem  darunter 
liegenden  verkohlten  Tbeile  abnehmen  lassen,  ia  concentrirter 
Schwefelsäure  löst  sich  reiner  Indigo  mit  tief  dunkelblauer  Farbe ; mit 
wasserfreier  Schwefelsäure  verbindet  er  sich  zu  einer  purpurrothen  Masse, 
die  sich  ohne  Erhitzung  mit  blauer  Farbe  in  Wasser  löst.  Durch  Salpeter- 
säure, Chlorsäure,  Chromsäure,  durch  Chlor  und  Brom  erleidet  er  eine 
Veränderung,  er  färbt  sich  gelb  und  es  entsteht  eine  Reihe  von  Zer- 
setzungsprodukten , die  sich  mit  gelber  Farbe  in  Wasser  oder  Alkohol 
lösen.  Beim  Erhitzen  mit  starker  Kalilauge  wird  er  ebenfalls  verändert; 
beim  Zusammenbringen  mit  desoxidirenden  Materien,  wie  mit  faulenden 
Pflanzenstoffen,  Eisenoxidul,  Zinn-  und  Manganoxidul  bei  Gegenwart  einer 
löslichen  alkalischen  Basis,  verliert  er  seine  blaue  Farbe  und  löst  sich  in 
der  alkalischen  Flüssigkeit  völlig  auf;  dieselbe  Veränderung  erfährt  er  j 
durch  eine  alkalische  Auflösung  von  Traubenzucker;  in  letzterem  Fall 
findet  sich,  nach  der  Ausfällung  des  gelösten  Indigo’s  mit  Salzsäure,  in 
der  sauren  Flüssigkeit  eine  gewisse  Menge  Ameisensäure.  In  diesen  Fällen 
entsteht  weifser  Indigo  ( desoxidirter  Indigo ). 

Weifser  Indigo . 

Formel:  C16  Na  H,a  Oa. 

Zur  Darstellung  des  weifsen  Indigo  wendet  man  dasselbe  Verfahren  an 
wie  zur  Gewinnung  des  reinen  blauen  Indigo’s  aus  dem  käuflichen  Indig, 
mit  dem  Unterschiede  jedoch,  dafs  man  die  Auflösung  des  weifsen  Indigo’s 
in  der  alkalischen  Flüssigkeit,  bei  und  nach  der  Fällung  mit  Salzsäure, 
aufs  sorgfältigste  vor  aller  Berührung  mit  der  Luft  schützt.  Man  wascht 
den  erhaltenen  Niederschlag  mit  ausgekochtem  kaltem  Wasser,  oder  im 
Anfänge  mit  verdünnter  schwefliger  Säure,  auf  einem  Filter  so  rasch  als 


Indigo. 


1131 


möglich  aus,  bringt  die  feuchte  Masse  mit  dem  Filter  auf  einem  trockenen 
Ziegelstein  unter  die  Glocke  einer  Luftpumpe  und  läfst  sie  im  leeren  Raume 
über  concentrirter  Schwefelsäure  trocknen.  Man  erhält  eine  compacte 
Masse,  aufserhalb  von  blauer,  innerhalb  von  grauer  oder  graublauer 
Farbe,  die  letztere  stellt  den  weifsen  Indigo  dar,  von  dem  man  den  blau- 
gefärbten Theil  durch  Abschabea  trennt. 

Der  frisch  gefällte  Niederschlag  des  weifsen  Indigo  erscheint  in 
schmutzig  weifsen  dicken  Flocken,  welche  im  Sonnenlichte  glänzend  sind 
und  eine  kristallinische  Beschaffenheit  zeigen.  Der  weifse  Indigo  ist  ge- 
schmack-  und  geruchlos,  ohne  Reaction  auf  Pflanzenfarben , unlöslich  in 
Wasser  und  verdünnten  Säuren,  leichtlöslich  in  alkalischen  Flüssigkeiten, 
ohne  ihre  Reaction  aufzuheben.  In  Alkohol  und  Aether  ist  er  mit  gelber 
Farbe  löslich. 

Frischgefällter  weifser  Indigo  färbt  sich,  der  Luft  ausgesetzt,  sehr 
rasch  durch  seine  ganze  Masse  hindurch  blau,  purpurfarben.  In  trocknem 
Zustande  verwandelt  er  sich  langsamer,  wiewohl  nach  einigen  Tagen  völ- 
lig, in  blauen  Indigo.  Alle  Auflösungen  des  weifsen  Indigo’s  lassen  bei 
Berührung  mit  Luft  den  aufgelösten  Indigo  als  dunkelblaues  Pulver  fallen. 

Die  Auflösungen  des  weifsen  Indigo’s  in  den  Hydraten  der  Alkalien 
und  alkalischen  Erden  sind  gelb;  Metallauflösungen  werden  davon  gefällt, 
die  Niederschläge,  wenn  sie  an  und  für  sich  nicht  blau  sind,  werden  an 
der  Luft  blau.  Manche  davon,  wie  der  Blei-  und  {Silberniederschlag,  ge- 
ben beim  trocknen  Erhitzen  purpurrothe  Dämpfe.  Die  mit  Eisenoxidul-, 
Zinnoxidul-  und  Bleioxidsalzen  entstandenen  Niederschläge  sind  weifs,  die 
Verbindungen  mit  Kobaltoxidul  und  Manganoxidul  grün;  Kupferoxidsalze, 
so  wie  Eisenoxidsalze  werden  zu  Oxidulsalzen  unter  Fällung  von  blauem 
Indigo  reducirt.  ( Berzelius. ) 

Nach  Runge  giebt  eine  alkalische  Auflösung  von  weifsem  Indigo  mit 
Eisenoxid-  und  Kupferoxidsalzen  Niederschläge,  welche,  trocken  erhitzt, 
das  erstere  ein  grünes , das  andere  ein  gelbes  kristallinisches  Sublimat  lie- 
fern; das  Indigsilberoxid  liefert  auf  demselben  Wege  orangegelbe,  dass 
Indigquecksilberoxid  grasgrüne  Kristalle.  Diese  Verbindungen  verdienen 
eine  genauere  Untersuchung. 

lieber  die  Zusammensetzung  des  blauen  und  weifsen  Indigo» 

Die  ersten  zuverlässigen  Analysen  des  blauen  Indigo  sind  von  Walter 
Cr  um;  sie  wurden  von  Dumas  bestätigt,  welcher  die  Formel  CI6  Na  H10  Oä 
dafür  aufstellte.  Spätere  Analysen  von  Erdmann  haben  die  Richtigkeit 
dieser  Formel  aufser  allem  Zweifel  gestellt.  . 

Was  die  Zusammensetzung  des  weifsen  Indigo’s  betrifft,  so  scheint  aus 
der  Untersuchung  von  Dumas  hervorzugehen,  dafs  derselbe  von  dem  blauen 
nur  insofern  abweicht,  als  er  ein  Aequivalent  Wasserstoff  mehr  enthält. 
Man  betrachtete  früher  den  weifsen  und  blauen  Indigo  als  zwei  Oxide  des 
nemlichen  Radikals,  verschieden  in  ihrem  SauerstofFgehalte , und  die  Ent- 
stehung des  farblosen  Indigs  durch  Materien,  welche  eine  grofse  Ver- 
wandtschaft zum  Sauerstoff  haben , erklärt©  sich  leicht  durch  eine  Sauer- 
stoffentziehung. Nach  der  Analyse  des  weifsen  Indigo  von  Dumas  ist, 
wie  erwähnt,  sein  Sauerstoffgehalt  nicht  kleiner  als  wie  der  des  blauen, 
und  die  Ansichten,  die  man  über  die  Constitution  beider  hegen  kann,  hän- 
gen von  der  Entscheidung  der  Frage  ab  , in  welcher  Form  der  Wasserstoff 
in  dem  weifsen  Indigo  enthalten  ist.  Dieser  Wasserstoff  ist  entweder 
darin  in  der  Form  von  Wasser,  oder  in  einer  ähnlichen  Weise  darin  vor- 
handen wie  im  Bittermandelöl.  Nimmt  man  den  Wasserstoff  in  der  Form 
von  Wasser  darin  an,  so  ist 

blauer  Indigo  cx6  n2  h10  ö* 

' weifser  Indigo  C16  N2  H10  O -h  H20; 

es  ist  also  hiernach  der  letztere  das  Hydrat  eines  niederen  Oxids,  ähnlich 
wie  das  Manganoxiduihydrat , was  sein  Wasser  abgiebt,  indem  es  in  eine 
höhere  Oxidationsstufe,  in  eine  Art  von  Hyperoxid,  übergeht. 


tm 


Indigo. 


Nach  der  andern  Ansicht  ist  der  blaue  Indigo  ähnlich  dem  Benzil,  und 
der  weifse  dem  Benzoin: 

blauer  Indigo  C16  N2  H,0  Oa  Benzil  C14  H10  Oa 

weifser  Indigo  C,6  N2  H,0  02  -b  H2  Benzoin  C14  II, 0 02  -4-  H2 

Beide  sind  sich  darin  ähnlich;  dafs  der  Wasserstoff  durch  oxidirende  Ma- 
terien ohne  Ersatz  hinweggenommen  werden  kann;  diese  Hinwegnahme 
erfolgt  bei  dem  Benzil  durch  Salpertersäure,  Chlor  etc.;  bei  dem  weifsen 
Indigo  durch  den  Contact  mit  Luft  und  andern  sauerstoffhaltigen  Körpern, 
die  auf  den  neugebildeten  blauen  Indigo  keine  zersetzende  Wirkung  äufsern. 

Das  Verhalten  des  blauen  Indigo’s  zu  Traubenzucker  bei  Gegenwart 
von  Alkalien  scheint  der  ersteren  Ansicht  das  Uebergewicht  zu  geben. 
Es  ist  erwähnt  worden  ; dafs  beim  Zusammenbringen  dieser  drei  Substanzen 
ein  Theil  des  Zuckers  in  Ameisensäure  übergeht,  während  der  blaue  In- 
digo zu  weifsem  Indig  wird.  Wenn  man  nun  den  letzteren  als  die  Was- 
serstoffverbindung des  blauen  betrachtet,  so  miifste  hier  notliwendig  Was- 
ser zersetzt  worden  seyn,  durch  dessen  Sauerstoff  der  Wasserstoff  des 
Zuckers  hinweggenommen  und  Aequivalent  für  Aequivalent  ersetzt  werden 
würde.  Auf  der  einen  Seite  hätte  man  also  eine  Wasserzerlegung  anzu- 
nehmen, auf  der  andern  eine  Wasserbildung.  Der  Sauerstoff  des  Wassers 
würde  seinen  Wasserstoff  abgeben , um  mit  dem  Wasserstoff  des  Zuckers 
wieder  Wasser  zu  bilden.  Diefs  ist  nicht  wahrscheinlich. 

Wir  kennen  aber  den  weifsen  Indigo  als  einen  Körper,  welcher  fähig 
ist,  mit  Oxiden  in  Verbindung  zu  treten,  und  es  ist  der  Analogie  ange- 
messen, auzunehmen,  dafs  bei  seiner  Trennung  von  den  Alkalien  ein  Ae- 
quivalent des  Metalloxids  ersetzt  wird  durch  ein  Aequivalent  Wasser. 

Hiernach  wäre  also  der  weifse  Indigo  ein  Hydrat  eines  Oxides,  wel- 
ches 1 At.  Sauerstoff  weniger  enthält  wie  der  blaue  Indigo. 

Vergleichen  wir  die  Formel  der  beiden  ludigo’s  mit  den  Formeln  des 
Alloxans  und  Alioxantins,  so  finden  wir  in  diesen  beiden  Körpern  ganz  das 
Verhalten  des  weifsen  und  blauen  Indigo’s  wieder,  und  kaum  läfst  sich 
ein  Zweifel  darüber  hegen,  dafs  blauer  Indigo  und  Alloxan,  und  weifser 
Indigo  und  Alloxantin  in  ihrer  Constitution  ähnlich  sind. 

Alloxan  ist  C8  N4  H3  08  Alloxantin  C8  N4  H10  Os 

Blauer  Indigo  C16  N.2  BI0  02  Weifser  Indigo  C,6  N2  IJJ2  02 

In  dem  Alloxantin  haben  wir  1 Aeq.  Wasserstoff  mehr  wie  im  Alloxan, 
und  da  das  letztere  nachweisbar  ein  Hydrat  ist,  so  ist  kein  Grund  vor- 
handen die  Existenz  von  fertig  gebildetem  Wasser  in  dem  Alloxantin  zu 
läuguen. 

Hydrate  von  Wasserstoffverbindungen  fein  Hydrat  von  Bittermandelöl 
und  ähnlichen  Körpern)  sind  aber  bis  jetzt  noch  nicht  aufgefunden  worden. 

Nichtsdestoweniger  verdient  die  Ansicht  von  Dumas  Beachtung,  da 
wir  in  den  Verbindungen  der  Wasserstoffsäuren  mit  organischen  Salzbasen 
— {^welche  sich  nicht  als  Oxide  betrachten  lassen)  Wasserstoffverbindungen 
besitzen , welche  eine  gewisse  Menge  Kristailwasser  in  ihre  Zusammen- 
setzung aufaehmen. 

Der  blaue  Indigo  enthält  zuletzt  die  Elemente  von  Cyan  und  Benzoyl 
oder  Benzil,  (es  ist  bekannt,  dafs  das  Benzil  mit  kaustischen  Alkalien  eine 
indigblaue  Auflösung  bildet,  die  sich  beim  Erwärmen  entfärbt).  Wenn 
wir  uns  das  Benzil  vereinigt  denken  mit  einem  Aequivalent  Cyan,  so  haben 
wir  alle  Elemente  des  Indigo’s. 

Benzil  Cu  H10  03  4-  C2  N2  — C1(5  Na  H10  02  = blauer  Indigo. 

Indig-Schwef eisäuren. 

Es  ist  erwähnt  worden,  dafs  wasserfreie  Schwefelsäure  sich  mit  In- 
digo zu  einer  purpurrothen  Masse  vereinigt,  die  sich  in  Wasser  ohne  Er- 
hitzung zu  einer  tiefblauen  Flüssigkeit  löst.  Hauchendes  Vitriolöl  löst  den 
fünften  Theil  seines  Gewichts  gewöhnlichen  Indigo  unter  Erwärmung  nach 
24  Stunden  vollkommen  auf;  diese  Flüssigkeit  mischt  sich  mit  Wasser 


Indigschwefelsäuren. 


1138 


nutet’  starker  Erhitzung,  ohne  einen  unlöslichen  Rückstand  zu  lassen. 
Bringt  man  reinen  feingepulverten  blauen  Indigo  mit  15  Theilen  gewöhn- 
lichem Schwefelsäurehydrat,  die  man  vor  ihrer  Anwendung  einige  Minuten 
im  Sieden  erhalten  und.  wieder  erkalten  gelassen  hat,  oder  1 Theil  eines 
feinen  käuflichen  Indigs  mit  8 Th.  Schwefelsäurehydrat  zusammen  , so  er- 
folgt nach  einigen  Tagen  in  gewöhnlicher  Temperatur,  schneller  beim  Er- 
wärmen auf  50  bis  6*0°  eine  vollkommene  Lösung ; sie  ist  tief  blau  und 
läfst  sich  meistens  ohne  Absatz  mit  Wasser  mischen.  Nimmt  man  auf  einen 
Theil  reinen  Indigo  nur  8 — 10  Theile  Schwefelsäure,  so  bleibt  in  allen 
Fällen  ein  purpurrothes  Pulver,  was  in  verdünnten  Säuren  unlöslich  ist, 
aber  in  reinem  Wasser,  beim  fortgesetzten  Waschen,  eine  klare  dunkel- 
blaue Auflösung  bildet. 

Was  die  Schwefelsäure  in  dar  blauen  Auflösung  enthält  ist  Indig- 
Schwefelsäure , der  in  Säuren  unlösliche  purpurrothe  Absatz  ist  Purpur- 
schwefelsäure. Beide  sind  Verbindungen  von  Schwefelsäure  mit  Indigo, 
der  durch  die  Berührung  mit  dieser  Säure  eine  Veränderung  erlitten  hat. 
Walter  Crum , welcher  diese  Verbindungen  zuerst  einer  Untersuchung 
unterwarf,  beobachtete,  dafs  die  Indigschwefelsäure,  mit  einem  Alkali  ge- 
sättigt, einen  blauen  Niederschlag  gab  (blauer  Carmiri) , der  in  salzhalti- 
gen Flüssigkeiten  unlöslich,  in  reinem  Wasser  leicht  löslich  war;  er  fand 
ferner , dafs  die  blaue  Auflösung  der  Purpurschwefelsäure  in  Wasser  sich 
gegen  die  Salze  der  alkalischen  Basen  ganz  gleich  verhielt,  nur  war  der 
Niederschlag  nicht  blau,  sondern  purpurroth ; er  hielt  ihn  für  identisch  mit 
dem  purpurrothe»  Körper,  der  beim  Verdünnen  der  Indiglösung  ungelöst 
zurückblieb.  Den  ersteren  Körper  bezejchnete  er  mit  Coerulin , den  an- 
dern mit  Phoenicin  (Indigpurpur ; Hermelins').  Berzelius  zeigte  später, 
dafs  beide  Substanzen  Verbindungen  sind  von  verändertem  Indigo  mit 
Schwefelsäure,  die  sich  mit  alkalischen  Basen  zu  leicht  in  reinem  Wasser 
löslichen,  aber  in  salzhaltenden  Flüssigkeiten  unlöslichen  Salzen  verbin- 
den; woher  es  denn  kommt,  dafs  blaue  und  purpurrothe  Niederschläge 
durch  Salze  mit  alkalischer  Basis  aus  ihren  wässerigen  oder  sauren  Auf- 
lösungen erhalten  werden.  Legt  man  in  die  mit  Wasser  verdünnte  schwe- 
felsaure Indiglösung  reine  Wolle  oder  Wollenzeug,  so  färbt  sich  dieses 
Mau  und  die  Auflösung  wird  farblos.  Die  Farbe  läfst  sich  der  Wolle  we- 
der durch  Wasser  noch  durch  Alkohol,  leicht  aber  durch  kohlensaures 
Ammoniak  entziehen.  Verdampft  man  die  erhaltene  blaue  Lösung  zur 
Trockne  und  behandelt  den  Rückstand  mit  Alkohol , so  trennt  er  sich  in 
zwei  Ammoniaksalze,  von  denen  das  eine  ungelöst  zurückbleibt.  Das  in 
Alkohol  lösliche  enthält  (nach  Berzelius')  indigblauunterschwefelsaures, 
das  darin  unlösliche  Ammoniaksalz  iudigblauschwefelsaures  Ammoniak. 
Beide  lösen  sich  leicht  in  Wasser  und  geben,  das  erstere  mit  basischem, 
das  andere  mit  neutralem  essigsaurem  Bleioxid  blaue  Niederschläge,  die, 
mit  Schwefelwasserstoff  zersetzt,  in  Schwefelblei  uud  in  lösliche  Indig - 
unter  Schwefelsäure  oder  Indigschwefelsäure  zerlegt  werden. 

Frisch  aus  dem  Bleisalz  durch  Schwefelwasserstoff  dargestellt,  sind 
die  abgeschiedenen  Indigschwefelsäuren  schwach  gelblich  oder  farblos  und 
geben , im  luftleeren  Raume  über  Kalihydrat  und  concentrirter  Schwefelsäure 
abgedampft,  dunkelgelbe  zähe  Massen,  die  an  der  Luft  schmntziggrün 
und  zuletzt  blau  werden.  An  freier  Luft  bei  50°  abgedampft  färben  sie 
sich  rasch  ( und  hinterlassen  blaue,  an  der  Luft  feucht  werdende  Massen 
von  Indigblauunterschwefelsäure  oder  Indigblauschwefelsäure.  Diese  bei- 
den Säuren  sind  leicht  löslich  in  Alkohol,  sie  werden  durch  Schwefel- 
wasserstoff unter  Fällung  von  Schwefel,  bei  Berührung  mit  Zink  oder 
Eisen,  ohne  Gasentwickelung  farblos;  es  entstehen  in  letzterem  Fall  Zink- 
oder Eisenoxidulsalze  dieser  Säuren,  welche  an  der  Luft  mit  grofser 
Schnelligkeit  Sauerstoff  anziehen,  wodurch  die  ursprüngliche  blaue  Farbe 
wieder  zum  Vorschein  kommt. 

Die  beiden  Indigschwefelsäuren  bilden  mit  Basen  eine  Reihe  von  Sal- 
zen, von  denen  sich  die  Verbindungen  mit  alkalischen  Basen  durch  ihre 
Unlöslichkeit  in  salzhaltigen  Flüssigkeiten  auszeiclinen.  Wenn  die  mit 


1194 


Indigschwefelsäuren. 


Wasser  verdünnte  schwefelsaure  Indiglösung  von  der  Purpurschwefelsäure 
abfiltrirt  und  mit  einem  löslichen  Kalisalze  (Salpeter  ausgenommen,  durch 
den  die  Farbe  zerstört  wird),  essigsaurem,  kohlensaurem  Kali,  gesättigt 
wird , so  schlägt  sich  schwefelsaures  und  indigschwefelsaures  Kali  in  Ge- 
stalt eines  aufgequollenen  blauen  Pulvers  nieder.  Wird  es  auf  einem 
Filter  ausgewaschen , bis  das  Waschwasser  anfängt  sich  dunkelblau  zu 
färben,  sodann  in  Wasser  vertheilt,  dieses  zum  zweitenmale  mit  essig- 
saurem Kali  gesättigt  und  diese  Operation  so  oft  wiederholt,  als  sich  noch 
schwefelsaures  Kali  als  Beimischung  des  blauen  Niederschlags  nachweisen 
läfst,  zuletzt  der  feuchte  Brei  mit  Alkohol  vollständig  ausgewaschen,  so 
nimmt  dieser  das  essigsaure  Kali  hinweg  und  es  bleibt  reines  indigblau- 
schwefelsaures  Kali  zurück. 

Dieser  Niederschlag  ist  es,  der  in  Deutschland  blauer  Carmin , in 
Frankreich  mit  löslichem  Indigo  ( Indigo  soluble ) bezeichnet  wird. 

Aus  einer  kochendheifsen  verdünnten  Auflösung  des  obenerwähnten 
Kalisalzes,  die  man  mit  einer  Auflösung  von  Chlorbarium  mischt,  erhält 
cmn  nach  dem  Filtriren  eine  tiefblaue  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  zu 
einer  Art  von  Gallerte,  welche  leicht  auszuwaschen  ist,  gesteht.  ( Du- 
mas.} Dieser  Niederschlag  enthält  stets  eine  gewisse  Menge  Kali. 

Die  indigblauuntersclwefelsauren  Salze  unterscheiden  sich  von  den 
indigblauschwrefelsauren  durch  ihre  bei  weitem  gröfsere  Löslichkeit  in 
Wasser.  Namentlich  sind  die  Baryt-  und  Bleisalze  der  Indigblauunter- 
achwefelsäure  leicht  in  Wasser  löslich,  ihre  Zusammensetzung  ist  noch 
nicht  näher  erforscht. 

Die  löslichen  indigblauschwefelsauren  Salze  erleiden  in  Berührung  mit 
überschüssigen  kaustischen  Alkalien  eine  Veränderung,  welche  derjenigen 
wahrscheinlich  ähnlich  ist,  die  der  blaue  Indigo,  mit  denselben  Körpern 
behandelt , in  höherer  Temperatur  erfährt.  (Siehe  Zersetzungsprodukte  des 
blauen  Indigo’s  durch  kaustische  Alkalien.) 

Indigblauschwefelsaures  Kali  in  50  Th.  Kalkwasser  gelöst,  färbt  sich 
beim  Erwärmen  in  einem  verschlossenen  Gefäfse  grün,  und  wird  bei  die- 
sem Zeitpunkt  durch  Säuren  wieder  blau;  längere  Zeit  erwärmt  nimmt  die 
Flüssigkeit  eine  Purpurfarbe  an,  während  sich  beim  Erkalten  ein  braun- 
gefärbter Kalkniederschlag  bildet. 

Geschieht  diese  Behandlung  bei  Zutritt  der  Luft,  so  durchläuft  die 
Lösung  alle  Farben  von  grün,  purpurroth,  hocliroth  und  nimmt  zuletzt 
eine  rein  gelbe  Forbe  an.  Diese  Farben  entsprechen  drei  von  einander 
verschiedenen  Zersetzungsprodukten,  weiche  saure  Eigenschaften  besitzen 
und  mit  Leichtigkeit  erhalten  werden  können,  wenn  die  kalkhaltigen  Flüs- 
sigkeiten durch  Kohlensäure  vom  Kalke  befreit  und  zur  Trockne  abge- 
dampft werden. 

Die  purpurrothe  Flüssigkeit  gieht  einen  Rückstand,  der  nach  der  Be- 
handlung mit  Alkohol,  welcher  sich  damit  gelb  färbt,  in  Wasser  wieder 
mit  purpurrother  Farbe  löslich  ist.  Diese  Auflösung  bildet  mit  neutralem 
essigsaurem  Bleioxid  einen  braunrothen  Niederschlag,  aus  welchem  mit 
Schwefelwasserstoff  eine  mit  Purpurfarbe  in  Wasser  lösliche  Säure  abge- 
schieden wird.  Berzelius  bezeichnet  sie  mit  Purpurinschwefelsäure.  Die 
mit  neutralem  essigsaurem  Bleioxid  gefällte  Flüssigkeit  giebt  mit  ßleiessig 
einen  zweiten  Niederschlag  von  grauer  Farbe. 

Sucht  man  bei  Behandlung  des  indigblauschwefelsauren  Kali’s , durch 
beschränkten  Zutritt  der  Luft,  den  Punkt  zu  treffen,  wo  die  Flüssigkeit 
hochroth  erscheint,  und  behandelt  sie  auf  gleiche  Weise,  so  erhält  man 
bei  Digestion  der  durch  Abdampfen  gewonnenen  dunkelbraunen,  ins  Grüne 
ziehenden  Masse  mit  Alkohol  eine  gelbe  Auflösung  und  einen  rothen  Rück- 
stand, der  sich  mit  schön  rother  Farbe  in  Wasser  löst. 

Die  gelbe  alkoholische  Auflösung  enthält  eine  kristaliisirbare  gelbe 
Säure,  die  man,  an  Bleioxid  gebunden,  beim  Vermischen  derselben  mit 
essigsaurem  Bleioxid  und  durch  Zersetzung  des  gebildeten  cifcrongelben 
Bleiniederschlags  durch  Schwefelwasserstoff  erhält.  Berzelius  nennt  sie 
Flavinschwefelsäure 


Indigschwefelsäuren, 


1135 


Die  wässerige  schön  rothe  Auflösung  des  in  Aikohol  unlöslichen  Rück- 
standes wird  durch  Bleiessig  biafsroth  niedergeschlagen.  Schwefelwasser- 
stoff scheidet  aus  diesem  Niederschlag  eine  rothe  , nach  dem  Verdunsten 
extractähnliche  Säure,  aus  welcher  Alkohol  eine  rothgelbe  Säure  CBer- 
zelius  Fulvinschwefelsäure ) auszieht,  während  eine  rothe  nicht  kristalli- 
nische Masse  von  sauren  Eigenschaften  zurückbleibt,  die  Berzelius  Rufin- 
schwefelsäure nennt.  Alle  diese  Produkte  bedürfen  einer  genauem  Unter- 
suchung. 

Alle  indigschwefelsauren  Salze  lösen  sich  in  Aetzkalilauge  in  der  Kälte 
auf,  wobei  sie  ihre  blaue  Farbe  in  Gelb  umändern;  hiebei  entwickelt  sich 
Ammoniak.  Diese  Auflösungen  werden  beim  Sättigen  mit  einer  Säure  wieder 
tief  indigblau;  wird  hingegen  die  alkalische  Auflösung  erwärmt,  so  verliert 
sie  ihr  Vermögen  durch  Säuren  wieder  blau  zu  werden. 

Durch  Salpetersäure,  Chlor  und  Brom  wird  die  blaue  Farbe  aller  in- 
digblauschwefelsauren  Salze  zerstört,  die  Flüssigkeiten  nehmen  eine  gelbe 
Farbe  an. 

Die  Purpurschwefelsäure  (PhÖnicinschwefelsäure,  Berzelius')  erzeugt 
sich  bei  der  Behandlung  des  Indigo’s  mit  englischer  Schwefelsäure,  bei 
Anwendung  von  rauchender  Nordhäuser  Schwefelsäure  vorzüglich  nur 
dann,  wenn  man  die  Lösung  sogleich  mit  Wasser  verdünnt.  Wie  erwähnt 
bleibt  sie  beim  Verdünnen  des  Schwefelsäuren  Indigo’s  ungelöst  zurück, 
und  kann  auf  einem  Filter  von  der  Auflösung  getrennt  werden.  Mit  reinem 
Wasser  gewaschen  löst  sich  die  Purpurschwefelsäure  mit  der  nemlichen 
blauen  Farbe  auf,  welche  die  Indigblauschwefelsäure  charakterisirt ; allein 
diese  Auflösung  giebt,  mit  Alkalien  oder  mit  essigsaurem  Kali,  Salmiak, 
Bittererde-,  Kupferosid-,  Zinnoxid-,  Eisenoxidul-,  Thonerde-Salzen  ge- 
sättigt, flockige  purpurfarbene  Verbindungen  von  Purpurschwefelsäure  mit 
den  Basen  dieser  Salze.  Das  Ammoniak-  und  Natronsalz  dieser  Säure 
sind  am  leichtesten,  schwerer  löslich  sind  ihre  Verbindungen  mit  Talk- 
erde,  Zinnoxid  und  Kupferoxid,  und  am  vollkommensten  wird  die  Purpur- 
schwefelsäure durch  Alaun  und  Chlorcalcium  gefällt.  Das  Ammoniaksalz, 
oder  richtiger  vielleicht  die  durch  Salmiak  aus  der  wässerigen  ’ Purpur- 
schwefelsäure gefällte  Verbindung  giebt  trocken  erhitzt,  unter  Entwicke- 
lung eines  rothen  Gases,  dem  sublimirten  Indigblau  ähnliche  Kristalle, 
welche  zuweilen  einen  grün  metallischen  Glanz  haben  und  beiin  Glätten 
braun-,  nicht  kupferglänzend  werden. 

Die  purpurschwefelsauren  Salze  lösen  sich  leichter  in  Alkohol  als  in 
Wasser,  die  wässerige  Auflösung  derselben  verliert  durch  alle  reduciren- 
den  Materien  ihre  blaue  Farbe;  sie  verhalten  sich  gegen  Schwefelwasser- 
stoff, Eisenvitriol  und  Kalk  etc.  genau  wie  die  indigschwefelsauren. 

Zusammensetzung  der  Indigschwefelsauren. 

Nach  der  Untersuchung  von  Dumas  enthält  die  ledigschwefelsäure  in 
dem  Kalisalze  die  Elemente  des  Indigo’s,  weniger  1 At.  Wasser,  verbunden 
mit  2 Atomen  Schwefelsäure.  Bei  dem  Zusammenbringen  des  indigo’s  mit 
Schwefelsäure  würde  demnach  entweder  1 At.  fertig  gebildetes  Wasser 
aus  dem  Indigo  austreten,  und  in  dieser  Beziehung  wäre  die  Bildung  der 
Indigschwefelsüure  ähnlich  der  Entstehung  der  Aethersclnvefelsäure  (des 
sauren  schwefelsauren  Aethyloxids)  , oder  es  würde  durch  die  Einwirkung 
der  concentrirten  Schwefelsäure  aus  dem  Wasserstoff  des  Indigs  und  dem 
Sauerstoff  der  Schwefelsäure,  oder  aus  den  Bestandtheilen  des  Indigs 
selbst  ein  Atom  Wasser  neu  gebildet,  und  dieses  Wasser  würde  in  den 
indigschwefelsauren  Salzen  ersetzbar  seyn  durch  1 At.  Metalloxid.  Nach 
der  ersteren  Ansicht  wäre  sonach  der  Indigo,  ähnlich  dem  Alkohol,  das 
^ Hydrat  eines  organischen  Oxides,  zusammengesetzt  nach  der  Formel: 

C16  N,  H8  0 -4-  H2Q,  und  die  Indigschwefelsäure  würde  seyn 
Cx6  N*  H8  O 4-  SSO,  -4-  aq,  oder  C16  Na  H8  O,  SO,  4-  SO, , aq 
C16  Na  H8  0 , SO,  4-  SO, , KO  das  Kalisalz. 


1136 


Indigs  chwefel  säuren. 


Das  Verhalten  der  indigschwefelsauren  Salze  scheint  aber  dieser  Ansicht 
von  der  Natur  des  Indigs  zu  widersprechen.  Als  ein  dem  Aether  ähnliches 
organisches  Oxid  wiirda  der  Indigo  in  der  Indigschwefelsäure  die  Rolle 
einer  Basis  spielen  , welche , wie  das  Aethyloxid , ersetzbar  sey n müfste 
durch  andere  Metalloxide.  Wenn  es  in  der  That  gelänge , den  Indigo  (das 
Hydrat  des  Oxids)  aus  seiner  schwefelsauren  Verbindung,  ähnlich  wie  Al- 
kohol aus  der  Aetherschwefelsäure,  wieder  darzustellen , so  liefse  sich 
dieser  Ansicht  nichts  entgegensetzen;  allein  diefs  gelingt  unter  keinerlei 
Umständen. 

Man  gelangt  zu  noch  sonderbareren  Schlüssen,  wenn  man  versucht 
die  Zusammensetzung  des  weifsen  (reducirten)  Indigo’s  mit  der  des  blauen 
nach  diesen  Voraussetzungen  in  Beziehung  zu  bringen.  Enthält  der  blaue 
Indigo  ein  Atom  Sauerstoff  in  der  Form  von  Wasser,  so  kann  dieses 

Wässer  bei  seinem  Uebergange  in  den  Zustand  des  weifsen.  Indigo’s  keine 

Aenderung  erlitten  haben. 

Der  weifse  Indigo  könnte  hiernach  also  nur  seyn  entweder  die  Was- 
serstoffverbindung eines  Oxids,  was  die  Natur  einer  Salzbasis  besitzt,  oder 
eine  Verbindung  von  einem  sauerstofffreien  Körper  mit  zwei  Atomen  Wasser. 

Weifser  Indigo  Clö  N2  II8  O -1-  Ha  ■+•  H,  O oder 

do.  do.  C16  Na  H8  -j~  IIa  0 -4-  O 

Keine  von  diesen  Formeln  hat  in  Hinsicht  auf  die  Constitution  des  weifseu 
Indigo’s  die  mindeste  Wahrscheinlichkeit  für  sich,  und  es  bleibt  nichts  an- 
deres übrig,  als  die  Indigschwefelsäure  zu  derjenigen  Klasse  von  Verbin- 
dungen zu  stellen,  zu  welcher  die  Aetherunterschwefelsäure  gehört. 
Dumas  ist  geneigt,  den  blauen  Indigo  als  die  Wasserstoffverbindung  von 
Benzoyl  (oder  vielleicht  von  Benzil)  zu  betrachten,  in  welchem  letzteren, 
nemltch  dem  Benzoyl,  1 Aeq.  Wasserstoff  ersetzt  ist  durch  1 Aeq.  Cyan, 

nach  folgender  Formel:  Ci4  Cy  jo  -h  Ha,  und  in  diesem  Fall  müfste  man 

H 

den  weifseu  Indigo  als  C14  ^ O 2Ha  und  die  Indigschwefelsäure  als 

Indigunterschwefelsäure  betrachten 

H 

C14  O + S,  Oj  + aq  Indigunterschwefelsäure. 

Diese  Säure  würde  demnach  entstehen  durch  Bildung  von  1 Atom  Wasser 
aus  1 Aeq.  Sauerstoff,  von  zwei  Atomen  Schwefelsäure  und  1 Aeq.  Was- 
serstoff aus  1 At.  Indigo.  Die  Ansicht,  dafs  die  Indigschwefelsäure  keine 
Schwefelsäure,  sondern  Unterschwefelsäure  enthält,  hat  die  Existenz  einer 
grofsen  Anzahl  ähnlicher  Verbindungen  für  sich  und  ist  unter  allen  die 
wahrscheinlichste. 

Die  purpurschwefelsauren  Salze  enthalten  nach  Dumas  eine  aus  8 Ato- 
men Indigo  und  2 Atomen  Schwefelsäure  zusammengesetzte  Säure,  die 
zusammen  1 At.  Basis  sättigen. 

Alle  Beobachtungen,  die  man  über  das  Verhalten  des  weifsen  Indigo’s 
augestellt  hat,  beweisen,  dafs  sein  Uebergang  in  blauen  Indigo  von  einer 
Sauerstoffaufnahme  bedingt  ist.  Ist  nun  der  weifse  Indigo  ein  Hydrat,  was 
höchst  wahrscheinlich  ist,  und  tritt  bei  seiner  Oxidation  das  Hydratwasser 
aus,  so  wird  sich  sein  Gewicht  beim  Uebergange  in  blauen  Indigo  um  das 
Gewicht  des  ausgetretenen  Wasserstoffs  vermindern , und  es  läfst  sich  den 
Versuchen,  die  man  angestellt  hat,  um  aus  der  Menge  des  aufgenommenen 
Sanerstoffgases  oder  aus  der  Menge  von  Kupferoxid,  was  davon  zu  Oxidul 
oder  Metall  reducirt  wird,  die  Gewichtszunahme  zu  bestimmen,  welche  der 
weifse  Indigo  erfahren  mufs  um  in  blauen  Indigo  überzugehen,  kein,  die- 
sen Gegenstand  entscheidendes,  Gewicht  beilegen. 

Berzelius  fand,  dafs  100  Th.  Indigblau  bei  ihrer  Entstehung  aus 
weifsem  Indigo  4,65  Th.  Sauerstoff  aufgenommen  hatten;  diefs  ist  der  be- 
rechneten Menge  Sauerstoff  (6,015),  bei  der  Schwierigkeit,  sich  durch  Be- 
handlung aus  käuflichem  Indigo  mit  den  verschiedenen  Lösungsmitteln  reines 
Indigblau  darzustellen,  nahe  genug,  um  daraus  schliefsen  zu  können,  dafs 
der  blaue  Indigo,  um  zu  weifsem  Indigo  reducirt  zu  werden,  die  Hälfte 


Isatin,  Isatinsäure. 


1137 


seines  Sauerstoffs  abgiebt.  Bei  der  Oxidation  des  weilsen  Indigo’s  bei  Ge- 
genwart von  einem  freien  Alkali  entsteht  neben  blauem  Indigo  offenbar 
auf  Kosten  des  freien  Sauerstoffs  eine  gelbe  oder  vielmehr  gelbrothe  Ma- 
terie , und  die  Sauerstoffquantität,  welche  absorbirt  wird,  ist  weit  gröfser, 
als  sie  der  Rechnung  nach  seyn  sollte.  Eine  ähnliche  gelbe  Substanz 
bildet  sich  bei  allen  Reductionen  des  blauen  Indigo’s,  sobald  die  reduci- 
rende  Flüssigkeit  einen  grofsen  Ueberschufs  von  Alkali  enthält. 

Oxidationsprodukte  des  blauen  Indigo' s. 

Isatin. 

Durch  Behandlung  des  blauen  Indigo’s  mit  Schwefelsäure  und  saurem 
chromsaurem  Kali  erhält  man  als  eins  der  interessantesten  Oxidationspro- 
dukte des  Indigo’s  das  von  Erdmann  und  Laurent  gleichzeitig  entdeckte 
Isatin.  Zu  seiner  Darstellung  wird  das  mit  Wasser  fein  abgeriebene  In- 
digblau  in  einer  Mischung  von  gleichen  Theilen  Schwefelsäure  und  saurem 
chromsaurem  Kali,  was  man  in  ÜJO-—  30  Th.  Wasser  zuvor  gelöst  hat,  ge- 
linde erwärmt,  wo  sich  der  Indigo  im  Anfänge  ohne  Gasentwickelung,  zu 
Ende  mit  sehr  schwacher  Entwickelung  von  kohlensaurem  Gas  zu  einer 
tief  gelbbraunen  Flüssigkeit  löst,  aus  welcher  nach  dem  Erkalten  und  Ab- 
dampfen das  Isatin  kristallisirt.  Die  erhaltenen  Kristalle  reinigt  man  durch 
wiederholte  Kristallisation  aus  Wasser,  zuletzt  aus  Alkohol. 

Das  Isatin  bildet  dunkelmorgenrothe  oder  gelbrothe  Kristalle  (Combi-» 
nationen  eines  rhombischen  Prisma’s),  welche,  aus  weingeistigen  Flüssig- 
keiten erhalten,  einen  starken  Glanz  besitzen;  sie  sind  in  kaltem  Wasser 
schwierig,  in  heifsem  Wasser  und  Alkohol  leicht  löslich.  Die  Auflösungen 
färben  die  Haut  und  ertheilen  ihr  einen  unangenehmen  Geruch.  Die  Kri- 
stalle zerlegen  sich  beim  Erhitzen  und  hinterlassen  eine  schwer  verbrenn- 
liche Kohle.  Durch  Chlor  wird  es  in  Chlorisatin  und  Bichlorisatin  verwan- 
delt. In  ätzenden  Alkalien  aufgelöst  geht  es  in  Isatinsäure  über. 

Nach  Laurent’s  und  Erdmann’ s Analyse  entspricht  die  Zusammen- 
setzung des  Isatins  genau  der  Formel  C16  N2  HI0  04 , welche  von  der  des 
blauen  Indigo’s  durch  zwei  Atome  Sauerstoff  differirt,  den  derselbe  aus 
der  Chromsäure  aufnimmt,  um  in  Isatin  überzugeheu. 

Isatinsäure. 

Das  Isatin  löst  sich  in  Kalilauge  mit  dunkelpurpurrother  Farbe  auf, 
die  sich  beim  Erwärmen  in  Hellgelb  umändert;  beim  Abdampfen  erhält  man 
aus  dieser  Flüssigkeit  ein  kristallinisches  Kalisalz , was  in  Alkohol  löslich 
ist  und  daraus  in  harten,  farblosen,  kleinen  Prismen  kristallisirt.  Wird 
eine  Auflösung  dieses  Kalisalzes  mit  essigsaurem  Bleioxid  vermischt,  so 
erhält  man  einen  weifsen  Niederschlag,  der,  in  Wasser  vertheilt  und  mit 
Schwefelwasserstoff  zersetzt,  eine  saure  farblose  Flüssigkeit  liefert,  aus 
welcher  bei  freiwilligem  Verdampfen  Isatinsiiurehydrat  als  vveifses,  kaum 
kristallinisches  Pulver  erhalten  wird.  Biese  Säure  ist  in  kaltem  Wasser 
vollständig  löslich,  wird  aber  beim  Erhitzen  ihrer  wässerigen  Auflösung 
zersetzt  in  Wasser  und  Isatin,  mit  dessen  Entstehung  die  Flüssigkeit  eine 
rothgelbe  Farbe  annimmt.  Die  löslichen  isatinsauren  Salze  verhalten  sich 
gegen  Mineralsäuren  auf  eine  ähnliche  Weise;  werden  ihre  Auflösungen 
in  der  Kälte  damit  versetzt,  so  bemerkt  man  keine  Veränderung,  beim 
Erwärmen  der  Mischung  wird  sie  rasch  rothgelb  gefärbt  und  sie  setzt  als- 
dann beim  Erkalten  Isatin  in  Kristallen  ab. 

Nach  der  Analyse  ihres  Silbersalzes  enthält  die  au  Basen  gebundene 
Isatinsäure  die  Elemente  des  Isatins  plus  1 At.  Wasser. 

C16  N2  H12  Os  Formel  der  au  Basen  gebundenen  Isatinsäure. 

C,6  N2  H12  O*  -f-  AgO  isatinsaures  Silberoxid. 

Diese  Säure  entsteht  mithin  auf  eine  ähnliche  Art  wie  die  Benzilsäure  aus 
Benzil ; allein  das  hinzugetretene  Atom  Wasser  ist  darin  sehr  schwach  ge- 


1138 


Isatyd,  Chiorisatin, 


bunden  und  trennt  sich  von  dem  Hydrate  der  Säure  durch  schwache  Er- 
wärmung , wodurch  sie  wieder  in  Isatin  übergeht. 

Isatinsaures  Kali  giebt  mit  Barytsalzen  einen  weifsen,  in  heifsem  Was-  ' 
ser  löslichen , mit  Silbersalzen  einen  weifsen  Niederschlag,  der  sich  beim 
Erwärmen  in  der  Flüssigkeit  ebenfalls  löst,  wobei  sich  ein  Theil  durch  \ 
Abscheidung  von  Metall  schwärzt.  Die  heifse  Auflösung  des  Siibersalzes 
setzt  theils  blättrige,  theils  körnige  Kristalle  ab. 

Isatin  verbindet  sich  mit  Ammoniak  zu  dem  Ammoniaksalz  einer  neuen 
Säure,  welche  die  Elemente  von  3 At.  Isatin  und  2 At.  Wasser  enthält. 
(Laurent.) 

Isatyd. 

Löst  man  Isatin  durch  Erwärmen  in  Schwefel  Wasserstoff -Schwefel- 
ammonium auf,  so  scheidet  sich  beim  Erkalten  dieser  Lösung  ein  weifses, 
ins  Gelbliche  ziehendes,  nicht  kristallinisches  Pulver  ab,  welches  frei  von 
Schwefel  ist.  Erdmann  bezeichnet  diese  Substanz  mit  Isatyd;  sie  ist  in 
kaltem  Wasser  kaum  löslich , leicht  löslich  in  Ammoniak  und  kaustischen 
Alkalien  mit  dunkelrother  Farbe,  welche  beim  Erwärmen  der  Auflösung  1 
in  gelb  übergeht.  Die  concentrirte  Auflösung  in  Kali  se*zt  beim  Erkalten 
Kristalle  ab , mit  Salzsäure  übersättigt  bildet  sich  ein  gelber  flockiger  Nie- 
derschlag. 

Die  Zusammensetzung  des  Isatyds  drückt  Erdmann  durch  die  Formel 
C16  H,*  N*  Os  aus,  wonach  es  aus  Isatin  durch  Entziehung  von  zwei  Ato- 
men Sauerstoff  und  durch  Hinzutreten  von  1 At.  Wasser  entstehen  würde ; 
da  aber  die  Bestimmung  des  Stickstoüfgehalts  versäumt  wurde,  so  bleibt  ein 
Hinzutreten  von  Stickstoff  in  der  Form  von  Ammoniak  ungewifs.  Die  For- 
mel CI6  n4  II10  o ist  dem  ausgemittelten  Kohlenstoff-  und  Wasserstoffgehalt  j 
C 68,42  C,  4,34  H)  nicht  entgegen. 

In  einer  Darstellung  von  Isatyd,  zu  welcher  sich  Erdmann , anstatt 
frischen  Schwefelammoniums,  der  Flüssigkeit  bediente,  aus  welcher  von 
einer  früheren  Bereitung  Isatyd  sich  ausgeschieden  hatte,  erhielt  er  an- 
statt eines  weifsen  Isatyds  ein  violettes  kristallinisches  Pulver,  was  in 
seiuein  Kohlenstoff-  und  WasserstofTgehalt  der  Formel  C16  N4  Hia  0 nahe 
kommt. 

Verhalten  des  Isatins  %u  Chlor. 

Beim  Sättigen  einer  Auflösung  von  Isatin  mit  Chlor  entstehen  zwei 
chlorhaltige  neue  Verbindungen,  von  denen  die  eine,  das  Chiorisatin , dem 
Isatin  in  seiner  Zusammensetzung  insofern  ähnlich  ist,  als  beide  einerlei 
Anzahl  von  Atomen  an  Elementen  enthalten.  In  dem  Chiorisatin  finden 
sich  aber  2 At.  Wasserstoff  des  Isatins  ersetzt  durch  2 At.  Chlor. 

Isatin  C16  N2  H10  04  Chiorisatin  C16  N*  |o4 

In  dem  Bichlorisatin  finden  sich  4 Atome  Wasserstoff  des  Isatins  ersetzt 

durch  4 At.  Chlor  C16  N*  ®«J°. 

Die  beiden  neu  entstandenen  Produkte  der  Einwirkung  des  Chlors  auf 
Isatin  sind  in  kaltem  Wasser  kaum  löslich,  sie  scheiden  sich  bei  ihrer 
Bildung  in  Gestalt  eines  gelben  flockigen,  etwas  kristallinischen  Nieder- 
schlags ab  und  lassen  sich  durch  Kristallisation  aus  Alkohol  von  einander 
trennen.  In  Alkohol  lösen  sich  beide  leicht  auf;  die  Auflösung  giebt,  con- 
centrirt  und  erkaltet,  im  Anfänge  Kristalle  von  Chiorisatin;  die  aus  der 
Mutterlauge  sich  bildenden  Kristalle  sind  Bichlorisatin. 

Chiorisatin. 

Das  Chiorisatin  kristallisirt  in  durchsichtigen , orangegelben , vierseiti- 
gen, geruchlosen  Prismen  und  Blättchen  von  bitterm  Geschmack,  es  subli- 


Cliiorisatiiisaurc,  Bichlorisatinsäure.  1189 


mirt  über  160°  unter  theilweiser  Zersetzung,  löst  sich  kaum  in  kaltem,  in 
50  Th.  siedendem  Wasser;  in  heifsem  Alkohol  ist  es  leicht  mit  tief  orange- 
gelber Farbe  löslich  , 100  Theile  Alkohol  von  14°  lösen  0,455.  Die  Auf- 
lösungen sind  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben ; in  concentrirter  Schwe- 
felsäure ist  es  löslich  und  wird  durch  Wasser  wieder  daraus  dem  Anschein 
nach  unverändert  abgeschieden.  Mit  concentrirter  Salpetersäure  erwärmt 
wird  es  zersetzt.  In  Silbersalzen  bringen  die  Auflösungen  des  Chlorisatins 
keinen  Niederschlag  von  Chlorsilber  hervor. 

Chlorisatins  äurc. 

Gegen  kaustische  Alkalien  verhält  sich  das  Chlorisatin  genau  wie  das 
Isatin;  in  Aetzkali  gelöst  und  erwärmt  verwandelt  sich  die  anfänglich  ent- 
stehende dunkelrothe  Färbung  in  Gelb,  und  es  kristallisirt  aus  dieser  Auf- 
lösung ein  hellgelbes  Kalisalz  einer  neuen  Säure,  welche  die  Elemente 
des  Chlorisatins  plus  1 At.  Wasser  enthält.  Die  Säure  selbst  läfst  sich 
aus  dem  Kalisalz  nicht  darstellea,  sie  verhält  sich  von  den  Basen  getrennt, 
mit  denen  sie  verbunden  war,  wie  die  Isatinsäure  in  der  Wärme,  indem 
sie  bei  ihrer  Abscheidung  durch  stärkere  Säuren  in  Chlorisatin  und  Wasser 
zerfällt. 

Chlor isatinsaur es  Kali.  C16  N2  H18  CJ2  Os  -f-  KO.  Dieses  Salz  bildet 
durchsichtige,  schwefelgelbe,  glänzende  Schuppen  oder  vierseitige  Na- 
deln; es  ist  leicht  in  Wasser,  schwierig  io  Alkohol  löslich,  die  Auflösung 
schmeckt  bitter  und  giehi  mit  Silbersalzen  einen  gelben  Niederschlag  von 
chlorisatin  saurem  Silberoxid  , welcher  in  siedendem  Wasser  löslich  ist.  Mit 
einer  gesättigten  Auflösung  von  Chlorbariuni  vermischt  erhält  man  tief- 
goldgelbe  oder  blalsgelbe  Blätter  von  dem  entsprechenden  Barytsalz.  Das 
eine  dieser  Barytsalze,  das  hellgelbe,  enthält  l Atom,  das  dunkelgelbe 
3 Atome  Kristallwasser,  welche  bei  160°  entweichen. 

Chlor  isatinsaur  es  Bleioxid  erhält  inan  aus  dem  Kalisalz  und  essigsau- 
rem oder  salpetersaurem  Bleioxid  in  der  Form  eines  glänzend  gelben  gal- 
lertartigen Niederschlags,  der  sich  nach  einigen  Minuten  in  ein  seharlach- 
rothes  kristallinisches  Pulver  verwandelt;  dieses  Bleisalz  löst  sich  in  sie- 
dendem Wasser  uüd  setzt  sich  daraus  wieder  mit  rofcher  Farbe  ab.  Das 
rothe  Salz  ist  nach  der  Formel  Ci6  N2  H1S  Cl3  05,  PbO  H-  8aq  zusammen- 
gesetzt. 

Bichlorisatin. 

Das  Bichlorisatin  erhält  man  aus  der  alkoholischen  Lösung  in  kleinen 
morgenrotließ  glänzenden  Nadele  und  Blättchen,  es  ist  in  Wasser  und 
Alkohol  etwas  löslicher  als  Chlorisatin,  100  Theile  Alkohol  von  0,830 
lösen  3,40  Bichlorisatin;  in  seinem  übrigen  Verhalten  und  Eigenschaften 
ist  es  dem  Chlorisatin  sehr  ähnlich. 

Bichloris  atimäure. 

Ganz  mit  den  nemlichen  Erscheinungen,  welche  die  Bildung  des  isatin- 
und  chlorisatiasauren  Kali’s  begleiten,  entsteht  bei  Behandlung  des  Bi- 
chlorisätins  mit  Kalilauge  bichlorisatinsaures  Kali.  Die  conceutrirte  Auflö- 
sung  giebt  nach  der«  Erkalten  dieses  Salz  in  hellgelben  Schuppen,  die  mau 
durch  neue  Kristallisationen  aus  Alkohol  rein  erhält. 

Die  Bichlorisatinsäure  ist  beständiger  wie  die  Chlorisatinsäure , sie  läfst 
sich  durch  Mineralsäuren  aus  der  concentrirten  Lösung,  des  Kalisalzes  in 
der  Form  eines  gelben  Pulvers  gewinnen,  was  sich  ziemlich  leicht  in 
Wasser  löst,  aber  beim  Trocknen  schoß  in  gewöhnlicher  Temperatur  sich 
zersetzt  in  Wasser  und  Bichlorisatin.  Die  gesättigte  wässerige  Auflösung 
dieser  Säure  auf  60°  erwärmt  trübt  sich  und  setzt  Bichlorisatin  ab.  Die 
heifs  gesättigte  Auflösung  des  bichlorisatinsauren  Kali’s  erstarrt  zu  einer 
aus  glänzenden  Blättchen  bestehenden  Masse.  Aus  Wasser  kristallisirt 
enthält  das  Kalisalz  2 Atome , aus  Weingeist  i Atom  Kristall  wasser. 


1140 


Chlorisatyd,  Chloranil. 


Das  Baryt«  und  Silbersalz  der  Bichlorisatinsäure  sind  den  chlorisatin- 
sauren  ähnlich.  Das  Bleisalz  ist  gelb  und  behält  diese  Farbe  unverändert; 
das  Kupfersalz  besitzt  im  Augenblick  der  Darstellung  die  Farbe  des  Eisen- 
oxidhydrates, in  wenigen  Augenblicken  wird  es  aber  blafsgrünlichgelb , 
zuletzt  carminroth. 


Durch  die  Einwirkung  des  Broms  auf  Isatin  entsteht  Bromisatin  und  Bi- 
bromisatin,  von  ähnlichen  Eigenschaften  und  analoger  Zusammensetzung 
wie  die  beschriebenen  Chlorverbindungen.  Das  ßibromisatin  verwandelt 
sich,  in  Alkalien  gelöst,  in  Bibromisatinsäure. 


Das  Verhalten  des  Isatins  zu  Chlor  ist  dem  der  salicyligen  Säure  sehr 
ähnlich,  wahrscheinlich  verhalten  sich  die  verschiedenen  Chlorverbindungen 
zu  Ammoniak  auf  eine  ähnliche  Weise  wie  das  Chlorsalicyl. 

Chlorisatyd. 

Löst  man  Chlorisatin  in  Schwefelwasserstoff-Schwefelammonium  in  der 
Wärme  auf  und  läfst  die  Flüssigkeit  erkalten,  so  scheidet  sich  eia  weifses 
oder  gelblichweifses , wenig  kristallinisches,  schwefelfreies  Pulver  aus, 
welches  Erdmann  mit  Chlorisatyd  benannt  hat.  Das  Chlorisatyd  ist  in  Was- 
ser sehr  wenig,  in  Ammoniak  und  Alkalien  mit  rot  her  Farbe  löslich,  wel- 
che beim  Erwärmen  blafsgelb  wird.  Seine  Zusammensetzung  entspricht  der 
Formel  C16  H10  N*  Cl2  04. 

Beim  Erhitzen  wird  das  Chlorisatyd  zersetzt  in  Wasser,  Chlorisatin 
und  in  einen  neuen  Körper,  den  Erdmann  Chlorindin  nennt;  der  letztere 
bleibt  als  violettes  Pulver  im  Rückstand,  seine  Formel  ist  C16  H10  N*  CI»  0*. 

Die  Auflösung  des  Chlorisatyds  in  Kalilauge  giebt  nach  dem  Conceu- 
triren  und  Verdampfen  ein  Kalisalz  einer  neuen  Säure,  der  Chlorisatyd - 
säure . 

Das  Bichlorisatin  verhält  sich  gegen  Schwefelammonium  ähnlich  wie 
das  Chlorisatin,  es  entsteht  daraus  Bichlorisatyd  und  durch  dessen  Auflö- 
sung in  Alkali  Bichlorisatydsäure. 

Sulßsatyd. 

Eine  Auflösung  von  Isatin  in  Alkohol,  die  man  mit  Schwefelwasserstoff 
gesättigt  hat,  wird  unter  Absatz  von  Schwefel  hellgelb  und  längere  Zeit 
am  Lichte  stehend,  röthlich;  durch  Zusatz  von  Wasser  erhält  man  daraus 
einen  bräunlichrothen  Niederschlag,  welcher  24,70  — 24,27  Schwefel, 
53,51  Kohlenstoff,  3,40  Wasserstoff  (Stickstoff  nicht  ausgemittelt)  enthält. 
Erdmann  nennt  diesen  Körper  Sulfisatin. 

Sulfo  chlorisatyd. 

Sättigt  man  eine  Auflösung  von  Chlorisatin  in  Alkohol  mit  Schwefel- 
vrasserstoffgas  , so  schlägt  sich  ein  weifser  pulveriger  Körper  nieder,  aus 
dem  man  durch  Verdünnen  der  Flüssigkeit  mit  Wasser  noch  mehr  erhält. 
Durch  die  Analyse  desselben  erhielt  Erdmann  31,09  Schwefel,  41,7  Koh- 
lenstoff, 2,37  Wasserstoff  (Chlor  und  Stickstoff  unbestimmt). 

Chloranil. 

Durch  Einwirkung  von  Chlorgas  auf  eine  warmgehaltene  Auflösung  von 
Chlorisatin  oder  Bichlorisatin  in  Alkohol  entsteht  unter  andern  Produkten 
ein  aus  Kohlenstoff,  Sauerstoff  und  Chlor  zusammengesetzter  Körper,  wel- 
cher von  Erdmann  entdeckt  und  mit  Chloranil  bezeichnet  worden  ist.  Bei 
seiner  Darstellung  erhält  man  es  eingemengt  in  eine  ölartige  Flüssigkeit, 
die,  durch  Wasser  und  Alkohol  hinweggenommen,  das  Chloranil  in  der 
Form  von  blafsgelben  perlmutterglänzenden  Schuppen  hinterläfsfc.  Das 
Chloranil  ist  in  Wasser  und  kaltem  Alkohol  uolöslich,  leichter  in  heifsem 


Chloranilsäure,  Choranilam» 


1141 


Alkohol  und  daraus  kristallisirbar ; es  erleidet  durch  Salpetersäure,  Salz- 
säure und  Schwefelsäure  keine  Veränderung,  verflüchtigt  sich  in  gelinder 
Wärme  und  sublimirt  ohne  zu  schmelzen  und  ohne  Biickstand ; rasch  erhitzt 
schmilzt  es  unter  Zersetzung.  Die  Zusammensetzung  des  Chloranils  wird 
durch  die  Formel  C6  Oa  Cl4  ausgedrückt.  Löst  man  es  in  kaustischer  Kali- 
lauge auf,  so  tritt  die  Hälfte  seines  Chlors  an  Kalium,  dessen  Sauerstoff 
seine  Stelle  einnimmt,  es  entsteht  Chlorkalium  und  Chloranilsäure,  C6  Os  Cl2. 
In  Schwefelkalium  löst  sich  Chloranil  mit  gelber  Farbe;  diese  Auflösung 
giebt  mit  Säuren  einen  gelben  Niederschlag,  sie  färbt  sich  an  der  Luft, 
alle  Nuancen  von  Roth  durchlaufend,  bis  sie  zuletzt  purpurroth  und  unter 
Absatz  eines  schwarzen  unlöslichen  Körpers  undurchsichtig  wird» 

Chloranilsäure. 

Die  heifse  Auflösung  des  Chloranils  in  Kalilauge  giebt  beim  Erkalte« 
bräunlich  purpurrothe  glänzende  Prismen  von  chloranilsaurem  Kali.  Eine 
Auflösung  dieses  Kalisalzes  giebt  kalt  mit  Salzsäure  vermischt  röthlich- 
weifse  glänzende  kleine  Schuppen  von  Chloranilsäurehydrat;  in  der  AVärme 
abgeschieden  setzt  sie  sich  in  mennigrothen  Körnern,  oder  in  gelbrothen 
Blättchen  von  starkem  Glanz  aus  der  Flüssigkeit  beim  Erkalten  ab  In 
reinem  Wasser  löst  sich  die  Chloranilsäure  mit  violettrother  Farbe,  sie 
wird  aus  dieser  Auflösung  durch  Schwefel-  und  Salzsäure  gefällt;  durch 
Salpetersäure  wird  sie  rasch  und  schnell  zersetzt.  In  der  Wärme  ist  sie 
unter  theilweiser  Zersetzung  sublimirbar.  Die  kristallisirte  Säure  enthält 
2 At.  Wasser,  von  denen  1 Atom  bei  115°  entweicht,  das  andere  ist  Hy- 
dratwasser, was  ohne  Zersetzung  durch  Wärme  nicht  ausgeschieden  wer- 
den kann. 

Chloranilsaures  Kali.  C6  05  Cl2,  KO,  aq.  Dieses  Salz  zerlegt  sich 
beim  Erhitzen  unter  einer  schwachen  Verpuffung  und  unter  Ausstofsung 
purpurrother  Dämpfe,  es  löst  sich  in  Wasser  und  Alkohol  mit  purpurvio- 
ietter  Farbe.  Diese  Auflösungen  geben  mit  Silbersalzen  chloranilsaures 
Silberoxid,  C6  03  Cl2,  AgO,  in  Gestalt  eines  rothbraunen,  pulverigen,  in 
Wasser  sehr  wenig  löslichen  Niederschlags.  Mit  Ammoniak  bildet  die 
Säure  kristallisirbares  chloranilsaures  Ammoniumoxid,  was  dem  Kalisalz  in 
seinem  Verhalten  ähnlich  ist. 

Chlor anilammon  und  Chlor anilaia. 

Chloranil  löst  sich  beim  Erwärmen  in  kaustischem  Ammoniak  mit  blut- 
rother  Farbe,  und  diese  Flüssigkeit  giebt  beim  Erkalten  und  Verdampfen 
Kristalle  von  Chloranilammon ; man  erhält  es  in  der  Form  von  kleinen 
flachen  kastanienbraunen  Nadeln,  die  sich  in  kaltem  Wasser,  leichter  io 
lieifsem  mit  purpurrother  Farbe  lösen.  Diese  Auflösung  giebt  durch  Säuren 
keinen  Niederschlag  von  Chloranilsäurehydrat,  die  Flüssigkeit  färbt  sich 
im  Gegentheile  dunkler,  und  aus  einer  mit  Salzsäure  versetzten  gesättigten 
Lösung  von  Chloranilammon  in  Wasser  setzen  sich  tiefschwarze  Nadeln 
von  Diamantglauz  ab.  Es  ist  diefs  ein  neuer  Körper,  den  Erdmaiin  mit 
Chloranilam  bezeichnet. 

Das  Chloranilammon  enthält  die  Elemente  von  2 At.  Chloranilsäure  und 
2 Aeq.  Ammoniak,  C12  06  CI4 , N4  H12 , im  kristallisirten  Zustande  aufser 
diesen  noch  9 Atome  Wasser,  die  es  beim  Erwärmen  abgiebt.  Das  Chlor- 
anilam enthält  die  Elemente  des  Chloranilammons  minus  1 Aeq.  Ammoniak, 
Cia  06  Cl4,  Na  H6,  im  kristallisirten  Zustande  aufs  er  dem  noch  5 At.  Was- 
ser, welche  bei  130°  entweichen. 

Chloranilammon  und  Chloranilam  lassen  sich  nicht  als  Ammoniaksalze 
ansehen,  da  in  beiden  im  trocknen  Zustande  das  zur  Bildung  des  Ammo- 
niumoxids nöthige  Atom  Wasser  fehlt;  ebensowenig  läfst  sich  annehmen, 
dafs  sie  Chloranilsäure  fertig  gebildet  enthalten,  da  ihre  Auflösungen  gegen 
Metallsalze  ein  den  löslichen  Chloranilsalzen  durchaus  unähnliches  Ver- 
halten zeigen.  Durch  kaustische  Alkalien  werden  beide  in  chloranilsäure 
Salze  dieser  Basen  unter  Entwickelung  von  Ammoniak  verwandelt. 


1142 


Chlorirulopten. 


Chloranilammon  und  Chloranilam  bringen  in  salpetersaurem  Silberoxid 
rothbraune  voluminöse  Niederschläge  hervor,  die  sich  in  warmem  Wasser, 
Ammoniak  und  Essigsäure  vollständig  lösen;  nach  der  Fällung  bleibt  die 
Flüssigkeit  violett  gefärbt.  Der  Silberoxidgehalt  dieser  Verbindung  wechselt 
zwischen  36,7  und  47  p.  c. , der  erstere  entspricht  einer  Verbindung, 
w elche  1 Atom  Silberoxid  und  die  Elemente  von  2 Atomen  Chloranilsäure 
enthält. 

Mit  mäfsig  concentrirten  Mineralsäuren  zum  Sieden  erhitzt,  werden 
Chioranilammon  und  Chlorauilam  in  Chloranilsäure  und  in  Ammoniak  zer- 
setzt. 

Gechlortes  Chlor  indopten. 

Werden  die  Produkte  der  Einwirkung  des  Chlors  auf  eine  Auflösung 
von  Chlorisatin  oder  Bichlorisatin,  «aclsdesn  das  Chlorani!  davon  getrennt 
worden,  der  Destillation  unterworfen,  so  bleibt  ein  brauner  harzähnlicher 
Rückstand,  aus  dem  sich  durch  fortgesetzte  Einwirkung  der  Wärme  ein 
flüchtiges  halbflüssiges  ölartiges  Produkt  entwickelt,  was  häufig  von  weifsen  < 
langen  Nadeln  begleitet  ist,  die  sich  in  dem  Ketortenhalse  spblimiren. 
Wird  das  ganze  Destillat  mit  Kalilauge  einer  neuen  Destillation  unterwor- 
fen, so  verflüchtigt  sich  eine  feste  Substanz,  der  Rückstand  löst  sich  auf 
uud  diese  Auflösung  giebt  beim  Erkalten  prismatische  Kristalle  mit  rhom- 
bischer Basis,  die  man  durch  neue  Kristallisation  aus  verdüunter  Kalilauge, 
in  der  sie  in  der  Kälte  schwerlöslich  sind,  rein  erhält.  Wird  die  wässe- 
rige Auflösung  derselben  mit  Salzsäure  vermischt,  so  entsteht  .ein  weifser 
flockiger  Niederschlag,  welcher  eine  neue  Säure  darstellt,  die  gechlorte 
Chlorindoptensäure,  die  sich  mit  den  Dämpfen  von  siedendem  Wasser  ver- 
flüchtigt und  in  Nadeln  sublimirt;  sie  ist  in  ihren  Eigenschaften  einem  an- 
dern Körper  ähnlich,  den  Erdmann  durch  directe  Behandlung  des  Indigs 
mit  Chlor  bei  der  Destillation  der  erhaltenen  Produkte  erhielt.  Gechlortes 
chloriudoptensaures  Kali  giebt  mit  Silbersalzen  einen  citrongelben  Nieder- 
schlag, der  bei  110°  getrocknet  20,08  bis  20,12  Kohlenstoff,  0,16  Was- 
serstoff, 84,12  — 33,34  Silberoxid  und  46,64  — 46,98  Chlor  in  100  Th. 
enthielt.  Nach  der  Formel  C12  Cl10  AgO,  welche  Erdmann  diesem  Silber- 
salze beilegt,  sollte  man  20,02  Kohlenstoff,  48,30  Chlor  und  31,68  Sil- 
beroxid erhalten,  „eine  Abweichung , die  er  durch  eine  Einmengung  von  » 
chlorindoptensaurem  Silberoxid  erklärt.  Vielleicht  wäre  dieser  Körper,  so  , 
wie  das  Chlorindatmit  und  die  Chlorindoptensäure,  am  einfachsten  durch 
Destillation  von  Schwefelsäure,  Kochsalz,  Chlorisatin  oder  Bichlorisatin  i 
mit  oder  ohne  Zusatz  von  Braunstein  zu  erhalten. 

Produkte  der  Einwirkung  von  Chlor  auf  Indigo. 

Trockner  Indigo  erleidet  weder  bei  gewöhnlicher  Temperatur  noch  bei 
100°  durch  trocknes  Chlorgas  eine  Veränderung.  Mit  Wasser  zu  einem 
dünnen  Brei  angerührtes  Indigblau  wird  hingegen  bei  Einleiten  von  Chlor- 
gas vollkommen  zersetzt;  bei  niedriger  Temperatur  verwandelt  sich  das 
Indigblau  in  einen  rostgelben  oder  orangefarbenen  Brei,  der  bei  Erwär- 
mung harzähnlich  zusamraenbackt.  Bei  dieser  Zersetzung  wird  das  Wasser 
durch  Salzsäure  stark  sauer  und  nimmt  eine  rothgelbe  Farbe  und  einen 
Geruch  nach  Ameisensäure  an;  gasförmige  Produkte  bemerkt  man  dabei 
nicht.  Wird  Flüssigkeit  und  Niederschlag  zusammen  der  Destillation  un- 
terworfen, so  geht  ein  flüchtiges  Prödukt  über,  was  sich  im  Hals  der  Re- 
torte und  der  Vorlage  in  weifsen  Schuppen  oder  Nadeln  anlegt;  diefs  ist 
ein  Gemenge  von  zwei  Körpern  , dem  Chlorindatmit  und  Chlorindoptensäure. 
Wird,  nachdem  dieses  Produkt  abnimmt,  der  Rückstand  wiederholt  mit 
Wasser  ausgekocht,  so  erhält  man  beim  Erkalten  eine  reichliche  Menge 
an  Kristallen  von  einem  Gemenge  von  Chlorisatin  und  Bichlorisatin.  Zu- 
letzt bleibt  nach  dem  Auskochen  ein  brauner  harzartiger  Körper  zurück, 
welcher,  in  Aetzkali  gelöst,  durch  Essigsäure  daraus  in  reinerem  Zustande 
wieder  fällbar  ist.  Aus  der  sauren  Flüssigkeit,  aus  welcher  Chlorisatin 


Chloruidopteusäure,  1143 

und  Bichlorisatin  kristallisirfc  sind  ^ erhält  man  bei  weiterem  Verdampfen 
Kristalle  von  Salmiak. 

Clilorindoptensäure  , Chlorindatmit , Chlorisatin,  Bichlorisatin , das  er- 
wähnte Harz  und  Salmiak  sind  die  einzigen  Produkte  der  Einwirkung  von 
Chlor  auf  Indigblau. 

Chlor  indalmit. 

Behandelt  man  das  erwähnte  , durch  Destillation  erhaltene  Gemenge 
von  Chlorindatmit  und  Chlorindoptensäure  mit  kohlensaurem  Kali,  so  geht 
beim  Erwärmen  unter  Kohiensäureentwickelung  Chlorindatmit  mit  den 
Wasserdärapfen  über.  Es  ist  weifs,  schmelzbar  zu  einem  farblosen  Oele, 
mit  siedenden  Wasserdämpfen  leicht  flüchtig,  von  Fenchel-  oder  Körbel- 
(Scandix  Cerefoäium  L.)  Geruch.  Erdmann  fand  es  in  100  Theilen  aus 
36,8t)  Kohlenstoß,  8,33  Wasserstoff,  53,58  Chlor  und  7,8  Sauerstoff  zu- 
sammengesetzt. 

Chlorindoptensäure. 

Die  nach  dem  Abdestilliren  des  Chlorindatmits  in  der  Retorte  zurück- 
bleibende Kaliverbindung  erstarrt  nach  dem  Concentriren  und  Erkalten  zu 
einem  Brei  von  feinen  Kristallnadeln,  welche  durch  neue  Kristallisationen 
aus  Weingeist  rein  erhalten  werden.  Dieses  Kalisalz  ist  chlorindopten- 
sanres  Kali,  aus  dem  man  durch  Zersetzung  mit  einer  Säure  Chlorindop- 
tensäure in  Gestalt  von  weifsen  Flocken  erhält,  welche  einen  widrigen 
Geruch  besitzen.  Die  Zusammensetzung  dieser  Säure  wird  durch  die  For- 
mel Cx,  H6  CJ6  0 oder  C12  H4  Cl6  -4-  H20  ausgedrückt.  Das  Kalisalz  bringt 
in  Silbersalzen  einen  citrongelben  Wiederschlag  hervor,  seine  Formel  ist 
CZ2  H4  Cl6 , AgO.  C Erdmann.) 

Clilorindoptensäure  und  Chlorindatmit  erhält  man  bei  ihrer  Darstellung 
gemengt  mit  einander.  Dieses  Gemenge,  welches  Erdmann  mit  Chlor- 
indopten  bezeichnet,  führte  bei  der  Analyse  als  einfachsten  Ausdruck  zur 
Formel  C3  II4  Cl4  0;  als  wahrscheinlichste  Zusammensetzung  mufs  aber  die 
Formel  C24  Ha  Clz2  02  betrachtet  werden  (oder  vielleicht  C24  Hz4  Clz2  03), 
wonach  das  Chlorindopten  gleiche  Atomgewichte  Chlorindoptensäure  und 
Chlorindatmit  enthält. 

Die  Einwirkung  des  Chlors  auf  Indigblau  ist  , wie  sich  aus  dem  Vor- 
hergehenden ergiebt,  dem  Verhalten  der  Chromsänre  ähnlich,  mit  dem  Un- 
terschied jedoch,  dafs  sich  anstatt  Isatin , Chlorisatin  und  Bichlorisatin 
bildet.  Ob  das  Chlorindatmit  und  die  Chlorindoptensäure  direct  aus  dem 
Indigo,  oder  durch  die  Einwirkung  der  Salzsäure  auf  Chlorisatin  und  Bi- 
chlorisatin entstanden  sind,  ist  nicht  ermittelt. 

Die  Formeln  der  aus  dem  Indigo  durch  die  Einwirkung  des  Sauerstoffs, 
Chlors  und  Broms  entstehenden  Produkte  sind  folgende: 


Isatin 

C16  N3  Hi0  04  ( Laurent , Erdmann) 

Isatinsäure 

ci6  n2  h12  os  -h  h2o 

Chlorisatin 

C16  N2  H8  CIj  04  (Laurent,  Erdmann) 

Chlorisatinsäure 

Ci6  N2  O10  CJ2  04  -4-  H* 0 

Bichlorisatin 

C16  N2  H6  Cl4  04  ( Laurent , Erdmann) 

Biclilorisatinsäure 

c16  h8  Cl4  Os  +H,0 

Bromisatin 

Cie  w2  Hs  Br2  04 

Bromisatinsäure 

Cie  Na  Hzo  Br2  Os  -4-  HaO 

Bibromisatiü 

Cx  6 H6  Br4  04 

Isatyd 

Cl6  N2  Hia  Oä 

Chlorisatyd 

c16  n2  hio  04  Cl2 

Bichlorisatyd 

C16  N2  Ha  04  Cl4 

Bichlorisatydsäure 

C16  N2  H10  0*  Cl4 

Chlorindin 

Cj6  N2  H10  0,  Cls 

Chlorindopten 

C8  H4  0 Cl4 

Chlorindoptensäure 

clt  h6  0 Cl6 

Chlorindatmit 

c12  h8  o2  ci6 

1144 


Anilsäure,  Picrinsalpetersäiire. 


Chloranil  C6  02  CI4 

Chloranilsäure  C6  05  Cl2 

Chioranilammon  Cia  06  CJ4  -f-  N4  H, 

Chloranilam  Cia  06  Ci4  -4-  Na  H6 

Gechlortes  Chlorindopten  C,a  €J10 


Versetzung sprodukte  des  Indigblau's  durch  Salpetersäure . 
Anilsäure . 

Syn.  Indigsäure . 

Wenn  man  in  ein  kochendes  Gemisch  von  1 Th.  rauchender  Salpeter- 
säure mit  10  — 15  Wasser,  feingepulvertes  Indigblau  trägt , so  lange  noch 
Gasentwickelung  erfolgt,  so  bilden  sich  unter  andern  drei  Produkte;  es 
entsteht  Anilsäure,  die  sich  in  der  heifseu  Flüssigkeit  lost,  eine  rothbraune 
ölartige  saure  Substanz,  welche  der  Indigsäure  in  Auflösung  folgt,  und  eine 
braune  harzartige  oder  erdige  Materie,  letztere  in  um  so  geringerer  Menge, 
je  reiner  der  Indigo  war.  Beim  Erkalten  setzt  die  Auflösung  Indigsäure 
ab,  die  man  durch  neue  Kristallisationen  und  dadurch  reinigt,  dafs  man 
ihrer  wässerigen  heifseu  Auflösung  essigsaures  Bleioxid  oder  Bleiessig  so 
lange  zusetzt,  bis  der  anfangs  entstehende  braune  Niederschlag  anfängfc 
eine  reine  hellgelbe  Farbe  anzunehmen.  Anilsaures  Bleioxid  bleibt  in  die- 
sem Fall  gelöst,  was  man  nach  dem  Filtriren  und  Abdampfen  kristallisirt 
erhält.  Durch  Kohle  entfärbt  und  durch  Schwefelsäure  zersetzt  liefert  es 
reine  Anilsäure. 

Die  Anilsäure  stellt,  aus  Wasser  kristallisirt,  einen  Brei  von  volumi- 
nösen, schwach  gelblichen,  oder  weifsen  feinen  Nadeln  dar,  welcher  ge- 
trocknet stark  zusammenschrnmpft;  die  Säure  schmilzt  leicht  und  erstarrt 
nach  dem  Erkalten  zu  einer  kristallinischen  Masse,  die  aus  sechsseitigen 
Tafeln  besteht;  sie  sublimirt  bei  gelinder  Wärme  in  weifsen  Nadeln  ohne 
Rückstand,  besitzt  einen  herben,  schwach  sauren  Geschmack  und  röthefe 
Lackmus.  Schnell  und  rasch  erhitzt  wird  sie  zerlegt  unter  Entwickelung 
von  (3  Vol.)  Kohlensäure  und  fl  Vol.)  Stickgas,  es  bleibt  ein  kehliger 
Rückstand.  Durch  Salpetersäure  wird  sie  io  Oxalsäure  und  Picrinsal- 
petersäure  verwandelt.  Mit  Zink  und  Wasser  in  Berührung  erhält  man 
eine  rothe  Auflösung,  aus  der  sich  blutrothe  Fiocken  absetzen.  Chlor, 
Salzsäure  und  verdünnte  Schwefelsäure  sind  ohne  Wirkung  auf  die  Anil- 
säure. 

Die  Anilsäure  löst  sich  in  1000  kaltem,  reichlich  in  heifsem  Wasser, 
leicht  in  Alkohol. 

Nach  der  Analyse  von  Dumas  ist  die  Formel  der  Anilsäure  C14  H8  Na 
09  -4-  H2 O ; in  den  Salzen  dieser  Säure  ist  das  Hydratwasser  derselben 
ersetzt  durch  1 Aeq.  Metalloxid.  Das  Ammoniaksalz  ist  leicht  kristallisir- 
bar,  seine  Formel  ist  C14  H8  Na  09  -4-  Na  HsO;  das  lösliche  kristallisirbare 
Silbersalz  ist  C14  H8  Na  09  -f-  AgO. 

Mit  Bleioxid  bildet  diese  Säure  ein  lösliches  neutrales,  und  zwei  un- 
lösliche basische  Salze,  CI4  Hs  N2  09  SPbO  und  SC14  Hs  N2  09  4-  3Pb0o 

Pier  insalpeter  säure. 

Syn.  Picrinsäure,  Kohlenstickstoffs äur e , Weiter’ s Bitter. 

Entsteht  aus  der  Anilsäure,  sowie  direct  aus  dem  Indigblau,  aus  dem 
Salicin , Coumarin , Seide  und  andern  Stoffen  durch  Behandlung  mit  starker 
Salpetersäure. 

Zu  ihrer  Darstellung  aus  Indigo  trägt  man  gröblich  gepulverten  ostin- 
dischen Indigo  in  kleinen  Portionen  in  10  — 12  Th.  kochender  Salpetersäure 
von  1,43  spec.  Gewicht  (Zusatz  von  grofsen  Portionen  veranlafst  Entzün- 
dung mit  Flamme  und  Explosion),  wo  sich  der  Indig  mit  rothbrauner  Farbe 
löst,  man  setzt  Salpetersäure  hinzu,  kocht  bis  zum  Verschwinden  aller 
Dämpfe  von  salpetriger  Säure  und  läfst  erkalten,  wo  unreine  Picrinsalpe- 


Picrins alpetersauire  Salze.  1145 

feersäure  kristallisirt.  Durch  Auflösung  derselben  in  Kali  und  Fällung  mit 
Salpetersäure  wird  sie  gereinigt. 

Salicin  mit  concentrirter  Salpetersäure  behandelt  giebt  (nach  Pöbereiner 
und  Piria ) eine  Kristallisation  von  reiner  Picrinsalpetersäure. 

Die  Picrinsalpetersäure  stellt  aus  Wasser  kristallisirt  hellgelbe  Blätter 
dar  von  geringem  Glanz  , aus  verdünnter  Salpetersäure  kristallisirt  sie  iß 
harten  octaedrischen  glänzenden  Kristallen , welche  beim  Waschen  mit 
Wasser  matt  werden  und  ihren  Glanz  verlieren.  Die  Kristalle  lösen  sich 
schwierig  in  kaltem  Wasser,  leichter  in  heifsem  , mit  gelber  Farbe;  Zu- 
satz von  Salpetersäure  vermindert  die  Löslichkeit;  sie  lösen  sich  in  Al- 
kohol und  Aether.  Diese  Auflösungen  besitzen  einen  sehr  bifctern,  sauren 
Geschmack. 

In  gelinder  Wärme  schmilzt  und  sublimirt  die  Picrinsalpetersäure  ohne 
Rückstand , schnell  und  rasch  erhitzt  wird  sie  unter  Verpuffung  zerstört. 
In  concentrirter  Schwefelsäure  löst  sic  sich  in  der  Wärme  und  wird  durch 
Zusatz  von  Wasser  wieder  ohne  Veränderung  gefällt.  Setzt  man  der 
Auflösung  in  Schwefelsäurehydrat  gepulverten  Braunstein  zu,  so  ent- 
wickeln sich  reichliche  salpetrigsaure  Dämpfe. 

Nach  der  Untersuchung  von  Pumas  und  Marchand  ist  die  kristallisirte 
Säure  nach  der  Formel  C12  N6  H4  013  -b  B20  zusammengesetzt;  in  ihren 
neutralen  Salzen  ist  das  Hydratwasser  ersetzt  durch  ein  Aeq.  Metalloxid. 

Picrinsalpetersäure  /Salze . Alle  Salze  der  Picrinsalpetersäure  ver- 
puffen beim  Erhitzen,  die  Salze  mit  alkalischer  Basis  bei  langsam  steigen- 
der Hitze  mit  Explosion  und  starker  Lichtentwickelung.  Die  löslichen 
Salze  dieser  Säure  mit  einem  Uebersehufs  von  Aetzkalilauge  gekocht,  oder 
bei  Gegenwart  von  einem  Alkali  mit  Schwefelwasserstoff  gesättigt,  ver- 
lieren ihre  gelbe  Farbe  und  werden  braun ; lösliche  SchwefelmetaSIe  damit 
erwärmt  zerstören  die  Säure  unter  Ammoniakentwickelung;  dasselbe  ge- 
schieht, wenn  ihre  alkalischen  Auflösungen  mit  Kalk  und  Eisenvitriol  in 
Berührung  gelassen  werden,  man  erhält  in  letzterem  Fall  eine  blutrothe 
Flüssigkeit,  welche  Kalk  an  eine  neue  Säure  gebunden  enthält;  sie  giebt 
mit  Bleisalzen  einen  braunen,  beim  Erhitzen  verpuffenden  Niederschlag, 
aus  dem  sich  durch  Schwefelwasserstoff  die  Säure  darstellen  läist.  Sie  ist 
in  Wasser  schwerlöslich,  leichter  in  Alkohol  und  giebt  mit  Alkalien  bitter- 
schmeckende blutrothe  Auflösungen. 

Alle  lösliehen  Salze  der  Picrinsalpetersäure  schmecken  bitter;  die  eon- 
centrirten  Lösungen  der  alkalischen  Salze  geben,  mit  Salpetersäure  versetzt, 
Kristalle  von  Picrinsalpetersäure;  das  Kalisalz  ist  zur  Heilung  des  Wech- 
selfiebers  mit  Erfolg  angewendet  worden  ( Braconnot ). 

Das  picrinsalpetersäure  Ammoniumoxid  ist  in  schönen  gelben  sechs- 
seitigen Prismen,  die  im  Sonnenlichte  mit  Regenbogenfarben  spielen,  kri- 
stallisirbar,  leichtlöslich.  Seine  Formel  ist  C12  H4  N6  015  Hb  N2  Hs  0.  (Pu- 
mas, Marchand .) 

Pier  insalp  eter  saures  Kali . C12  H4  N6  O15  -b  KO  (Pumas,  Marchand). 
Gelbe  glänzende,  mit  Regenbogenfarben  spielende,  lange  Prismen,  löslich 
in  260  Th.  kaltem,  in  14  Th.  heifsem  Wasser. 

Das  Natronsalz  ist  leicht  löslich.  Mit  Baryt  und  Strontian  bildet  die 
Picrinsalpetersäure  neutrale  lösliche  und  basische  unlösliche  Salze.  Das 
Baryt-  und  Strontiansalz  enthalten  5 At.  Kristallwasser,  wovon  4 At.  bei 
100°  entweichen.  Die  basischen  Salze  enthalten  auf  1 At.  wasserfreie  Säure 
2 At.  Baryt  oder  Strontian. 

Das  Silbersalz  ist  nach  der  Formel  C12  H4  N6  013  -b  AgO  (Pumas)  zu- 
sammengesetzt, es  ist  in  Wasser  löslich,  kristallisirbar.  Bleisalze,  Kupfer- 
salze, Quecksilber  oxidulsalze  geben  mit  löslichen  picrinsalpetersauren  Al- 
kalien kristallinische  unlösliche  Niederschläge. 

Zersetzungsprodukte  des  Indigblau’s  durch  Alkalien. 

Wenn  man  feingepulvertes  ludigblau  in  concentrirte  siedende  Äetz- 
kalilauge  (von  1,45  spec.  Gewicht)  trägt,  so  wird  es,  ohne  Ammoniak- 

Geigers  Pharmacie ^ 1.  (5/e  Au  fl.)  Tß 


1146  Chrysariilsäur&  i 

entwickelung,  leicht  und  schnell  mit  tief  gelbrothbrauner  Farbe  gelöst;  in 
der  weiter  abgedampften  Lauge  bemerkt  man  die  Bildung  von  glänzenden 
gcibrothbraunen  Kristallen;  die  Lauge  erstarrt , bei  diesem  Zeitpunkt  er- 
kaltet, zu  einer  festen  kristallinischen  Masse,  die  sich  in  Wasser  mit  | 
brandgelber,  in  Alkohol  mit  dunkelgrüner  Farbe  löst. 

Die  verdünnte  wässerige  Auflösung  verhält  sich  gegen  die  Luft  wie  j 
eine  Indigküs?e  (siehe  Anhang);  sie  überzieht  sich  mit  einer  dunkelblau- 
schiliernden  Baut  von  Indighiau,  was  sich  zum  Theil  in  kristallinischem 
Zustande  absetzt.  Neutralisirt  man  den  gröfsten  Theil  des  Kali’s  mit  einer 
Mineralsäure;  so  lange  noch  ein  blaugrüner  Niederschlag  entsteht;  fiitrirt 
die  goldgelbe  Flüssigkeit  davon  ab  und  übersättigt  sie  nun  mit  Essigsäure; 
so  erhält  man  einen  voluminösen  flockigen  Niederschlag  von  kermesbrauner 
Farbe.  Dieser  Körper  ist  eine  neue  Säure  (?);  welche  Fritzsche , ihr  Ent- 
decker; Chrysanilsäure  nennt. 

Die  weingeistige  dunkelgrüne  Lösung  des  durch  Kali  zersetzten  Indig- 
blau’s  setzt  an  der  Luft  ebenfalls  Incligblau  ab ; sie  giebt  mit  Säuren  eben- 
falls einen  Niederschlag  von  Chrysanilsäure;  wenn  sie  aber  längere  Zeit 
der  Einwirkung  der  Luft  ausgesetzt  gewesen  ist;  so  entsteht  durch  Sauer- 
stoffaufnabme  eine  neue  Säure;  die  Antkramlsäure . 

Chrysanilsäure. 

Zur  Darstellung  dieser  Substanz  wird  die  concentrirte  Auflösung  des 
Indigblau’s  in  Kalilauge  mit  Wasser  verdünnt  und  mit  einer  Säure  schwach 
übersättigt;  der  erhaltene  Niederschlag  wird  ausgewaschen;  als  feuchter 
Brei  in  eine  Flasche  gegeben;  und  mit  seinem  gleichen  Volum  Aether  ge- 
schüttelt; wo  sich  eine  goldgelbe  Lösung  bildet,  die  man  mit  einem  Heber 
abnimmt  und  an  der  Luft  verdampfen  läfst.  Man  kann  auch  den  ausge- 
waschenen Niederschlag  in  siedendes  Wasser  tragen;  wo  er  augenblicklich 
zu  einer  schwarzrothen  barzähnlichen  Masse  zusammenschmiizt,  welche; 
in  Aether  gelöst,  nach  dem  Verdampfen  diese  Substanz  in  reinerem  Zu- 
stande hinterläfst. 

Die  Chrysanilsäure  erhält  man  durch  Trocknen  des  mit  Säuren  ge- 
fällten Niederschlags  in  Gestalt  einer  kermesbraunen  amorphen  Masse,  aus 
Aether  von  brandgeiber  Farbe;  sie  löst  sich  in  Alkalien  mit  gelber  Farbe; 
bei  Ueberschufs  von  Kali  werden  diese  Auflösungen  nach  Fritzsche  grünlich 
uud  setzen  auf  ihrer  Oberfläche  eine  hellgrüne  Haut  ab,  die  unter  dem 
Microscope  Spuren  von  kristallinischer  Siructur  zeigt,  sie  löst  sich  in 
Aether.  Mit  verdünnten  Mineralsäuren  im  Sieden  erhalten  färbt  sich  die 
Flüssigkeit  blauroth,  sie  wird  immer  dunkler  und  nach  dem  Erkalten  setzt 
sie  blauschwarze  kristallinische  Nadeln  ab,  während  Anthranilsäure  in 
Auflösung  bleibt. 

Die  Chrysanilsäure  ist,  den  Analysen  nach,  die  Fritzsche  davon  ge- 
macht hat,  ein  gemengter  Körper  (in  sechs  Analysen  wich  der  Kohlenstoff 
von  66,08  bis  69,06  p.  c.  ab),  in  seinen  Eigenschaften  den  Harzen  ähn- 
lich, ohne  Reaction  auf  die  Pflanzenfarben,  mit  Alkalien  keine  neutralen 
Verbindungen  bildend.  Nach  der  Analyse  einer  Bleiverbißdung  (erhalten 
durch  Präcipitation  einer  alkalischen  Lösung  der  Chrysanilsäure  mit  einem 
Bleisalz)  enthielt  sie  auf  l At.  Bleioxid  28  At.  Kohlenstoff,  eine  Zinkoxid- 
verbindang  auf  1 At.  Zinkoxid  42  At.  Kohlenstoff,  eine  andere  Zinkoxid- 
verbindung nur  14  Atome. 

Der  blauschwarze  Körper,  der  durch  Einwirkung  von  Mineralsäuren 
auf  Chrysanilsäure  entsteht,  gab  in  der  Analyse  66,85  bis  73,89  Kohlen- 
stoff; sie  scheint  beim  Trocknen  durch  die  Luft  eine  Veränderung  zu  er- 
leiden, indem  sie  feucht  (ungetrocknet)  in  Alkohol  mit  purpurrother , ins 
Blaue  schillernder  Farbe,  nach  dem  Trocknen  mit  rothbrauner  Farbe  lös- 
lich ist;  in  letztem  Fall  bleibt  ein  Rückstand.  Die  feuchte  Substanz  zer- 
setzt sich  unter  Ausscheidung  von  Indigblau,  was  bei  der  getrockneten 
viel  langsamer  vor  sich  geht.  Die  Schlüsse  auf  ihre  Entstehung  und  Bil- 
dung aus  Chrysanilsäure , zu  denen  Fritzsche  gelangt,  da  sie  sich  auf  die 


An  tbrani)  säure. 


1147 


Analyse  der  getrockneten  Materie  beziehen , haben  hiernach  keine  Grund- 
lage. Nach  seiner  Vermuthung  ist  die  Chrysanilsäure  nach  der  Formel 
Cc8  H22  N4  06  zusammengesetzt , sie  würde  durch  die  Einwirkung  der  Säu- 
ren zerfallen  in  Anthranilsäure  und  die  blauschwarze  Substanz , die  nach 
der  Formel  C14  H10  Na  03  zusammengesetzt  seyn  müfste  (berechneter  Koh- 
lenstofFgehalt  66,48  p.  c.). 

Anthranilsäure . 

Zur  Darstellung  dieser  Säure  wird  Aetzkalilauge  (von  1,35  spec.  Gew.) 
mit  Indigblau  im  Sieden  erhalten,  mit  Wasser  zuweilen  verdünnt  und 
wieder  eingekocht,  wodurch  der  Indigo  nach  und  nach  völlig  in  die  Auf- 
lösung eingeht.  Noch  ehe  aller  Indigo  verschwunden  ist,  setzt  man  der 
concentrirten  siedenden  Lauge  feingepulverten  Braunstein  in  kleinen  Por- 
tionen zu,  bis  ein  Theil  derselben  mit  Wasser  verdünnt,  an  der  Luft  ste- 
hend, kein  Indigblau  mehr  absetzt.  Bei  diesem  Zeitpunkte  giebt  die  Flüs- 
sigkeit, wenn  sie  mit  einer  Säure  übersättigt  wird,  nur  einen  schwachen 
Niederschlag  von  graubrauner  Farbe;  sie  enthält  nun  amhranilsaures  Kali, 
gemengt  mit  einer  grofsem  Menge  Aetzkali.  Man  verdünnt  nun  das  Ganze 
mit  heifsem  Wasser,  übersättigt  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  sondert 
den  Niederschlag  durch  ein  Filter  ab,  setzt  seinem  sauren  Filtrate  bis  zur 
Neutralisation  Kali  zu  und  dampft  es  zur  Trockne  ab.  Der  Rückstand 
enthält  schwefelsaures  und  anthranilsaures  Kali,  sowie  eine  braune  fär- 
bende Substanz.  Durch  Behandlung  mit  warmem  Weingeist  geht  anthranil- 
saures Kali  uud  der  braune  Körper  in  Auflösung,  während  das  schwefel- 
saure Kali  zurückbleibt.  Die  weingeistige  Lösung  wird  zur  Entfernung 
des  Weingeistes  verdunstet,  der  Rückstand  in  Wasser  gelöst  und  mi® 
Essigsäure  übersättigt,  wo  harte  orangegelbe  Kristalle  von  unreiner  An- 
thranilsäure  auskristallisiren.  Zur  weiteren  Reinigung  verwandelt  man  sie 
in  Kalksalz,  löst  dieses  in  heifsem  Wasser  auf,  und  versetzt  die  heifse 
Lösung  mit  Essigsäure.  Beim  Erkalten  kristallisirt  Anthranilsäurehydrcit 
in  halbzolllangen  gelblichen,  regelmäfsigen,  durch  zwei  Flächen  zuge- 
schärften durchsichtigen  Blättern  von  starkem  Glanz.  Eine  gesättigte  Auf- 
lösung des  Ealksalzes  giebt,  mit  Essigsäure  versetzt,  feine  weifse  dünne 
vier-  und  sechsseitige  Nadeln. 

In  gelinder  Wärme  schmilzt  die  Anthranilsäure  und  sublimirt  in  schö- 
nen regelmäfsigen  glänzenden,  der  Benzoesäure  äufserst  ähnlichen  Blät- 
tern. Mit  grobzerstofsenem  Glase  gemengt  einer  raschen  Destillation  un- 
terworfen, zersetzt  sich  die  Anthranilsäure  in  Kohlensäure  und  in  eine 
sauerstofffreie  ölartige  Substanz,  in  Anilin , was  alle  Eigenschaften  einer 
organischen  Basis  besitzt  (siebe  organ.  Basen,  Anilin').  Sie  äst  in  kaltem 
Wasser  schwer  löslich,  leicht  in  Alkohol  und  Aether;  die  Auflösungen  be- 
sitzen den  Geschmack  der  Benzoesäure  und  reagiren  sauer. 

Nach  den  Analysen  von  Fritzscke , welche  durch  J.  L.  bestätigt  sind, 
ist  die  kristallisirte  Säure  nach  der  Formel  C14  Hlt  Na  03  -4-  HaO  zusam- 
mengesetzt; in  dem  Silbersalz  ist  das  Hydratwasser  ersetzt  durch  1 Aeq. 
Silberoxid, 

Anthranilsäure  Salze.  Die  im  Eingang  erwähnte  unreine  Anthranil- 
säure  giebt,  mit  Kalkmilch  gekocht,  eine  klare  schwachgelbiiche  Auflösung, 
die,  mit  etwas  Thierkohle  entfärbt,  nach  dem  Erkalten  anthranilsauren 
Kalk  in  vollkommen  farblosen  klaren  rhoinboedrischen  Kristallen  absetzt, 
der  sich  in  kältem  Wasser  schwierig,  leicht  in  heifsem  Wasser  löst.  Eine 
Auflösung  von  diesem  Kalksalz  giebt,  in  verdünntem  Zustande  kochend- 
heifs  mit  salpetersaurem  Silberoxid  vermischt,  einen  Niederschlag  in  kri- 
stallinischen glänzend weifsen  Blättern  oder  Blättchen,  die  sich  in  mehr 
Wasser  lösen  und  unverändert  wieder  kristallisireou  Seine  Formel  ist 
CltHI3N*  0,  -4- AgO. 


1148 


Gemeiner  Indigo. 


Wenn  man  die  Zusammensetzung  des  Indigblau’s  mit  der  der  wasser- 
freien Anthranilsäure  vergleicht,  so  ergiebt  sich,  dafs  von  dem  Indigo 
bei  ihrer  Bildung  sich  2 Ai.  Kohlenstoff  trennen,  während  1 Aeq.  Wasser 
zu  seinen  Elementen  tritt.  Was  aus  dem  ausgetretenen  Kohlenstoff  wird, 
ist  nicht  ermittelt. 


Anhang  zu  Indigo  lau. 

Gemeiner  Indigo. 

Synonyme:  Color  Indiens,  Pigmentum  indicum. 

Der  Indig  ist  schon  sehr  lange  bekannt.  Die  Griechen  und  Homer  und 
ältesten  Bewohner  Hindostans  kannten  ihn  schon.  Doch  ist  derselbe  erst 
seit  dem  löten  Jahrhundert  in  Europa  vorzüglich  gebräuchlich.  Planner , 
Chevreul  u.  a. , und  in  neuerer  Zeit  Runge,  W.  Crum,  J.  L .,  Ber%elius 
und  Dumas  untersuchten  ihn  genauer;  J.  L.  und  Ber%elius  schieden  1827 
zuerst  den  ungefärbten  Indig  rein  ab.  — Es  liefern  den  Indig  mehrere 
Pflanzen;  dahin  gehört  die  Gattung  Indigofera,  als  ladigofera  tinctoria, 
Anil,  argentea  etc.,  Wrightia  (Nerium)  tinctoria,  der  Waid  (Isatis  trnefco- 
ria),  Pergularäa  tinctoria,  Gymncma  tingens,  Polygonum  tinctorium , Te- 
pbrosia  (Galega)  tinctoria,  Amorpha  fruticosa  u.  s.  w.  Noch  viele  Pflan- 
zen verdienen  auf  ladiggehalt  untersucht  zu  werden,  (lieber  eine  neue 
Art  Indig  aus  der  Pflanze  Pajanguit  oder  Aranguit  vergl.  Magaz.  f.  Phar- 
mac.  Bd.  34.  S.  21.) 

207.  In  den  Indsgpflanzen  ist  der  Indigo  als  weifser  In- 
digo (desoxidirter  Indigo)  enthalten,  und  er  kann  in  diesem  Zu- 
stande ans  den  Blättern  derselben  durch  Alkohol  und  Aether, 
sowie  durch  kaltes  und  siedendes  Wasser  ausgezogen  -wer- 
den; es  ist  höchst  wahrscheinlich,  dafs  er  im  Safte  an  eine 
Basis  (ein  fixes  Alkali  oder  Ammoniak)  gebunden  ist,  . der  er 
seine  Löslichkeit  in  Wasser  verdankt.  Der  Indigo  verhält 
sich  in  dieser  Beziehung  wie  die  meisten  stickstoffhaltigen 
Bestandteile  der  Pflanzen  , die  sich  unter  Sauerstoffaufnahme 
an  der  Luft  dunkel  färben  und  damit  ihre  Löslichkeit  ver- 
lieren. 

In  Nordamerika  werden  die  Blätter  der  getrockneten 
Indigpflanzen  mit  lauwarmem,  die  Blätter  von  Nerium  mit 
siedendem  Wasser  zwei  Stunden  lang  ubergossen,  bis  die 
Flüssigkeit  eine  grüne  Farbe  angenommen  hat,  und  dieser 
Auszug  der  Luft  preisgegeben , wo  sich  in  kurzer  Zeit  der 
aufgelöste  weifse  Indigo  als  blauer  Indigo  absetzt.  Die  frisch 
getrockneten  Blätter  dürfen  rächt  gefleckt  erscheinen  und  müs- 
sen zwischen  den  Fingern  leicht  zerreiblich  seyn.  Die  schöne 
grüne  Farbe  der  Blätter  geht  nach  und  nach  (in  4 Wochen) 
in  Bleigrau  über 5 sie  geben,  bevor  diese  Farbenveränderung 
statigefunden  hat,  an  Wasser  kein  Pigment  ab  5 die  Auszieh- 
barkeit  nimmt  über  diesen  Zeitpunkt  wieder  ab.  Das  Trock- 
nen der  Blätter  hat  den  Vortheil,  dafs  man  nicht  alle  reifen 
Blätter  auf  einmal  zu  verarbeiten  nöthig  hat  und  die  Gährung 
damit  durch  eine  kurze  und  einfachere  Behandlung  ersetzt 
wird. 


X 


Gemeiner  Indigo.  1 1 49 

In  Ost-  und  Westindien  werden  die  frischen  oder  halb- 
abgetrockneten  blühenden  Indigpflaiazen  in  steinernen  oder 
hölzernen  Trögen  mit  Wasser  übergossen  und  mit  Gewichten 
beschwert,  wo  nach  einigen  Stunden  eine  Fäulnifs  eintritt, 
in  Folge  welcher  aller  Indigo  unter  Ammoniak-  und  starker 
Kohlensäureentwickelung  so  den  Zustand  von  löslichem  Indigo 
übergeht  5 sobald  auf  der  Oberfläche  blau-  oder  kupferschil- 
lernde Häute  entstehen , iäfst  man  das  Wasser  in  den  Schlag- 
bottig  ab  und  schlägt  es  (zuweilen  mit  Zusatz  von  Kalk- 
wasser) so  lange,  bis  die  Flüssigkeit  eine  grünlichblaue  Farbe 
annimmt,  und  Indigo  als  körniges  Pulver  sich  absetzt.  Nach 
seiner  völligen  Abscheidung  wird  er  gewaschen  und  getrock- 
net. In  Ostindien  und  Europa  verfährt  man  mit  den  Blättern 
der  Wrightia  tinctoria  und  Isatis  tinctoria  auf  eine  ähnliche 
Weise;  der  letztere  wird,  um  ihm  die  Qualitäten  des  indi- 
schen zu  geben,  mit  sehr  verdünnter  Salzsäure  ausgewaschen» 

§.  2D8.  Der  im  Handel  vorkommende  lud ig  stellt  ein  dunkel- 
blaues Pulver,  oder  eine  leichte,  dunkelblaue,  lose  zusammen- 
hängende Masse  dar  (bald  sinkt  sie  in  Wasser  zu  Boden, 
bald  schwimmt  sie  auf  Wasser).  Mit  dem  Nagel  u.  s.  w. 
gerieben,  nimmt  sie  einen  Kupferglanz  an.  Ist  geschmack- 
und  geruchlos;  unlöslich  in  Wässer,  (fast)  unlöslich  in  Wein- 
geist, Aether,  wässerigen  Säuren  und  Alkalien  (s.  u.).  So 
wie  der  Indig  iin  Handel  vorkoramt,  ist  er  niemals  rein, 
sondern  enthält  mehr  oder  weniger  fremde  Beimischungen. 
Man  reinigt  ihn,  indem  er  mit  Weingeist,  Salzsäure  und 
Wasser  behandelt  wird,  bis  ihm  diese  nichts  mehr  entziehen, 
oder  nach  Berzelius  durch  Behandeln  desselben  mit  wässe- 
rigen Säuren,  Wasser,  concentrirtem  wässerigen  Kali  und 
kochendem  Weingeist.  Der  gewöhnliche  Indig  enthält;  nach  demsel- 
ben folgende  Stoffe:  1)  Indigpflanzenleim ; diesen  erhält  man,  indem  man 
den  Indig  erst  mit  verdünnter  (Schwefel-)  Säure,  dann  mit  kochendem 
Wasser  behandelt,  die  heifs  fiftrirte  wässerige  Flüssigkeit  mit  kohleasaurem 
Kalk  sättigt,  das  Filtrat  verdampft,  den  Rückstand  mit  Alkohol  auszieht 
und  wieder  verdampfe.  Eine  dem  Gliadin  und  Osmazom  sehr  ähnliche, 
aber  nicht  klebrige  und  ziemlich  leicht  in  Wasser  lösliche  Masse.  — 2)  In - 
digbraun,  wird  aus  dem  mit  Säuren  und  Wasser  ausgezogenen  Indig  er- 
halten durch  gelindes  Erhitzen  desselben  mit  concentrirter  Kalilösung, 
Filtriren  der  aufgequollenen  Masse  ohne  auszuwaschen.  Versetzen  des 
dunkelbraunen  Filtrats  mit  etwas  überschüssiger  Schwefelsäure,  Zerlegen 
des  mit  Wasser  gewaschenen  gallertartigen  Niederschlags  mit  kohlensau- 
rera  Baryt,  wo  ein  Theil  in  Wasser  löslich,  ein  Theil  mit  Baryt  verbunden 
ungelöst  bleibt , und  Verdampfen  der  Lösung.  Das  ludigbraun  bleibt  als 
ein  dunkelbrauner  glänzender  Firnifs  zurück.  Es  verbindet  sich  mit  Säu- 
ren zu  meistens  schwerlöslichen  Mischungen.  Reine  Alkalien  lösen  es 
leicht  auf,  die  Auflösungen  sind  ganz  dunkelbraun,  reagiren , völlig  gesät- 
tigt , nicht  alkalisch ; zur  Trockne  verdampft  zeigen  sie  zum  Theil  kristal- 
linische Textur.  Dieses  Indigbraun  hat  demnach  mit  Humussäure  oder 
Ouellsatzsäure  Aehnlichkeit.  — 31  Indigroth  erhält  man  durch  Ausziehen 
des  mit  verdünnten  Säuren,  Wasser  und  Alkalien  behandelten  Indigs  mit 
Alkohol  in  der  Hitze,  so  lange  sich  dieser  färbt.  Beim  Abdestilliren  des 
Weingeistes  fällt  Iudigroth  nieder;  verdampft  man  das  Filtrat,  löst  es  in 


1150 


Gemeiner  Indigo. 


Wasser  und  versetzt  die  filtrirte  Lösung  mit  Essigsäure , so  schlägt  sich 
der  Rest  Dieder.  Ein  schwarzbraunrothes  Pulver  oder  schwarzbrauner 
glänzender  Firnifs,  unlöslich  in  Wasser,  verdünnten  wässerigen  Säuren 
und  Alkalien,  schwerlöslich  in  Weingeist,  leichter  in  Aether;  die  Lösun- 
gen sind  intensiv  dunkelroth.  Vitriolöl  löst  es  mit  gelber  Farbe.  Beim 
Erhitzen  im  luftleeren  Raume  sublimiren  anfangs  farblose  glänzende  Na- 
deln, desoxidirtes  Indiyroth , welches  durch  Salpetersäure  wieder  in  ge- 
färbtes Indigroth  verwandelt  wird.  — Nach  Entfernung  dieser  drei  Sub- 
stanzen bleibt  4)  Indigblau  zurück,  welches  zur  völligen  Reinigung  mit 
Kalk  oder  Kali  und  Eisenvitriol  behandelt,  ferner  mit  Säuren  als  Indig- 
weifs  gefällt  wird,  welches  man  iin  feuchten  Zustande  der  Luft  darbietet, 
bis  es  vollkommen  blau  ist. 

Bei  der  trocknen  Destillation  liefert  der  Indigo,  neben  sublimirtem 
Indig,  kohlensaures  und  blausaures  Ammoniak,  sehr  stinkendes  brenzliches 
Oel  und  Harz,  ein  braunes  Extract,  eine  in  Weingeist  unlösliche  schwarze 
Substanz  und  Kristallin  (siehe  Anilin);  Unverdorben.  Es  bleibt  eine  glän- 
zende poröse  Kohle,  er  verpufft  mit  Salpeter  oder  chlorsaurem  Kali  mit 
prächtigem,  aus  Weifs,  Purpurroth  und  Violett  gemengtem  Feuer,  Schwe- 
felzusatz färbt  die  Flamme  grün. 

Indiy-Küpen. 

Unter  ludigküpen  versteht  man  Auflösungen  von  reducirtem  Indigo  in 
alkalischen  Flüssigkeiten,  welche  von  den  Färbern  zum  Behufe  des  ßlau- 
färbens  aus  käuflichem  Indigo  dargestellt  werden.  Man  unterscheidet  kalte 
und  warme  Küpen. 

Warme  Küpe. 

a)  Waidküpe , Waidindig- Küpe  (cuve  de  pastel , pastel  vat ).  Vor  der* 
Bekanntwerdung  des  Indigo’s  wurden  namentlich  in  Flandern  und  England 
die  wollenen  Tücher  vermittelst  Waid  blau  gefärbt.  Der  Waid  enthält  im 
frischen  Zustande  % p.  c.  Indigo , getrocknet  etwas  weniger  als  zwei 
Procent.  Die  gegohrnen  oder  blos  getrockneten  Blätter  wurden  mit  heifsem 
Wasser  (60  — 70°)  unter  Zusatz  von  Kalk,  Pottasche,  Kleie  und  Krapp 
sich  selbst  überlassen , wo  durch  eine  bald  eintretende  Gährung  der  darin 
enthaltene  Indigo  löslich  wird.  Bei  der  Einführung  des  Indigo’s  behielt 
man  die  Waidküpe  bei,  er  wurde  angeweudet,  um  sie  zu  verstärken. 

4 Th.  aufs  feinste  gemahlener  Indigo,  50  Th.  Waid,  2 Th.  Krapp  und 
2 Th.  Pottasche  werden  in  einem  eisernen  Kessel  mit  2000  Th.  Wasser 
einige  Stunden  bei  einer  Temperatur  von  90°  erhalten , sodann  1 y,  fri.sch- 
gelöschter  Kalk  in  kleinen  Portionen  und  nach  grofsen  Zwischenräumen 
zugesetzt  und  sich  selbst  überlassen,  wo  durch  eine  in  dem  Waid  vor- 
gehende Veränderung  eine  Art  von  Fäulnifs  eintritt.  In  Folge  dieser 
Fäuinifs  wird  dem  blauen  Indigo  Sauerstoff  entzogen,  der  an  die  organi- 
schen Materien  tritt;  es  entstehen  hierbei  Ameisensäure,  Essigsäure  und 
Kohlensäure,  die  das  Alkali  neutralisiren.  Der  Zusatz  von  Kalk  hat  den 
Zweck,  das  doppelt  kohSensaure  Kali  in  Kaliliydrat  zurückzufiihren,  wo- 
durch der  reducirte  Indigo  in  Auflösung  erhalten  wird;  er  dient  ferner 
dazu , um  das  aufgelöste  Indigbraun , was  in  die  Pottaschenlösung  aus  dem 
Indigo  übergeht,  auszufällen;  bei  Abwesenheit  von  allem  Kalk  fallen  die 
gefärbten  Tücher  schmutzig  blau  aus.  Durch  überschüssigen  Kalk  wird  ein 
Theil  oder  aller  Indigo  als  eine  basische  gelbe  unlösliche  Verbindung  nie- 
dergeschlagen. 

Als  Zeichen  der  eingetretenen  Gährung  beobachtet  man  das  Empor- 
steigen von  Gasblasen,  mit  denen  sich  die  Oberfläche  der  Flüssigkeit 
schaumartig  bedeckt;  der  Schaum  hat  eine  blaue  Kupferfarbe  (Blume,  fleur 
de  cuve );  es  entwickelt  sich  hierbei  kohlensaures  Ammoniak,  was,  durch 
den  Kalk  zu  Aetzammoniak  zuriickgeführt , mit  dazu  beiträgt,  um  den  re- 
ducirten  Indigo  gelöst  zu  erhalten. 


I n d i g k ü p e n. 


1151 


Die  Küpenflüssigkeit  besitzt  eine  dunkel  weingelbe  Farbe  , sie  wird  an 
der  Luft  grün,  zuletzt  unter  Präcipitatiou  des  Indigo’s  blau.  Die  zu  fär- 
bende Wolle  oder  das  Tuch  wird  eine  Zeitlang  in  derselben  eingetaucht 
erhalten,  in  der  Luft  getrocknet,  zum  zweitenmal  ausgefärbt,  bis  es  die 
gewünschte  dunkle  Farbennuance  an  der  Luft  nach  dem  Trockenwerden 
und  Auswaschen  in  einer  schwachen  Lauge  behält.  Der  Indigo  schlägt 
sich  auf  die  Oberfläche  der  Wollenfasern  nieder,  ohne  sich  chemisch  damit 
zu  verbinden;  durch  anhaltendes  Klopfen  im  trocknen  Zustande  wird  das 
Tuch  oder  die  Wolle  wieder  weifs,  indem  die  Farbe  staubartig  abfliegt. 
Die  Kiipeuflüssigkeit  behält  ihr  Vermögen,  den  Indigo  zu  reduciren,  un- 
verändert fort,  so  lange  noch  eine  der  Oxidation  fähige  organische  Substanz 
vorhanden  ist.  Wenn  durch  Zusatz  von  Kleien,  Krapp,  die  organische 
Substanz  und  von  frischem  Indigo  der  hinweggenommene  in  der  Flüssigkeit 
von  Zeit  zu  Zeit  wieder  ersetzt  wird,  so  läfsfc  sich  die  einmal  angesetzte 
Küpe  5 — 6*  Monate  zum  Färben  benutzen. 

Bei  zuviel  Kalk  nimmt  der  Indigogebalt,  das  Färbungsvermögen  der 
Flüssigkeit,  ab,  es  entsteht  durch  Bildung  einer  Haut  von  kohleusaurem 
Kalk  eine  mattblaue  Blume,  Zusatz  von  kohleusaurem  Ammoniak  hebt  diese 
schädliche  Wirkung  auf.  Wenn  die  Fäulnifs  des  Waids  im  Anfang,  be- 
günstigt durch  eine  zu  hohe  Temperatur,  zu  rasch  vor  sich  gebt,  so  wird 
der  zugesetzte  Indigo  nicht  oder  nur  theilweise  reducirt;  durch  Zusatz  von 
Honig  oder  Traubenzucker,  Kalk  und  Pottasche  .wird  diesem  Uebelstande 
abgeholfen.  Anstatt  des  Waids  läfst  sich  überhaupt  mit  Vortheil  der  Stärke- 
zucker, minder  wohlfeil  Honig,  anwenden;  die  Auflösung  des  Indigo’s  in 
einer  Mischung  von  Kalk,  Pottasche  und  Stärkezucker  geht  bei  gelinder 
Wärme  in  sehr  kurzer  Zeit  von  statten.  Diese  Küpe  hat  den  Vortheil 
eines  sehr  geringen  Bodensatzes,  aus  dem  sich  jederzeit  durch  verdünnte 
Salzsäure  aller  blaue  Indigo,  der  ihm  beigemischt  ist,  wieder  gewinnen 
läfst.  Ein  dem  Indigo  gleiches  Gewicht  Stärkezucker,  in  den  meisten 
Fällen  noch  weniger,  reicht  hin,  um  die  Reducdoa  zu  bewirken.  Bei  der 
sogenannten  Pottascbküpe  wird  der  Indigo  durch  Contact  mit  Krapp,  Kleie 
und  Pottasche  (auf  ISO  Kubikfufs  Wasser  12  Pfund  Indigo,  86  Krapp, 
86*  Kleie  und  48  Pfund  Pottasche,  von  der  man  die  Hälfte  im  Anfänge, 
nach  36  Stunden  % und  nach  72  Stunden  das  letzte  Viertel  zusetzt)  re- 
ducirt. Dieser  Art  ähnlich  ist  die  Opermentkiipe  (1  Th.  Indigo,  2 Th. 
Pottasche,  175  Wasser,  1 Th.  Kalk  und  1 Th.  Auruinpigmentum),  wo  die 
Reduction  auf  Kosten  des  sich  bildenden  Schwefelkaliums  und  der  arseni- 
gen  Säure  vor  sich  geht,  so  wie  die  V rinküpe. 

Unter  kalter  Küpe,  Yitriolkäpe,  versteht  man  eine  Auflösung  von 
weifsena  Indigo  in  Kalkhydrat,  welche  man  durch  Digestion  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  von  i Th.  feingeriebenem  Indig,  2 Th.  kupferfreiem 
Eisenvitriol,  S Th.  Kalkhydrat  und  150  bis  200  Th.  Wasser  erhält.  Vor- 
theilhaffc  ist  es,  aus  dieser  Küpe  durch  Zusatz  von  Aetzammoniak  und  an- 
derthalb kohlensaurem  Ammoniak  den  freien  Kalk,  welcher  die  Verbindung 
des  Farbstoffs  mit  dem  Zeuge  hindert,  hinwegzunehmen. 

Sächsisches  Blau.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  mau  die  durch  schwe- 
felsauren Indigo  auf  Zeugen  erhaltene  Farbennuance  ; in  rauchender  Schwe- 
felsäure aufgelöster  Indigo  wurde  zuerst  in  Sachsen  von  Barth  zum  Färben 
angewendet.  Mau  trägt  den  trocknen  feiagepulverten  Indigo  in  4— 6 Th. 
rauchende  Schwefelsäure  in  kleinen  Portionen,  wobei  alle  Erhitzung  ver- 
mieden werden  mufs.  Die  Auflösung  wird  in  ihr  30  — 50faches  Volum 
Wasser  gegossen  , und  die  zu  färbende  Wolle  in  dieser  Flüssigkeit  er- 
wärmt. Ara  schönsten  wird  die  Farbe,  wenn  man  sich  des  indighlau- 
schwefelsauren  Kali’s,  dessen  Auflösung  in  Wasser  man  mit  Schwefelsäure 
ansäuert,  zum  Färben  bedient. 

Um  den  Gehalt  an  reinem  Farbstoff  in  dem  käuflichen  Indigo  zu  be- 
stimmen, giebt  es  bis  jetzt  kein  besseres  Mittel,  als  die  fortgesetzte  Be- 
handlung einer  abgewogenen  Menge  desselben  mit  Wasser,  Salzsäure, 


1152 


Coccusrotk 


Aetzkalifauge  und  zulefc zfc  mit  Alkohol,  wo  dann  das  Gewicht,  welches 
bleibt,  den  reinen  Indigogehalt  ausdrückt.  Alle  andern  Proben  können 
kaum  auf  annähernde  Genauigkeit  Anspruch  machen,  sie  werden  deshalb, 
wie  die  Chlorprobe , die  Reductionsprobe , niemals  ange wendet. 


Coccmroth , Carmimtoff  (Carmine). 

Von  Pelletier  und  Caventou  1818  zuerst  rein  dargestellt.  — Macht 
den  Farbstoff  der  Cochenille  CCoccus  Cacti ) aus. 

$J.  259.  Man  erhält  das  Coccusroth , indem  man  die  ge- 
pulverte Cochenille  zuerst  mit  Aether  digerirt,  um  alles  Fett 
zu  entfernen 5 dann  den  Rückstand  durch  Alkohol  kochend 
erschöpft,  den  Weingeist  vom  Auszug  gröfstentheils  abde- 
stiliirt,  und  den  Rest  in  einem  offenen  Gefäfse  in  gelindester 
Wanne  verdunstet  ; den  Rückstand  behandelt  man  mit  abso- 
lutem Alkohol  kalt,  versetzt  die  vom  braunen  Absatz  befreite 
klare  Lösung  mit  ihrem  gleichen  Volumen  Aether,  welcher 
den  Farbstoff  niedersdilägt,  indem  eine  gelbe  Substanz  gelöst 
bleibt.  (Andere  Bereitungsarten.)  — Die  Eigenschaften  des  Coc- 
cusroths  sind:  Es  bildet  purpurrothe,  kristallinische  Körner, 
oder  eine  hochrothe,  syrupartige  Masse;  ist  leicht  in  Wasser 
und  Weingeist  löslich,  aber  unlöslich  in  Aether.  Die  wäs- 
serige Lösung  wird  durch  Säuren  rothgelb,  durch  Alkalien 
violett  ohne  Fällung,  durch  ASaunerdehydrat  wird  das  Roth 
als  ein  schöner  Lack  gefällt.  In  der  Hitze  wird  es  zerlegt  und 
liefert  ammoniakhaltende  Dämpfe.  — Bestandteile  im  Hundert: 
49,83  Kohlenstoff,  6,66  Wasserstoff,  49,45  Sauerstoff  und 
3,56  Stickstoff;  Felletier . 

Bereitung  des  Carmins:  Mach  Trommsdorff  ( dessen  pharmac.  ehern. 
Wörterbuch  Bd.  1.  S.  563).  Zu  6 Pfund  in  einem  kupfernen  Kessel  sie- 
denden Wassers  setzt  man  3 Unzen  feingepulverte  Cochenille,  läfst  5 bis 
6 Minuten  kochen  und  schüttet  1 Drachme  reinen  Alaun  zu.  (Mach  John 
setzt  man  noch  ll/2  Drachmen  Zinnsolution  und  1 Drachme  Natron  zu. 
Andere  setzen  sogleich  etwas  Kali-  oder  Natron-Lösung  zur  Cochenille 
und  erst  später  Alaun.)  Nach  3 Minuten  seiht  man  die  Flüssigkeit  durch 
ein  feines  Sieb  in  etwas  flache  Gefäfse  von  Porcellan,  läfst  sie  3 Tage 
stehen,  giefst  die  Flüssigkeit  vorsichtig  vom  Niederschlag  ab,  und  trocknet 
diesen  im  Schatten.  Aus  der  abgegossenen  Flüssigkeit  setzt  sich  nach 
einiger  Zeit  noch  ein  feinerer  Carmin  ab.  (Verschiedene  andere  Vor- 
schriften zur  Bereitung  des  Carmins  finden  sich  im  Magaz.  für  Pharmac. 
Bd.  6.  S.  163.  — Um  eine  feurige  schöne  Farbe  zu  erhalten,  soll  man  den 
Carmin  an  hellen  sonnigen  Tagen  bereiten.)  Der  Carmin  ist  eine  der 
feinsten  Lackfarben  von  glänzendem  Hochroth.  Der  gröbere  Rückstand 
kann,  mit  mehr  Alaun  gekocht  und  mit  Kali  präcipitirt,  auf  Florentiner- 
Lack  benutzt  werden.  Durch  Eintauchen  von  Leinwandlappen  in  die  wäs- 
serige Abkochung  der  Cochenille  erhält  man  die  rothen  Schminkläppchen, 
Tournesol , Bexetta  rubra . — Dem  obigen  Coccusroth  nahe  verwandt  ist 

Lackroth  von  Stocklack  (JLacca  in  ramulis') , welches  durch  Ausziehen 
aus  demselben  mit  natronhaltigem  Wasser  und  Fällen  mit  Alaun  erhalten 
wird.  — Fenier  das 

Chermesroth  (von  Coccus  Ilicis )<  — Beide  verhalten  sich  gegen  Rea- 
gens tien  wie  obiges  Carminroth. 


Aloe.  1153 

Ueber  das  vom  Bizio  entdeckte  Erythrogen  s.  Archiv  des  Apotheker- 
Vereins  im  nördl.  Deutschland  Bd.  4.  Heft  3. 

Ueber  die  braune  harzähnliche  Masse  im  Opium , Opiumharz , s.  Pel- 
letier in  den  Annalen  der  Pharmacie  Bd.  V.  S.  175. 


Aloe. 

Unter  dem  Kamen  Aloe  Üsoccotrina , hepatica,  caballina ) kommt  in 
dem  Handel  der  eingedickte  Saft  von  verschiedenen  Species  Aloe  ( socco - 
trina , perfoliatct,  spicata ) vor*  welcher  als  ein  sehr  geschätztes  Arznei- 
mittel in  der  Medicin  häufig  augewendet  wird,  und  eine  stickstoffhaltig© 
Materie  enthält,  die  sich  von  allen  übrigen  durch  ihr  Verhalten  zu  Sal- 
petersäure unterscheidet. 

§.  210.  Die  besseren  Sorten  Aloe  werden  durch  freiwilli- 
ges Ausliiefsen  des  Saftes  der  an  der  Spitze  abgeschnittenen 
Blätter  in  der  Sonnen  wärme  and  Eintrocknen  bereitet.  Das 
durch  Auspressen  der  Blätter  oder  Auskochen  erhaltene  Ex- 
tract  wird  minder  geschätzt.  Die  vorzüglich  angewendete 
Aloe  ist  die  soccotrinUche  (von  der  Insel  Sokotorah);  sie 
kommt  in  grofsen  braunrothen  Massen  vor  von  niuschligem 
Bruch,  welche  in  dünnen  Splittern  durchscheinend  roth  sind, 
der  Bruch  ist  glänzend,  gepulvert  ist  sie  safrangelb,  leicht 
zerreiblich  und  hat  einen  der  Myrrhe  ähnlichen  Geruch.  Sie 
besitzt  einen  rein  bittern,  lange  anhaltenden  Geschmack. 

Die  Aloe  ist  in  Weingeist  und  heifsem  Wasser  voll- 
ständig löslich.  Die  heifs  gesättigte  wässerige  Lösung  setzt 
beim  Erkalten  eine  braune  pulvrige  Substanz  ab,  die  sich  in 
heifsem  Wasser  wieder  löst  und  ohne  Veränderung  wieder 
daraus  niederfällt. 

Der  kalte  wässerige  Auszug  der  Aloe  enthält  den  wirksamen  fl  es  tau  d- 
theil  dieses  Heilmittels;  der  unauflösliche  Rückstand  ist  snäfsig  bitter,  und 
von  gleicher  Beschaffenheit  wie  der  aus  der  heifsen  Lösung  sich  bildende 
Absatz.  Der  letztere  ist  harzartig,  löst  sich  aber  vollständig  in  heifsem 
Wasser. 

Der  kalte  wässerige  Auszug  ist,  bei  Abschlufs  der  Luft  bereitet,  hell- 
gelb, bei  Luftzutritt  braun,  abgedampft  giebt  er  eine  bräunliche  durch- 
scheinende Masse,  von  äufserst  bitterm  Geschmack,  sie  ist  in  Aether  in 
sehr  geringer  Menge  löslich,  leicht  in  Alkohol  und  Wasser.  Die  wässe- 
rige Auflösung  ist  ohne  Wirkung  auf  die  Pflanzenfarben,  sie  wird  durch 
Schwefelsäure  harzartig  gefällt.  Als  Mittel  zur  weiteren  Reinigung  von 
dem  in  kaltem  Wasser  unlöslichen  Gemengtheil  der  Aloe  wendet  Bra- 
connot  Bleioxid  an,  welches  er  dem  kochenden  kaltbereiteten  Auszug  der 
Aloe  soccotrina  zusefczt.  Die  davon  abfistrirte  Flüssigkeit  liefert  nach 
demselben  den  bittern  löslichen  Bestandtheil  in  reinem  Zustande.  Winckler 
sättigt  einen  kochenden  Auszug  von  Aloe  mit  Glaubersalz  und  läfst  er- 
kalten, filtrirt  die  klare  Flüssigkeit  von  dem  Absatz  und  den  Kristallen  ab 
und  dampft  sie  weiter  ein,  wo  sich  reines  Aloebitter  an  der  Oberfläche 
der  Flüssigkeit  harzartig  abscheidet.  Durch  Auflösung  in  Alkohol  und 
Verdampfen  erhält  man  ein  hellgelbes  Extract,  was  etwa  34  p.  c.  vom 
Gewicht  der  Aloe  beträgt.  Alle  bis  jetzt  über  diesen  Körper  angestellten 
Versuche  sind  sehr  unvollkommen  und  verdienen  wiederholt  zu  werden. 


Hol 


Aloe,  künstliches  Aioebitter. 


Der  Absatz , den  man  gewöhnlich  für  Harz  nimmt , löst  sich  leicht  in  Al- 
kalien, selbst  Kalkwasser;  er  scheint  ein  Produkt  der  Einwirkung  der 
Luft  auf  den  in  kaltem  Wasser  löslichen  Bestandtheil  zu  seyn ; die  alka- 
lische Lösung  wird  durch  Säuren  gefällt. 

Eine  kalte  wässerige  Lösung  der  Aloe  wird  durch  neutrales  essig- 
saures Bleioxid  braun  gefällt;  wenn  dieses  Salz  keinen  Niederschlag  be- 
wirkt, so  entsteht  durch  Zusatz  von  basisch  essigsaurem  Bleioxid  eine 
neue  Fällung  von  hellgelber  Farbe,  in  der  Art,  dafs  wenn  die  freigewor- 
dene  Säure  jedesmal  mit  Ammoniak  hinweggenommen  wird,  zuletzt  der 
bittere  Geschmack  der  Auflösung  völlig  verschwindet.  Durch  Alkalien 
wird  die  Farbe  der  wässerigen  Auflösung  dunkler,  ebenso  durch  Eisen- 
oxidsalze. 

Bei  trockner  Destillation,  so  wie  beim  Schmelzen  mit  Kalihydrat,  er- 
hält man  aus  der  Aloe  eine  reichliche  Menge  Ammoniak. 


Zersetzungsprodukte  der  Aloe  durch  Salpetersäure. 

Wenn  man  Aloe  mit  Salpetersäure  in  der  Wärme  behandelt,  so  ent- 
steht eine  Reihe  von  Zersetzungsprodukten,  deren  Zusammensetzung  ab- 
hängig ist  von  dem  Zustand  der  Verdünnung  der  Säure  oder  der  Dauer 
der  Einwirkung.  Bei  Anwendung  von  verdünnter  Salpetersäure  entsteht  künst- 
liches Aloebitter , welches  durch  weitere  Behandlung  mit  stärkerer  Salpeter- 
säure in  Chrysamminsäure , zuletzt  in  Chrysolepinsäure  übergeht.  Die  be- 
merkenswerthesten  Untersuchungen  dieser  Säuren  sind  von  Braconnot  und 
Schunck.  Braconnot  entdeckte  die  Pclychromsäure,  Schunck  die  beiden 
andern  Säuren. 

Künstliches  Aloebitter , Polgchromsäure.  Man  übergiefst  zur  Dar- 
stellung des  künstlichen  Aloebitters  1 Theil  Aloe  soccotrina  mit  8 Th.  Sal- 
petersäure von  1,25  spec.  Gewicht.  Beim  Erwärmen  in  einer  Retorte  er- 
folgt eine  sehr  heftige  Einwirkung,  mit  Entwickelung  von  salpetriger  Säure. 
Mau  dampft  die  tief  dunkelgelbe  Auflösung  zur  Syrupdicke  ab,  und  ver- 
mischt sie  mit  kaltem  Wasser,  wo  unreines  künstliches  Aloebitter  nieder- 
fäilt.  Durch  anhaltendes  Waschen  mit  Wasser,  bis  die  durchlaufende 
Flüssigkeit  eine  reine  Purpurfarbe  annimmt,  erhält  man  es  rein,  ln  der 
sauren  Waschflüssigkeifc  bleibt  viel  Oxalsäure  gelöst. 

Vollkommen  ausgewaschen  stellt  das  künstliche  Aloebitter  ein  hoch- 
gelbes oder  braunes  Pulver  dar,  von  sehr  bitterm  zusammenziehenden 
Geschmack,  es  röthet  Lackmus  und  löst  sich  in  800  — 850  Th.  Wasser 
mit  Purpurfarbe,  in  siedendem  leichter.  Die  Auflösung  wird  durch  Säuren 
gelb  gefärbt.  Trocken  erhitzt  zerlegt  es  sich  mit  heftiger  Verpuffung  und 
starker  Lichtent\vickelung ; es  löst  sich  in  verdünnten  Säuren  in  der  Hitze 
lind  scheidet  sich  beim  Erkalten  oder  Wasserzusatz  wieder  ab.  Seine 
kochende  wässerige  Lösung  ertheiJt  der  Seide  eine  tiefe  Purpurfarbe,  etwas 
ins  Braune  spielend;  wird  der  Stoff  vorher  mit  Kupfersalzen,  Zinnoxidul- 
salzen, Alaun  etc.  gebeizt,  so  lassen  sich  damit  alle  Nuancen  von  Braun, 
Blau,  Violett,  Grün  und  Gelb  färben.  Diese  Farben  widerstehen  dem 
Seifenwasser,  sie  werden  aber  im  Lichte  in  kürzerer  oder  längerer  Zeit 
gebleicht.  Wolle  färbt  das  künstliche  Aloebitter  tief  schwarzroth , ins 
Schwarze  spielend. 

Das  künstliche  Aioebitter  löst  sich  in  wässerigen  alkalischen  Flüssig- 
keiten leicht  auf  mit  rothbrauner  Farbe.  Wird  die  gesättigte  Auflösung 
des  künstlichen  Aloebitters  in  Kali  mit  einer  Auflösung  von  Chlorbarium 
vermischt,  so  erhält  man  einen  braunrothen  Niederschlag,  die  darüber- 
stehende Flüssigkeit  behält  ihre  dunkelrothe  Farbe.  Der  Niederschlag  und 
die  Flüssigkeit  enthalten  zwei  von  einander  verschiedene  Körper  von  sau- 
ren Eigenschaften,  die  man  als  Hauptbestandtheile  des  künstlichen  Aloe- 
bitters zu  betrachten  hat;  die  eine  nennt  Schunck  Aloetinsäure , die  an- 
dere Aloeresinsäure. 


Chrysamminsäure. 


1155 


[He  Aloeresinsäure  Ist  in  dem  braunrothen  Niederschlag  an  Baryt  ge- 
bunden ^ und  kann  daraus  durch  Zersetzung  mit  Salpetersäure  erhalten 
werden;  ihre  Verbindungen  mit  den  schweren  Metalloxiden  sind  meistens 
unlöslich,  von  brauner  Farbe;  ihre  Verbindungen  mit  Kali  und  Natron 
krisfcallisiren  nicht,  sondern  bilden  bei  dem  Abdampfen  dicke  gallertartige 
braunrothe  Massen. 

Die  Aloetinsäure  erhält  man  durch  Zusatz  von  Salpetersäure  zu  der 
von  dem  erwähnten  Barytniederschlag  getrennten  Flüssigkeit;  sie  fällt  als 
ein  hochgelbes,  nicht  kristallinisches  Pulver  nieder,  welches  mit  den  Basen 
rothe,  meistens  lösliche  Salze  bildet.  Die  gesättigte  Auflösung  der  Säure 
in  Kali  liefert  beim  Verdampfen  und  Abkühlen  kleine  glänzende  Nadeln 
von  dunkel  blutrother  Farbe,  an  der  Luft  verdampft  sind  die  Kristalle 
ziemlich  lang,  rubinroth. 

Die  Zusammensetzung  beider  Säuren  ist  nicht  ermittelt. 

Chrysamminsäure.  Formel  C1S  H2  N4  012  -f-  aq  CSchurick').  Zur  Dar- 
stellung dieser  Säure  übergiefst  man  t Th.  Aloe  mit  8 Th.  Salpetersäure 
von  1,37,  erhitzt,  bis  die  erste  starke  Einwirkung  vorüber  ist,  in  einer 
weiten  Porcellanschale,  bringt  die  Flüssigkeit  in  eine  Retorte  und  destillirt 
die  Salpetersäure  zu  2/3  ab.  Man  setzt  nun  dem  Rückstand  aufs  Neue  3 
— 4 Th.  Salpetersäure  zu,  und  erhält  das  Ganze  einige  Tage  in  einer  der 
Siedhitze  nahen  Temperatur,  so  lange  man  noch  Gasentwickelung  bemerkt. 
Wenn  bis  dahin  der  gröfste  Theil  der  Salpetersäure  abdestillirt  ist,  ver- 
mischt man  den  Rückstand  mit  Wasser,  so  lange  noch  Fällung  erfolgt. 
Der  Niederschlag  ist  Chrysamminsäure,  in  der  Säure  bleibt  Chrysolepin- 
säure  und  Oxalsäure  gelöst. 

Die  sich  absetzende  Chrysamminsäure  ist  unrein , sie  enthält  freie  Sal- 
petersäure, Chrysolepinsäure  und,  beim  Mangel  an  Salpetersäure,  einge- 
mengte Aloetin-  und  Aloeresinsäure.  Nach  dein  vollkommenen  Auswaschen 
mit  Wasser  , wodurch  die  drei  ersten  Säuren  entfernt  werden , bleibt  sie 
in  Gestalt  eines  grünlichgelbeu,  schuppig  kristallinischen,  glänzenden  Pul- 
vers zurück,  eine  Beschaffenheit,  welche  das  Gemenge  von  Aloetinsäure 
nnd  Aloeresinsäure  niemals  zeigt.  Das  reine  Kalisalz  giebt,  in  siedendem 
Wasser  gelöst  und  mit  Salpetersäure  versetzt,  einen  gelben  Niederschlag,- 
der  nach  dem  Auswaschen  und  Trocknen  die  reine  Chrysamminsäure  dar- 
stellt. 

Die  Chrysamminsäure  besitzt  eine  goldgelbe  Farbe  und  besteht  aus 
kleinen  glänzenden  Schuppen ; die  in  kaltem  Wasser  sehr  wenig,  in  kochen- 
dem etwas  leichter  löslich  sind.  Die  Auflösung  ist  purpurroth,  von  bitterin 
Geschmack,  in  Alkohol  und  Aether  ist  sie  leicht  löslich,  ebenso  in  heifser 
Salpetersäure  und  andern  Miaeralsäuren.  Trocken  erhitzt  verpufft  sie  heftig 
mit  einer  leuchtenden  rufsigen  Flamme  und  dem  Geruch  nach  bitteni  Man- 
deln und  salpetriger  Säure.  In  Chlorgas  erwärmt  entwickelt  sie  Chior- 
wasserstoffsäure.  Durch  Schmelzen  mit  Kalihydrat  entwickelt  sich  Am- 
moniak, ebenso  bei  anhaltendem  Kochen  mit  starker  Kalilauge. 

In  rauchender  Salpetersäure  löst  sich  die  Chrysamminsäure  leicht,  beim 
Erwärmen  mit  starker  Gasentwickelung.  Nach  längerem  Kochen  kristal- 
lisirt  beim  Erkalten  ein  Körper  in  kleinen  goldgelben  glänzenden  Schuppen, 
welcher  mit  Kali  eine  in  kaltem  und  siedendem  Wasser  unlösliche,  mit 
Natron  eine  in  kleinen  goldgrüuen  Nadeln  lösliche  Verbindung  liefert. 

Beim  Erwärmen  der  Chrysamminsäure  mit  concentrirter  Schwefelsäure 
löst  sie  sich  zu  einer  dunkelbraunen  Flüssigkeit,  ohne  Entwickelung  von 
schwefliger  Säure.  Beim  Zusatz  von  Wasser  und  Erkalten  setzt  sich  ein 
Körper  in  kleinen  grauschwarzen  diamantglänzenden  Nadeln  ab,  die  sich 
in  siedendem  Wasser  mit  brauner  Farbe  lösen.  Diese  Auflösung  mit  Sal- 
petersäure vermischt  liefert  kleine  gelbe,  stark  glänzende  Blätter,  ver- 
schieden von  der  Chrysamminsäure. 

Chrysamminsäure  Salze.  In  dem  Kali-,  Baryt-  und  Bleisalz  dieser 
Säure  ist  das  Hydratwasser  der  Säure  ersetzt  durch  1 Aeq.  Metalloxid; 


um 


€ h r y g o I cp  i n s ä ur  e. 


sie  sind  durch  ihre  Schwerlöslichkeit  ausgezeichnet  und  verpuffen  beim 
Erhitzen.  Mineralsäuren  entziehen  die  Basis,  und  Mnterlassen  die  Chrys- 
amminsäure. 

Chrysamminsaures  Kali.  Die  bei  der  Behandlung  der  Aloe  mit  Salpe- 
tersäure nach  dem  Auswaschen  mit  Wasser  erhaltene  unreine  Säure  wird 
mit  SO  Th.  Wasser  zum  Sieden  erhitzt  und  so  lange  eine  verdünnte  Auf- 
lösung von  kohlensaurem  Kali  zugesetzt,  bis  alles  gelöst  ist.  Man  filtrirt 
und  läfst  erkalten,  wo  das  chrysamminsäure  Kali  kristallisirt.  Die  feinen 
körnigen  Kristalle  werden  nun  mit  Wasser  so  lange  gewaschen,  bis  das 
Waschwasser  hellroth  abfliefst.  Das  von  aloetin-  und  aloeresinsaurem 
Kali  auf  diese  Weise  befreite  Salz  wird  nun  zum  zweitenmale  umkristal- 
lisirt. 

Aus  einer  kochendheifsen  gesättigten  Auflösung  erhält  man  beim  raschen 
Erkalten  dieses  Salz  in  Gestalt  eines  prächtig  carminrothen  kristallinischen 
Pulvers,  beim  langsamen  Erkalten  in  kleinen  goldgriinen  Kristallblättern, 
ähnlich  dem  Murexid.  Es  löst  sich  in  1850  kaltem  Wasser,  die  Auflösung 
ist  purpurroth. 

Das  Natronsalz  und  Bitter  erdesalz  sind  dem  Kalisalz  in  ihren  Eigen- 
schaften ähnlich. 

Chrysamminsaurer  Kalk  und  Baryt  sind  dunkelroth,  körnig- kristalli- 
nisch , sehr  schwerlöslich;  das  Bleioxidsalz  ist  ziegelroth,  das  Silbersalz 
dunkelbraun,  beide  unlöslich.  Das  Kupferoxidsalz  ist  in  heifsein  Wasser 
löslich,  kristallisirbar ; ebenso  das  Zinkoxidsalz. 

Alle  diese  Salze  zeigen,  mit  einem  Polirstahl  trocken  gerieben,  einen 
gelben  Metallglanz. 

Chrysamminsäure  und  Ammoniak.  Chrysamminsäure  löst  sich  in  heifsem 
wässerigem  Ammoniak  zu  einer  dunkelpurpurrothen  Flüssigkeit  auf,  die 
beim  Erkalten  kleine  dunkelgrüne  Kristalluadeln  absetzt.  Diese  Kristalle 
sind  in  ihrem  chemischen  Verhalten  von  dem  der  übrigen  chrysämminsauren 
Salze  verschieden.  Diese  Kristalle  geben,  in  heifsem  Wasser  gelöst,  mit 
andern  Metallsalzen  Niederschläge,  die  in  ihrem  äufsern  Ansehen  und  ihrer 
Zusammensetzung  von  den  chrysamminsauren  abweichen.  Wird  die  heifse 
Auflösung  mit  Salpetersäure  vermischt,  so  wird  sie  hellpurpurroth , ohne 
Chrysamminsäure  abzusetzen;  erst  nach  dem  Erkalten  setzen  sich  daraus 
schwarze  diamantglänzende  Blätter  ab,  die  durch  Erhitzen  mit  Salpeter- 
säure oder  durch  kochen  mit  Kali,  unter  Verlust  von  Ammoniak,  wieder 
in  Chrysamminsäure  rückwärts  übergehen.  Dieser  Körper  verdient  eine 
genauere  Untersuchung. 

Chrysolepinsäure.  Die  bei  der  Darstellung  der  Chrysamminsäure  er- 
haltene saure  Mutterlauge  und  Waschflüssigkeit  wird  zur  Kristallisation 
abgedampft;  die  erhaltenen  Kristalle  werden  durch  Waschen  mit  kaltem 
Wasser  von  anhängender  Oxalsäure  befreit.  Der  Rückstand  besteht  ent- 
weder aus  reiner  Chrysolepinsäure,  in  glatten  Schuppen  oder  Blättern  von 
glänzend  gelber  Farbe,  oder  ihre  Kristallblätter  sind  gemengt  mit  künst- 
lichem Aloebitter,  in  Gestalt  eines  gelben,  nicht  kristallinischen  Pulvers. 
In  letzterem  Fall  mufs  die  Säure  in  Kalisalz  verwandelt  werden,  aus 
dessen  heifser  gesättigter  Lösung  die  Chrysolepinsäure  beim  Zusatz  von 
Salpetersäure  nach  dem  Erkalten  kristallisirt.  Die  Chrysolepinsäure  erhält 
man  in  schönen  goldgelben  Schuppen  und  Kristallblättern,  welche  dunkler 
sind  wie  Picriasalpetersäure,  in  ihren  Eigenschaften  sonst  derselben  sehr 
ähnlich  sind.  Sie  löst  sich  in  kaltem  Wasser  schwer,  in  heifsem  leichter. 
Die  heifse  Auflösung  setzt  nach  dem  Erkalten  die  Säure  als  gelbes  glanz- 
loses Pulver  ab;  aus  verdünnter  Salpetersäure  kristallisirt,  behält  sie  ihre 
ursprüngliche  Beschaffenheit.  Die  wässerige  Auflösung  ist  gelbbraun,  sehr 
bitter,  durch  Salpetersäure  wird  sie  hellgelb.  In  einer  Möhre  erhitzt 
schmilzt  die  trockene  Säure  zu  einer  dicken  braunen  Flüssigkeit,  die  beim 
Erkalten  kristallinisch  wird ; weiter  erhitzt  verflüchtigt  sie  sich  in  stechen- 
de«, die  Lunge  stark  angreifenden  Dämpfen.  Basch  und  stark  erhitzt 


Asparagin. 


iU7 


verlegt  sie  sich  plötzlich  mit  heftiger  Explosion,  unter  Ausscheidung  voll 
Kohle.  In  trockenem  Chlorgase  geschmolzen  bildet  sich  keine  Chlorwas- 
serstoffsäure. Mit  Kalilauge  eingedampft  entwickelt  sich  zu  Ende  Ammo- 
niak. Coneentrirte  Schwefelsäure  löst  sie  ohne  Veränderung. 

Nach  der  Analyse  von  Schunck  besitzt  die  Chrysolepinsäure  die  nein- 
liehe  Zusammensetzung  wie  die  Picrinsalpetersäure,  ihre  Formel  ist  C12 
H4  N6  013 , aq;  allein  ihre  Salze  weichen  in  ihrem  Verhalten  von  den  pi- 
crinsalpetersauren  ab,  namentlich  ist  das  chrysolepinsäure  Kali  weit  leichter 
löslich  wie  das  picrinsalpetersäure;  sie  detoniren  übrigens  beim  Erhitzen 
mit  der  nemlichen  Heftigkeit. 

Chry  solepinsaures  Kali.  Formel:  die  nemliche  wie  die  des  picrio- 
salpetersauren  Kali’s.  Werden  die  bei  der  Darstellung  aus  Aloe  und  Sal- 
petersäure erhaltenen,  von  der  Oxalsäure  befreiten  Kristalle  der  rohen 
Chrysolepinsäure  mit  kohlensaurem  Kali  neutralisirt  und  zur  Kristallisation 
gebracht , so  erhält  man  zuerst  eine  kristallinische  Kruste  von  clirysolepin- 
saurem  Kali,  später  ein  Gemenge  dieses  Salzes  mit  aloetinsaurem  Kali. 
Das  letztere  ist  dem  chrysolepinsauren  in  leichten  Flocken  beigemengt 
und  kann  durch  Abschlämmen  leicht  davon  getrennt  werden.  Durch  wie- 
derholte Kristallisation  erhält  man  reines  chrysolepinsaures  Kali  in  brand- 
gelben, glänzenden,  langen  Nadeln,  welche  im  reflectirten  Lichte  einen 
violetten  Metallglanz  zeigen.  Aus  einer  heifsen  concentrirten  Auflösung 
setzt  es  sich  in  Schuppen  ab.  Das  Natronsalz  ist  löslicher  wie  das  Kali- 
salz, es  kristallisirt  in  langen,  spitzen  Nadeln,  die  Kristallflächen  sind 
gestreift  und  besitzen  einen  grünen  Metallglanz.  Das  Ammoniaksalz  kri- 
stallisirt in  braunen  Nadeln.  Das  Barytsalz  ist  leicht  löslich  und  leicht  in 
kurzen  dunkelgelben  Prismen  zu  erhalten.  Das  Silbersalz  ist  schwerlös- 
lich, kristallisirbar,  es  stellt  dunkelbraunrothe  Nadeln  dar,  die  im  Lichte 
ein  Farbenspiel  von  Eoth  und  Grün  zeigen. 

Eine  heifse  coneentrirte  Auflösung  des  Kali-  oder  Natronsalzes  mit 
essigsaurem  Bleioxid  gemischt,  setzt  gelbe  siarkgJäazenrie  Kristallblätter 
ab,  welche  eine  Verbindung  sind  von  basisch  chrysoiepinsaurem  Bleioxid 
mit  neutralem  essigsaurem  Bleioxid,  2{Cii  K4  N6  0J5),  3PbO-f-  C4  H6  03,  PbO. 
Mit  Wasser  gekocht  verlieren  sie  ihr  kristallinisches  Ansehen*  und  ver- 
wandeln sich  in  ein  gelbes  Pulver,  .welches  sich  in  einem  Ueberschufs  von 
einer  gesättigten  Auflösung  von  essigsaurem  Bleioxid  wieder  löst  und  mit 
seinen  früheren  Eigenschaften  beim  Erkalten  wieder  kristallisirt.  In  ver- 
dünnter Essigsäure  lösen  sich  die  Kristalle  leicht;  die  Auflösung  setzt,  zur 
Syrupconsistenz  gebracht , kleine  dunkelbraune  metailglänzende  Schuppen 
des  neutralen  (?)  Bleisalzes  ab.  Das  Verhalten  dieser  Bleisalze  charakte- 
risirt  die  Chrysolepinsäure.  Das  picrinsalpetersaure  Kali  bildet  mit  essig- 
saurem Bleioxid  einen  gelben  pulverigen,  in  Wasser  kaum  löslichen  Nie- 
derschlag. 


Bei  der  Behandlung  der  Aloe  mit  Salpetersäure  geht  bei  der  Destilla- 
tion ein  flüchtiger  Körper  über,  von  Bittermandelgeruch.  Boutin  scheint 
ihn  dargestellt  zu  haben,  doch  sind  seine  Eigenschaften  nicht  näher  von 
ihm  beschrieben  und  es  gelang  Schiinch  seine  Darstellung  nicht. 


Asparagin. 

Zusammensetzung  im  kristallisirten  Zustand  C8  N4  ü16  06  -f*  2aq. 
Zusammensetzung  des  bei  ISO0  getrockneten  C8  N4  H16  0*. 

Synonyme:  Asparamid,  Althäm,  Agedoil. 

Das  Asparagin  entdeckten  1805  Vauquelin  und  Robiquet.  Später  fand 
letzterer  eine  kristallisirbare  Substanz  im  Süfsholz,  die  Caventou  Agedoil 
nannte,  und  Bacon  eine  angeblich  alkalische  in  Althäawurzein  , wrelche  er 
Althäin  nannte.  Genauere  Versuche  von  Henry  Plisson  zeigten  jedoch. 


IS  58 


A s p a r a g i n. 


dafs  alle  diese  Substanzen  identisch  sind.  — Das  Asparagin  ti.  s,  w.  findet 
sich  in  den  Spargelsprossen,  dem  Siifsholz,  der  Althäawurzel,  dem  Bein- 
well (Sympliytum  off.),  den  Kartoffeln  und  wohl  noch  mehreren  andern 

Pflanzen. 

§.  21  i.  Man  macerirt  zu  seiner  Darstellung:  zerschnittene 
Aithäwurzeln  mit  einer  sehr  dünnen  Kalkmilch  bei  gewöhnlicher 
Temperatur,  seiht  die  Flüssigkeit  klar  ab,  schlägt  den  ge- 
lösten Kalk  mit  kohlensaurem  Ammoniak  nieder,  und  ver~ 
dampft  das  Filtrat  zuletzt  im  Wasserbade  bis  zur  Consistenz 
eines  dünnen  Syrups.  Nach  3 — 4 Tagen  scheiden  sich  daraus 
körnige,  wie  Sand  anzufühlende  Kristalle  von  Asparagin  ab, 
die  man  durch  Abwaschen  mit  Wasser  und  Umkristallisiren 
reinigt.  Bontron  und  Pelouze  wenden  anstatt  Kalkwasser  reines  Was- 
ser an,  und  verfahren  sonst  wie  angegeben.  Vauquelin  und  Robiquet  er- 
hielten das  Asparagin  durch  Aufkochen  des  ausgeprefsten  Saftes  frischer 
Spargeln , Abdampfen  und  Kristallisiren. 

§.  212.  Das  Asparagin  kristallisirt  in  wasserhellen,  durch- 
sichtigen, geraden  rhombischen,  oder  kurzen  sechsseitigen 
Prismen  von  1,519  spec.  Gew.  bei  14°  C.$  es  ist  geruchlos, 
schmeckt  kühlend  fade,  schwach  ekelerregend,  knirscht  zwi- 
schen den  Zähnen  und  ist  mäfsig  hart,  leicht  zerreiblich.  Beim 
Erhitzen  werden  die  Kristalle  unter  Wasserverlust  (11,91  p.  c.) 
undurchsichtig.  Es  löst  sich  in  58  Th.  Wasser  von  13°  C., 
leichter  in  heifsem.  Es  ist  in  WTeingeist,  nicht  in  Alkohol, 
Aether,  fetten  und  flüchtigen  Oelen  löslich. 

Durch  die  Einwirkung  von  Säuren  und  Alkalien  wird  es  nicht  in  der 
Kälte,  wohl  aber  in  der  Wärme  zerlegt  in  Ammoniak  und  Asparaginsäure. 
.Dieselbe  Veränderung  erleidet  es,  wenn  es  in  geschlossenen  Apparaten 
mit  Wasser  einer  hohen  Temperatur  ausgesetzt  wird ; auch  in  gäbreuden 
Flüssigkeiten  zerlegt  es  sich  in  dieselben  Produkte.  Metallsalze  werden 
von  seinen  Auflösungen  nicht  gefällt. 

Asparaginsäure.  Syn.:  Aspartsäure , Asparamsäure.  Zweibasische 
Säure.  Formel  der  wasserfreien  in  dem  Silbersalz  C3  N2  HI0  06 ; der  kri- 
stallisirten  C8  N2  H10  06  -+-  2aq. 

Diese  Säure  entsteht  aus  dem  Asparagin  durch  Behandlung  mit  Alka- 
lien und  starken  Säuren.  Am  einfachsten  wird  sie  durch  Kochen  mit  Kali- 
lauge gebildet,  wenn  es  so  lange  fortgesetzt  wird,  bis  man  keine  Ent- 
wickelung von  Ammoniak  mehr  bemerkt.  Es  entsteht  asparaginsaures  Kali, 
aus  dem  sich  beim  Uebersättigen  mit  Salzsäure  und  Abdampfen  zur  Trockne 
die  Asparaginsäure  abscheidet ; sie  bleibt  rein  zurück,  wenn  der  trockene 
Rückstand  mit  kaltem  Wasser  ausgewaschen  wird. 

Die  Asparaginsäure  stellt  zarte  weifse,  glimmerartige  Blättchen  dar, 
von  Perlmutterglanz,  sie  sind  geruchlos,  von  schwach  säuerlichem  Ge- 
schmack; löslich  in  128  Th.  Wasser  von  15°,  in  siedendem  leichter;  un- 
löslich in  Alkohol,  schwerlöslich  in  Weingeist.  Die  Auflösungen  röthen 
Lackmus;  durch  mäfsig  concentrirte  Salpetersäure  unveränderlich,  selbst 
beim  Sieden,  Beim  anhaltenden  Sieden  mit  starker  Salzsäure , so  wie  beim 
Erhitzen  in  starker  Kalilauge  zersetzbar  in  Ammoniak  und  eine  neue , in 
Wasser  sehr  lösliche,  nicht  näher  untersuchte  Säure.  Die  Asparaginsäure 
verliert  bei  120°  nichts  an  ihrem  Gewicht. 

Die  Asparaginsäure  entsteht,  indem  sich  von  den  Elementen  des  kri- 
stallisirten  Asparagins  die  Elemente  von  1 Aeq.  Ammoniak  trennen. 

Asparagin.  Ammoniak.  Asparaginsäure. 

C8  N,  H,0  08  — Nft  = 0«  N*  Hi4  03 


Organische  Basen. 


1159 


Asp  araginsaure  Salze.  Die  Asparaginsäure  enthält  2 At.  Wasser 
(13,43  p.  c.),  welche  in  den  Salzen  ganz  oder  zur  Hälfte  ersetzt  sind 
durch  ihre  Aequivalente  von  Metalloxid.  Die  bis  jetzt  dargestellten  Salze 
sind  meistens  in  Wasser  löslich.  Das  Silbersalz  ist  ein  weifses  kristalli- 
nisches Pulver , seine  Formel  ist  C8  N2  HJ0  06  -h  SAgO. 


Organische  Basen . 

Unter  organischen  Salzbasen  begreift  man  im  engern  Sinne  eine  Klasse 
von  zusammengesetzten  stickstoffhaltigen  Körpern,  welche  die  Eigen- 
schaften der  basischen  jVfetalloxide  besitzen  , die  sich  also  mit  Säuren  zu 
Salzen  zu  verbinden  vermögen.  Sie  unterscheiden  sich  wesentlich  von  den 
stickstofffreien  Basen,  dem  Aethjl  und  Methyl,  insofern  in  ihren  Salz- 
verbindungen,  durch  wechselseitige  Zersetzung  mit  andern  Salzen,  die 
Säuren  vertreten  werden  können  durch  andere  Säuren  ; sie  sind  in  diesem 
Verhalten  am  ähnlichsten  den  Ammoniaksalzen. 

Die  gröfere  Anzahl  der  organischen  Basen  findet  sich  fertig  gebildet  in 
Pflanzentheilen  und  Pfianzensäften,  sie  heifsen  vegetabilische  oder  Pflanzen- 
basen , andere  können  künstlich  in  gewissen  Zersetzungsprocessen  erzeugt 
werden.  Diejenigen  unter  den  organischen  Basen,  welche  in  ihrer  wässe- 
rigen oder  weingeistigen  Lösung  geröthetes  Lackmus  wieder  in  Blau  zu- 
rückführen oder  Curcumapapier  braun  färben,  heifsen  auch  organische 
Alkalien,  Alkaloide . 

Die  erste  in  der  Natur  vorkommende  organische  Basis  wurde  von 
Sertürner  (1804)  entdeckt;  das  allgemeine  Verfahren  zur  Darstellung  der 
organischen  Basen  richtet  sich  nach  dem  Zustande  und  den  Eigenschaften, 
die  sie  besitzen.  Die  in  Wasser  unlöslichen  erhält  man  aus  den  Pflanzen- 
stoffen, in  denen  sie  Vorkommen,  durch  Ausziehung  mit  einer  verdünnten 
Säure,  welche  damit  ein  lösliches  Salz  bildet.  Im  Kleinen  werden  die 
Pflanzenstoffe  mit  Salzsäure-  oder  Schwefelsäure-haltigem  Wasser  wieder- 
holt ausgekocht,  bis  der  letzte  Auszug  keine  nachweisbare  Spuren  von 
organischen  Basen  mehr  enthält;  im  Grofsen  geschieht  das  Ausziehen  durch 
die  sog.  Deplacirungsmethode,  in  welcher  die  gröblich  gepulverten  Stoffe, 
in  mehr  hohe  als  weite  Gefäfse  gefüllt,  anfänglich  mit  verdünnten  Mineral- 
säuren, zuletzt  mit  reinem  Wasser  bis  zum  Verschwinden  aller  sauren 
Reaction  ausgelaugt  werden.  Der  zweite,  dritte  und  die  folgenden  Auf- 
güsse werden  zum  Ausziehen  von  frischen  Stoffen  benutzt ^ in  der  Art 
also,  dafs  man  stets  nur  sehr  concentrirte  Auszüge  zur  weiteren  Bearbei- 
tung verwendet.  Der  saure  Auszug  wird  entweder  geradezu,  oder  nach 
vorhergegangener  Concentration  durch  Abdampfen,  mit  einem  löslichen 
Alkali,  mit  Ammoniak,  Kalkhydrat,  kohlensaurem  Natron  schwach  über- 
sättigt, wo  dann  die  Pflanzenbase,  wiewohl  meistens  gefärbt  und  unrein, 
niederfällt.  Die  weitere  Reinigung  geschieht,  wenn  sie  in  Alkohol  in  der 
Kälte  und  Wärme  ungleich  löslich  ist,  durch  Kristallisation  aus  Alkohol, 
oder  man  sättigt  sie  genau  mit  einer  Säure,  mit  der  sie  ein  lösliches  leiclit- 
krsstallisirbares  Salz  bildet,  behandelt  diese  Auflösung  mit  kalkfreier  Thier- 
kohle, reinigt  das  Salz  durch  weitere  Kristallisationen  aus  Wasser,  und 
schlägt  zuletzt  aus  dem  reinen  Salze  die  Basis  mit  einem  Alkali  nieder. 

Manche  organische  Basen  sind  in  Wasser  löslich,  flüchtig  und  destil- 
lirbar;  diese  erhält  man,  wie  das  Coniin , Nicotin,  am  besten  auf  die 
Weise,  dafs  man  den  Samen,  das  Kraut  oder  den  Pflanzentheil , worin  sie 
Vorkommen,  mit  einer  verdünnten  Mineralsäure  auskocht,  die  erhaltene 
Auflösung  zur  schwachen  Syrupconsistenz  abdampft,  mit  einer  starken 
Kalilauge  vermischt  und  der  Destillation  unterwirft.  Man  erhält  in  diesem 
Fall  ein  Destillat,  welches  die  flüchtige  Basis  und  zu  gleicher  Zeit  eine 
reichliche  Menge  Ammoniak  enthält.  Man  sättigt  das  Destillat  mit  ver- 


um 


Organisch©  Basen.  I 

dünnter  Oxalsäure  oder  Schwefelsäure,  dampft  es  zur  Trockne  ab  und 
digerirt  es  in  der  Kälte  mit  Alkohol,  wo  oxalsaures  und  schwefelsaures 
Ammoniak  Zurückbleiben,  während  sich  das  oxalsaure  oder  schwefelsaure 
Salz  der  organischen  Basis  auflöst.  Aus  der  weingeistigen  Auflösung  des-  | 
selben  entfernt  man  den  Weingeist  durch  Verdampfen,  bringt  den  Rück- 
stand  in  ein  verschliefsbares  Glas,  setzt  ihm  sein  halbes  Volum  einer  ■ 
starken  Kalilauge  und  sodann  sein  gleiches  Volum  Aether  zu,  und  sucht 
das  Ganze  durch  anhaltendes  Schütteln  aufs  innigste  zu  mengen.  Das 
Kali  scheidet  die  organische  Basis  ab,  welche  von  dem  Aether  aufgeoom- 
men  wird;  es  entstehen  zwei  Schichten,  von  denen  die  obere  eine  etwas 
ammoniakhalsige  Auflösung  der  Basis  in  Aether  ist;  in  einer  Retorte  ab- 
destillirt  entweicht  das  Ammoniak  mit  den  Aetherdämpfen  und  es  bleibt  die 
Basis  zurück,  welche  bei  fortgesetztem  Erhitzen  im  Wasserbade  in  reinem 
Zustande  überdestillirt. 

Auf  eine  ähnliche  Weise  erhält  man  die  in  Wasser  und  Aether  lös- 
liehen  organischen  Basen,  indem  der  saure  Auszug  abgedampft  und  die 
concentrirte  Auflösung  mit  Aetzkalilauge  und  mit  Aether  digerirt  wird,  wo  j 
man  eine  ätherische  Auflösung  der  Basis  erhält,  die  beim  Verdampfen  des 
Aethers  die  Basis  hinterläfst.  ! 

Was  die  alkalischen  Eigenschaften  der  organischen  Basen  betrifft,  so 
scheint  der  Stickstoff  einen  hauptsächlichen  Antheil  daran  zu  haben.  Die 
meisten  organischen  Basen  enthalten  Stickstoff,  Kohlenstoff,  Wasserstoff 
und  Sauerstoff;  in  keiner  einzigen  fehlt  der  Stickstoff;  in  manchen  ist  kein 
Sauerstoff  enthalten,  und  in  denen,  in  welchen  Sauerstoff  einen  Bestand- 
teil ausmacht,  scheint  er  in  keiner  Beziehung  zu  ihrer  Fähigkeit  zu 
stehen,  mit  den  Säuren  Salze  zu  bilden.  In  geradem  Gegensatz  mit  dem 
Verhalten  der  basischen  Metalloxide  nimmt  nemlich  mit  ihrem  Sauerstoff- 
gelialte  die  Säuremenge,  die  sie  zu  ihrer  Sättigung  bedürfen,  nicht  zu;  die 
sauerstofffreien  organischen  Basen  bedürfen  bei  gleichen  Gewichten  mehr 
Säure,  um  neutrale  Salze  zu  bilden,  als  die  sauerstoffhaltigen,  und  diese 
um  so  weniger  Säure,  je  mehr  Sauerstoff  sie  enthalten. 

Die  meisten  bis  jetzt  untersuchten  Basen  enthalten  in  einem  Atom  (in 
derjenigen  Menge,  die  man  bedarf,  um  1 Aeq.  irgend  einer  Säure  zu  neu- 
tralisiren)  1 Aeq.  Stickstoff,  einige  enthalten  2 und  mehr  Aequivalente  von 
diesem  Elemente. 

Die  vom  Kristallwasser  befreiten  organischen  Basen  vereinigen  sich 
direct  und  ohne  etwas  abzugehen  mit  wasserfreien  Wassersfcoffsäuren. 

Zu  Sauerstoffsäuren  verhalten  sie  sich  wie  Ammoniak,  indem  sie  steh 
nur  mit  den  Hydraten  dieser  Säuren  vereinigen,  deren  Hydratwasser,  als 
wesentlicher  Bestandteil  des  Salzes,  ohne  Zersetzung  nicht  abgeschieden 
w erden'  kann.  Wie  das  Ammoniak  bilden  ihre  salzsauren  Salze  Doppel-  | 
Verbindungen  mit  Platinchlorid  und  mit  Quecksilberchlorid.  Von  den  Am- 
moniaksalzen abweichend  ist  der  Kristallwassergehalt  ihrer  salzsauren 
Salze. 

Die  Salze  von  Aconitin,  Atropin,  Brucin,  Chinin,  Cinchonin,  Codein, 
Coniin,  Delphiuin,  Emetin,  Morphin,  Narcolin,  Strychnin  und  Veratrin 
wrerden  von  Gallusinfusion  weifs  gefällt,  der  Niederschlag  ist  ein  gerb- 
saures Salz,  was  durch  Sauerstoffaufnahme  an  der  Luft  in  ein  lösliches 
gallussaures  Salz  übergeht. 

Durch  Chlor  erleiden  die  organischen  Basen,  so  wie  ihre  Salze,  bei 
Gegenwart  von  Wasser  eine  Veränderung,  es  entsteht  Salzsäure,  die  sich 
mit  der  freien  Basis  zu  einem  löslichen  Salze  vereinigt,  was  durch  Chlor 
eine  weitere  Zersetzung  erfährt.  Eine  Auflösung  eines  Brucinsalzes  wird 
beim  Eiuleiten  von  Chlorgas  gelb,  brandgelb,  hochroth , blutroth , zuletzt 
wird  sie  wieder  gelb.  Chlorgas  bringt  in  Strychninsalzen  einen  w?eifsen 
Niederschlag  hervor,  welcher  so  lange  zunimmt,  bis  kein  Strychnin  mehr 
in  Auflösung  vorhanden  ist;  bei  Einmengung  von  Brucin  ist  der  Nieder- 
schlag gelb  oder  roth  gefärbt;  der  Strychnin-Niederschlag  enthält  Chlor 
und  Stickstoff.  Da  derselbe  noch  in  Flüssigkeiten  entstehe,  die  nur  %00 
Strychnin  enthalten , so  läfst  sich  das  Chlor  als  Erkennungsmitfcel  des 


Organische  Basen. 


1161 


Strychnins  benutzen.  Es  ist  kürzlich  von  Fujs  behauptet  worden,  dafs 
das  Brucin  eine  Verbindung  sey  von  Strychnin  mit  einem  Harze,  was  sein 
Verhalten  gegen  Chlor  nicht  sehr  wahrscheinlich  macht.  Chinin-  und  Cin- 
choninsalze werden  durch  Chlor  gelb,  rosenroth,  violetlrofch;  es  schlägt 
sich  ein  rother  harzähnlicher  Körper  nieder,  welcher  an  der  Luft  braun, 
hart  und  pulverisirbar  wird.  Morphinsalze  werden  unter  denselben  Um- 
ständen orange,  später  blutroth,  zuletzt  unter  Fällung  einer  gelben  Ma- 
terie gelb;  Narcoiin  wird  fleischroth,  dunkelroth,  zuletzt  schlägt  sich  ein 
brauner,  beim  Waschen  grau  werdender  Körper  nieder.  (Pelletier .)  Eine 
Auflösung  von  schwefelsaurem  Chinin,  die  man  mit  Chlor  gesättigt  hat, 
nimmt  bei  Uebersättigung  mit  Ammoniak  eine  grasgrüne  Farbe  an,  und  es 
schlägt  sich  ein  körniges  chlorfreies  (?)  Pulver  von  derselben  Farbe  nie- 
der. Die  rückbleibende  Flüssigkeit  wird  an  der  Luft  braun,  und  liefert 
abgedarapft  einen  Rückstand,  der  sich  in  Alkohol  mit  rother  Fagbe  löst. 
(Brandes  <ijr  Leber.') 

Löst  man  2 Th.  Strychnin  mit  1 Th.  Iod  in  heifsem  Alkohol  auf  und 
läfst  erkalten,  so  bilden  sich  gelbe  glänzende,  dem  Musivgold  ähnliche 
Kristallschuppen,  und  aus  der  rückständigen  Flüssigkeit  kristallisirt  iod- 
wasserstoffsaures  Strychnin.  Aus  einer  Auflösung  von  Brucin  in  Alkohol 
^rhält  man  mit  Iodtinktur  einen  braun  orangefarbenen  Niederschlag;  bei 
Ueberschufs  von  Iod  ist  derselbe  braun,  harzartig.  Chinin  und  Cinchonin 
liefern,  auf  dieselbe  Weise  behandelt,  klare  braune  Flüssigkeiten,  die 
beim  Verdampfen  safrangelbe  Blättchen  einer  Iod  Verbindung,  zuletzt  iod- 
wasserstoffsaures  Salz  absetzen. 

Die  ebenerwähnten  Niederschläge  sind  lodverbindungen , sie  werden 
durch  Säuren  beim  Erwärmen  unter  Freiwerden  von  Iod  zersetzt,  die 
Säure  enthält  die  unveränderte  Basis  in  Auflösung.  Mit  Kali  und  Natron 
in  Berührung  entsteht  lodkalium,  mit  salpetersaurem  Silberoxid  gelbes  lod- 
silber  und  das  salpetersaure  Salz  dieser  Basen.  Wo  der  Sauerstoff  des 
Silberoxids  oder  des  Kaliums  hinkommt,  wenn  sie  in  diesen  Zersetzungen 
in  lodkalium  oder  lodsilber  übergehen,  ist  nicht  ermittelt.  Es  ist  feiner 
nicht  entschieden,  ob  diese  lodverbindungen,  welche  von  Pelletier  zuerst 
dargestelit  wurden,  mit  einer  Reihe  von  andern  identisch  sind,  die  von 
Bouchardat  als  Verbindungen  von  Iod  mit  iodwasserstoffsauren  Salzen  be- 
schrieben worden  sind ; sie  werden  nach  ihm  dargestellt  durch  Fällung  eines 
Salzes  einer  organischen  Basis  mit  einer  mit  Iod  gesättigten  Auflösung  von 
lodkalium.  Es  entstehen  in  diesem  Fall  gefärbte,  in  Wasser  unlösliche,  in 
Alkohol  zum  Theil  lösliche  und  kristallisirbare  Niederschläge,  die  mit  Eisen 
und  Zink  in  Berührung  sich  entfärben  und  damit  Doppelverbindungen  von 
Iod-Eisen  oder  -Zink  und  dem  iodwasserstoffsauren  Salz  der  Basis  bilden. 
Alkalien  sollen  sich  mit  diesen  Verbindungen  zerlegen  in  lodkalium,  in 
eine  Portion  unveränderter  Basis,  und  in  eine  zweite  Portion,  die  den 
Sauerstoff  des  in  lodkalium  übergegangenen  Kaliums  enthält;  die  letztere 
soll  hierdurch  in  eine  neue  salzfäbige  Basis  verwandelt  werden. 

Aus  dem  Verhalten  dieser  Basen  zu  Iod  erklärt  sich  die  Eigenschaft 
der  lodsäure,  in  den  iodwasserstoffsauren  Salzen  der  organischen  Basen 
unter  Freiwerden  von  Iod  gefärbte  Niederschläge  hervorzubringen. 

Das  Morphin  weicht  in  seinem  Verhalten  zu  Iod  von  den  andern  Basen 
ab,  es  entsteht  iod  wasserstoffsaures  Morphin  und  ein  brauner  Körper,  der 
kein  Morphin  mehr  enthält. 

Die  Wirkung  der  Säuren  auf  die  organischen  Basen,  insofern  sie  da- 
durch verändert  werden,  ist  nur  einer  Färbung  nach  bekannt,  welche  das 
Brucin  und  seine  Salze  durch  Salpetersäure,  Morphin  durch  diese  Säure 
und  lodsäure  erfahren.  Das  Brucin  wird  durch  Salpetersäure  blutroth  ge- 
färbt (woran  der  Gehalt  in  brucinhaltigem  Strychnin  erkannt  wird),  Mor- 
phin wird  rosenroth.  Anhaltend  mit  überschüssiger  Salpetersäure  gekocht 
werden  sie  zerstört,  die  rückständige  Flüssigkeit  ist  meistens  gefärbt  und 
enthält  kein  Ammoniak. 

Geiger’ s Pharmacie.  I.  ( fkc  Aufl. ) 


74 


Organische  JJasen. 


im 


Was  die  Wirkung  der  Alkalien  auf  organische  Basen  betrifft,  so  weifs 
man  davon  aufserst  wenig;  manche  sind  in  Alkalien  löslich  (Chinin  in 
warmem  Ammoniak,  Morphin  in  kaustischen  fixen  Alkalien),  alle  werden 
beim  Schmelzen  mit  Kalihydrat  unter  Ammoniakentwickelung  zersetzt. 

Verändernde  Einwirkungen  von  Salzen  auf  organische  Basen  kennt 
man  nur  einer  Färbung  nach,  welche  Morphin  und  seine  Salze  mit  Eisen- 
chlorid und  Goldchlorid  zeigt , sie  nehmen  damit  in  Berührung  eine  dunkel- 
blaue, leicht  verschwindende  Farbe  an. 


Uebersicht  der  Zusammensetzung  der  organischen 

Salzbasen. 

* 

a)  Sauerstofffreie , flüchtige 


1)  Anilin. 

Fritxsche. 
berechn. 
Kohlenstoff  77,63 

Wasserstoff  7 ,40 

Stickstoff  __  14,97 

100,00 

Formel:  C,a H14  Na. 
Atemgew,  ber.  1181,6. 


2)  Nicotin. 

(in  d.  Platinverb.) 
Ortigosa. 
berechn. 

73,26 

9,65 

17,09 

100,00 

Formel:  C10  H16  Na. 
Atgew.  ber.  1035,4. 
— gef.  1042,5. 


Basen . 

3)  Coniin  (?). 
J.  L. 

gefund. 

66,91 

12,00 

12,81 

Sauerstoff  8,88 

~IÖ0,00~ 

Formel:  C12H28N20? 
Atgew.  1369  (?). 


b)  Aus  dem  ätherischen  Senföl  entstehende  Basen. 


4)  Thiosinammin.  5)  Sinammin.  6)  Sinapolin. 


Varrentrapp  u.  Will.  Varrentrapp  u.  Will. 

Varrentrapp  u.  Will. 

Kohlenstoff 

41,66 

58,77 

60,32 

Wasserstoff 

6,81 

7,20 

8,42 

Stickstoff 

24,12 

34,03 

19,96 

Sauerstoff 

0,00 

0,00 

11,30 

Schwefel 

27,41 

0,00 

0,00 

100,00 

100,00 

100,00 

Formel : 08 1 

Formel:  C4H6N2. 

Formel:  Ci4H24N402. 

Atgew.  ber. 

1467,7. 

Atgew.  ? 

Atgew.  ber.  1773,9, 

— gef.  1496,7. 

— gef.  1784. 

c)  ln  den 

Chinarinden  enthaltene  Basen . 

7)  Chinin. 

8)  Cinchonin. 

9)  Aricin? 

J.  L, 

J.  L. 

Pelletier. 

, C : 

berechn. 

berechn. 

Kohlenstoff 

74,37 

78,18 

71,0 

Wasserstoff 

7,30 

7,66 

7,0 

Stickstoff 

8,60 

9,05 

8,0 

Sauerstoff 

9,75 

5,10 

14,0 

100,00 

100,00 

100,0 

Formel : C20 

H„Na02. 

Formel : C20  H24  N2  0. 

Formel : C20  Ht4  N2  03  ? 

Atgew.  ber. 

2055,53. 

Atgew.  ber.  1955,5. 

Atgew.  ber.  2155. 

- gef. 

,2062. 

— gef.  2005,1. 

1163 


Organische  Basen. 

d)  ln  den  Papaveraceen  vorkommende  Basen. 


10)  Morphin. 


11)  Codein. 


12)  Narcotin. 


berechn. 
Kohlenstoff  72,28 
Wasserstoff  6,74 
Stickstoff  4,80 

Sauerstoff  10,18 

berechn. 

74,27 

6,93 

4,92 

13,88 

berechn. 

I. 

65,27 

5,32 

3,78 

25,63 

berechn. 

II. 

64,99 

5,30 

3,11 

26,16 

100,00 

100,00 

100,00 

100,00 

Formel:  C33H40Na06. 

C3s  h40  os. 

C40  H*0  Oia. 

- C48 H48 Na 01S, 

Atgew.  ber.  3602. 

3702. 

4684. 

5645. 

— gef.  3700. 


mm 


13) 


Thebain. 

Karte, 


berechn. 

gefand. 

Kohlenstoff 

74,57 

— 74,41 

Wasserstoff 

6,83 

— 6.78 

Stickstoff 

6,89 

— 6,94 

Sauerstoff 

11,71 

— 11,87 

100,00 

100,00 

Formel : C5S  H28  N2  Os  ? 
Atgevv.  ber.  3562,6. 

— gef.  2623  — 2745. 


14)  Pseudomorphin. 
Pelletier . 
gefund. 

52,74 

5,81 

4,08 

37,37 


100,00 

C3rH36NaOi4? 

4090. 


16)  Narcein. 


10)  Chelidonin. 


Couerbe. 

Pelletier. 

Will. 

gefund. 

gefund. 

berechn. 

Kohlenstoff  57,02 

— 54,73 

68,90 

Wasserstoff  6,64 

— 6,52 

5,62 

Stickstoff  4,76 

— 4,33 

11,97 

Sauerstoff  31,58 

— 34,42 

13,51 

100,00 

100,00 

100,00 

Formel:  Ca8H40NaOia? 

- C„H48Na016? 

C40H40  N.  06. 

Atgew.  ber.  4016,3. 

4821,9. 

4438,1. 

— gef. 

4434,9. 

' 

ln  den  Solaneen)  Strychnaceen  u.  s.  w. 

vorkommende  Bc 

17)  Atropin. 

18)  Solanin. 

19)  Jervin. 

J.  L. 

Blanchet . 

Will. 

gefund. 

gefund. 

berechn. 

Kohlenstoff  70,98 

62,11 

76,41 

Wasserstoff  7,83 

8,92 

9,36 

Stickstoff  4,83 

1,64 

5,89 

Sauerstoff  16,36 

27,33 

8,34 

100,00 

100,00 

100,00 

Formel:  C34H46Na06? 

C84HI36N*Oa8? 

C80  H90  N4  03. 

Atgew.  ber.  3662,9. 

10308,6. 

6001,7. 

10763. 

6014, 

1164 


Organische  Basen, 


90)  Bruein. 

91)  Strychnin. 

99)  Sabadillin. 

Couerhe. 

berechn,. 

berechn. 

gefund. 

Kohlenstoff  71,11 

76,36 

64,18 

Wasserstoff  6,60 

6,51 

6,88 

Stickstoff  7,49 

8,04 

7,95 

Sauerstoff  14,80 

9,09 

20,99 

100,00 

100,00 

100,00 

Formel : C44H40N4Or. 

Ca  h46  n4  o4. 

C20Hai,NaOs? 

Atgew.  her.  4729,1. 

4404,25. 

8368,3. 

— gef.  4860,0. 

4404,4. 

2637,6. 

Kohlenstoff 

Wasserstoff 

Stickstoff 

Sauerstoff 


93)  Yeratrin. 

Couerhe , Dum.  u.  Peilet. 

gefund.  gefund. 

71,48  — 86,75 
7,67  — 8,54 

5,43  — 5,04 

16,43  — 19,67 


100,00 

C-, 


100,00 

HiS  N,  Oft  ? 


94)  Delphinin. 

Couerhe . 

gefund. 

76,69 
8,89 
5,93 
7,49 
100,00 
C2y  Hjg  N2  02  ? 


95)  Staphisain. 
Couerhe . 

gefund. 

73,57 
8,71 
5,78 
11,94 
100,00 
•C16Hä5NO? 


gew.  her.  3644,4. 

2677.9. 

— gef.  3418,1. 

2627,8. 

96)  Menispermin. 

97)  Emetin. 

98)  Corydalin. 

Pellet,  u.  Couerhe. 

Pelletier. 

Fr.  Döhereiner. 

gefund. 

gefund. 

gefund. 

Kohlenstoff  71,89 

64,57 

63,05 

Wasserstoff  8,01 

7,77 

6,83 

Stickstoff  9,57 

4,30 

4,32 

Sauerstoff  10,53 

23,96 

25,80 

~~  1 oö,oo~ 

100,00 

100,00 

Formel:  C18H94NaO*? 

C3r  H54  Nj  o10? 

C54  H44  Na  o10  y,? 

Atgew.  ber.  1902,6, 

ber.  1369. 

99)  Berberin. 

30)  Piperin. 

31)  Harmalin. 

Büchner,  V.  u.  S. 

Varrentrapp  u.  Will. 

berechn. 

berechn. 

berechn. 

Kohlenstoff  61,16 

71,94 

74,80 

Wasserstoff  5,44 

6,56 

6,64 

Stickstoff  4,29 

4,90 

14,48 

Sauerstoff  29,1 1 

16,70 

4,08 

— 100,00 

100,00 

100,00 

Formel : C35  ll36  N2  Oia. 

c34h38  n*o6. 

^24  Hj6  N4  0. 

Atgew.  ber.  4124,1. 

3613. 

2450,7. 

— gef.  4135,8 

3490. 

2454. 

39)  Caffein. 


Formel : C8  H10  N4  03. 
Atgew.  her.  1327,9. 


33)  Theobromin. 


Pfaff  u.  J.  L. 

Woskresensky. 

berechn. 

berechn. 

gefund. 

Kohlenstoff 

49,79 

46,43 

— 46,97 

Wasserstoff 

5,08 

4,21 

— 4,61 

Stickstoff 

28,78 

35,85 

— 35,38 

Sauerstoff 

16,12 

13,51 

— 1 3,04 

100,00 

100,00 

100,00 

Cg  Hl0  N6  02. 
1543,8? 


Organische  Basen. 


1165 


Aus  der  Betrachtung  der  Formeln  des  Chinins  und  Cinchonins  ergiebt 
sich;  dafs  beide  nur  durch  das  Gewicht  von  einem  Atom  Sauerstoff  von 
einander  verschieden  sind,  in  der  Art,  dafs  man  beide  als  Oxide  eines 
und  desselben  Radikals  betrachten  könnte.  Eine  ähnliche  Beziehung  zeigt 
sich  zwischen  dem  Codein  und  Morphin , und  ihr  Vorkommen  in  einerlei 
Pflanzen,  ihre  wechselnde  Menge  giebt  der  Vermuthung  Raum,  dafs  diese 
chemische  Beziehung  nicht  zufällig  ist,  und  dafs  eine  dieser  Basen  durch 
Aufuehmen  oder  Abgeben  von  Sauerstoff  in  die  audere  übergehen  kann. 
Versuche,  diese  Verwandlung  künstlich  zu  bewirken,  haben  bis  jetzt  zu 
keinem  Resultate  geführt,  woraus  sich  natürlich  nicht  folgern  läfst,  dafs 
sie  unmöglich  ist.  Nach  dem  von  Varrentrapp  und  Will  erhaltenen  Atom- 
gewicht des  Brucins  enthält  es  die  Elemente  von  8 At.  Wasser  und  1 At. 
Sauerstoff  mehr  als  das  Strychnin. 

Man  hat  die  Vermuthung  ausgesprochen,  dafs  der  Stickstoff  in  diesen 
Basen  in  der  Form  von  Ammoniak  oder  in  der  Form  von  Amid  enthalten 
und  dafs  die  basischen  Eigenschaften  hiervon  abhängig  seyn  könnten.  In 
dem  Harnstoff  hat  man  in  der  That  eine  Amidverbindung  von  basischen 
Eigenschaften,  allein  seine  Constitution  als  Amid  ist  nur  eine  Vorstellung, 
für  welche  man  keinen  Beweis  hat.  Soviel  ist  gewifs,  wenn  Ammoniak 
fertig  gebildet  in  diesen  Körpern  enthalten  wäre,  so  müfste  man  ein  Am- 
moniaksalz  bei  ihrer  Zerstörung  durch  Salpetersäure,  oder  beim  Schmelzen 
mit  Kalihydrat  eine  dem  Amid  entsprechende  Sauerstoffverbindung  erhal- 
ten ; beides  ist  nicht  der  Fall. 

Berzelius  hat  für  die  organischen  Basen  zur  Bezeichnung  ihres  elektro- 
positiven  Charakters  den  oder  die  Anfangsbuchstaben  ihrer  lateinischen 
Namen  mit  dem  darüber  angebrachten  Zeichen  der  positiven  Elektricität 

+ 

vorgeschlagen,  was  in  dem  Folgenden  beibehalten  wird.  Ch  bezeichnet 
1 At.  Chinin;  Ci  ~ 1 At.  Cinchonin  etc.  ctc. 

Unter  den  organischen  Basen  sind  Anilin,  Coniin,  Nicotin  ölartig, 
flüchtig,  die  andern  gröfstentheiis  kristalfisirbar , farblos,  geruchlos,  luft- 
beständig; an  sich  gewöhnlich  geschmacklos,  besitzen  sie  in  ihren  Auflö- 
sungen oder  in  der  Form  von  löslichen  Salzen  meistens  einen  sehr  bittern 
oder  bitterscharfen  Geschmack;  sie  gehören  in  gewissen  Dosen  zu  den 
kräftigsten  Heilmitteln. 

Die  salzsauren  Salze  aller  bis  jetzt  bekannten  organischen  Basen  geben, 
wie  oben  erwähnt,  mit  Platiochiorid  Doppelverbindungen , welche  kein 
Wasser  enthalten;  gewöhnlich  sind  diese  unlöslich  und  besitzen  die  Form 
von  kristallinischen  gelben  Niederschlägen ; manche  davon,  wie  die  des 
Morphins  und  Nicotins,  sind  schwer  löslich,  andere,  wie  das  Coniin- 
Platindoppelsalz , leicht  löslich  in  Wasser.  Der  Schwierigkeit  wegen,  die 
Salze  der  organischen  Basen  in  einer  für  die  Ausmittelung  ihres  Atom- 
gewichts geeigneten  Form  zu  erhalten,  werden  diese  Piatindoppelsnlze 
gewöhnlich  zu  dieser  Bestimmung  benutzt,  und  als  Grundlage  zur  Berech- 
nung wird  diejenige  Menge  organischer  Basis  als  ein  Atom  angenommen, 
die  sich  in  diesen  Platindoppeisalzen  verbunden  findet  mit  1 At.  Platin. 
Aus  der  nach  dem  Glühen  rückbSeibenden  Menge  Platin  wird  das  Atom- 
gewicht des  Salzes  berechnet,  aus  dem  man,  nach  Abzug  von  1 At.  Pla- 
tinchlorid , das  Atomgewicht  des  wasserfreien  neutralen  salzsauren  Salzes 
übrig  behält. 

Eine  weingeistige  Auflösung  von  Picrinsalpetersäure  (Kohlenstickstoff- 
säure) fällt  die  weingeistigen  Auflösungen  von  Chinin,  Cinchonin,  Oxya- 
canthin  reichlich  hellgelb,  Brucin  dunkelgelb,  Strychnin  heller  gelb  wie 
Brucin;  Morphin,  Narcotin , Veratrin,  Solanin,  Coniin,  Emetin  werden 
nicht  davon  gefällt;  Codein  giebt  damit  einen  schwachen  Niederschlag. 
Der  Chinin-  und  Cinchoninniederschlag  ist  in  Salpetersäure  und  Schwefel- 
säure unlöslich;  der  Brucin-  und  Strychninniederschlag  löst  sich  leicht  iß 
Salpetersäure,  der  erstere  mit  blufcrother  Farbe.  ( Kemp .) 


1166 


Organische  Basen, 
a)  Flüchtige , ölartige  organische  Basen . 

Anilin. 

Syrnb.  Ä.  Formel  und  Zusammensetzung  s.  S.  1162. 

Kristallin  von  Unverdorben.  Als  Zersetzungsprodukt  der  Anthranif- 
säure  und  der  anthranilsauren  Salze  entdeckt  von  Fritzsche. 

Bei  seiner  Darstellung  trennen  sich  von  den  Bestandtheilen  der  kristal- 
lisirten  Anthranilsäure  (s.  S.  1147)  die  Elemente  von  2 At.  Kohlensäure, 
Ci*  HIa  Na  04  — 2C02  = C12  H,a  N,  r 1 Atom  Anilin.  Gewöhnlich  de- 
stillirt  bei  seiner  Darstellnng  etwas  Anthranilsäure  mit  über,  von  der  man 
es  durch  Rectification  über  etwas  Kalihydrat  in  einem  Strome  kohlensau- 
rem Gas  befreit. 

Das  Anilin  stellt  eine  ölartige,  farblose,  das  Licht  stark  brechende 
Flüssigkeit  dar  von  starkem  unangenehm  aromatischen  Geruch ; mit  Aether 
und  Alkohol  ist  es  in  allen  Verhältnissen  mischbar;  in  Wasser  nur  wenig 
löslich  nimmt  es  beim  Contact  damit  eine  gewisse  Menge  auf,  welche  bei 
Destillation  mit  dem  ersten  Drittel  des  Destillats  übergeht ; an  der  Luft 
wird  es  gelb,  dann  braun  und  in  einen  harzähnlichen  Körper  verwandelt. 
Es  löst  in  der  Hitze  Schwefel  auf,  der  in  der  Kälte  wieder  auskristalli- 
sirt;  es  verbindet  sich  mit  Iod  unter  Erhitzung. 

Mit  Salpetersäure  im  Ueberschufs  erwärmt  löst  es  sich  mit  blauer  oder 
grüner  Farbe.  In  den  Anilinsalzen  bringt  wässerige  Chromsäure  einen  tief 
schwarzblauen  chromoxidhaltigen  Niederschlag  hervor. 

Chlorwasser stoff saures  Anilin , A,CI2H2,  ist  leichtlöslich,  kristalli- 

sirbar.  Oxalsaures  Anilin , A,Ö,aq;  in  Wasser  löslich  und  daraus  in 
schönen,  mehrere  Linien  langen  Nadeln  kristallisirbar;  es  enthält  67,64 
p.  c.  Anilin. 

Nicotin. 

■¥ 

Symb.  Ni.  Entdeckt  von  Beimann  und  Posselt.  (Formel  und  Zusam- 
mensetzung s.  S.  1162.) 

§.  313.  Die  ätherische  Auflösung  des  Nicotins,  welche 
man  nach  S.  tl60  erhalten  hat,  wird  in  einer  Retorte  der 
Destillation  unterworfen,  der  Rückstand  in  der  Retorte  nach 
Entfernung  des  Aethers  in  eine  kleinere  Retorte  gebracht 
und  im  Wasserbade  destillirt , es  geht  im  Anfänge  ein  etwas 
wasser-  und  alkoholhaltiges,  in  der  Mitte  vollkommen  farb- 
loses, zuletzt  etwas  gelblich  gefärbtes  Nicotin  über.  Es  ist 
zweckmäfsig,  während  der  Destillation  einen  schwachen  Strom 
kohlensaures  Gas  durch  die  Retorte  zu  leiten,  theils  um  die 
Destillation  zu  beschleunigen,  theils  um  den  zersetzenden 
Einflufs  der  Luft  ahzuschliefsen. 

Man  kann  auch  trockene  Tabaksblätter  mit  l/u  Aetzkali 
und  der  nöthigen  Menge  Wasser  destilliren,  den  Rückstand 
noeh  3mal  oder  überhaupt  so  lange  mit  Zusatz  von  Wasser 
wieder  destilliren,  bis  er  nicht  mehr  scharf  schmeckt.  Die 
Destillate  sättigt  man  mit  Schwefelsäure,  verdampft  bei  ge- 
linder Wärme  bis  fast  zur  Trockne;  zieht  den  Rückstand  mit 
absolutem  Alkohol  aus,  destillirt  den  Weingeist  ab,  versetzt 
den  Rückstand  mit  wässerigem  Kali  und  destillirt,  so  lange 
eine  fast  farblose  Flüssigkeit  übergeht.  Diese  wird  wieder- 


Nicotin, 


*167 


holt  mit  Aether  geschüttelt,  bis  sie  nicht  mehr  scharf  schmeckt, 
die  ätherische  Lösung  rait  Chlorealciiim  geschüttelt,  bis  dieses 
nicht  mehr  feucht  wird,  und  der  Aether  in  gelinder  Warme 
abdestillirt.  Das  rückständige  bräunliche  Nicotin  wird  vor- 
sichtig im  salzsauren  Kalkbad  rectitieirt.  (Reimann  und  Pos- 
seil.) 

214.  Keines  Nicotin  stellt  eine  farblose , klare,  ölartige 
Flüssigkeit  dar,  von  schwachem  (bei  Ammoniakgehalt  sehr 
starkem)  Geruch  nach  Tabak;  es  siedet  bei  245°  unter  Zer- 
setzung, destillirt  in  niedrigeren  Temperaturen  langsam  und 
ohne  Rückstand  über;  sein  spec.  Gew.  ist  I,0k8  (_ü.  Henry 
und  Boulron-Charlard).  Es  stellt  die  gerötheten  Pflanzen- 
färben  wieder  her  und  bräunt  vorübergehend  Curcumapapier. 
Es  ist  leicht  entzündlich,  mit  rufsender  Flamme  verbrennend; 
mischt  sich  mit  Wasser  und  wird  aus  dieser  Auflösung,  wenn 
sie  mit  Kalihydrat  gesättigt  wird,  ölartig  wieder  abgeschie- 
den. Aether  entzieht  der  wässerigen  Auflösung  alles  Nico- 
tin; es  ist  mischbar  in  jedem  Verhältnis  mit  Alkohol,  fetten 
und  flüchtigen  Oelen.  Beim  Contact  mit  trockenem  Kalihydrat 
wird  es  zersetzt. 

An  der  Luft  bräunt  sich  das  Nicotin  unter  Bildung  einer  harzigen  Sub- 
stanz. Salpetersäure,  lod  und  Chlor  zersetzen  das  Nicotin. 

Das  Nicotin  ist  äufserst  giftig  (%  Tropfen  todtet  ein  Kaninchen,  t 
Tropfen  einen  Hund).  Wirkt  nicht  erweiternd  auf  die  Pupille  (bei  einer 
Katze  brachte  %0  Gran  Nicotin  ins  Auge  gestrichen  heftige  Convulsionen 
mit  Schäumen  vor  dem  Munde,  beschleunigtes  röchelndes  Athmen,  raschen 
Herzschlag  und  Lähmung  der  hintern  Extremitäten  hervor,  Zufälle^  die 
nach  einer  Stunde  verschwinden). 

Das  Nicotin  verbindet  sich  mit  Säuren  und  neutralisirt  sie  vollständig. 
Alle  diese  Verbindungen  sind  in  Wasser  und  Alkohol  leicht  löslich,  schwie- 
rig kristallisirbar. 

Das  mit  Salzsäure  schwach  übersättigte  Nicotin  giebfc,  in  nicht  zu  con- 
centrirter  Lösung  mit  Platinchlorid  vermischt,  keinen  Niederschlag;  wenn 
diese  Mischung  aber  sich  selbst  überlassen  wird , so  bilden  sich  nach  eini- 
gen Stunden  darin  rothgelbe,  schweriösliche,  sehr  regelmäfsige  glänzende 
Nadeln  einer  dem  Platinsalmiak  entsprechenden  Doppelverbindung,  welche 
nach  der  Untersuchung  von  Qrtigosa  nach  der  Formel  C10  H16  N2,  CI2  H2 
H-  PtCl4  zusammengesetzt  ist.  War  das  Nicotin  ammoniakhaitig,  so  ent- 
steht unter  diesen  Umständen  sogleich  Platinsalmiak  ; liltrirt  man  in  diesem 
Fall  die  Flüssigkeit  rasch  von  dem  Niederschlag  ab  und  läfst  sie  ruhig 
stehen,  so  erhält  man  nach  einiger  Zeit  das  Nicotin-Platinsalz. 

Mit  Quecksilberchlorid  bildet  das  Nicotin  in  seiner  wässerigen  Lösung 
einen  weifsen,  schwach  kristallinischen  Niederschlag;  nach  Örtigosa  ist  er 
nach  der  Formel  C10  H16  N2,  Cl2Hg  zusammengesetzt. 

Durch  Digestion  des  ölartigen  Nicotins  mit  Kalihydrat  bilden  sich  zwei 
Schichten,  von  denen  die  obere  eine  reichliche  Menge  Kali  gelöst  enthält; 
wird  sie  der  Destillation  unterworfen,  so  gelii  ein  ölartiger  Körper  von 
angenehmem  Geruch  über,  der,  mit  Salzsäufö  uni!  Platinchlorid  gemischt, 
keine  Kristalle  von  Nicoünplatinsalz  liefert.  Bei  gelindem  Abdampfen  lie- 
fert diese  Mischung  eine  reichliche  Kristallisation  von  gelblichen  durch- 
sichtigen Blättern,  welche  in  Wasser  leicht  löslich  sind  und  darin  von 
Nicotin-Platinchlorid  wesentlich  abweichen. 


1168 


Organische  Basen. 

Coniin  ( Coniinum ). 

Synonyme : Schierlingsstoff,  Cicutin. 

Das  Coniin  beobachtete  zuerst  Gieseke  1896.  Es  gelang  ihm  aber 
nicht,  dasselbe  rein  abzuscheiden.  Geiger  stellte  es  1831  zuerst  rein  dar. 
— Fiüdet  sich  in  allen  Theilen  des  Schierlings  £Conium  maculatum). 

2!  5.  Man  erhält  das  Coniin  am  reichlichsten  aus  den 
Früchten  (sogenannten  Samen)  des  Schierlings , indem  diese  zer- 
quetscht, mit  dem  4 — ßfachen  Gewicht  Wasser  in  einen  De- 
stillirapparat  gegeben,  y4  der  angewendeten  Menge  Früchte 
Aetzkafilauge  oder  ein  Gemenge  von  % Pottasche  und  ya 
Kalkhydrat  zugesetzt,  und  nach  gehörigem  Umrühren  so  lange 
destiilirt  wird,  als  noch  ein  stark  riechendes  alkalisches  Was- 
ser übergeht;  dieses  sättigt  man  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure, verdampft  in  gelinder  Wärme  bis  zur  Syrupdicke, 
behandelt  den  Rückstand  wiederholt  mit  Aether- Weingeist, 
aus  i Theii  Aether  und  2 Theilen  90proceniigem  Alkohol  be- 
stehend, so  lange  dieser  noch  etwas  aufniinmt,  zieht  den 
Aetherweingeist  ab  und  erhitzt  den  Rückstand  mit  Zusatz 
von  etwas  Wasser  so  lange  in  einer  offenen  Schale  über  dem 
Wasserbad  gelinde , als  noch  Alkoholdämpfe  entweichen. 
Dann  versetzt  man  die  Flüssigkeit  in  einer  Retorte  mit  etwa 
der  Hälfte  Aetzkalilauge,  so  dafs  sie  stark  alkalisch  reagirt, 
und  destiilirt  etwas  rasch  im  salzsauren  Kalkbade  in  eine 
kaltgehaltene  Vorlage  bis  zur  Trockne.  Das  Coniin  trennt 
man  von  der  wässerigen  Flüssigkeit,  giefst  diese  in  die  Re- 
torte zurück  und  wiederholt  die  Operation  etwa  mit  neuem 
Zusatz  von  etwas  Aetzkali,  so  lange  noch  ölartiges  Coniin 
übergeht.  Auf  ähnliche  Art  verfährt  man  mit  kurz  vor  dem 
Blühen  gesammeltem > schon  in  Stengel  geschosssenen fri- 
schem Schierlingkraut  Zum  medicinischen  Gebrauch  ist  das 
so  erhaltene  Coniin  hinreichend  rein.  Um  es  völlig  zu  reini- 
gen, bringt  man  es  mit  zerkleinertem  Chlorcalcium  in  Berüh- 
rung, so  lange  als  dieses  noch  Wasser  anzieht,  giefst  es 
davon  ab,  und  destiilirt  es  in  trockenen  Apparaten  bei  etwas 
raschem  Feuer,  unter  Luftausschtufs , in  eine  kaligehaltene 
Vorlage.  Den  etwaigen  Ammoniakgehalt  entfernt  man,  indem 
man  es  in  einer  Schäle  unter  eine  Luftpumpe  neben  Vitriolöl 
stellt  und  auspumpt,  es  wallt  auf  und  Ammoniak  entweicht 
in  grofsen  Blasen,  so  wie  das  Blasenbilden  aufhört,  entfernt 
man  es  und  verwahrt  es  in  hermetisch  verschlossenen  Ge- 
fäfsen , am  besten  in  zugeblasenen  Glasröhren. 

Nur  frisches  Schierlingkraut  enthält  das  Coniin  im  unveränderten  Zu- 
stande, beim  Trocknen  desselben  verliert  es  seine  giftigen  Eigenschaften, 
dasselbe  geschieht  bei  Darstellung  des  Extractes,  wenn  der  Saft  oder  die 
Abkochung  bei  einer  hohen  Temperatur  abgedampft  werden.  Der  wein- 
geistige  Auszug  der  Samen  enthält  das  Coniin  in  reichlicher  Menge. 

§.  216.  Die  Eigenschaften  des  Coniins  sind : Es  ist  eine 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  tropfbare,  farblosdurchsichtige, 
Ölähnliche  Flüssigkeit  (ob  es  in  starker  Kälte  erstarrt , ist  bis  jetzt 


C o a i i n. 


tm 


nicht  untersucht),  leichter  als  Wasser;  das  spec.  Gewicht  ist 
0,89.  Es  riecht  höchst  durchdringend  widerlich  stechend, 
zum  Theil  dem  Schierling  ähnlich,  doch  auch  abweichend, 
in  der  Nähe  den  Kopf  sehr  einnehmend  und  zu  Thränen  rei- 
zend, entfernt  in  geringer  Menge  mäuseähnlich ; schmeckt 
höchst  scharf  widerlich,  tabakähnlich;  wirkt  höchst  energisch 
giftig,  schon  in  sehr  geringen  Dosen  ( V» — 1 Gran)  Starr- 
krampf erregend  und  leicht  schnell  tödtend!  nie  Wirkung  ist  je- 
doch bald  vorübergehend  , und  wo  nicht  der  Tod  erfolgt , erholen  sich  die 
Thiere  schnell  wieder  vollständig.  Bewirkt,  äufserlich  in’s  Auge 
gebracht,  keine  Erweiterung  der  Pupille.  Es  reagirt  im  was- 
serhaltenden Zustande  stark  und  bleibend  alkalisch;  das  was- 
serleere reagirt  nicht  alkalisch  j Zusatz  von  wenig  Wasser  bewirkt 
zugleich  alkalische  Reacüoa.  Ist  flüchtig,  auf  Papier  gebracht 
macht  es  einen  durchscheinenden  Oelfleck,  der  bei  gelindem 
Erwärmen  vollständig  verschwindet  (bei  sehr  langsamem  Verdun- 
sten entsteht  Bräunung);  in  verschlossenen  Gefäfsen  destillirt  es 
bei  Luftausschlufs  vollständig  ohne  Zerlegung  über;  sein 
Siedepunkt  liegt  bei  170°  C. ; in  Verbindung  mit  Wasser  de- 
stillirt es  viel  leichter  über.  — Das  Coniin  erleidet  leicht, 
mitunter  sehr  merkwürdige,  Veränderungen,  wobei  es  zum 
Theil  sehr  schöne  und  mannigfaltige  Färbungen  annimmt! 

Schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  wird  es  an  der  Luft  schnell  braun 
und  verwandelt  sich  nach  und  nach  in  eine  dunkelbraune  harzähnliche 
Masse  (s.  u.).  Doch  geht  die  vollständige  Zerlegung  mir  sehr  langsam 
vor  sich.  Bei  der  Destillation  desselben  für  sich  oder  mit  Wasser  in  luft- 
vollen  Gefäfsen  bräunt  es  sich  ebenfalls  und  ein  Theil  wird  zerlegt,  jedoch 
um  so  weniger,  je  reiner  es  ist  und  je  rascher  und  gleichförmiger  die  De- 
stillation betrieben  wird.  Hiebei  entwickelt  sich  immer  Ammoniak.  Unter 
Luftzutritt  erhitzt  verbrennt  es  mit  heller  rufsender  Flamme  wie  ein  äthe- 
risches Oel.  Concentrirte  Salpetersäure  färbt  Coniin  schön  blutroth,  bei 
gröfserm  Zusatz  kommt  die  Mischung  zum  Kochen,  es  entwickelt  sich  sal- 
petrige Säure,  die  Flüssigkeit  färbt  sich  orange,  Iod  bildet  mit  Coniin  so- 
gleich dicke  weifse  Nebel,  die  Mischung  erwärmt  sich,  wird  blutroth,  bei 
hinreichend  Iod  dunkelolivengrün  und  metallisch  schimmernd,  bei  durch- 
fallendem Licht  schwarzroih,  dick,  extractartig,  von  widerlichem  Geruch 
nach  Iod  und  Coniin,  Wasser  nimmt  nur  einen  Theil  der  Verbindung  als 
farblose  Flüssigkeit  auf.  Chlorgas  bewirkt  ebenfalls  weifse  Nebel,  die 
Verbindung  erhitzt  sich,  wird  dunkelgrün,  später  braun , dick,  extract- 
artig,  und  verbreitet  eineu  eigentümlichen  geistigen  Geruch,  in  der  Nähe 
auch  den  von  Chlor,  Wasser  bildet  damit  eine  trübweifsliehe,  später  braun 
werdende  Lösung,  Aetzkali  entwickelt  Coniingeruch  unter  Ablagerung  einer 
braunen  harzähnlichen  bittcra  Masse.  Trockenes  salzsaures  Gas  färbt  Co- 
niin -zuerst  purpurroth , zuletzt  tief  indigblau.  Vitriolöl  bildet  damit  unter 
Erhitzung  eine  purpurrothe  Verbindung,  die  später  ins  Ölivengrüne  geht. 

— In  Wasser  ist  Coniin  schwierig  löslich  und  zwar  löslicher 
in  der  Kalle  wie  in  der  Wärme j i Theil  erfordert  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  190  Theile  Wasser,  die  Lösung  trübt 
sich  beim  Erwärmen.  Sie  schmeckt  scharf  und  reagirt  stark 
alkalisch.  Unter  Luftzutritt  bräunt  sich  die  wässerige  Lösung  und  trübt 
sich  nach  und  nach  unter  Ablagerung  einer  braunen  liarzähnlichen  Masse. 

Coniin  selbst  löst  ebenfalls  Wasser  und  zwar  bei  niederer 
Temperatur  weil  mehr  als  in  der  Wärme . Bei  gewöhnlicher 
Temperatur  nimmt  es  % Wasser  auf.  Die  Lösung  trübt  sich 


4170 


Organische  Basen. 


schon  bei  der  Wärme  der  Hand  3 durch  Erkalten  bis  auf  etwa 
— 0°  C.  nimmt  es  mehr  als  sein  gleiches  Gewicht  Wasser 
auf;  die  völlig  klare  Verbindung  läfst  beim  Erwärmen  den  , 
grössten  Theil  Wasser  fahren ! lodtinktur  bewirkt  unter  hef-  ' 
tiger  Eeaction  und  scheinbarem  Kochen,  jedoch  ohne  Wärme-  | 
ent  Wickelung,  safrangelbe,  schnell  vorübergehende  Trübung, 
die  Flüssigkeit  wird  dann  fast  wasserhell,  Gallustinktur  trübt 
sie  ebenfalls  und  es  lagern  sich  später  graue  Flocken  ab.  — 

Mit  Weingeist  ist  Coniin  in  jedem  Verhältnis  mischbar,  die 
Verbindung  ist  weit  löslicher  in  Wasser  als  reines  Coniin, 
und  ein  Gemische  von  I Coniin  und  4 Weingeist  trübt  sich 
nicht  reit  Wasser.  Auch  in  Aether  ist  es  leichtlöslich,  1 Theil 
erfordert  bei  gewöhnlicher  Temperatur  6 Theile;  eben  so  ist 
es  in  ätherischen  und  fetten  Oelen  leichtlöslich.  In  wässeri- 
gen Alkalien  ist  es  weniger  löslich  als  in  Wasser  und  diese 
bewirken  keine  weitere  Veränderung  als  Wasser  selbst  unter 
Luftzutritt. 

§.  217.  Säuren  neuiralisirt  Coniin  vollständig.  Die 
Corriimalxe  erhält  man  durch  unmittelbares  Saturiren  des  Co- 
rning mit  verdünnten  Säuren  und  Verdampfen  der  Lösung 
unter  der  Luftpumpe.  Sie  sind,  so  weit  sie  untersucht  sind, 
nur  schwierig,  unter  Luftausschlufs,  zum  Theil  kristallisirbar; 
im  wasserleeren  Zustande  geruchlos,  im  wasserhaitenden  ver- 
breiten sie  zum  Theil  schwachen  Coniingeruch  und  schmecken 
höchst  scharf  widerlich,  wirken  giftig,  doch  nicht  so  energisch 
als  reines  Coniin  (daher  verdünnte  Säuren,  schnell  angewendet,  wohl 
als  Gegenmittel  gegen  Vergiftung  durch  Coniin  angewendet  werden  können). 

Alle  sind  sehr  leicht  löslich  in  Wasser,  zerfliefsen  zum  Theil 
schnell  an  der  Luft,  ebenfalls  leicht  löslich  in  Alkohol  und  in 
der  Regel  auch  in  Aether  Weingeist,  aber  unlöslich  in  reinem 
Aether.  Die  wässerige  Lösung  wird  durch  lodtinktur  (wie  die 
wässerige  Lösung  des  Coniins,  s.  o.)  stark,  aber  schnell  vorüber- 
gehend, safrangelb  getrübt,  durch  Gallustinktur  wird  die  Lö- 
sung flockig  gefällt.  Fixe  Alkalien  entwickeln  aus  den  Co- 
niinsalzen  den  durchdringenden  betäubenden  Coniingeruch. 
Durch  Hitze  werden  sie  zerstört.  Die  wässerige  Lösung  er- 
leidet auch  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unter  Luft- 
zutritt eine  Veränderung,  sie  wird  anfangs  roth,  dann  violett, 
endlich  dunkelgrün  oder  tiefblau,  Alkalien  machen  die  Farben 
verschwinden  , und  entwickeln  Coniingeruch.  Beim  Erwärmen 
und  Verdampfen  der  wässerigen  Lösungen  unter  Luftzutritt 
verdunkeln  sie  sich  bald;  es  scheiden  sich  braune  Flocken 
aus,  gleichzeitig  bildet  sich  ein  Ammoniaksalz,  und  beim 
Zerlegen  der  Verbindung  mittelst  Alkalien  scheidet  sich  neben 
Coniin  und  Ammoniak  eine  dunkelbraune,  bittere , geruchlose , 
harzähnliche  Masse  aus  (s.  0.),  die  keine  giftige  Eigenschaf- 
ten hat.  (Dieselbe  Substanz  bildet  sich  auch  beim  Aussetzen  des  Coniins 
oder  seiner  wässerigen  und  geistigen  Lösungen  an  die  Luft;  s.  o.).  Diese 
Substanz  ist  anfangs  zähe,  klebend,  unä  trocknet  nur  laugsam  zu  einer 


Coniin,  Sinammin,  Sinapoiin.  1171 

festen  Masse  mit  Firnifsglanz  aus.  Sie  ist  schwerer  als  Wasser.,  nicht 
flüchtig ; durch  Hitze  wird  sie  zerstört,  wobei  sich  ammoniakhaltige  Dämpfe 
entwickeln.  In  Wasser  ist  sie  sehr  wenig  löslich,  doch  wird  dieses  beim 
Erhitzen  damit  gelblich,  die  Substanz  selbst  wird  halbflüssig  und  schwimmt 
theils  auf  dem  Wasser;  die  wässerige  Lösung  schmeckt  bitter  und  reagirt 
schwach  alkalisch.  In  Weingeist  und  Aetherweingeist  ist  sie  leicht  löslich, 
die  Lösungen  schmecken  sehr  bitter  und  reagiren  alkalisch;  reiner  Aether 
greift  sie  sehr  wenig  an.  In  verdünnten  wässerigen  (Säuren  ist  die  Sub- 
stanz leicht  auflöslich;  die  dunkelbraunen  Auflösungen  schmecken  auch  sehr 
bitter,  Alkalien  schlagen  sie  unverändert  daraus  nieder.  Salpetersäure 
wirkt  aber  verändernd  darauf  ein,  es  scheiden  sich  aus  der  verdünnten 
Lösung  harzähnliche  Flocken  aus.  In  wässerigen  Alkalien  ist  die  Substanz 
unlöslich  und  sie  wirken  selbst  beim  anhaltenden  Erhitzen  nicht  ver- 
ändernd darauf.  In  dein  Maafse  als  sich  diese  Substanz  nebst 
Ammoniak  bildet,  verschwindet  das  Coniin.  — Man  kennt  bis 
jetzt 

Salpeter  saures  Coniin , unter  Luftzutritt  in  gelinder  Wärme 
verdampft,  bildet  eine  bräunliche  extractartige  Masse,  mit  kri- 
stallinischen Körnchen  und  Nadeln  untermengt  $ sehr  leicht 
löslich  in  Wasser. 

Salzsaures  Coniin , unter  der  Luftpumpe  durch  langsames  Zu- 
sammentreten wässeriger  salzsaurer  Dämpfe  mit  Coniin  erhalten , bildet 

grofse  zusammenhängende,  farblosdurchsichtige  Blätter,  die 
an  der  Lütt  sehr  schnell  zerflietsen.  Beim  Verdampfen  der  Flüs- 
sigkeit an  der  Luft  wird  diese  erst  purpurroth,  daun  tief  indigblau,  und 
man  erhall  zuletzt  braune  blätterige  Kristalle.  (J.  L.) 

Weinsteinsaures  Coniin  trübte  sich  beim  freiwilligen  Verdampfen  an 
der  Luft,  wurde  grün,  dann  braun,  und  zeigte  Spuren  von  körniger  Kri- 
stallisation. In  Wasser  löste  sich  das  Salz  mit  Trübung  und  Ablagerung 
brauner  Flocken. 

Essigsaures  Coniin  trocknete  unter  ähnlichen  Verhältnissen  zu  einer 
braunen,  firnifsarfcigen  Masse  aus,  die  sich  ebenfalls  unter  Trübung  in 
Wasser  löste. 

Bis  jetzt  ist  von  Coniin  nichts  officinell.  Es  verdient  jedoch  als  Arz- 
neimittel eingeführt  zu  werden,  da  es  bestimmt  den  wirksamen  Bestandteil 
des  Schierlings  ausmacht,  und  dieser,  so  wie  alle  bisherigen  Präparate 
desselben,  wegen  der  leichten  Zerlegbarkeit  des  Couiius  sehr  unsichere 
Mittel  sind.  (Vergl.  über  Coniin  Magaz.  für  Pharmac.  Bd,  85.  S.  73  u.  859  ; 
ferner  Bd.  88.  S.  159.) 


b)  Aus  dem  Senföl  entstehende  Basen. 

Sinammin ; Slnupolin  und  Thiosinammin , Formel  und  Zusammen- 
setzung s.  S.  1168. 

Aus  dem  Senföl  geht  eine  Reihe  basischer  Körper  hervor,  deren  schon 
bei  Gelegenheit  des  Senföls  gedacht  worden  ist  und  deren  Verhalten  hier 
vervollständigt  werden  soll.  Neuere  Versuche  haben  nemlich  gezeigt,  dafs 
das  Senfölammoniak  ebenfalls  den  Charakter  einer  Basis  besitzt.  Varren - 
trapp  und  Will  nennen  es  defshalb  Thiosinammin  und  den  durch  Ent- 
schwefelung daraus  entstehenden  Körper  Sinammin . 

Das  Thiosinammin  (Senfölammoniak)  erhält  man  leicht,  wenn  Senföl 
mit  dem  3 — 4 fachen  Volum  concentrirten  wässerigen  Ammoniaks  zusatn« 


117* 


Organische  Basen. 


mengestellt  werden ; schneller  erhält  man  Kristalle , wenn  man  in  die  Flüs- 
sigkeit noch  Ammoniakgas  bis  zur  Sättigung  einleitet.  Nach  einiger  Zeit  i 
erstarrt  fast  die  ganze  Flüssigkeit  zu  einer  kristallinischen  Masse,  die  man 
durch  Umkristallisiren  leicht  farblos  erhält. 

Das  Thiosinammin  ist  schwer  löslich  in  kaltem  Wasser,  leichter  in 
heifsem , auch  in  Aether  und  Weingeist;  es  ist  geruchlos,  schmeckt  bitter, 
schmilzt  bei  70°,  verliert  bei  100°  nichts  an  Gewicht,  zersetzt  sich  aber 
bei  200°  in  freies  Ammoniak  und  einen  neuen  basischen  Körper,  welcher 
harzartig,  spröde,  kaum  in  Wasser,  etwas  leichter  in  Salzsäure  löslich 
ist;  die  salzsaure  Auflösung  wird,  wie  die  des  Thiosinämmins , durch  Pla- 
tinchlorid und  Quecksilberchlorid  gefällt.  Das  Thiosinammin  verbindet  sich 
mit  salzsaurem  Gas ; es  bildet  jedoch  mit  Säuren  keine  kristallisirbaren 
Salze.  Die  Platinverbindung  hat  die  Formel  C8  H16  N4  S2,  Ci2  H2  -H  PtCl4; 
der  durch  Quecksilberchlorid  entstehende  Niederschlag  ist  C4  Hs  Na  S -H 
CI4  Hg2.  ( Varrentrapp  und  Will.')  Siehe  auch  Seite  1060. 

Das  von  Rohiquet  und  Bussy  zuerst  beobachtete  Sinammin  erhält  man 
am  besten  durch  Entschwefelung  des  Thiosinämmins  mittelst  Bleioxidhydrat. 
Man  mischt  Thiosinammin  (Senfölaramoniak)  mit  einem  Brei  von  frischge- 
fälltem, gut  ausgewaschenem  Bleioxidhydrat  und  erwärmt  im  Wasserbade 
so  lange,  bis  eine  abfiltrirte  Probe  mit  Kali  und  neuem  Bleioxidhydrat  sich 
nicht  mehr  schwärzt.  Man  zieht  nun  die  Masse  mit  Wasser,  zuletzt  mit 
Alkohol  wiederholt  aus  und  verdampft  in  gelinder  Wärme,  wo  ein  farb- 
loser Syrup  zurückbleibt,  in  dem  aber  nach  6 — 8 Wochen  schöne,  durch- 
sichtige Kristalle  von  Sinammin  entstehen.  Diese  Kristalle  verwittern  beim 
Stehen  über  Schwefelsäure,  sie  schmelzen  beim  Erwärmen  und  verlieren 
bei  100°  ihren  Wassergehalt.  Das  geschmolzene  Sinammin  erstarrt  nur 
sehr  langsam  wieder. 

Das  Sinammin  ist  eine  starke  Basis,  es  zersetzt  Ammoniaksalze,  fällt 
Eisenoxid-,  Kupferoxid-  und  Bleioxidsalze;  die  wässerige  Auflösung  reagirt 
stark  alkalisch.  Es  verbindet  sich  mit  salzsaurem  Gas,  bildet  jedoch  keine 
kristallisirbaren  Salze.  Platin-  und  Quecksilberchlorid  wrerden  davon  ge- 
fällt, ebenso  salpetersaures  Silberoxid.  — Erjiitzt  man  Sinammin  auf 
160  — 200°,  so  entweicht  nur  Ammoniak,  der  Rückstand  färbt  sich  kaum 
gelblich;  er  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  harzartigen,  in  Wasser  kaum, 
in  Salzsäure  leichter  löslichen  Masse,  welche,  obwohl  noch  basisch  in 
ihren  Eigenschaften,  von  dem  Sinammin  gänzlich  verschieden  ist.  Die  salz- 
saure  Auflösung  dieses  Körpers  wird  durch  Ammoniak  milchig  getrübt;  der 
ausgeschiedene  Körper  setzt  sich  harzartig  an  den  Boden  der  Gefäfse  an; 
Platinchlorid  und  Quecksilberchlorid  gehen  Verbindungen  damit  ein.  Der 
von  Simon  bei  der  Bereitung  des  Sinammius  beobachtete  zweite  Körper  ist 
nichts  anderes  als  ein  basisches  Bieioxidsalz  gewesen. 

Die  Entstehung  des  Sinammins  aus  dem  Thiosinammin  erklärt  sich 
leicht  aus  ihrer  Zusammensetzung.  Sie  beruht  einfach  auf  dem  Austreten 
des  gauzen  Schwefelgehalts  des  letzteren  in  der  Form  von  Schwefelwas- 
serstoff. C8  H16  N4  S2  -H  2PbO  = C,  H12  N4  -4-  2 Pb  S -b  211,0.  ( Varr  ein- 
trapp und  Will.)  Es  ist  noch  unentschieden > ob  das  Sinammin  die  Formel 
C,  il12  N4  oder  C4  H6  Nä  hat. 

Das  von  Simon  entdeckte  Sinapolin  entsteht  durch  Entschwefelung 
des  Senföls  mittelst  eines  Alkali’s  oder  Bleioxidhj^drat.  Man  erhält  es 
sehr  leicht,  indem  man  Senföl  mit  frischgefälltem  Bleioxid'iydrat  digerirt , 
bis  aller  Schwefel  entzogen  ist;  oder  man  erhitzt  Senföl  mit  einem 
Ueberschufs  an  Barytwasser,  bis  aller  Geruch  verschwunden  ist.  In  bei- 
den Fällen  wird  die  Masse  über  dem  Wasserbads  eingetrocknet  und  mit 
Alkohol  oder  Wasser  heifs  ausgezogen,  wo  nach  dem  Erkalten  des  Fil- 
trats das  Sinapolin  herauskristallisirt.  Der  Rückstand  von  der  Bereitung 
mit  Bleioxidhydrat  enthält  Schwefelblei  und  kohlensaures  Bleioxid , der  von 
der  Bereitung  mit  Barjrt  enthält  Schwefelbarium  und  kohlensauren  Baryt. 
Löst  man  Senföl  in  starkem  Barytwasser  auf  und  erhitzt  beim  Abscblufs 


Chinin, 


1173 


der  Luft  zum  Sieden , so  entsteht  ein  reichlicher  Niederschlag  von  kohlen- 
saurem  Baryt,  während  Schwefelbarium  und  Sinapolin  gelöst  bleiben.  — 
Das  Sinapolin  kristallisirt  aus  Wasser  in  fettig  anzufühlenden  , glänzenden, 
in  der  Siedhitze  des  Wassers  schmelzenden  Blättchen.  Das  geschmolzene 
Sinapolin  erstarrt  augenblicklich  Mieder  zu  einer  schon  kristallinischen 
Masse.  Es  ist  in  kalter  Kalilauge  nicht  auflöslich , beim  Kochen  damit 
schmilzt  es,  ohne  Ammoniakentwickelung,  zu  ölartigen  Tropfen,  die  sich 
bei  Zusatz  von  mehr  Wasser  auflösen , aber  schon  vor  dem  völligen  Er- 
kalten Mieder  abscheiden  und  kristallinisch  erstarren.  Es  ist  leicht  löslich 
in  Schwefelsäure  und  Essigsäure  und  wird  durch  Ammoniak  daraus  Mieder 
abgeschieden.  Die  heifs  gesättigte  wässerige  Auflösung  des  Sinapolius 
reagirt  alkalisch.  Es  verliert  bei  100°  nichts  an  Gewicht,  in  höherer  Tem- 
peratur wird  es  partiell  zersetzt,  indem  ein  Theil  sich  verflüchtigt.  In 
trockenem  salzsaurem  Gas  schmilzt  das  Sinapolin  unter  beträchtlicher  Er- 
hitzuug  und  ohne  Abscheidung  von  Wasser.  Die  Verbindung  stöfst  an 
feuchter  Duft  salzsaure  Dämpfe  aus  und  wird  durch  Wasser  unter  Ab- 
scheidung von  Sinapolin  zersetzt;  sie  bildet  mit  Platin-  und  Quecksilber- 
chlorid  Niederschläge.  Bei  der  Bildung  des  Sinapolins  tritt  aus  dem  Senföi 
der  ganze  Schwefelgehalt  in  der  Form  von  Schwefelkohlenstoff  aus,  wäh- 
rend dafür  die  Bestandtheile  des  Wassers  in  die  Basis  eintrcten.  2 At. 
Senföl  und  2 At.  Wasser  bilden  1 At.  Sinapolin  unter  Austrefung  der 
Elemente  von  2 At.  Schwefelkohlenstoff:  C16  H20  N4  S4  -4-  2 H20  ™ C,4  H24 
N4  0,j  -4-  SCSj.  Der  Schwefelkohlenstoff  bildet  mit  dem  Bleioxid  oder 
Baryt  ein  Sclnvefelmetall  und  ein  kohlensaurer  Salz.  ( Varrentrapp  und 
Will.) 


e)  Jn  den  Chinarinden  vorkommende  Pflanzenbasen . 

Chinin  ( "Chinium ). 

Synonyme:  Kinin,  Quinia,  Chinastoff,  Chinaharz. 

Das  Chinin  wurde  1820  von  Pelletier  und  Caventon  fast  gleichzeitig 
mit  dem  Cinchonin  entdeckt.  — Es  findet  sich  in  allen  ächten  Chiuasorten, 
vorzüglich  reichlich  aber  in  der  Königschina  ( China  regia  vera  seu  Cali- 
saya). 

§.  218 . Man  erhält  das  Chinin  auf  verschiedene  Weise 
aus  der  Königschina  durch  Ausziehen  derselben  mit  säure- 
($alz-,  Schwefel- Säure-)  haltendem  Wasser,  Fällen  des 
Auszugs  mit  einem  Alkali,  Behandeln  des  Niederschlags  mit 
Alkohol  und  Entfernen  des  Weingeistes  vom  klaren  Auszug 
durch  Destillation.  — Man  digerire  gepulverte  Königschina 
mit  dem  4-  bis  öfachen  Gewicht  Wasser,  welches  mit  etwa 
Vso  Schwefelsäure  (oder  Salzsäure)  angesäuert  wurde,  24— 
48  Stunden  unter  fleifsigem  Umrühren,  bei  etwa  6$ — 70°  R. 

(gut  ist  es  auch,  die  China  mit  nur  so  viel,  mit  der  gehörigen  Menge  Säure 
angesäuertem  , Wasser  zu  imprägniren , dafs  ein  stark  feuchtes  küimperiges 
Pulver  daraus  wird , sie  so  einige  Zeit  liegen  lassen , das  Gemenge  öfter 
durchzuarbeiten  und  dann  erst  mit  der  gehörigen  Menge  Wasser  zu  digeriren), 
kolire  dann  und  presse  den  Rückstand  scharf  aus,  feuchte  ihn 
nochmals  mit  wenig  warmem  Wasser  an,  und  presse  wieder. 

(Die  ausgezogene  China  erschöpft  man  M^eiter  mit  schwach  angesäuertem 
Wasser,  bis  sie  geschmacklos  ist,  und  benutzt  die  schwachen  Auszüge 
bei  einer  neuen  Arbeit.  Oder  concentrirt  sie  durch  Verdampfen  in  sehr 
gelinder  Wärme.)  Den  concentrirten  Auszug  setze  man  einige 
Tage  in  offenen  Gefäfsen  unter  öfterm  Umrühren  der  Luft 


1174 


Organische  Basen, 


aus,  lasse  das  Trübende  ablagern,  filtrire,  und  versetze  das 
Filtrat,  so  lange  noch  Trübung  und  flockiger  Niederschlag 
entsteht,  mit  gepulvertem  kristallisirtem  kohlensauren  Natron. 

Man  prüfe  öfter , ob  auf  neuen  Zusatz  von  kohlensaurem  Natron  Trübung 
entsteht,  und  höre  nicht  eher  auf,  zuzusetzen,  bis  die  Flüssigkeit  klar 
bleibt.  Es  wird  hiezu  ein  bedeutender  Ueberschufs  erfordert.  (Vergl.  auch 
Morphiumbereitung  S.  1188.)  Das  kohlensaure  Natron  gewinnt  man  wieder 
durch  Verdampfen  der  Mutterlauge,  Kristallisiren  und  Glühen  des  Salzes. 
Hiebei  wird  bei  Anwendung  von  Schwefelsäure  durch  die  gebildete  Kohle 
von  der  anhängenden  Lauge  etwas  Schwefelnatrium  gebildet,  was  wohl 
der  unmittelbaren  Anwendung  des  kohlenhaltigen  Salzes  zu  einer  neuen 
Arbeit  nichts  schadet.  Uebrigens  kann  man  es  auch  mittelst  kohlensaurem 
Kali  u.  s.  w.  reinigen.  Den  Niederschlag  reinige  man  von  an- 
hängender Lauge  durch  Pressen  und  Waschen  mit  wenig 
Wasser,  trockne  und  zerreibe  ihn  und  behandle  ihn  mit  dem 
5 — öfachen  Gewicht  Alkohol  von  80  — 90  Procent  Gehalt, 
bei  gewöhnlicher  Temperatur,  und  erschöpfe  das  Ungelöste 
mit  neuen  Mengen  Weingeist,  bis  dieser  nichts  mehr  auszieht. 
Ist  der  Auszug  gefärbt,  was  bei  pünktlicher  Arbeit  und  guter 
Königschina  nur  in  geringem  Grade  der  Fall  seyn  wird,  so 
digerire  man  ihn  mit  etwas  gereinigter  Thierkohle  oder  Blut- 
laugenkohle, bis  er  farblos  ist:  ziehe  dann  den  Weingeist 
bis  auf  lk  oder  weniger  ab,  und  lasse  erkalten.  Kristallisirt 
etwas  Cinchonin  heraus , so  giefse  man  die  klare  Lösung  da- 
von ab  5 ist  auch  Chinin  als  eine  harzähnliche  Masse  nieder- 
gefallen, so  nehme  man  dieses  mit  wässerigem  Weingeist  auf, 
versetze  die  säinmtliche  Lösung  mit  etwas  Wasser  und  ziehe 
allen  Weingeist  ab.  Beim  Erkalten  bleibt  Chinin-Hydrat  als 
eine  gelbliche,  harzähnliche,  zähe  Masse  zurück.  Um  den 
letzten  Antheil  Cinchonin  zu  entfernen,  behandelt  man  es  wie- 
derholt mit  reinem  Aether,  so  lange  dieser  etwas  aufnimmt, 
und  zieht  den  Aether  vom  klaren  Auszug  ab.  Zum  pharma- 
ceutisch-medicinischen  Gebrauch  ist  diese  letzte  Reinigung 
unnöthig.  Verlangt  man  es  in  Kristallen,  so  trockne  man  es 
in  gelinder  Wärme,  über  dem  Wasserbad,  bis  es  keinen  Ver- 
lust mehr  erleidet,  löse  es  in  absolutem  Alkohol  und  überlasse 
die  Lösung  an  trockener  Luft  der  freiwilligen  Verdunstung, 
oder  verdampfe  unter  der  Luftpumpe.  Beim  Verdampfen  der  vom 
Chinin  getrennten  dunkelbraunen  Lauge  sondert  sich  noch  ein  wenig  sehr 
unreines  Chinin  aus,  und  aus  der  unkristallisirbaren  Mutterlauge  erhält 
man  durch  Behandeln  des  zur  Trockne  verdampften  Rückstandes  mit 
Alkohol  wohl  auch  noch  ein  wenig  sogenanntes  Chinoidin.  Man  benutzt 
sie  ferner  zur  Darstellung  der  Chinasäure,  indem  man  diese  an  Kalk  bindet 
und  weiter  nach  s.  918  ff.  reinigt.  Gewöhnlich  fällt  man  den  sauren 
Chinaauszug  mit  Kalkhydrat  (hiebei  ist  salzsäurehaltiges  Was- 
ser dem  schwefelsäurehaitigen-  zum  Ausziehen  der  China  vor- 
zuziehen), welches,  mit  Wasser  zu  dünnem  Brei  angerührt, 
unter  beständigem  Umrühren  zugesetzt  wird.  Man  mufs  eben- 
falls einen  Ueberschufs,  etwa  J/20  der  angewendeten  China, 
C Henry  schlägt  % vor)  zusetzen.  Der  kalkhaltige  Niederschlag 
wird  durch  Pressen  und  Waschen  gereinigt,  mit  Alkohol  aus- 


Chinin. 


1175 


gezogen  und  mit  dem  geistigen  Auszug  weiter  wie  oben  an- 
gegeben verfahren.  Die  Ausbeute  ist  hier  meistens  geringer*  weil 
Chinin  in  der  wässerigen  Flüssigkeit  gelöst  bleibt*  welches  nur  schwierig 
zum  Theil  durch  Saturiren  derselben  mit  einer  Säure*  Concentrireu  durch 
Verdampfen , Fällen  mit  einem  Alkali  und  Reinigen  des  Niederschlags  auf 
die  angeführte  Weise  erhalten  werden  kann.  — Hermann  befeuchtet  50 
Theile  feingepulverte  Königschina  mit  15  Th  eilen  concentrirter  Salzsäure* 
und  läfst  das  Gemenge  4 Wochen  an  der  Luft  liegen,  dann  vertheilt  er  es 
in  Glaskolben  oder  hölzernen  Bottichen  in  8 gleiche  Theile  und  laugt  mit 
Wasser  in  der  Art  ans  * dafs  die  von  der  ersten  Portion  abgegossene  Flüs- 
sigkeit auf  die  2te*  diese  auf  die  3te  und  so  fort  auf  die  8te  gegossen 
wird.  Diese  Operation  wird  Miederholt*  bis  die  Flüssigkeit  in  der  8ten 
Flasche  6 p.  c.  fester  Theile  am  Areometer  zeigt.  Die  spätem  Auswa- 
schungen werden  besonders  gesammelt*  bis  sie  nicht  mehr  sauer  reagiren* 
dann  alle  mit  % Theil  in  Wasser  gelöstem  salzsaurem  Zinnoxidul  versetzt^ 
filtrirt  und  ausgelaugt*  so  lange  die  Flüssigkeit  bitter  schmeckt;  hierauf 
mit  kühfensaurem  Kali  gefällt  und  der  Niederschlag  gut  ausgewaschen. 
Die  rückständige  China  wird  Mieder  gemahlen  * mit  den  zuerst  erhaltenen 
stärkern  Auszügen  gewaschen  und  die  Operation  Mie  angezeigt  noch  2- 
bis  3mal  wiederholt ; bei  diesen  letztem  bedarf  man  aber  nur  halb  so  viel 
oder  weniger  Zinnsalz.  (Magazin  für  Pharmacie  Bd.  25.  Hft.  3.  S.  710  — 
Vorteilhaft  kann  man  auch  zur  Darstellung  des  Chinins  (und 
Cinchonins)  die  gelbe  China  (China  flava  dura  et  fibrosa)  an- 
wenden. Man  erschöpft  diese  mit  schwefelsäurehaltigem  (oder 
salzsäurehaltigem)  Wasser  wie  angeführt,  filtrirt,  setzt  koh- 
lensaures Natron  oder  Kalkmilch  zu,  behandelt  den  gewasche- 
nen Niederschlag  mit  kochendem  Alkohol  und  verfährt  wie 
oben  angegeben  wurde.  Beim  Abdestilliren  des  Weingeistes 
bis  auf  y3  oder  mehr,  je  nach  seiner  Stärke,  und  Erkalten- 
lassen  kristallisirt  hier  immer  ein  grofser  Theil  Cinchonin  her- 
aus. Liefert  die  Flüssigkeit  beim  fernem  Verdampfen  noch 
mehr  Kristalle,  so  dampft  man  weiter  ab,  zuletzt  fällt  (etwas 
cinchoninhaltiges)  Chinin  als  eine  harzige  Masse  nieder,  wel- 
che auf  die  angeführte  Art  gereinigt  wird,  zur  Trennung  des 
Cinchonins  von  Chinin  kann  man  auch  den  Niederschlag  mit  Schwefelsäure 
genau  saturiren  und  kristallisiren  lassen;  anfangs  schiefst  nur  schwefel- 
saures Chinin  an  und  die  Mutterlauge  enthält  vorzüglich  schwefelsaures 
Cinchonin.  Beide  Salze  werden  nun  wie  angeführt  zerlegt  und  gereinigt. 
Bei  diesen  Arbeiten  erhält  man  oft  in  der  Mutterlauge  viel  sogenanntes 
Chinoidin*  welches  nach  S.  1185  weiter  gereinigt  wird.  — Da  die  China- 
rinden oft  sehr  ungleich  an  Alkaligehalt  sind*  so  ist  es  zweckmäfsig*  sie 
vorher  hierauf  zu  prüfen.  Man  verfährt  am  einfachsten  nach  der  zuerst 
angegebenen  Bereitungs-Methode;  erschöpft  etwa  1 Unze  mit  säurehalten- 
dem Wasser*  verdampft  den  Auszug  bis  auf  etwa  4 Unzen*  filtrirt*  fällt 
mit  überschüssigem  kohlensauren  Natron*  zieht  den  Niederschlag  vollstän- 
dig mit  Alkohol  aus  und  verfährt  weiter  Mie  angezeigt;  oder  bindet  das 
Chinin  an  Schwefelsäure , die  aber  nicht  vorherrschen  darf*  und  verdampft 
in  gelindester  Wärme.  Gute  Königschina  Mrird  gegen  4 — 5 Procent*  auch 
mehr  Salz  geben*  gelbe  China  fast  2 Procent  Chinin-  und  Cinchonin-Salz. 
Es  versteht  sich,  dafs  man  bei  solchen  Versuchen  im  Kleinen  sehr  pünkt- 
lich arbeiten  mufs*  sonst  erhält  man  ein  falsches  Resultat.  (Vergl.  über 
Prüfung  der  Chinarinden  auch  Annalen  der  Pharmacie  Bd.  3.  S.  12.  und 
Duflos  in  Schweigger-  Seidel’ s Journal  Bd.  62.  S.  310.)  — Berzelius 
schlägt  vor*  den  Chinaauszug  mit  Gallusaufgufs  zu  fällen,  den  gewasche- 
nen Niederschlag  in  Weingeist  zu  lösen*  mit  essigsaurem  Bleioxid  zu  fällen* 
die  durch  Hydrothionsäure  von  Blei  befreite  Lösung  mit  einem  Alkali  nie- 


1176 


Organische  Basen. 


derzuschlagen , und  weiter  wie  angegeben  zu  verfahren.  — Auf  diese  Art 
könnten  vielleicht  die  meisten  organischen  Alkalien  dargestellt  werden. 

Erklärung : Chinin  ist  in  der  China  an  Chinasäure  (zum  Theil  auch 
an  Chinaroth)  gebunden,  aber  die  Verbindung  ist  zum  Theil  leicht  zer- 
legbar ^ beim  Ausziehen  mit  Wasser  bleibt  leicht  ein  Theil  basisch  china- 
saures Chinin  (und  die  Verbindung  desselben  mit  Farbstoff)  zurück*  Man 
setzt  defshalb  Säure  zu,  um  ein  lösliches  Chininsalz  zu  erhalten.  Alkalien 
zerlegen  diese  Verbindung  und  scheiden  Chinin  als  in  Wasser  schwer  lös- 
lich aus.  Man  setzt  darum  überschüssiges  kohlensaures  Natron  zu , weil 
Chinin  in  dieser  Flüssigkeit  (fast)  unlöslich  ist,  während  viel  färbende 
Substanz,  welche  die  Lauge  ganz  dunkel  macht,  gelöst  bleibt.  Aehnlich 
wirkt  der  überschüssig  zugesetzte  Kalk  oder  Magnesia.  Ein  Theil  Farb- 
stoff (Chinaroth)  fällt  mit  nieder.  Beim  Behandeln  des  trockenen  Nieder- 
schlags mit  Alkohol  wird  nur  Chinin  (und  Cinchonin)  ausgezogen,  der 
Farbstoff  bleibt  fast  ganz  ungelöst  zurück.  Thierkohle  schlägt  den  Rest 
Bieder.  Beim  Abdestilliren  des  Weingeistes  kristallisirt  zuerst  Cinchonin, 
wenn  welches  vorhanden,  als  schwerlöslich  heraus,  Chinin  bleibt  gelöst 
(s.  u.).  Die  vollständige  Trennung  beider  Alkalien  durch  Aetlier  gründet 
sich  auf  die  Löslichkeit  des  Chinins  in  demselben,  während  Cinchonin  darin 
unlöslich  ist.  Schwefelsaures  Chinin  ist  weit  schwerer  löslich  als  schwe- 
felsaures Cinchonin ; daher  sich  beide  Salze  durch  Kristallisation  zum 
Theil  trennen  lassen.  Die  übrige  Scheidungsart  ist  wie  bei  den  andern 
organischen  Basen. 

§.  219.  Die  Eigenschaften  des  Chinins  sind:  Es  kri- 
stallisirt nach  Pelletier  aus  seiner  Lösung  in  fast  wasser- 
freiem Weingeist  beim  freiwilligen  Verdampfen,  nach  J.  L. 
auch  aus  einer  heifsen  etwas  ammoniakhalligen  imsserigen 
Lösung,  in  sehr  feinen  seidenartig  glänzenden  Nadeln,  bü- 
schelförmig ; gewöhnlich  ist  es  nicht  kristallisirt,  sondern  bildet 
nur  eine  poröse,  schmutzig- weifse  Masse,  die  zerrieben  ein 
weifses  Pulver  giebt.  Alkalien  schlagen  es  aus  seinen  sauren 
Auflösungen  in  weifsen  käsigen  Flocken  nieder.  Diese  Flocken, 
so  wie  das  kristallisirte  Chinin,  sind  ein  Hydrat  Dieses  ist 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  luftbeständig,  Nichtleiter  der 
Elektricität,  geruchlos,  schmeckt  sehr  bitter,  schmilzt  leicht 
in  der  Hitze  zu  einer  ölartigen  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten 
zu  einer  durchscheinenden  harzähnlichen  Masse  erstarrt;  läfst 
bei  anhaltendem  Erhitzen  ira  Wasserbad  sein  Wasser  fahren 
und  verflüchtigt  sich  bei  vorsichtigem  Erhitzen  zum  Theil  u»r- 
verändert.  (Ln  luftleeren  Raume  über  Feuer  geschmolzen,  nimmt  es 
beim  langsamen  Erkalten  auch  eine  kristallinische  Textur  an.)  Das  luft- 
trockene Chinin  verliert  bei  120°  14,2  p.  c.  = 3 At.  Wasser. 

In  rascher  Eitze  wird  es  zerstört;  entwickelt  in  trockener  Destillation 
Ammoniak,  und  verbrennt,  an  der  Luft  entzündet,  mit  heller  Flamme.  — 
In  Wasser  ist  Chinin  schwer  löslich;  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur erfordert  es  gegen  400,  in  der  Kochhitze  etwa  250 
Theile.  Die  Lösung  reagirt  alkalisch , concentrirte  Lösungen 
von  Alkalien  fällen  daraus  Chinin,  lodtinktur  trübt  sie  braun, 
salpetersaures  Quecksilberoxid  und  Silbersolution  trüben  sie 
weifs,  Goldauflösung  gelblichweifs  und  Piatinauflösung  gelb- 
lich, die  violette  Lösung  des  mineralischen  Chamäleons  färbt 


Chinin. 


1177 


sie  schön  grün,  Duflos ; Gallustinktur  füllt  sie  stark  weifs. 
Concentrirte  Salpeter-  und  Schwefelsäure  lösen  Chinin  in  der 
Kälte  ohne  Färbung  auf 5 beim  Erhitzen  färbt  sich  die  Schwefelsäure 
Mischung  erst  roth,  dann  schwarz.  In  Weingeist  ist  es  sehr  leicht 
löslich,  1 Theil  bedarf  in  der  Kochhitze  nur  2 Theile,  beim 
Erkalten  bleibt  die  Lösung  klar,  sie  schmeckt  sehr  bitter  und 
reagirt  bedeutend  alkalisch.  Auch  in  Aether  ist  es  ziemlich 
löslich  5 1 Theil  bedarf  gegen  60  Theile  bei  gewöhnlicher 
Temperatur. 

§.  220.  Mit  Säuren  bildet  das  Chinin  die  Chininsalze. 
Diese  sind  neutral  und  sauer,  meistens  kristallisirbar,  und 
etwas  schwerer  löslich  in  Wasser,  als  die  Cinchoninsalze; 
in  Weingeist  sind  sie  leicht  löslich,  schmecken  viel  bitterer 
als  die  Cinchoninsalze.  Die  wässerigen  Lösungen  der  Chi- 
ninsalze verhalten  sich  gegen  die  oben  genannten  Reagentien 
wie  die  Lösung  des  Chinins.  Im  Sonnenlicht  färben  sich  die 
Chininsalze  zum  Theil  gelb  und  braun. 

Salzsaures  Chinin,  basisches.  Formel:  2Ch,Cl2Ha,  8aq.  Durch  Sät- 
tigen von  Chinin  uud  Salzsäure  zu  erhalten,  wobei  man  jedoch  sehr  leicht 
eine  harzartige  Masse  erhält.  Nach  Winkler  stellt  man  es  am  besten  dar, 
wenn  man  480  Th.  verwittertes  schwefelsaures  Chinin  mit  139  Th.  kri- 
staHisirtem  Chlorbarium  mischt,  das  Gemenge  einige  Zeit  bei  40°  mit  Was- 
ser digerirt,  filtrirt  und  bei  einer  nicht  über  40*  gehenden  Temperatur  zur 
Kristallisation  verdampft,  wo  das  Salz  beim  Erkalten  in  weifsen  perlmut- 
terglänzenden Nadeln  anschiefst.  Es  ist  in  Wasser  etwas  schwer  löslich. 
Quecksilberchlorid  fällt  aus  der  Auflösung  ein  Doppelsalz,  welches  sich  in 
weifsen  käsigen  Flocken  abscheidet  und  beim  Erhitzen  leicht  schmilzt. 
Wird  eine  Lösung  des  salzsauren  Chinins  oder  eines  andern  Chininsalzes 
mit  Salzsäure  und  Platinchlorid  vermischt,  so  fällt  ein  Doppelsalz  nieder, 
welches  nach  dem  Trocknen  als  pomeranzengelbes  kristallinisches  Pulver 
erscheint.  Es  bedarf  1500  Th.  kalten,  aber  nur  120  Th.  kochenden  Was- 
sers zu  seiner  Lösung.  Alkohol  nimmt  nur  l/2000  seines  Gewichtes  davon 
auf.  Es  besteht  aus  45,77  Platiuchlorid  und  54,23  salzsaurem  Chinin  (J.  LJ. 
Vernachlässigt  man  den  Zusatz  von  Salzsäure  bei  der  Fällung,  so  erhält 
man  ein  Gemisch  von  zwei  Niederschlägen,  wovon  der  eine  weifs,  der 
andere  gelb  ist. 

Das  neutrale  salzsaürö  Chinin  erhält  man  durch  Sättigen  von  Chinin 
mit  trockenem  salzsaurem  Gas:  Es  enthält  genau  die  doppelte  Menge  Salz- 
säure wie  das  aus  den  neutralen  Lösungen  kristallisirte. 

Chlorsaures  Chinin,  auf  ähnliche  Art  wie  salzsaures  zu  erhalten, 
kristallisirt  in  büschelförmig-vereinten  sehr  zarten  Prismen,  die  in  Wasser 
und  Weingeist  löslich  sind.  In  gelinder  Wärme  schmelzen  sie,  beim  Er- 
kalten erstarrt  das  Salz  zu  einer  durchsichtigen  firnifsartigen  Masse;  in 
stärkerer  Hitze  explodirt  es. 

Iodicasserstoff'saures  Chinin , basisches.  Feine,  zu  Warzen  vereinigte 

Kristalle  ( Pelletier  Das  neutrale  Salz,  Ch  -4-  I2  Ha , kristallisirt  in 
zarten  gelben  Blättern,  es  verliert  bei  100°  7,35  p.  c.  Wasser. 

lodsaures  Chinin,  welches  man  durch  Sättigen  des  Chinins  mit  wäs- 
seriger lodsäure  und  Verdampfen  erhält,  kristallisirt  in  seidenartig  glän- 
zenden Nadeln,  dem  Schwefelsäuren  Chinin  (s.  u.)  ähnlich;  ist  ziemlich 
löslich  in  Wasser,  die  Lösung  wird  durch  freie  lodsäure  gefällt,  indem 

G*ige/i  Pharm  ade.  /.  ( 5 te  Juü- ) 7 t* 


ms 


Organisch®  Basen. 


ein  sehr  schwer  lösliches  saures  Salz  sich  bildet.  Auch  andere  leicht  lös- 
liche Chiniusalze  werden  durch  überschüssige  lodsäure  gefällt;  Serullas. 
(Aehniich  verhalten  sich  die  übrigen  organischen  Alkalien  gegen  lodsäure; 
bis  auf  Morphin , welches  sich  ganz  eigentümlich  verhält.)  Beim  Er- 
hitzen oder  durch  den  Schlag  verpufft  es.  — Wird  von  Serullas  als  Arz- 
neimittel vorgeschlagen. 

Schivefelsaures  Chinin,  basisches.  Formel:  2Ch,so3,8aq. 
Wird  bei  der  Darstellung  des  Chinins  durch  Behandeln  des  Chinins  mit  Schwe- 
felsäure erhalten.  Man  rnufs  einen  Ueberschufs  von  Schwefelsäure  ver- 
meiden^ sonst  entsteht  leicht  lösliches  neutrales  Salz.  Ein  Paar  Tropfen 
Alkali  der  Lauge  zugesetzt,  bewirkt  dann  schnell  Kristallisation.  Da  das 
basisch  Schwefelsäure  Chinin  ziemlich  schwerlöslich  in  kaltem  Wasser  ist, 
so  läfst  es  sich  leicht  rein  darstelleu.  Man  kann  entweder  die  geistige 
Lösung  des  nach  g.  218  erhaltenen  Chinins,  von  der  der  Weingeist  gröfsten- 
theils  durch  Destillation  getrennt  wurde,  geradezu  mit  Schwefelsäure  neu- 
tralisiren  und,  wenn  die  Flüssigkeit  gefärbt  ist,  etwas  (ungefähr  y40  der 
angewendeten  China)  gereinigte  Thierkohle  zusetzen,  oder  das  ausge- 
schiedene Chinin  mit  dem  BOfachen  Gewicht  Wasser  erhitzen , mit  Schwe- 
felsäure neutralisiren , gereinigte  Thierkohle  zusetzen  und  kochendheifs 
filtriren ; beim  Erkalten  des  Filtrats  kristallisirt  der  gröfste  Theil  schwefel- 
saures Chinin  heraus;  enthält  die  Flüssigkeit  noch  Weingeist,  so  entfernt 
man  ihn  durch  freiwilliges  Verdunsten.  Das  Salz  reinigt  man  von  der 
Mutterlauge  durch  vorsichtiges  Abgiefsen,  wäscht  es  wiederholt  mit  kaltem 
Wasser  (was  ohne  bedeutenden  Verlust  geschehen  kann),  und  trocknet 
es  an  freier  Luft,  aber  im  Schatten.  Kürzer  wird  es  durch  Auspressen 
von  der  Mutterlauge  befreit,  aber  es  hat  danu  nicht  die  schöne,  lockere, 
zarte,  kristallinische  Beschaffenheit,  sondern  ein  mehr  pulveriges  Ansehen, 
und  rnufs  nochmals  kristallisirt  werden.  Es  versteht  sich,  dafs  wenn  die: 
Lauge  farblos  ist  oder  durch  Zinusolution  u.  s.  w.  entfärbt  wurde,  der  Zu- 
satz von  Kohle  unnöthig  ist.  Auch  kanu  aus  guter  Königschina,  wenn 
der  saure  Auszug  stark  verdampft  und  daun  fikrirt  wurde,  ehe  er  mit 
Alkalien  behandelt  wird,  ohne  Kohle  ein  Theil  schwefelsaures  Chinin  durch 
Waschen  mit  Wasser  blendendw  eifs  erhalten  werden.  Sämmtliche  Mutter- 
laugen und  Abwaschtlüssigkeiten  werden  verdampft  und  auf  schwefelsaures 
Chinin  benutzt,  indem  man  sie  wiederholt,  wie  angeführt,  reinigt  oder  sie 
bei  einer  neuen  Arbeit  zusetzt.  — Guilbert  behandelt  die  China  anfangs 
mit  sehr  verdünntem  wässerigen  Ammoniak,  entzieht  ihr  damit  die  färben- 
den Theile,  Fett,  Harz  u.  s.  w.,  und  erhält  dann  mit  Schwefelsäure  direct 
aus  derselben  ein  reines  weifses  Salz.  Eben  so  kann  man  mit  Aetzkali 
oder  Natronlauge  verfahren,  wie  neuerlich  Cassola  vorschreibt.  Derselbe 
kocht  2 Theile  Königschina  mit  8 Theilen  Was^r,  welches  yioa  Aetzkali 
oder  kohlensaures  Kali  enthält,  seiht  dyr.($Ä  prefst  und  wäscht  den 
Rückstand  mit  wenig  Wasser  unter  öfterm  Pressen , bis  die  Flüssigkeit 
fast  farblos  erscheint;  dann  kocht  er  wiederholt  mit  schwefelsäurehaltigem 
Wasser  aus,  scheidet  die  überschüssige  Säure  mit  kohlensaurem  Kalk  ab, 
zersetzt  das  Filtrat  mit  einfach  kohlensaurem  Kali,  löst  den  gewaschenen 
Niederschlag  in  Alkohol,  mit  Schwefelsäure  vermischt  u.  s.  w.  Auch  ohne 
Anwendung  von  Alkohol  erhält  man  auf  diese  Art  reines  sehvvefelsaures 
Chinin ; doch  soll  die  mit  kohlensaurem  Kali  behandelte  China  nur  einmal 
mit  schwefelsäurehaltigem  Wasser  ausgekocht  werden  (auf  2 Th.  China 
10  Th.  Wasser  uud  y3J  Schwefelsäure);  das  gefällte  Chiuiu  wird  daun 
unmittelbar  in  verdünnter  wässeriger  Schwefelsäure  aufgelöst,  der  Ueber- 
schufs an  Säure  mit  kohlensaureni  Kalk  entfernt,  das  Filtrat  mit  thierischer 
Kohle  gekocht  und  heifs  filtrirt.  (Magazin  für  Pharmacie  Bd.  25.  Heft  3. 
8.  73.)  Hiebei  möchte  jedoch  ein  Verlust  an  Chiuin  nicht  zu  vermeiden 
seyn.  Die  Anwendung  von  überschüssigem  kohlensauren  Natron  zur  Aus- 
scheidung des  Chinins  ist  wohl  allen  diesen , zum  Theil  unnöthig  umständ- 
lichen, Methoden  bei  weitem  vorzuziehen!  — Ohne  Anwendung  von  Al- 
kohol Iiiföt  sich  auch  (jedoch  nicht  ohne  Verlust)  nach  Henry  und  Plisson 


C h i n i n. 


1179 


schwefelsaures  Chinin  erhalten : Diese  kochen  Königschina  mit  schwefel- 
säurehaltigem  Wasser  aüs,  setzen  dem  Filtrat  so  lange  frisch  bereitetes, 
noch  feuchtes  Bleioxidhydrat  zu,  bis  es  neutral  ist  und  nur  wenig  gefärbt 
erscheint;  das  klare  Filtrat  befreit  man  durch  Schwefelsäure  oder  Hydro- 
thionsäure  von  Blei,  filtrirt,  setzt  Kalkmilch  nur  wenig  im  Ueberschufs 
zu,  und  neutralisirt  den  gewaschenen  Niederschlag  mit  verdünnter  Schwe- 
felsäure. In  den  bleihaltigen  Niederschlägen  ist  noch  Chinin  enthalten, 
das  durch  Ausziehen  mit  Alkohol  u.  s.  w.  zu  erhalten  ist.  Die  Mutter- 
lauge enthält  reinen  chinasauren  Kalk  und  kann  auf  Chinasäure  benutzt 
werden.  (Magaz.  für  Pharmac.  Bd.  19.  S.  155.  — üeber  Winckler’s  Vor- 
schlag, die  Chinaalkalien  und  deren  Salze  ohne  Anwendung  von  Alkohol 
zu  bereiten,  siehe  ebendaselbst  S.  258.)  — Die  letzten  Kristallisationen 
enthalten  auch  schwefelsaures  Cinchonin,  welches,  als  viel  leichter  in  Was- 
ser löslich,  erst  zuletzt  kristaliisirt , und  die  gefärbte  unkristallisirbare  Mut- 
terlauge enthält  sogenanntes  Chinoidin  (S.  1185).  — Das  basisch  schwe- 
felsaure Chinin  bildet  sehr  feine,  weifse,  seidenglänzende, 
etwas  biegsame  Nadeln  und  zarte  Blättchen,  ist  so  leicht  und 
locker  wie  Magnesia;  schmeckt  sehr  bitter.  Ist  leicht  schmelz- 
bar ; phosphorescirt  hei  100°  C.  im  Dunkeln  durch  Reiben.  An 
trockener  Luft  verwittert  es  und  verliert  SA  = 10,75  p.  c.  sei- 
nes Kristallisationswassers.  — Durch  Hitze  wird  es  zerstört.  — 
In  kaltem  Wasser  ist  es  sehr  schwer  löslich,  erfordert  nach 
Baup  740  Theile,  leichter  in  heifsem,  von  welchem  es  30 
Theile  bedarf.  In  Weingeist  ist  es  leichter  löslich,  es  bedarf 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  60  Theile  von  0,85  spec.  Ge- 
wicht, in  der  Hitze  weit  weniger.  Wenig  löslich  in  Aether. 
— Wird  es  mit  mehr  Säure  versetzt,  so  bildet  es  einfach 
schwefelsaures  Chinin , das  meistens  in  kleinen  Nadeln  an- 
schiefst, die  rectarsguläre  Säulen  sind  (.Geiger  erhielt  es  in  lanr 
gen,  weifsen,  seidenglänzenden,  dünnen  Nadeln,  feinem  Asbest  ähnlich). 

Dieses  reagirt  sauer,  besteht  aus  I At.  Chinin,  1 At.  Schwe- 
felsäure und  8 At.  Wasser.  Ist  viel  leichter  in  Wasser  lös- 
lich, erfordert  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nur  II  Theile. 
ln  der  Hitze  schmilzt  es  in  seinem  Kristallwasser  und  verliert 
bei  100°  24,66  p.  C.  Wasser.  Daher  kristaliisirt  es  schwierig  uDd 
es  mufs  bei  Bereitung  des  einfach  schwefelsauren  Chinins  ein  Ueberschufs 
an  Säure  vermieden  werden.  — Concentrirte  freie  Schwefelsäure  zerstört 
beide  Salze  l.eicht-,  färbt  sie  in  der  Hitze  roth  und  verkohlt  sie.  (Selbst 
das  Sonnenlicht  bräunt  reines  schwefelsaures  Chinin;  Leverhöhn.')  Auch 
aus  dem  Grunde  darf  bei  Bereitung  des  eiufach  schwefelsauren  Chinins 
keine  Säure  vorherrschen.  — Ueber  Verfälschung  dieses  Salzes  s.  u.  — * 
Wird  jetzt  am  meisten  als  Arzneimittel,  in  Pulverform  mit  Zucker  u.  s.  w. 
verordnet. 

Unterschwefelsaures  Chinin  erhält  man  durch  wechselseitige  Zersetzung 
von  neutralem  schwefelsauren  Chinin  mit  upterschwefelsaurem  Baryt.  Es 
kristaliisirt  leicht  und  ist  in  Wasser  schwerer  löslich  als  das  schwefel- 
saure Salz. 

Phosphorsaures  Chinin  kristaliisirt  in  farblosdurchsichtigen,  perlmut» 
terglänzenden  Nadeln  ; ist  leicht  löslich  in  Wasser  und  Weingeist.  — Wird 
neuerlichst  als  Arzneimittel  gegen  Wechselfieber  u.  s.  w.  sehr  angerühmt 
und  selbst  schwefelsaurem  Chinin  vorgezogen. 

Blausaures  Eiscnoxidul-Chinin , eisenblausaures  Chinin , durch  Zer- 
legen des  schwefelsauren  Chinins  mit  blausaurem  Eisenoxidul-Kali,  Behan- 
deln des  unreinen  Salzes  mit  lauem  Alkohol  und  Verdampfen  der  geistigen 


1180 


Organische  Basen. 


Lösung  zu  erhalten,  — kristallisirt  in  verworrenen,  grünlichgelben  Nadeln 
von  sehr  bitterm,  zugleich  der  Blausäure  ähnlichen  Geschmack.  Ist  leicht 
löslich  in  Weingeist,  unlöslich  in  Wasser,  welches  es  besonders  in  der 
Hitze  zerlegt.  — Wird  in  Italien  als  Arzneimittel  gebraucht.  (Vergl.  An- 
nalen der  Pharmacie  Bd.  V.  S.  306.) 

Kleesaures  Chinin , basisches.  Formel:  2Ch,0,aq( RegnaultJ.  Bildet 
ein  weifses,  kristallinisches,  schwerlösüches  Pulver. 

Weinsteinsaures  Chinin  ist  dem  kleesauren  ähnlich,  aber  leichter 
löslich. 

Citronensaures  Chinin , durch  Zerlegen  des  schwefelsauren  Chinins 
mit  saurem  citronensauren  Natron  zu  erhalten , — kristallisirt  in  Nadeln 
von  bitterm  Geschmack  , ist  schwerlöslich  in  Wasser.  — Wird  in  Italien 
als  Arzneimittel  gebraucht.  (Annalen  der  Pharmacie  Bd.  V.  S.  208.) 

Chinasaures  Chinin,  welches  nach  Henry  und  Plisson  aufser  durch 
unmittelbares  Sättigen  des  Chinins  mit  reiner  Chinasäure  auch  unmittelbar 
ans  einer  vorzüglich  Chinin  haltenden  China  erhalten  wird;  indem  man  das 
wässerige  Decoct  zur  Syrupsdicke  verdampft,  in  dem  3fachen  Gewicht 
kaltem  Wasser  löst,  fiitrirt,  zur  Hälfte  verdampft  und  bis  fast  zur  völligen 
Neutralisation  mit  kohlcnsaurem  Kalk  versetzt,  dann  vorsichtig  bis  zur 
Neutralität  Bleioxidhydrat  zusetzt,  das  Filtrat  mit  Hydrothionsäure  vom 
Blei  befreit,  zur  Syrupsdicke  verdampft,  mit  Alkohol  von  0,842  spec.  Ge 
wicht  auszieht,  den  Weingeist  vom  Filtrat  abzieht,  und  den  Rückstand 
wiederholt  mit  Wasser  und  Weingeist  behandelt,  bis  letzterer  nichts  mehr 
abscheidet,  und  das  Salz  zuletzt  der  freiwilligen  Verdunstung  überläfst.  — - 
Oder  man  zerlegt  Chinasäuren  Baryt  mit  schwefelsaurem  Chinin,  fiitrirt  und 
verdampft  das  Filtrat  zur  Syrupsdicke,  wo  nach  einigen  Tagen  das  Salz 
anschiefsi.  Es  kristallisirt  schwierig  in  meistens  warzenförmigen  Krusten, 
zum  Theil  aus  kleinen  Nadeln  bestehend;  wird  an  der  Luft  trüb  und  zum 
Theil  hornartig  durchscheinend  (im  unreinen  Zustande  bildet  es  eine 
schmutzige  gelblich  grünliche  Masse);  ist  leichtlöslich  in  Wasser,  etwas 
schwerer  löslich  in  starkem  Weingeist;  grünt  Violensaft.  Bei  etwas  vor- 
waltender Säure  kristallisirt  es  leichter  in  Nadeln.  — Wird  als  Arznei- 
mittel vorgeschlagen. 

Essigsaures  Chinin  kristallisirt  in  seidenglänzenden  Nadeln.  Ist  schwer- 
löslich  in  kaltem,  leichtlöslich  in  heifsem  YVasser;  verliert  in  der  Wärme 
einen  Theil  Säure. 

Callussaures  Chinin  ist  ein  in  kaltem  Wasser  fast  unlösliches  Pulver, 
oder  bildet  durchsichtige  Körner. 

Die  Prüfung  auf  die  Reinheit  des  Chinins  und  der  Chininsalze  ergiebt 
sich  aus  den  Eigenschaften.  Sie  müssen  schön  weifs  seyn,  sehr  bitter 
schmecken,  in  der  Hitze  leicht  schmelzen  und  unter  Luftzutritt  vollständig 
verbrennen.  Die  Kohle  mufs  zwar  langsam,  aber  bei  anhaltendem  Glühen 
vollständig  verschwinden.  Man  hat  das  schwefelsaure  Chinin  bis  jetzt  mit 
Gyps,  Kreide,  Magnesia,  Boraxsäure,  Zucker,  Mannastoff,  Talgsäure 
und  Cinchonin  verfälscht  angetrofi’cn.  Die  vier  ersten  geben  sich  beim  Er- 
hitzen zu  erkennen,  sie  bleiben  beim  Verbrennen  zurück,  oder  die  drei 
ersten  durch  Behandeln  mit  Weingeist.  Enthalten  sie  ßoraxsäure,  so  wird 
der  nach  dem  Verbrennen  bleibende  Rückstand,  in  Alkohol  gelöst,  diesem, 
angezündet,  eine  grüne  Flamme  ertheilen,  Zucker  und  Mannastoff  wer- 
den mit  kaltem  Wasser  ausgezogen,  und  die  Talgsäure  giebt  sieh  zu  er- 
kennen, wenn  das  verdächtige  Chininsalz  mit  säurehaitendem  Wasser  be- 
handelt wTird,  wo  sie  zurückbleibt.  Stärkmehlgehalt  würde  sich  durch  die 
blaue  Farbe  mit  lodtinktur  zu  erkennen  geben.  Cinchoninhaltiges  Chinin 
giebt  sich  zum  Theil  durch  das  Ansehen  zu  erkennen ; es  ist  nicht  so 
locker;  die  Kristalle  des  Cinchonins  sind  meistens  dicker  und  härter.  Durch 
Behandeln  mit  schwachem  Weingeist  entzieht  man  das  Chi  nie,  und  Cincho- 
nin bleibt  gröfstentheils  ungelöst.  Auch  durch  Zerlegen  der  Salze , wenn 


Cinchonin. 


1481 


es  schwefelsaures  Cinchonin  wäre,  mit  einem  Alkali  und  Behandeln  des 
Niederschlags  mit  Aether  scheidet  man  Cinchonin , welches  unlöslich  in 
Aether  ist,  von  Chinin  ab.  Concentrirte  Schwefelsäure  darf  keine  Chinin- 
verbindung in  der  Kälte  röthen,  sonst  enthielte  sie  Salicin.  (Vergl.  auch 
Magazin  für  Pharmacie  Bd.  6.  S.  78,  Bd.  1 !.  8.  36,  Bd.  IS.  S.  71,  Bd.  IG. 
S.  60,  Bd.  17.  8.  73  u.  143,  und  vorzüglich  Schweinsherg , Anleitung  zur 
Prüfung  des  schwefelsauren  Chinins,  ebendas.  Bd.  33.  S.  137  ff.) 


Cinchonin  (CinchoniumJ . 

Pelletier  und  Caventou  erkannten  1820  den  schon  1811  von  Gomes 
ziemlich  rein  dargestellten,  eigentümlichen , kristallisirbaren  Stoff  der 
braunen  China  für  ein  organisches  Alkali,  und  lehrten  dessen  Darstellung. 

— Das  Cinchonin  findet  sich  vorwaltend  in  der  grauen  und  braunen  China; 
ferner,  nebst  mehr  Chinin,  in  der  rothen  und  gelben  China,  und  in  ge- 
ringer Menge  in  der  Königschina. 

221.  Das  Cinchonin  wird  ganz  auf  gleiche  Weise  wie 
Chinin  erhalten.  Man  wählt  am  zweckmäfsigsten  kräftige 
graue  China  £ China  Huanuco auch  die  rostfarbige  China 
(China  rubiginosa ) ist  sehr  reichhaltig  an  Cinchonin.  Da 
Cinchonin  schwerer  löslich  ist  als  Chinin,  so  inufs  man  die 
ziemlich  feingepulverte  Rinde  mit  säurehaltendem  Wasser 
wiederholt  kochend  erschöpfen.  Den  concentrirten  Auszug 
versetzt  man  übrigens  wieder  mit  überschüssigem  kohlen- 
sauren Natron,  so  lange  ein  Niederschlag  entsteht,  oder  ver- 
setzt ihn  mit  überschüssiger  Kalkmilch  und  behandelt  den 
durch  Pressen  und  Waschen  gereinigten  Niederschlag  mit 
starkem  ( ÖOprocentigem ) Alkohol  kochend,  so  lange  dieser 
etwas  aufnimmt,  filtrirt  heifs.  wo  beim  Erkalten  ein  Theil 
Cinchonin  herauskristallisirt , zieht  etwa  2/3  Weingeist  ab 
und  läfst  erkalten,  wo  wieder  ein  Theil  Cinchonin  heraus- 
kristallisirt , versetzt  den  Rest  der  Flüssigkeit  mit  etwas  Was- 
ser, und  destillirt  wieder  den  gröfsten  Theil  Weingeist  ab. 
Die  Flüssigkeit  enthält  jetzt  nur  noch  Chinin  und  sogenanntes  Chinoidin. 

8ämmtiiches  herauskristalüsirte  Cinchonin  löst  man  kochend 
in  starkem  (OOprocentigem)  Alkohol,  entfärbt  die  Lösung  nö- 
thigen  Falls  mit  gereinigter  Thierkohle,  und  filtrirt  heifs.  Beim 
Erkalten  kristallisirt  reines  Cinchonin  heraus,  und  durch  Ver- 
dampfen erhält  man  den  Best.  Die  gefärbte  Mutterlauge,  so  wie 
die  AbwaschOiissigkeiten  sättige  mau  mit  Schwefelsäure , entfärbe  sie  mit 
Thierkohle  und  concentrire  die  Lösung,  wo  beim  Erkalten  etwas  schwe- 
felsaures Chinin  anschiefst;  zerlege  das  Flüssige  mit  einem  Alkali,  nehme 
den  gewaschenen  Niederscltlag  in  kochendem  Alkohol  auf  und  lasse  er- 
kalten, wo  man  noch  etwas  Cinchonin  erhält.  Aus  der  Mutterlauge  erhält 
inan  wieder  Chinoidin.  Auch  kann  man  das  Chinin  mittelst  Aether  von 
Cinchonin  trennen.  Dieser  löst  ersteres  auf  und  läfst  letzteres  ungelöst. 

— Nach  Stratingh  soll  die  China,  anstatt  mit  reiner  Schwefelsäure  und 
Wassei*,  mit  einer  Mischung  von  1 Theil  concentrirter  Schwefelsäure  und 
2 Theilen  Salzsäure  von  1,18  spec.  Gew.  und  Wasser  in  dem  oben  ange- 
führten Verhältnis  (nämlicf*  zu  1 Theil  China  5 Theile  Wasser  mit  %00 
Schwefelsäure  und  2/500  Salzsäure  vermischt)  ausgekocht  und  mit  Kalk  ge- 
fällt werden;  dadurch  wird  der  mit  Alkohol  zu  behandelnde  Niederschlag 
vermindert,  weil  der  salzsaure  Kalk  in  der  Flüssigkeit  gelöst  bleibt.  • — 


1182 


Organische  Basen. 


Oder  mau  behandelt  graue  China  3mal  mit  Wasser*  dem  %0  Salzsäure  von 
1*1&  spec.  Gew.  zugesetzt  wurde*  wie  eben  angegeben  .,  in  steinernen 
öder  gläsernen  Gefäfsen  (wobei  die  Flüssigkeit  nur  einige  Stunden  fast  bis 
zum  Siedpunkt  erhitzt  wird)*  und  verfährt  mit  Kalkhydrat  u.  s.  w.  wie 
angegeben  wurde*  oder  setzt  den.  Auszügen  y20  der  angewendeten  China 
schwefelsaure  Magnesia  (Bittersalz)  zu,  und  versetzt  sie,  so  lange  ein 
Niederschlag  entsteht*  mit  verdünntem  wässerigen  Aetzkali.  Der  Nieder- 
schlag wird  wie  oben  angegeben  behandelt*  und  überhaupt  mit  der  Flüs- 
sigkeit u.  s.  w.  auf  ähnliche  Art  verfahren.  Auch  Hermann  behandelt  die 
China  mit  Salzsäure  und  Wasser  auf  die  angeführte  Art  und  verdampft  die 
saure  Flüssigkeit  bis  zu  einem  spec.  Gewicht  von  1,1091.  Wittstock  ver- 
setzt die  Colatur  vor  dem  Verdampfen  mit  etwas  Kali  (auf  6 Theile  an- 
gewendeter  Salzsäure  2 Theile),  um  die  Säure  zum  Theil  abzustumpfen* 
und  verdampft  bis  auf  2 Theile  Flüssigkeit  von  1 Theil  angewendeter  China; 
dann  wird  filtrirt*  wo  viel  unlöslich  gewordenes  Chiuaroth  u.  s.  w.  zu- 
rückbleibt* und  wie  oben  angegeben  mit  Kalk*  Alkohol  u.  s.  w.  verfahren. 
(Aehniich  verfahren  sie  auch  beim  Ausziehen  des  Chinins.)  Zur  Reinigung 
des  Cinchonins  (und  Chinins)  versetzt  Hermann  den  sauren  bis  auf  1*1091 
verdampften  Auszug  mit  Zinnsolutiou*  bis  er  eine  helle  weingelbe  Farbe 
angenommen  hat,  dann  wird  so  lange  Schwefelkalilösung  zugesetzt,  bis 
alles  Zinn  ausgeschieden  ist.  Der  Auszug  ist  nach  einigen  Tagen  fast 
wasserhell  (hiebei  ist  aber  ein  IJeberschufs  von  Schwefelleberlösung  zu 
vermeiden*  weil  sonst  ein  Theil  oder  alles  Chinaalkali  mit  gefällt  werden 
kann).  Aus  dem  Filtrat  schlägt  derselbe  das  Cinchonin  (und  Chinin)  mit 
Aetzkali  nieder*  und  behandelt  den  wohlgewaschenen  Niederschlag  mit 
Alkohol  u.  s.  w.  — Ferner*  man  verfahre  mit  China*  Schwefelsäure  und 
Wasser  wie  angegeben;  löse  in  dem  klaren  Auszug  l/l%  der  angcwendefcen 
China  Alaun*  versetze  denselben  mit  % so  viel  als  China  genommen  wurde* 
einfach  kohlensaurem  Kali  in  seinem  öfachen  Gewichte  Wasser  gelöst*  oder 
setze  überhaupt  so  lange  Kalilösung  zu*  als  ein  Niederschlag  entsteht.  Der 
ausgewaschene  Niederschlag  wird  weiter  wie  oben  behandelt.  Wird  von 
Stratingh  als  sehr  vorteilhaft  geschildert;  die  Behandlung  mit  Salzsäure 
u,  s.  w.  möchte  aber  doch  zweckmäfsiger  seyn*  und  die  vorteilhafteste 
ist  doch  wohl  die  zuerst  angegebene  Methode.  — Auch  aus  ausgekochter 
Chiua  läfst  sich  noch  Cinchonin  erhalten*  wenn  dieselbe,  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  angefeuchtet*  mit  warmem  Wasser*  dem  l/200  Schwefelsäure 
oder  Salzsäure  zugesetzt  wurde*  in  der  Realschen  Presse  ausgezogen 
wird*  so  lange  das  Durchlaufende  bitter  schmeckt.  Oder  wenn  dieselbe 
mit  schwach  mit  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  vermischtem  Wasser  dige- 
rirt  wird.  Den  Auszug  behandelt  man  auf  die  angegebene  Art. 

Erklärung:  Wie  bei  Chinin.  Das  Cinchonin  ist  aber  etwas  schwieri- 
ger ausziehbar*  daher  mehr  Hitze  angewendet  werden  mufs.  Auch  ist  es 
in  kaltem  Weingeist  schwieriger  löslich*  deshalb  kocht  man  es  mit  star- 
kem* und  da  es  leicht  kristaiiisirt*  so  erhält  man  es  leichter  rein  und  frei 
von  Chinin. 

§.  222.  Die  Eigenschaßen  des  Cinchonins  sind : Es  kri- 
staiiisirt in  ansehnlichen , wasserheil  durchsichtigen,  glanzen- 
den, vierseitigen  Prismen,  oder  feinen  weifsen  Nadeln,  von 
stark  lichtbrechender  Kraft;  ist  geruchlos,  fast  geschmacklos, 
erst  später  entwickelt  sich  ein  schwacher  bitterer  China- 
geschmack (Unterschied  von  Chinin)  ; luftbeständig,  schmilzt  etwas 
schwieriger  als  Chinin,  verliert  in  der  Wärme  kein  Wasser, 
und  sublimirt  bei  vorsichtigem  Erhitzen  fast  vollständig  in 
weifsen  Nebeln,  die  sich  an  kalte  Orte  in  sehr  lockern  Flocken, 
oder  in  glänzenden  Nadeln,  der  Benzoesäure  ähnlich*  anlegen, 
linier  aromatischem  Geruch  (Unterschied  von  Chinin).  Reicht  wird 


Cinehonia. 


um 

es  aber  hiebei  und  in  stärkerer  Hitze  zum  The!)  unter  ähnlichen  Erschei- 
nungen und  Produkten  wie  Chinin  zerlegt.  An  der  Luft  erhitzt  verbrennt 
es  auch  mit  heller  Flamme,  und  die  rüekbleibende  Kohle  verglimmt  Lang- 
sam beim  Glühen,  ohne  Rückstand  zu  lassen.  — Es  ist  in  kaltem 

Wasser  kaum,  und  nur  in  2500  Theilen  kochendem  löslich. 
Die  kalte  wässerige  Lösung  wird  nur  von  Galiustinktur  etwas 
getrübt,  die  übrigen  bei  wässeriger  Chininlösung  angeführten 
Reagentien  wirken  nicht  darauf.  Coneentrirte  Salpetersäure 
und  Schwefelsäure  wirken  nicht  lösend  oder  verändernd  in 
der  Kälte  darauf,  in  der  Hitze  färbt  es  letztere  braunroth, 
dann  schwarz.  Auch  in  kaltem,  etwas  wasserhaltendem  Wein- 
geist ist  es  schwer  löslich,  leichter  in  heifsem,  noch  leichter 
in  absolutem  Weingeist.  Die  Lösung  schmeckt  bitter  nach 
China,  und  reagirt  alkalisch 5 aus  der  heifsen  coocenfrirten 
Lösung  kristaiüsirt  beim  Erkalten  ein  grofser  Theil  mit  Leich- 
tigkeit heraus  (Unterschied  von  Chinin).  Das  mit  färbenden  Theilen  und 
Chinin  vermengte  Cinchonin  ist  auch  iu  wässerigem  Weingeist  leicht  löslich. 
In  reinem  Aether  ist  es  unlöslich  (Unterschied  von  Chinin). 

§.  228.  Säuren  neutralisirt  das  Cinchonin  auch  vollstän- 
dig, und  bildet  mit  ihnen  die  Cinchoninsalze.  Diese  sind 
ebenfalls  meistens  kristallisirbär,  in  der  Regel  leichter  löslich 
in  Wasser  und  Weingeist  als  die  analogen  Chininsalze:  un- 
löslich in  Aether;  schmecken  sehr  bitter,  wie  China.  lod- 
tinktur  bewirkt  in  der  wässerigen  Lösung  braune  Trübung, 
Quecksilber-  und  Silber-Solution  fällen  sie  nicht,  Gofdaußö- 
sung  und  Platinauflösung  fällen  sie  gelb,  die  violette  Lösung 
vom  mineralischen  Chamäleon  färbt  sie  grün,  Huflos;  anor- 
ganische Alkalien  und  Galiustinktur  lallen  sie  reichlich  weifs. 
— Daher  darf  kein  Cinchoainsalz  mit  diesen  Substanzen  gegeben  werden. 

Salz  saures  Cinchonin , basisches.  Formel:  sei,  Ci2  m2.  Kri- 
stallisirt  in  ansehnlichen,  durchsichtigen , seidengfänzenden, 
plattgedrückten , geschoben  vierseitigen  Säulen  mit  8 — 4 Flä- 
chen zugeschärft,  oder  in  ästig  auseinauderlaufenden  weifsen, 
glänzenden  Nadeln.  Ist  leicht  löslich  in  Wasser  und  Wein- 
geist. Sublimatlösung  fällt  die  wässerige  Lüsting  stark  in 
weifsen  käsigen  Flocken,  als  ein  Doppeisalz.  Platinchlorid 
giebt  mit  salzsaurem  Cinchonin  ein  gelbes  kristallinisches  Dop- 
pelsalz, welches  nach  Duflos  27,3  p.  c.  Platin  enthält. 

lodwasserstoff saures  Cinchonin > basisches.  Formel:  sei, 
i2H2,2aq  ( Regnauit ).  Durchsichtige,  perlmutterglänzende  Na- 
deln, in  heifsem  Wasser  leicht  löslich  und  daraus  kristalli- 
sirbar. 

Chlorsaures  Cinchonin  kristaiüsirt  in  schönen  glänzendweifsen,  volu- 
minösen , büschelförmig-vereinten  Nadeln.  Verhält  sich  sonst  dem  ehlor- 
sauren  Chinin  ähnlich. 

lodsaures  Cinchonin.  Formel:  2Ci,  I2  Gs , Ü20.  Bildet  sehr  feine, 
büschelförmig-vereinigte,  weifte,  asbestglän^ende  Prismen.  Verhalt  sich 
sonst  wie  iodsaures  Chinin. 


U84t 


Organische  Basen. 


Schwefelsaures  Cinchonin , basisches.  Formel:  2Ci,SOs,8a q 
naulf).  Dessen  Bereitung  kommt  zum  Theil  bei  der  Darstellung  des  Cin- 
chonins  vor.  Man  versetzt  nämlich  sämmtliches  , durch  Alkohol  erhaltene 
unreine  Cinchonin  mit  verdünnter  Schwefelsäure  * wie  dort  angegeben 
'wurde,  und  vermeidet  vorzüglich  einen  Ueberschufs  derselben ; kristallisirt 
und  reinigt  es  wie  dort  erwähnt.  Oder  man  löst  reines  Cinchonin  unmit- 
telbar in  verdünnter  Schwefelsäure  bis  zur  völligen  Neutralität  auf,  und 
kristallisirt  das  Salz  durch  Verdampfen.  — Dasselbe  kristallisirt  in  weifsen, 
perlmutterglänzenden,  kurzen,  rhomboidischen  Säulen,  öfter  auch  in  un- 
regelmäfsigen,  weifsen,  glänzenden  Blättern;  ist  luftbeständig,  schmeckt 
bitter,  wie  graue  oder  braune  China,  jedoch  stärker.  Schmilzt  etwas  über 
der  Kochhitze  des  Wassers,  und  wird  in  höherer  Temperatur  zerstört. 
Verbrennt,  an  der  Luft  entzündet,  mit  heller  Flamme,  ohne  Rückstand 
zu  lassen.  Ist  ziemlich  löslich  in  Wasser,  erfordert  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  54  Theile;  leicht  löslich  in  Weingeist,  erfordert  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  6%  Theile  von  0,85  spec.  Gewicht  und  11%  Theile  ab- 
soluten. Unlöslich  m Aether.  — Mit  mehr  Schwefelsäure  entsteht  einfach 
saures  Salz.  Dieses  kristallisirt  in  farblosdurchsichtigen,  rhomboidischen 
Octaedern , und  besteht  aus  1 At.  Cinchonin,  1 At.  Schwefelsäure  und 
4 At.  Kristal lisationswasser.  An  trockener  Luft  verwittert  es ; ist  sehr 
leichtlöslich,  bedarf  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nur  die  Hälfte  Wasser 
und  kaum  sein  gleiches  Gewicht  Alkohol  zur  Lösung.  Concentrirte  freie 
Schwefelsäure  zerstört  auch  leicht  das  Cinchonio  in  der  Wärme,  indem 
sie  es  braunroth  färbt,  dann  verkohlt;  daher  bei  Bereitung  dieses  Salzes 
und  des  Cinchonins  ebenfalls  nie  viel  Schwefelsäure  vorherrschen  darf, 
weil  diese  beim  Abdampfen  leicht  eine  braunrothe  Färbung  bewirkt. 

■+■ 

Salpetersaures  Cinchonin  ist  nach  der  Formel  2Ci,NaOs,8aq  ( Reg - 
nault ) zusammengesetzt. 

Phosphorsaures  Cinchonin  kristallisirt  schwierig;  bildet  beim  Ver- 
dampfen nur  eine  undurchsichtige  Masse,  welche  in  Berührung  mit  kaltem 
Wasser  nach  einigen  Tagen  eine  kristallinische  Textur  an  nimmt.  Ist  leicht 
in  Wasser  löslich. 

Kleesaures  Cinchonin  verhält  sich  wie  kleesaures  Chinin. 

Weinsteinsaures  Cinchonin  eben  so. 

Chinasaures  Cinchonin , wird  wie  chinasaures  Chinin  erhalten.  Es 
kristallisirt  in  seidenglänzenden  Nadeln,  die  strahlenförmige  Häufchen  bil- 
den, das  etwas  unreine  kristallisirt  schwierig  in  undeutlichen  Körnern; 
schmeckt  bitter  und  zugleich  herb  chinaartig;  ist  sehr  leichtlöslich  in  Was- 
ser, etwas  weniger  löslich  in  Weingeist.  — Wird  von  Henry  und  Plisson 
als  Arzneimittel  vorgeschlagen. 

Essigsaures  Cinchonin  reagirt  gelöst  immer  sauer,  und  bildet  beim 
gelinden  Verdunsten,  wobei  es  neutral  wird  , nur  eine  kristallinisch  kör- 
nige und  blätterig  glänzende  Masse.  Wird  durch  Wasser  partiell  in  saures 
und  basisches  Salz  zerlegt. 

Gallussaures  Cinchonin  ist  dem  gallussauren  Chinin  sehr  ähnlich. 

Die  Reinheit  des  Cinchonins  und  seiner  Salze  erhellt  aus  den  ange- 
führten Eigenschaften.  Dasselbe  mufs,  so  wie  die  angeführten  Salze,  leicht 
schmelzen,  und  sich  beim  Erhitzen  an  der  Luft  flammend  entzünden,  und, 
ohne  einen  Rückstand  zu  lassen,  vollständig  Verbrennen.  Die  weitere  Prü- 
fung geschieht  wie  bei  Chinin. 

Jetzt  wird  vorzüglich  auch  das  schwefelsaure  Cinchonin  als  Arznei- 
mittel angewendet,  entweder  in  Pulverform,  oder  gelöst  in  Mixturen,  Man 
vermeide,  die  oben  angeführten  Substanzen,  welche  es  zerlegen,  beizu- 
misclten,  Ein  empfindliches  Reagens  auf  Chinin-  und  Cinchonin -Salze  ist 
Gallustinktur , welche  sie  aas  ihrer  Lösung  als  einen  grauiichweifsen  Nie- 
derschlag fällt  ( fjerbestoff haltiges  Chinin  und  Cinchonin }.  Daher  Gallus- 


C h i n o i d i n. 


1185 


tinktur  als  ein  Prüfungsmitfcel  für  die  Güte  der  Chinarinden  anzuwenden 
ist.  Die  wässerigen  Auszüge  müssen  dadurch  reichlich  gefällt  werden. 
Gallussäure  fällt  die  Chinin-  und  Cinchonin -Salze  nicht. 


Chinoidin. 

So  nennt  Sertürner  ein  von  ihm  1828  in  der  rotheu  und  gelben  (Kö- 
nigs?-) China  entdecktes  drittes  (?)  Alkali.  Auch  andere  Chemiker  glaub- 
ten schon  früher  in  den  braunen  Mutterlaugen  , woraus  durch  Kristallisation 
weder  Chinin  noch  Cinchonin  mehr  erhalten  werden  kann,  ein  eigenthüm- 
liches  Alkali  zu  erkennen.  So  beschrieb  schon  1823  Thiel  ein  solches  im 
Magazin  für  Pharmacie  Bd.  2.  S.  83,  welches  er  aus  brauner  China  erhielt 
als  eine  gelbe  harzähnliche,  sehr  bittere,  alkalische  Substanz,  welche  mit 
Säuren  unkristallisirbare  gefärbte  Salze  liefert,  die  durch  ThierkolUe  nicht 
entfärbt  werden  konnten.  Auch  Bucholt , Sohn}  bemerkte  alkalische  Eigen- 
schaften an  der  braunen  harzähnlichen  Substanz  aus  brauner  China  ( Tromms - 
dorffs  n.  Journ.  der  Pharmac.  Bd.  6.  St.  2.  S.  94  ff.).  Felletier  und  Caventou 
beobachteten  auch  abweichende  Eigenschaften  an  dem  aus  rother  China  er- 
haltenen Chinin;  und  Grüner  will  in  China  flava  und  China  nova  (?,  wahr- 
scheinlich auch  eine  Art  Ch.  flava  I)  2 neue  Alkalien  gefunden  haben  , wel- 
che sich  nach  seinen  Angaben  durch  beträchtliche  Sättigungscapacität  aus- 
zeichnen  ( Brandes  Archiv  Bd.  12.  S.  156).  Diese  Angaben  vermehrten 
die  Wahrscheinlichkeit  der  Existenz  von  mehr  als  2 Alkalien  in  den  China- 
arten. Indessen  gelang  es  Geiger  bereits  1824  das  Thiel’ sehe  Alkali  durch 
Behandeln  der  schwefelsauren  Lösung  mit  Bleizucker  im  Ueberschufs,  Di- 
geriren,  Filtriren,  Behandeln  des  Filtrats  mit  Hydrethionsäure,  wieder 
Digeriren  und  Filtriren  und  Digeriren  des  Filtrats  mit  Thierkohle,  oder  ge- 
radezu Versetzen  der  schwefelsaureu  Lösung  mit  überschüssigem  Bleizucker, 
Digeriren,  Filtriren  und  Behandeln  des  Filtrats  mit  Thierkohle,  welche 
neben  Farbstoff  auch  alles  Blei  fällte,  dann  Fällen  des  Filtrats  mit  Aetz- 
ammoniak,  Kali  oder  Natron,  und  Behandeln  des  Niederschlags  mit  Aether; 
ferner  Behandeln  des  bleihaltigen  Niederschlags  mit  Alkohol,  Verdampfen 
des  Auszugs  und  Behandeln  des  Rückstandes  mit  Aether,  in  Chinin,  Cin- 
chonin und  zweierlei  Harze,  ein  gelbes,  in  Aether  lösliches,  und  ein 
braunes,  in  Aether  unlösliches  zu  zerlegen.  (Vergl.  Magaz.  für  Pharmac. 
Bd.  7.  $.  44.)  In  neuerer  Zeit  haben  auch  Henry  und  Delondre , so  wie 
Guihnurt , das  Sertürner’ sehe  Chinoidin  in  Cinchonin,  Chinin  und  ein  gel- 
bes Harz  zerlegt  (Journ.  de  pharmac.,  Mars  1830.  p.  144.  und  Journ.  de 
chim.  medicale,  Juin  1830.  p.  353).  — Obgleich  nun  diese  Versuche  die 
Wahrscheinlichkeit  des  Daseyns  von  einem  dritten  Alkali  in  den  China- 
rinden sehr  vermindern,  so  ist  dessen  Existenz  damit  doch  nicht  ganz  wi- 
derlegt, da  die  Versuche  nicht  quantitativ  angestellt  wurden  und  das  dritte 
Alkali  vielleicht  der  Beobachtung  entging  oder  sich  mit  den  beiden  andern 
verband.  Wenigstens  ist  die  starke  Sättigungscapacität  des  aus  den  Mut- 
terlaugen erhaltenen  gefärbten  sogenannten  Chinoidins  (s.  u.)  bemerkens- 
wert , und  erst  weitere  Versuche  müssen  über  dessen  Existenz  oder 
Nichtexistenz  entscheiden.  — Da  das  sogenannte  Chinoidin  auch  als  Arz- 
neimittel gebraucht  wird,  so  theiäen  wir  hier  dessen  Bereitungsart  mit. 
Sertürner  giebt  dazu  folgende  Vorschrift:  20  Pfund  gepulverte  gelbe 

(Königs?-)  China  rühre  man  mit  Wasser  zu  dünnem  Brei  an,  setze  so 
viel  Aetzkalilauge  zu  , dafs  die  Flüssigkeit  schwach  alkalisch  reagirt,  koche 
*/4  Stunde,  presse  nach  dem  Erkalten  und  wasche  das  Pulver  mit  kaltem' 
Wasser;  wiederhole  diese  Operation  nochmals,  um  die  färbenden  Theile 
möglichst  zu  entfernen,  koche  die  so  behandelte  Rinde  mit  dem  Ififachen 
Gewicht  Wasser,  dem  so  viel  Schwefelsäure  zugesefczt  wird,  dafs  die 
Flüssigkeit  sauer  reagirt,  kolire  und  presse  schnell  aus,  und  wiederhole 
diese  Operation  2mal.  Sämmtliche  vereinigte  Auszüge  erwärme  man  und 
versetze  sie  so  lange  mit  Kreide,  als  Brausen  erfolgt,  gebe  noch  etwa  %<> 
der  verwendeten  Kreide  mehr  hinzu,  versetze  sie  mit  aus  Eisenvitriol 


1186 


Organische  Basen. 


mittelst  Aetzkali  frischgefälltem  Eisenoxidul,  etwa  % Unze  in  ilreiform 
auf  1 Pfund  China,  lasse  ablagern  und  filirire;  versetze  das  Filtrat  mit 
geschlagenem  Eiweifs  aus  30—40  Eiern,  erhitze  zum  Sieden  und  filirire 
nach  dem  Erkalten.  Ist  die  Flüssigkeit  nicht  klar,  so  nmfs  sie  nochmals 
mit  etwas  Eiweifs  aufgekocht  werden.  Dann  fällt  man  die  helle  Flüssig- 
keit mit  Aetzkali,  wäscht  den  Niederschlag  mit  kaltem  Wasser  wohl  aus, 
löst  ihn  noch  feucht  in  mit  5 Theilen  Wasser  verdünnter  Schwefelsäure 
auf,  so  dafs  diese  nur  wenig  vorherrscht,  filtrirt  vom  Gyps  ab,  neutrali- 
sirt  mit  Kreide,  nach  einigen  Tagen  kristallisirfc  schwefelsaures  Chinin  her- 
aus, giefst  hierauf  die  Mutterlauge  ab,  wäscht  das  Chininsalz  einigemal 
mit  wenig  destiliirtem  Wasser,  welches  nur  das  leichtlösliche  schwefel- 
saure  Ciiinoidin  (?)  aufnimnit,  fällt  die  Lösung  mit  Aetzkali,  trocknet  den 
Niederschlag  an  der  Luft  (nicht  in  der  Wärme),  löst  ihn  in  Alkohol  auf, 
lim  färbende  Theile  u.  s.  w.  zu  entfernen , neutralisirt  die  Lösung  mit  Es- 
sigsäure, versetzt  sie  mit  einigen  Pfunden  destiliirtem  Wasser,  zieht  den 
Weingeist  vollständig  ab,  filtrirt  nach  einiger  Zeit  kalt,  verdünnt  mit  viel 
W asser  und  fällt  wieder  mit  Aetzkali.  — Bei  Bereitung  des  Chinins  und 
Cinchonins,  so  wie  deren  Salze,  besonders  bei  Bereitung  des  schwefel- 
sauren Chinins,  erhält  mau  zuletzt  immer  mehr  oder  weniger  gefärbte, 
unkristallisirbare  Mutterlauge.  Diese  wird  entweder  blos  verdampft  und 
als  sogenanntes  Chinoidiu  in  den  Handel  gebracht;  besser  und  allein  zu- 
lässig ist  es  aber,  das  Ciiinoidin  daraus  mittelst  Alkalien  zu  fällen,  und 
den  Niederschlag  so  viel  als  möglich  zu  reinigen.  — Koch  verdünnt  die 
Mutterlauge,  woraus  schwefelsaures  Chinin  herauskristallisirt  ist,  mit  Was- 
ser, bis  keine  Trübung  mehr  entsteht  (es  fällt  viel  dunkelbraune  harzige 
Masse  heraus),  schlägt  das  Chinoidin  mit  einem  Alkali  nieder,  wäscht  den 
Niederschlag  mit  Wasser,  löst  ihn  in  der  geringsten  Menge  Weingeist, 
wo  unreines  Cinchonin  zurückbleibt,  filtrirt,  zieht  den  Weingeist  vom 
klarer*  Filtrat  ab  und  trocknet  die  rückständige  Masse  im  Wasserbad,  bis 
sie  keine  Feuchtigkeit  mehr  verliert,  und  beim  Erkalten  leicht  zerreiblicli 
ist.  — Die  Eigenschaften  der  so  erhaltenen  Substanz  sind : Es  ist  eine 
braune  harzglänzende,  in  dünnen  Lameiien  durchscheinende,  dem  Colo- 
phooium  ähnliche,  trockene,  spröde  Masse,  die  ein  schmutzig  gelbbraunes 
Pulver  giebt;  nach  Sertürner  ist  sie  gelblich  durchscheinend.  Beim  Fällen 
erscheint  sie  in  weifsen  Flocken,  die  gerne  zusammenkleben;  geruchlos, 
schmeckt  sehr  bitter,  wie  Chinin;  leicht  schmelzbar  in  der  Hitze,  nicht 
flüchtig;  verbrennt,  an  der  Luft  erhitzt,  ohne  Rückstand  zu  lassen»  In 
kaltem  Wasser  ist  es  fast  unlöslich,  in  heifsem  schmilzt  es  zu  balsamarti- 
gen  Tropfen,  löst  sich  etwas  mehr,  die  Lösung  schmeckt  bitter,  reagirt 
alkalisch  und  zeigt  überhaupt  ganz  gleiche  Reactioneu  wie  die  wässerige 
Lösung  des  Chinins.  In  Wreingeist  ist  es  sehr  leicht  löslich,  Aether  trübt 
die  alkoholische  Lösung  weifsiieh  und  scheidet  sclnvarzbrauue  Flocken 
aus.  In  Aether  ist  es  nur  theiiweise  löslich,  die  Lösung  ist  gelblich  (vergi. 
die  Reinigung  des  Thiel’ sehen  Produkts).  — Säuren  neutralisirt  es  voll- 
ständig und  bildet  damit  unkristallisirbare  braune,  klebende,  extractartige, 
sehr  bitter  schmeckende,  in  Wasser  und  Weingeist  leichtlösliche  Verbin- 
dungen. Nach  Koch  sättigen  128  Theile  scharf  getrocknetes  Chinoidin  20 
Theile  eoncentrirte  Schwefelsäure,  und  von  durch  Ausziehen  mit  Aether 
erhaltenem  erforderten  20  Theile  Schwefelsäure  nur  120  Theile.  Die  Sät- 
tigimgscapacität  des  Chinoidins  überträfe  demnach  die  des  Cinchonins. 
Auch  Sertürner  behauptet,  dafs  sein  Chinoidin  eine  wreit  gröfsere  Sätti- 
gungscapacität  besitze  als  Chinin  und  Cinchonin  (?).  Doch  müssen  dieses 
erst  genauere  Versuche  entscheiden.  — In  jedem  Fall  ist  das  auf  diese  Art 
(und  wohl  auch  das  nach  Sertürner ) bereitete  Präparat  kein  reines  Pro- 
dukt, und  enthält  immer  noch  Chinin,  Cinchonin  und  Harz,  oder  besteht 
ganz  daraus?  worüber  nur  fortgesetzte  Versuche  entscheiden  können.  — 
Die  Prüfung  dieser  Substanz  ist  darum  auch  schwierig.  Das  ziemlich  hell- 
braune glänzende  Ansehen , der  starke  und  rein  bittere  Geschmack , die 
Luftbeständigkeit,  vollkommenes  Verbrennen  ohne  Rückstand  beim  Er- 
hitzen, die  Unlöslichkeit  in  kaltem  Wasser,  leichte  und  vollständige  Lös- 


Arie  in,  Pi  fc  07  in. 


1187 


lichkeit  in  Weingeist  und  wässerigen  Säuren,  und  die  beträchtliche  Säfcfci— 
gungscapacität  zeugen  für  dessen  Güte!  Schwarzbraunes,  klebriges  Chi- 
noidin,  das  theilweise  in  Wasser  löslich  ist,  einen  fremdartigen  Geschmack 
besitzt  und  beim  Verbrennen  Asche  hinterläfst,  ist  zu  verwerfen.  — Man 
wendet  das  Chiuoidin  jetzo  ziemlich  häufig,  so  wie  Chinin,  an  und  wie- 
derholte ärztliche  Beobachtungen  bestätigten  dessen  Wirksamkeit  als  Fieber- 
vertreibeudes Mittel.  Es  soll  dem  schwefelsauren  Chinin  nicht  nachstehen. 
Ja  Sertürner  behauptet,  das  nach  seiner  Methode  dargestellte  wirke  noch 
30mal  kräftiger  als  Chinin!?  Er  nennt  es  einen  wahren  Fiebertödter  {des- 
sen  Zeitschrift  über  die  neuesten  Entdeckungen  io  der  Physik,  Chemie, 
Heilkunde  u.  s.  w.  Bd.  3.  Hft.  2.  S.  369).  Indessen  sind  Versuche  mit 
einem  so  zusammengesetzten  uusichern  Mittel,  bevor  die  Chemie  über 
dessen  Eigenthümlichkeit  entschieden  hat,  nur  mit  Einschränkung  zu  ge- 
statten. 

Aricin,  Cmco-Cinchonin. 

Von  Pelletier  und  Coriol  1838  in  der  Cusco-China,  Aricarinde  (Ma~ 
gaz.  für  Pharmac.  Bd.  39.  S.  361.  u.  Bd.  30.  8.  177}  gefunden.  — Wird 
ganz  auf  gleiche  Weise  wie  Cinchonin  aus  dieser  Rinde  erhalten.  — Die 
Eigenschaften  des  Aricins  sind  denen  des  Cinchonius  zum  Theil  sehr  ähn- 
lich. Es  kristallisirt  wie  dieses  in  weifsen  durchscheinenden  glänzenden 
Nadeln , ist  anfangs  geschmacklos , später  entwickelt  sich  aber  ein  bitterer 
und  zugleich  erwärmend  herber  Geschmack;  luftbeständig,  leicht  schmolz- 
bar,  nicht  flüchtig;  wird  durch  Hitze  zerstört  (Unterschied  von  Cinchonin). 
— ■ Pelletier  nimmt  an,  gestützt  auf  seine  Analyse  des  Aricins  (S.  1163), 
dafs  Kohlenstoff,  Wasserstoff  und  Stickstoff  in  allen  3 China- Alkalien 
gleich  sey  und  sie  nur  durch  den  Sauerstoffgehalt  unterschieden  sejren. 
In  Cinchonin  ist  1 At. , in  Chinin  3 und  in  Aricin  3 At.  Sauerstoff.  Also 
wären  alle  3 nur  verschiedene  Oxide  eines  und  desselben  stickstoffhaltigen 
Radikals!?  (Vergl.  Annalen  der  Pharmacie  ifüd.  6.  S.  33.)  — In  Wasser 
ist  Aricin  unlöslich,  aber  leichter  löslich  in  Weingeist  als  Cinchonin,  und 
auch  in  Aether  löslich  (Unterschied  von  Cinchonin).  Concentrirte  Salpe- 
tersäure färbt  Aricin  dunkelgrün  (reines  Chinin  und  Cinchonin  verbinden 
sich  damit  ohne  Färbung),  auch  wenig  verdünnte  Salpetersäure  färbt  es 
noch  grün,  sehr  verdünnte  Salpetersäure  löst  es  ohne  Färbung  auf.  (Der 
wässerige  Auszug  der  Aricarinde  wird  von  Salpetersäure  schwärzlich  ge- 
färbt.) — Die  Aricinsalze  schmecken  sehr  bitter,  sind  in  der  Regel  leicht- 
löslich in  Wasser  und  Weingeist,  aber  unlöslich  in  Aether.  Neutrales 
(vielmehr  basisches } schwefelsaures  Aricin  bildet  beim  Verdampfen  seiner 
wässerigen  Lösung  und  Austrocknen  eine  hornartig  durchscheinende  Masse, 
olAe  Kristalle;  die  concentrirte  wässerige  Lösung  erstarrt  beim  Erkalten 
zu  einer  weifslichen  zitternden  Gallerte.  Sn  kochendem  Weingeist  gelöst 
kristallisirt  es  aber  beim  Erkalten  in  seideaglänzeaden  Nadeln , dem  schwe- 
felsauren -Chinin  sehr  ähnlich.  Das  saure  ( einfach -)  schwefelsaure  Aricin 
kristallisirt  aber  in  glänzenden  Nadeln.  — Ueber  die  Wirkung  des  Aricins 
ist  nichts  bekannt.  Wahrscheinlich  wirkt  es  auch  fieberwidrig ! — Das 
kristallisirte  schwefelsaure  Aricin  kann  mit  schwefelsaurem  Chinin  ver- 
wechselt werden.  Die  eigentümliche  Reaction  der  Salpetersäure  auf  erste- 
res  lassen  beide  leicht  unterscheiden. 

Pitoyin . 

Nach  Peretti  in  der  China  Pitoga  enthalten.  Das  wässerige  Extracfc 
der  Rinde  wird  mit  Alkohol  ausgezogen,  der  Alkohol  abdestUlirt,  der 
Rückstand  in  Wasser  gelost,  mit  Ammoniak  gefällt,  der  Niederschlag  mit 
Aether  behandelt,  welcher  gerbsaures  Pitoyin  löst.  Aus  dem  Rückstand 
zieht  Wasser  reines  Pitoyin  aus.  Für  sich  schmeckt  es  nicht  bitter,  son- 
dern nur  in  Verbindung  mit  Säuren.  Es  schmilzt  etwas  über  100°  und 
läfsfc  sich  zum  Theil  unverändert  in  feinen  Nadeln  sublimirt  erhalten.  Das 


1188 


Organische  Basen. 


schwefelsaure  Salz  kristallisirt  in  fächerförmig-gruppirten  Prismen , wel- 
che 4 p.  c.  Säure  und  96  p.  c.  Basis  enthalten.  Bas  essigsaure  Salz  kri- 
stallisirt nicht. 

In  der  Carthagena-China  fand  Grüner  eine  Pflauzenbasis , die  in  fei-  -} 
nen  Nadeln  kristallisirbar  und  geschmacklos  ist.  Sie  löst  sich  in  Alkohol 
und  Aether,  nicht  in  Wasser.  Mit  Schwefelsäure  giebt  sie  ein  in  viersei-  • 
tigen  Nadeln  kristallisirendes  Salz  von  bitterin  Geschmack  nach  Aloe. 
100  Th.  dieser  Basis  neutraüsiren  14,69  Schwefelsäure.  Nach  Andern 
besitzt  diese  Basis  die  chemischen,  aber  nicht  die  medicinischen  Eigen- 
schaften des  Chinins. 

Eine  andere  Pflanzenbasis  fand  Grüner  in  der  China  nova , von  wel- 
cher 100  Theile  12,3  Schwefelsäure  zu  ihrer  Sättigung  bedürfen. 

Nach  Milt  enthält  die  von  Mutis  mit  China  blanca  benannte  Rinde , die 
von  Cincliona  ovifolia  oder  macrocarpa  stammt,  eine  von  ihm  mit  Blatt - 
ehinin  bezeicbnete  organische  Basis. 


d)  ln  den  Papaveraceen  verkommende  Basen , 

Morphin  ( Morphium ). 

Die  Entdeckung  des  Morphins  s.  o.  S.  1159.  Dasselbe  kannte  man 
Im  unreinen  Zustande  als  Magisterium  Opii  bereits  im  17ten  Jahrhundert. 
— Es  findet  sich  im  Opium  und  dem  Milchsaft  des  bei  uns  wachsenden 
Mohns  (Papaver  somniferum,  orientale,  wahrscheinlich  auch  in  andern  Pa- 
paverarten). 

§.  224.  Man  erhält  das  Morphin  auf  sehr  verschiedene 
Weise  aus  dem  Opium.  Die  einfachste  Art  ist,  das  Opium 
zunächst  mit  reinem  hallen  Wasser  zu  behandeln.  Nach  Merck 
wird  in  kleine  Stöcke  geschnittenes  Opium  wiederholt  ( 4-mal) 
mit  kaltem  Wasser  ausgezogen,  bis  es  erschöpft  ist.  Sämmt- 
liche  Auszüge  verdampft  man  in  gelinder  Wärme  bis  zur 
starken  Syrupdicke,  versetzt  die  Flüssigkeit  noch  warm  mit 
einem  bedeutenden  IJeberschufs  von  gepulvertem  kohlensauren 
Natron,  so  lange  noch  Ammoniakentwickelung  erfolgt,  und 
läfst  erkalten  5 sammelt  nach  24  Stunden  den  Niederschlag, 
wäscht  ihn  so  lange  mit  kallem  Wasser,  als  dieses  stark  ge- 
färbt wird;  trocknet  ihn  und  behandelt  den  trockenen  zerrie- 
benen Niederschlag  kalt  mit  Weingeist  von  0,85  spec.  Gew., 
trocknet  ihn  wieder  und  behandelt  ihn  jetzt  kalt  mit  sehr 
verdünnter  Essigsäure,  so  lange  diese  etwas  aufnimmt,  mit  | 
der  Vorsicht  jedoch,  immer  nur  wenig  neue  Säure  zuzusetzen 
und  jedesmal  abzuwarten,  bis  die  Flüssigkeit  neutralisirt  ist, 
ehe  man  wieder  zusetzt,  so  dafs  sie  auch  zuletzt  nur  sehr 
schwach  sauer  reagirt,  filtrirt  dann  durch  ein  Kohlenfilter  und 
schlägt  aus  dem  wasserheilen  Filtrat  das  Morphin  mit  Ammo- 
niak nieder  (webei  ein  IJeberschufs  zu  vermeiden  ist),  löst  den  ge- 
waschenen Niederschlag  in  heifsem  Weingeist  auf  und  läfst 
erkalten,  wo  Morphin  herauskristallisirt ; durch  Verdampfen 
der  geistigen  Lösung  erhält  man  den  liest.  — Nach  Mohr 
wird  das  rohe,  zerschnittene  Opium  mit  der  dreifachen  Menge 
Wasser  macerirt  und  jedesmal  scharf  ausgeprefst;  drei  bis 


Morphin. 


1189 


vier  Auszüge  sind  genügend.  Man  giefst  diese  in  einen  Kalk- 
brei, der  an  Kalk  ungefähr  ein  V4  — *6  des  Opiums  enthält, 
und  kocht  die  Mischung  während  einigen  Minuten.  Wird  der 
Kalkbrei  in  die  Auszüge  gegossen,  so  "setzt  sich  an  den  Wän- 
den eine  zusammenbackende  Masse  an,  welche  sich  schwierig 
löst.  Das  Morphin  wird  nämlich  von  dem  Kalke  zuerst  ge- 
fällt, ehe  es  sich  im  Uebersehufs  löst.  Die  Farbstofle  werden 
zum  gröfsten  Theil,  das  Narcotin  vollständig  durch  den  Kalk 
gefällt  Man  giefst  die  dunkel  weingelb  gefärbte  Flüssigkeit 
durch  Leinen,  wäscht  den  Rückstand  mit  kochendem  Wasser 
und  prefst  ihn  aus.  Die  Flüssigkeit  wird  eingedampft,  bis  sie 
nicht  mehr  als  das  doppelte  Gewicht  des  angewandten  Opiums 
beträgt,  durch  Papier  filtrirt,  zum  Kochen  erhitzt  und  derselben 
für  jedes  Pfund  Opium  eine  Unze  Salmiakpulver  zugesetzt. 

Ist  die  Flüssigkeit  sehr  concentrirt,  so  entsteht  sogleich  eine  Fällung,  ist 
sie  weniger  concentrirt,  so  kristalüsirt  das  Morphin  gewöhnlich  erst  nach 
einiger  Zeit,  beim  ersten  Schütteln  oder  Umrühren  aber  dann  fast  auf  ein- 
mal, und  füllt  die  Hälfte  der  Flüssigkeit  als  feine  Kristallnadeln.  Durch 
Lösen  in  Salzsäure,  Kochen  mit  Kalkmilch  und  nochmaliges  Niederschla- 
gen mit  Ammoniak  wird  es  rein  erhalten.  — Im  Kleinen,  und  um  das 

Opium  auf  Morphingchalt  zu  prüfen,  kann  man  nach  Merck  etwa  % Unze 

zerschnittenes  Opium  mit  8 Unzen  gewöhnlichem  Branntwein  auskochen, 
filtriren  und  den  Rückstand  noch  einmal  mit  4 Unzen  Branntwein  aus- 

kochen,  sämmtliche  filtrirte  Auszüge,  denen  man  2 Drachmen  kohlen- 

saures Natron  zugesetzt  hat,  zur  Trockne  verdunsten,  die  braune  Masse 
mit  kaltem  Wasser  aufweichen,  in  einem  schmalen  Cylinderglas  decanti- 
ren,  den  Rückstand  nochmals  mit  etwas  Wasser  waschen,  dann  mit  1 Unze 
kaltem  Weingeist  von  0,85  spec.  Gew.  eine  Stunde  in  Berührung  lassen, 
alles  auf  ein  Filter  bringen,  noch  mit  Weingeist  waschen,  den  Nieder- 
schlag trocknen,  in  einem  Gemische  von  . J/2  Unze  destillirtem  Essig  und 
eben  so  viel  Wasser  auflösen , durch  das  nämliche  Filter  filtriren  und  nochr 
mals  mit  % Unze  von  derselben  sauren  Mischung  nachwaschen,  dann  das 
Filtrat  in  einem  Cylinderglas  mit  Ammoniak  in  geringem  Uebersehufs  ver- 
setzen und  hiebei  die  Wände  des  Gefäfses  mit  einem  Glasstab  stark  reiben, 
wo  Morphin  niederfällt,  das  man  nach  12  Stunden  sammelt,  trocknet  und 
wiegt.  Von  gutem  Opium  mufs  man  auf  diese  Art  30  bis  40  Gran  reines 
Morphin  erhalten.  — Duflos  zieht  Opium  mit  kaltem  Wasser  vollständig 
aus,  versetzt  den  Auszug  mit  % gepulvertem  doppelt  kohlensauren  Kali, 
filtrirt,  erhitzt  das  Filtrat  zum  Kochen,  so  lange  noch  Kohlensäure  ent- 
weicht, und  läfst  langsam  erkalten,  wo  nach  24  Stunden  das  Morphin 
herauskristallisirt  ist,  das  man  in  sehr  verdünnter  Schwefelsäure  aufiöst. 
Der  Lösung  setzt  man  so  viel  Weingeist  (etwa  das  Doppelte)  zu,  dafs  das 
Ganze  % des  angewendeten  Opiums  beträgt,  versetzt  es  mit  so  viel  Am- 
moniak, dafs  dieses  ein  wenig  vorherrscht;  nach  24  Stunden  ist  Morphin 
herauskristallisirt,  das  man  wieder  in  Schwefelsäure  auflöst  und  wie  vor- 
her verfährt.  Die  geistigen  Flüssigkeiten  enthalten  Narcotin  u.  s.  w. , aber 
nur  sehr  wenig  Morphin.  — Robiquet  digerirt  das  wässerige  Opiumextracfc 
mit  Magnesia  oder  fällt  rnit  Ammoniak.  Hottot  zieht  Opium  zu  wiederhol- 
ten Malen  mit  kaltem  Wasser  aus,  verdampft  die  vereinigten  Auszüge  bis 
zu  einem  spec.  Gewicht  von  1,104,  versetzt  die  halb  erkaltete  Flüssigkeit 
vorsichtig  mit  Äetzammoniak,  bis  sie  neutral  ist  oder  nur  kaum  alkalisch 
reagirt,  wozu  auf  2 Pfund  Opium  etwa  2 Drachmen  erfordert  werden, 
filtrirt  und  setzt  zu  dem  Filtrat  Ammnniak,  so  lange  ein  Niederschlag  ent- 
steht. — Anichini’s  Methode  ist  fast  dieselbe.  — Girardin  behandelt  das 
unreine  Morphin  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  zerlegt  das  Filtrat  mit 
Ammoniak  und  zieht  aus  dem  Niederschlag  das  Narcotin  mit  Aether  aus. 
Bei  allen  diesen  Methoden  mufs  ein  Uebersehufs  an  Ammoniak  vermieden 


1190 


Organische  Basen. 


werden , sonst  löst  sieh  ein  Theil  Morphin  wieder  auf.  Zu  der  von  Hottot 
vorgeschriebenen  Menge  Opium  bedarf  man  ungefähr  17  Drachmen.  — Auch 
kann  man  Opium  anstatt  mit  Wasser  mit  verdünnten  »Säuren  ausziehen, 
mit  Ammoniak  fällen , und  das  unreine  Morphin  wie  angeführt  reiqigen. 
Man  zieht  es  entweder  mit  verdünnter  Essigsäure  aus,  verdampft  die  essig- 
saure Auflösung  zu  wiederholten  Malen  vorsichtig  zur  Trockne  und  löst' 
sie  wieder  in  Wasser,  bis  die  Flüssigkeit  sehr  wenig  sauer  mehr  reagirt 
(hierdurch  wird  Narcotin  und  Extractivstoff  abgeschieden),  schlägt  das 
Morphin  mit  Ammoniak  nieder  und  verfährt  wie  Vorher;  oder  man  löst  das} 
mit  Wasser  und  Weingeist  gewaschene  Morphin  in  absolutem  Alkohol  (auch 
90-  bis  96*procentiger  ist  hinreichend  stark),  kocht  und  filtrirt  heifs;  das 
Filtrat  überläfst  man  der  freiwilligen  Verdunstung.  Das  niedergefallene! 
und  herauskristallisirte  Morphin  wird  durch  wiederholtes  Lösen  in  starkem' 
Alkohol  und  Krisfcallisiren  gereinigt.  Winckler  behandelt  das  unreine  Mor- j 
phin  mit  dem  Sfachen  Gewicht  Schwefelätherweingeist  kalt,  um  Narcotin f 
und  färbende  Theile  zu  entfernen , wäscht  das  Ungelöste  mit  wenig  kaltem 
Weingeist,  löst  es  in  36  Theilen  kochendem  von  0,823  spec.  Gew.,  filtrirt 
und  läfst  erkalten.  — Wittstock  zieht  Opium  wiederholt  mit  salzsäure- 
haltigem Wasser  aus,  setzt  zu  dem  Auszug  Zinnsolution,  um  färbende' 
Theile  zu  entfernen  , schlägt  das  Morphin  mit  Ammoniak  nieder  und  reinigt 
es  durch  Wiederauflösen  in  Salzsäure  und  Kristallisiren,  von  Narcotin  u. 
e.  w.  durch  Auspressen,  Lösen  des  kristallisirten  Salzes  in  Wasser,  Zer-I 
legen  mit  Ammoniak,  Lösen  in  Weingeist  und  Kristallisiren  {Schubart’ s 
Lehrbuch  der  theoretischen  Chemie,  3te  Auflage).  Henry  und  Plisson 
verfahren  anfangs  wie  Wittstock.  Sie  zerlegen  dann  die  unreine  saure 
Flüssigkeit  mit  überschüssigem  Ammoniak  oder  Aetznatron,  versetzen  die 
Mutterlauge  und  Abwaschwasser  wieder  mit  wenig  Salzsäure,  verdampfen,  > 
fällen  wie  vorher  mit  Ammoniak  orler  Natron,  und  behandeln  sämmtlichen 
mit  kaltem  Wasser  gewaschenen  Niederschlag  wiederholt  mit  kleinen  Men- 
gen sehr  verdünnter  Salzsäure,  so  lange  diese  neutralisirt  wird;  ver-l 
dampfen,  lassen  kristallisiren,  reinigen  es  mit  Thierkohle  und  verfahren 
weiter  wie  wittstock.  — Auch  zieht  man  das  Opium  mit  salz- 
haltigem Wasser  aus.  Nach  Robinet  macerirt  man  Opium  zu  wieder-  ' 
holten  Malen  mit  der  sechsfachen  Menge  einer  Kochsalzlösung  yon  1,1155 
spec.  Gew.,  bis  es  erschöpft  ist.  Der  Auszug  wird  verdampft,  wo  sich 
das  unreine  Morphinsalz  als  eine  braune  harzige  Masse  auf  der  Oberfläche  j 
ausscheidet,  welche  man  in  Alkohol  löst  und  kristallisiren  läfst;  was  nach 
Merck  etwas  schwierig  geschieht  und  nur  durch  Behandeln  der  extract- 
artigen  Masse  mit  wenig  Alkohol,  Waschen  der  jetzt  in  eine  kristallinische 
Substanz  verwandelten  und  durch  wiederholtes  Lösen  derselben  in  Wasser  | 
und  Kristallisiren  erreicht  wird.  Diese  Kristalle  sind  salzsaures  Morphin 
CRobinet’s  vermeintliches  codesaures  Morphin gleichzeitig  bildet  sich 
mecousaures  Natron,  was  nach  Robinet  zuletzt  aus  dem  geistigen  Auszug 
erhalten  wird,  nach  Merck  aber  gröfstentheils  in  dem  ungelösten  Opium- 
Rückstand  enthalten  ist.  Das  salzsaure  Morphin  wird  nun  mit  Alkalien  zerlegt 
und  durch  Lösen  in  Alkohol  und  Kristallisiren  gereinigt.  — Die  neueste  preufs. 
Pbarmacopöe  läfst  nach  Wittstock’s  späterem  Verfahren  den  salzsäure- 
haltigen Auszug  mit  Kochsalz  versetzen,  die  klare  Flüssigkeit  mit  Ammo- 
niak fällen,  und  den  Niederschlag  durch  wiederholtes  Lösen  in  Alkohol, 
Kristallisiren,  Binden  an  Salzsäure,  Kristallisiren  des  Salzes,  Zerlegen 
des  salzsauren  Morphins  mit  Ammoniak  und  Kristallisiren  reinigen.  4 Theile 
Opium  werden  mit  32  Th.  Wasser  und  1 Th.  Salzsäure  warm  extrahirt 
und  diese  Operation  noch  dreimal  wiederholt.  Die  Auszüge  versetzt  man 
mit  16  Th.  Kochsalz,  löst  es  unter  fleifsigem  Umrühren  auf  und  läfst  ab- 
lagern. Die  klare  Flüssigkeit  versetzt  man  mit  Aetzanimouiak,  so  lange 
ein  Niederschlag  entsteht,  läfst  2 Tage  ablagern,  löst  den  mit  kaltem 
Wasser  gewaschenen  Niederschlag  in  3 Theilen  heifsem  Alkohol  ( Lever - 
köhn  findet  es  vorteilhaft,  diesen  unreinen  Niederschlag  mit  Weingeist 
von  0,895  zu  digerircn)  und  behandelt  das  Ungelöste  so  lange  mit  neuen 
Mengen  Alkohol,  als  dieser  etwas  lost.  Durch  Abdestilliren  und  Erkalten 


Morph  i n. 


1191 


kristallisirt  Morphin  (und  Narcotin)  heraus , welches  mit  kaltem  Weingeist 
gewaschen  und  wieder  in  hinreichend  mit  4 Theilen  Wasser  verdünnter 
Salzsäure  aufgelöst  wird.  Nach  dem  Erkalten  kristallisirt  salzsaures  Mor- 
phin heraus,  welches  durch  Pressen  zwischen  Leinwand  von  dem  flüssigen 
salzsauren  Narcotin  getrennt,  wieder  in  hinreichend  heifsem  Wasser  ge- 
löst und  mit  Aetzammoniak  zerlegt  wird.  Den  gewaschenen  Niederschlag 
löst  man  in  hinreichend  Alkohol  in  der  Hitze,  und  läfst  Morphin  durch 
Erkalten  und  Verdampfen  kristallisireu.  — Die  neueste  Methode,  salzhal- 
tige Flüssigkeit  zur  Bereitung  des  Morphins  anzuwenden,  ist  die  von  Gre- 
gory. Man  macerirt  Opium  mit  bis  auf  38°  C.  erwärmtem  Wasser,  bis  es 
erschöpft  ist,  verdampft  die  Auszüge,  denen  man  vorsichtig  so  viel  gröb- 
lich gepulverten  Marmor  zusetzt,  bis  alle  Säure  neutralisirt  ist,  bis  zur 
Syrupdicke,  versetzt  die  Flüssigkeit  jetzt  mit  einem  Ueberschufs  von  rei- 
nem eisenfreien  salzsauren  Kalk  und  kocht  das  Gemische  einige  Minuten, 
giefst  es  dann  in  ein  weites  Gefäfs  und  verdünnt  es  nach  dem  Erkalten 
mit  Wasser,  wo  sich  sehr  viel  harzähnliche  Flocken  abscheiden  (man  mufs 
genau  die  rechte  Menge  Wasser  treffen,  dafs  möglichst  viel  dieser  Sub- 
stanz ausgeschieden  wird  , zu  viel  oder  zu  w^enig  läfst  die  Flüssigkeit  un- 
rein); die  klare  Flüssigkeit  verdampft  man  wieder,  indem  man  ein  Stück- 
chen Marmor  hinein  wirft , trennt  sie  aufs  Neue  vom  Absatz  und  prüft  sie, 
ob  hinreichend  salzsaurer  Kalk  zugesetzt  wurde,  indem  man  etwas  davon 
mit  der  beim  ersten  Verdampfen  erhaltenen  concentrirteu  vermischt,  es 
mufs  sich  mohnsaurer  Kalk  abscheiden.  Ist  dieses  nicht  der  Fall,  so  mufs 
noch  salzsaurer  Kalk  zugesetzt  werden.  Man  läfst  nun  erkalten,  wo  salz- 
saures Morphin  anschiefst.  Mau  preist  die  Kristalle  scharf  aus , um  eine 
schwarze  Flüssigkeit  abzusondern,  löst  sie  in  Wasser  bei  15°  C. , koiirt 
durch  feine  Leinwand  und  verdampft  aufs  Neue  unter  Zusatz  von  ein  wenig 
salzsaurem  Kalk,  läfst  kristallisiren  und  prefst  aus,  löst  das  Salz  wieder 
in  Wasser,  versetzt  die  Lösung  mit  eiu  wenig  Salzsäure,  um  die  färbende 
Substanz  löslicher  zu  machen,  und  verdampft  zur  Kristallisation.  Die 
wieder  durch  scharfes  Pressen  gereinigten  Kristalle  von  salzsaurem  Mor- 
phin löst  mail  nochmals  in  kochendem  Wasser,  nimmt  die  freie  Säure  mit 
Kreide  weg,  versetzt  die  Lösung  mit  Thierkohle,  und  setzt  so  viel  Was- 
ser zu,  bis  das  Salz  auch  in  der  Kälte  gelöst  bleibt,  digerirt  noch  24 
Stunden  bei  einer  Temperatur,  die  88°  C.  nicht  übersteigt,  und  filtrirt; 
ist  das  Filtrat  nicht  völlig  wmsserklar,  so  versetzt  man  es  mit  w-enig  Salz- 
säure, welche  es  ganz  entfärbt,  und  verdampft  zur  Kristallisation.  Die 
Säure  befördert  zugleich  die  Kristallisation,  ohne  dafs  ein  saures  Salz  ge- 
bildet wird.  Man  preist  die  Kristalle  in  6 Unzen  schweren  Parthieen  zwi- 
schen Baumwollenlappen  scharf  aus,  trocknet  sie  in  einer  Trockenkammer 
bei  38°  C,  und  schabt  die  äufsere  etwas  gefärbte  Rinde  der  Kuchen  ab, 
die  man  einer  neuen  Operation  zusetzt,  das  Innere  ist  ganz  weifs;  bei 
accurater  Arbeit  und  Anwendung  von  hinreichend  salzsaurem  Kalk  sollen 
die  schw  arzen  Mutterlaugen  keine  Spur  Morphin  enthalten.  Das  so  erhal- 
tene salzsaure  Morphin  enthält  aber  noch  Codein  (s.  u.).  Man  zerlegt  es 
mit  Ammoniak  und  verfährt  wie  oben  augezeigt  wurde.  ( Merck  erhielt 
jedoch  nach  dieser  so  sehr  angepriesenen  Methode  weit  weniger  Morphin, 
als  nach  seiner  höchst  einfachen,  zuerst  angegebenen.  Auch  die  übrigen 
hier  angeführten  Methoden,  so  wde  noch  eine  Menge  anderer,  in  neuerer 
Zeit  vorgeschlagener,  sind  ohne  Noth  zu  umständlich  und  man  erleidet 
dabei  leicht  Verlust!)  — Auch  kann  man  Opium  gleich  anfangs  mit  etw*as 
wässerigem  oder  säurehaltigem  Weingeist  extrahiren  und  mit  Ammoniak 
fällen.  Guillermond  extrahirt  es  wiederholt  mit  Weingeist  von  0,875, 
versetzt  die  Lösung  mit  überschüssigem  Ammoniak,  wro  nach  einigen  Ta- 
gen unreines  Morphin  herauskristallisirt,  welches  durch  Waschen  mit  Was- 
ser, Lösen  in  Alkohol  und  Kristallisireu  gereinigt  wird.  — Staples  digerirt 
erst  Opium  mit  etwas  verdünnter  Essigsäure,  setzt  dann  Alkohol  zu,  und 
verfährt  übrigens  ähnlich  wie  Guillermond.  — Duflo-s  behandelte  früher 
Opium  wiederholt  mit  absolutem  Alkohol,  der  y«  Schwefelsäure  enthält, 
destillirt  den  Weingeist  ab,  zieht  den  Rückstand  mit  Wasser  aus,  behandelt 


119$ 


Organische  Basen. 


das  Filtrat  mit  Thierkohle,  zersetzt  es  mit  überschüssiger  Kalkmilch;  zieht 
den  gewaschenen  Niederschlag  mit  heifsem  Alkohol  aus,  versetzt  das  etwas 
verdampfte  Filtrat  mit  Wasser,  um  Narcotin  zu  fällen,  und  reinigt  das 
Morphin  durch  Kristallisation.  Aus  dein  Opiumrückstand  läfst  sich  durch  \ 
Behandeln  mit  Wasser  u.  s.  w.  noch  Morphin  gewinnen.  Diese  Methoden 
sind  noch  weniger  zu  empfehlen.  Aber  um  aus  inländischen  Mohnköpfen 
Morphin  zu  erhalten,  zieht  man  sie,  von  den  Samen  gereinigt,  zweck- 
mäfsig  mit  Weingeist  aus,  destillirt  den  Weingeist  vom  Auszug  ab,  be- 
handelt dann  das  Extract  mit  Wasser  u.  s.  w.  nach  Merck’ s Methode,  wo 
man  nach  Winckler’t  Angabe  selbst  aus  den  reifen  Mohnköpfen  eine  die 
Arbeit  lohnende  Menge  Morphin  erhält.  Auf  etwaigen  NarCOtingehalt 
prüft  man  das  Morphin  durch  Behandeln  mit  Aether,  der  Nar- 
cotin auflöst,  oder  man  behandelt  es  mit  wässerigen  ätzenden 
Alkalien  (Ammoniak),  welche  Morphin  auflösen  und  Narcotin 
zurücklassen.  Das  narcotinhaitige  Morphin  reinigt  man  mit 
sehr  verdünnter  Essigsäure  u.  s.  w.  nach  Merck’s  Angabe. 

Die  Mutterlaugen  und  Abwaschwasser  enthalten  öfter  neben  Narcotin  u. 
s.  w.  noch  ziemlich  Morphin.  Diese  werden  mit  Essigsäure  übersättigt  und 
durch  Behandeln  mit  Thierkohle  und  wiederholtes  Verdampfen  und  Wieder- 
lösen in  Wasser  u.  s.  w.  gereinigt.  (Die  neuesten  Abhandlungen  über  Dar- 
stellung des  Morphins  s.  im  Magazin  für  Fbarmacie  Bd.  0.  S.  00  u.  281  , 

Bd.  13.  S.  142,  Bd.  14.  S.  331,  Bd.  15.  S.  147,  Bd.  17.  S.  72,  Bd.  19. 

8.  151,  Bd.  23.  S.  14  u.  189,  Bd.  24.  S.  62.  u.  Bd.  27.  S.  131.) 

Erklärung:  Das  Morphin  ist  im  Opium  an  Mecocsäure  gebunden,  und 
als  solches  oder  in  Verbindung  mit  Essigsäure,  Salzsäure  in  Wasser  lös- 
lich. Alkalien  zerlegen  diese  Verbindung,  das  Morphin  fällt,  zum  Theil 
mit  Narcotin,  Harz  u.  s.  w.  verunreinigt,  als  unlöslich  nieder,  und  wird 
durch  Waschen,  vorsichtiges  Binden  an  schwache  Säuren,  Zerlegen  mit 
Alkalien,  Kristallisiren  u.  s.  w.  auf  die  angeführte  Art  gereinigt.  Die  Salz- 
lösungen, Kochsalz  und  salzsaurer  Kalk,  haben  zum  Zweck,  die  färben- 
den Theile  des  Opiums,  welche  darin  unlöslich  oder  schwerlöslich  sind, 
zu  entfernen,  und  so  die  Reinigung  des  Morphins  zu  erleichtern. 

§.  225.  Die  Eigenschaffen  des  Morphins  sind:  Es  kri- 
stallisirt  in  weifsen,  glänzenden,  durchsichtigen,  rectangu- 
lären  Säulen,  die  entweder  gerade  oder  schief  abgestumpft, 
auch  mit  2 Flächen  zugeschärft  sind,  zum  Theil  schiefst  es 
auch  in  kubischen  (?  — wahrscheinlich  kurzen  rectaugulären)  Säulen 
und,  nach  Merck , in  Octaedern  an.  Es  ist  geruchlos 5 hat 
(nach  Geiger’ s Beobachtungen)  im  feinzertheilten  Zustande  einen 
starken  und  anhaltend  bittern  Geschmack;  ist  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  luftbeständig ; in  gelinder  Wärme  wird  es  aber 
trüb  und  undurchsichtig,  indem  es  Kristall  wasser  verliert.  — 
Das  kristailisirte  Morphin  enthält  noch  2 At.  Wasser.  — In 
gelinder  Hitze  schmilzt  das  Morphin  und  läfst  sein  Kristall- 
wasser fahren,  beim  Erkalten  erstarrt  es  zu  einer  kristallini- 
schen Masse.  In  stärkerer  Hitze  wird  es  zerstört  und  liefert  in  trocke- 
ner Destillation  die  Produkte  stickstoffhaltiger  organischer  Substanzen.  An 
der  Luft  erhitzt  brennt  es.  Concentrirte  Salpetersäure  färbt  es  reth ; 
wässerige  lodsäure  oder  ein  Gemische  von  iodsaurem  Alkali  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  färbt  es  rothbraun , wie  Kermes,  unter  Entwickelung  von 
loddämpfen , bei  7000facher  Verdünnung  ist  noch  gelbe  Färbung  wahrzu- 
nehmen; Eisenchlorid  färbt  es  dunkelblau,  die  Farbe  verschwindet  bald; 

Robinet.  — Es  ist  in  kaltem  Wasser  kaum,  auch  nur  sehr  wenig 
in  heifsem  löslich.  Nach  Merck  lösen  500  Theile  kochendes 


Morphin. 


1193 


Wasser  1 Theil  Morphin;  beim  Erkalten  der  Lösung*  fällt  es 
gröfstentheils  in  kleinen  Kristallen  heraus;  die  kalte  Läsung 
enthält  etwa  Viooo  Morphin.  lodsäure  färbt  sie  gelb,  Goldauflösuog 
blau,  Silbersolution  in  Kurzem  schwarzgrau,  die  violette  Lösung  des  mi~ 
neralischen  Chamäleons  färbt  sie  schön  grün ; Duflos.  In  kaltem  Wein- 
geist ist  es  auch  nur  sehr  schwer  löslich,  von  kochendem 
Soprocentigen  erfordert  es  nach  Bucholz  24-  Theile.  Von  96- 
procentigem  Weingeist  erfordert  es  nach  Merck  in  der  Kälte 
90  Theile.  Die  Lösung  schmeckt  sehr  bitter,  reagirt  alka- 
lisch , und  wirkt  sehr  betäubend  giftig.  In  Aether  ist  es 
(nach  Geiger’ s Versuchen)  unlöslich  oder  kaum  löslich , wenigstens 
erfordert  1 Theil  über  2000  Theile  Aether  von  0,725  spec.  Gewicht  (was 
vielleicht  Codein  war);  auch  in  ätherischen  öelen  ist  es  kaum 
löslich.  Alkalien  lösen  es  nach  Rohinet  ziemlich  leicht  auf, 
daher  beim  Niederschlagen  eines  Morphinsalzes  ein  Ueberschufs  zu  ver- 
ineiden  ist.  Selbst  Kalkwasser  löst  es  beträchtlich , so  dafs  man 
beim  Hindurchleiten  von  Kohlensäure  durch  morphinhaltiges  Kalkwasser 
neben  kohlensaurem  Kalk  viel  Morphin  erhält. 

Prüfung  auf  Reinheit : Das  Morphin  mufs  schön  weifs  und  kristallisirt 
seyii;  die  Kristalle  müssen  die  augezeigte  Gestalt  haben,  keine  breite 
Nadeln  bilden,  bitter  schmecken,  Aether  darf  kaum  etwas  davon  losen; 
ätzende  Alkalien  müssen  sie  vollkommen  auflösen.  Durch  Eisenchlorid 
mufs  es,  so  wie  die  weiogeistige  Lösung,  blau  gefärbt  werden.  Mit 
Essigsäure  mufs  es  ein  in  Wasser  leichtlösliches  und  mit  Salzsäure  ein 
etwas  schwerlösliches,  leicht  kristallisirbares  bitteres  Salz  liefern;  Aetz- 
ammoniak  mufs  die  Lösung  in  Essigsäure  stark  fällen,  Gallustinktur  wenig 
oder  nicht.  An  der  Luft  entzündet  mufs  es  mit  heller  Flamme,  ohue  Rück» 
stand  zu  lassen,  verbrennen. 

Anwendung : Das  reine  Morphin  wird  jetzt  auch  für  sich  als  Arznei- 
mittel benutzt,  und  besonders  einige  Verbindungen  desselben  mit  Säuren. 
Es  ist  ferner  Bestandtheil  des  Opiums,  s.  o. 

§.  226.  Säuren  neutraiisirt  das  Morphin  auch  vollständig, 
und  bildet  damit  die  Morphinsalze . Sie  werden  durch  unmit- 
telbares Auflösen  des  Morphins  in  den  verdünnten  Säuren  er- 
halten. Diese  sind  meistens  kristallisirbar  und  leicht  löslich 
in  Wasser  und  Weingeist,  unlöslich  in  Aether;  schmecken 
widerlich  bitter,  den  Krähenaugen  ähnlich,  und  wirken  schon 
in  geringen  Mengen  narkotisch  (schlafmachend)  und  in  wenig 
bedeutenden  Quantitäten  giftig,  selbst  tödtlich!  Werden  durch 
Eisenchlorid  blau  gefärbt  und  durch  Salpetersäure  geröthet, 
ihre  Lösungen  werden  durch  lodsäure  stark  in  kermesartigen 
Flocken  gefällt,  unter  Entwickelung  von  loddämpfen;  Send « 
las.  Iodtinktur  fallt  sie  ebenfalls  braunroth , und  Goldauflösung 
färbt  die  sehr  verdünnte  Lösung  blau  (durch  Reduction  des 
Goldes),  Merck ; Silbersolution  schwärzt  sich  nach  einiger 
Zeit  durch  Reduction  des  Silbers,  die  violette  Lösung  des 
mineralischen  Chamäleons  wird  vorübergehend  grün,  Duflos ; 
lodkalium,  Kochsalz  und  Platinchlorid  fällen  die  nicht  zu 
verdünnte  Lösung  weifs ; wässerige  Gallustinktur  fällt  nur 
die  concentrirte  Lösung  schwach  in  graulichweifsen  Flocken 
Gcifffir’s  Phftrmacie . /.  ( 5 te  Au  fl,)  76 


1194 


Organische  Basen. 


(von  Codein  herrührend?),  nicht  die  verdünnte.  Anorganische 
Alkalien  zerlegen  sie  und  scheiden  Morphin  als  ein  weifses 
Pulver  oder  in  Kristallen  aus  der  Lösung.  In  der  Hitze  wer- 
den sie  zerstört. 

Bekannt  sind  bis  jetzt: 

Salpeter  saures  Morphin,  bildet  sternförmig  vereinigte 
Nadeln,  die  sehr  bitter  schmecken  und  in  Wasser  sehr  leicht 
löslich  sind. 

Sal%saures  Morphin . Formel:  M,  CJ2H2,  Gaq.  Concentrirte 
Salzsäure  greift  Morphin  in  der  Kälte  nicht 'merklich  an.  Setzt  man  Was- 
ser zu,  so  entsteht  bald  ein  dickes  Coagulum  aus  weifsen  Flocken,  welche 
erst  in  viel  Wasser  verschwinden.  (Ueber  die  Bereitung  dieses  Salzes 
nach  Gregory  s.  s.  1191.)  — Es  kristallisirt  in  zarten,  weichen, 
weifsen,  seidenglänzenden,  büschelförmig  vereinigten  Pris- 
men; schmeckt  ebenfalls  sehr  bitter;  ist  luftbeständig.  — Ist 
in  16—20  Theilen  kaltem  und  in  seinem  gleichen  Gewicht 
heifsem  Wasser  löslich ; leichter  löslich  in  Weingeist.  — 

Wird  auch  als  Arzneimittel  gebraucht. 

Schwefelsaures  Morphin . Formel:  M/so3,6aq.  Kristalli- 
sirt in  büschelförmig  vereinten,  zarten,  farblosen  Prismen  von 
Seidenglanz,  die  bei  gewöhnlicher  Temperatur  luftbeständig 
sind,  aber  bei  120°  Kristallwasser  fahren  lassen,  sehr  bitter 
schmecken,  und  sich  leicht  in  Wasser  lösen.  — Das  kristal- 
lisirte  Salz  enthält  6 At.  Wasser ; beim  Erhitzen  bis  zu  120° 
verliert  es  nur  5 At.  Krisiallwasser  und  hält  1 At.  zurück; 
dieses  Wasser  zieht  es  mit  Begierde  wieder  aus  der  Luft  an ; 

«/.  L.  — Wird  als  Arzneimittel  angewendet.  — Es  existirt  auch  ein 
saures  schwefelsaures  Morphin. 

Phosphorsaures  Morphin  kristallisirt  in  ansehnlichen 
dicken,  schiefen,  rhombischen  und  ungleich  sechsseitigen 
Säulen,  die  an  der  Luft  beschlagen. 

Kohlensaures  Morphin  soll  in  rectangulären  Säulen  mit  4 Flächen 
zugeschärft  kristallisiren , Glasglanz  haben.  Ist  nach  Bucholz  schwerlös- 
lich in  Wasser,  nach  Choulant  erfordert  es  nur  4 Theile  (?).  Schmeckt 
schwach  bitter.  — Besteht  aus  22  Morphin,  28  Kohlensäure  und  50  Was- 
ser ( Choulant') , wäre  hiernach  ein  saures  Salz.  Verliert  in  gelinder 
Wärme  die  Säure.  Ist  sehr  problematisch.  — Die  Existenz  fester  kohlen- 
saurer organischer  Alkalien  ist  überhaupt  höchst  zweifelhaft. 

Weinsteinsaures  Morphin  kristallisirt  in  verästelten  Pris- 
men; ist  leicht  in  Wasser  löslich. 

Citronensaures  Morphin  wird  im  unreinen  Zustande  unter  dem  Namen 
schwarze  Tropfen  (black  drops)  schon  lange  augewendefc.  Nach  Dr.  Porter 
wird  es  unter  der  Benennung  Liquor  Citratis  Morphii  auf  folgende  Art 
bereitet:  2 Theile  Opium  und  4 Theile  kristallisirte  Citronensäure  werden 
l»  einem  steinernen  Mörser  mit  24  Theilen  Wasser  angericben,  24  Stunden 
macerirt  und  dann  filtrirt.  (Vergl.  Magaz.  für  Pharnmc.  Bd.  11.  S.  183.) 

Essigsaures  Morphin  kristallisirt  beim  freiwilligen  Ver- 


C o d e i n 


U95 


dunsten  aus  der  sauren  Lösung  in  zarten , büschelförmig  ver- 
einten Prismen,  beim  raschen  Verdampfen  bleibt  es  als  eine  farblos- 
durchsichtige  firnifsartige  Masse  zurück ; schmeckt  sehr  bitter ; ist  in 
Wasser  leicht,  etwas  weniger  in  Weingeist  löslich,  verliert 
mit  der  Zeit  leicht  einen  Theil  Säure  und  ist  dann  nur  theilweise  löslich 
in  Wasser.  — Wird  als  Arzneimittel  augewendet.  — Nicht  selten  ist  dieses 
Salz  mit  Narcotin  verunreinigt , oder  besteht  fast  ganz  daraus,  dann  ist 
es  geschmacklos,  unlöslich  in  Wasser  und  wird  weder  in  Alkalien  gelöst^ 
noch  durch  Eisenchlorid  blau  und  Salpetersäure  roth  und  lodsäure  braun- 
roth  gefärbt.  (Vergl.  Merck  im  Magaz.  f,  Pharmac.  Bd.  13.  S.  142.)  Im 
unreinen  Zustande  ist  diese  Verbindung  als  Liquor  Opii  acetici  gebrauch« 
lieh.  (Vergl.  Houlton  im  Magaz.  für  Pharmac.  Bd.  27.  S.  168.) 


Meconsaures  Morphin , welches  im  Opium  enthalten  ist , kri~ 
stallisirt  nicht,  ist  lereht  löslich  in  Wasser  und  Weingeist, 
färbt  EiseilOXldsalze  roth.  Daher  diese  eiu  Prüfungsmittel  auf  Opium 
sind. 


Codein  (Codeinum'). 

Dieses  organische  Alkali  entdeckte  1832  Robiquet.  — Es  findet  sich 
ebenfalls  im  Opium. 

§.  227 . Bei  Bereitung  des  Morphins , besonders  des  salz- 
sauren Morphins  nach  Gregory' § Methode,  wird  es  nach  jßo- 
biqnet  auf  folgende  Weise  dargestellt.  Es  wird  dieses  codein- 
haltige  Präparat  in  Wasser  gelöst  und  das  Morphin  mit  Aetz- 
ammoniak  gefällt,  in  der  Mutterlauge  ist  Codein  enthalten. 
Diese  wird  verdampft,  wo  ein  Doppelsalz  von  salzsaurem 
Ammoniak  und  salzsaurem  Codein  anschiefst.  Dieses  prefst 
man,  wäscht  es  mit  wenig  Wasser  und  behandelt  es  mit 
Aetzkalilauge,  wo  unreines  Codein  als  eine  klebrige,  bald 
erhärtende  und  kristallinisch  werdende  Masse  abgeschieden 
wird,  die  man  mit  Aether  behandelt,  welcher  reines  Codein 
aufnimmt,  und  beim  Verdampfen,  besonders  bei  Zusatz  von 
etwas  Wasser,  kristailisirt  hinterläfst.  — Nach  Merck  erhält 
man  das  Codein,  indem  der  durch  kohlensaures  Natron  er- 
haltene Morphinniederschlag  kalt  mit  Weingeist  ausgezogen, 
die  Flüssigkeit  genau  mit  Schwefelsäure  neutralisirt,  nach  dem 
Verdampfen  des  Alkohols  mit  Wasser  versetzt,  so  lange  Trü- 
bung erfolgt,  sodann  filtrirt,  zur  Syrupconsistenz  abgedampft 
und  dieser  Rückstand  mm  mit  seinem  gleichen  Volumen  einer 
mäfsig  starken  Kalilauge  und  seinem  4fachen  Volum  Aether 
gemischt  und  in  einem  verschlossenen  Gefäfse  stark  geschüttelt 
wird.  Die  ätherische  Flüssigkeit  liefert  beim  Verdunsten  Kri- 
stalle von  reinem  Codein.  Die  Behandlung  mit  Aether  wird 
mehrmals  wiederholt,  um  alles  durch  das  Kali  abgeschiedene 
Codein  zu  erhalten.  — Die  Eigenschaften  desselben  sind: 
Aus  Wasser  durch  freiwilliges  Verdampfen  kristailisirt  das 
Codein  in  sehr  regelmäfsigen , farblosen,  durchsichtigen  Octae- 


1196 


Organische  Basen. 


dem . welche  2 Atome  = 5,8  p.  c.  Wasser  bei  1 00°  verlieren. 
Aus  Aether  kristallisirt  stellt  es  kurze,  durchsichtige,  weifse 
Nadeln  dar,  die  in  der  Wärme  bei  150°  ohne  Gewichtsverlust 
schmelzen.  Das  Codein  besitzt  für  sich  und  in  seinen  Auflö- 
sungen einen  bittern  Geschmack,  es  reagirt  stark  alkalisch, 
röthet  nicht  Salpetersäure  und  färbt  Eisenchlorid  nicht  blau.  — 
Das  Codein  ist  weit  leichter  löslich  in  Wasser  als  Morphin, 

1 Theil  erfordert  bei  gewöhnlicher  Temperatur  kaum  80  und 
in  der  Kochhitze  nur  17  Theile.  Ueberschüssiges  Codein  mit  Wasser 
erhitzt  bildet  ölartige  Tropfen  (wie  Meconin),  die  schwerer  als  Wasser 
sind,  ein  Hydrat?  ln  Weingeist  ist  es  sehr  leicht  löslich,  eben 
so  in  Aether,  aber  unlöslich  in  wässerigen  Alkalien  (Unter- 
schiede von  Morphin).  — Säuren  saturirt  es  vollständig  und  bildet 
damit  die  Codeinsalze , die  zum  Theil,  wie  z.  B.  das  salpeter- 
saure, sehr  leicht  kristallisiren.  Die  Lösungen  werden  von 
den  oben  angezeigten  ileagentien  nicht  verändert,  aber  Gallus- 
tinktur fällt  sie  stark  (Unterschied  von  Morphinsalzen). 

Anwendung : Bis  jetzt  wurde  Codein  nicht  als  Arzneimittel  gebraucht. 
Es  ist  aber  Bestandtheil  des  Opiums  und  des  salzsauren  Morphins  nach 
Gregory’ s Methode,  welches  die  schottischen  Aerzte  allen  andern  Opium- 
präparaten vorziehen.  Es  verdient  darum  auch  für  sich  angewendet  zu 
werden.  (Vergl.  über  Codein  Annalen  der  Pharmacie  Bd.  5.  S.  106.) 

Thebain. 

Synonyme:  Paramorphin. 

Zuerst  von  Thiboumery  dargestellt,  von  Pelletier  näher  untersucht, 
später  von  Couerbe. 

Das  Thebain  wird  erhalten,  wenn  man  den  aus  einer  Opiuminfusion 
durch  Kalkhydrat  erhaltenen  Niederschlag  bis  zur  Farblosigkeit  auswascht, 
in  verdünnter  Säure  löst,  mit  Ammoniak  fällt,  den  Niederschlag  trocknet 
und  in  Alkohol  oder  Aether  löst,  woraus  es  beim  Verdunsten  in  farblosen 
körnigen  oder  nadelförmigen  Kristallen  anschiefst.  Es  schmeckt  scharf  und 
metallisch,  reagirt  stark  alkalisch.  Durch  Reiben  wird  es  stark  negativ- 
elektrisch.  Es  schmilzt  bei  130  — 150°  und  erstarrt  bei  110%  in  höherer 
Temperatur  wird  es  zerstört.  Es  ist  wenig  löslich  in  Wasser,  aber  selbst 
in  der  Kälte  leichtlöslich  in  Alkohol  und  Aether.  Concentrirte  Säuren 
zerstören  es,  indem  sie  es  verharzen.  Von  Schwefelsäure,  die  Salpeter- 
säure enthält , wird  es  blutroth  , nicht  von  Salpetersäure  allein , durch  Ei- 
senoxidsalze nicht  blau.  Mit  verdünnten  Säuren  neutralisirt , bildet  es  kri- 
stallisirende  Salze,  aus  denen  es  durch  Alkali  gefällt  wird.  Das  kristal- 
lisirte  Thebain  enthält  4 p.  c.  =r  2 At.  Wasser.  Seine  Zusammensetzung 
siche  Seite  1163. 

Pseudomorphin. 

Es  wurde  1832  von  Pelletier  entdeckt,  der  es  zweimal  bei  der  Ver- 
arbeitung grofser  Quantitäten  Opiums  fand.  Es  ist  jedoch  nicht  in  jedem 
Opium  enthalten. 

Er  erhielt  es  durch  Fällung  des  wässerigen  Opiumextractos  mit  Am- 
moniak, Lösen  des  Niederschlags  in  kaustischem  Natron,  welches  Morphin  j| 
und  Pseudomorplün  löst  und  Narcotin  zurückläfst,  Uebersättigen  der  alka- 
lischen Lösung  mit  Schwefelsäure  und  Fällung  des  Morphins  durch  Am- 
moniak. Aus  der  abfütrirten  Flüssigkeit  kristallisirt  beim  Verdampfen  das  | 
Pseudomorphin  in  glimm erartigen  Blättchen.  Es  wird  in  kochendem  Was-  ; 


Nareein.  1197 

ser  gelöst  und  mit  Ammoniak  versetzt,  worauf  das  Pseudomorphia  in 
glänzenden  Blättchen  kristallisirfc. 

Es  ist  schwer  in  Wasser,  nur  wenig  in  verdünntem  Weingeist  und  gar 
nicht  in  absolutem  Alkohol  und  Aether  löslich.  Aetzkali  und  Natronlauge 
lösen  es  leicht,  und  wird  daraus  durch  Neutralisation  mit  Säuren  gefällt, 
wobei  es  etwas  Säure  zurückhält.  Arnmoniakßüssigkeit  nimmt  aber  nicht 
mehr  davon  auf  als  reines  Wasser.  Von  Eisenoxidsalzen  wird  es  wie 
Morphin  blau  gefärbt,  beim  Kochen  wird  diese  Verbindung  grün.  Von 
verdünnter  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  wird  nur  wenig  gelöst;  in 
Salzsäure  und  besonders  in  Essigsäure  ist  es  leichter  löslich.  Seine  Ver- 
bindung mit  Schwefelsäure  enthält  8,8  p.  c.  Säure.  Seine  Salze  sind  nicht 
näher  untersucht.  Seine  Zusammensetzung  siehe  Seite  1163. 

Nareein. 

Diese  Substanz  ist  1833  von  Pelletier  entdeckt  worden.  — Sie  findet 
sich  ebenfalls  im  Opium  I 

Man  erhält  das  Nareein  aus  derb  wässerigen  Opiumextract,  aus  wel- 
chem man  durch  Lösen  desselben  in  Wasser,  Filtriren,  Versetzen  des 
Filtrats  mit  Ammoniak  im  Ueberschufs,  Auf  kochen,  uin  das  überschüssige 
Ammoniak  zu  verjagen,  Erkaltenlassen , Filtriren,  Concentriren  des  Fil- 
trats durch  Verdampfen , und  Fällen  mit  Bnrytwasser,  Mohnsäure,  Meco- 
nin , Morphin  und  Narcotin  geschieden  hat,  indem  man  das  Filtrat  mit 
kohlensaurem  Ammoniak  versetzt,  um  den  überschüssigen  Baryt  zu  fällen, 
dann  das  Filtrat  bis  zur  Syrupdicke  verdampft , wo  nach  einigen  Tagen 
unreines  Nareein  herausknstaliisirt.  Dieses  befreit  man  durch  Abtröpfeln 
und  Pressen  der  Kristalle  von  der  Mutterlauge,  und  behandelt  es  kochend 
mit  Alkohol  von  0,823  spec.  Gew.,  fiitrirt,  und  zieht  den  Weingeist 
gröfsteutheils  vom  Filtrat  ab ; beim  Erkalten  kristallisirt  Nareein  heraus  , 
welches  durch  wiederholtes  Lösen  in  Alkohol  und  Umkristaltisiren  gerei- 
nigt wird.  Von  etwa  anhängendem  Meeoom  und  Codein  befreit  man  es 
durch  Behandeln  mit  Aether,  der  beide  löst,  aber  Nareein  ungelöst  läfst. 
— Es  kristallisirt  in  weifsen,  seidenartig  glänzenden,  zarten,  zum  Theii 
(aus  der  wässerigen  Lösung)  platten  und  verfilzten  Nadeln,  von  schwach 
bitterm  Geschmack,  mit  einem,  dem  durch  Galvanismus  erregten  ähnlichen 
metallischen  Nachgeschmack;  bei  ungefähr  92°  schmilzt  es.  In  höherer 
Temperatur  wird  es  unter  ähnlichen  Erscheinungen  wie  Narcotin  zerlegt. 
Die  Produkte  der  trockenen  Destillation  sind  sauer.  Das  Nareein  erleidet 
leicht,  mitunter  merkwürdige  Veränderungen,  wrobei  es  schöne  Färbun- 
gen, blau  und  roth , aunimmt.  Starke  concentrirte  Mineralsäuren  zer- 
stören es  leicht,  mit  etwas  Wasser  verdünnte  rauchende  Salzsäure  färbt 
es  schön  azurblau,  die  blauen  Kristalle  lösen  sich  in  viel  Wasser  zu  einer 
farblosen  Flüssigkeit,  beim  langsamen  Verdampfen  der  Flüssigkeit  wird 
die  Lösung  erst  roth , dann  violett  und  endlich  dunkelblau.  Auch  hygro- 
scopische  Substanzen,  welche  die  Feuchtigkeit  stark  anziehen,  z.  B.  Chior- 
calcium , bewirken  in  der  farblosen  Lösung  durch  Wasserentziehung  diese 
Färbungen.  Salpetersäure  mit  2 TSieilen  Wasser  verdünnt,  und  Schwefel- 
säure mit  4 — 5 Theilen  Wasser  verdünnt,  bewirken  dieselben  Färbungen 
mit  Nareein.  Concentrirte  Salpetersäure  löst  Nareein  mit  gelber  Farbe 
auf  (ohne  Röthung),  das  Nareein  ist  hiebei  zerstört;  beim  Erhitzen  der 
Lösung  entwickelt  sich  salpetrige  Säure  und  es  bildet  sich  Kleesäure  und 
wahrscheinlich  Picrinsalpetersäure.  Vegetabilische  Säuren  bewirken  diese 
Färbungen  nicht,  aufser  bei  Gegenwart  einer  starken  Mineralsäure , denn 
Weinsteinsäure  färbt  salzsaures  Nareein  blau.  Eisenoxidsalze  bewirken 
aber  mit  Nareein  keine  blaue  Färbung  (Unterschied  von  Morphin).  — In 
Wasser  ist  Nareein  löslich;  es  bedarf  bei  gewöhnlicher  Temperatur  375 
und  in  der  Kochhitze  230  Theile.  Die  Lösung  reagirt  weder  sauer  noch 
basisch.  In  Weingeist  ist  es  leichter  löslich  als  Narcotin;  io  Aether  ist  es 
unlöslich.  — Seine  Zusammensetzung  s.  S.  1163.  — Von  verdünnten  Säu- 


1198 


Organische  Basen. 


ren  wird  es  gelöst  ohne  sie  zu  neutralisiren  ; versucht  man  durch  Ab- 
dämpfe» kristallisirte  Salze  zu  erhalten,  so  setzt  sich  unverändertes  Nar- 
cein  ab. 

Narcotin. 

Synonyme:  Opian,  Desrosnesches  Salz. 

Desrosne  stellte  es  1803  zuerst  dar;  Sertürner  hielt  es  lange  für  ein 
basisches  Morphinsalz.  Robiquet  erwies  seine  Verschiedenheit  und  seine 
basischen  Eigenschaften.  — Findet  sich  ebenfalls  im  Opium  und  im  Milch- 
saft mehrerer  Papaverarten. 

§.  2528.  Die  einfachste  Bereitungsart  ist5  den  mit  Wasser 
bei  der  Morphinbereitung  erschöpften  Eli ck stand  des  Opiums 
mit  starker  Essigsäure  zu  kochen , die  Flüssigkeit  zu  filtriren 
und  durch  Ammoniak  zu  fällen.  Man  reinigt  das  niederge- 
schlagene Narcotin  durch  Lösen  in  kochendem  starkem  Al- 
kohol, dem  man  etwas  Thierkohle  beigem  ngt  hat  Aus  der 
kochend  filtrirten  Lösung  kristallisiri  das  Narcotin  beim  Er- 
kalten. Auch  kann  man  das  mit  Wasser  ausgezogene  Opium 
mit  Weingeist  exfrahiren  und  den  Weingeist  abdestiiüren. 

Bei  der  Behandlung  des  Opiums  mit  Wasser  (s.  S.  1188)  bleibt  der 
gröfste  Theil  Narcotin  im  Rückstand  9 aus  welchem  man  es  dureh  Behand- 
lung desselben  mit  kochender  Essigsäure,  FäiäuDg  mit  Ammoniak,  oder 
durch  kochenden  Weingeist  ausziehen  kann.  Der  gefärbte  Niederschlag 
oder  die  aus  dem  Weingeist  erhaltenen  gefärbten  Kristalle  werden  durch 
Digestion  mit  etwas  Kalilauge  und  neue  Kristallisationen  aus  Alkohol,  dem 
man  etwas  Thierkohle  zusetzt,  weifs  und  rein  erhalten.  Extrahirt  man 
das  Opium  bei  der  Darstellung  mit  einem  säurehaltigen  Wasser,  so  löst 
sich  alles  Narcotin  mit  d-ein  Morphin  auf,  und  der  durch  Alkalien  aus  dieser 
Auflösung  erhaltene  Niederschlag  enthält  alles  Narcotin  neben  Morphin. 
Durch  Behandlung  desselben  mit  sehr  verdünnter  Essigsäure  löst  sich  das 
Morphin  auf  und  das  Narcotin  bleibt  ungelöst  zurück;  es  wird  wie  oben 
erwähnt  gereinigt. 

Durch  Behandlung  des  feingepulverten  Opiums  mit  Aether  kann  alles 
Narcotin  ausgezogen  werden;  die  ätherische  Lösung  giebt,  an  der  Luft 
verdampft,  grofse  und  reine  Kristalle  von  Narcotin. 

$.  229*  Das  Narcotin  kristallisirt  in  farblosen,  durchsich- 
tigen, glänzenden,  büschelförmig  vereinigten , geraden  rhom- 
bischen Säulen  oder  plattgedrückten  grofsen  Nadeln;  beim 
Fällen  aus  seinen  Salzen  stellt  es  ein  zartes,  lockeres,  weifses 
Pulver  dar.  Es  ist  geschmack-  und  geruchlos,  schmilzt  bei 
170°,  wobei  es  3 — 4 p.  c.  an  Gewicht  verliert,  und  erstarrt 
bei  130°,  bei  langsamem  Erkalten  kristallinisch,  bei  schnellem 
zu  einer  durchsichtigen  zerspringenden  Masse.  Bei  höherer 
Temperatur  zersetzt  es  sich  wie  Morphin.  Seine  Zusammen- 
setzung siehe  Seite  1463.  — In  kaltem  Wasser  ist  es  unlöslich 
und  nur  sehr  wenig  löslich  in  heifsem  (1000  Theile  lösen  2 
Theile).  106  Theile  85procentigen  Weingeistes  lösen  beim 
Kochen  5 Theile,  von  denen  4 Theile  beim  Erkalten  heraus- 
kristaliisiren.  Kochender  Aether  löst  2 p.  c.,  kalter  nicht  einmal 
halbsoviel.  Die  Lösungen  schmecken  sehr  bitter  und  reägiren 
nicht  alkalisch.  Auch  in  ätherischen  und  fetten  Oelen  ist  es 


Narcotin,  Chelidonin. 


1199 


löslich.  1»  wässerigen  Alkalien  und  Kalkwasser  ist  es  un- 
löslich. Eisenoxidsalze  färben  sich  nicht  damit  blau.  Durch 
concentrirte  »Salpetersäure  wird  es  nicht  geröthet;  aber  mit 
Schwefelsäure  übergossen,  der  etwas  Salpetersäure,  selbst 
nur  Viooo  zugesetzt  ist,  wird  es  biutroth. 

Die  Narcotinsalze  erhält  man  durch  Auflösung  von  soviel  Narcofcin  iu 
den  verdünnten  Säuren , als  sie  aufnehmeu  können ; sie  reagiren  aber 
immer  sauer  und  schmecken  sehr  bitter.  Beim  Verdampfen  der  Lösungen 
verflüchtigen  sich  die  schwachen  flüchtigen  Säuren.  Durch  viel  Wasser 
werden  die  Verbindungen  mit  schwachen  Säuren  zersetzt,  indem  sich  fast 
alles  Narcotin  abscheidet. 

Viele  Narcotinsalze  sind  in  Alkohol  und  Aether  löslich.  Salzsaures 
Narcotin.  Zur  Syrupsconsistenz  abgedampft,  erzeugen  sich  bei  Aufbewah- 
rung an  einem  trockenen  warmen  Orte  Kristallp unkte.  Bei  raschem  Aus- 
trockoen  erhält  man  es  als  eine  harte  durchscheinende  Masse.  Trockene» 
salzsaures  Gas  verbindet  sich  mit  dem  Narcotin  zu  einer  Salzmasse,  die, 
in  kochendem  absoluten  Alkohol  gelöst,  kristallisirt  erhalten  werden  kann. 
Es  wird  durch  Quecksilber-,  Gold-  und  Platinchlorid  zu  Doppelverbin- 
dungen gefällt.  Das  schwefelsaure  Salz  trockuct  zu  einer  harten  Masse 
eia  . Das  essigsaure  Salz  kann  durch  Abdampfen  unter  der  Luftpumpe 
kristallisirt  erhalten  werden.  Die  Kristalle  bestehen  nach  Wittstock  aus 
reinem  Narcotin.  Basisch  essigsaures  Kali  fällt  das  Narcotin  aus  der  essig- 
sauren Lösung,  indem  es  sich  in  neutrales  Salz  verwandelt.  Gallustinktur 
fällt  das  Narcotin  aus  seinen  Lösungen  als  weifse  käsige  Flocken.  Es 
äufsert  keine  ausgezeichneten  Wirkungen  als  Heilmittel.  — Nur  in  Ver- 
bindung mit  Essigsäure  und  Schwefelsäure  soll  es  bei  einer  Dosis  von  2 — 
3 Grammen  (30  — 40  Grau)  Hunde  tödten.  In  Olivenöl  schon  in  einer 
Dosis  von  3 — 4 Gran  (?).  Auch  Diefflenbach’ s Versuche  (Archiv  für 
Physiologie  und  Anatomie,  Januar  1820)  sprechen  für  eine  narkotisch- 
giftige Wirkung. 

Chelidonin . Von  Goäefroy  zuerst  au fge runden,  später  von  Pole.T , 
dann  von  Probst  rein  dargestellt  und  untersucht,  ebenso  von  Reitling,  je- 
doch nicht  im»  vollkommen  reinen  Zustande.  — Der  bei  Darstellung  des 
Ghelerythrins  erhaltene,  mit  Aether  digerirte  Ammoniakniederschlag  wird 
in  möglichst  wenig  schwefelsäurehaltigen»  Wasser  gelöst  und  mit  der  dop- 
pelten Menge  concentrirter  Salzsäure  gemischt.  Nach  einiger  Zeit  bildet 
sich  ein  körnig-kristallinischer  Niederschlag,  den  man  mit  kaltem  Wasser 
ab  wascht,  durch  Digestion  mit  Ammoniak  von  aller  Säure  befreit,  aufs 
Neue  in  verdünnter  Schwefelsäure  löst,  durch  concentrirte  Salzsäure  fällt, 
mit  Ammoniak  digerirt,  iu  Schwefelsäure  löst,  durch  Ammoniak  fällt  und 
in  Alkohol  löst,  woraus  das  Chelidonin  in  farblosen  Täfelchen  kristallisirt. 
Oder  mau  löst  den  Niederschlag  in  Essigsäure,  aus  der  das  Chelidonin  beim 
Verdunsten  iu  ausgebildeten  Kristallen  rein  erhalten  wird.  Das  Pulver  färbt 
stark  ab. 

Es  ist  farblos  und  ohne  Geruch,  von  bitterem  Geschmack,  uulöslich 
in  Wasser,  löslich  in  Alkohol  und  Aether;  Gallustinktur  und  Alkalien 
schlagen  es  aus  seinen  wässerigen  Salzlösungen  flockig  nieder.  Der  Nie- 
derschlag wird  nach  einiger  Zeit  körnig-kristallinisch.  Es  schmilzt  bei 
130°  zu  einer  ölartigen  Flüssigkeit*  ohne  zersetzt  zu  werden;  bei  stärkerer 
Hitze  wird  es  braun  und  brennt  mit  leuchtender,  rufsender  Flamme  ohne 
Rückstand  zu  hinterlassen.  Es  enthält  4.8  p.  c.  oder  2 At.  Wasser,  die 
es  bei  100°  vollständig  verliert.  Seine  Salze  sind  farblos,  reagiren  sauer, 
sind  meist  löslich  in  Wasser,  beim  Verdunsten  seiner  Verbindungen  mit 
schwachen  flüchtigen  Säuren  kristallisirt  reines  Chelidonin,  auch  Thier- 
kohle entzieht  es  seinen  Salzlösungen.  Seine  Zusammensetzung  siehe 
Seit©  1163. 


1200 


Organische  Basen. 


Schwefelsaures  Chelidonin . Durch  Lösen  von  Chelidonin  in  verdünnter 
Schwefelsäure,  Verdunste»,  Wegnehmen  der  überschüssigen  Säure  durch 
Aether,  Lösen  in  absolutem  Alkohol  und  freiwilliges  Verdunsten  leicht 
kristallisirt  zu  erhalten.  Bei  etwas  warmer  Luft  trocknet  die  Lösung 
leicht  zu  einer  gummiartigen  brüchigen  Masse  ein.  Es  ist  luftbeständig, 
reagirt  sauer,  sehr  leicht  löslich  in  Wasser  und  Alkohol«  bei  50 — 60° 
schmilzt  es. 

Phosphor  saures  Chelidonin  kristallisirt  leichter,  ist  ebenfalls  in  Wasser 
und  Alkohol  leicht  löslich,  und  schmilzt  ehe  es  sich  zersetzt. 

Salpetersaures  Chelidonin.  Beim  Lösen  in  sehr  verdünnter  Salpeter- 
säure erhält  man  durch  Verdunsten  leicht  schöne  Kristalle.  Von  concen- 
fcrirter  Säure  wird  es  leicht  zersetzt.  Es  ist  in  Wasser  schweriöslich, 
weshalb  man  es  auch  erhalten  kann  durch  Versetzen  der  concentrirten 
Lösung  von  schwefelsaurem  Salz  mit  verdünnter  Salpetersäure  als  kristal- 
linischen Niederschlag. 

Salzsaures  Chelidonin . Wird  erhalten  durch  Lösen  in  möglichst  wenig 
salzsaurem  Wasser,  Verdampfen  zur  Trockne,  Abwaschen  mit  Aether, 
Lösen  in  heifsem  Wasser  und  Verdunsten,  wobei  sich  feine  Kristallkrusten 
abscheiden.  Es  reagirt  wie  die  andern  Salze  sauer,  schmeckt  sehr  bitter, 
löst  sich  in  325  Th.  Wasser  von  18°.  Mit  Platinchlorid  bildet  es  ein  dem 
Platinsalmiak  analoges  Doppelsalz,  das  sich  ohne  Zersetzung  auswaschen 
und  mit  verdünnter  Salpetersäure  kochen  läfst. 

Das  essigsaure  Salz  läfst  sich  darstellen  durch  Fällung  des  schwefel- 
sauren mit  essigsaurem  Baryt.  An  der  Luft  trocknet  es  zur  gummiartigen 
Masse  ein,  die,  jedoch  nur  bei  Zusatz  von  Essigsäure,  vollständig  in 
Wasser  sehr  leicht  löslich  ist.  Es  besitzt  keine  giftige  Wirkung.  (Probst.') 

Chelerythrin  ( Pyrrhopin ). 

Von  Probst  und  Polex  gleichzeitig  in  Chelidonium  majus  entdeckt, 
von  ersterem  genau  untersucht. 

Besonders  reichlich  in  den  Wurzeln  und  unreifen  .Samen  des  Schöll- 
krautes enthalten,  auch  in  der  Wurzel  von  Glaucium  luteum > 

Frische  oder  getrocknete  Wurzel  oder  der  bei  dein  Ausziehen  mit 
kohlensaurem  Natron  behufs  der  Chelidonsäure  gebliebene  Rückstand  wird 
mit  schwefelsäurehaltigem  Wasser  extrahirt,  der  Auszug  durch  Ammoniak 
gefällt,  der  Niederschlag  ausgesüfst,  durch  Pressen  möglichst  von  Wasser 
befreit,  noch  feucht  in  mit  Schwefelsäure  angesäuertem  Weingeist  gelöst, 
der  Alkohol  abdestiilirt  und  die  wässerige  Lösung  des  Rückstandes  durch 
Ammoniak  gefällt,  der  Niederschlag  ausgewaschen,  schnell  bei  gelinder 
Temperatur  getrocknet,  zerrieben  und  das  Chelerythrin  mit  Aether  ausge- 
zogen, der  Rückstand  ist  zum  gröfsten  Theil  Chelidonin.  Die  ätherische 
Lösung  hinterläfst  beim  Verdampfen  eine  grünliche  klebrige  Masse,  die 
man  in  möglichst  wenig  wässeriger  Salzsäure  löst,  wobei  eine  harzartige 
Materie  zurückbleibt.  Die  tiefrothe  Lösung  wird  zur  Trockne  verdampft 
und  mit  Aether  extrahirt,  der  salzsaures  Chelerythrin  zurückläfst.  Dieses 
löst  man  in  möglichst  wenig  kaltem  Wasser,  wobei  etwas  salzsaures  Che- 
lidonin ungelöst  bleibt,  verdampft  die  Lösung  zur  Trockne  und  löst  sie 
wieder  in  wenig  Wasser,  so  oft  jenes  Salz  noch  zurückbleibt.  Zuletzt 
wird  die  Masse  in  absolutem  Alkohol  gelöst,  woraus  man  beim  freiwilligen 
Verdunsten  salzsaures  Chelerythrin  kristallinisch  erhält.  Oder  man  fällt 
die  wässerige  Lösung  durch  Ammoniak  und  löst  den  Niederschlag  in  Aether, 
der  beim  Verdunsten  reines  Chelerythrin  terpentinartig  hinterläfst,  welches 
sehr  schwer  zu  einer  zerreiblichen  glänzenden  Masse  eintrocknet.  Durch 
Alkalien  wird  es  aus  seinen  Salzlösungen  als  grauweifser  käsiger  Nieder- 
schlag gefällt,  der,  in  sehr  gelinder  Temperatur  getrocknet,  ein  zerreib- 
Siebes,  heftig  Niesen  erregendes  Pulver  darstellt.  So  lange  es  durch  Ana- 


Chelerythrin,  Glaucin. 


1204 


moniak  nicht  so  gefällt  wird,  dafs  die  Flüssigkeit  wasserklar  und  farblos 
erscheint,  ist  es  nicht  rein.  Bei  85°  erweicht  es  harzartig.  Aus  absolutem 
Alkohol  erhält  man  es  warzenförmig  kristallisirt.  Es  ist  unlöslich  in  Was- 
ser, die  alkoholische  Lösung  ist  gelblich.  Mit  Säuren  übergossen  färbt  es 
sich  prächtig  oranienroth,  und  bildet  damit  meist  in  Wasser  lösliche,  schön 
gefärbte  Salze,  die  selbst  in  kleinen  Gaben  narkotisch  giftig  wirken.  Auf 
Curcuma  wirkt  es  nicht. 

Schwefelsaures  Chelerythrin.  Durch  Lösen  in  verdünnter  Schwefel- 
säure, Verdampfen  zur  Trockne,  Abwaschen  mit  Aetlier  und  Lösen  in 
Alkohol  bei  freiwilliger  Verdampfung  nur  schwierig  kristallisirt  zu  erhalten. 
Es  ist  leicht  in  Wasser,  schwerer  in  Alkohol  und  nicht  löslich  in  Aether. 
Ist  luftbeständig  und  schmilzt  beim  Erhitzen. 

Phosphor  saures  Chelerythrin  ist  leichter  kristallisirt  zu  erhalten.  Das 
salzsaure  Salz  wird  auf  gleiche  Weise  dargestellt,  ist  in  freier  Säure 
schwerlöslich  und  wird  dadurch  theilweise  gefällt.  Es  reagirt  nicht  sauer. 
Das  essigsaure  Salz  kann  zur  Trockne  verdampft  werden,  ohne  Säure  und 
seine  vollständige  Löslichkeit  in  Wasser  zu  verlieren.  Chelidonsaures 
Chelerythrin  ist  ebenfalls  in  Wasser  und  Weingeist  löslich.  Gallustinktur 
fällt  die  wässerigen  Salzlösungen,  der  Niederschlag  wTird  durch  Alkohol 
gelöst.  (ProbstJ 


Glaucin . 

Von  Probst  in  Glauciam  luteum  aufgefunden.  Es  ist  in  dem  einjähri- 
gen Kraute  enthalten;  aus  der  Wurzel  konnte  es  nicht  dargestellt  werden. 
Die  von  der  Wurzel  und  den  Blumen  befreite  einjährige  Pflanze  wird  unter 
Zusatz  von  Essigsäure  zerstofsen,  ausgeprefst,  der  Saft  bis  zur  Ausschei- 
dung des  Chlorophylls  etc.  erwärmt,  die  Flüssigkeit  mit  Ammoniak  gefällt, 
der  abfiltrirte  Niederschlag  in  verdünnter  Schwefelsäure  gelöst,  die  Lösung 
mit  ebensoviel  Alkohol  gemischt,  mit  Ammoniak  übersättigt,  der  Nieder- 
schlag getrennt,  das  Filtrat  mit  Schwefelsäure  übersättigt,  der  Alkohol 
abdestillirt,  die  rückständige  wässerige  Flüssigkeit  mit  Glaubersalz  gesät- 
tigt und  durch  Ammoniak  gefällt.  öÖ  Pfund  frisches  Kraut  gaben  nur  4VZ 
Scrupel  dieses  Niederschlags,  der  harzartig  ist  und  sich  in  lauge,  seiden- 
glänzende, bald  brüchig  werdeude  Fäden  ziehen  läfst.  Er  wird  mit  Aether 
ausgezogen,  der  beim  völligen  Verdunsten  eine  weifse  terpentinartige, 
nach  längerem  Erwärmen  bei  der  Abkühlung  zerreibliche  Masse  hinterläfst. 
Diese  wird  in  Wasser  gelöst,  woraus  man  beim  Verdunsten  das  Glaucin 
in  peilmutterglänzenden  schuppigen  Kristallen  erhält.  Mehr  Glaucin  erhält 
man,  wenn  der  geklärte  Saft  mit  salpetersaurem  Bleioxid  gefällt,  das 
überschüssige  Blei  durch  Schwefelwasserstoff  entfernt  und  aus  der  neutra- 
lisirten  Flüssigkeit  durch  Eichenrindendecoct  das  Glaucin  gefällt  wird.  Der 
Niederschlag  wird  mit  Kalkhydrat  gemischt,  mit  Alkohol  extrahirt,  der  Kalk 
durch  Kohlensäure  aus  der  Lösung  gefällt,  der  Alkohol  abgedampft,  der 
Rückstand  mit  wenig  Wasser  gewaschen  , welches  fast  weifs  das  Glaucin 
zurückläfst.  Man  löst  dieses  dann  in  kochendem  Wasser,  woraus  man  es 
beim  freiwilligen  Verdunsten  kristallisirt  erhält.  Aus  seinen  Salzlösungen 
durch  Alkalien  gefällt  bildet  es  einen  käsigen  Niederschlag,  der  sich  bald 
harzähnlich  zusammeuballt.  Schon  unter  dem  Siedepunkt  des  Wassers 
schmilzt  es  wie  Oel , hat  einen  bittern,  scharfen  Geschmack.  In  heifsern 
Wasser  ist  es  löslich,  sehr  leicht  wird  es  von  Alkohol  und  Aether  aufge- 
nommen. Es  bläut  geröthetes  Lackmus.  Im  Sonnenlichte  wird  es  röthlich." 
Mit  den  Säuren  bildet  es  neutrale,  weifse,  scharfschmeckende  Salze,  die 
von  Gallustinktur  gefällt  werden.  Thierkohle  nimmt  daraus  das  Glaucin 
auf,  und  es  kann  nur  sehr  schwierig  durch  Alkohol  ausgezogen  werden. 

Salzsaures  Glaucin  erhält  man  durch  Lösen  von  Glaucin  in  verdünnter 
Salzsäure.  Die  concentrirte  Lösung  erstarrt  zu  einer  weichen,  aus  lauter 


vm 


Organische  Basen. 


Krisfc;  allnadeln  bestehenden  Masse , von  der  man  die  Mutterlauge  abprefsfc, 
die  b ei  Anwendung  von  nicht  ganz  reinem  Glaucin  blauroth  gefärbt  ist. 
Auch  bei  längerem  Stehen  der  Lösung  an  der  Luft,  oder  selbst  der  Kri- 
stalle. am  Licht,  bildet  sich  die  gefärbte  Substanz;  durch  mehrmaliges  Kri- 
stalli  siren  aus  Alkohol  kann  sie  entfernt  werden.  In  Aether  ist  die  salz- 
saurie  Verbindung  unlöslich. 

Schwefelsmires  Glaucin.  Durch  Zusatz  von  sehr  verdünnter  Schwe- 
fels? iure  zu  Glaucin  erhält  man  eine  schmutzigrothe  Lösung,  die  beim 
frei  willigen  Verdunsten  das  Salz  kristaliisirt  hioterläfst;  man  wäscht  es 
mit  Aetlier  ab,  sucht  die  rothe  Substanz  durch  Alkohol  zu  entfernen  und 
lös!  dann  das  Salz  in  Alkohol,  aus  dem  es  beim  freiwilligen  Verdunsten 
kristaliisirt.  Es  ist  in  Wasser  und  Alkohol  leicht,  in  Aether  nicht  löslich. 
Wird  Glaucin  mit  conceutrirter  Schwefelsäure  erhitzt,  bis  die  Säure  an- 
fängt zu  rauchen , so  wird  die  Flüssigkeit  bei  Luftzutritt  prachtvoll  iudig- 
violett;  ohne  dafs  sich  schweflige  Säure  entwickelt  ist  alles  Glaucin  bei 
lac  ge  genug  fortgesetztem  Erwärmen  verwandelt.  In  verschlossenen  Glas- 
röhren behält  die  Flüssigkeit  ihre  Farbe,  beim  Verdünnen  mit  Wasser  wird 
sich  pfirsichroth,  durch  Ammoniak  erhält  man  einen  iodigblauen  Nieder- 
schlag, der  in  Alkohol  mit  blauer,  in  Säuren  mit  rother  Farbe  löslich  ist 
uud  daraus  durch  Alkalien  blau  gefällt  wird.  Coneeiitrirte  Salzsäure  wirkt 
in  der  Hitze  ähnlich,  nur  schwächer  auf  Glaucin,  coocentrirte  Salpeter- 
saure  stärker  zersetzend;  die  Phosphorsäure  läfst  sich  damit  leichter  ohne 
Z-ersetzuüg  verbinden  und  die  Verbindung  ist  leicht  kristallisirbar. 


Glaucopicrin. 

Von  Probst  in  der  Wurzel  von  Glaucium  luteum  aufgefunden.  Die 
‘mit  Ammoniak  gefällten  essigsauren  Auszüge  der  Wurzel  werden  mit  Es- 
sigsäure neutralisirt  und  mit  einer  Abkochung  von  Eichenrinde  gefällt,  der 
Niederschlag  getrennt , gewaschen,  mit  Kalkhydrat  und  Weingeist  gemengt, 
gelinde  erwärmt,  filtrirt,  durch  Kohlensäure  der  Kalk  aus  der  Lösung 
entfernt,  der  Weingeist  abdestiilirt , der  Rückstand  im  Wasserbade  einge- 
trocknet, mit  Aether  erschöpft,  die  ätherischen  Lösungen  verdampft,  mit 
ganz  wenig  Aether  abgewaschen , wo  reines  Glaucopicrin  zuriickbleibt, 
welches  durch  Lösen  in  heifsem  Wasser  und  freiwilliges  Verdunsten  in 
weifsen  durchsichtigen  Eiristallblättchen  erhalten  wird.  Aus  Aether,  worin 
es  etwas  schwerloslich  ist,  kristaliisirt  es  in  körnigen  Kristallen;  in  Al- 
kohol ist  es  leicht  löslich  und  in  warmem  Wasser  mehr  als  in  kaltem.  Es 
wird  durch  Thicrkohle  aus  seinen  wässerigen  und  sauren  Lösuugen  mit 
niedergerisseu , besitzt  einen  bitteren  Geschmack,  neutralisirt  die  Säuren 
vollkommen  und  bildet  damit  weifse,  sehr  bitter,  ekelerregend-schmeckeude 
Salze. 

Salzsaures  Glaucopicrin  wird  erhalten  durch  Lösen  des  Alkaloides  in 
Salzsäure,  Abdampfen,  Ausziehen  mit  Aether,  der  eine  braune  Substanz 
löst  und  die  Verbindung  zurückiäfst.  Diese  wird  in  Wasser  gelöst,  wor- 
aus sie  bei  freiwilliger  Verdunstung  in  durchsichtigen,  glasglänzenden, 
luftbeständigeo,  rhombischen  Tafeln  oder  büschelförmig  vereinten  Prismen 
anschiefsfc. 

Das  schwefelsaure  und  phosphorsaure  Salz  werden  erhalten  durch  Lö- 
sung von  Glaucopicrin  in  den  sehr  verdünnten  Säuren  bis  zur  Sättigung. 
Beim  freiwilligen  Verdunsten  liefert  die  Lösung  Kristalle.  Mit  coihcentrirter 
Schwefelsäure  bis  zum  Rauchen  der  Säure  erhitzt  verwandelt  sich  das 
Glaucopicrin  in  eine  dunkel  grasgrüne,  zähe,  Cautschouc  ähnliche  Mas^e 
ohne  Entwickelung  von  schwefliger  Säure.  Dieselbe  Veränderung  erfährt 
es  schon  beim  Erwärmen  mit  überschüssiger  Schwefelsäure  im  Wasser- 
bade, nur  langsamer. 


H y o s c y a m i n. 


rm 


e)  ln  den  Solaneen , Strychnaceen  und  andern  Pflanzen familien 
vor  kommende  sauerstoffhaltige  (?)  Basen, 

Eyoseyamin  (Hyoscyamium). 

Das  Hyoscyanüo  ist  von  Geiger  nnd  Hesse  dargesfceilt  worden.  — Es 
findet  sich  im  schwarzeu  Bilsenkraut  ( Hyoscyamus  niger woh!  auch  im 
weifeen  Bilsenkraut  ^Hyoscyamus  albus ) und  andern  Biisenarten  (?).  Die 
Zusammensetzung  und  sein  Atomgewicht  sind  unbekannt. 

§.  230.  Man  erhält  das  Hyoscyamin  am  einfachsten  aus 
dem  Samen.  Dieser  wird  zerquetscht  und  mit  Weingeist, 
der  mit  etwa  l/50  Schwefelsäure  angesäuert  wurde,  heils  ex- 
trahirt,  geprefst,  filtrirt,  das  Filtrat  unter  fleifsigem  Umrüh- 
ren  mit  gepulvertem  Aetzkalk  im  Ueberschufs  versetzt,  so 
dafs  die  Flüssigkeit  nicht  unbeträchtlich  alkalisch  reagirt, 
wieder  filtrirt,  das  Filtrat  mit  Schwefelsäure  gesättigt,  so 
dafs  diese  ein  wenig  vorherrscht,  aufs  Neue  filtrirt,  und  der 
Weingeist  in  gelinder  Wärme  bis  auf  y4  abdestillirt.  Den 
Rückstand  versetzt  man  mit  etwas  Wasser  und  verdampft  ihn 
in  gelindester  Wärme,  bis  aller  Weingeist  verjagt  ist 5 satu- 
rirt  dann  das  Zurückgebliebene  vorsichtig  mit  einer  concen- 
trirten  Lösung  von  kohlensaurem  Kali  und  filtrirt  aufs  Neue, 
wenn  Trübung  entsteht.  Versetzt  das  Filtrat  mit  einem  grofsen 
Ueberschufs  von  kohlensaurem  Kali  und  behandelt  das  Ge- 
mische wiederholt  mit  Aether,  so  lange  dieser  etwas  aufnimmt, 
destillirt  den  Aether  vom  klaren  Auszug  ab,  nimmt  den  Rück- 
stand mit  Wasser  auf,  versetzt  ihn,  so  lange  Trübung  ent- 
steht, mit  neuen  Mengen  Wasser,  filtrirt,  versetzt  das  Filtrat 
mit  der  doppelten  Menge  Aether-Weingeist,  und  schüttelt  es 
mit  Blutlaugenkohle,  bis  eine  Probe  ganz  wasserklarerscheint; 
filtrirt,  zieht  den  Aetherweingeist  in  gelindester  Wärme  ab 
und  verdunstet  den  Rückstand  zuletzt  unter  der  Luftpumpe, 
bis  er  nichts  mehr  an  Gewicht  verliert.  Ist  er  noch  gefärbt, 
so  mufs  er  nochmals  wie  angeführt  behandelt  werden.  Oder 
man  bindet  ihn  an  eine  verdünnte  wässerige  Säure  (Schwe- 
felsäure), filtrirt,  wenn  die  Lösung  trübe  ist,  versetzt  das 
Filtrat  mit  ebensoviel  Alkohol,  schüttelt  mit  Blutlaugenkohle, 
bis  es  entfärbt  ist,  zerlegt  das  farblose  Filtrat  mit  kohlensau- 
reraliali,  zieht  das  Hyoscyamin  mit  Aether  aus  und  verfährt 
wie  vorher.  Auch  kann  man  es  durch  Fällen  der  concentrirlen 
Lösung  eines  reinen  Hyo^eyaminsalzes  mit  einem  anorgani- 
schen Alkali  erhalten,  oder  durch  Destillation,  jedoch  mit 
bedeutendem  Verlust,  reinigen.  Man  verfährt  dann  wie  bei 
Coniin,  und  unterbricht  die  Operation,  so  wie  brenzliche 
Dämpfe  erscheinen.  Aus  dem  Kraut  erhält  man  es,  indem  der 
Saft  der  frischen  blühenden  Pflanze  ausgeprefst,  aufgekocht 
und  filtrirt  wird;  das  Filtrat  versetzt  man  mit  Kalk,  filtrirt 
wieder,  versetzt  das  Filtrat  mit  viel  überschüssigem  kohlen- 


1204 


Organische  Basen. 


sauren  Kali  oder  Natron,  erschöpft  den  Auszug  mit  Aether 
und  verfährt  wie  vorher.  Oder  man  löst  Bilsenkrautextract 
in  Wasser,  filtrirt,  versetzt  das  Filtrat  mit  Kalk  u.  s.  w.  und 
verfährt  wie  vorher.  Trockenes  Kraut  zieht  man  mit  säure- 
haltendem Wasser  oder  Weingeist  aus,  behandelt  den  Aus- 
zug mit  Kalk  u.  s.  w.  und  verfährt  überhaupt  wie  angezeigt. 
Die  Ausbeute  ist  öfter  höchst  unbedeutend  ! 

Erkliiruny : Ilyoscyamin  ist  im  Bilsenkraut  an  eine  Säure  gebunden 
vorhanden.  Da  es  aber  bei  der  Kochhitze  des  Wassers  sich  kaum  ein 
wenig  verflüchtigt  und  bei  Einwirkung  der  Alkalien  in  der  Wärme  leicht 
zerstört  wird  (s.  u.),  so  läfst  es  sich  nicht  wie  Nicotin  und  Coniin  durch 
Destillation  mit  Alkalien  abscheiden;  und  wegen  seiner  Löslichkeit  in  Was- 
ser (s.  u.)  hat  man  beim  Fällen  aus  seinen  sauren  Auflösungen  leicht  Ver- 
lust; daher  man  es  besser  auf  die  angeführte  Art  mit  Aether  extrahirt. 
Durch  Behandeln  mit  Thierkohle  u.  s.  vv.  entzieht  man  ihm  die  färbenden 
Theile ; da  diese  Kohle  aber  selbst  auf  die  wässerige  Lösung  zerlegend 
einwirkt,  so  ist  es  zweckmäfsig , bei  dieser  Entfärbung  Weingeist  oder 
Aetherweingeist  zuzusetzen , welche  die  zerstörende  Eiuwirkung  derselben 
auf  Hyoscyamin  vermindern. 

§.  231.  Die  Eigenschaften  des  Myoscyamins  sind:  Es 
kristallisirt  in  sternförmig  vereinigten,  seidenglänzenden  Na- 
deln , häufig  erhält  man  es  aber  als  eine  farblosdurchsichtige, 
zähe  klebende  Masse;  möglichst  trocken  ist  es  geruchlos,  im 
feuchten,  mehr  noch  im  unreinen  gefärbten  Zustande  riecht 
es  aber  höchst  widerlich  betäubend,  tabakähnlich;  schmeckt 
sehr  widerlich  beifsend  scharf,  tabakähnlich;  wirkt  schon  in 
sehr  geringen  Dosen  narkotisch  giftig,  leicht  tödtlich!  ähnlich 
dem  Nicotin.  Doch  tödtet  es  langsamer  als  Coniin,  erregt 
auch  nicht  SO  heftigen  Starrkrampf;  die  Thiere  vverdeu  matt,  tau- 
meln, fallen  um,  bekommen  Zuckungen  und  sterben  binnen  einigen  Minuten 

oder  stunden.  Auf  das  Auge  gestrichen  bewirkt  es  in  äufserst 
geringer  Menge  starke  und  anhaltende  Erweiterung  der 
Pupille  (Unterschied  von  Nicotin).  Bei  Katzen  bemerkt  man, 
wenn  die  Quantität  nicht  zu  klein  ist,  kurze  Zeit  ein  eigentümliches  Kauen 
mit  Schaumbildung  und  öfterm  Unterwerfen  des  Kopfs.  Es  reagirt  im 
wasserleeren  Zustande  nicht  alkalisch,  Zusatz  von  Wasser 
bewirkt  sogleich  starke  und  bleibende  alkalische  Reaction. 
Bei  gewöhnlicher  Temperatur  ist  das  Hyoscyamin  nicht  flüchtig 
und  erleidet  auch  an  der  Luft  keine  weitere  Aenderu ng.  In 
gelinder  Wärme  schmilzt  es  leicht  und  fliefst  wie  Del,  in 
stärkerer  Hitze  ist  es  flüchtig  und  läfst  sich  bei  vorsichtigem 
Erhitzen  gröfstentheils  unverändert  (?)  als  farbloser  Dampf 
destilliren.  Leicht  wird  aber  hiebei  ein  Theil  zerstört.  Es  färbt 
sich  braun,  zuletzt  schwarz,  verkohlt  unter  Entwickelung  widerlich  em- 
pyreuinatischer  ammoniakhaltiger  Dämpfe.  Mit  Wasser  anhaltend 
gekocht  verflüchtigt  sich  auch  ein  geringer  Theil,  und  ertheilt 
dem  schwach  alkalisch  reagirenden  Destillat  narkotisch  gütige 
Eigenschaften.  Der  bei  weitem  gröfste  Theil  bleibt  jedoch 
zurück  (Unterschied  von  Comin  ued  Nicotin).  — Das  Hy- 
oscyaraiu  ist  leicht  zerlegbar  (sein  Verhalten  in  der  Hitze  bei  Luft- 


Hyoscyamin,  Daturin, 


1205 


ansschlufs  s.  o.).  An  der  Luft  erhitzt  verbrennt  es  mit  heller  rufsender 
Flamme.  Besonders  wirken  fixe  Alkalien  in  der  Wärme  zer- 
legend darauf.  Beim  Erhitzen  mit  wässerigen  Alkalien  wird  es  braun^ 
es  entwickelt  sich  Ammoniak  und  der  Rückstand  nimmt  eine  dunkle  harz- 
ähnliche Beschaffenheit  au , und  bei  anhaltender  Einwirkung  wässeriger 
Alkalien  verliert  es  alle  giftige  Eigenschaften , so  dafs  Hyoscyamin  ganz 
zerstört  wird!  (Unterschied  von  Coniin  und  Nicotin).  — In  Wasser  ist 
Hyoscyamin  ziemlich  löslich,  das  etwas  unreine  ist  in  jedem 
Verhältnis  darin  löslich.  Die  wässerige  Lösung  reagirt  be- 
trächtlich alkalisch,  lodtinktur  verdickt  die  ziemlich  ver- 
dünnte Lösung  mit  Kermesfarbe,  Gallustinktur  fällt  sie  stark 
in  weifsen  Flocken,  Goldaullösung  bewirkt  auch  starke  weifs- 
liche  Fällung,  Platinaufiösung  fällt  sie  nicht.  Concentrirte 
Salpetersäure  löst  Hyoscyamin  ohne  Färbung  auf.  Vitriolöl 
färbt  es  bräunlich.  Auch  in  Weingeist  und  Aether  ist  Hy- 
oscyamin leicht  löslich. 

§.  232.  Säuren  neutralisirt  Hyoscyamin  vollständig  und 
zeigt  hiebei  eine  nicht  unbeträchtliche  Sättigungs-Capacität. 
Die  Hy oscy aminsalze  erhält  man  durch  Saturiren  des  reinen 
oder  wässerigen  Hyoscyamins  mit  verdünnten  Säuren  und 
Verdampfen  in  gelindester  Wärme,  am  besten  zuletzt  unter 
der  Luftpumpe.  Sie  sind  zum  Theil  kristallisirbar  und  luft- 
beständig, wie  schwefelsaures  Hyoscyamin.  Geruchlos, 
schmecken  widerlich  scharf,  wie  Hyoscyamin,  und  wirken 
sehr  giftig;  in  der  Hegel  leichtlöslich  in  Wasser  und  Wein- 
geist. Die  wässerigen  Lösungen  verhalten  sich  gegen  die  oben 
genannten  Reagentien  wie  die  wässerige  Lösung  von  reinem 
Hyoscyamin.  Anorganische  Alkalien  scheiden  Hyoscyamin 
aus,  und  zwar  aus  den  concentrirten  Lösungen  zum  Theil  in 
fester  Form , aus  den  verdünnten  Lösungen  jedoch  ohne 
Fällung.  In  der  Hitze  werden  sie  zerstört. 

Anwendung:  Das  Hyos-cyamin , so  wie  die  Hyoscyaminsalze,  verdie- 
nen als  sehr  reine  Produkte  ^ weil  sie  die  wirksame  Substanz  des  Bilsen- 
krauts ausmachen , als  Arzneimittel  eingeführt  zu  werden  ^ und  sie  sind 
wegen  ihrer  Gleichförmigkeit  uqd  sichern  Bestimmung  der  Dose  den  bis- 
herigen unsichern  Präparaten  des  Bilsenkrauts  bei  weitem  vorzuziehen ! 

Daturin  ( DaturiumJ . 

Auch  dieses  organische  Alkali  stellten  Geiger  und  Hesse  rein  dar.  — 
Es  findet  sich  in  dem  Stechapfel  0 Datura  Stramoniuni)  und  wahrscheinlich 
in  noch  andern  Daturaarten. 

Zusammensetzung  und  Atomgewicht  unbekannt. 

§.  233.  Man  erhält  das  Daturin  auch  am  einfachsten  aus 
dem  Stechapfelsamen , und  verfährt  anfangs  ganz  so  wie  bei 
Hyoscyamin,  mit  säurehaltendem  Weingeist,  Kalk  und  Schwe- 
felsäure, scheidet  zuletzt  das  Oel  von  der  wässerigen  Salz- 
lösung, schlägt  aus  dem  klaren  Filtrat  das  Daturin  mit  über- 
schüssigem kohlensauren  Kali  nieder,  welches  sich  in  fester 


1£06 


Organisch®  Basen. 


Form  als  Flocken  ausscheidet.  Diese  prefst  man  gelinde  zwi- 
schen vielfach  gelegtem,  öfter  zu  erneuerndem  Druckpapier, 
löst  sie  in  absolutem  Alkohol  oder  Aether Weingeist,  zieht  den 
Geist  vom  klaren  Filtrat  ab,  nimmt  den  weingeistfreien  Rück- 
stand mit  verdünnter  wässeriger  Schwefelsäure  auf,  fiitrirt, 
vermischt  das  Filtrat  mit  seinem  gleichen  Gewicht  Alkohol  und 
behandelt  die  Lösung  mit  Thierkohle,  bis  sie  ganz  entfärbt 
ist;  verjagt  von  dem  wasserklaren  Filtrat  den  Weingeist  durch 
Verdampfen,  schlägt  aus  der  wässerigen  Salzlösung  das  Da- 
turin mit  überschüssiger  eoncentrirter  kohlensaurer  Kalilösung 
nieder,  reinigt  den  Niederschlag  wie  oben  durch  Pressen 
zwischen  Druckpapier,  löst  ihn  in  dem  4 — 5lachen  Gewicht 
absolutem  Alkohol,  fiitrirt,  versetzt  das  Filtrat  nach  und  nach 
mit  so  viel  Wasser,  bis  es  milchig  ist,  und  verdampft  in  offener 
Schale  in  sehr  gelinder  Wärme. 

Erklärung:  Wie  bei  Hyoscyamin.  Allein  da  Daturin  schwierig  in 
Wasser  löslich  ist  und  mehr  Tendenz  zum  Festwerden  hat,  so  läfst  es  sich 
viel  leichter  unmittelbar  aus  seiner  Lösung  in  wässerigen  Säuren  durch 
Alkalieu  ausscheidet!  und  auf  die  angeführte  Art  reinigen. 

§.  £34.  Die  Eigenschaften  des  Daturins  sind:  Es  kri- 
stallisirt  aus  seiner  geistig-wässerigen  Lösung  in  ausgezeich- 
neten, farblosen,  stark  glänzenden,  büschelförmig  vereinigten 
Prismen.  Beim  Fäl  en  aus  seiner  sauren  wässerigen  Auflösung 
mit  Alkalien  scheidet  es  sich  in  weifsen  Flocken  aus , welche 
sich  zu  zähen,  wachsähnlichen  Klümpchen  Zusammenhalten. 
Es  ist  geruchlos,  nur  im  unreinen  Zustande  riecht  es  höchst 
widerlich  narkotisch,  schmeckt  anfangs  bitterlich,  dann  sehr 
scharf,  tabakähnlich.  Wirkt  höchst  giftig!  Zeigt  ähnliche 
Erscheinungen  Wie  Hyoscyamin  (%  Gran  ist  hinreichend,  einen 
Sperling  binnen  3 Stunden  zu  tödten).  Die  geringste  Menge  ifl’s 
Auge  gebracht,  bewirkt  auch  sehr  anhaltende  Erweiterung 
der  Pupille ! Es  reagirt  ira  wasserhaltenden  Zustande  stark 
alkalisch.  An  der  Luft  ist  Daturin  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur ganz  unveränderlich.  Es  schmilzt  schon  bei  der  Koch- 
hitze des  Wassers  zu  einem  farblosen  Del  , welches  zum  Theil 
auf  dem  Wasser  schwimmt.  In  stärkerer  Hitze  verflüchtigt 
es  sich  in  weifsen,  fast  geruchlosen  Nebeln,  und  läfst  sich 
bei  vorsichtigem  Erhitzen  fast  vollständig  ohne  Veränderung 
verflüchtigen".  Leicht  wird  aber  hiebei  ein  Theil  zerstöre, 

und  es  erleidet  danu  ganz  ähnliche  Veränderungen  wie  Hyoscyamin.  Es 
hat  beträchtliche  Sätfcigungscapacität , wie  ein  Versuch  im  Kleinen  zeigte. 

— Daturin  ist  auch  leicht  zerlegbar,  doch  ist  es  stabiler  als 
die  früher  abgehandelten  Alkalien.  An  der  Luft  erhitzt  verbrennt 
es  mit  sehr  heiler  rufsender  Flamme.  Wässerige  fixe  Alkalien  zer- 
legen es  ebenfalls  in  der  Wärme.  Die  Produkte  sind  den  Zerle- 
gungsprodukten von  Hyoscyamin  ähnlich.  — In  Wasser  ist  Daturin 
schwer  löslich : es  erfordert  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
gegen  £80  Theile,  in  der  Kochhitze  lösen  7£  Theile  Wasser 


Daturin,  S t r a na  o n i n. 


mm 


nach  und  nach  i Theii  Daturm,  die  Lösung  trübt  sich  beim 
Erkalten,  ohne  dafs  Daturin  herauskristallisirt,  nach  einiger 
Zeit  hellt  sie  sich  wieder  auf,  und  beim  Verdampfen  der  Lö- 
sung erhält  man  das  Daturin  zuweilen  als  eine  farblose  firn  ifs- 
artige  Masse,  ohne  Kristallisation;  erst  später  bilden  .sich  an 
der  Luft  Kristalle.  Jodtinktur  bewirkt  in  der  wässerigen  Lö- 
sung kermesartige  Verdickung,  Gallustinktur  fällt  sie  in  wei.fsen 
Flocken,  auch  Goldauflösuiig  fallt  sie  stark  weifslich,  Piatin- 
auflösung  wirkt  nicht  darauf.  In  concentrirter  Salpetersäure 
und  Schwefelsäure  löst  sich  Daturin  ohne  Färbung,  die  letztere 
Verbindung  schwärzt  sich  beim  Erhitzen.  In  Weingeist  ist 
es  sehr  leicht  löslich,  1 Theii  bedarf  noch  nicht  8 Tb  eile; 
beim  Verdampfen  der  Lösung  bleibt  es  als  ein  glasartig- 
durchsichtiges  Alkoholat  (?);  versetzt  man  aber  die  geistige 
Lösung  mit  Wasser,  so  kristallisirt  es  in  .schönen  Prismen 
(s.  o.).  Auch  in  Aether  ist  es  ziemlich  löslich,  1 Theii  be- 
darf bei  gewöhnlicher  Temperatur  gegen  21  Theii  e;  beim 
Verdampfen  bleibt  Daturin  anfangs  als  ein  ähnliches  durch- 
sichtiges Aetherat  (?)  zurück,  das  aber  nach  einiger  Zeit  sich 
in  schöne  Kristalle  verwandelt. 

§.  235 . Säuren  neutralisirt  Daturin  vollständig  und  bildet 
damit  die  Daturinsalze , welche  man  durch  unmittelbares 
Auflösen  des  Daturins  in  verdünnten  Säuren  und  Verdampfen 
der  Auflösung  in  gelinder  Wärme  erhält.  Sie  kristallislren, 
so  weit  sie  untersucht  sind,  leicht.  ( 'Schwefelsäure*  Daturin  kri- 
stallisirt in  sehr  zarten,  sternförmig  vereinten,  atlasglänzen- 
den  Prismen;  ist  luftbeständig.)  Sie  schmecken  widerlich 
scharf  und  bitterlich,  und  wirken  giftig.  In  Wasser  und 
Weingeist  sind  sie  leicht  löslich.  Die  wässerige  Lösung  ver- 
hält sich  gegen  die  angezeigten  Reagentien  wie  die  wässerige 
Lösung  des  Daturins ; anorganische  Alkalien  scheiden  aus  der 
wässerigen  Lösung  Daturin  in  fester  Form  aus  (Unterschied  von 
Coniio  mid  Nicotin).  In  der  Hitze  werden  sie  zerstört. 

Anwendung : Auch  das  Daturin  verdient  als  Arzneimittel  eingeführt  zu 
werden,  indem  es  eben  die  Vorzüge  vor  den  bisherigen  Präparaten  des 
Stechapfels  hat,  als  wie  Hyoscyamin  vor  denen  des  Bilsenkrauts! 

Stramonin . Von  H.  Trommsdorff  in  dem  Samen  des  Stechapfels 
(Datura  Stramonium)  neben  Daturin  aufgefundeo.  Er  erhielt  es  aus  dem 
hellen  Oele,  welches  sich  ausscheidet,  wenn  der  geistige,  mit  Kalkhydrat 
behandelte,  filtrirte  und  wieder  angesäuerte  Auszug  abgezogen  wird,  in 
spiefsigen  Kristallen.  Sie  wurden  mit  kaltem  Aether  abgewascken  , in  mehr 
lieifsem  Aether  gelöst  , woraus  sie  beim  Erkalten  kristallisirten.  Es  ist 
weifs,  geruch-  und  geschmacklos,  schmilzt  bei  150°,  verbrennt  mit  stark 
rufsender  Flamme  ohne  Rückstand,  bei  vorsichtig  geleiteter  Hitze  kann  es 
fast  unverändert  sublimirt  werden.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  schwer- 
löslich  in  Weingeist,  Aether  aber  löst  es  etwas  leichter.  Auch  fette  und 
flüchtige  Oele,  so  wie  Kreosot,  lösen  es  auf.  Die  Oösungen  reagircn  nicht 
alkalisch.  Iod  und  Schwefel  wirken  selbst  in  der  Wärme  nicht  darauf  ein. 
Concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  mit  blutrother  Farbe.  Durch  Halzsäure 
wird  es  beim  Kochen  zersetzt,  Salpetersäure  zersetzt  es  bei  mäfsiger 


1208 


Organische  Basen. 


Verdünnung  selbst  kochend  nicht.  Auch  Kalilauge  ist  ohne  Wirkung.  Wird 
durch  Gold-,  Platin-,  Quecksilberchlorid,  essigsaures  Bleioxid  nicht  gefällt. 

Atropin  £ Atropium ). 

Das  Atropin  wurde  in  neuester  Zeit  von  Mein,  Geiger  und  Hesse  dar- 
gestelit.  — Es  findet  sich  in  allen  Theilen  des  Tollkrauts  ( Atropa  Bella- 
donna) und  wahrscheinlich  in  andern  Atropaarten. 

236.  Man  erhält  das  Atropin  am  einfachsten  aus  der 
Wurzel  des  Tollkrauts.  Frischgetrocknete  Belladonnawurzeln 
werden  gepulvert  und  (am  besten  in  der  llealschen  Presse) 
mit  starkem  90procentigen  Alkohol  erschöpft.  Den  geistigen 
Auszug  versetzt  man  mit  V24  der  angewendeten  Wurzeln  oder 
etwas  mehr  Kalkhydrat  und  läfst  ihn  unter  öfterm  Schütteln 
24  Stunden  damit  in  Berührung,  filtrirt,  sättigt  das  Filtrat 
mit  Schwefelsäure,  so  dafs  diese  aber  etwas  vorherrscht,  filtrirt 
aufs  Neue,  zieht  etwas  über  die  Hälfte  von  dem  Weingeist 
ab,  versetzt  den  Rückstand  mit  Vs  der  angewendeten  Menge 
Wurzeln  Wasser,  destillirt  noch  etwas  Weingeist  ab  und 
verdampft  zuletzt  in  einer  weiten  offenen  Schale  bei  sehr  ge- 
linder Wärme , jedoch  so  schnell  als  möglich,  bis  aller  Wein- 
geist entfernt  ist,  filtrirt  wieder  und  setzt  das  Verdampfen  in 
gelindester  Wärme  fort,  bis  etwa  y12  der  angewendeten  Wur- 
zeln Flüssigkeit  übrig  ist.  Der  erkalteten  Flüssigkeit  setzt 
man  jetzt  unter  beständigem  Umrühren  vorsichtig  so  lange 
tropfenweise  eine  concentrirte  Lösung  von  einfach  kohlensau- 
rem Kali  zu,  bis  eine  schmutzig  graubraune  Trübung  entsteht 
(doch  nicht  so  viel,  dafs  die  Flüssigkeit  alkalisch  reagirt),  filtrirt  nach 
einigen  Stunden,  und  versetzt  das  Filtrat  wieder  mit  concen- 
trirter  kohlensaurer  Kalilösung,  so  lange  noch  Trübung  ent- 
steht, nach  12 — 24  Stunden  bringt  man  das  herauskristalli- 
sirte  Atropin  auf  ein  Filter,  prefst  es  zwischen  vielfach  gelegtem 
Druckpapier,  trocknet  es  ; zerreibt  das  unreine  trockene  Atropin 
zu  feinem  Pulver,  bringt  es  mit  so  viel  kaltem  Wa&ser  in 
Berührung,  dafs  ein  Brei  entsteht,  prefst  diesen  wieder  zwi- 
schen Druck-  oder  Löschpapier,  trocknet  es  wieder,  und  löst 
es  in  seinem  Machen  Gewichte  starken  Alkohol.  Die  klare 
filtrirte  Lösung  versetzt  man  in  kleinen  Mengen  mit  gereinigter 
Blutlaugenkohle,  unter  tüchtigem  Schütteln,  bis  sie  nach  eini- 

f en  Stunden  nur  sehr  wenig  gefärbt  erscheint,  destillirt  dann 
en  gröfsten  Theil  Weingeist  ab  und  verdampft  ferner  in  ge- 
linder Wärme,  wo  zuletzt  Atropin  anschiefst,  oder  man  zieht 
etwa  die  Hälfte  Weingeist  ab,  setzt  dem  Rückstand  nach 
und  nach  Wasser  (3  — 4 Theile)  zu,  bis  eine  starke  milchige 
Flüssigkeit  entsteht,  erhitzt  zum  Kochen,  wo  sich  alles  lösen 
mufs,  und  läfst  langsam  erkalten;  oder  man  giefst  die  gerei- 
nigte  geistige  Lösung  in  ihr  6faches  Volumen  kaltes  Wasser, 
so  dafs  eine  stark  milchige  Flüssigkeit  entsteht;  nach  12 
bis  24  Stunden  kristallisirt  Atropin  heraus,  das  man  alsbald 


1209 


A t r o p i n. 

durch  Filtriren  von  der  Mutterlauge  trennt  und  auf  viel- 
fach gelegtem,  öfter  zu  erneuerndem  Druckpapier  trocknet. 

Hiebei  hat  man  jedoch  Verlust!  Trübt  sich  die  Flüssigkeit  nicht  und 
scheidet  sich  nach  einigen  Stunden" nur  wenig  oder  kein  Atropin  aus,  so 
neutralisirt  man  sie  alsbald  mit  Schwefelsäure,  verdampft,  zerlegt  das 
Salz  mit  kohlensaurem  Kali  u.  s.  w.  wie  angeführt.  Aus  der  alkali- 
schen Mutterlauge  und  den  Abwaschflüssigkeiten  der  Filter 
und  Kohle  erhält  man  den  Rest  Atropin,  wenn  sie  wiederholt 
mit  Aether  geschüttelt  werden,  so  lange  dieser  etwas  auf- 
nimmt. Den  Aether  destillirt  man  ab,  bindet  das  Atropin  an 
Schwefelsäure,  zerlegt  die  wässerige  Lösung  mit  kohlen- 
saurem Kali  und  verfährt  wie  vorher.  — Auf  gleiche  Weise 
verfährt  man  mit  Belladonnablättern.  Oder  man  zieht  diese 
mit  Wasser  aus,  verdampft  den  Auszug  in  gelinder  Wärme 
zur  Extractdicke  5 löst  dieses  in  Wasser  und  setzt  so  lange 
zu,  [als  1 Trübung  entsteht,  filtrirt,  verdampft  das  Filtrat  bis 
zur  dünnen  Syrupdicke,  versetzt  es  mit  y4  mit  Wasser  zu 
Milch  abgeriebenem  Kalkhydrat,  und  läfst  das  Gemenge  einige 
Stunden  unter  öfterm  tüchtigen  Schütteln  kalt  in  Berührung*, 
setzt  dann  2 Theile  des  angewendeten  Extracts  Alkohol  zu, 
schüttelt  tüchtig  und  versetzt  hierauf  das  Gemenge  mit  1 Theil 
Aether,  giefst  die  äther-weingeistige  Lösung  von  dem  Coa- 
gulum  ab , prefst  dieses  und  wäscht  es  noch  mit  Aetherwein- 

feist,  versetztfden  Auszug  noch  mit  1 Theil  Aether,  sondert 
ie  dunkelbraune  wässerige  Flüssigkeit  ab,  sättigt  die  geistig- 
ätherische mit  Schwefelsäure,  filtrirt,  zieht  den  Aetherweingeist 
in  gelinder  Wärme  gröfstentheils  ab,  versetzt  den  Rückstand 
mit  etwas  Wasser  und  entfernt  den  Rest  des  Weingeistes 
durch  Verdampfen  in  offenen  Gefäfsen  in  gelindester  Wärme  5 
der  aufs  Neue  filtrirte  Rückstand  wird  nun  noch  weiter  wie 
oben  verdampft,  vorsichtig  mit  kohlensaurem  Kali  bis  zur  Neu- 
tralität versetzt,  filtrirt  und  das  iVtropin  durch  überschüssig 
zugesetztes  kohlensaures  Kali  gefällt  und  auf  die  angegebene 
Art  gereinigt.  Auch  kann  man  die  schwefelsaure  Losung  mit  ätzenden 
Alkalien  fallen,  und  die  Flüssigkeit  mit  Kochsalz  oder  zerfallenem  Glau- 
bersalz versetzen,  wo  der  Rest  Atropin  herausfällt,  und  wie  vorher  ver- 
fahren; doch  erleidet  man  hiebei  leicht  Verlust!  Diese  Arbeiten  müs~ 
sen  möglichst  beschleunigt  und  allzugrofse  Wärme  mufs  so 
viel  wie  möglich  vermieden  werden,  weil  sonst  ein  grofser 
Theil  Atropin  zerlegt  wird! 

Erklärung : Das  Atropin  ist  im  Tollkraut  ebenfalls  an  Säuren  gebunden, 
am  wenigsten  mit  fremden  Beimischungen  in  der  Wurzel  enthalten.  Alkohol 
zieht  das  Atropinsalz  aus,  Aetzkalk  zerlegt  dasselbe  und  scheidet  aufser 
den  organischen  Säuren  auch  andere  färbende  extractive  Theile  und  bei 
Anwendung  von  Kraut  auch  viel  Chlorophyll  und  Fettsäuren  aus , welche 
mit  Kalk  zum  Theil  eine  in  Weingeist  unlösliche  Verbindung  bilden.  Auf 
Aetberzusatz  scheidet  sich  noch  mehr  färbende  Substanz  aus,  die  in  dem 
Kraut  reichlicher  vorhanden  ist  (oder  sich  während  dem  Ausziehen  und 
Verdampfen  bildet).  Schwefelsäure  wird  zugesetzt,  w'eil  freies  Atropin, 
besonders  in  Verbindung  mit  Alkalien  (s.  u.),  in  der  Wärme  leicht  zer- 

Geiger** t Phnrmacie.  1.  (5<o  Auft.) 


vm 


Organische  Basen. 


setzt  wird,  auch  scheiden  sich  mit  dem  niederfallenden  Gyps  noch  färbende 
Tlieife  aus.  Die  gelindeste  Wärme  mufs  beim  Verdampfen  darum  ange- 
wendet werden,  weil  selbst  die  Lösungen  der  Atropinsalze,  besonders  im 
unreinen  Zustande,  leicht  eine  Veränderung  erleiden  (s.  u.).  Der  Zusatz 
von  wenig  kohlensaurem  Kali  ist  nöfchig  zur  Abscheidung  einer  färbenden 
harzähnlichen  Substanz,  welche  der  geistigen  Lösung  die  Eigenschaft  er- 
theilt,  blau  zu  schillern,  und  die  wahrscheinlich  von  zerlegtem  Atropin 
lierrührt  und  die  Kristallisation  desselben  hindert!  Ein  grofser  Ueber- 
schufs  einer  concentrirteu  Lösung  von  kohlensaurem  Kali  ist  nöthig,  um 
alles  Atropin  so  schnell  als  möglich  fest  auszuscheiden  (ähnlich  wirken 
auch  andere  leichtlösliche  Salze,  wie  Kochsalz  und  Glaubersalz),  denn 
bei  längerer  Berührung  desselben  mit  wässeriger  Flüssigkeit  verschwindet 
es  wieder!  Aus  dem  Grunde  mufs  die  Arbeit  überhaupt  möglichst  be- 
schleunigt werden,  und  die  geistige  Atropinlösung  mufs  sich  beim  Ver- 
mischen mit  der  angemessenen  Menge  Wasser  sogleich  stark  milchig  trü- 
ben, denn  nur  so  scheidet  sich  die  gröfste  Menge  kristallinisch  aus;  bleibt 
alles  klar,  so  bilden  sich  später  nur  wenige  oder  keine  Kristalle,  die  bei 
längerni  Verweilen  in  der  Flüssigkeit  wieder  verschwinden,  weil  Atropin 
in  einen  veränderten,  in  Wasser  löslichen  Zustande  übergeht!  (s.  u.). 
Darum  erhält  man  auch  beim  Verdampfen  der  Mutterlauge  kein  kristalli- 
sirtes  Atropin , und  mufs  es  schnell  an  Säuren  binden  oder  mit  Aether 
aus  ziehen, 

2H7.  Die  Eigenschaften  des  Atropins  sind : Es  kri- 
stallisirt  aus  seiner  concenfrirten  heifsen  wässerigen  oder  gei- 
stigen Lösung  in  büschelförmig- vereinigten,  weifsen,  durch- 
sichtigen, seidenglänzenden  Prismen  5 ans  der  wässerig- 
geistigen Lösung  erhält  inan  es  zum  Theil  in  sehr  zarten, 
weifsen,  sehr  locker  zusammengehäuften  Nadeln,  dem  schwe- 
felsauren Chinin  (§.  880)  sehr  ähnlich.  Beim  langsamen 
Verdunsten  der  geistigen  Lösung  bildet  es  öfter  eine  farblos- 
durchsichtige, glasähnliche  Masse.  Es  ist  schwereres  Wasser, 
luftbeständig ; geruchlos  (im  unreinen  Zustande  kristallisirt 
es  nicht,  ist  gelblich  oder  bräunlich  gefärbt,  theils  trocken, 
luftbeständig,  theils  nicht  austrocknend  und  klebrig  bleibend. 
In  diesem  Zustande  hat  es  ebenfalls  einen,  dem  unreinen 
Hyoscyamin  und  Daturin  ähnlichen,  höchst  widerlichen  Ge- 
ruch ! ) 5 schmeckt  äufserst  widerlich  bitter,  mit  einem  kratzend- 
scharfen,  gleichsam  metallischen  Nachgeschmack  5 wirkt  höchst 
giftig ! ohne  in  der  Regel  Starrkrampf  zu  erregen  5 es  bewirkt 
Zusammenziehung  des  Schlundes,  Trockenheit  im  Munde, 
Schwindel,  heftiges  Kopfweh  u.  s.  w.  und  tödtet  langsamer 
als  Coniin.  Bewirkt  aber  vorzüglich  Erweiterung  der  Pu- 
pille ! und  übertrifft  hierin  Hyoscyamin  und  wohl  auch  Datu- 
rin (?),  denn  V1000  Gran  ist  hiezu  hinreichend  und  gröfsere 
Mengen  bewirken  8 — 10  Tage  andauernde  Erweiterung ! 

( Bei  Katzen  bemerkt  man  hiebei  anfangs  auch  das  auffallende  Kauen  mit 
Schaumbiidung  am  Maule,  wobei  sie  uoter  Zuckungen  den  Kopf  urnher- 
werfen,  dann  erst  tritt  Erweiterung  der  Pupille  ein).  Es  reagirt  stark 
und  bleibend  alkalisch,  schmilzt  ungefähr  beim  Kochpunkte 
des  Wassers 5 in  stärkerer  Hitze  ist  es  ein  wenig  flüchtig,  der 
gröfste  Theil  wird  aber  zerlegt.  Es  entwickeln  sich  hiebei  amtno- 
niakhaltende,  zum  Theil  noch  narkotisch  giftig  wirkende  flüssige  Produkte, 
und  viel  stickstoffhaltige,  schwierig  einzuäschernde  Kohle  bleibt.  An  der 


Atropin. 


mt 


Luft  erhitzt  verbrennt  es  mit  heller  Flamme , und  die  hinterlasseüe  Kohle 
verschwindet  bei  anhaltendem  Erhitzen  vollständig.  — Das  Atropin  ist 
sehr  leicht  zerlegbar  (die  Veränderung,  welche  es  durch  Hitze  erlei- 
det, s.  o.).  Besonders  wirken  auch  fixe  anorganische  Alkalien 
zerlegend  darauf!  Sie  zerlegen  es  im  wässerigen  Zustande 
langsam  in  der  Kälte,  weit  schneller  in  der  Wärme.  Selbst 
Wasser  wirkt  verändernd  auf  Atropin,  während  Säuren  es 
nicht  oder  nur  langsam  zerlegen.  Concentrirte  Salpetersäure  lösfe 
es  mit  blafsgelber  Farbe  auf,  beim  Erhitzen  wird  die  Mischung  orange, 
dann  entfärbt  sie  sich,  es  entwickeln  sich  nur  wenige  rothe  Dämpfe  und 
die  farblose  Auflösung  wird  durch  Galiustinktur  stark  gefällt,  wirkt  aber 
nur  wenig  auf  das  Katzenauge.  Chlor  wirkt  auch  nur  wenig  verändernd 
auf  Atropin,  es  bildet  sich  eine  gelbliche  Flüssigkeit,  die  gröfstentheils 
salzsaures  Atropin  ist;  concemtrirte  Schwefelsäure  löst  Atropin  in  der 
Kälte  ohne  Färbung  auf,  beim  Erhitzen  wird  die  Mischung  erst  roth,  dann 
schwarz  und  es  entwickelt  sich  schwellige  Säure.  Wässerige  fixe  Alka^ 
lien  entwickeln  besonders  in  der  Wärme  Ammoniak,  und  es  bleibt  eine 
braune  harzähnliche  bittere  Masse  zurück.  Daher  beim  Fällen  des  Atro- 
pins durch  Alkalien  alle  Wärme  zu  vermeiden  ist;  selbst  in  der  Kälte  be- 
wirken sie,  obschon  langsam,  diese  Zerlegung,  und  man  rnufs  darum  die 
Arbeit  möglichst  beschleunigen.  — In  Wasser  ist  Atropin  nur  wenig 
löslich,  es  bedarf  bei  gewöhnlicher  Temperatur  gegen  ^00  Theile 

(bei  einem  frühem  Versuch  erforderte  1 Th.  Atropin  gegen  500  Th.  Wasser). 

In  der  Hitze  nehmen  54  Theile  Wasser  1 Theil  Atropin  auf, 
ohne  dafs  beim  Erkalten  etwas  hk  rauskristallisirt , aber  beim 
anhaltenden  Kochen  lösen  80  Theile  Wasser  i Theil  Atropin, 
beim  Erkalten  schiefst  jetzt  ein  grofser  Theil  Atropin  in  schö- 
nen Kristallen  an.  Beim  Verdampfen  der  von  den  Kristallen 
abgegossenen  Flüssigkeit  erhält  man  aber  kein  kristallisirtes 
Atropin  mehr!  und  iäfst  man  die  wässerige  oder  wässerig- 
weingeistige Lösung,  woraus  Atropin  herauskristailisirt  ist, 
mit  den  Kristallen  stehen,  so  verschwinden  diese  wieder,  die 
Flüssigkeit  wird  gelb  und  beim  Verdampfen  derselben  erhält 
man  gelbliches  unkristallisirbares  Atropin  von  widerlichem  Ge- 
ruch, aber  noch  stark  alkalischer  Reaction,  welches  sich  in 
jedem  Verhältnis  mit  Wasser  vermischen  Iäfst!  Aus  der  con- 
centrirten  Lösung  fällen  aber  kohlensaure  Alkalien  im  lieber- 
schufs  theils  öliges,  theils  festes  kristallisirbares  Atropin. 

Aetzammoniak  und  wässerige  kohlensaure  fixe  Alkalien  scheinen  nicht  mehr 
verändernd  auf  Atropin  zu  wirken,  als  reines  Wasser,  und  letztere  schei- 
den im  concentrirten  Zustande,  überschüssig  zugesetzt,  am  meisten  festes 
aus  einer  Atropinsalzlösuug  aus,  daher  diese  zur  Darstellung  des  Atropins 
vorzüglich  geeignet  sind.  Das  Atropin  zeigt  übrigens  keine  Affi- 
nität zu  den  anorganischen  Alkalien.  Jodtinktur  bewirkt  in 
kalter  wässeriger  Atropinlösung  kermesartige  Färbung  und 
Verdunkelung,  Gallustinktur  fällt  sie  so  stark,  dafs  ein  fast 
festes  weifsliches  Coagulum  entsteht,  Goldauflösung  fällt  sie 
ebenfalls  stark  weifslich,  Platinauflösung  fällt  sie  nicht.  — In 
Weingeist  ist  es  sehr  leichtlöslich,  1 Theil  bedarf  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  nur  Vh  Theile  absoluten  Alkohol  5 in  der 
Hitze  mischt  es  sich  in  jedem  Verhältnis  damit  , beim  Erkal- 
ten und  Verdampfen  der  alkoholischen  Lösung  kristallisirt  es 


Organische  Basen, 


zum  Theil  heraus,  zum  Theii  bildet  es  damit  ein  dickliches, 
gallertartiges,  wasserhell-durchsichtiges,  kristallinisches  Al- 
koholat.  — In  Aether  ist  es  weniger  löslich,  1 Theil  erfordert 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  gegen  25  Theile  (bei  einem  frühem 
Versuch  löste  sich  nur  %3),  in  der  Kochhitze  ungefähr  6 Theile, 
in  verschlossenen  Gefäfsen  erstarrt  die  concentrirte  Lösung 
beim  Erkalten  zu  einem  wasserhellen  gelatinösen  Aetherat; 
an  der  Luft  verdampft  hinterläfst  Aether  das  Atropin  zum 
Theil  kristallisirt  zurück.  Die  geistigen  und  ätherischen  Lösungen 
des  Atropins  entwickeln  beim  Verdampfen  an  der  Luft,  besonders  gegen 
Ende,  den  widerlichen  Geruch  des  unreinen  Atropins,  was  auf  eine  theil- 
weise  Veränderung  desselben  hiudeutet. 

§.  238.  Mit  Säuren  verbindet  sich  Atropin  zu  meistens 
kristallisirbaren  neutralen  Air  opinsa  feen , welche  man  durch 
unmittelbares  Sättigen  der  verdünnten  Säuren  mit  Atropin  er- 
hält. Sie  zeichnen  sich  sämmtlich  durch  den  widerlich  bittern 
und  scharfen  Geschmack  des  Atropins  aus  und  wirken  giftig. 
Im  reinsten  Zustande  sind  sie  geruchlos.  Die  unreinen  verbreiten 
noch  schwach  den  widerlichen  Geruch  des  uureineu  Atropins.  Sie  sind 
meistens  luftbeständig  und  erleiden  im  festen  Zustande  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  keine  Veränderung  an  der  Luft. 
Meistens  sind  sie  leichtlöslich  in  Wasser  und  Weingeist,  auch 
löslich  in  Aether  Weingeist,  aber  unlöslich  in  reinem  Aether. 
Ihre  wässerigen  Lösungen  verändern  sich  in  der  Kegel  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  an  der  Luft  nicht  merklich.  Aber 
in  der  Wärme  werden  sie  zum  Theil  zerlegt  (jedoch  um  so 
weniger,  je  reiner  sie  sind).  Sie  färben  sich  schon  bei  der 
Kochhitze  des  Wassers  und  es  bilden  sich  Ammoniaksalze 

(daher  bei  Bereitung  des  Atropius  das  Verdampfen  der  Salzlösung  in  gelin- 
dester Wärme  vorzunehmen  ist,  sonst  erleidet  man  beträchtlichen  Verlust  !). 

Iodtinktur  verdickt  die  wässerige  Lösung  der  Atropinsalze  mit 
Kermesfarbe,  Goldaullösung  bewirkt  einen  citronengelben  Nie- 
derschlag, der  nach  einiger  Zeit  kristallinisch  wird,  Platin- 
auflösung fällt  sie  gelblich weifs,  Gallustinktur  fällt  sie  in  dich- 
ten weiislichen  Flocken.  Anorganische  Alkalien  scheiden  aus 
der  concenti  irren  wässerigen  Lösung  reiner  Atropinsalze  festes 
Atropin  aus.  Bei  längerer  Einwirkung  überschüssiger  fixer 
wässeriger  Alkalien  wird  aber  das  ausgeschiedene  Atropin 
langsam  in  der  Kälte,  schneller  in  der  Wärme  zerlegt  (s.  o.). 
Auch  Thierkohle  wirkt  leicht  zerlegend  auf  die  wässerige 
Lösung  der  Atropinsalze,  daher  bei  der  Reinigung  derselben  mit 
Thierkohle  ein  üeberschufs  und  allzulange  Berührung  mit  derselben  wohl 
zu  vermeiden  ist!  (s.  Bereitung  §.  23G).  — Bis  jet^t  Würden  dar- 
gestelit: 

Salpetersaures  Atropin.  Dieses  trocknet  in  gelinder  Wärme  zu  einer 
festen  farblosdurchsichtigeu  Masse  aus,  die  nichts  Kristallinisches  zeigt, 
an  der  Luft  etwas  Feuchtigkeit  anzieht. 

Salzsaures  Atropin  kristallisirt  in  zarte»  büschelförmig-vereinigten, 
glänzendvveirsen  Nadeln,  die  luftbeständig  und  in  Wasser  und  Weingeist 
leichtlöslich  sind. 


Solan  in. 


1213 


Schwefelsaures  Atropin  kristallisirt  leicht  in  sternförmig-  oder  büschel- 
förmig-gruppirten , farblosen,  zarten  Nadeln,  von  schönem  Atlasglanz;  ist 
luftbeständig  und  leichtlöslich. 

Weinsteinsaures  Atropin  trocknet  in  der  Wärme  zu  einer  farblos- 
durchsichtigen Masse  aus,  die  au  der  Luft  feucht  und  klebrig  wird. 

Essigsaures  Atropin  kristallisirt  in  sternförmig- gruppirten,  zarten, 
atlasglänzeuden  Prismen;  ist  luftbeständig  und  leicht  löslich.  Seim  wieder- 
holten Lösen  und  Verdampfen  entweicht  aber  etwras  Essigsäure. 

Anwendung : Bis  jetzt  hat  man  noch  keine  arzneiliche  Anwendung  von 
Atropin  und  dessen  Salzen  gemacht.  Sie  verdienen  es  aber,  und  zwar 
aufser  reinem  Atropin  in  Wasser  oder  Weingeist  gelöst,  das  leicht  kri- 
stallisirbare  salzsaure  und  schwefelsaure  Atropin.  Wegen  der  leichten 
Zerlegbarkeit  der  wässerigen  Lösung  darf  man  diese  nie  vorräthig  halten, 
sondern  mufs  sie  immer  beim  Verschreiben  frisch  bereiten. 


Solanin  Q Solanium ). 

Besfosses  entdeckte  dieses  organische  Alkali  1821 ; Biltz  erhielt  je- 
doch nach  der  von  Besfosses  angegebenen  Methode  (§.  u.)  kein  Solanin. 
In  neuerer  Zeit  stellte  es  indessen  Otto  rein  dar;  auch  Henri/  erhielt  ein 
ziemlich  reines  (?)  Alkali.  — Es  findet  sich  im  Nachtschatten  ( Solanum 
nigrurn) , der  Kartoffelpflanze  CSolanum  tuberosum') , nach  Otto  besonders 
in  den  Keimen  von  alten,  in  Kellern  u.  s.  w.  aufbewahrten  Kartoffeln,  in 
Bittersüfs  (?)  CSolanum  Dulcamara) , wroll krautblätterigem  Nachtschatten 
CSolanum  verbascifolium)  und  wohl  noch  andern  Solan  umarten. 

%.  239.  Nach  Heuling  werden  zur  Darstellung  des  So- 
lanins  die  getrockneten , nicht  über  4 Zoll  langen  Kartoffel- 
keirae  mit  verdünnter  Schwefelsäure  ausgezogen,  die  saure 
Flüssigkeit  wird  zum  Kochen  erhitzt  und  mit  Aetzammoniak 
gefällt,  der  erhaltene  Niederschlag  wird  mit  Aetzammoniak 
ausgewaschen,  bis  die  ablaufende  Flüssigkeit  farblos  ist,  so- 
dann in  siedendem  Weingeist  gelöst,  wo  nach  dem  Fäkalien 
das  Solanin  kristallisirt.  Es  geschieht  zuweilen,  dafs  der  Weingeist, 
womit  man  den  rohen  Solaninniederschlag  ausgekocht  hat,  nach  dem  Er- 
kalten keine  Kristalle  liefert,  sondern  zu  einer  Gallerte  erstarrt,  die  zu 
einer  hornartigen  Masse  austrocknet;  in  diesem  Fall  beruht  diefs  auf  der 
Gegenwart  eines  nicht  näher  bekannten  Körpers,  der  durch  Behandlung 
mit  Alkalien  (Ammoniak,  Kalilauge  etc.)  hi uwt eggen ommen  werden  kann. 

Nach  Otto  werden  die  weifsen  Keime  ausgewachsener  Kar- 
toffeln zerkleinert,  mit  schwefelsäurehaltigem  Wasser  ausge- 
zogen und  der  Auszug  mit  essigsaurem  Bleioxid  versetzt,  so 
lange  ein  Niederschlag  entsteht,  worauf  man  filtrirt.  Das  fast 
farblose  Filtrat  versetzt  man  mit  überschüssiger  Kalkmilch, 
wäscht  den  Niederschlag  und  zieht  ihn  mit  SÖprocentigem 
Alkohol  aus,  verdampft  und  reinigt  das  erhaltene  Solanin 
durch  wiederholtes  Lösen  in  Weingeist,  Filtriren  und  Ver- 
dampfen des  Filtrats.  Aus  dem  Kraut  und  unreifen  Früchten  der  Kar- 
toffelpflanze erhält  man  es  wohl  auf  dieselbe  Art,  oder  es  wird  wie  Atropin 
erhalten  (?).  — Besfosses  erhielt  es  aus  dem  Saft  der  Nachtschatten- 
beeren, durch  Fällen  desselben  mit  Ammoniak,  Lösen  des  gewaschenen 
Niederschlags  in  Weingeist  und  freiwilliges  Verdunsten  des  Filtrats.  — 
Pagen  und  Chevallier  zogen  die  Beeren  von  Solanum  verbascifolium  mit 
Weingeist  aus,  verdampften  den  Auszug,  behandelten  den  Rückstand  mit 
Wasser,  versetzten  das  wässerige  Filtrat  mit  Magnesia,  zögen  den  ge- 


nu 


Organische  Basen, 


waschenen  Niederschlag  mit  Weingeist  aus,  entfärbten  den  Auszug  mit 
Thierkohle  und  verdampften  das  Filtrat.  — Henry  zieht  die  gepul- 
verten öittersüfsstengel  mit  Weingeist  von  0,865  spec.  Gew., 
der  mit  V34  Schwefelsäure  angesäuert  wurde,  (wohl  am  besten  in 
der  Reaischen  Presse)  aus,  versetzt  den  Auszug  mit  überschüssi- 
gem Kalkhydrat,  schüttelt  tüchtig,  filtrirt  hach  einiger  Zeit, 
zieht  den  Weingeist  von  dem  Filtrat  ab,  wäscht  den  trockenen 
Rückstand  mit  Wasser,  behandelt  ihn  dann  mit  sehr  verdünn- 
ter wässeriger  Sch wefelsäure , so  lange  diese  etwas  aufnimmt, 
versetzt  die  Lösung  mit  überschüssigem  Aetzammoniak , wo 
Solanin  als  ein  gallertartiger  Niederschlag  sich  ausscheidet, 
das  er  mit  kaltem  Wasser  wascht,  dann  in  Alkohol  löst  und 
Verdampft.  Ist  das  Solanin  noch  nicht  rein,  so  behandelt  inan  es  wie- 
derholt mit  Alkohol,  Kalk  u.  s.  w.  Vorsichtige  Behandlung  der  geistigen 
Lösung  mit  Blutlaugenkohle  möchte  wohl  eher  ein  ganz  reines  Produkt 
geben. 

§.  240.  Die  Eigenschaf  ten  des  Solanins  sind : Eine  gesättigte 
heifse  weingeistige  Lösung  des  Solanins  erstarrt  zu  einer  aus 
blendend  weifsen,  perlmutterglänzenden,  durchsichtigen,  platten 
vierseitigen  Prismen  bestehendnn  Masse  {Renting).  «Nach  Ollo’s 
Methode  erhält  man  ein  weifses  perlmutterglänzendes  Pulver. 

( JPciyen  und  Chevatlier  wollen  es  iu  kleinen  rectangulären  Säulchen  erhalten 
haben?)  Das  aus  Bittersüfs  (nach  Henry ) erhaltene  ist  eine 
grünliche  oder  bräunliche,  leicht  zerreibüche  Masse,  die  ein 
schmutzig  gelblichweifses  Pulver  giebt,  (ist  wohl  noch  unrein). 
Es  ist  luftbeständig,  geruchlos,  schmeckt  ekelhaft  bitterlich 
und  anhaltend  kratzend  scharf,  nach  rohen  Kartoffeln.  Das  aus 
Bittersüfs  erhaltene  hat  zugleich  den  reizenden  Nachgeschmack 
von  Bittersüfs,  wirkt  narkotisch  giftig,  nach  Otto  auffallend 
lähmend  auf  die  hintern  Extremitäten,  bewirkt,  aufs  Auge  ge- 
strichen, keine  Erweiterung  der  Pupille,  reagirt  sehr  schwach 
alkalisch;  schmilzt  nicht  ohne  Zerlegung.  Das  nach  Henry 
erhaltene  schmilzt  in  gelinder  Wärme  zu  einer  harzähnlichen 
Masse,  welche,  mit  Alkohol  befeuchtet,  weifs  und  pulverig 
wird  5 nicht  flüchtig,  durch  Hitze  wird  es  zerstört  und  liefert  in  trocke- 
ner Destillation  sauer  reagirende,  wenig  nach  thierischeu  Theilen  riechende 
Dämpfe.  An  der  Luft  erhitzt,  verbrennt  es  unter  Schmelzen  und  Auf- 
blähen mit  heller  Flamme.  Concentrirte  Salpetersäure  löst  das  nach  Otto 
bereitete  Solanin  ohne  Färbung  auf,  das  Henry7 sehe  färbt  sie  grünlich, 
dann  gelb  und  zuletzt  blafs  rosenroth;  couceutrirre  Schwefelsäure  färbt 
beide  braun,  dann  violettroth.  — In  Wasser  ist  Solanin  sehr  wenig 
löslich , die  Lösung  schäumt  stark  beim  Schütteln , reagirt  aber 
fast  gar  nicht  alkalisch,  auch  Gallustinktur  trübt  sie  nicht. 
Das  Henry* sehe  verbindet  sich  auch  mit  Wasser  zu  einem 
weifseji  gallertartigen  Hydrat  (s.  0.).  In  Weingeist  ist  das  aus 
Kartoffelkeimen  bereitete  etwas  langsam  löslich,  das  Henry 
sehe  etwas  leichter,  beide  Lösungen  reagiren  schwach  alka- 
lisch; in  Aether  sind  beide  Arten  unlöslich  oder  kaum  löslich. 
— Zu  Säuren  zeigen  beide  weit  geringere  Affinität  als  die 
abgehandelten  organischen  Alkalien,  sie  neutralisiren  sie 


V e r a t r i n. 


ms 


schwieriger.  Die  Solaninsalze  sind  meistens  unkristallisirbar. 
Doch  efflorescirt  schwefelsaures  Solanin  nach  Otto  beim  Ver- 
dunsten der  Lösung  in  blumenkohlähnlichen  Auswüchsen.  iPayen 
und  Chevallier  wollen  es  auch  in  kristallinischen  Binden  erhalten  haben.) 
Sie  sind  geruchlos  und  schmecken  widerlich  bitterlich  und  an- 
haltend kratzend-scharf,  wirken  narkotisch  giftig.  Sie  sind 
leicht  löslich  in  Wasser  und  Weingeist,  ihre  wässerigen 
Lötungen  werden  durch  Gallustinktur  flockig  gefällt,  sie  ge- 
ben mit  Flatinchlorid  einen  gelben  Niederschlag.  Bis  jetzt  sind 
die  Solaninsalz©  noch  wenig,  untersucht. 

Das  Solanin  der  Kartoffeln  und  das  Solanin  von  Bittersüfs  sind  viel- 
leicht verschiedene  Alkalien,  was  weitere  Versuche  entscheiden  müssen. 

Anwendung : Bis  jetzt  wurde  Solanin  noch  nicht  als  Arzneimittel  be- 
nutzt. Es  macht  aber  den  wirksamen  Bestandteil  der  giftigen  Solanura- 
arten  aus. 

V er  airin  £ Veratrium). 

Synonyme : Sabadiftio. 

Meif stier  entdeckte  dieses  Alkali  1818;  Pelletier  und  Caventou  er- 
hielten dasselbe  181»  ebenfalls.  — Es  findet  sich  in  den  Sabadillsamen 
(von  Veratrum  ofßcinale  Schlecht.')  und  den  übrigen  Veratrumarten. 

§.  $41.  Man  bereitet  das  Veratrin  aus  den  von  den  Hülsen 
befreiten  und  gepulverten  Sabadillsamen  nach  Henry  ganz 
auf  gleiche  Weise  wie  das  Solanin  aus  Bittersüfs  (§•  $Ü0). 
Das  durch  Fällen  mit  Ammoniak  erhaltene  weifse  Pulver  ist 
aber  noch  nicht  rein.  Man  behandelt  es  mit  Aether,  so  lange 
dieser  etwas  aufnimmt  (es  bleibt  meistens  eine  dunkelbraune,  extract- 
artige,  sehr  bittere,  nicht  merklich  alkalisch  reagiren.de,  in  Wasser  schwie- 
rig und  tlieilwcise,  in  Weingeist  leicht  lösliche,  in  Aether  unlösliche  Masse 
oder  braune  Flocke«  zurück),  und  destiilirt  den  Aether  ab,  oder 
giefst  die  Lösung  auf  Wasser  und  überläfst  sie  der  freiwilli- 
gen Verdunstung.  — Oder  man  zieht  die  Samen  wiederholt 
kochend  mit  mit  Salzsäure  angesäuertem  Wasser  aus,  ver- 
dampft die  Auszüge  zur  Syrupdicke,  setzt  so  lange  Salzsäure 
zu,  als  Trübung  entsteht,  liitriri , zersetzt  das  Filtrat  mit 
überschüssigem  Aetzkalk,  digerirt  den  gewaschenen  Nieder- 
schlag mit  Alkohol,  verdampft  den  Auszug,  löst  den  Rück- 
stand in  verdünnter  Essigsäure  auf,  und  feilt  die  Lösung 
mit  Ammoniak;  Merck . Den  gewaschenen  Niederschlag  rei- 
nigt man  nöthigen  Falls  mit  Aether  wie  oben  angeführt.  — 
Vasma  zieht  Sabadillsamen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  aus 
(1  Unze  Säure  auf  i Pfund  Samen),  neutral  isirt  die  wein- 
gelbe Flüssigkeit  genau  mit  kohlensaurem  Natron,  dampft  zur 
Extractdicke  ab  und  behandelt  das  noch  warme  Extract  mit 
Alkohol.  Die  weingeistige  Auflösung  wird  abdestillirt,  der 
Rückstand  mit  verdünnter  Schwefelsäure  ausgezogen  und 
diese  Lösung  so  lange  mit  kohlensaurem  Natron  versetzt,  als 
sich  noch  ein  Niederschlag  bildet.  Durch  wiederholte  Auflö- 
sung in  verdünnter  Säure  und  Fällung  mit  Alkali  wird  es 


1216 


Organische  Basen. 


reiner  erhalten.  (10  Pfund  Samen  geben  auf  diese  Weise 
3 — 4 Drachmen  Veratrin.) 

§.  242.  Das  auf  die  beschriebenen  Methoden  dargestellte 
Veratrin  stellt  ein  weifses  oder  grimliehweifses,  seidenglän- 
zendes, unter  dem  Microscop  kristallinisches  Pulver  dar,  wel- 
ches aus  seiner  Auflösung  in  Aether,  wenn  sie  auf  Wasser 
verdunstet,  in  glänzenden  durchsichtigen  oder  durchscheinen- 
den Lamellen  zurück  bleibt.  *)  Das  Veratrin  ist  geruchlos, 
aber  die  geringste  Menge  Staub  in  die  Nase  gebracht  ver- 
ursacht das  heftigste,  anhaltendste  Niesen,  mit  Kopfweh  und 
Uebelkeit;  es  schmeckt  brennend  scharf,  ist  sehr  giftig,  er- 
regt innerlich  genommen  in  kleinen  Dosen  Erbrechen  und 
Purgiren  ( Vie  Gran  tödtete  eine  junge  Katze  binnen  10  Mi- 
nuten) 5 es  schmilzt  leicht  in  gelinder  Wärme,  und  wird  in 
höherer  Temperatur  zersetzt.  Concentrirte  Salpetersäure  färbt 
sich  damit  hochroth,  später  gelb.  Concentrirte  Schwefelsäure 
färbt  sich  damit  anfangs  gelb,  dann  blutroth,  später  violett. 
Unlöslich  in  Wasser  und  alkalischen  Flüssigkeiten , leichtlös- 
lich in  Alkohol , schwieriger  in  Aether.  Die  Lösungen  bläuen 
rothes  Lackmuspapier  und  färben  rothes  Dahlienpapier  grün. 

Nach  einer  spätem  Angabe  von  Couerbe  enthalten  die  Sabadillsamen 
zwei  organische  Basen , von  denen  die  eine,  welche  er  Sabadillin  nennt , 
in  kochendem  Waster  löslich  ist;  er  bediente  sich  zur  Darstellung  und 
Scheidung  der  folgenden  Methode.  Man  zieht  die  Sabadillsamen  mit  Al- 
kohol aus  destillirt  den  Alkohol  ab,  löst  das  erhaltene  Extract  in  ver- 
dünnter Schwefelsäure,  digerirt  mit  Blutkohle  und  fällt  die  Lösung  durch 
Alkali  (1  Pfund  Samen  giebt  72  Gran  Niederschlag).  Der  erhaltene  Nie- 
derschlag besteht  aus  Veratrin,  einer  zweiten  Pflanzenbasis:  dem  Saba- 
dillin, welches  kristallisirt  erhalten  werden  kann,  und  einer  dritten,  nicht 
kristallisirbaren.  Aufserdem  sind  darin  noch  zwei  nicht  basische  Substanzen 
enthalten.  Dm  das  Veratrin  rein  darzustellen,  wird  der  Niederschlag 
wieder  in  verdünnter  Schwefelsäure  gelöst  und  so  lange  Salpetersäure 
zugesetzt,  als  dadurch  noch  ein  schwarzer,  pechartiger  Niederschlag  ent- 
steht. Diese  Substanz  ist  nicht  untersucht.  Die  filtrirte  Lösung  wird  durch 
sehr  verdünnte  Kalilauge  gefällt,  der  Niederschlag  gewaschen,  getrocknet 
und  in  wasserfreiem  Alkohol  gelöst,  die  Lösung  verdampft  und  der  Rück- 
stand mit  Wasser  ausgekocht,  wobei  Veratrin  und  eine  nicht  basische  Sub- 
stanz ungelöst  Zurückbleiben,  während  Sabadillin  und  die  andere  Basi# 
von  dem  Wasser  aufgenommen  werden.  Aus  dem  unlöslichen  Rückstand 


*)  Merck  erhielt  aus  einer  alkoholischen  bedeckten  Lösung  des  nach  seiner 
Methode  dargestellten  Veratrins  beim  Verdampfen  an  der  Luft  mehrerefLi- 
nien  lange  rhombische  Säulen,  von  denen  er  mir  eine  kleine  Quantität  zur 
Untersuchung  mittheilte;  sie  waren  vollkommen  farblos,  durchsichtig,  glas- 
glänzend, unlöslich  in  siedendem  Wasser,  leichtlöslich  in  Alkohol,  von  alkali- 
scher Reaction,  in  der  Wärme  undurchsichtig  werdend,  in  höherer  Tem- 
peratur zu  einer  ölartigen  Flüssigkeit  schmelzend;  bei  fortgesetzter  Erhitzung 
trat  Zersetzung  ein  ohne  Zeichen  von  Sublimation;  sie  lösten  sich  in  con- 
centrirter  Schwefelsäure  mit  blutrotber  Farbe,  leicht  in  warmer  verdünnter 
Essigsäure,  diese  Auflösung  gab  mit  Ammoniak  einen  weifsen  kristallinischen 
Niederschlag;  ihre  verdünnte  salzsaure  Auflösung  wurde  durch  Platinchlorid 
nicht  getrübt,  die  concentrirte  giebt  einen  gelben  kristallinischen  Nieder- 
schlag. 


Sabadillin,  Colehiciti. 


mi 


zieht  man  durch  Aether  das  Veratrin  aus.  Bei  dem  Verdunsten  der  äthe- 
rischen Lösung  bleibt  es  als  eine  farblose,  harzartige,  spröde,  bei  115° 
schmelzende,  nicht  kristallinische  Masse  zurück,  die  iu  ihren  übrigen  Ei- 
genschaften mit  dem  nach  andern  Methoden  dargestellten  Veratrin  überein- 
kommt. 

Die  Salze  des  Veratrins  haben  einen  schwachen,  brennenden  Geschmack, 
reagiren  neutral.  Das  reine  salzsaure  Veratrin  kristallisirt  in  kurzen,  in 
Wasser  und  Alkohol  leichtlöslichen  Nadeln.  Auf  1 Aeq.  Salzsäure  enthält 
dieses  Salz  3418,554  Veratrin  [Couerbe').  Das  schwefelsaure  Salz  wird 
erhalten  durch  Auflösung  von  Veratrin  in  warmer  verdünnter  Schwefel- 
säure. Beim  Verdunsten  kristallisirt  es  in  langen  vierseitigen  Nadeln,  di© 
2 At.  Kristallwasser  enthalten,  was  beim  Schmelzen  fortgeht.  100  Vera- 
trin  sind  darin  mit  14,66  Schwefelsäure  verbunden  C Couerbe ). 

Sabadillin . 

Es  wurde  von  Couerbe  auf  die  beim  Veratrin  angegebene  Weise  ab- 
geschieden, indem  das  mit  Alkali  gefällte  Veratrin  mit  Wasser  ausgekocht 
wird,  worin  sich  das  Sabadillin  löst.  Beim  Erkalten  kristallisirt  es  fast 
vollständig  heraus  in  schwach  rötblich  gefärbten,  sternförmig  zusammen- 
gruppirten,  sechsseitigen  Prismen.  Im  reinen  Zustande  ist  es  farblos,  von 
höchst  scharfem  Geschmack.  Bei  200°  schmilzt  es  zu  einer  harzähnlichen 
Masse,  wobei  es  9,53  p.  c.  Wasser  verliert;  bei  höherer  Temperatur  wird 
es  zersetzt.  In  kochendem  Wasser  ist  es  löslich , iu  kaltem  nur  sehr  we- 
nig. Auch  von  Alkohol  wird  es  leicht  gelöst,  kann  aber  daraus  nicht  kri- 
stallisirt erhalten  werden.  Von  Aether  wird  es  nicht  aufgenommen.  Es 
reagirt  stark  alkalisch  und  bildet  mit  den  Säuren  meist  kristallisircnde  Salze. 
Durch  starke  Säuren  wird  es  zersetzt.  100  Th.  Sabadillin  sättigen  19  Th. 
Schwefelsäure.  Nach  der  Analyse  des  schwefelsauren  Salzes  ist  das  Atom- 
gewicht = 3687,68. 

Wird  die  Flüssigkeit,  aus  der  das  Sabadillin  kristallisirt  ist,  abge- 
dampft, so  scheiden  sich  ölartige  Tropfen  ab,  die  zu  einer  rothbraunen, 
harzähnlichen,  spröden  Substanz  erstarren.  Couerbe  nannte  sie  Resini- 
gomme,  später  Monohydrate  de  Sabadillin.  Es  ist  in  Wasser  löslich,  rea- 
girt alkalisch,  bildet  mit  den  Säuren  nicht  kristallisircnde  Salze,  aus  denen 
es  durch  Alkali  abgeschieden  wird,  ln  Alkohol  ist  es  löslich,  aber  unlös- 
lich in  Aether.  Couerbe  giebt  dafür  die  Formel  C20  H28  N2  06 , wonach  es 
von  dem  geschmolzenen  Sabadillin  nur  durch  den  Gehalt  von  1 At.  Wasser 
verschieden  wäre,  dieses  läfst  sich  aber  durch  Schmelzen  nicht  entfernen. 
Die  Verbindungen  mit  den  Säuren  sind  durchaus  von  denen  der  beiden  an- 
dern Basen  verschieden. 

Die  in  Aether  unlösliche,  bei  der  Reinigung  des  Veratrins  zurück- 
bleibende Substanz  ist  braun,  hart,  harzähnlich , löslich  in  Alkohol  und 
Säuren,  ohne  dafs  jedoch  letztere  davon  neutralisirt  werden.  Nach  einer 
Analyse  sind  die  Elemente  in  folgendem  Verhältnifs  darin  enthalten:  CI4 
H1S  N 03.  — E.  Simon  behauptet,  dafs  Couerbe’s  Sabadillin  nichts  anderes 
als  eine  Doppel  Verbindung  von  Harz  und  Natron  mit  Harz -Veratrin  sey. 
Wenn  man  sie  in  verdünnter  Schwefelsäure  löse,  so  könne  man  durch 
Ammoniak  reines  Veratrin  fällen. 


Colchicin  ( 'Colchicium ). 

Dieses  organische  Alkali  wurde  von  Pelletier  und  Caventou  mit  Ve- 
ratrin zusaramengeworfen ; Geiger  und  Hesse  zeigten  in  neuester  Zeit 
dessen  Eigentümlichkeit.  — Es  findet  sich  in  allen  Theilen  der  Zeitlose 
( Colchicum  autumnale)  und  wohl  in  allen  übrigen  Colchicumarten» 
Zusammensetzung  und  Atomgewicht  unbekannt. 


1218 


Organische  Basen. 


§.  243.  Man  erhält  das  Colchicin  auf  die  bei  Daturia 
angeführte  Weise,  durch  Ausziehen  der  zerstofsenen  Samen 
mit  mit  Schwefelsäure  angesäuertem  Alkohol  in  der  Wärme, 
Versetzen  des  Auszugs  mit  Kalk,  Saturiren  des  Filtrats  mit 
Schwefelsäure  und  Entfernen  des  Weingeistes  wie  angeführt. 
Die  concentrirte  wässerige  Flüssigkeit  versetzt  man  mit  über- 
schüssigem kohlensauren  Kali,  prefst  den  Niederschlag  zwi- 
schen vielfach  gelegtem  Druckpapier,  löst  den  trockenen 
Rückstand  in  absolutem  Alkohol,  behandelt  die  filtrirte  Lösung 
mit  Blutlaugenkohle,  bis  sie  entfärbt  ist,  und  verdampft  das 
Filtrat  in  gelindester  Wärme.  Ist  das  Alkali  nicht  rein,  so 
mufs  es  wiederholt  in  absolutem  Weingeist  gelöst  und  mit 
Thierkohle  behandelt  werden ; oder  man  bindet  es  an  eine 
wässerige  Säure,  Schwefelsäure,  zerlegt  die  Lösung  mit  über- 
schüssigem Aetzkalk,  zieht  das  Colchicin  mit  Aether  aus; 
destilliri  den  Aether  vom  Auszug  ab,  nimmt  den  Rückstand 
mit  Weingeist  auf,  behandelt  ihn,  wenn  er  nicht  farblos  ist, 
nochmals  mit  Blutlaugenkohle,  filtrirt,  versetzt  das  Filtrat  mit 
etwas  Wasser  und  verdampft  in  gelinder  Wärme.  — Auf 
ähnliche  Art  wird  Colchicin  aus  den  Blumen  und  der  im  Juli 
gegrabenen  frischen  Wurzel  erhalten. 

Erklärung  wie  bei  Daturia , Veratrin  und  andern  Alkalieu.  Wegen 
der  leichten  Löslichkeit  des  Colchicins  in  Wasser  läfst  es  sich  nicht  so 
leicht  ohne  bedeutenden  Verlust  durch  blofses  Fällen  wie  Veratrin  rein 
darstellen  , und  mufs  darum  auf  angeführte  Art  gereinigt  werden. 

§.  244.  Die  Eigenschaf len  des  Colchicins  sind:  Es  kri- 
stailisirt  aus  seiner  geistig- wässerigen  Lösung  in  farblosen 
Prismen  und  Nadeln.  Beim  Verdampfen  seiner  geistigen  oder 
ätherischen  Lösung  bleibt  es  zum  Theii  als  eine  durchsich- 
tige firnifsartige  Masse  zurück;  ist  geruchlos,  der  Staub  er- 
regt a>«(:h  nicht  so  Niesen  wie  Veratrin;  schmeckt  sehr  bitter, 
hintenriach  anhaltend  kratzend  scharf,  jedoch  nicht  brennend 
wie  Veratrin.  Wirkt  in  sehr  geringen  Dosen  heftig  Erbre- 
chen und  Purgiren  erregend,  leicht  giftig,  selbst  tödtlich ! 

C/i6  Grau  war  hinreichend,  eine  junge  Katze  unter  kolikartigen  krampfhaf- 
ten Krümmungen,  Erbrechen  und  Purgiren,  binnen  12  Stunden  zu  tödtenl). 
ßeagirt  nur  sehr  schwach  alkalisch,  röthet  jedoch  Bhabarbarin 
und  bläut  geröthetes  Lackmuspapier.  Ist  luftbeständig,  schmilzt 
leicht  in  gelinder  Wärme,  in  stärkerer  Hitze  wird  es  zerstört 

und  verhält  sich  dem  Veratrin  ähnlich.  An  der  Luft  erhitzt  brennt  es  mit 
heller  Flamme,  unter  Hinterlassung  einer  schwierig  völlig  zu  verbrennen- 
den Kohle.  Concentrirte  Salpetersäure  färbt  es  dunkel  violett  oder  blau, 
die  Farbe  geht  schnell  in  Olivengrün  und  Gelb  über,  concentrirte  Schi-ve- 
felsäure  färbt  es  gelbbraun , nicht  violett  (Unterschiede  von  Veratrin).  — 
In  Wasser  ist  Colchicin  ziemlich  leichtlöslich  (Unterschied  von 
Veratrin);  die  verdünnte  Lösung  wird  durch  lodtinktur  schnell 
mit  schöner  Kermesfarbe  verdickt,  Platinauflösung  fällt  sie 
gelb,  und  Gallustinktur  stark  in  weifsen  Flocken.  In  Wein- 
geist ist  es  sehr  leicht  löslich,  auch  in  Aether  ist  es  löslich.  — 
Säuren  neutralisirt  Colchicin  vollständig  und  zeigt  dabei,  ob- 


Aconitin. 


m9 


fleich  es  nur  wenig1  alkalisch  reagirt  (s.  o.)«  eine  nicht  un~ 
eträchtliche  Sättigungscapacität.  Die  Colchicinsalze  sind 
zum  Theil  kristaliisirbar  und  luftbeständig  (wie  schwefelsau- 
res Colchicin),  schmecken  äufserst  bitter,  dann  kratzend 5 
wirken  wie  das  Colchicin.  Sie  sind  sehr  leichtlöslich  in  Was 
ser  und  Weingeist  5 die  wässerige  Lösung  verhält  sich  gegen 
Jodtinktur  und  Gailustinktur  wie  die  wässerige  Lösung  des 
reinen  Colchicins,  Platinauflösung  fällt  sie  aber  nicht;  anorga- 
nische Alkalien  schlagen  aus  der  concentrirten  Lösung  festes 
Colchicin  nieder,  die  verdünnten  trüben  sie  nicht  (Unterschied  von 
den  Veratrinsalzen). 

Anwendung:  Bis  jetzt  wurde  Colchicin  nicht  als  Arzneimittel  ge- 
braucht. Es  verdient  aber  die  Beachtung  der  Aerzte  in  hohem  Grade,  da 
es  weit  sicherere  Dosenbestimmung  gewährt,  als  alle  bisherigen  Präparate 
der  Zeitlose. 

Aconilin  ( Aconitium ). 

Ist  in  neuester  Zeit  von  Hesse  entdeckt.  — Findet  sich  in  Aconitum 
Napellus  h.  und  wohl  allen  übrigen  scharfen  Arten  von  Aconitum. 
Zusammensetzung  und  Atomgewicht  unbekannt. 

§.  245.  Man  erhält  das  Aconitin  auf  ähnliche  Art  wie 
die  vorhergehenden  Alkalien,  Entweder  aus  dem  Saft  der 
frischen  Blätter  ähnlich  wie  Hyoseyamin  u.  s.  w.,  oder  aus 
getrockneten  scharfen  Blättern  durch  Ausziehen  derselben 
mit  Weingeist  in  der  BeaSschen  Presse,  Versetzen  des  Aus- 
zugs mit  Kalkhydrat,  Filtriren,  Versetzen  des  Filtrats  mit 
Schwefelsäure,  wieder  Filtriren,  Abziehen  des  gröfsten  Theils 
von  Weingeist,  Versetzen  des  Rückstandes  mit  Wasser  und 
Entfernen  des  letzten  Restes  Weingeist  durch  Verdunsten  in 
gelindester  Wärme,  Hinstellen  in  die  Kälte,  wieder  Filtriren 
und  Zerlegen  des  klaren  Filtrats  mit  kohiensaurem  Kali,  Pres- 
sen des  Niederschlags  zwischen  Druckpapier,  Auflösen  des- 
selben in  absolutem  Alkohol , Behandeln  der  Lösung  mit  Blut- 
laugenkohle und  Verdampfen  des  mit  etwas  Wasser  versetzten 
Filtrats.  Ist  das  Aconitin  noch  nicht  farblos,  so  reinigt  man 
es  wie  Colchicin  durch  Binden  an  wässerige  Schwefelsäure, 
Zerlegen  des  schwefelsauren  Aconitins  mit  überschüssigem 
Aetzkalk,  Ausziehen  des  Aconitins  mit  Aether,  Abdestilliren 
des  Aethers,  Aufnehmen  des  Rückstandes  mit  Weingeist  und 
Verdampfen  der  mit  etwas  Wasser  versetzten  geistigen  Lösung. 

— Aus  dem  Samen  erhält  man  es  wohl  einfacher  und  in  reichlicherer 
Menge? 

Erklärung , wie  bei  Colchiciu  u.  s.  w. 

§•  246.  Die  Eigenschaften  des  Aconitins  sind:  Es  kri- 
stallisirt  aus  seiner  geistig-wässerigen  Lösung  beim  Verdam- 
pfen zum  Theil  in  weifsen  Körnchen,  häufig  bleibt  es  aber  als 
eine  farblosdurchsichtige  glasglänzende,  völlig  trocken  brüchige 
Masse  zurück ; ist  geruchlos,  schmeckt  bitter,  dann  anhaltend 


1Ü&0  Organische  Basen. 

scharf  und  kratzend.  Hat  aber  bei  weitem  nicht  die  bren- 
nende, mehrere  Stunden  andauernde  Schärfe  des  Krauts!  Nur 
unreines,  noch  bräunlich  gefärbtes,  schmeckt  zum  Theil  sehr 
brennend  scharf.  (Diese  brennende  Schärfe  scheint  ihm  nicht  wesentlich 
anzugehören , sondern  von  eiuein  dem  Anemonin  ähnlichen  flüchtigen  Stoff 
herzurühren,  der  ihm  innig  anhängt.)  Wirkt  ällfserst  giftig  l Vso  Gran 
ist  hinreichend , einen  Sperling  in  einigen  Minuten  zu  tödten,  und  l/l0  Gran 
tödtet  ihn  blitzähnlich.  Starrkrampf,  wie  bei  Coniin , zeigt  sich  hiebei 

nicht.  Das  wenig  scharfe  wirkt  eben  so  giftig,  als  dasjenige, 
welchem  noch  viele  Schärfe  anhängt.  Aeufserlich  auf’s  Auge 
gebracht,  bewirkt  es  kurze  Zeit  Erweiterung  der  Pupille.  Es 
reagirt  (im  feuchten  Zustande)  beträchtlich  und  bleibend  alka- 
lisch \ ist  luftbeständig,  sehr  leicht  schmelzbar,  nicht  flüchtig. 
Liefert  in  trockener  Destillation  ammoniakhaltende  Dämpfe.  Unter  Luft- 
zutritt erhitzt  verbrennt  es  rasch  mit  heller  rufsender  Flamme,  ohne 
Rückstand  zu  lassen.  Rauchende  Salpetersäure  löst  es  ohne  Färbung 
auf;  Vitriolöl  färbt  es  erst  gelblich,  dann  schmutzig  violettroth.  — > 

In  Wasser  ist  Aconitin  schwerlöslich,  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur bedarf  es  ungefähr  150  und  in  der  Kochhitze  gegen 
50  Theiie,  die  concentrirte  Lösung  trübt  sich  nicht  beim  Er- 
kalten. Iodtinktur  bewirkt  in  der  verdünnten  Lösung  Ver- 
dickung mit  Kermesfarbe,  Goldchiorid  starke  weifsliche 
Trübung  und  später  Bildung  gelber  körniger  Kristäiichen. 
Platinauflösung  fällt  sie  nicht,  Gallustinktur  fällt  sie  stark  in 
weifslichen  Flocken.  In  Weingeist  ist  es  sehr  leicht  löslich, 
auch  löslich  in  Aether.  — Säuren  neutralisirt  Aconitin  voll- 
ständig und  bildet  damit  die  Aconilinsalze.  Diese  sind,  so 
weit  sie  untersucht  sind,  unkristallisirbar,  trocknen  zu  einer 
gummiartigen  Masse  aus,  schmecken  bitter  und  scharf,  wirken 
sehr  giftig.  In  Wasser  und  Weingeist  sind  sie  leichtlöslich. 
Die  wässerige  Lösung  verhält  sich  gegen  die  genannten  Ilea- 
gentien  wie  die  wässerige  Lösung  des  Aconitins;  anorganische 
Alkalien  schlagen  daraus  Aconitin  als  ein  weifses  Pulver  oder 
in  weifsen  Flocken  nieder.  Durch  Hitze  werden  sie  zerstört. 

Anwendung:  Aconitin  verdient  in  mancher  Hinsicht  den  bisherigen, 
oft  höchst  unsiohern  Präparaten  von  Aconitum  Napeüus  vorgezogeu  zu 
werden,  besonders  wenn  man  die  rein  narkotische  Wirkung  der  Pflanze 
haben  will. 

Delphinin  ( 'Delphininum ). 

1819  von  Brandes , Lassaigne  und  Feneulle  entdeckt.  — Es  findet  sich 
in  den  Stephanskörnern  CDelphinium  Staphisagria). 

Nach  Couerbe  erhält  man  das  Delphinin  sehr  rein  durch  Ausziehen  der 
grauen  und  bräunlichen,  nicht  der  schwarzen  Samen,  denn  diese  enthalten 
fast  nichts  davon,  mit  Alkohol.  Dieser  wird  abdestillirt,  der  Rückstand 
mit  verdünnter  Schwefelsäure  behandelt,  die  filtrirte  saure  Lösung  wird 
mit  Alkali  gefällt,  der  Niederschlag  getrocknet,  in  Alkohol  gelöst,  mit 
Blutkohle  digerirt,  filtrirt  und  die  Flüssigkeit  verdampft.  Ein  Pfund  giebt 
55  — 60  Gran  solchen  Delphiuins.  Man  löst  es  dann  in  verdünnter  Schwe- 
felsäure, setzt  tropfenweise  Salpetersäure  zu,  wodurch  eine  dunkelbraune 
Substanz  gefällt  und  die  Flüssigkeit  entfärbt  wird.  Nach  24  Stunden  kann 
mau  die  Flüssigkeit  klar  abgiefsen.  Durch  verdünnte  Kalilösung  wird  sie 


Delphinin,  Emetin. 


im 

gefällt,  der  Niederschlag  gut  ausgewaschen,  getrocknet,  in  Alkohol  gelost 
und  abgedampft.  Es  bleibt  eine  harzähnliche,  schwach  gelbliche,  stark 
alkalisch  reagirende  Masse  zurück,  die  man  mit  Wasser  abspült,  um  etwa 
anhängenden  Salpeter  zu  entfernen.  Hierauf  behandelt  man  sie  mit  Aether, 
wodurch  das  Delphinin  gelöst  wird  und  eine  andere,  von  Couerbe  Staphi - 
sain  genannte  Substanz  zuriickbleibt.  So  dargestellt  ist  das  Delphinin 
schwach  gelblich,  harzähnlich,  als  Piilyer  fast  weifs,  von  brennendem, 
sehr  anhaltendem  Geschmack,  nicht  kristallisirbar.  Es  schmilzt  bei  120°, 
ist  nicht  flüchtig;  bei  gewöhnlicher  Temperatur  greift  Chlor  es  nicht  an, 
bei  150°  aber  färbt  es  sich  damit  grün,  dann  dunkelbraun  unter  Entwicke- 
lung von  Salzsäure,  wobei  nur  der  Wasserstoffgehalt  sich  ändert,  die  re- 
lativen Mengen  von  Kohlenstoff  und  Stickstoff  aber  unverändert  bleiben. 
Die  braune  Masse  enthält  dreierlei  Substanzen,  in  denen  allen  sich  der 
Kohlenstoff  zum  Stickstoff  wie  15:1  verhält.  150  Tb.  Delphinin  nehmen 
20  Th.  salzsaures  Gas  auf,  hiernach  ist  sein  Atomgewicht  2627,8. 

Das  Delphinin  bildet  mit  den  Säuren  vollkommen  neutrale,  aber  nicht 
genau  untersuchte  Salze.  Die  schwefelsaure  und  essigsaure  Verbindung 
trocknen  zu  gummiähnlichen  Körpern  ein,  die  salpetersaure  und  salzsaure 
geben  zerfliefsliche  Salzmassen,  das  oxalsaure  Salz  bildet  weifse  Blättchen. 

Das  Staphisain  ist  ein  fester,  nicht  kristallisirbarer,  schwach  gelb- 
licher, bei  200°  schmelzender  Körper,  der,  obwohl  fast  unlöslich  in  Was- 
ser, diesem  einen  scharfen  Geschmack  ertheilt,  sich  in  Säuren  löst,  ohne 
sie  zu  neutralisiren.  Salpetersäure  verharzt  es  in  der  Wärme.  Chlor  zer- 
setzt es  bei  150°  und  zerstört  seinen  scharfen  Geschmack.  Nach  einer 
Analyse  soll  es  bestehen  aus  73,56  Kohlenstoff,  8,71  Wasserstoff,  5,78 
Stickstoff,  11,94  Sauerstoff,  was  dem  Verhältnifs  CI6  II33  N 02  entspricht. 
Berzelius  hält  es  für  wahrscheinlich,  dafs  es  nur  mit  einer  fremden  Ma- 
terie verunreinigtes  Delphinin  sey. 

In  den  übrigen  Ranunculaceen , welche  neben  Schärfe  auch  noch  nar- 
kotisch giftige  Eigenschaften  zeigen,  möchte  ein  ähnliches  organisches  Al- 
kali enthalten  seyn.  — Die  wirksame  Substanz  der  rein  scharfen  Pflanzen 
aus  dieser  Familie  ist  flüchtiger  öl-  und  camphor artig  er  Natur  (vergl.  Pul- 
satillencamphor  S.  1064). 

Emetin  (EmetiumJ. 

Das  Emetin  wurde  1817  von  Pelletier  und  Caventou  entdeckt,  jedoch 
erst  1820  im  reinen  Zustande  dargestellt.  Es  findet  sich  in  mehreren  im 
Handel  vorkommenden  Sorten  von  Ipecacuanba  (von  Callicona  oder  Ce- 
phaelis  Ipecacuanlia , Psychotria  emetica,  Richardia  scabra  u.  a.). 

$.  247.  Man  erhält  das  Emetin  im  unreinen  Zustande,  d.  h. 
mit  Säure  und  Farbstoff  verbunden , durch  Ausziehen  der  zer- 
stofsenen  Wurzel  mit  kochendem  Wasser,  Verdampfen  der 
Lösung  zur  Trockne,  Digeriren  des  Rückstandes  mit  Alkohol, 
Filtriren  der  weingeistigen  Lösung,  Abdestilliren  der  gröfsten 
Menge  des  Alkohols  und  Verdampfen  zur  Trockne.  So  dar- 
gestellt bildet  es  eine  feste  durchscheinende  Masse  mit  glän- 
zendem muschligem  Bruch,  die  sehr  leicht  Feuchtigkeit  aus 
der  Luit  anzieht,  geruchlos  ist,  sehr  scharf  bitter  ekelerregend 
schmeckt  und  von  Wasser  sowohl  wie  von  Alkohol  leicht  ge- 
löst wird.  Hieraus  erhält  man  das  reine  Emetin  am  besten 
nach  Merck,  indem  man  es  in  4 Th.  Wasser  löst,  welches 
mit  etwas  Salzsäure  angesäuert  ist 5 diese  Lösung  wird,  so 
lange  ein  Niederschlag  entsteht,  mit  Sublimatlösung  versetzt. 
Der  voluminöse  Niederschlag  wird  mit  kaltem  Wasser  gut 


i222 


Organische  Basen. 


ausgewaschen,  in  Aikohoi  gelöst,  die  Lösung  mit  Schwefel- 
barium gefällt,  filtrirt,  der  Baryt  durch  Schwefelsäure  abge- 
schieden} die  Flüssigkeit  wird  mit  mehr  Wasser  verdünnt 
und  so  lange  erhitzt,  bis  aller  Weingeist  verjagt  ist.  Als- 
dann wird  das  Emetin  durch  Aetzammoniak  niedergeschlagen 
und  mit  kaltem  Wasser  gut  ausgewaschen,  wo  man  es  voll- 
kommen rein  erhält.  — Auch  kann  man  die  wässerige  Lösung  des 
unreinen  Emetins  mit  essigsaurem  Bleioxid  versetzen  um  die  färbenden 
Theile  zu  entfernen,  das  Filtrat  mit  Hydrothionsäure  behandeln,  aufs  Neue 
liltriren,  mit  überschüssiger  reiner  Magnesia  digeriren , das  mit  sehr  kaltem 
Wasser  gewaschene  Unlösliche  trocknen,  mit  Weingeist  ausziehen,  den 
Auszug  verdampfen,  mit  einer  wässerigen  Säure  auflösen,  die  Lösung  mit 
gereinigter  thierischer  Kohle  behandeln,  filtriren,  das  Filtrat  durch  Ab- 
dampfen ziemlich  stark  eoncentriren , mit  Ammoniak,  Kali  oder  Magnesia 
fällen,  den  Niederschlag  waschen  und  trocknen,  oder  den  magnesiahalti- 
gen Niederschlag  nochmals  mit  Weingeist  ausziehen,  und  das  Filtrat  ver- 
dampfen. Durch  wiederholtes  Lösen  in  Säuren , Behandeln  der  Lösung 
mit  kalkfreier  Thierkohle,  und  Fällen  der  concentrirten  Lösung  wie  an- 
gezeigt reinigt  man  es  ferner.  Doch  gelingt  diese  Methode  nicht  so  gut. 

Das  reine  Emetin  ist  ein  weifses  Pulver,  luftbeständig, 
geruchlos  und  fast  geschmacklos.  Es  reagirfc  deutlich  alka- 
lisch. Es  ist  wenig  löslich  in  kaltem,  etwas  löslicher  in 
warmem  Wasser.  Von  Alkohol  wird  es  leicht  gelöst,  aber 
fast  nicht  von  Aether,  Oelen  und  kaustischer  alkalischer  Lauge. 
Es  schmilzt  schon  unter  50°.  Mit  concentrirter  Salpetersäure 
wird  es  zuerst  in  einen  gelben  harzartigen,  bitteren  Stoff 
und  hierauf  in  Oxalsäure  zersetzt.  Das  Emetin  neutralisirt 
die  Säuren,  bildet  aber  damit  meistens  unkristallisirbare  Ver- 
bindungen; nur  die  sauren  Salze  können  zum  Theil  kristalli- 
sirt  erhalten  werden.  Sie  sind  meist  leichtlöslich  in  Wasser, 
schmecken  scharf  und  bitter.  Durch  Goldchlorid,  Platinchlorid 
und  lodkalium  werden  sie  braun,  durch  Sublimat  in  weifsen 
Flocken  gefällt.  Gallustinktur  bildet  damit  eine  unlösliche 
grauweifse  Verbindung  und  wird  daher  als  Gegenmittel  gegen 
die  giftige  Wirkung  des  Emetins  benutzt.  Schon  Vi»  dieses 
wirkt  brechenerregend , 2 — 4 Gran  giftig. 

In  Frankreich  wird  unter  dem  Namen  Emetine  coloree  ein  unreines, 
leicht  zerfliefsliclies,  braunes  Emetin  als  Medikament  angewendet.  Es  wird 
erhalten  durch  Ausziehen  der  Brechwurzel  mit  Alkohol,  Verdampfen  zur 
Trockne,  Behandeln  des  Rückstandes  mit  Wasser,  Sättigen  der  freien 
Säure  durch  kohlensaure  Magnesia  und  Eindampfen  der  filtrirten  Flüssig- 
keit zur  Trockne. 

Chiococcin.  — Von  Chiococca  racemosa  erhielt  Brandes  durch  Behan- 
deln des  geistigen  Auszugs  mit  Wasser,  Versetzen  des  Filtats  mit  Aetz- 
kali,  Behandeln  des  Niederschlags  mit  Schwefelsäure,  Zerlegen  der  schwe- 
felsauren Auflösung  mit  Ammoniak,  Ausziehen  des  Niederschlags  mit  Al- 
kohol und  freiwilliges  Verdunsten  des  von  dem  anfangs  niedergefallenen 
Pulver  getrennten  Auszugs  einen  gelblichweifsen,  unkristallisirbaren,  firnifs- 
artigen  Rückstand,  der  zerrieben  ein  weifses  Pulver  gab,  welches  in  Säuren 
leicht  auflöslich  war,  mit  Schwefelsäure  eine  theils  gummiartige,  auf  der 
Oberfläche  körnig-kristaiünische  Masse  bildete,  die  sauer  reagirte.  Alka- 
lien und  Gallustinktur  zersetzten  diese  Verbindung.  Diese  Substanz  stellt 
ein  hellgrau«»  Pulver  dar,  ist  luftbeständig,  sohmeckt  sehr  bitter,  hinten- 

.v  f\  yff!  Pi ' ■ v .. . .•  m 


Strychnin. 


tm 

nach  kratzend  scharf;  feuchtes  lihabarberpapier  bräunt  es.  Ist  ziemlich 
löslich  in  Wasser,  die  Lösung  schäumt  stark,  leichter  löslich  in  Wein- 
geist; beide  Lösungen  reagiren  schwach  alkalisch  und  schmecken  widerlich 
bitter-scharf.  Der  wässerigen  Lösung  noch  etwas  Chiococcin  zugesetzt, 
blieb  sie  trübe;  Essigsäure  hellte  die  Lösung  auf,  Aetzammoniak  stellte 
die  Trübung  wieder  her.  Beim  Erhitzen  bläht  sich  das  Chiococcin  stark 
auf,  schwärzt  sich,  breiiDfc  mit  heller  Flamme,  unter  Rücklassung  einer 
schwierig  einzuäschernden  Kohle,  welche  einen  Hauch  weifser  Asche  hin- 
terläfst,  die  aber  noch  alkalisch  reagirt.  (Geiger. ~)  — Nach  v.  Santen  ist 
das  Chiococcin  mit  Emetin  identisch. 

Violin.  Nach  Boullay  ist  in  der  Viola  odorata  eine  eigentümliche 
Pflanzenbasis  enthalten,  welche  sich  von  dem  Emetin  dadurch  unterschei- 
det, dafs  sie  rothes  Lackmus  grün  färbt  und  leichter  in  Wasser,  aber  we- 
niger in  Weißgeist  löslich  ist  als  das  Emetin.  Man  behandelt  das  alkoho- 
lische Extract  der  Pflanze  mit  Aetlier,  kocht  den  Rückstand  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  aus,  fällt  die  Lösung  mit  Bleioxid,  trocknet  den  Nieder- 
schlag und  zieht  ihn  mit  Alkohol  aus,  der  heim  Verdunsten  das  Violin  als 
blafsgelbes  Pulver  hinterläfst.  Es  ist  leicht  löslich  in  Alkohol,  unlöslich  in 
Aether  und  Oelen,  schmeckt  scharf,  ist  schmelzbar,  nicht  flüchtig,  reagirt 
alkalisch,  bildet  mit  den  Säuren  nicht  deutlich  ausgesprochene  Salze.  Die 
schwefelsaure  Lösung  wird  durch  Gallussäure  gefällt.  Es  wirkt  brechen- 
erregend. 

Strychnin  ( Strychnium ). 

Dieses  organische  Alkali  w-urde  1818  von  Pelletier  und  Caveniou  ent- 
deckt. — Es  findet  sich  in  den  Ignatiusbohnen  (von  Strychnos  Ignatia  oder 
Iguatia  amara),  den  Krähenaugen  (von  Strychnos  Nux  vomica),  dem  Schlan- 
genhoiz  (Strychnos  colubrina),  dem  Upasgift  (von  Strychnos  tieute;  C'ortex 
angusturae  f'alsae). 

§.  248.  Man  erMIt  das  Strychnin  am  vorteilhaftesten 
aus  clen  Krähenaugen  nach  Merck  ^ indem  man  die  Krähen- 
augen mit  so  viel  Wasser,  dem  der  8te  Theii  der  angewen- 
deten Krähenaugen  Schwefelsäure  zugesetzt  wurde,  dafs  die 
Krähenaugen  immer  bedeckt  sind,  24  — 36  Stunden  in  einem 
bedeckten  Kessel  kocht,  wodurch  sie  ganz  erweicht  werden  $ 
dann  zerquetscht  oder  mahlt  man  sie  zwischen  steinernen  Wal- 
zen zu  einem  Brei,  was  sehr  leicht  und  schnell  geht,  prefst 
diesen  scharf  aus,  kocht  den  Rückstand  wieder  mit  Wasser 
und  prefst  aus.  Sämmtüche  Flüssigkeiten  versetzt  man  mit 
überschüssigem  Aetzkalk,  giefst  die  dunkle  Flüssigkeit  ab 
und  prefst  den  Niederschlag  aus;  behandelt  ihn  dann  2mal 
mit  einer  hinreichenden  Menge  Alkohol  von  6,85  spec.  Gew. 
heifs,  destillirt  den  Weingeist  ab  und  läfst  den  Rückstand 
erkalten;  entfernt  die  Flüssigkeit  vom  gebildeten  Niederschlag, 
wäscht  diesen  mit  kaliem  Weingeist,  so  lange  sich  dieser  noch 
stark  färbt,  kocht  das  wreifsgraue  Pulver  mit  hinreichend 
Alkohol  und  Thierkohle  und  fHtrirt  heifs.  Beim  Erkalten  kri- 
stailisirt  reines  Strychnin  heraus.  Aus  der  Mutterlauge  und 
den  Abwaschflüssigkeiten  erhält  man  den  Rest,  indem  alles 
verdampft,  der  Rückstand  in  Essigsäure  aufgelöst,  mit  Thier- 
kohle entfärbt  und  mit  Aetzammoniak  gefällt  wird.  Den  Nie- 
derschlag sammelt  man  nach  einigen  Tagen  und  kocht  ihn 


im 


Organische  Basen. 


so  lange  mit  Wasser,  als  noch  nach  dem  Erkalten  Brucin  (».  u.) 
herauskristallisirt.  Das  Ungelöste  ist  Strychnin,  das  man 
durch  Lösen  in  heifsem  Weingeist,  Erkalten  und  Verdampfen 
kristallisirt  erhalten  kann.  — Aehnlich  verfahrt  man  mit  den 
Ignaliusbohnen  und  der  falschen  Angusturarinde . — wittstock 

kocht  die  Krähenaugen  einmal  mit  dein  doppelten  Gewicht  Branntwein  in 
der  Blase  aus  und  trocknet  sie,  wodurch  sie  leichter  zu  pulverisiren  sind 
(was  jedoch  im  Grofsen  etwas  schwierig  gelingt).  Das  Pulver  wird  wie- 
derholt (2-  bis  3mal)  mit  hinreichend  Branntwein  behandelt,  der  Weingeist 
von  sämmtlichen  Auszügen  abdestillirt  und  das  rückständige  Flüssige  bis 
auf  1%  Theile  der  angewendeten  Krähenaugen  verdampft,  dann,  so  lange 
ein  Niederschlag  entsteht,  init  essigsaurem  Bleioxid  versetzt,  filtrirt,  das 
Filtrat  zur  Hälfte  verdampft,  mit  y48  der  angewendeten  Krähenaugen  Magne- 
sia vermischt  und  8 Tage  digerirt;  der  erhaltene  Niederschlag  durch  Aus- 
pressen und  Aussüfsen  mit  wenig  kaltem  Wasser  gereinigt,  getrocknet  und 
gepulvert,  mit  dem  6fachen  Gewicht  Alkohol  von  0,835  2-  bis  3mal  aus- 
gezogen, der  Weingeist  vom  Filtrat  abdestillirt,  wo  das  Strychnin  als  ein 
weifses  Pulver  herausfällt.  Aus  der  Mutterlauge  erhält  inan  beim  fernem 
Verdunsten  noch  etwas  Strychnin  und  später  Brucin.  Ersteres  wird  ge- 
reinigt, indem  man  es  in  genau  hinreichender  Menge  sehr  verdünnter  Sal- 
petersäure auflöst  und  bei  gelinder  Wärme  verdampft,  wo  zuerst  salpeter- 
saures Strychnin  anschiefst,  welches  wie  angeführt  durch  Ammoniak  oder 
Magnesia  zerlegt , in  Alkohol  gelöst  und  kristallisirt  wird.  — Dufios  zieht 
die  geraspelten  Krähenaugen  mit  Weingeist  von  0,88  spec.  Gew.,  dem 
VstJ6  Schwefelsäure  von  1,63  spec.  Gew.  zugesetzt  wurde,  wiederholt  aus, 
digerirt  die  Auszüge  mit  Knochenkohle,  filtrirt  und  destillirt  den  Weingeist 
ab;  der  Rückstand  wird,  wenn  er  nicht  die  Hälfte  der  angewandten  Krä- 
henaugen beträgt,  mit  hinreichend  Wasser  versetzt,  dann  so  lange  unter 
beständigem  Rühren  doppeltkohlensaures  Kali  zugesetzt,  bis  die  Flüssigkeit 
etwas  alkalisch  reagirt,  nach  einiger  Zeit  filtrirt,  und  das  Filtrat  mit  Aetz- 
kali  gefällt;  nach  24  Stunden  sammelt  man  den  Niederschlag  auf  einem 
Filter  und  wäscht  ihn  mit  Wasser,  trocknet  und  zerreibt  ihn  und  über- 
giefst  ihn  mit  dem  4fachen  Gewicht  wasserfreiem  Weingeist,  schüttelt 
öfter,  filtrirt  nach  einigen  Stunden  und  wiederholt  die  Operation,  dann 
kocht  man  das  getrocknete  Ungelöste  wiederholt  mit  Wasser,  bis  das  er- 
kaltete Filtrat  nicht  mehr  durch  concentrirte  Salpetersäure  geröthet  wird; 
trocknet  dann  das  Strychnin  oder  löst  es  in  kochendem  Alkohol  und  läfst 
es  kristallisiren.  — Ferrari  zieht  die  Krähenaugen  wiederholt  mit  schwach 
mit  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  angesäuertem  Wasser  aus ; zerlegt  die 
Auszüge  mit  überschüssigem  Kalk , versetzt  die  Mutterlaugen  wieder  mit 
etwas  Säure,  verdampft  bis  auf  wenig  Rückstand,  der  wieder  mit  Kalk 
versetzt  wird.  Die  Niederschläge  zieht  er  mit  heifsem  Alkohol  aus;  de- 
stillirt den  Weingeist  vom  Filtrat  ab , und  reinigt  das  Strychnin  durch 
Behandeln  mit  verdünnter  Salpetersäure,  Thierkohle  u.  s.  w.  wie  oben. 
(Vergl.  auch  Winckler  im  Magazin  für  Pharmacie  Bd.  19.  S.  26t.)  — 
Auch  kann  man  im  Kleinen  die  Krähenaugen  fein  raspeln,  mit  Wasser 
befeuchten,  so  dafs  sie  stark  zusammenballen,  einige  Zeit  kalt  anziehen 
lassen,  und  sie  mit  kaltem  Wasser  in  der  Realschen  Presse  extrahiren. 
(Die  Masse  mufs  gleichförmig  verbreitet  und  ganz  locker  in  die  Presse 
gebracht  werden,  damit  das  Wasser  [jedoch,  wie  immer  bei  der  Presse, 
langsam]  durchdringe;  man  läfst  so  lange  Wasser  durchlaufen,  bis  dieses 
nur  noch  mäfsig  bitter  schmeckt.)  Der  Auszug  wird  zur  Trockne  verdampft, 
und  mit  Weingeist  digerirt,  so  lange  dieser  etwas  aufnimmt.  Das  Filtrat 
wird  bis  auf  weniges  Flüssige  verdunstet,  mit  reiner  Magnesia  versetzt, 
digerirt,  in  gelinder  Wärme  fast  zur  Trockne  verdampft,  dann  mit  kaltem 
Wasser  gewaschen,  und  durch  Einschlagen  zwischen  Fliefspapier  und 
Pressen  die  Feuchtigkeit  möglichst  entfernt.  Der  trockene  Rückstand  wird 
mit  gewöhnlichem  Alkohol  heifs  behandelt,  so  lange  dieser  etwas  löst,  und 
das  Filtrat  der  freiwilligen  Verdunstung  überlassen.  Durch  Behandeln  mit 


Strychnin. 


ms 


schwachem  Weingeist,  wiederholtes  Lösen  in  starkem,  und  Kristallisiren 
oder  Behandeln  mit  heifsem  Wasser  oder  verdünnter  Salpetersäure  befreit 
man  es  von  Brucin.  — Corriol  zieht  die  Kräheuaugen  mit  kaltem  Wasser 
aus,  aber  er  macerirt  dieselben  8 Tage  damit,  und  wiederholt  die  Opera- 
tion dreimal.  Robiquet  macht  hiergegen  den  gegriiudeten  Einvvurf,  dafs 
der  Auszug  leicht  in  Gährung  gehen  und  zum  Theil  verderben  könne  (also 
ist  die  eben  angegebene  Methode  vorzuziehen).  Den  Auszug  verdampft  er 
nur  zur  Syrupsdicke,  vermischt  ihn  mit  Alkohol,  destillirt  den  Weingeist 
von  dem  Filtrat  ab  und  nimmt  den  zur  Extructdicke  verdampften  Rückstand 
mit  kaltem  Wasser  auf,  filtrirt,  um  das  Fett  abzuscheiden,  erwärmt  das 
Filtrat,  versetzt  es  mit  Kalkmilch  im  üeberschufs,  behandelt  den  getrock« 
neten  und  gewaschenen  Niederschlag  mit  starkem  Alkohol  in  der  Hitze, 
filtrirt  und  dampft  ab ; macerirt  das  unreine  Strychnin  mit  etwas  schwachem 
Alkohol,  um  die  färbenden  Theile  und  Brucin  zu  entfernen,  löst  es  in 
starkem  kochenden  Alkohol  und  überläfst  die  Lösung  der  freiwilligen  Ver- 
dunstung, wo  das  Strychnin  schön  herauskristallisirt.  — Henry  verfährt 
auf  ähnliche  Art;  nur  kocht  derselbe  die  gepulverten  Krähenaugen  wieder- 
holt mit  Wasser,  versetzt  den  zur  Syrupsdicke  verdampften  Auszug  mit 
Kalk  etwas  im  üeberschufs,  behandelt  die  Masse  mit  Weingeist,  destillirt 
denselben  von  dem  Filtrat  ab,  und  reinigt  das  Strychnin  durch  wiederholtes 
Lösen  in  Weingeist  und  Kristallisiren;  oder  durch  Auflösen  desselben  in 
sehr  verdünnter  Salpetersäure,  Behandeln  der  Flüssigkeit  mit  thierischer 
Kohle,  Fällen  des  Strychnins  mit  Ammoniak,  Lösen  des  gewaschenen. 
Niederschlags  in  Weingeist  und  Kristallisiren.  — Die  ursprüngliche  Vor- 
schrift von  Pelletier  und  Cuventou , es  aus  den  Ignatiusbohnen  darzusteifen, 
war:  die  zerkleinerten  Bohnen  erst  mit  Aether  auszuziehen,  um  das  Fett 
zu  entfernen;  dann  sie  wiederholt  mit  Weingeist  zu  behandeln,  bis  sie 
erschöpft  sind , die  weingeistigen  Auszüge  durch  Destilliren  und  Abdampfen 
in  die  Enge  zu  bringen , mit  wässerigem  Kali  zu  versetzen,  so  lange  ela 
Niederschlag  entsteht,  oder  mit  Magnesia  zu  digeriren;  das  erhaltene  Un- 
lösliche mit  kaltem  Wasser  zu  waschen,  dann  mit  Alkohol  kochen  und 
filtriren ; aus  dem  mit  wenig  Wasser  versetzten  Filtrat  kristallisirt  das 
Strychnin  beim  freiwilligen  Verdampfen.  — Aelinlich  verfuhren  sie  mit  Krä- 
henaugen , nur  versetzten  sie  die  wässerige  Lösung,  um  die  färbenden 
öligen  Theile  zu  entfernen,  so  lauge  ein  Niederschlag  entsteht,  mit  essig- 
saurem Bleioxid , und  reinigten  das  von  dem  Niederschlag  durch  Filtriren 
befreite  Flüssige  mit  Hydrothionsäure  vom  Bleigehalt  (wobei  sich  dieselbe 
ebenfalls  entfärbt) , bevor  sie  es  mit  Kali  oder  Magnesia  versetzten.  Da 
hiebei  Strychnin  gefällt  wird,  so  unterliefsen  sie  später  die  Behandlung  mit 
Bleisalz,  sondern  behandelten  das  vom  Fett  u.  s.  w.  durch  Filtriren  befreite 
Extract  sogleich  mit  Magnesia,  wuschen  den  Niederschlag  mit  kal#em  Was- 
ser, lösten  ihn  in  kochendem  Alkohol  und  dampften  den  Auszug  zur  star- 
ken Syrupdicke  ab,  der  in  kurzer  Zeit  körnig  wird;  dann  wuschen  sie 
denselben  mit  schwachem  kalten  Weingeist  und  lösten  ihn  in  starkem  in 
der  Hitze,  wo  beim  Verdunsten  Strychnin  anschiefst.  In  den  Mutterlaugen 
und  Abwaschwassern  ist,  neben  wenig  Strychnin,  vorzüglich  Brucin  enthalten. 

Erklärung : Aehnlich  wie  bei  Morphin.  Die  Krähenaugen  sind  jedoch 
wegen  ihrer  Härte  und  Zähigkeit  schwierig  zu  zerkleinern,  daher  sie  Merck 
mit  verdünnter  Schwefelsäure  anhaltend  erhitzt,  wodurch  der  harte  Schleim 
in  Zucker  verwandelt  wird  und  die  Faser  ganz  erweicht.  Das  Strychnin 
ist  iu  den  Pflanzen  an  eine  Säure,  sogenannte  Igasursäure,  gebunden, 
von  der  es  durch  Alkalien  getrennt,  als  sehr  schwerlöslich  in  Wasser  aus- 
geschieden , und  auf  ähnliche  Art  gereinigt  wird.  — Die  Reinigung  von 
Brucin  gründet  sich  auf  dessen  leichtere  Löslichkeit  in  Wasser  und  wässeri- 
gem Weingeist,  und  die  leichtere  Löslichkeit  des  salpetersauren  Brucins. 

§•  249.  Die  Eigenschaften  des  Strychnins  sind : Es 
kristallisirt  beim  freiwilligen  Verdunsten  aus  der  wässerig- 

Ceiger’s  Pharmacie . /.  (5  Ic  Au  ft.)  78 


1226 


Organische  Basen. 


geistigen  Lösung  in  blendend  weifsen,  glänzenden,  regel- 
mäfsigen  Octaedern,  oder  in  sehr  kleinen  vierseitigen  Prismen, 
mit  eingedrückten  vierseitigen  Pyramiden  zugespitzt.  Beim 
schnellen  Verdampfen  und  Erkalten  der  Lösung  erhält  man  es 
als  ein  weifses  körniges  Pulver.  Ist  luftbeständig,  geruchlos, 
schmeckt  sehr  bitter,  mit  einem  unangenehmen , gleichsam 
metallischen  Nachgeschmack.  Wirkt  schon  in  sehr  kleinen 
Dosen  äufserst  giftig  (Gegengifte  nach  Donne : Iod-  und  Brom- 
Tinktur  [?  J.  — Vergl.  Magaz.  für  Pharmac.  Bd.  29.  S.  289).  — Es  ist 
nicht  schmelzbar,  nicht  flüchtig  und  wird  durch  Hitze  leicht 
zerstört.  Concentrirte  Salpetersäure  löst  es,  wenn  es  ganz  rein  ist,  mit 
gelber  oder  grünlichgelber  Farbe  auf,  welche  durch  Zinnsolution  nicht 
verändert  wird;  enthält  es  aber  noch  Brucin,  so  färbt  sich  die  Auflösung 
schön  amarmitroth , dann  gelb  (s.  u.).  Concentrirte  Schwefelsäure  färbt 
es  braunroth,  später  violett;  Merck.  — Es  erfordert  7000  Theile 
kaltes  und  2500  Theile  kochendes  Wasser  zur  Lösung.  Die 
lOÖfach  verdünnte  Lösung  schmeckt  noch  merklich  bitter. 
Silber-  und  Goldsolution  färben  die  Lösung  unter  Lichteinflufs, 
erstere  bräunlichroth,  letztere  bläulich  5 die  violette  Lösung 
des  mineralischen  Chamäleons  färbt  sie  grün,  Gallustinktur 
trübt  sie  weifs;  Duflos.  Auch  in  Weingeist  ist  Strychnin 
etwas  schwer  löslich,  und  zwar  weit  schwerer  löslich  in  ab- 
solutem, der  es  kaum  angreift,  als  in  wasserhaltigem.  Wein- 
geist von  0,870  spec.  Gew.  löst  nach  Duflos  5 Procent,  und 
Branntwein  von  0,934  nach  Merck  V240  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur. In  Aether  ist  es  unlöslich,  eben  so  in  ätzenden  Al- 
kalien. 

Man  schlägt  das  Strychnin  und  einige  der  im  folgenden  § beschriebe- 
nen Strychninsalze  als  Arzneimittel  vor.  Gröfste  Vorsicht  hiebei. 

§.  250.  Das  Strychnin  neutralisirt  die  Säuren  voilstän- 
dig/und  bildet  mit  ihnen  die  Stryck ninsalz e , welche  durch 
Auflösen  des  Strychnins  in  verdünnten  Säuren  und  sehr  ge- 
lindes Verdunsten  der  Lösungen  erhalten  werden.  Die  Strych- 
ninsalze sind  meistens  kristallisirbar  und  leicht  löslich  in  Was- 
ser, schmecken  überaus  bitter  und  wirken  äufserst  giftig;  in 
der  Hitze  sind  einige  etwas  flüchtig;  Ferrari . Wässeriges 
Chlor  trübt  die  Lösung  der  Strychninsalze  stark,  chlorsaures 
Kali  und  Iodkalium  bewirken  weifse  Niederschläge,  Gold- 
auflösung und  Platinauflösung  gelbe  Niederschläge , Merck; 
auch  Gallustinktur  fällt  sie  stark.  Aetzende  Alkalien  zerle- 
gen sie  und  schlagen  Strychnin  als  ein  weifses  Pulver  nieder 

(io  sehr  verdünnten  Lösungen  entsteht  erst  Trübung  und  ein  kristallinischer 
Niederschlag,  wenn  man  die  Wände  des  Gefäfses  mit  einem  Glasstab  stark 
reibt;  Merck ).  — Man  kennt  bis  jetzt: 

Salzsaures  8trgchnin.  Formel:  Sr,  Cl2  H2.  Kristallisirt  in  warzen- 
förmig zusammengehäuften  Nadeln,  welche  an  der  Luft  undurchsichtig 
werden.  In  Wasser  ist  es  viel  löslicher  als  das  schwefelsaure  Salz.  Bei 
Erhitzung  bis  zur  beginnenden  Zersetzung  der  Basis  entwickelt  sich  Salz- 
säure. Wird  Chiorgas  in  mit  Wasser  angerührtes  Strychnin  geleitet,  so 
löst  es  sich,  wahrscheinlich  unter  Bildung  von  chlorsaurem  und  salzsaurem 


Strychnin. 


1227 


Salz,  auf;  beim  Abdampfen  wird  die  Masse  braun.  Quecksilber-Chlorid 
und  -Cyanid,  so  wie  salpetersaures  Quecksilberoxid,  fällen  das  Salz  als 
weifse  flockige  (aus  sehr  verdünnten  Lösungen  kristallinische,  Winkler') 
Doppelverbindung.  Durch  Platinchlorid  wird  ein  gelbes  Doppelsalz  gefällt, 
welches  17,82  p.  c.  Platin  enthält. 

lodwasserstoffsaures  Strychnin.  Kleine  weifse  Blättchen  oder  glatte 
Nadeln;  in  kaltem  Wasser  ist  es  so  unlöslich,  dafs  es  aus  der  Lösung 
anderer  Strychninsalze  durch  Iodkalium  gefällt  wird.  Das  S.  1161  er- 
wähnte Iodstrychnin  enthält  nach  Regnault  auf  1 At.  Strychnin  3 At.  lod. 

Cyanwasserstoffsaures  Strychnin  wird  durch  Auflösung  der  Basis  in  der 
Säure  erhalten  und  kristaliisirt  beim  Abdampfen  der  Lösung,  die  Eisen- 
salze mit  blauer  Farbe  fällt. 

Schwefelcyanwasserstoffsaures  Strychnin  wird  erhalten  durch  Mischung 
einer  wässerigen  Lösung  eines  Strychninsalzes  mit  einer  Lösung  von  Schwe- 
felcyankalium ; hierbei  trübt  sich  die  Flüssigkeit  und  beim  Umrühren  fällt 
das  Salz  in  weifsen  Sternchen  kristaliisirt  nieder.  Beim  Erhitzen  bis  zu 
70°  löst  es  sich  und  kristaliisirt  beim  Erkalten  in  seidenglänzenden  Nadeln. 
Man  kann  auf  diese  Weise  y37S  Strychnin  in  der  Flüssigkeit  entdecken; 
nach  Artus  soll  diese  Reaction  bei  medicolegalen  Fällen  zur  Aufsuchung 
kleiner  Mengen  von  Strychnin  sehr  anwendbar  seyn.  — Wird  Schwefel- 
wasserstoff in  mit  Wasser  angerührtes  Strychnin  geleitet,  so  wird  es  ge- 
löst, beim  Verdampfen  der  Lösung  aber  entweicht  der  Schwefelwasserstoff 
und  die  Basis  fällt  kristallinisch  nieder.  Auch  durch  Alkalien  wird  es  aus 
der  Lösung  gefällt. 

+ 

Schwefelsaures  Strychnin , neutrales.  Formel:  Sr,  S03 , 8aq.  Kri- 
staliisirt in  farblosen  durchsichtigen,  glasglänzenden,  rectanguläreu  Säul- 
chen  oder  Würfeln,  die  an  der  Luft  undurchsichtig  werden.  Lufttrocken 
enthält  es  8 At.  Kristallwasser,  von  denen  7 At.  13,7  p.  c.  beim 
Trocknen  in  höherer  Temperatur  ausgetrieben  werden.  Bei  gelinder  Hitze 
schmilzt  das  Salz  in  seinem  Kristall  wasser  und  erstarrt  nach  dessen  Ver- 
dampfung. Es  ist  theil weise  flüchtig,  bei  höherer  Temperatur  wird  es 
zersetzt.  — Mit  überschüssiger  Schwefelsäure  bildet  das  Strychnin  ein 
saures  in  Nadeln  kristallisirendes  Salz,  welches  zugleich  bitter  und  sauer 
schmeckt.  Durch  Abwaschen  mit  Aether  entfernt  man  die  anhängende 
Säure.  - — Wird  schwefelsaures  Kupferoxid  mit  Strychnin  gekocht,  so 
schlägt  dieses  einen  Theil  Kupferoxid  nieder  und  aus  der  filtrirten  Flüssig- 
keit erhält  man  durch  Abdampfen  ein  in  langen  grünen  Nadeln  kristallisirtes 
Doppelsalz. 

Salpetersaures  Strychnin,  neutrales.  Formel:  Sr,N20s,aq.  Wird 
durch  genaues  Sättigen  von  verdünnter  Salpetersäure  imt  Strychnin  er- 
halten und  schiefst  beim  Abdampfen  in  perlmutterglänzenden,  büschelförmig 
vereinigten  Nadeln  an.  Es  ist  in  warmem  Wasser  viel  löslicher  als  in 
kaltem,  nur  sehr  wrenig  löslich  in  Alkohol  und  unlöslich  in  Aether.  Trocken 
etwas  über  100°  erwärmt  wird  es  gelb , bläht  sich  auf  und  verpufft  ohno 
Feuer  mit  Hinterlassung  von  Kohle.  — Das  saure  Salz  entsteht  durch  Zu- 
satz von  etwas  Salpetersäure  zu  der  lauwarm  gesättigten  Lösuug  des  neu- 
tralen Salzes,  woraus  es  beim  Erkalten  in  sehr  feinen  Nadeln  kristaliisirt. 
Beim  Trocknen  wird  es  roth,  beim  Erhitzen  verpufft  es  unter  Feuer- 
erscheinung. 

Iodsaures  Strychnin  erhält  man  durch  wechselseitige  Zersetzung  von 
iodsaurem  Baryt  mit  schwefelsaurem  Strychnin  in  Gestalt  langer,  dem 
Cyanquecksilber  ähnlichen  Nadeln.  ( Pelletier .) 

Phosphor  saures  Strychnin . Durch  Auflösen  von  Strychnin  in  heifser 
verdünnter  Phosphorsäure  und  Erkalten  erhält  man  dieses  Salz  in  kleinen 
glänzenden  Schuppen.  Es  enthält  nach  Regnault  auf  1 At.  Phosphorsäure 
i At.  Strychnin  und  1 At.  Wasser,  eine  Zusammensetzung,  die  nicht  rieh' 


1328 


Org  anische  Basen, 


tig  seyn  kann , da  die  Phosphorsäure  zu  ihrer  Neutralisation  drei  Atome 
Basis  bedarf,  von  denen  nur  1 Atom  (1  At.  Strychnin  und  1 At.  Wasser 
sind  nur  einem  Atom  eines  Metalloxids  äquivalent)  hiernach  vorhanden 
wäre.  Die  auf  den  gefundenen  Kohlenstoffgehalt  richtiger  berechnete  For- 
mel ist  P2  Os , SrH20,  2aq.  Nach  dieser  Formel  mufs  das  Strychnin  44 
Atomen  Kohlenstoff  enthalten. 

Kohlensaures  Strychnin.  Aus  Strychninsalzlösungen  durch  kohlen- 
saure Alkalien  als  weifse  Flocken  gefällt.  Auch  wird  es  erhalten,  wenn 
man  Kohlensäure  in  mit  Wasser  verteiltes  Strychnin  leitet,  wodurch  dieses 
gelöst  wird.  Beim  Stehen  an  der  Luft  fällt  allmählig  das  neutrale  Salz  in 
kleinen  Kristallkörnern  heraus.  Es  ist  nicht  unlöslich  in  Wasser. 

Oxalsaures , weinsaures  und  essigsaures  Strychnin  sind  sehr  leicht  lös- 
lich in  Wasser,  mit  Ueberschufs  an  Säure  kristallisiren  sie  leicht.  Die  Lö- 
sung des  essigsauren  wird  durch  Quecksilberchlorid  nicht  gefällt,  Zusatz 
von  Salzsäure  bewirkt  einen  kristallinischen  Niederschlag. 

Eichengerhsaures  Strychnin  ist  ein  schwerlöslicher  Niederschlag,  der 
aber  in  Lösungen,  die  nur  0,1  p.  c.  Strychnin  enthalten,  nicht  mehr 
entsteht. 

Das  Strychnin  und  seine  Salze  gehören  zu  den  heftigsten  Giften,  und 
letztere  sind  wegen  ihrer  Lösbchkeit  meist  noch  weit  giftiger  als  die  Basis 
selbst.  Sowohl  innerlich  genommen  als  in  Wunden  gebracht  wirken  sie 
schnell  tödtlich.  Man  hat  Galläpfelinfusion  und  Thee  als  Gegenmittel  em- 
pfohlen wegen  der  darin  enthaltenen  Gerbsäure.  Als  Heilmittel  wird  es 
gegen  Lähmungen  in  kleinen  Dosen,  wie  yi2  Gran,  angewendet,  besonders 
das  nach  Wittstockys  Methode  (S.  1224)  erhaltene  salpetersaure  Salz. 


Brucin. 

Synonyme:  Caniramin  C Geiger ). 

Dieses  organische  Alkali  wurde  ebenfalls  von  Pelletier  und  Caventou 
1819  entdeckt.  — Es  findet  sich  in  der  falschen  Angustura- Rinde  (von 
einer  Strychnosart , nicht  von  Brucea  ferruginea,  wie  man  bisher  glaubte). 
Auch  in  den  oben  genannten  Strychnosarten  fanden  Pelletier  und  Caventou , 
sieben  Strychnin,  Brucin.  — Formel  und  Zusammensetzung  s.  S.  1164. 

§.  351.  Man  erhält  das  Brucin  bei  Bereitung  des  Strych- 
nins. Es  ist  in  den  Abwaschfliissigkeiten,  welche  zur  Rei- 
nigung des  brucin  haltigen  Strychnins  dienten,  enthalten.  Sie 
werden  verdampft  und  das  Brucin  durch  Lösen  in  absolutem 
Alkohol  und  Um  kristallisiren  gereinigt,  wittstock  sättigt  diese  mit 
Salz-  oder  Schwefelsäure,  zerlegt  die  vom  Weingeist  befreite  Flüssigkeit 
mit  Kalkmilch,  zieht  den  gewaschenen  Niederschlag  mit  Alkohol  aus,  neu- 
traüsirt  wieder  mit  Säure,  reinigt  mit  Thierkohle,  überläfst  die  Lösung 
der  freiwilligen  Verdunstung,  sucht  durch  Umrühren  die  regelmäfsige  Kri- 
stallisation zu  hindern,  reinigt  das  ausgeschiedene  Brucinsalz  durch  Kri- 
stallisation, zerlegt  es  mit  Ammoniak  und  verfährt  wie  vorher.  — Duflos 
sättigt  die  Abwaschflüssigkeiten  mit  Schwefelsäure,  dampft  bis  auf  ungefähr 
den  lOOsten  Theil  Brucingehalt  ab,  versetzt  die  Lösung  mit  doppelt- 
kohlensaurem Kali,  bis  sie  schwach  alkalisch  reagirt,  filtrirt  und  schlägt 
Brucin  mit  überschüssigem  Aetzammoniak  nieder,  nach  einiger  Zeit  kri- 
stallisirt  es  heraus.  — Pelletier  und  Caventou  erhielten  es  zuerst  aus  der 
falschen  Angusturarinde,  indem  sie  die  Rinde  anfangs  wie  die  Strychnos- 
arten behandelten,  dann  den  Auszug  mit  Magnesia  versetzten,  das  Unlös- 
liche auswuschen;  in  der  Flüssigkeit  war  Brucin  enthalten ; diese  sättigten 
sie  mit  Kleesäure,  dampften  ab,  und  wuschen  das  trockene  kleesaure 
Brucin  mit  bis  auf  0°  erkältetem  absoluten  Alkohol,  lösten  es  in  Was- 
ser, versetzten  es  mit  Kalk  oder  Magnesia,  dampften  zur  Trockne  ab. 


Brucin. 


1229 


digerirten  den  trockenen  Rückstand  mit  Alkohol,  filfcrirtau  , versetzten  das 
Filtrat  mit  wenig  Wasser,  und  überliefsen  es  der  freiwilligen  Verdunstung. 

Erklärung:  Wie  bei  Strychnin.  Die  Trennung  des  Brucins  von 
Strychnin  gründet  sich  auf  dessen  leichtere  Löslichkeit  in  Wasser  und 
starkem  Weingeist.  Bei  der  ursprünglichen  Vorschrift,  wo  Brucin  in  der 
Flüssigkeit  gelöst  blieb,  während  Strychnin  niederfiel,  verband  man  es  mit 
Kleesäure,  weil  dieses  Salz  in  kaltem  absoluten  Weingeist  unlöslich  lat 
und  so  auf  angeführte  Art  von  fremden  Theilen  befreit  werden  konnte. 

§.  252.  Die  Eigenschaften  des  Brucins  sind : Es  kristal- 
lisirt  aus  seiner  wässerig-geistigen  Lösung  beim  freiwilligen 
Verdunsten  in  weifsen,  durchsichtigen,  geraden  rhombischen 
Säulen,  welche  zuweilen  einige  Linien  dick  sind 5 häufig  aber 
in  sternförmig  gruppirten  Nadeln  oder  in  unregelmäfsig  zu- 
sammengehäuften,  perlmutterglänzenden  Blättchen.  Bei  Fällung 
eines  Brucinsalzes  mit  Ammoniak  erhält  man  es  zuweilen  anfangs  als  ein 
flüssiges  Oel,  welches  erst  nach  einiger  Zeit  in  Berührung  mit  Wasser 
kristallinisch  wird;  Wittstock.  Ist  luftbeständig,  geruchlos,  und 
schmeckt  sehr  bitter.  Wirkt  giftig,  doch  minder  energisch 
als  Strychnin  (Gegengifte  wie  bei  Strychnin,  S.  1226).  — Das  kri- 
stallisirte  enthält  nach  J.  L . 16,6,  nach  Regnault  15,55  p.  c. 
Wasser.  Es  schmilzt  beim  Erhitzen  in  seinem  Kristallwasser, 
beim  Erkalten  erstarrt  es  zu  einer  wachsähnlichen  Masse,  die 
gepulvert  und  mit  Wasser  in  Berührung  in  einigen  Tagen 
das  Kristallwasser  wieder  aufnimmt  Auch  die  klebrige  zähe 
Masse,  welche  von  kaustischem  Alkali  aus  dem  Estract  von 
Krähenaugen  gefällt  wird,  ist  wasserfreies  Brucin,  welches, 
in  reines  Wasser  gebracht,  aufschwillt  und  zerfällt,  indem 
sich  einerseits  das  Wasser  damit  zu  Hydrat  verbindet,  ande- 
rerseits fast  alle  mit  niedergefallene  färbende  Substanz  löst. 
Es  bedarf  850  Th.  kalten  und  566  Th.  kochenden  Wassers 
zur  Lösung;  mit  färbenden  organischen  Theilen  verunreinigt 
ist  es  noch  löslicher.  In  Weingeist,  sowohl  wässerigem  als 
absolutem,  ist  es  leicht  löslich;  in  Aether  und  fetten  Oelen  ist 
es  unlöslich,  wenig  löslich  in  ätherischen  Oelen.  In  der  Hitze 
wird  es  leicht  zerstört.  Concentrirte  Salpetersäure  färbt  es 
erst  hochroth,  dann  gelb,  durch  Zinnsolution  wird  diese  Lö- 
sung violett  unter  Bildung  eines  gleichgefärbten  Niederschla- 
ges, wodurch  es  sich  von  Morphin  und  reinem  Strychnin  un- 
terscheidet. Concentrirte  Schwefelsäure  färbt  es  erst  rosen- 
roth,  dann  gelb  und  gelbgrün  ( Merck] . Die  wässerige  Lö- 
sung wird  durch  fixe  Alkalien  gefällt,  durch  Gold-  und 
Platinchlorid  getrübt,  und  durch  Gallustinktur  stark  gefällt. 

§.  253.  Mit  Säuren  bildet  es  die  Brucinsalzes  welche 
meist  kristallisiren , leichtlöslich  in  Wasser  sind  und  sehr  bitter 
schmecken.  Aufser  durch  die  Alkalien  und  alkalischen  Erden 
wird  die  Basis  daraus  auch  durch  Morphin  und  Strychnin  ab- 
geschieden. 

SalTisaures  Brucin.  Formel:  Br,  CI2  H2.  Nach  J.  L.  nehmen  100 
Theile  trockne»  Brucin  18,06 , nach  Regnault  9,3  salzsaures  Gas  auf.  Mit 


i2m 


Organische  Basen. 


Plaünchlorid  giebt  salzsaures  Brucin  eine  gelbe  pulverige  Doppelverbin- 
dung, welche  nach  J.  L.  16,16,  nach  Varrentrapp  und  Will  16, 5 J Platin 
enthält.  Es  ist  leicht  löslich  in  Wasser,  kristallisirt  in  vierseitigen  schief- 
abgestumpften Säulen,  die  oft  haarfein  sind. 

lodwasserstoffsaures  Brucin.  Durchsichtige,  vierseitige  Blättchen, 
oder  kurze  farblose  Prismen,  schwerlöslich  in  kaltem,  leichter  in  heifsem 
Wasser,  leichtlöslich  in  Alkohol.  Dieses  Salz  giebt  mit  lodsäure  einen 
brauuen  Niederschlag,  welcher  (Brucin-Biiodür)  6 At.  Iod  auf  1 At.  Brucin 
enthält  j die  andere  S.  1161  erwähnte  lodverbindung  enthält  nur  drei 
Atome  Iod. 

Schwefelsaures  Brucin  enthält  1 At.  Brucin,  1 At.  Schwefelsäure  und 
8 At.  Wasser. 

+• 

Salpetersaures  Brucin,  neutrales . Formel:  Br,N2Os  -fr-  5aq.  Trock- 
net zu  einer  guinmiälmlichen  Masse  ein.  Das  saure  Salz  kristallisirt  leicht 
in  grofsen,  vierseitigen,  zweiflächig  zugeschärften  Prismen.  Beim  Erhitzen 
wird  es  roth , nachher  schwarz  und  verpufft  mit  Feuererscheinuog,  Zur 
Scheidung  des  Brucins  vom  Strychnin  benutzt  man  vortheilhaft  diese  sau- 
ren Salze.  Das  schwerlösliche  Brucinsalz  schiefst  zuerst  an  in  harten 
Kristallen,  die  sich  leicht  von  den  weichen,  biegsamen  Nadeln  des  Strych- 
liiusalzes  unterscheiden. 

Phosphorsaures  Brucin  mit  Ueberschufs  an  Säure  bildet  grofse,  recht- 
winklige, tafclartige  Kristalle  mit  stark  abgestumpften  Eudkanten,  welche 
an  der  Luft  verwittern  und  leicht  löslich  sind.  Das  oxalsaure  Salz  kri- 
staliisirt  in  langen  Nadeln,  das  essigsaure  nicht. 

Das  Brucin  und  seine  Salze  hat  eine  dem  Strychnin  ähnliche  giftige 
Wirkung,  aber  um  sie  in  demselben  Grade  hervorzurufen , bedarf  man 
einer  bei  weitem  gröfseren  Menge. 

Jervin. 

Von  E.  Simon  in  der  Wurzel  von  Veratrum  album  (Radix  Bellebori 
albi)  entdeckt,  worin  es  nebst  Veratrin  und  Sabadillin  enthalten  ist.  Das 
alkoholische  Extract  der  Wurzel  ward  mit  verdünnter  Salzsäure  behandelt 
und  die  geklärte  salzsaure  Lösung  durch  kohlensaures  Natron  gefällt.  Der 
Niederschlag  wird  in  Alkohol  gelöst,  mit  Kohle  entfärbt,  der  Alkohol  ab- 
destillirt,  wobei  das  meiste  zu  einer  kristallinischen  Masse  gesteht.  Durch 
Auspresseu  entfernt  man  den  gröfsten  Theil  des  nicht  kristallinischen  Ve- 
ratrins.  Wird  der  Rückstand  nochmals  in  Weingeist  augerührt  und  aus- 
geprefst,  so  erhält  man  das  Jervin  fast  rein.  Die  abgeprefste  Flüssigkeit 
enthält  noch  viel  Jervin,  man  verdampft  zur  Trockne  und  behandelt  mit 
verdünnter  Schwefelsäure,  die  das  Veratrin  leicht  löst,  während  das 
Schwefelsäure  Jervin  schwTerlöslich  ist.  Nach  Will  ist  das  Jervin  weifs, 
kristallinisch,  schmilzt  beim  Erhitzen  zu  einer  ölartigen  Flüssigkeit;  bei 
höherer  Temperatur  entzündet  es  sich  und  verbrennt  mit  rufsender  Flamme 
ohne  Rückstand.  In  Wasser  ist  es  fast  unlöslich,  aber  löslich  in  Alkohol. 
Seine  Verbindungen  mit  Salzsäure,  Schwefelsäure  uud  Salpetersäure  sind 
in  Wasser  und  Säuren  schwTerlöslich ; das  essigsaure  Salz  löst  sich  leicht 
in  Wasser,  woraus  es  durch  die  drei  erwähnten  Mineralsäuren,  so  wie 
durch  Ammoniak,  in  volumiuösen  Flocken  gefällt  wird.  Will  fand,  dafs 
das  lufttrockne  bei  130°  6,88  p.  c.  Wasser  verliert  Es  bildet  mit  Platin- 
chlorid einen  hellgelben,  flockigen,  leicht  uud  unzersetzt  auswaschbaren 
Niederschlag,  den  man  am  besten  erhält  durch  Fällung  von  essigsaurem 
Jervin  mit  einer  salzsauren  Lösung  von  Platinchlorid.  Es  wurden  bei  der 
Verbrennung  14,55  — 14,33  p.  c.  Platin  als  Rückstand  erhalten.  — Formel 
und  Zusammensetzung  s.  S.  1163. 

Curarin. 

Diese  Pflanzenbase  wurde  von  Boussingault  und  Roulin  entdeckt; 
später  wairden  ihre  Versuche  von  Pelletier  und  Petroz  wiederholt  und  be- 


Curarin,  Corydalin. 


1231 


stätigt.  Das  Curarin  ist  in  einer  Substanz  enthalten,  die  Curara  oder 
Urari  genannt  wird  und  deren  sich  die  Indianer  des  mittägigen  Amerika’s 
zum  Vergiften  der  Pfeile  bedienen.  Nach  Humboldt  soll  diefs  erhalten 
werden  durch  Behandlung  mit  Wasser  einer  zu  der  Familie  der  Strych- 
neen  gehörenden  Pflanze,  einer  Liane,  Mavacure  genannt.  Das  wässerige 
Extract  wird  dann  mit  einem  gummihaltigen  Extracte  einer  andern  Pflanze 
gemischt,  um  ihm  dadurch  Consistenz  zu  geben.  In  Wunden  gebracht 
tödtet  es  schon  in  wenigen  Minuten,  kann  aber  ohne  schädliche  Folgen 
verschluckt  werden.  Nach  Boussingaidt  und  Roulin  wird  zur  Darstellung 
des  Curarins  das  Curara  gepulvert,  mit  Alkohol  extrahirt,  die  Lösung  mit 
Wasser  vermischt,  der  Alkohol  abdestillirt,  die  zurückbleibende  wässerige 
Flüssigkeit  von  dem  sich  absetzenden  Harze  abgegossen,  durch  Thierkohle 
entfärbt  und  mit  Galläpfelinfusion  gefällt.  Der  Niederschlag  wird  ausge- 
waschen, in  Wasser  angerührt  und  zum  Kochen  erhitzt,  so  lange  mit 
kristallisirter  Oxalsäure  versetzt,  bis  er  vollständig  gelost  ist.  Durch 
Magnesia  fällt  man  die  Oxalsäure  und  Gerbsäure  aus,  während  das  Cura- 
rin  gelöst  bleibt.  Die  Flüssigkeit  wird  zur  Trockne  verdampft  und  der 
Rückstand  mit  Alkohol  behandelt,  der  die  noch  beigemengte  oxalsaure 
Magnesia  ungelöst  läfst.  Die  alkoholische  Lösung  wird  zur  Trockne  ver- 
dunstet. Pelletier  und  Petroz  stellen  das  Curarin  dar,  indem  sie  das  al- 
koholische Extract  mittelst  Aether  von  Harz  und  Fett  befreien,  den  Rück- 
stand in  Wasser  lösen,  durch  Bleiessig  fremde  Beimengungen  ausfällen, 
das  überschüssig  zugesetzte  Blei  durch  Schwefelwasserstoff  entfernen  und 
durch  Thierkohle  entfärben.  Die  filtrirte  Flüssigkeit  wird  verdunstet,  mit 
in  wasserfreiem  Alkohol  gelöster  Schwefelsäure  gemischt,  um  die  Essig- 
säure auszutreiben  (besser  wird  mit  Wasser  verdünnte  Schwefelsäure  an- 
gewandt, Berxelius} , die  Schwefelsäure  durch  Baryterdehydrat  gefällt, 
der  überschüssige  Baryt  durch  Kohlensäure  entfernt  und  die  filtrirte  Flüs- 
sigkeit verdunstet. 

Das  so  erhaltene  Curarin  bildet  eine  unkristallinische,  gelbliche,  horn- 
ähnliche,  nur  in  dünnen  Splittern  durchsichtige,  an  der  Luft  zerfliefsliche 
Masse,  von  sehr  bitterem  Geschmack,  mit  deutlich  alkalischer  Reaction 
auf  Lackmus  und  Curcuma.  Es  ist  leicht  löslich  in  Wasser  und  Alkohol, 
unlöslich  in  Aether  und  Terpentinöl.  In  der  Hitze  verkohlt  es  unter  Ver- 
breitung eines  hornartigen  Geruches  und  verbrennt.  Wahrscheinlich  kann 
es  theihveise  untersetzt  sublimiren.  Mit  Salzsäure,  Schwefelsäure  und 
Essigsäure  verbindet  es  sich  zu  neutralen,  bitterschmeckenden,  unkristal- 
lisirbaren  Salzen.  Von  Gerbsäure  wird  es  gefällt.  Es  wirkt  noch  giftiger 
als  das  Curara,  woraus  es  erhalten  worden  ist. 


Corydalin. 

Von  Wackenroder  entdeckt.  Er  fand  es  in  den  Wurzeln  von  Cory- 
dalis  bulbosci  und  fabacea.  Zu  seiner  Darstellung  werden  die  getrockneten 
Wurzeln  gröblich  gepulvert  und  mehrere  Tage  mit  Wasser  macerirt.  Die 
dunkeirothe,  schwach  sauer  reagirende  Lösung  wird  filtrirt  und  mit  Alkali 
versetzt  bis  zu  schwach  alkalischer  Reaction,  wodurch  das  Corydalin  als 
grauer  Niederschlag  gefällt  wird.  Durch  nochmaliges  Ausziehen  der  Wurzel 
mit  durch  Schwefelsäure  angesäuertem  Wasser  und  nachheriges  Uebersät- 
tigen  der  Lösung  mit  Alkali  wird  noch  mehr  Corydalin  erhalten,  welches 
jedoch  schwerer  zu  reinigen  ist  als  das  zuerst  erhaltene.  Man  trocknet 
den  Niederschlag,  kocht  ihn  mit  Alkohol  aus,  bis  dieser  nichts  mehr  löst, 
dcstillirt  diesen  ab  und  verdampft  den  Rückstand  zur  Trockne,  iibergiefst 
ihn  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  wodurch  das  Corydalin  gelöst  wird 
und  ein  eingemengtes  grünes  Harz  gröfstentheils  zurückbleibt.  Die  saure 
Flüssigkeit  sättigt  man  nach  und  nach  mit  Alkali.  Zuerst  wird  noch  etwas 
einer  gefärbten  Materie  gefällt,  die  man  trennt;  bei  weiterem  Zusatz  fällt 
das  Corydalin  farblos  nieder,  nimmt  aber  beim  Abwaschen  eine  graue 
Farbe  an.  Nach  Winkler  erhält  man  das  Corydalin  am  besten  durch  Zer- 


ifB2 


Organische  Basen. 


stofsen  der  frischen  Wurzel  und  Auspressen  des  Saftes.  Dieser  wird  in 
der  Wärme  coagulirt,  mit  Bleizuckerlösung , so  lange  dadurch  ein  Nieder- 
schlag entsteht , versetzt  und  filtrirt.  Durch  Schwefelsäure  schlägt  man 
das  Blei  aus.  der  Flüssigkeit  nieder  und  fällt  nachher  durch  Ammoniak  das 
Corydalin.  Es  wird  getrocknet  in  13  — 16  Th.  Alkohol  von  80  p.  c.  ge- 
löst, mit  Blutkohle  digerirt,  heifs  filtrirt  und  zur  Kristallisation  in  gelinder 
Wärme  verdunstet.  Durch  Zusatz  von  viel  Wasser  kanu  es  pulverförmig 
gefällt  werden. 

Im  trocknen  Zustande  bildet  es  leichte,  nicht  zusammenhängende, 
graulich weifse  Massen,  welche  stark  abfärben.  Es  ist  geruch-  und  ge- 
schmacklos, sehr  löslich  in  Alkohol,  besonders  wasserfreiem,  mit  grün- 
licher Farbe.  Aus  der  heifs  gesättigten  Lösung  kristallisirt  es  in  Prismen, 
keim  freiwilligen  Verdunsten  setzt  es  sich  schuppig  ab.  Die  Lösung  bläut 
geröthetes  Lackmus.  Im  Sonnenlicht  wird  es  duDkler  und  grünlich.  Schon 
unter  100°  schmilzt  es  zu  einer  kristallinisch  erstarrenden  Masse.  Auch 
in  Aether  ist  es  löslich,  aber  in  kaltem  Wasser  nur  .«sehr  wenig,  etwas 
mehr  in  heifsem.  Auch  in  alkalischen  Flüssigkeiten  ist  es  etwas  löslicher 
als  in  Wasser,  wefshalb  man  bei  der  Fällung  aus  seinen  Salzlösungen  einen 
zu  grofsen  Ueberschufs  vermeiden  mufs. 

Salpetersäure  zersetzt  das  Corydalin  und  färbt  sich  damit  intensivroth, 
selbst  in  sehr  verdiinuten  Lösungen  wird  es  dadurch  noch  angezeigt.  Auch 
durch  Galläpfelinfusion  wird  es  gefällt.  Seine  Verbindung  mit  Salzsäure 
kristallisirt  nicht,  bildet  aber  mit  Quecksilberchlorid  ein  unlösliches  Dop- 
pelsalz {Winkler').  Mit  Essigsäure  giebt  es  ein  kristallinisches,  sehr  leicht 
in  Wasser  lösliches  Salz.  Verdünnte  Schwefelsäure  mit  überschüssigem 
Corydalin  digerirt,  bildet  damit  eia  kristallinisches  Salz.  Die  an  Schwe- 
felsäure reichere  Verbindung,  beiin  Verdunsten  der  Flüssigkeit  erhalten, 
bildet  eine  gummiartige,  an  der  Luft  ua veränderliche,  sehr  leicht  lösliche 
Masse* 

Carapin. 

Nach  Boullay,  Petroz  uud  Robinet  in  der  Rinde  und  dem  Oele  von 
Carapus  guianensis  enthalten.  Es  ist  schön  weite,  perlfarben,  schmeckt 
»ehr  bitter,  schmilzt  unter  Verbreitung  eines  widerlichen  Geruches,  ist 
leicht  in  Wasser  uud  Weingeist  löslich,  unlöslich  in  Aether,  reagirt  alka- 
lisch, wird  durch  Gerbsäure  gefällt.  Das  salzsaure  und  essigsaure  Salz 
kristallisirt  und  ist  löslich  in  Wasser. 

Cuspcirin « — Von  Saladin  in  der  ächten  Angusturarinde  (von  Ronplandia 
trifoliata  oder  Cusparia  febrifuga ) dargestellt.  — Durcli  Ausziehen  der  Rinde 
mit  kaltem  wasserfreiem  Alkohol  und  freiwilliges  Verdunsten  bei  einer  Tem- 
peratur von  — 9°.  Die  erhalteuen,  mit  einer  extractähnlichen  Masse  ge- 
mengten Kristalle  werden  geprefst,  mit  Wasser  und  Aether  gewaschen, 
in  Alkohol  von  0,833  spec.  Gew.  aufgelöst,  die  Auflösung  mit  Bleioxid- 
liydRat  geschüttelt,  filtrirt  und  iu  niedriger  Temperatur  verdampft.  — Bildet 
unregelmäfsige  Tetraeder,  schmilzt  iu  gelinder  Wärme,  indem  es  33,09 
p.  c.  an  seinem  Gewicht  verliert.  Wasser  löst  davon  bei  15°  0,54  p.  c. , 
bei  60°  0,71  p.  c.,  bei  100°  1,1  p.  c. ; Alkohol  von  0,853  löst  bei  13° 
37  p.  c.  auf;  es  ist  uulöslich  in  Aether  und  ätherischen  Oelen.  Durch  Chlor 
wird  es  unter  Zersetzung  gelb,  durch  Iod  uud  Brom  brauu,  durch  rau- 
chende Salpetersäure  grünlich  und  durch  Schwefelsäure  braunroth ; durch 
Alkalien  wird  es  nicht  verändert.  Die  wässerige  Lösung  wird  durch  Eisen-, 
Blei-  und  Zinnsalze  nicht  gefällt;  Gallustihktur  bringt  in  der  wässerigen 
und  alkoholischen  Auflösung  einen  käsigen  Niederschlag  hervor. 

Daphnin. 

Von  Vauquelin  in  dem  Seidelbast  und  andern  Daplmearten  aufgefun- 
den. Wird  erhalten  durch  Digerircn  der  zerschnittenen  Rinde  mit  Wasser, 


Daphnin,  Cap  sic  in. 


Vermischen  mit  Magnesia  und  Destillation.  Das  Destillat  besitzt  einen 
scharfen  reizenden  Geruch  und  Geschmack,  soll  alkalisch  rcagiren,  durch 
Säuren  gesättigt  werden,  und  mit  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  Salze 
geben,  welche  in  glänzenden  weifsen  Nadeln  kristallisiren , essigsaures 
Blei  weifs,  sammetartig  glänzend,  Kupfersalze  grün,  Silbersalze  weifs, 
bald  roth  werdend  fällen.  Vauquelin  selbst  läfst  es  dahingestellt  seyu  , 
ob  das  Daphnin  nicht  nur  eiue  Verbindung  von  Ammoniak  mit  einem  flüch- 
tigen PflanzenstofF  sey.  Bär  und  Gmelin  konnten  es  nicht  erhalten. 

Fumarin,  nach  Peschier  in  Fumaria  officinalis  enthalten,  wird  auf 
dieselbe  Art  wie  dieses  dargestellt  und  läfst  sich  davon  durch  seine  Lös- 
lichkeit in  Wasser  und  Weingeist  unterscheiden.  Es  schmeckt  bitter,  ist 
unlöslich  in  Aether  und  fällt  Leimlösung. 

Bebeerin.  Von  Rodie  in  der  Rinde  eines  von  den  Einwohnern  des 
brittischen  Guyana’s  Bebeeru  genannten  Baumes,  die  gegen  Fieber  ange- 
wandt wird,  aufgefunden.  Es  soll  dem  Chinin  sehr  nahe  stehen,  jedoch  in 
seinen  Salzen  davon  verschieden  seyn.  Ist  vielleicht  nur  unreines  Chinin. 

Sanguinarin. 

Von  Dana  in  der  Wurzel  von  Sanguinaria  canadensis  aufgefunden. 
Man  zieht  die  Wrurzel  mit  wasserfreiem  Alkohol  aus,  mischt  die  Lösung 
mit  wässerigem  Ammoniak,  wodurch  ein  rother  Niederschlag  entsteht,  der 
gewaschen,  mit  Wasser  und  Thierkohle  gekocht  und  nach  dem  Abgiefsen 
des  Wassers  in  Alkohol  gelöst  wird.  Beim  Verdunsten  bleibt  das  Sangui- 
narin als  perlgraue  oder  weifse  Masse  zurück.  Es  wird  an  der  Luft  gelb, 
bräunt  Curcuma,  ist  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol  und  Aether 
und  bildet  mit  den  Säuren  rothe  Salze. 

Azadirin. 

Nach  Piddinyton  soll  in  Melea  A%adirachta  eine  alkalisch  reagirende 
Substanz  enthalten  seyn,  welche  ein  Salz  mit  Schwefelsäure  bildet,  was 
als  Surrogat  des  Chinins  vorgeschlagen  wird. 

Capsiein. 

Nach  Braconnot  in  der  Samenhülse  des  spanischen  Pfeifers  ( Capsi- 
cum annuum)  enthalten.  Man  zieht  die  Samenhülse  mit  Alkohol  aus.  Beim 
Abdampfen  scheidet  sich  stark  gefärbtes  Wachs  ab,  welches  man  trennt, 
dann  die  Flüssigkeit  zur  Extractconsistenz  verdampft  und  mit  Aether  aus- 
zielit,  worin  sich  nur  das  Capsiein  löst.  Beim  Verdampfen  bleibt  es  als 
eine  weiche,  harzartige,  gelb-  oder  rothbraune,  anfangs  balsamisch,  dann 
unerträglich,  sehr  anhaltend  brennend  schmeckende  Substanz  zurück,  die 
beim  Erwärmen  einen  selbst  bei  grofser  Vertheilung  zum  Husten  und  Nie- 
sen reizenden  Rauch  giebt.  Der  Luft  ausgesetzt  erhärtet  es  allmählig. 
Durch  Chlor  wird  es  gebleicht.  In  Wasser  ist  es  etwas  löslich,  leicht- 
löslich mit  rothbrauner  Farbe  in  Alkohol,  Aether,  Terpentinöl  und  Kali- 
lauge. Mit  Baryt  bildet  es  eine  unlösliche  Verbindung.  In  Essig  ist  es 
etwas  löslich.  — Witting  scheint  es  reiner  dargestellt  zu  haben  und  giebt 
seine  Eigenschaften  au  wie  folgt:  Es  ist  pulverig,  kristallisirbar , luftbe- 
ständig, nicht  löslich  in  kaltem  Wasser  und  Aether,  wenig  löslich  in 
heifsem  Wasser  und  Alkohol.  Es  bildet  mit  Essigsäure,  Salpetersäure  und 
Schwefelsäure  kristallisirbare , in  Wasser,  aber  nicht  in  Alkohol  lösliche 
Salze,  aus  denen  es  durch  Alkalien  fällbar  ist. 

Crotonin.  Findet  sich  nach  Brandes  in  den  Samen  von  Croton  tiglium. 
Man  zieht  diese  mit  Alkohol  aus,  dcstillirt  den  grÖfsten  Theil  desselben 
von  dem  Auszug  ab,  setzt  mehr  Wasser  zu  und  digerirt  mit  Magnesia. 
Den  Niederschlag  zieht  man  mit  heifsem  Alkohol  aus,  aus  dem  sich  beim 


1234 


Organische  Basen. 


Erkalten  das  Crofcotiin  absetzt.  Auch  durch  Kochen  von  Crotonöl  mit 
Magnesia  und  Wasser  kann  es  erhalten  werden.  Es  bildet  eine  zusam- 
menhängende , aus  kleinen  Kristallen  bestehende  Masse.  Es  schmilzt  in 
der  Wärme , ist  nicht  flüchtig,  fast  unlöslich  in  Wasser.  In  kochendem 
Alkohol  ist  es  löslich  und  diese  Lösung  reagirt  stark  alkalisch , beim  Er- 
kalten scheidet  sich  das  meiste  wieder  ab.  Mit  Schwefelsäure  und  Phos- 
phorsäure bildet  es  kristallisirbare  Salze. 

Buxin.  Von  Faure  entdeckt  in  dem  Buchsbaum  ( Buxus  sempervirens). 
Man  erhält  es  durch  Ausziehen  der  Rinde  mit  Alkohol , Abdestilliren  des- 
selben, Lösen  des  Rückstandes  in  Wasser,  Fällung  durch  Kochen  mit 
Magnesia  und  Ausziehen  des  Niederschlags  mit  Alkohol,  der  beim  Ver- 
dampfen das  Buxin  als  eine  dunkelbraune  durchsichtige  Masse  hinterläfst. 
Selbst  durch  Behandeln  mit  Thierkohle  läfst  es  sich  nur  schwer  weifs  er- 
halten. Es  ist  bitter,  erregt  Niesen.  Es  ist  unlöslich  iii  Wasser,  löslich 
in  Alkohol  und  auch  etwas  löslich  in  Aether.  Es  bläut  geröthetes  Lack- 
mus, bildet  mit  den  Säuren  neutrale  Salze,  von  denen  das  schwefelsaure 
kristallinisch  ist  und  die  mit  den  Alkalien  weifse  gelatinöse  Niederschläge 
geben.  Die  Rinde  liefert  etwa  ein  Procent  Buxin;  auch  in  allen  übrigen 
Theilen  der  Pflanze  ist  es  enthalten. 

Apirin.  Von  Bizio  entdeckt.  Es  findet  sich  in  den  Kernen  von  Cocos 
lapidea.  Wird  erhalten  durch  Ausziehen  der  Kerne  mit  Salzsäure,  Fällen 
der  Lösung  mit  Ammoniak,  Auswaschen  und  Trocknen  des  Niederschlags. 
Es  ist  weifs,  geruchlos,  schmeckt  hintennach  etwas  stechend,  ist  schwe- 
rer als  Wasser  und  ist  in  600  Th.  desselben  löslich,  beim  Erhitzen  trübt 
sich  die  Lösung,  welche  deutlich  alkalisch  reagirt.  Es  ist  nicht  flüchtig. 
In  Säuren  ist  es  leicht  lösiich;  aus  den  gesättigten  Lösungen  scheidet  sich 
durch  Erwärmen  das  Salz  aus,  das  weinsaure  in  kleinen  tetraedrischen 
Kristallen,  das  essigsaure  wird  beim  Waschen  mit  kochendem  Wasser 
kristallinisch.  Es  wird  von  basisch  essigsaurem  Bleioxid  und  durch  salpe- 
tersaures Quecksilberoxidul  gefällt. 

Cynapin  (?).  Nach  Ficimis  in  Aethusa  Cynapium  enthalten.  Es  ist 
in  Wasser  und  Alkohol,  aber  nicht  in  Aether  löslich,  reagirt  alkalisch, 
kristallisirt  in  rhombischen  Prismen  und  giebt  mit  Schwefelsäure  ein  kri* 
stallisirbares  Salz. 

Castin. 

Es  ist  in  den  Samen  von  Vitex  aynus  Castus  nach  Länderer  enthalten. 
Weingeist  liefert  eine  trübe  grünlichgelbe  Tinktur,  aus  der  beim  gelinden 
Abdampfen  sich  sauerreagireude  Oeltropfen  abscheiden.  Bei  weiterem  Ver- 
dunsten erhält  man  eine  bitterschmeckende  Kristallmasse,  die  nur  wenig 
löslich  in  Wasser  ist,  theilweise  aber  von  Essigsäure  gelöst  wird.  Kali 
und  Ammouiak  schlagen  es  daraus  weifs  nieder,  der  Niederschlag  ist  lös- 
lich in  Weingeist  und  daraus  kristallisirbar.  Es  kann  auch  erhalten  werden 
durch  Ausziehen  der  Samen  mit  verdünnter  Salzsäure,  Fällen  der  Lösung 
mit  Ammoniak  oder  Magnesia,  Lösen  in  Weingeist  und  Kristallisation  durch 
freiwillige  Verdunstung.  Das  so  erhaltene  ist  jedoch  schwerer  zu  reinigen. 
In  der  Hitze  bräunt  es  sich  und  ist  unter  Entwickelung  schwach  reizender 
Dämpfe  flüchtig.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  aber  löslich  io  Weingeist, 
Aether  und  Säuren  mit  grünlicher,  später  gelb  werdender  Farbe,  aus  der 
Lösung  der  letzteren  wird  es  durch  Alkalien  gefällt;  das  salzsaure  Salz 
kristallisirt;  in  Aetzkali  ist  es  unlöslich,  doch  scheint  dadurch  Ammoniak 
entwickelt  zu  werdön. 

Cicntin.  Durch  Auspressen  der  zerriebenen  Wurzeln  von  Cicuta  vi- 
rosa,  Maceriren  des  Rückstandes  mit  sehr  verdünnter  Schwefelsäure , Co- 
Jiren  und  Destillation  der  erhaltenen,  etwas  eingedampften  Flüssigkeiten 
mit  Kalihydrafc,  bis  die  übergehende  Flüssigkeit  nicht  mehr  alkalisch  ist. 


Chaerophyllin,  Euphorbiin. 


1235 


erhält  man  eine  Auflösung  von  Cicutin,  welche  den  Geruch  der  Pflanze  in 
hohem  Grade  besitzt  (j Polex^);  eine  ähnliche  Flüssigkeit  erhielt  Wittstein 
bei  der  Destillation  des  frischen , aufgekochten  Pflanzensaftes  mit  Kalilauge. 
— E.  Simon  erhielt  durch  Destillation  von  100  Pfund  Wurzeln  des  Was- 
serschierlings 6 Unzen  eines  ätherischen  Oeles,  welches  keine  giftige  Ei- 
genschaften besals.  Dagegen  wirkte  das  weingeistige  Extract  der  getrock- 
neten Wurzel  als  ein  sehr  heftiges  Gift. 

Chaerophyllin.  Destillirt  man  die  Samen  von  Cliaerophyllum  bulbosum 
mit  Wasser  und  Kalilauge  , behandelt  das  mit  Schwefelsäure  gesättigte  und 
verdampfte  Destillat  mit  einem  Gemisch  von  Alkohol  und  Aether,  so  bleibt 
nach  dem  Verdunsten  dieser  Auflösung  ein  Salz  zurück,  welches  mit  Kali- 
hydrat einen  starken  Geruch  nach  der  Pflanze  entwickelt  und  beim  Schmel- 
zen verkohlt.  ( Polstorf .) 

Limonin.  Durch  kalte  Behandlung  der  gereinigten,  nicht  geschälten, 
mit  wenig  Wasser  zu  einem  Teig  zerstofseneu  Citronenkerne  mit  Alkohol, 
Verdampfen  und  heifses  Filtriren  erhielt  J Hernays  ein  weifses  kristallini- 
sches Pulver,  von  starkem,  rein  bitterem  Geschmack,  unlöslich  in  Wasser 
und  Aether,  leichtlöslich  in  Alkohol  und  verdünnten  Säuren.  Entwickelt 
bei  der  Zersetzung  mit  Alkalien  Ammoniak.  Die  weingeistige  Auflösung 
wird  durch  Kohlenstickstoffsäure  gelb  gefällt.  — Löst  sich  in  concentrirter 
Schwefelsäure  mit  gelber  Farbe,  in  Salpetersäure  unter  Zersetzung  auf. 
Verdampft  man  die  salzsaure  Auflösung  zur  Trockne,  so  enthält  der  Rück- 
stand keine  Säure  mehr.  ( Büchner .) 

Esenbeckin . Von  Büchner  in  Esenbeckia  febrifuga  aufgefunden.  Die 
Rinde  wird  mit  angesäuertem  Wasser  ausgekocht,  mit  Magnesia  gefällt, 
der  Niederschlag  mit  kochendem  Alkohol  extrahirt;  die  Lösung  hinterläfst 
das  Esenbeckin  als  eine  schillernde  Masse , welche  bitter  schmeckt , sich 
in  wenig  Wasser  und  Alkohol,  aber  nicht  in  Aether  löst,  mit  Essigsäure 
lind  Schwefelsäure  leichtlösliche,  durch  oxalsaures  Kali  und  Galläpfelinfu- 
siou  fällbare,  sehr  bittere  Salze  liefert  und  bei  der  trocknen  Destillation 
viel  Ammoniak  giebt.  Nach  N.  v.  Esenbeck  ist  die  an  Essigsäure  gebun- 
dene Substanz  schwach  sauer,  schmeckt  bitter,  ekelerregend,  ist  in  Was- 
ser und  Alkohol,  nicht  in  Aether  löslich,  wird  stark  durch  Gallustinktur, 
schwach  flockig  durch  Ammoniak  gefällt,  durch  Chlorgold  und  Chloreisen 
getrübt,  durch  kohlensaures  Kali,  lodtinktur,  Chlorbarium,  Bleizucker 
und  Bleiessig  nicht  gefällt. 

Digitalin.  Von  Lancelot  aus  der  Digitalis  dargestellt.  Das  wässerige 
Extract  wird  mit  absolutem  Alkohol  behandelt,  von  dem  klaren  Auszug 
der  Alkohol  abdestillirt , der  Rückstand  in  Wasser  gelöst  und  mit  sehr 
verdünnter  Salzsäure  so  lange  versetzt,  als  ein  gelber  Niederschlag  ent- 
steht; diesen  löst  man  in  Alkohol,  entfärbt  durch  Blutkohle  und  läfst  frei- 
willig verdunsten,  wobei  sich  das  Digitalin  als  glänzend  kristallinische, 
körnige  Masse  absetzt.  Es  ist  luftbeständig,  schmeckt  scharf,  reagirt  al- 
kalisch, wird  von  Säuren  gelöst,  durch  Wasser  aber  wieder  gefällt.  Von 
concentrirter  Schwefelsäure  wird  es  erst  roseuroth,  dann  olivengrün.  Diese 
Angaben  bedürfen  jedoch  der  Bestätigung.  Trommsäorß  d.  A.  und  Andere 
fanden  kein  Alkaloid  in  der  Digitalis. 

Eupatorin.  Von  Righini  in  Eupatorium  cannabinum  aufgefunden.  Es 
wird  mit  durch  Schwefelsäure  ungesäuertem  Wasser  extrahirt,  durch  Kalk- 
hydrat gefällt;  den  Niederschlag  setzt  mau  der  Luft  aus,  wodurch  die 
Kalkerde  kohlensauer  wird,  und  digerirt  ihn  alsdann  mehrere  Tage  mit 
Alkohol,  fütrirt  und  beim  Verdunsten  bleibt  weifses,  bitterschmeckendes 
Eupatorin  zurück.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  aber  löslich  in  Alkohol  und 
Aether.  In  der  Hitze  bläht  es  sich  auf  und  zersetzt  sich.  Mit  Schwefel- 
säure bildet  es  ein  in  Nadeln  kristallisirendes  Salz. 

Euphorbiin.  In  dem  Euphorbiumharze  nach  Büchner  und  Herberger 
enthalten.  Das  mit  Wasser  erschöpfte  Harz  wird  in  Alkohol  gelöst,  durch 


1236 


Organische  Basen. 


Bleizuckerlösung  gefällt.  Das  Euphorbiin  bleibt  in  der  Lösung.  Ks  ist 
farblos,  spröde,  glasartig,  bitter  und  scharf  schmeckend,  geruchlos,  un- 
löslich in  Wasser  und  Aether,  löslich  in  Alkohol  und  verdünnten  Säuren, 
mit  denen  es  zu  glasartigen  Verbindungen  eintrocknet.  In  Alkalien  ist  es 
unlöslich  und  wird  durch  concentrirte  Schwefel-  und  Salpetersäure  zerstört. 

Convolmdin.  Von  Clamor  Marquart  in  der  Wurzel  von  Convolvolus 
Scammonia  aufgefunden.  Die  frischen  zerschnittenen  Wurzeln  werden  mit 
Weingeist  erschöpft,  der  Weingeist  von  den  Tinkturen  abdestillirt,  der 
Rückstand  in  Wasser  gelöst,  mit  Gallustinktur  gefällt,  der  Niederschlag 
mit  Kalkhydrat  gemischt,  mit  Alkohol  extrahirt  und  die  Lösung  verdampft. 
Der  Rückstand  wurde  in  Wasser  gelöst,  e«r  reagirte  schwach  alkalisch, 
und  mit  verdünnter  Schwefelsäure  neutralisirt;  beim  Verdampfen  erhielt 
man  strahlig  vereinte  Nadeln,  die  ohne  Rückstand  verbrannten,  und  deren 
Lösung  durch  Gallustinktur,  aber  nicht  durch  oxalsaures  Ammoniak  ge- 
fällt wurde. 

Pereirin.  Von  Goos  in  der  Pereirarinde  aufgefunden.  Die  Binde 
wird  mit  ungesäuertem  Wasser  kalt  digerirt,  mit  Ammoniak  gefällt,  der 
Niederschlag  mit  Alkohol  extrahirt,  der  Alkohol  abdestillirt,  der  Rück- 
stand zur  Trockne  verdampft,  zerrieben,  in  verdünnter  Salzsäure  gelöst, 
durch  Ammoniak  gefällt,  der  Niederschlag  getrocknet  und  in  Aether  ge- 
löst. Beim  Verdampfen  bleibt  das  Pereirin  als  gelbröthliche  Masse  zurück. 
Es  schmeckt  im  rein-en  Zustande  nur  wenig  bitter,  in  Wasser  ist  es  nur 
sehr  wenig,  dagegen  in  Alkohol  und  Aether  sehr  leicht  löslich.  Von  con- 
centrirter  Schwefelsäure  wird  es  mit  violetter  Farbe  gelöst.  Bei  Verdün- 
nung wird  diese  Farbe  erst  olivengrün,  dann  grasgrün.  Salpetersäure  löst 
es  mit  blutrother  Farbe,  welche  beim  Verdünnen  verschwindet.  Beim 
Schmelzen  wird  es  zuerst  blutroth,  bläht  sieh  dann  stark  auf  und  hintcr- 
läfst  eine  schwammige  Kohle.  Es  neutralisirt  die  Säuren  vollkommen  und 
bildet  damit  meist  in  Wasser  und  Alkohol  lösliche  Salze,  von  denen  keines 
hristaüisirt  erhalten  wurde.  Sie  trocknen  sämmtlich  zu  firnifsartigen , in 
Wasser  löslichen  Massen  ein.  Sie  werden  durch  oxalsaures  Kali  und  durch 
Gallussäure  gefällt. 

Pelosin  QCissampelirf). 

Von  Wiggers  in  der  amerikanischen  Grieswurzel  [Radix  pareirae 
bravae , von  Cissampelos  Pareira?)  aufgefunden.  Die  zerstofsene  Wurzel 
wird  mehrmals  mit  schwefelsäurehaltendem  Wasser  ausgekocht,  die  Aus- 
züge filtrirt  und  mit  kohlensaurem  Natron,  wobei  ein  grofser  Ueberschufs 
za  vermeiden,  gefällt.  Der  Niederschlag  wird  getrocknet  in  verdünnter 
Schwefelsäure  gelöst,  mit  Thierkohle  behandelt,  durch  kohlensaures  Na- 
tron gefällt,  ausgewaschen,  getrocknet  und  mit  Aether  ausgezogen,  der 
das  Pelosin  löst.  Die  Wurzel  enthält  bis  yis  ihres  Gewichtes.  Wenn  da3 
Pelosin  rein  ist,  so  ist  die  Lösung  farblos,  sie  zersetzt  sich  leicht  etwas 
an  der  Luft  und  wird  gefärbt.  Beim  Verdunsten  bleibt  es  als  eine  gelb- 
liche, durchsichtige,  spröde  Masse,  welche  wasserfreies  Pelosin  ist , zurück. 
Das  Hydrat  erhält  man  durch  Mischen  der  ätherischen  Lösung  mit  Wasser 
und  Abdestilliren  des  Aethers,  auch  durch  längere  Berührung  beider  Flüs- 
sigkeiten, wo  es  sich  zwischen  beiden  als  weifses  Pulver  abscheidet. 
Auch  durch  Fällung  der  alkoholischen  Pelosinlösung  durch  Wasser.  Es 
verliert  bei  100°  diefs  Wasser  und  ist  dann  leicht  löslich  in  Alkohol  und 
Aether.  Mit  Wasser  übergossen,  in  dem  es  unlöslich  ist,  wird  es  zu 
Hydrat.  Es  ist  unkrisfallisirbar,  geruchlos,  schmeckt  süfslich  bitter,  be- 
sonders seine  Salze,  schmilzt  beim  Erhitzen,  bläht  sich  stark  auf,  brennt 
mit  rufsender  Flamme  und  hinterläfst  schwer  verbrennliche  Kohle.  Es  bläut 
goröthetes  Lackmus,  neutralisirt  die  Säuren  vollständig  und  bildet  damit 
sehr  lösliche,  nicht  kristallisirende  Salze,  wovon  nur  das  kristallinische 
salzsaure  Salz  eine  Ausnahme  macht.  Sie  werden  durch  Alkalien,  Gerb- 
säure, Gold-  und  Platinchlorid  , auch  durch  Zinnchlorür  gefällt.  — Durch 


Oxyacanthin,  Jamaicin. 


1237 


Salpetersäure,  die  nicht  sehr  verdünnt  ist ^ wird  es  in  ein  braunes  Harz 
verwandelt.  Durch  Luft  und  Wärme  wird  es,  besonders  in  seinen  Lö- 
sungen, so  leicht  zersetzt,  dafs  es  nur  schwierig  und  mit  Verlust  farblos 
erhalten  wird. 

Oxyacanthin.  Von  Polex  entdeckt.  Man  erhält  es  durch  Ausziehen 
der  Rinde  von  Berberis  vulgaris  mit  Alkohol,  Vermischen  der  Lösung  mit 
dem  dritten  Theil  Wasser  und  Abdestilliren  des  Alkohols.  Es  scheidet  sich 
Harz  ab,  welches  man  wegnimmt  und  die  Flüssigkeit  verdampft,  bis  sie 
beim  Erkalten  Kristalle  von  Berberin  absetzt.  Aus  dem  Filtrat  wird  durch 
kohlensaures  Natron  das  Oxyacanthin  gefällt.  Dieses  löst  man  in  Schwe- 
felsäure, entfärbt  es  durch  Blutkohle  und  schlägt  es  nochmals  durch  koh- 
lensaures Natron  nieder,  wodurch  es  als  weifses,  am  Sonnenlichte  gelb 
werdendes  Pulver  erhalten  wird.  Es  ist  sehr  bitter,  schmilzt  und  zersetzt 
sich  in  der  Hitze,  indem  es  ammoniakalische  Produkte  liefert.  In  Wasser 
ist  es  fast  unlöslich,  aber  selbst  in  verdünntem  Spiritus  leicht  löslich, 
ebenso  in  Aether  und  Oelen.  Seine  Lösungen  reagiren  alkalisch.  Mit 
Schwefelsäure,  Salzsäure  und  Salpetersäure  bildet  es  kristallisirbare  Salze, 
welche  bitter  schmecken  und  durch  Eichengerbsäure  gefällt  w erden. 


Surinamin. 

Von  Dr.  Hüttenschmidt  in  der  Rinde  von  Geoffraea  surinamensis  (?) 
1824  entdeckt.  — Wird  aus  dem  geistigen  Auszug  der  Rinde  durch  Be- 
handeln desselben  mit  Wasser,  Fällen  der  färbenden  Theile  mit  Bleiessig, 
Behandeln  des  Filtrats  mit  Hydrotliionsäure,  Niederschlagen  des  Surinamins 
aus  dieser  Flüssigkeit  mit  Schwefelsäure,  Zerlegen  des  Schwefelsäuren 
Surinamins  durch  kohlensauren  Baryt  und  Wasser,  und  Verdunsten  des 
Filtrats  erhalten.  — Es  kristallisirt  aus  seiner  wässerigen  Lösung  in  glän- 
zendweifsen,  lockern  baumwrollenartigen  Nadeln;  ist  geschmacklos  und 
geruchlos;  luftbeständig;  in  der  Hitze  wird  es  zerstört  und  liefert  ammo- 
niakhaltende Dämpfe.  Es  ist  etwas  schwerlöslich  in  kaltem,  leichtlöslich 
in  heifsem  Wasser,  in  Weingeist  schwieriger  löslich;  die  Lösungen  rea- 
giren weder  sauer  noch  alkalisch;  weder  Gallustinktur  noch  Sublimat  fällt 
die  wässerige  Lösung,  aber  salpetrige  Säure  färbt  sie  blau , Chlor,  Hy- 
drothionsäure,  Zinnchlorür,  Kali  und  Magnesia  zerstören  die  Farbe  nach 
und  nach.  Beim  Verdampfen  wird  die  blaue  Flüssigkeit  bald  blutroth.  — 
Mit  Säuren  bildet  das  Surinamin  kristallisirbare,  sauer  reagirende,  wreifse, 
bitterlich  oder  rein  salzig  schmeckende  Verbindungen,  die  leicht  in  Was- 
ser löslich  sind. 


Jamaicin. 

Von  demselben  Chemiker  in  der  Rinde  von  Geoffraea  inermis  (?)  gleich- 
zeitig entdeckt.  — Wird  wie  Surinamin  erhalten.  — Es  kristallisirt  aus 
seiner  Lösung  in  bräunlichgelben  und  durchsichtigen  quadratischen  Tafeln 
von  bitterm  Geschmack,  geruchlos,  luftbeständig.  In  der  Wärme  sind  die  Kri- 
stalle leicht  schmelzbar,  bei  starker  Hitze  werden  sie  auch  zerstört,  ent- 
wickeln ammoniakalische  Dämpfe  und  verbrennen  bei  Luftzutritt,  ohne 
einen  Rückstand  zu  lassen.  Chlor  färbt  sie  roth.  In  Wasser  ist  das  Ja- 
maicin leicht  löslich,  etwas  weniger  leicht  in  Weingeist;  die  Lösungen 
reagiren  auch  weder  sauer  noch  alkalisch.  Sublimat  und  Gallustinktur 
bilden  gelbe  Niederschläge.  — Mit  Säuren  bildet  es  auch  kristallisirbare, 
gelbe,  bitterschmeckende  Salze,  die  sauer  reagiren,  aber  die  Säure,  wenn 
sie  flüchtig  ist,  (eben  so  wenig  wie  die  Suraminsalze)  in  der  Hitze  nicht 
fahren  lassen.  (Vergl.  Dissertatio  inauguralis  chemica  sistens  analysiu 
chemicam  corticis  Geoffroyae  jamaicensis  nec  non  surinamensis  ect.  auctore 
G.  F.  Hüttenschmidt , Heidelbergae  1824,  und  Magaz.  für  Pharmac.  Bd.  7. 
S.  251.) 


1211 8 


Organische  Basen. 


Berberin.  — Färbender  Bestandteil  der  Wurzel  des  Sauerdorns  (Ber- 
beris  vulgaris).  Zusammensetzung  s.  S.  1164.  — Von  Büchner,  Vater  und 
Sohn,  zuerst  rein  dargestellt  und  untersucht.  — Man  iibergiefst  die  zerschnittene 
Wurzelrinde  mit  kochendem  Wasser,  läfst  es  damit  einige  Stunden  dige- 
riren,  giefst  ab  und  wiederholt  diese  Infusion  noch  ein-  bis  zweimal.  Der 
Rückstand  wird  ausgeprefst,  die  etwas  erwärmten  Auszüge  durchgeseiht 
und  zur  Consistenz  eines  dünnen  Extractes  abgedampft,  letzteres  wi.-d 
alsdann  wiederholt  mit  Alkohol  von  82  p.  c.  warm  behandelt,  die  braun- 
gefärbten Tinkturen  von  dem  ungelösten  Extracte  abgegossen , der  gröfste 
Theil  des  Weingeistes  abdestillirt  und  der  Rückstand  der  freiwilligen  Ver- 
dunstung überlassen.  Die  nach  24  Stunden  daraus  angeschossenen  Kri- 
stalle werden  durch  Pressen  und  Abwaschen  mit  kaltem  Wasser  von  an- 
hängendem  Extracte  befreit  und  in  kochendem  Wasser  gelöst,  wo  beim 
Erkalten  Berberin  niederfälit,  weiches  durch  Ümkristallisiren  aus  Alkohol 
gereinigt  wird.  Die  Wurzelriude  enthält  ungefähr  1,3  p.  c.  dieses  Stoffs. 
— Das  ßerberiu  bildet  ein  sehr  lockeres,  aus  feinen,  seidenartig  glänzen- 
den Nadeln  bestehendes,  lebhaft  hellgelbes  Pulver.  Beim  Erkalten  einer 
kocliendheifs  gesättigten  wässerigen  oder  alkoholischen  Auflösung  schiefst 
es  in  strahlenförmig  zusammengesetzten  Prismen  an.  Es  schmeckt  stark 
und  anhaltend  rein  bitter,  ist  geruchlos  und  verhält  sich  indifferent  gegen 
Pflanzenfarben;  es  ist  in  500  Th.  Wasser  von  12°  löslich;  die  verdünnte 
Auflösung  ist  rein  gelb,  die  concentrirtc  gelbbraun.  Alkohol  von  82  p.  c. 
löst  %so  seines  Gewichts;  in  kochendem  Wasser  und  Alkohol  ist  es  in 
jedem  Verhältnifs  löslich;  Lavendelöl,  Terpentinöl  und  fette  Oele  lösen 
etwas  Berberin  auf;  in  Aether,  Schwefelkohlenstoff,  Steinöl  und  Stein- 
kohlentheeröl  ist  es  unlöslich.  Von  concentrirter  Schwefel-  und  Salpeter- 
säure wird  das  Berberin  zersetzt;  aus  seinen  Auflösungen  wird  es  aber 
von  eben  diesen  Säuren,  so  wie  von  Salz-  und  Phosphorsäure  unverän- 
dert gefällt.  Schwächere  Säuren  lösen  das  Berberin  auf  und  lassen  es  beim 
Verdampfen  unverändert  fallen.  Mit  Gerbsäure  bildet  es  eine  in  Wasser 
unlösliche  braungelbe  Verbindung.  Trockenes  Chlor  färbt  es  blutroth,  in 
einer  Berberinauflösung  entsteht  durch  Chlor  ein  brauner,  in  Wasser  un- 
löslicher, theilweise  in  kochendem  Alkohol  und  ganz  in  Aetzkaii  auflös- 
licher Niederschlag,  aus  welcher  Auflösung  er  durch  Säuren  wieder  abge- 
schieden wrird.  Mit  den  Alkalien  und  mehreren  Erden  geht  das  Berberin, 
unter  Verdunkelung  seiner  Farbe,  wirkliche  Verbindungen  ein;  Säuren 
stellen  die  gelbe  Farbe  wieder  her.  Beim  Verdampfen  einer  ammoniakali- 
schen  Auflösung  von  Berberin  erhält  man  braune  Kristalle,  welche  mit  Kali 
Ammoniak  entwickeln.  Kocht  man  Berberin  mit  wässerigem  Aetzkaii , so 
wird  es,  ohne  Ainmoniakentwickelung,  in  eine  braune  harzäbnliche  Masse 
verwandelt.  Bleioxid-,  Zinkoxid-  und  Eisenoxidul -Salze  werden  durch 
Berberin  nicht  gefällt;  die  Silberveibindung  enthält  25,98  p.  c.  Silberoxid. 
Brom-,  Iod-  und  Schwefelcyan-Kalium  wird  durch  eine  wässerige  Auflösung 
von  Berberin  hellgelb,  Cyankalium  rothgelb,  Blutlaugensalz  gelbgrün, 
Schwefel kalium  gelbbraun  gefällt.  — Das  Berberin  bildet  mit  Säuren  gelbe, 
kristallinische  Verbindungen,  die  man  durch  Auflösen  des  Berberins  in  Al- 
kohol und  Zusatz  von  sehr  verdünnter  Satire  erhält.  (Kemp.)  — Das  Ber- 
beritzengelb von  Brandes  ist  unreines  Berberin.  — Das  ßerberin  wird  zum 
Gelbfärben  benutzt. 

Viper  in. 

Formel  und  Zusammensetzung  s.  S.  1164. 

Von  Oerstedt  1820  entdeckt.  — Es  findet  sich  im  weifsen , scliw-arzen 
und  langen  Pfeffer  (von  Piper  niyrum  und  P.  lonyum). 

§.  2o4r.  Darstellung : Man  extrahirt  gepulverten  weifsen 
Pfeffer  mit  Alkohol  von  0,833  spec.  Gewicht,  destillirt  den 
Weingeist  von  dem  Auszug  ab  und  versetzt  das  zurück- 


Piperin,  Menispermin, 


me 


bleibende  Extract  mit  Kalilauge,  wodurch  Harz  aufgelöst  wird, 
während  unreines  Piperin  ungelöst  bleibt.  Es  wird  mit  Wasser 
gewaschen  und  in  Alkohol  von  derselben  Stärke  aufgelöst 
Beim  freiwilligen  Verdunsten  schiefst  Piperin  an,  welches  man 
durch  wiederholtes  Umkristallisiren  rein  erhält.  ( Poulet. ) — 
Schwarzer  Pfeffer  liefert  weniger  leicht  eia  reines  Piperin. 

§.  255.  Eigenschaften:  Weifse,  durchsichtige,  viersei- 
tige, schief  abgestumpfte  Prismen,  bei  rascher  Kristallisation 
zarte,  lockere,  zusammenhängende  Nadeln;  geschmack-  und 
geruchlos,  luftbeständig,  reagirt  weder  sauer  noch  alkalisch, 
schmilzt  bei  100°,  nicht  flüchtig,  liefert  bei  der  trockenen 
Destillation  ammoniakhaltige  Produkte.  In  kaltem  Wasser  ist 
das  Piperin  unlöslich,  sehr  wenig  löslich  in  kochendem;  leicht- 
löslich in  Alkohol,  namentlich  in  kochendem,  die  Auflösung 
wird  durch  Wasser  gefällt;  löslich  in  100  Th.  Aether  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur,  etwas  löslich  in  fetten  und  flüchtigen 
Oelen;  die  Auflösungen  schmecken  sehr  scharf,  pfetferartig. 
Concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  mit  dunkel  blutrother  Farbe 
auf,  Wasser  schlägt  daraus  Piperin  nieder.  Salpetersäure 
färbt  es  rothgelb,  beim  Erhitzen  bildet  sich  Oxalsäure  und 
Kohlenstickstolfsäure. 

Das  Piperin  ist  eine  schwache  organische  Basis  ohne  alkalische  Re- 
action,  allein  es  verbindet  sich  mit  Säuren , sein  salzsaures  Salz  mit  Pla- 
tinchlorid  zu  constanten  Verbindungen.  In  trocknem  salzsaurem  Gase  nimmt 
feingepulvertes  Piperin  an  Gewicht  zu  und  färbt  sich  gelb,  bei  gelindem 
Erwärmen  ist  die  Gewichtszunahme  stärker;  die  Verbindung  enthält  18,74 
p.  c.  Salzsäure,  sie  schmilzt  und  erstarrt  kristallinisch , sie  wird  durch 
Wasser  zerlegt  unter  Abscheidung  des  Piperins.  In  Weingeist  ist  die  salz- 
saure Verbindung  löslich  ; versetzt  man  sie  mit  Platinchlorid  und  läfst  an 
der  Luft  verdampfen , so  kristallisirt  eine  Doppelverbindung  in  orange- 
gelben kleinen  Wärzchen,  sie  ist  in  Weingeist,  selbst  in  ätherhaltigem, 
leicht  löslich.  (Var rantrapp  und  Will.')  Concentrirte  warme  Salzsäure 
löst  das  Piperin,  ebenso  Essigsäure.  Beim  Verdampfen  entweicht  die  Säure 
vollständig,  ln  alkalischen  Flüssigkeiten  ist  es  nicht  löslich. 

Menispermin.  Von  Pelletier  und  Couerbe  in  den  Schalen  der  Kokkels- 
körner entdeckt.  Man  behandelt  das  alkoholische  Extract  erst  mit  kaltem 
Wasser,  dann  zieht  man  es  mit  warmem  angesäuertem  Wasser  aus,  fällt 
die  braune  Lösung  durch  Alkali  und  zieht  den  Niederschlag  mit  höchst  ver- 
dünnter Essigsäure  aus,  wobei  eine  schwarzbraune  Masse  zurückbleibt. 
Oder  am  besten  zerstöfst  man  die  ganzen  Kokkelskörner,  kocht  sie  mit 
Alkohol  von  0,833  spec.  Gew.  aus,  destillirt  den  Alkohol  von  den  Aus- 
zügen ab,  kocht  das  Extract  mit  Wasser  und  filtrirt  siedendheifs.  Beim 
Erkalten,  vorzüglich  durch  Zusatz  von  einigen  Tropfen  Säure,  kristallisirt 
das  Picrotoxin  (s.  S.  1108)  heraus.  Das  in  reinem  kochendem  Wasser 
Unlösliche  wird  nun  mit  säurehaltendem  ausgezogen,  mit  Alkali  gefällt, 
aus  dem  körnigen  Niederschlag  durch  wrenig  kalten  Alkohol  eine  fremde 
gelbe  Substanz  ausgezogen  und  das  Menispermin  zuletzt  in  Aether  gelöst, 
aus  dem  es  beim  Verdampfen  kristallisirt.  Der  Aether  läfst  eine  schleimige 
Substanz  zurück,  die  man  in  wasserfreiem  Alkohol  löst,  bei  45°  verdun- 
stet und  kristallisirt  erhält;  es  ist  das  Paramenispermin.  — Das  Mecisper- 
min  ist  vreifs,  undurchsichtig,  kristallisirt  in  vierseitigen  Prismen.  Es  ist 
geschmacklos,  soll  nicht  giftig  seyn,  schmilzt  bei  120°,  bei  höherer  Tem- 
peratur wird  es  zersetzt.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol 
und  Aether,  woraus  es  kristallisirt  erhalten  werden  kann;  es  löst  sich  in 


1240 


Organische  Basen. 


verdünnten  Säuren  und  bildet  damit  Salze,  von  denen  das  Schwefelsäure 
ln  Prismen  kristallisirt,  bei  165°  schmilzt,  in  stärkerer  Hitze  wird  es  braun. 
— Zusammensetzung  s.  S.  1164. 

Paramenispermin  hat  dieselbe  Zusammensetzung,  schmilzt  bei  250°, 
verdampft  in  Gestalt  eines  weifsen  Rauches,  der  in  Gestalt  von  Schnee 
sich  sehr  bald  anlegt.  In  Wasser  ist  es  unlöslich , wenig  löslich  in  Aether, 
am  leichtesten  wird  es  von  heifsem  Alkohol  gelöst.  Verdünnte  Säuren  lösen 
es  auf,  ohne  davon  neutralisirt  zu  werden  und  ohne  damit  Salze  zu  liefern. 

Harmalin . — Zusammensetzung  und  Formel  siehe  S.  1164.  — Von 
Gübel  in  dem  Samen  von  Peyamim  Harmala  entdeckt,  worin  es  an  Phos- 
phorsäure gebunden  enthalten  ist.  — Die  gepulverten  Samen  der  in  den 
südrussischen  Steppen  sehr  häufig  wachsenden  Pflanze  werden  mit  essig- 
säurehaltigem Wasser  ausgekocht,  der  Auszug  mit  wässeriger  Kalilösung 
gefällt  und  der  mit  Wasser  gewaschene  Niederschlag  mit  sicdencfem  abso- 
lutem Alkohol  behandelt.  Die  aus  dem  Filtrat  sich  absetzenden  Kristalle 
werden  mit  Essigsäure  gesättigt,  die  Auflösung,  nach  der  Entfärbung  mit- 
telst Pflanzenkohle,  mit  Ammoniak  gefällt  und  der  getrocknete  Nieder- 
schlag nochmals  in  Alkohol  umkristallisirt.  — Das  Harmalin  bildet  durch- 
scheinende, ins  Bräunlichgelbe  spielende  rhombische  Säulen,  mit  ein-  und 
zweigliedrigen  Octaederflächen.  Es  besitzt  einen  schwach  bittern,  hinterher 
etwas  zusammenziehenden  scharfen  Geschmack,  färbt  den  Speichel  citron- 
gelb,  ist  in  Wasser  und  Aether  schwer  löslich,  leichter  in  Alkohol.  Reim 
Erhitzen  schmilzt  es,  stöfst  unangenehm  riechende,  weifse  Dämpfe  aus, 
entzündet  sich  und  hinterläfst  eine  glänzende  Kohle,  die  vollständig  ver- 
brennt. Erhitzt  man  es  in  einer  Glasröhre,  so  erhält  mau,  unter  partieller 
Zersetzung,  ein  weifses,  mehliges  Sublimat.  Das  Harmalin  stumpft  die 
Säuren  ab  und  bildet  damit  gelbgefärbte,  gröfstentheils  leichtlösliche,  zum 
Theil  kristallisirbare  Salze,  aus  welchen  es  durch  ätzende  Alkalien  sich 
unverändert  abscheiden  läfst.  Durch  Oxidation  geht  das  Harmalin  in  einen 
rothen,  von  Gäbet  Harmala  genannten  Farbstoff  über,  welcher  mit  Säuren 
rothe  Salze  bildet,  in  Wasser  unlöslich,  in  Aether  ziemlich  leicht  löslich, 
in  absolutem  Alkohol  aber  in  allen  Verhältnissen  löslich  ist.  — Das  Har- 
malaroth  ist  das  zum  Färben  von  Zeugen  zubereitete  Pulver  der  Samen, 
es  enthält,  statt  des  ursprünglichen  gelben  phosphorsauren  Harmalins, 
rotlies , phosphorsaures  Harmala.  Es  ist  braunroth , ähnlich  der  gepul- 
verten Cochenille,  und  färbt  mit  Thonbeize  versehene  Seide  oder  Wolle, 
jo  nach  dem  Grade  der  Verdünnung  der  mit  einem  Alaunzusatz  bereiteten 
Abkochung,  vom  dunkeln  Ponceau  bis  zum  hellsten  Blafsroth.  ( Gäbet. ) — 
Das  Harmalin  enthält  kein  Kristallwasser;  die  salzsaure  Verbindung  wird 
durch  Platinchlorid  gelb  gefällt.  (Varrentrapp  und  Will.') 

Theobromin.  — Zusammensetzung  siehe  S.  1164.  — Von  Woskre- 
sensky  in  den  Cacaobohnen  (von  Theobroma  Cacao ) entdeckt.  — Man  be- 
baudelt  die  gepulverten  Bohnen  mit  heifsem  Wasser,  fällt  den  klaren  Aus- 
zug mit  essigsaurem  Bleioxid  und  verdampft  die  vom  Blei  befreite  Flüssig- 
keit. Der  Rückstand  wird  wiederholt  in  kochendem  Alkohol  gelöst,  wo 
man  das  reine  Theobromin  als  weifses  kristallinisches  Pulver  erhält.  Es 
ist  schwach  bitter,  verändert  sich  nicht  an  der  Luft,  verliert  bei  100°  nur 
0,81  p.  c.  seines  Gewichts  und  zersetzt  sich  erst  über  250°,  wo  es  ein 
kristallinisches  Sublimat  bildet.  Es  ist  wenig  löslich  in  kochendem  Wasser, 
noch  schwerer  löslich  in  Alkohol  und  Aether.  Durch  Säuren  und  Alkalien 
wird  es  nicht  zersetzt;  Gerbstoff  geht  damit  eine  lösliche  Verbindung  ein; 
Quecksilberchlorid  bringt  in  der  wässerigen  Auflösung  einen  weifsen  Nie- 
derschlag hervor.  CWoskresenskyJ 

Gaffern,  Thein , Guar  anin. 

Formel  und  Zusammensetzung  siehe  S.  1164. 

Der  unter  diesen  drei  Namen  beschriebene  Körper  findet  sich  in  den 
Caffeebohnen  (Familie  der  Rubiaceen),  den  verschiedenen  Theesorten 


C affein,  Thein. 


1*11 


(Theaceeo)  und  in  dem  Teig  der  Frucht  von  Paullinia  sorbilis  (Familie  der 
Sapindaceen).  Aus  den  Caffeebohnen  wurde  er  von  Runge , aus  dem  Thee 
von  Oudry  und  aus  der  Guarana  , einem  von  den  Brasilianern  geschätzten 
Heilmittel,  yoh  Theodor  Martins  zuerst  dargestellt. 

Aus  den  Caffeebohnen  erhält  man  diese  Materie  am  einfachsten,  wenn 
sie  mit  Wasser  wiederholt  ausgekocht  werden.  Den  heifsen  Auszug  ver- 
setzt man  mit  etwas  essigsaurem  Bleioxid  und  kocht  ihn  unter  erneuertem 
Zusatz  von  feingepulverter  Bleiglätte  so  lange,  als  die  Flüssigkeit  von  ba- 
sisch essigsaurem  Bleioxid  noch  gelb  gefällt  wird.  Sobald  alle  durch  Blei- 
oxid fällbare  Materie  entfernt  ist,  filtrirt  man  die  Flüssigkeit  von  dem  Nie- 
derschlage heifs  ab,  versetzt  sie  miti  verdünnter  Schwefelsäure,  mit  Ver- 
meidung eines  Ueberschusses,  und  dampft  sie  nun  nach  Entfernung  des 
gebildeten  Schwefelsäuren  Bleioxids  bis  zur  Kristallisation  ab.  Die  zuerst 
sich  bildenden  Kristalle  trocknet  man  auf  einem  Ziegelstein  und  reinigt  sie 
durch  eine  neue  Kristallisation.  Die  Mutterlauge  liefert  bei  weiterem  Ver- 
dampfen noch  mehr  Kristalle. 

- Aus  dem  Thee,  oder  wohlfeiler  aus  dem  Theestaube,  gewinnt  man 
diesen  Stotf  nach  der  nämlihen  Methode.  Mulder  kocht  den  Theestaub  mit 
Wasser  unter  Zusatz  von  gebrannter  Bittererde  aus,  filtrirt,  verdampft 
die  Flüssigkeit  zur  Trockne,  und  zieht  aus  dem  Rückstand  die  Substanz 
mit  warmem  Aether  aus,  der  sie  nach  dem  Verdunsten  rein  hinterläfst. 
Bei  Anwendung  von  Guarana  verfährt  man  auf  dieselbe  Weise. 

Calfein,  Thein  und  Guaranin  besitzen  einerlei  Zusammensetzung,  im 
kristallisirten  Zustande  stellen  sie  sehr  feine  Nadeln  dar,  die  sich  von  einer 
glänzend weifsen  Seide  kaum  unterscheiden  lassen,  bei  100°  verlieren  sie 
8 p.  c.  Kristallwasser  (~  3 Atomen),  wobei  sie  matt,  glanzlos  und  leicht 
zerreiblich  werden  j ihr  Geschmack  ist  schwach  bitter,  sie  schmelzen  bei 
177,8°  und  sublimiren  bei  3S4°,7  ohne  Veränderung.  Die  bei  130°  ge- 
trockneten Kristalle  lösen  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  98  Th. 
Wasser,  97  Alkohol  und  194  Aether,  sehr  leicht  in  Jieifsem  Wasser. 
Eine  gesättigte  kochende  Lösung  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einem  kristal- 
linischen Brei  von  feinen  Nadeln.  Die  wasserhaltigen  Kristalle  lösen  sich 
bei  15°  in  93  Th.  Wasser,  158  Alkohol  und  398  Aether.  Aus  Aether  er- 
halten sind  die  Kristalle  wasserfrei.  Die  wässerige  Auflösung  dieser  Ma- 
terie wird  aufser  durch  Gerbsäure  (Gailäpfelaufgufs)  durch  kein  Reagens 
gefällt.  DiesS  Substanz  besitzt  schwach  basische  Eigenschaften,  durch  Auf- 
lösung bis  zur  Sättigung  in  concentrirter  Salzsäure  und  mäfsig  verdünntet* 
Schwefelsäure  erhält  man  wasserfreie  salzsaure  oder  Schwefelsäure  Salze 
in  regelmäfsigen  grofsen  Kristallen  (Herzog) , welche  an  der  Luft  erwärmt 
oder  mit  Wasser  gewaschen  ihre  Säure  wieder  abgeben.  Mit  gewöhnlicher 
Salpetersäure  kann  es  ohne  Veränderung  gekocht  und  abgedampft  werden. 
In  concentrirter  Schwefelsäure  wird  es  beim  Erwärmen  zerstört.  Durch 
anhaltendes  Kochen  mit  Barytwasser  wird  die  Substanz  zersetzt,  man  be- 
obachtet die  Bildung  von  Ammoniak,  cyansaurem  und  ameiseusaurem  Baryt. 
(Mulder.') 

Die  Salzverbindungen  dieser  Materie  sind  schwierig  in  reinem  Zustande 
(frei  von  einem  Ueberschufs  oder  Mangel  an  Säure)  zu  erhalten.  Nach 
Mulder  absorbiren  100  Theile  31  bis  35,49  Salzsäure,  die  auf  nassem 
Wege  dargestellten  Kristalle  enthalten  13,98  Salzsäure  (Herzog) , so  dafs 
es  ungewifs  ist,  ob  das  Atomgewicht  derselben  der  Formel  C8  HI0  N4  O, 
oder  C16  Hso  N3  04  entspricht.  Nach  der  ersten  sollte  die  salzsaure  Ver- 
bindung 37,  nach  der  andern  19  p.  c.  Salzsäure  enthalten. 

Anhang  zu  Caffein,  Thein. 

Obwohl  über  die  Wirkung,  welche  Caffeia  und  Thein  auf  den  Orga- 
nismus haben,  keine  andere  Beobachtungen  vorliegen,  als  dafs  sie  nicht 
narkotisch  oder  giftig  sind,  so  kann  man  dennoch  die  Vermuthung  nicht 

Geiger’s  Pharmacie.  I.  (5 te  Aufi.)  79 


1242 


Caffee. 


zurückweisen , dafs  dieser  Stoff,  in  den  Organismus  gebracht,  eine  dit 
Funktionen  gewisser  Organe  befördernde  Eigenschaft  besitzen  mufs.  Die 
Menge  der  in  dem  Thee  und  Caffee  genossenen  Substanz  ist  so  klein,  dafs 
von  einem  Antheil  au  der  Ernährung  nicht  die  Rede  seyn  kann.  Das  Vor- 
kommen eines  und  desselben  Körpers  in  den  Saamen  und  Blättern  zweier 
verschiedener  Pflanzengattungen,  welche  der  Mensch,  durch  die  Erfahrung 
geleitet,  als  zuträglich  und  nützlich  für  die  Lebensfunktionen  erkannt  und 
in  manchen  Ländern  zum  täglichen  Genüsse  gewählt  hat,  würde  zu  selt- 
sam erscheinen,  wenn  gerade  von  diesem  Stoffe  die  Hauptwirkung  nicht 
abhängig  wäre.  Vergleicht  man  die  Zusammensetzung  des  Caffeius  und 
Theins  mit  der  des  Alloxans,  so  findet  man,  dafs  beide  bis  auf  den  Sauer- 
stoff einerlei  Elemente  in  dem  nämlichen  Verhältnis  enthalten: 

Caffein,  Thein  m C8  N4  H10  02 
Alioxan  = C8  N4  HJ0  0JÖ 

und  dafs  sich  Taurin  (der  stickstoffhaltige  Bestandtlieil  der  Galle)  durch  die 
Zusammensetzung  des  Caffeins  plus  einer  gewissen  Menge  Sauerstoff  und 
Wasser  ausdrücken  läfst: 

Cg  N4  H10  09  -4-  H18  09  + 09  = C3  N4  H28  0JO  = Taurin. 

Obwohl  sich  aus  diesen  Formeln  keine  Art  von  Schlüssen  ziehen  läfst,  so 
verdienen  sie  dennoch  beachtet  zu  werden,  da  man  auf  den  Genufs  von 
Caffein  eine  reichlichere  Secretion  von  Harnstoff  {Lehmann')  uud  Galle 
beobachtet  haben  will. 


Kaffeebohnen. 

Nach  Robiquet  und  Boutron  lieferte  1 Pfund  Caffechohnen 


von  Martinique 

1,79 

Grammen 

— 

32 

Gran  Caffein 

Alexandrinischer 

1,26 

yy 

22 

yy 

yy 

von  Java 

1,26 

yy 

22 

yy 

yy 

„ Mocca 

1,06 

yy 

r — 

20 

yy 

yy 

,,  Cayenne 

1,00 

yy 

19 

yy 

yy 

„ St.  Domingo 

0,85 

yy 

= 

16 

yy 

yy 

Die  wässerige  Abkochung  der  Caffeebohnen  reagirt  sauer,  sie  giebfc  abge- 
dampft ein  braungelbes  Extract,  welches  einen  bittern,  etw'as  scharfen 
Geschmack  besitzt  und  zum  Theil  in  Alkohol  löslich  ist.  Kalkhaltiges  Was- 
ser, womit  man  Caffeebohnen  übergossen  hat,  nimmt  eine  grasgrüne  Farbe 
an.  Die  Abkochung  der  Bohnen  wird  durch  Kalkvvasser,  sowie  mit  Eisen- 
salzen vermischt,  grasgrün;  sie  wird  durch  Bleiessig  citronengeib  gefällt. 
Der  Niederschlag,  mit  SchwefelwTasserstoffsäure  zersetzt,  liefert  eine 
(phosphorsauren)  Kalk  haltige  saure  Flüssigkeit,  in  welcher  Robiquet  die 
Gegenwart  von  Gallussäure  vermuthet,  welches  sehr  unwahrscheinlich  ist, 
da  sie  nicht  zum  Kristallisiren  gebracht  werden  kann.  Die  Bohnen  nach 
dem  Auskochen  mit  Wasser  getrocknet  und  gepulvert,  mit  Aether  kalt  aus- 
gezogen , geben  an  diesen  nahe  % ihres  Gewichts  eines  in  der  Consistenz 
der  Butter  ähnlichen,  grünlich  gefärbten  Fettes  ab,  wras  leicht  schmelzbar 
ist  und  zum  gröfsten  Theil  aus  einein  flüssigen  Oele  besteht,  welches  eine 
geriuge  Menge  eines  festen  kristallinischen  Fettes  enthält.  Robiquet  und 
Boutron  erhielten  zuweilen  aus  den  letzten  ätherischen  Auszügen  der  Boh- 
nen Spuren  einer  kristallinischen  schwefelhaltigen  Substanz.  Wasser,  Al- 
kohol und  Aether  entziehen  den  Bohnen  über  ein  Drittel  an  löslichen  Ma- 
terien, zu  denen  noch  ein  wachs-  und  ein  harzartiger  Körper  gerechnet 
werden  mufs.  Bei  dem  Rösten  des  Caffees  verliert  er  12J/a  p.  c.  an  seinem 
Gewichte,  aufser  Essigsäure  ein  empyreumatisches  Oel,  im  Anfang  von 
angenehmem,  zuletzt  von  unangenehmem  Geruch  uud  beim  Verkohlen  von 
Kristallen  von  Caffein.  Was  beim  Rösten  des  Caffees  mit  seiuen  ver- 
schiedenen Bestandtheilen  vorgeht,  ist  unbekannt,  w^as  uni  so  weniger  auf- 
fallen kann,  da  man  aufser  dem  Caffein  keinen  einzigen  derselben  mit 
einiger  Sorgfalt  untersucht  hat  Die  Asche  der  Caffeebohnen  enthält  koh- 


*Thee.  1243 

Iensaures,  schwefelsaures  Kali,  Chlorkalium , kohlensäüren  und  phosphor- 
sauren Kalk,  Bittererdc,  Eisen-  und  Manganoxid. 

Thec. 

Nach  der  Untersuchung  von  Mülder  enthalten  100  Theile  der  folgen- 
den Theesorten: 

Chinesischer  Thee.  Javanischer  Thee. 


Flüchtiges  Oel 

Haysan.  Congo. 
(grüner)  (schwarzer) 
0,79  0,60 

Haysan.  Congo. 
(grüner)  (schwarzer) 
0,98  0.65 

Blattgrün 

2,22 

1,84 

3,24 

1,28 

Wachs 

0,28 

— 

0,32 

__ 

Harz 

2,22 

3,64 

1,04 

2,44 

Gummi 

8,56 

7,28 

12,20 

11,08 

Gerbstoff 

17,80 

12,88 

17,56 

14,80 

Theein 

0,43 

0,46 

0,60 

0,65 

Extractivstoff 

22,80 

19,88 

21,68 

18,64 

Apothein,  dunkler 
Farbstoff  des 
schwarzen  Thees 

1,48 

1,64 

durch  Salzsäure 
ausziehbar 

23,60 

19,12 

20,36 

18,24 

Albumin 

3,00 

2,80 

3,64 

1,28 

Faser 

17,08 

28,32 

18,20 

27,00 

Asche 

5,56 

5,24 

4,76 

5,36 

Das  flüchtige  Theeöl  ist  citrongelb,  in  der  Kälte  butterartig,  leichter 

wie  Wasser,  von  dem  Geruch  des  Thees,  betäubend. 

Das  Theein  wird  durch  Gerbstoff  gefällt,  der  Niederschlag  löst  sich 
in  heifsem  Wasser.  Ein  heifser  Aufgufs  von  Thee  enthält  als  Hauptbestand- 
theil  nächtiges  Oel  und  gerbsaures  Theein,  was  beim  Erkalten  niederfällt; 
Gummi  und  Extractivstoff  verbessern  den  Geschmack  des  Aufgusses,  inso- 
fern sie  den  des  Gerbstoffes  minder  hervorstechend  machen.  Der  grüne 
enthält  mehr  Gerbstoff  wie  der  schwarze.  Der  Unterschied  der  verschie- 
denen Theesorten  hängt  ab  von  der  Zeit,  zu  welcher  die  Blätter  gepflückt 
werden ; in  einem  Zwischenraum  von  drei  Monaten  sammelt  man  die  kaum 
entwickelten,  dann  die  halb  ausgewachsenen,  zuletzt  die  vollständig  aus- 
gebildeten; die  untern  Blätter  des  Strauchs  werden  für  sich  gesammelt; 
die  Blätter  werden  zur  Bewahrung  ihrer  Farbe  noch  denselben  Tag  ge- 
trocknet. In  gelinder  Wärme  getrocknet  behalten  die  Blätter  ihre  Farbe, 
in  höherer  Temperatur  nehmen  sie  eine  schwarzgrüne  oder  bräunlichgrüne 
Farbe  au. 

100  Thee 

geben  bei  viermaligem  Auskocheü  in  Wasser  an  löslichen  Theilen  (Extract)  ab: 


Chinesischer 
schwarzer  Extract. 

Javanischer 

schwarzer 

Extract. 

Congo 

36,7 

. . • « 

33,9 

Pecco 

34,5 

38,0 

Souchon 

34,0 

41,1 

Kampoe 

32,5 

36,9 

Bohee 

29,5 

37,1 

Cuper  Congo 

29,0 

grüner 

— 

grüner 

Haysan 

44,4 

37,3 

Uxim 

41,6 

45,7 

Joosjes 

40,8 

37,4 

Schin 

37,6 

i i « 

34,8 

Tonkay 

36,5 

i ... 

34,0 

Jonglo 

85,3 

— - 

1244 


StärkmehL 


Die  verschiedenen  Theesorten  hinterlasseu  nach  dem  Einäschern  eine 
röthliche  Asche,  deren  Farbe  von  Eisenoxid  herrührt;  die  Farbe  der  Asche 
des  chinesischen  Thees  ist  viel  mehr  gefärbt  wie  die  des  javanischen,  so 
dafs  man  durch  den  Unterschied  in  der  Farbe  der  Asche  diese  Theesorten 
z u unterscheiden  vermag.  Diese  Aschen  enthalten  .Schwefelsäure,  Phos- 
phorsäure, Chlor,  Kalk,  Kali,  Eisen  und  Kieselerde.  ( [Mulder. ) 

Guarana. 

Die  Samen  der  Paullinia , von  welchen  das  Guaranin  bereitet  wird, 
enthalten  aufser  dem  Marke,  dem  Gummi  und  Amylon,  eine  grünliche 
fette  ölartige  Materie,  Gerbsäure,  welche  Eisensalze  grün  (wie  der  Caffee- 
absud)  färbt,  und  Guaranin.  Das  letztere  ist  in  den  Samen  mit  Gerbsäure 
verbunden,  und  diese  Verbindung  läfst  sich,  da  sie  in  kaltem  Wasser  un- 
löslich ist,  aus  beiden,  aus  Gerbsäure  und  Guaranin,  direct  darstellen. 
(Berthemot  und  DechastelusJ 

Allgemeine  stickstofffreie  Bestandtheile  der 

Pflanzen. 

Mit  allgemeinen  Bestandtheilen  der  Pflanzen  bezeichnen  wir  eine  be- 
sondere Klasse  von  Materien,  von  denen  der  eine  oder  der  andere  in 
keiner  Pflanze  fehlt;  sie  sind  ungefärbt,  ohne  hervorstechenden  Geschmack, 
ohne  medicinische  Eigenschaften  und  besitzen  keinen  bestimmten  chemischen 
Charakter.  Hierher  gehören  Amylon  oder  Stärkmehl , Gummi , Schleim, 
Pectin,  Holzfaser , ihre  Zersetzungsprodukte  und  die  sich  daran  anreihen- 
den Verbindungen. 

Stärkmehl  £ Amylum ~). 

Synonyme:  Satzmehl  (Faecula)  zum  Theil,  Kraftmehl,  Amidon. 

Das  Stärkmehl  war  den  alten  Griechen  schon  bekannt.  Es  soll  auf 
der  Insel  Chios  entdeckt  worden  seyn.  — Dasselbe  kommt  in  vielen  Pflan- 
zen vor,  wie  in  den  Samen  aller  Gräser  (der  Getreidearten  u.  s.  w.).  Auch 
in  den  meisten  Samen  der  Dicotyletonen  (Hülsenfrüchte,  Kastanien,  Eicheln 
u.  s.  w.).  — In  den  Kartoffeln  (von  Solanum  tuberosum),  dem  Manihot 
(Janipha  [Jatropha]  Manihot),  den  Zwiebeln  der  Zeitlose  (Colchicum  au- 
tumnale);  Salap  (von  Orchis  Morio  etc.),  jedocji  nur  in  geringer  Menge; 
Aron  (Arum  maculatum);  in  den  Wurzelknollen  und  Sprossen  vieler  Scita- 
mineen,  als  Curcuma  angustifolia,  Cure,  leucorrhiza  R.  u.  a. , Maranta, 
Sagittaria,  Iris,  Meclioakanne,  Jalappe,  den  Bataten,  der  Belladonna-, 
Osterluzey-,  Kolumbo-,  Dioscorea-,  Bryonia-Wurzel,  überhaupt  in  den 
meisten  Wurzeln;  dem  Stock  von  Aspidium  Filix  mas,  Polypodium  vul- 
gare; im  Stamme  vieler  Palmen  (Sagus  farinifera,  Bumphii,  Cycas  circi- 
nalis,  C.  revoluta,  Caryota  urens  etc.).  In  manchen  Rinden,  China,  Ca- 
nell,  Geoffraea;  Obstarten,  z.  B.  Aepfeln  u.  s.  w. 

Man  bereitet  das  Stärkmehl  im  Grofsen  meistens  aus  Getreide : Weizen 
wird  im  Wasser  macerirt,  bis  er  stark  aufgequollen,  weich  und,  zwischen 
den  Fingern  gedrückt,  milchig  ist,  dann  wird  er  unter  Wasser  in  Säcken 
geknetet,  oder  unter  Mühlsteinen  so  lange  geprefst,  als  das  Wasser  mil- 
chig wird,  oder  zwischen  Walzwerken  zerquetscht  uud  mit  'Wasser  an- 
gerührt; das  Stärke-haltende  Wasser  wird  durch  ein  Haarsieb  abgelassen. 
Die  Stärke  lagert  sich  ab.  Den  obenauf  befindlichen  Kleber  zieht  man  ab, 
reinigt  die  Stärke  durch  wiederholtes  Umrühren  mit  kaltem  Wasser  (zu- 
weilen wird  sie  auch  mit  Weingeist  gewaschen),  und  trocknet  sie  an  der 
Luft.  Oder  geschroteter  Weizen  wird  mit  Wasser  zu  Brei  angerührt,  der 


StärkmehL 


1945 


sauren  Gährung  überlassen , in  Säcken  unter  Wasser  die  Stärke  ausgetre- 
ten, und  wie  vorher  verfahren.  — Aus  Kartoffeln,  Möhren,  der  Wurzel 
von  Maranta  arundinacea,  Curcuma  angustifolia  und  leucorrhiza,  Tacca 
pinnatifida,  Arracascha  esculenta  u.  s.  w.  bereitet  man  sie,  indem  diesel- 
ben wohl  gereinigt,  zerrieben,  mit  Wasser  geknetet  und  ausgewaschen 
werden,  so  lange  dieses  milchig  durch  ein  feines  Haarsieb  läuft.  Die  ab- 
gesetzte Stärke  wird  wie  oben  gereinigt  und  getrocknet.  — Die  Tapioeca 
erhält  man,  indem  die  frische  Wurzel  von  Janipha  Manihot  zerrieben,  und 
der  Saft  ausgeprefst  wird,  aus  welchem  sich  das  Stärkmehl  absetzt,  wel- 
ches wohl  gewaschen  und  getrocknet  wird.  — Die  Sago  ist  eine  Art  Stärke, 
welche  sich  im  hohlen  Stamm  obengenannter  Palmen  befindet.  Sie  wird 
mit  Wasser  herausgespült,  noch  feucht  durch  Durchschläge  getrieben,  und 
in  warmer  Luft  oder  künstlicher  Wärme  getrocknet,  wodurch  sic  einen 
festen  Zusammenhang  erhält,  und  etwas  hornartig  durchscheinend  wird.  — 
Die  Mandiocca , Cassave , ist  der  Rückstand  von  Tapioca,  den  man  in  ge- 
linder Wärme  in  Pfannen  unter  Umrühren  eintrocknet.  Da  hiebei  Wärme 
auf  das  feuchte  Stärkmehl  einwirkt,  so  wird  dieses  zum  Theil  verändert 
(in  Amidin  umgewandelt.  — - Die  Bereitung  der  Sago  und  Mandiocca  aus 
Kartoffelstärke  geschieht  auf  ähnliche  Art).  — Aus  Linsen,  Bohnen,  Erbsen 
erhält  man  das  Stärkmehl,  wenn  man  sie,  mit  warmem  Wasser  übergos- 
sen, weich  werden  läfst,  sodann  in  einem  Mörser  zerreibt,  den  Brei  mit 
vielem  Wasser  verdünnt  auf  ein  Sieb  schüttet,  wo  das  Stärkmehl  mit  dem 
Wasser  durchfliefst,  und  beim  ruhigen  Stehen  sich  absetzt;  durch  wieder- 
holtes Ausschlämmen  mit  frischem  Wasser  erhält  man  das  Stärkmehl  rein. 

§.  956.  Die  Eigenschaften  des  Stärkmehls  sind ; Es  ist 
ein  blendend  weifses,  zartes  Pulver,  welches  beim  Drücken 
knirscht.  * Unter  der  Lupe  erscheinen  die  Stärk etheiiehen  als 
wasserhell  durchsichtige,  theils  kugelige,  theils  ovale  oder 
stumpfeckige  Körner  von  verschiedener  Gröfse  (die  Kartoffel- 
stärke ist  grobkörniger,  glänzender  und  rollt  leichter  als 
Weizenstärke,  welche  feucht  leicht  zusammenbackt  und  in 
länglich  viereckigen  Stückchen  zerschnitten  als  Stärke,  staub- 
artig zertheilt  als  Puder  vorkommt  und  fast  die  feinste  Stärk- 
mehlart ist  5 zwischen  beiden  inne  steht  das  Arrowroot , mit 
welchem  das  Tikkur  und  die  Tapioeca  übereisakommt).  Sago 
kommt  in  rundlichen  Körnern  von  der  Gröfse  eines  Senfkorns 
und  darüber  mit  blafsröthlicher  Farbe,  als  rolhe  Sago  fSago 
rubra},  oder  in  kleinen  unregelmäfsigen  höckerigen  Klümp- 
chen von  weifser  Farbe  und  durchscheinend,  weifse  Sago 
£ Sago  alba },  vor.  (Iu  Frankreich  kommt  jetzt  Sago  von  braunrother 
Farbe  vor,  von  welcher  viel  Rühmens  gemacht  wird.  Es  scheint  gewöhn- 
liche Sago  zu  seyn,  die  mit  rothem  Bolus  gefärbt  ist.)  Die  weifse  Kar- 
toffelsago  kommt  in  sehr  kleinen,  kaum  hirsenkorngrofsen , kugeligen 
Körnehen  vor.  Die  Mandiocca  besteht  aus  unregelmäfsigen  Kör- 
nern und  staubartigen  Theilchen  von  weifslicher  oder  gelb- 
licher Farbe.  — Das  Stärkmehl  ist  ferner  gesell  mack-  und 
geruchlos;  luftbeständig;  spec.  Gewicht  1,53.  Im  lufttrocke- 
nen Zustande  enhält  es  19  bis  18  p.  c.  Wasser,  welches  es 
nur  beim  anhaltenden  Erhitzen  über  dem  Wasserbad  zum  Theil 
verliert.  Im  luftleeren  Raum  bei  90°  getrocknet  behält  es  9 
p.  c.  Wasser  zurück.  Mit  Feuchtigkeit  gesättigt  enthält  es 
85  p.  c.  und  nafs  geprefst  45  p.  c.  Wasser  f Pagen}.  In 

kaltem  Wasser  ist  das  Stärkmehl  unlöslich,  ebenso  in  Alkohol 

* C v A , 


1246 


Stärkmehl. 


und  Aether.  Das  aus  den  Pflanzen  gewonnene  Stärkmehl  ist  nicht 
rein,  es  enthält  Fette,  Wachs,  oder  cautschuckähnliche  Materien,  von 
denen  es  nur  schwierig  zu  befreien  ist.  Kartoffel-,  Weizen-,  Bohnen-, 
Linsen-  und  Erbsen -Stärkmehl  erhält  man  rein,  wenn  sie  mit  einer  Auf- 
lösung von  1 Th.  Kalihydrat  in  100  Th.  Alkohol  gekocht  werden.  Die 
alkoholische  Flüssigkeit  verliert  hierbei  ihre  alkalische  Reaction  und  nimmt 
meistens  eine  fette  Säure  auf.  Zur  völligen  Reinigung  wird  dieses  Stärk- 
mehl zuerst  mit  reinem  Weingeist  und  dann  mit  Wasser  ausgewaschen. 
Payen  bekam  durch  Auswaschen  des  Kartoffelstärkmehls  mit  Alkohol, 
nachdem  er  den  Alkohol  abdestillirt  hatte,  einen  ölartigen  Rückstand  (aus 
5 Kilogr.  Kartoffelstärkmehl  2,5  Grm.  fette  Substanz),  welcher  ein  kri- 
staliisirbares  Fett  und  Kartoffelfuselöl  (?)  enthielt;  allein  das  Kartoffel- 
fuselöl, was  im  Alkohol  gelöst  wird  oder  gelöst  ist,  geht  mit  den  Alkohol- 
dämpfen bei  der  Destillation  über  und  kann  nicht  im  Rückstand  bleiben. 

Setzt  man  lufttrockenes  Kartoffelstärkmehl  in  einem  offenen  Gefäfse 
einer  Temperatur  von  200°  aus,  so  verliert  es  eine  gewisse  Quantität 
Wasser,  nimmt  eine  schwache  Ambrafarbe  an  und  erhält  jetzt  die  Fähig- 
keit , sieb  zum  gröfsten  Theil  in  kaltem  Wasser  zu  einer  schleimigen  Flüs- 
sigkeit zu  lösen.  Wird  dasselbe  Stärkmehl  (lufttrocken)  in  einem  gut 
verschlossenen  Gefäfse  sehr  rasch  einer  Temperatur  von  200°  ausgesetzt, 
so  schmilzt  es  zu  einer  gleichförmigen  durchscheinenden  Masse;  dieses 
Schmelzen  wird  durch  seinen  Wassergehalt  bedingt;  vollkommen  trockenes 
Stärkmehl  schmilzt  nicht  (_  Payen ) , erhält  jedoch  durch  den  Einflufs  der 
hohen  Temperatur  die  Löslichkeit  in  kaltem  Wasser.  CPayen.~) 

Wirkung  des  heißen  Wassers  auf  Stärkmehl. 

Eine  Mischung  von  1 Th.  Stärkmehl  mit  15  — 20  Th.  Wasser  wird  bei 
55°  schleimig,  bei  72°  bis  100°  entsteht  eine  dicke  gelatinöse  Masse,  be- 
kannt unter  dem  Namen  Kleister,  Papp  (_empois~).  Der  mit  gereinigtem 
(s.  o. ) Stärkmehl  bereitete  Kleister  ist  durchsichtig  oder  durchscheinend, 
mit  gewöhnlichem  Stärkmehl  erhält  man  ihn  trübe,  milchähnlich.  Der 
Kleister  von  Weizen-  und  Reis-Stärkniehl  (welche  die  kleinsten  Körnchen 
haben)  ist  zusammenhängend,  schmierig,  der  Kleister  von  Kartoffelstärk- 
mehl hingegen  gallertartig. 

lieber  den  Zustand,  in  welchem  das  Stärkmehl  in  diesem  Kleister  ent- 
haltet) ist,  war  man  lange  Zeit  in  Zweifel,  bis  durch  neuere  Versuche 
von  Guerin  und  Payen  bewiesen  worden  ist,  dafs  die  Kleisterbildung  mehr 
in  einer  Aufquellung,  als  in  einer  wirklichen  Auflösuog  beruht. 

Verdünnt  man  frischen  Kleister  mit  sehr  vielem  Wasser  und  giefst  die 
Mischung  auf  ein  Filter,  so  geht  eine  klare  Flüssigkeit  hindurch,  die  man 
früher  für  eine  Auflösung  eines  veränderten  Stärkmehls,  von  Amidin  hielt, 
verschieden  von  den  auf  dem  Filter  zurückbleibendeu  gallertartigen  Thei- 
len  durch  seine  Auflöslichkeit  in  kaltem  Wasser.  Allein  diese  scheinbare 
Auflösung  trennt  sich  bei  dem  Gefrieren  in  reines  Wasser  und  in  gallert- 
artige Flocken,  die  sich  in  Wasser  nicht  mehr  zertheilen.  Dasselbe  ge- 
schieht, wenn  die  oben  erwähnte  Auflösung  im  leeren  Raume  abgedampft 
wird,  wo  ein  Rückstand  bleibt,  der  in  Wasser  gallertartig  aufschwillt, 
ohne  sich  vollkommen  wieder  zu  lösen. 

Wird  die  von  frischem  Kleister  abfiltrirte  klare  Flüssigkeit  mit  einer 
Iodlösung  vermischt,  so  entsteht  eine  dunkelblaue  ganz  durchsichtige  Flüs- 
sigkeit, welche  mit  derselben  Farbe  durch  Filtrirpapier  geht.  Allein  es 
läfst  sich  durch  gute  Microscope  erkennen,  dafs  die  blaue  Farbe  durch- 
sichtigen Flocken  angehört,  die  in  einer  farblosen  Flüssigkeit  schwimmen. 
Wenn  diese  scheinbare  Lösung  mit  gallertartiger  Thonerde,  oder  mit  in 
Wasser  vertheilter  Hausenblase  vermischt  wird,  so  schlägt  sich  die  ent- 
standene Iodverbindung  nieder  und  die  darüberstehende  Flüssigkeit  erscheint 
farbjos.  Eine  Gypsauflösung,  yi000o  Chlorcalcium,  sowie  Säuren  bewirken 
ebenfalls  ihre  Abscheidung  von  der  Flüssigkeit.  Kohle  entfärbt  die  blaue 


StärkmehL 


1247 


Lösung.  Diese  Erfahrungen  berechtigen  zu  dem  Schlüsse,  dafs  die  Wirkung 
des  heifsen  Wassers  auf  das  Stärkmehl  in  der  Bildung  einer  chemischen 
Verbindung  beruht,  welche  grofse  Mengen  Wasser  wie  ein  Schwamm 
mechanisch  in  sich  aufnimmt,  ähnlich  wie  diefs  bei  den  Schleimen  (Tra- 
ganth,  Safep  etc.)  geschieht. 

Durch  mehrere  Tage  lang  fortgesetztes  Kochen  des  Kleisters  mit  Was- 
ser erhielt  Vogel  eine  bitterschmeckende  gummihaltige  Auflösung  und  einen 
gallertartigen  unlöslichen  Rückstand. 

Der  Kleister  trocknet  an  der  Luft  zu  einer  gelblichen  , durchscheinen- 
den, hornartigen  Masse  ein,  die  sich  durch  Wasser  wieder  erweichen  läfst 
und  zu  einer  undurchsichtigen  kleisterartigen  Gallerte  wieder  aufquillt. 

Sich  selbst  überlassen  wird  der  Kleister  nach  und  nach  dünnflüssig, 
bei  eingemeugten  fremden  Substanzen  (Kleber)  nimmt  er  einen  siifsen  Ge- 
schmack an  und  wird  zuletzt  ohne  Gasentwickelung  sauer.  Es  entsteht 
hierbei  Trauben-  (Stärke-)  Zucker,  zuletzt  Milchsäure.  Kleister  aus  Wei- 
zenmehl (ein  Gemenge  von  Stärkmehl  mit  Kleber),  Reismehl  und  andern 
Mehlarten  erleidet  diese  Veränderung  noch  rascher,  mit  dem  Unterschiede 
jedoch,  dafs  er  zuletzt  übelriechend  (von  freiwerdendem  Schwefelwasser- 
stoff) wird,  und  bei  Zusatz  von  Alkalien  Ammoniak  entwickelt. 

Die  von  einem  mit  Wasser  sehr  verdünnten  Kleister  abfiltrirte  klare 
Flüssigkeit  wird  durch  Baryt-  und  Kalkwasser  in  weifsen  Flocken  gefällt, 
die  sich  in  einem  Ueberschufs  des  Fällungsmittels  wieder  lösen.  Phosphor- 
saurer Kalk  wird  in  einer  Abkochung  von  Stärkmehlkleister  in  bemerk- 
licher  Menge  gelöst.  Basisch  essigsaures  und  salpetersaures  Bleioxid 
bringen  in  dieser  Flüssigkeit  dicke  weifse  Niederschläge  hervor;  sie  wird 
durch  Zusatz  von  Alkohol  in  der  Form  eines  durchscheinenden  weifsen 
Geriünsels  gefällt,  was  in  reinem  Wasser  vollkommen  wieder  verschwin- 
det. Durch  Gerbsäure  entsteht  darin  anfänglich  eine  milchige  Trübung, 
später  setzt  sich  eine  durchscheinende  zähe  Masse  in  dieser  Mischung  ab, 
welche  in  der  Wärme  wieder  verschwindet.  Pflanzenstoffe,  welche  Gerb- 
säure und  Stärkmehl  enthalten,  geben  deshalb  beiin  Abkochen  klare  Flüs- 
sigkeiten, die  sich  beim  Erkalten  trüben,  während  der  kalte  Auszug  ein 
Extract  liefert,  was  sich  in  kaltem  und  warmem  Wasser  klar  auflöst. 
(Unterschied  des  kalt-  und  warmbereiteten  Ratanhiaextractes.) 

Durch  Säuren  wird  das  Stärkmehl  in  Dextrin,  zuletzt  in  Zucker  ver- 
wandelt, durch  Alkalien  in  Dextrin  (?).  Mit  Iod  bildet  es  eine  Verbindung 
von  indigblauer  Farbe;  durch  Brom  wird  es  feuergelb  gefärbt. 

Verhalten  des  Slärkmehls  zu  Säuren . 

Verhalten  in  der  Kälte.  Verdünnte  Schwefelsäure,  Salzsäure  tmd 
Pflanzensäuren  haben  auf  Stärkmehl  in  seinem  gewöhnlichen  Zustande  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  keine  Wirkung;  die  erstere  wird  in  Stärke- 
zuckerfabriken angewendet,  um  das  frisch  dargestellte  Stärkmehl  in  feuch- 
tem Zustande  aufzubewahren  und  vor  dem  Schimmeln  zu  schützen.  Die 
im  Winter  aus  Kartoffeln  z.  B.  dargestellte  Stärke,  mit  verdünnter  Schwe- 
felsäure angefeuchtet,  hält  sich  Monate  lang  ohne  Veränderung.  Durch 
concentrirte  Schwefelsäure  wird  das  Stärki.iehl  unter  Erhitzen  verkohlt. 
Kalt  damit  zusammengerieben  wird  es  bei  Zusatz  von  Wasser  vollkommen 
löslich  und  in  Dextrin  verwandelt. 

Gegen  sehr  concentrirte  Salpetersäure  (spec.  Gew.  1,5)  verhält  sich 
das  Stärkmehl  auf  eine  eigenthümliche  Weise,  sie  geht  nämlich  eine  Ver- 
bindung damit  ein,  die  von  Braconnot  entdeckt  und  mit  Xyloidin  bezeich- 
net worden  ist. 

Xyloidin.  Kartoffelstärke  mit  Salpetersäure  in  einem  Porceüanmörser 
zusammengerieben,  löst  sich  zu  einer  durchscheinenden  schleimigen  Gal- 
lerte ohne  Gasentwickelung  auf,  welche  durch  Zusatz  von  reinem  Wasser 
zu  einer  weifsen,  käsigen,  in  Wasser  völlig  unlöslichen  Masse  gefällt 
wird.  Der  entstandene  Niederschlag,  gewaschen  und  getrocknet,  stellt 
da»  Xyloidin  dar. 


1248 


Stärk  me  hl. 


L)as  Xyloidin  ist  weifs,  pulvrig,  geschmacklos,  ohue  Wirkung  auf 
Pflanzenfarben , durch  Iodauflösung  wird  es  gelb  gefärbt.  In  siedendem 
Wasser  und  verdünnter  Schwefelsäure  wird  es  weich  und  klebrig,  ohne 
sich  bemerkSich  zu  lösen.  In  concentrirter  Salzsäure  ist  es  in  der  Wärme 
löslich  und  wird  durch  Wasser  wieder  daraus  gefällt.  Cooccntrirte  Schwe- 
felsäure bildet  damit  eine  klare  Lösung,  die  durch  Wasser  nicht  getrübt 
wird.  Es  ist  leicht  löslich  in  der  Kälte  in  verdünnter  Salpetersäure  und 
giebt  beiin  Sieden  damit  Oxalsäure,  keine  Schleimsäure.  Alkalien  fällen 
es  aus  der  kalten  Lösung.  In  starker  Essigsäure  ist  es  leicht  zu  einem 
dicken  Schleime  löslich,  der  durch  Wasser  zu  einer  festen  weifsen  Masse 
coagulirt  wird.  Die  essigsaure  Lösung  giebt  eingetrocknet  eine  durchsich- 
tige Masse,  auf  Papier  und  Holz  gestrichen  einen  glänzenden  firnifsartigen 
Ueherzug,  der  der  Wirkung  des  Wassers  vollkommen  widersteht.  In  der 
Kälte  ist  es  in  Ammoniak  und  kaustischer  Kalilauge  nicht  auflöslich,  es 
wird  aber  klebrig  und  durchscheinend;  beim  Kochen  erfolgt  ein  braune 
Auflösung.  Das  Xyloidiu  ist  in  Alkohol  nicht  oder  sehr  wenig  löslich.  In- 
diglösung  wird  in  Berührung  mit  Xyloidin  nicht  entfärbt.  Es  ist  im  hohen 
Grade  leicht  entzündlich. 

Sägespäne , Leinwand , Baumwolle  liefern  beim  Erwärmen  mit  starker 
Salpetersäure  ohne  Gasentwickelung  eine  schleimige  Lösung,  aus  der  man 
durch  Wasser  ebenfalls  Xyloidin  erhält.  Traganthyummi , arabisches 
Gummi , Inulin  und  Saponin  (aus  der  Rinde  von  Gymnot.  canaäensis ) lie- 
fern es  ebenfalls,  begleitet  von  einem  andern  Zersetzungsprodukt  von  bit- 
term  Geschmack.  Das  Gummi  aus  Leinwand,  feiner  Rohrzucker,  Mannit 
und  Milchzucker  geben  kein  Xyloidin. 

Pelouze  beobachtete,  dafs  die  schleimige  Auflösung  der  Kartoffelstärke 
in  Salpetersäure,  sich  selbst  überlassen,  nach  und  nach  die  verschiedenen 
Färbungen  eines  Gemenges  von  Salpetersäure  und  Stickoxidgas  annimmt, 
und  dafs  sie  bei  längerem  Stehen  ihre  Eigenschaft,  durch  Zusatz  von 
Wasser  Xyloidin  fallen  zu  hassen,  vollständig  verliert.  Bei  diesem  Zeit- 
punkte abgedampft,  erhält  man  eine  zerfliefsliche  sehr  saure  Masse,  welche 
keine  Oxalsäure  enthält.  (Es  wird  hierbei  eine  von  der  Zuckersäure  ver- 
schiedene stickstofffreie  Säure  neben  Ameisensäure  gebildet.) 

Das  Xyloidin  ist  nach  Pelouze  nach  der  Formel  C6  Ha  04  H-  Na  04  zu- 
sammengesetzt. 

Versetzt  mau  ein  Gemenge  von  Kartoffelstärkmehl  und  starker  Sal- 
petersäure mit  ccncentrirter  Schwefelsäure,  so  entwickelt  sich  viel  Slick- 
oxidgas und  Wasser  fällt  daraus  eine  kleisterartige  Substanz , welche  ge- 
trocknet und  mit  Alkohol  gekocht  sich  theilvveise  löst.  Beim  Erkalten  der 
alkoholischen  Auflösung  schlägt  sich  eine  weifse  unkristallinische  Materie 
nieder,  welche  im  Wasser  zusammenbackt,  an  den  Zähnen  klebt  und  dem 
Wachse  gleicht,  aber  nicht  schmilzt.  Diese  Produkte  verdienen  eine  ge- 
nauere Untersuchung. 

Verhalten  in  der  Wärme.  In  einer  Mischung  von  1 Th.  concentrirter 
Schwefelsäure  mit  2 Th.  Wasser  löst  sich  das  Stärkmehl  in  der  Wärme 
vollkommen  auf  und  diese  Auflösung  giebt  bei  der  Destillation  unter  star- 
kem Aufblähen  eine  reichliche  Menge  Ameisensäure,  welche  von  einem 
die  Augen  stark  reizenden  flüchtigen  Oele  begleitet  ist,  während  sie  schwarz 
wird  und  eine  poröse  in  Wasser  unlösliche  Masse  hinterläfst. 

Erhitzt  man  Kleister  von  Weizenstärkmehl  unter  Zusatz  von  Salz- 
säure, so  wird  die  Mischung  dünnflüssig,  sie  bleibt  aber  trübe  und  hinter- 
läfst beim  Filtriren  auf  dem  Filter  eine  gelatinöse  Masse , welche  durch 
lod  nicht  mehr  blau  gefärbt  wird.  Die  durch  das  Filter  gehende  Flüssig- 
keit wird  anfänglich  durch  Iodtinktur  blau  niedergeschlagen , bei  längerem 
Stehen  verliert  sie  diese  Eigenschaft  völlig.  Die  frische  Auflösung  enthält 
ihrem  chemischen  Verhalten  nach  unveränderte  Stärkesubstanz.  Aus  der 
Auflösung  von  Stärkmehl  in  verdünnter  Schwefelsäure  erhält  man  durch 
Zusatz  von  Alkohol  ein  weifses  Coagulum,  welches  keine  Schwefelsäure 
in  chemischer  Verbindung  enthält.  ( Keller , A.  W.  Hofmann.')  Bei  gelin- 
dem Erwärmen  verwandelt  sich  das  Stärkmehl  in  Dextrin. 


Stärkmehl,  Dextrin. 


i£49 


Dextrin.  Eine  Misehung  von  1000  Th.  Kartoffelstärke  mit  60  Th. 
Weinsäure,  welche  eine  Stunde  lang  in  einem  verschlossenen  Gefäfse  einer 
Temperatur  von  125°  ausgesetzt  wurde,  gab,  mit  Kreide  gesättigt,  beim 
Abdampfen  auf  % eine  durchscheinende  gallertartige  Masse,  die  beim 
Trocknen  den  glasigen,  muschligen  Bruch  und  alle  Eigenschaften  des  ara- 
bischen Gummi’s  zeigte  (CouverchÜ')\  sie  besafs  einen  faden,  schleimigen 
Geschmack  und  enthielt  etwas  Traubenzucker,  der  sieh  durch  AufTöseh  in 
Wasser  und  Fällung  mittelst  Alkohol  entziehen  liefs.  Das  in  Alkohol  un- 
lösliche Produkt  der  Einwirkung  der  Säure  auf  das  Stärkmehl  hat  den  Na- 
men Dextrin  von  der  Eigenschaft  seiner  wässerigen  Lösung,  den  polari- 
sirten  Lichstrahl  nach  Rechts  abzulenken,  erhalten.  Es  entsteht  bei  der 
Auflösung  von  Amylon  in  verdünnten  Mineralsäurcn , und  ist  das  erste 
Produkt,  was  bei  seinem  üebergang  in  Zucker  (Stärkezücker)  gebildet 
wird;  daher  es  stbts  bei  seiner  Darstellung  mehr  oder  weniger  von  Zucker 
begleitet  ist.  Am  leichtesten  erhält  man  das  Dextrin,  wenn  man  in  Klei- 
ster verwandeltes  Stärkmehl  (100  Theile)  mit  einem  warmen  Auszug  von 
(5  Theilen)  Gerstenmalz  einer  Temperatur  von  60  — 65°  aussetzt.  Sehr 
rasch  verliert  die  Mischung  ihre  kleisterartige  Beschaffenheit  und  wird 
schleimig;  sobald  die  Flüssigkeit  von  lodauflösung  nicht  mehr  gefärbt  wird, 
ist  die  Umwandlung  als  vollendet  anzusehen.  Je  nach  der  Menge  des  an- 
gewendeten Malzes  und  der  Dauer  der  Digestion  hat  man  in  der  Flüssig- 
keit mehr  oder  weniger  Zucker  (siehe  Diastase ).  Setzt  inan  der  Mischung 
Hefe  zu,  so  geht  die  Flüssigkeit  in  Gährung  über,  aller  Zucker  ver- 
schwindet und  in  der  schleimigen  Flüssigkeit  bleibt  das  Dextrin  zurück. 
In  diesem  Zustande  ist  das  Dextrin  in  dem  Bier  enthalten , was  seine  schlei- 
mige Beschaffenheit  davon  erhält.  Die  Mischung  von  Zucker  und  Dextrin 
wird  durch  Gerbesäure,  durch  Galläpfeltinktur,  durch  Bleiessig,  Kalk-  und 
Barytwasser  nicht  gefällt,  durch  lod  nicht  blau  gefärbt,  ein  Verhalten, 
was  sie  wesentlich  von  dem  Amylon  unterscheidet. 

Durch  Behandlung  mit  84procentigem  Alkohol,  in  welchem  das  reine 
Dextrin  unlöslich,  der  Zucker  leicht  löslich  ist,  kann  man  den  Zucker 
vom  Dextrin  scheiden.  Am  besten  geschieht  diefs,  wenn  eine  concentrirte 
wässerige  Lösung  mehrmals  mit  84procentigera  Alkohol  gefällt  wird  , wo- 
durch sich  das  Dextrin  in  Gestalt  eines  dicken  Syrups  unlöslich  abscheidet, 
während  der  Zucker  in  Auflösung  bleibt. 

In  einem  warmen  Luftstrom  getrocknet  stellt  das  Dextrin  eine  nicht 
kristallinische  Masse  dar  von  1,25  spec.  Gewicht,  welche  die  physikali- 
schen Eigenschaften  des  arabischen  Gummi’s  besitzt,  sie  ist  aber  wesent- 
lich davon  durch  die  Leichtigkeit  verschieden,  mit  welcher  sie  durch  ver- 
dünnte Schwefelsäure  und  einen  warmen  Malzauszug  vollständig  in  Zucker 
übergeführt  werden  kann;  sie  liefert  ferner,  mit  Salpetersäure  oxidirt, 
keine  Schleimsäure.  Die  mit  Aetzkali  versetzte  Auflösung  von  Dextrin 
läfst  sich  mit  verdünntem  schwefelsaurem  Kupferoxid  vermischen,  ohne 
dafs  ein  Niederschlag  entsteht.  Man  erhält  eine  tief  blaugefärbte  Flüssig- 
keit, die,  auf  85°  erwärmt,  rothes  Kupferoxidul  unter  Entfärbung  absetzt, 
eine  Eigenschaft,  die  das  arabische  Gummi  und  die  Schleime  unter  densel- 
ben Umständen  nicht  zeigen. 

Das  Dextrin  löst  sich  leicht  ia  Weingeist  von  30  p.  c.  Alkoholgehalt, 
schwieriger  in  45procentigem,  es  ist  unlöslich  in  80procentigem.  Eine  bei 
24°  gesättigte  Auflösung  von  Dextrin  in  56procentigem  Weingeist  setzt 
beim  Abkühlen  wasserhaltiges  Dextrin  in  der  Form  eines  Syrups  ab,  diese 
Auflösung  wird  durch  neutrales  oder  basisches  essigsaures  Bleioxid  nicht 
getrübt;  versetzt  man  hingegen  eine  wässerige  Dextrinauflösung  mit  Am- 
moniak und  mischt  sie  mit  basisch  essigsaurem  Bleioxid , so  erhält  man  einen 
reichlichen  weilsen  Niederschlag,  welcher  eine  Verbindung  von  Dextrin 
mit  Bleioxid  enthält. 

Eine  Mischung  von  Holzgeist  mit  concentrirter  wässeriger  Dextrinlösung 
wird  ferner  durch  eine  Auflösung  von  Baryt  in  Holzgeist  niedergeschlagen. 
Der  NiederschVig  ist  Dextrin- Baryt. 


1250 


Stärkmehl. 


Leiocome.  Unter  diesem  Namen  kommt  im  Handel  eine  durch  den 
Eiuflufs  einer  höheren  Temperatur  in  kaltem  Wasser  löslich  gemachte  Kar- 
toffelstärke vor*  welche  in  Cattuu-  und  andern  Fabriken  als  Verdickungs- 
mittel anstatt  des  arabischen  Guinmi’s  angewendet  wird.  Ein  sehr  gutes 
Verfahren,  um  Leiocome  von  möglichst  heller  Farbe  zu  gewinnen,  bestell 
darin,  dafs  man  400  Th.  Kartoffelstärke  mit  einer  Mischung  von  20  Tk. 
Wasser  und  einem  Theil  Salpetersäure  (1,42  spec,  Gew.)  befeuchtet,  gut 
durcheinander  arbeitet,  an  der  Luft  trocknet  und  alsdann  einer  Temperatur 
von  108  bis  120°  aussetzt,  bis  alle  Salpetersäure  vollständig  entfernt  ist. 
Bei  der  Siedhitze  des  Wassers  einige  Zeit  erhalten,  bleibt  dJese  Mischung 
weifs  und  wird  mit  kaltem  Wasser  dick  Und  schleimig,  ohne  sich  aber 
vollständig  zu  lösen;  in  heifsem  Wasser  ist  sie  hingegen  zu  einer  klaren, 
nicht  gallertartigen  Flüssigkeit  löslich.  In  höherer  Temperatur  getrocknet 
wird  sie  schwach  gelblich  und  löst  sich  alsdann  wie  Gummi  im  Wasser. 
Durch  den  blofsen  Einflufs  einer  höheren  Temperatur  (150°)  erhält  die 
Stärke  die  Eigenschaften  des  Dextrins,  allein  es  färbt  sich  in  diesem  Fall 
und  nimmt  eine  hellbraune  Farbe  an.  ( Payen .)  Dem  im  Handel  verkom- 
menden Leiocome  kann  man  durch  Behandlung  mit  Alkohol  den  braunen 
Farbstoff  entziehen,  doch  ist  der  Rückstand  nicht  reines  Dextrin,  sondern 
er  enthält  stets  ein  gewisse  Menge  Audion  eingemengt. 

Iod-Stürkmehl.  Die  Eigenschaft  des  Stärkmehls,  mit  Iod  eine  indigo- 
blaue Verbindung  zu  bilden,  wurde  zuerst  von  Gaultier  de  Claubry  be- 
obachtet; sie  wird  als  eiu  sehr  empfindliches  Reagens  auf  Iod  benutzt. 
Einige  Eigenschaften  der  in  Wasser  löslichen  Verbindung  des  Iods  mit 
Stärkinehl  sind  S.  1246  schon  angeführt.  Die  blaue  Auflösung  in  Wasser 
wird  durch  Zusatz  von  Mineralsäuren  gefällt,  ebenso  durch  Alkohol,  ein 
grofser  Ueberschufs  von  Alkohol  entzieht  namentlich  beim  Erwärmen  der 
Verbindung  alles  Iod. 

Löst  man  in  der  von  sehr  verdünntem  Stärkekleister  abfiltrirten  klaren 
Flüssigkeit  lodkalium  auf  und  setzt  nun  Chlorwasser  zu,  so  schlägt  sich 
die  Verbindung  von  Stärkmehl  mit  Iod  als  blaues  Pulver  nieder.  ( Böttyer. ) 
Der  Niederschlag  enthält  Spuren  von  Salzsäure,  er  löst  sich  in  reinen»  Wasser. 

In  einem  ähnlichen  Zustande  erhält  man  das  Iodstärkmehl , wenn 
Stärkekleister  mit  verdünnter  Salzsäure  erwärmt  wird,  so  dafs  eine  klare 
Auflösung  entsteht,  die  man  mit  einer  Auflösung  von  Iod  in  Alkohol  so 
lange  versetzt,  als  noch  ein  Niederschlag  entsteht.  Der  Niederschlag  löst 
sich  in  reinem  Wasser,  nicht  in  säurehaltigem  oder  salzhaltigem  Wasser. 
Man  bringt  ihn  auf  ein  Filter,  läfst  ihn  abtropfen  und  wäscht  ihn  mit  klei- 
nen Portionen  Wasser,  bis  die  Flüssigkeit  intensiv  blau  gefärbt  durchfliefst. 
Die  feuchte  zurückbleibende  blaue  Masse  trocknet  man  unter  einer  Glocke 
über  concentrirter  Schwefelsäure. 

Das  auf  diesem  Wege  dargestellte  Iodstärkmehl  ist  eine  gummiartige, 
schwarzblaue,  glänzende,  zerreibliche  Masse,  welche  die  Feuchtigkeit  der 
Luft  anzieht  und  klebrig  wird.  Auf  dem  angegebenen  Wege  dargestellt 
enthält  sie  Salzsäure.  Die  dunkelblaue  Auflösung  der  Iodstärkc  wird  beim 
Kochen  farblos,  beim  Erkalten  wieder  blau  gefärbt.  Die  Entfärbung  wird 
durch  eine  Trennung  von  Iod  bewirkt,  was  sich  beim  Sieden  mit  den  Was- 
serdämpfen verflüchtigt.  Nimmt  man  zur  Auflösung  soviel  Wasser,  dafs 
das  sich  abscheidende  Iod  gelöst  bleibt,  so  wird  nach  dem  Erkalten  die 
Verbindung  mit  ihrer  ursprünglichen  Farbe  wieder  hergestellt;  durch  fort- 
gesetztes Kochen  kann  alles  Iod  verflüchtigt  werden,  so  dafs  die  Farbe 
beim  Erkalten  nicht  wieder  erscheint.  Zusatz  von  Iodtinktur  färbt  alsdann 
die  Flüssigkeit  wieder  blau,  ein  Beweis,  dafs  die  Stärke  hierbei  nicht 
wesentlich  geändert  wird ; beim  Kochen  geht  eia  Theil  des  Iods  in  Iod- 
wasserstoffsäure  über,  daher  durch  Zusatz  von  Chlor  die  blaue  Farbe 
wieder  erscheint.  Die  blaue  Auflösung,  welche  mau  durch  wässerigen 
Stärkekleister  beim  Zusatz  von  Iodtinktur  erhält,  behält  ihre  blaue  Farbe 
jahrelang  unverändert.  Die  salzsaure-  oder  schwefelsäurehaltige  blaue 
Auflösung  entfärbt  sich  hingegen  beim  Aufbewahren,  theil3  indem  sich  Iod 
verflüchtigt,  theils  durch  Verwandlung  des  Slärkmehls  in  Dextrin. 


Stärkmehi,  Inulin. 


1251 


Die  blaue  Auflösung  der  lodstärke  in  Wasser  entfärbt  sich  unter  Bil- 
dung von  lodwasserstoffsäure  durch  Schwefelwasserstoff.  Diese  Entfärbung 
hat  man  als  Mittel  benutzt/  um  die  Quantität  von  Schwefelwasserstoff  in 
Mineralwassern  zu  bestimmen. 

Durch  starken  Alkohol  , durch  alle  Alkalien  wird  dem  Iod- Stärk  mehl 
das  Iod  entzogen,  es  wird  entfärbt  durch  Chlor,  Brom,  schweflige  Säure, 
arsenige  Säure  und  Sublimat. 

Die  wässerige  Auflösung  des  Iod-Stärkniehls  entfärbt  sich  im  Sonnen- 
lichte sehr  rasch  unter  Bildung  von  Iod  wasserstoffsäure,  und  nimmt  in  die- 
sem Fall  ihre  ursprüngliche  Farbe  durch  Chlor,  Salpetersäure  etc.  wieder  an. 

Nach  Lassaigne  enthält  das  Iod -Stärkmehl  auf  1 At.  Stärkmehl  (C10 
H20  O20)  2 At.  Iod,  allein  diese  Verbindung  enthält  nach  Payen  freies  Iod 5 
es  gelang  letzterem  nicht,  Verbindungen  zu  erhalten,  die  über  4 p.  c.  Iod 
enthielten.  Die  nach  der  beschriebenen  Methode  dargestellte  lodstärke  ist 
nicht  analysirt. 

Zur  Entdeckung  des  lods  in  Mineralwassern  durch  Stärke  schlägt  man 
verschiedene  Wege  ein.  Am  einfachsten  vermischt  man  das  jr.u  prüfende 
Wasser  mit  etwas  Stärkmehlkleister  und  setzt  tropfenweise  Salpetersäure 
zu;  Chlorwasser  kann  zu  demselben  Zweck  benutzt  werden,  doch  nur 
mit  grofser  Vorsicht,  da  durch  den  geringsten  Ueberschufs  von  Chlor  die 
blaue  Farbe  wieder  verschwindet.  Man  dampft  auch  häufig  das  Mineral- 
wasser zur  Trockne  ab,  übergiefst  den  Salzrückstand  in  einem  verschliefs- 
baren  Gefäfse  mit  coaicentrirter  Schwefelsäure  und  hängt  mit  Stärkmehl- 
kleister bestrichenes  Papier  in  die  Oeffnung  des  Gefäfses,  die  man  nachher 
verschliefst.  Die  Erscheinung  einer  blauen  Farbe  ist  in  allen  diesen  Fällen 
ein  Beweis  für  das  Vorhandenseyn  von  lodmetallen. 

Vermutbet  man  lodsäure  in  einer  Flüssigkeit,  so  vermischt  man  sie  mit 
Stärkmehlkleister  und  setzt  nach  und  nach  tropfenweise  eine  Auflösung  von 
schwefliger  Säure  hinzu. 

Nach  diesen  Verfahrungsweisen  läfst  sich  Vioooo  Iod  einer  Flüssig- 
keit mit  Sicherheit  darthun. 

Brom .«!•  Stärkmehl.  Ein  Auflösung  von  Stärkniehl  in  Salzsäure  giebt 
mit  Brom  einen  orangegelben  Niederschlag,  der  sich  beim  Trocknen  in  ge- 
wöhnlicher Temperatur  unter  Verflüchtigung  des  Broms  schon  zerlegt. 

Die  feuergelbe  Farbe,  welche  Stärkmehl  in  der  Mutterlauge  des  See- 
wassers bei  Zusatz  von  Chlorwasser  annahm,  führte  Balard  auf  die  Ent- 
deckung des  Broms.  Eine  Mischung  von  Stärkekleister  mit  einer  Flüssig- 
keit, welche  Brom  und  Iod  enthält,  nimmt  durch  Chlor  zuerst  eine  blaue 
Farbe  an,  die  nach  kurzer  Zeit  oder  bei  stärkerem  Zusatz  von  Chlor  in 
feuergelb  übergeht. 

Mit  Chlor  geht  Stärkmehl  keine  Verbindung  ein. 

Inulin , Helenin , Alantin , Dahlin  — von  Funcke  1804  ent- 
deckt; von  Rose,  John , Braconnot , Payen,  Waltl , Mulder , zuletzt  von 
Parnell  untersucht.  — Mulder  fand  für  das  Inulin  die  Zusammensetzung  des 
Stärkmehls;  Parnell  erhielt  zwei  Bleiverbindungen,  wovon  die  eine,  nach 
seinen  Analysen,  C24  H42021  -+-5PbO  , die  andere  C24  H36018  -+-  3PbO  ist;  für 
das  bei  100°  getrocknete  Inulin  berechnet  er  die  Formel  C24  H42On. — Findet 
sich  in  der  Alantwurzel  (von  Inula  Helenium ),  den  Wurzeiknollen  der  Dahlie, 
Dahlia  (Qeorginia)  variabiiis , den  Erdäpfeln  (Helianthus  tuberosus),  Cicho- 
rienwurzel (Cichorium Intybus')  und  nach  Waltl  überhaupt  blos  in  den  Wur- 
zeln vieler  Synyenesisten  ( Synantheren ),  die  alle  kein  gewöhnliches  Stärkmehl 
enthalten , vorkommend.  — Das  Inulin  wird  am  einfachsten  aus  den 
gefrornen  Wurzelknollen  der  Dahlien  £ Georginia  variabiiis 
IV. J oder  andern  inulinhaltigen  Wurzeln  wie  das  Xartoffel- 
stärkmehl  erhalten,  indem  man  die  Wurzeln  zu  Brei  zerreibt, 
diesen  auf  ein  feines  Haarsieb  bringt  und  so  lange  reines 
Wasser  jn  einem  feinen  Strahl  aufgiefst,  als  dasselbe  noch 
milchig  durchläuft.  Das  Inulin  setzt  sich  ab,  man  giefst  das 


12  >52 


Flechtenstärkmehl. 


helle  Wasser  ab,  rührt  den  Brei  inst  reinem  Wasser  an,  läfst  j 
ablagern,  und  wiederholt  dieses  so  lange,  bis  das  Wasser 
völlig  farblos  Über  dem  Brei  stellt  (auf  einem  Filter  läfst  es  sich 
nicht  waschen).  Setzt  sich  das  Inulin  nicht  ab,  so  erhitzt  man 
die  Flüssigkeit  zum  Kochen,  nimmt  den  gerinnenden  Eiweifs- 
stoff  ab,  und  läfst  erkalten,  wo  es  sich  bald  ablagert  und 
ausgewaschen  werden  kann.  Aus  trockenen  Wurzeln  wird  es  auch 
durch  Auskochen  mit  heifsem  Wasser  erhalten , wo  es  aus  der  heifs  co- 
lirten  und  durch  Abdampfen  bis  zur  Syrupsdicke  conceacrirfcen  Flüssigkeit  i 
beim  Erkalten  niederfällfc,  und  durch  Auswaschen  mit  kaltem  Wasser,  wie- 
derholtes Lösen  in  kochendem  und  Erkalten  gereinigt  wird.  - — Die  Ei- 
genschaften desselben  sind:  Es  trocknet  zu  einer  weifsen 
brüchigen  Masse  aus,  die  aus  kristallinischen  Körnern  be- 
steht, oder  bildet  ein  zartes  weifses  Pulver  ; klebt  an  den 
Zähnen;  über  dem  Kochpunkt  des  Wassers  ist  es  schmelzbar 

(und  wandelt  sich  hierbei  nach  Waltl  in  Pyro -Inulin , eine  pechartige 
süfsliche  Masse,  die  auch  in  kaltem  Wasser  leichtlöslich  ist,  um.  Auch 
kalte  conc.  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  verwandeln  es  unter  Bräu- 
nung in  diese  Substanz).  Es  ist  geschmacklos,  unlöslich  in  kaltem, 
leichtlöslich  in  heifsem  Wasser.  Die  Lösung  ist  mehr  dünn- 
flüssig, nicht  kleisterartig  wie  von  Stärkmehl.  Beim  Erkalten 
fällt  das  Inulin  wieder  nieder.  Hierdurch  unterscheidet  sich 
dasselbe  vorzüglich  vom  Stärkmehl.  Die  sehr  verdünnte  Lö- 
sung trübt  sich  aber  beim  Erkalten  nicht.  Weingeist^  in 
welchem  Inulin  unlöslich  ist,  fällt  es  hieraus.  lod  färbt  das 
Inulin  nur  vorübergehend  braun.  Kalkwasser,  Zinnsolution, 
Bleizucker,  Quecksilberoxidul-,  Silberoxid-Salze  und  Gallus- 
tinktur fällen  die  wässerige  Lösung  nicht.  Gegen  Alkalien 
verhält  es  sich  wie  Stärkmehl.  Verdünnte  Schwefelsäure  verwan- 
delt es  beim  Kochen  schnell  in  sehr  süfsen  Schleimzucker;  Waltl.  Auch  ■ 
durch  blofses  gelindes  Erhitzen  für  sich  verwandelt  es  sich  in  Zucker; 
Rraconnot.  Mit  Hefe  und  Wasser  vermengt  ist  es  der  geistigen  Gährung 
fähig;  Payen.  — Seit  Kurzem  fängt  man  an,  das  Inulin  als  Arzneimittel 
zu  gebrauchen.  Es  ist  auch,  wie  oben  angeführt,  Bestandteil  officineller 
Pflanzen,  und  ist  vielleicht  nährender  als  Stärkmehl,  da  es  leichter  in 
Wasser  löslich  ist. 

Flechten- oder  Moos-Stärkmehl.  — Formel:  C12h,0o  10OMuider). 
— von  Bei'zelius  entdeckt.  — Es  wird  aus  dem  durch  Kali  u.  s.  w. 
von  dem  Bitterstoff  befreiten  Moos  oder  Flechte  durch  Aus- 
kochen, Erkalten  des  Decocts,  Filtriren  11.  s.  w.  wie  das  i 
Inulin  erhalten.  Schwarze,  braunrothe,  zusammenhängende, 
harte,  spröde  Masse.  Von  der  schwarzfärbenden  Substanz 
wird  es  befreit,  wenn  man  die  siedendheifse  Lösung  mit  Al- 
kohol fällt  QGuerin-VarryJ.  Der  gelatinöse  farblose  Nieder- 
schlag ist  dann  beim  Trocknen  gelblich.  — Geschmacklos. 
Schwillt  im  Wasser  zu  einer  weifsen  durchscheinenden  Gal- 
lerte. Löst  sich  in  kochendem  Wasser  zu  einer  schleimigen 
Flüssigkeit,  aus  der  sich  beim  Erkalten  das  Moosstärkmehl 
gallertartig  ausscheidet.  An  der  Luft  mit  Wasser  gekocht, 
bildet  die  Lösung  auf  der  Oberfläche  unlösliche  Häute,  die 


Hordein,  Stärkmehl  und  Dextrin, 


125S 


sich  zu  Boden  senken  und  leicht  am  Geschirr  anhängen  (daher 
brennt  das  isländische  Moos  leicht  an,  wenn  es  ohne  Umrüh- 
ren auf  offenem  Feuer  gekocht  wird).  — Chlor  verändert  sie 
nicht  bedeutend.  Jodtinktur  färbt  die  Moosstärke  in  der  Auf- 
lösung nicht,  die  Moosgallerte  wird  davon  blau.  Bleiessig 
und  Gallustinktur  fällt  die  Lösung  des  Flechtenstärkmehls. 
Verdünnte  Schwefelsäure  verwandelt  es  beim  Kochen  in  Zu- 
cker, Salpetersäure  in  Oxal-  und  Zuckersäure,  aber  nicht  in 
Schleimsäure.  Gegen  Basen  verhält  es  sich  wie  gewöhnliches 
Stärkmehh 

Macht  den  Hauptbestandteil  der  officinellen  isländischen  Flechte  und 
mehrerer  Präparate  daraus,  als  Gele,  Pasta  u.  s.  w .,  aus. 

Seifenkraut- Satzmehl.  Von  Trommsdorff  entdeckt.  — Durch  Aus- 
kochen der  Seifenkrautwurzel  und  Kraut  ISaponaria  officinalis) , Ver- 
dampfen des  Auszuges  bis  auf  ys,  wo  sich  unreines  Satzmehl  ablagert, 
welches  durch  wiederholtes  Behandeln  mit  kaltem  und  wenig  heifsem  Was- 
ser und  Weingeist  gereinigt  wird,  zu  erhalten.  Eine  weifsgelbe,  lockere, 
leicht  zerreibliche.,  nicht  krystallinische,  geschmack-  und  geruchlose,  au 
der  Zunge  klebende  Masse,  unlöslich  in  kaltem  und  in  700  Th.  heifsem 
Wasser  mit  gelber  Farbe  löslich;  die  Lösung  liefert  beim  Verdampfen  un- 
verändertes Satzmehl.  Säuren  entfärben  die  Lösung,  Alkalien  färben  sie 
grünlichgelb;  Metallsalze,  Gallustinktur  und  Leimlösung  fällen  sid  nicht, 
aber  Eisensalze  fällen  sie  dunkelbraun;  Iod  färbt  sie  griinn,  dann  blau. 
Säuren  und  Alkalien  lösen  es  in  der  Hitze  auf.  In  Aefcher  und  Oelen  ist 
es  uulöslich.  In  der  Hitze  wird  es  zerstört.  Salpetersäure  liefert  damit 
keine  Oxalsäure,  sondern  Kohle  nstickstoffsäure. 

Hordein . Ein  sägespänartiges  Pulver,  welches  nach  Proust  durch 
Waschen  des  Gerstenmehls  erhalten  wird;  ist  nach  Braconnot  und  Guibourt 
ein  blofses  Gemenge  von  häutigen  Theilen  des  Stärkmehls  und  Holzfaser, 
zum  Th  eil  auch  Kleber.  — Das  präparirte  Gerstenmehl,  welches  als  sehr 
leicht  verdauliches  nährendes  Mittel  gerühmt  wird,  bereitet  man,  indem 
Gerstenmehl,  in  einen  Beutel  von  Leinwand  gebunden,  24  Stunden  mit 
Wasser  gekocht  wird.  Nach  dem  Erkalten  zerschneidet  man  die  feste 
Masse , und  trennt  den  mittleren  mehlartigen  Theil  als  den  gebräuchlichen 
von  der  dicken  hornartigen  Rinde. 

Ueber  die  Zusammensetzung  des  Stärkmehls  und  Dextrins . 

Das  Stärkmehl  findet  sich  in  den  Höhlungen  der  Pflanzenzellen  in  Ge- 
stalt kleiner,  im  Sonnenlichte  glänzender  Körner,  welche  keine  Kristall- 
form besitzen;  ihrem  Verhalten  nach  zu  heifsem  Wasser  bestehen  die 
Stärkekörnchen  aus  concentrischen  Schichten  einer  und  derselben  Materie 
{Fritzsche , hink,  Pagen , J aquelaiii) , deren  äulsere  Schicht  durch  kaltes 
Wasser  nicht  angegriffen  wird.  Da  man  nun  durch  Auflösung  der  Weizen- 
stärke in  Salpetersäure  (bei  der  Darstellung  der  Oxalsäure)  stets  eine  ge- 
wisse, wiewohl  verhältnifsmäfsig  kleine  Menge  'Wachs  erhält,  so  ist  es 
nicht  unwahrscheinlich,  dafs  wachs-,  harz-  oder  kautschuckäholiche  Ma- 
terien Jlestandtheile  von  Stärkmehl  ausmachen,  welche  in  gewöhnlichen 
Temperaturen  die  Wirkung  des  Wassers  hindern,  während  sie,  durch  heifses 
Wasser  erweicht,  das  Aufquellen  des  Amylons  mit  Wasser  gestatten. 

Durch  Behandlung  von  Kartoffelstärkmehl  mit  Alkohol  erhielt  Pagen 
nach  dem  Verdampfen  des  Alkohols  %000  von  dem  Gewicht  der  Stärke 
eines  butterartigen  Oels,  was  eine  gewisse  Menge  eines  kristallinischen 
Fettes  enthielt.  Das  Oel  hielt  Pagen  für  fertig  gebildetes  Fuselöl,  was  es 
um  so  weniger  seyn  konnte,  da  gewöhnlicher  Branntwein,  der  50mal  mehr 


1254  Stärkmehlartige  Faser. 

Fuselöl  enthält,  bei  der  Destillation  oder  beim  Verdampfen  keine  Spur 
davon  hinterläfst. 

Von  dem  Gehalt  an  diesen  fremden  Materien  hängt  in  vielen  Stärk- 
niehlarten  ihre  besondere  Wirkung  auf  den  Organismus  ab,  welche  bei 
Stärkmehl  aus  Aronwurzel  ( Faecula  aronis ) oder  Schwerdtlilien  ( Faec . 
iridis ) von  einer  Beimischung  des  in  diesen  Wurzeln  enthaltenen  wirk- 
samen harzartigen  Bestandteils  herrührt. 

In  reinem,  oder  gereinigtem  Zustande  besitzen  alle  Stärkmehlarten , 
aus  welchen  Pflanzen  oder  Pflanzentheilen  sie  auch  dargestellt  seyn  mö- 
gen, einerlei  Zusammensetzung. 

Die  Zusammensetzung  des  bei  100°  im  leeren  Baum  getrockneten  Stärk- 
inehls  entspricht  genau  der  Formel  C15  H20O10. 

Das  reine  Dextrin  enthält  die  nämlichen  Elemente  in  demselben  rela- 
tiven Verhältnisse. 

Das  Stärkmehl  verbindet  sich  mit  Bleioxid  in  zwei  Verhältnissen.  Der 
mittelst  ammoniakhaltigem  basisch -essigsaurem  Bleioxid  und  einer  klaren 
Stärkmehlabkochung  erhaltene  Niederschlag  ist,  im  leeren  Raum  bei  100® 
getrocknet,  nach  der  Formel  C12  H20  O10  -4-  2PbO  zusammengesetzt;  bei 
einer  Temperatur  von  170  — 180°  wird  dieser  Niederschlag  gelb,  unter 
Verlust  von  1 At.  Wasser  (Payen') , allein  er  enthält  alsdanu  nach  Mul- 
der  keine  Stärke  mehr.  Das  Dextrin  giebt  eine  Verbindung  mit  Bleioxid, 
die  nach  der  Formel  C12  H20  0,0,  PbO  und  eine  zweite,  welche  nach  der 
Formel  CiaH20Oj0  -h  2PbO  zusammengesetzt  ist.  Die  letztere  wird  bei  180° 
gelb  und  erleidet  einen  Gewichtsverlust,  der  einem  Atom  Wasser  entspricht. 


Holzartiges  Stärkmehl.  (»S laussure.)  Nach  der  Behandlung  des  an  der 
Luft  zersetzten  Stärkmehlkleistcrs  mit  kochendem  Wasser,  Alkohol,  Aether 
und  verdünnter  Schwefelsäure  bleibt  ein  unlöslicher  Rückstand,  der  von 
schwacher  Kalilauge  aufgenommen  und  daraus  durch  Zusatz  von  verdünn- 
ter Schwefelsäure  in  der  Form  eines  gelben  leichten  Pulvers  fällbar  ist, 
was  sich  mit  Iodtinktur  blau  färbt  und  beim  Trocknen  an  der  Luft  schwarz 
wird. 

Stärkmehlartiye  Faser.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  Einhof  den 
faserigen  Brei  von  Zellenwänden,  welcher  nach  dem  Zerreiben  der  Kar- 
toffeln und  Auswaschen  der  Stärke  zurückbleibt.  Sie  erscheint  in  durch- 
scheinenden Fasern,  welche  beim  Kochen  mit  Wasser  gallertartig  auf- 
quellen und  erst  bei  langem  Kochen  einen  Kleister  bilden.  Durch  Iod- 
tinktur werden  sie  tief  blau  gefärbt,  beim  Trocknen  grauweifs,  hart  und 
brüchig. 

Vauquelin  erhielt  durch  Kochen  mit  Wasser  aus  dieser  Faser  % bis  Vs 
Holzfaser.  Clouei  erhielt  nach  dem  Kochen  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
daraus  ebenfalls  % p.  c.  von  dem  Gewichte  der  Kartoffeln  einer  reinen 
Holzfaser.  Durch  Verdampfen  der  wässerigen  Abkochung  der  frischen 
Kartoffelfaser  erhielt  Vauquelin  einen  nur  in  siedendem  Wasser  löslichen 
Schleim  oder  Gummi  (Pectin  oder  Pectinsänre;  L.  Gmelin') , der  sich  von 
Dextrin  dadurch  unterschied,  dafs  er  bei  Behandlung  mit  Salpetersäure 
Schleimsäure  bildete. 

Die  jungen  Wurzeln  der  Steckrüben  und  gelben  Rüben  enthalten  eben- 
falls stärkmehlartige  Faser  (Pectin?);  Einhof. 

Aehnlich  dieser  stärkmehlartigen  Faser  ist  das  von  Schleiden  beschrie- 
bene Amyloid , womit  er  eine  Substanz  der  Zellenwände  in  den  Samen- 
lappen von  Schotia  lalifolia , speciosa,  Hymenaect  Courbaril , Alumana 
urens  etc.  bezeichnet.  Zerschneidet  man  die  Cotyledonensubstanz  in  feine 
Späne  und  benetzt  sie  mit  Iodtinktur,  so  nehmen  die  Zellenwände  eine 
blaue  Farbe  an.  Mit  Wasser  gekocht  bilden  sie  eine  schleimige,  nicht 
kleisterartige  Flüssigkeit,  die  sich  mit  lodwasser  goldgelb  färbt;  durch 
weingeistige  Iodtinktur  wird  sie  hingegen  als  eine  blaue  Gallerte  nieder- 
geschlagen. Der  blaue  Niederschlag  löst  sich  in  destitlirtem  Wasser  mit 


Stärkraehlartige  Faser. 


1255 


gelber  Farbe.  (Da  der  Weingeist  der  Iodtinktur  alle  Arten  von  Schleime 
gallertartig  fällt,  und  durch  Vermischen  mit  Wasser  Iod  als  feines  Pulver 
daraus  abgeschieden  wird,  so  ist  die  Anwesenheit  einer  stärkmehlähnlichen 
löslichen  Substanz  in  diesen  Samen  sehr  zweifelhaft.)  Nach  dem  Kochen 
mit  Wasser  wird  das  ungelöst  zuriickbleibende  der  Samenlappen  von  Iod- 
tinktur  noch  blau  gefärbt. 

Papier  erweicht  sich  in  mäfsig  concentrirter  Salpetersäure  und  wird 
gallertartig,  bei  Zusatz  von  Iodtinkfur  färbt  sich  die  Masse  stellenweise 
blau.  (L.  GmelihJ 

Wird  nach  Schleiden  feinzertheilte  Holzsubstanz,  z.  B.  Raspelspäne 
von  Kiehnspänen  (JP inus  sylvestris } mit  Aetzkalilauge  abgedampft  und  eine 
Zeitlang  im  Sieden  erhalten,  das  Alkali  sodann  mit  Schwefelsäure  über- 
sättgt  und  Iodtinktur  zugesetzt,  so  färben  sie  sich  blau  oder  schwarzblau. 
Nach  demselben  Beobachter  wird  Baumwolle  in  Stärk  ml  hl  übergeführt, 
wenn  sie  mit  mäfsig  concentrirter  Schwefelsäure  (3  Th.  concentrirter  Säure 
und  1 Th.  Wasser)  befeuchtet  eine  halbe  Minute  stehen  gelassen,  in  einem 
PorcelJanmörser  zerrieben  und  zu  der  Masse  eine  reichliche  Quantität  Iod- 
tinktur zugesetzt  wird,  wo  sich  die  Baumwolle  tief  dunkelblau  färbt. 

Dieser  Versuch  gelingt  leicht  und  die  Baumwolle  nimmt  in  der  Timt 
unter  diesen  Umständen  die  blaue  Farbe  der  lodstärke  an;  allein  nichts- 
destoweniger darf  man  den  Schlüssen , die  man  aus  der  Entstehung  der 
blauen  Farbe  gezogen  hat,  keine  zu  grofse  Bedeutung  beilegen.  Die  blaue 
Farbe  der  lodstärke  ist  nämlich  nichts  anders  als  die  Farbe  des  unendlich 
feiuzertheilten  Iods,  ähnlich  wie  die  Purpurfarbe  vieler  Goldverbindungen 
dem  metallischen  Golde  angeliört.  Die  Stärke  verhält  sich  gegen  Iod  ähn- 
lich wie  Thouerdehydrat  gegen  Farbstoffe , und  wenn  wir  die  Oberfläche 
eines  Körpers,  eines  organischen  oder  unorganischen,  nwt  Iod  in  gleicher 
Weise  zu  verbinden  vermögen,  so  erscheint  diese  blau,  weil  das  fein- 
zertheüte  Iod  eine  tief  violettblaue  Farbe  besitzt.  Leinwand  mit  concen- 
fcrirter  Schwefelsäure  befeuchtet  wird  gallertartig  und  durch  Zusatz  von 
Iodtinktur  blau  gefärbt.  Wird  die  Schwefelsäure  völlig,  zuerst  mit  Alko- 
hol, zuletzt  mit  Wasser  ausgewaschen,  so  färbt  sich  der  Rückstand  durch 
eine  Auflösung  von  Iod  mit  Essigsäure  nicht  mehr  blau.  Mit  Iodtinktur 
befeuchtet  erscheint  sie  ebenfalls  nicht  blau,  setzt  man  aber  Wasser  zu, 
wodurch  Iod  aus  der  Iodtinktur  auf  die  aufgequollene  Faser  gefällt  wird, 
so  nimmt  sie  eine  blaue  Farbe  an.  Dasselbe  zeigt  sich  mit  Leinwand,  die 
man  mit  concentrirter  Kalilauge  einige  Minuten  im  Sieden  erhalten  hat,  bis 
sie  eine  braungelbe  Farbe  aonimmt;  wird  alsdann  das  Kali  durch  Essig- 
säure neutralisirt,  die  Flüssigkeit  hinweggegossen  und  die  rückständige 
Leinwand  mit  Iodtinktur  befeuchtet,  so  färbt  sie  sich  beim  Zusatz  von 
Wasser  tief  blau. 

Das  sich  iu  beiden  Fällen  Färbende  ist  nicht  die  Leinwand,  sondern 
ein  durch  die  Einwirkung  der  Schwefelsäure  oder  des  Kali’s  neugebildeter 
Körper,  der  in  seinem  Verhalten  von  Stärke  gänzlich  abweicht. 

Hängt  inan  mit  concentrirter  Schwefelsäure  befeuchtete  Leinwand  über 
einer  reinen  Porcellansclmle  auf,  so  zieht  die  Schwefelsäure  nach  und 
nach  Wasser  an  und  es  sammelt  sich  in  der  Schale  eine  farblose,  ganz 
durchsichtige,  sehr  saure  Flüssigkeit  au,  welche  folgendes  Verhalten  zeigt. 
Sich  selbst  überlassen  wird  sie  dick  und  gallertartig  und  giebt  bei  Zusatz 
von  Wasser  einen  wreifsen  Niederschlag,  der  bei  Zusatz  von  Iodtinktur 
völlig  weifs  bleibt.  Wird  aber  die  Iodtinktur  zuerst  und  nachher  erst 
Wasser  zugesetzt,  so  schlägt  sich  Iod  und  der  weifse  Körper  gleichzeitig 
nieder,  und  in  diesem  Fall  erhält  man  den  Niederschlag  blau,  d.  h.  durch 
Iod  gefärbt. 

Das  Flechten-  oder  Moosstärkmehl,  sowie  das  Inulin,  werden  in  ihren 
wässerigen  Lösungen  durch  Iod  nicht  blau  gefärbt,  beide  stehen  aber  in 
ihrem  chemischen  Verhalten  dem  Stärkmehl  unendlich  näher,  wie  die  Holz- 
faser, und  die  Ursache,  dafs  sie  sich  durch  Iod  nicht  färben,  liegt  offen- 
bar darin , dafs  sie  sich  in  Wasser  vollkommen  lösen  und  im  gelösten  Zu- 
stande keine  Verbindung  mit  Iod  eingehen,  während  sich  auf  den  feinzer- 


nm 


Gummi. 


fcheilteu  aufgequollenen  Flocken  des  Stärkmehls  das  lod  niederschlägt.  Die 
durchscheinende  Moosgallertc  hingegen  färbt  sich  mit  lodtinktur  blau. 

Gummi, 

Mit  dem  Namen  Gummi  bezeichnete  man  ehedem  eine  Menge  höchst 
verschiedenartiger  Substanzen,  welche,  aus  Pflanzen  ausschwitzend  oder 
ausfliefsend  und  erhärtend,  nur  durch  diese  Form  ihres  Vorkommens  Aehn- 
lichkeit  mit  einander  hatten;  viele  natürlichen  IJarze,  Camphor  hiefsen 
Gummi.  Die  nähere  Kenntnifs  und  Erforschung  der  Eigenschaften  dieser 
verschiedenartigen  Substanzen  führte  später,  indem  man  die  ähnlichen  zu- 
sammenstellte , auf  mehrere  Gruppen,  von  denen  die  Gummigruppe  in  dem 
Folgenden  abgehandelt  werden  soll. 

§.  257.  Mit  Gummi  bezeichnet  man  ira  Allgemeinen  einen 
in  dem  Pflanzenreiche  sehr  verbreiteten  Bestandteil,  welcher 
ira  reinen  Zustande  eine  feste,  trockne,  spröde,  durchsichtige 
oder  durchscheinende,  farblose  (zuweilen  durch  fremde  Bei- 
mischungen gefärbte)  Masse  von  glänzendem  muschligem 
Bruch  darstellt.  Der  Hauptcharakter  der  Gummiarten  ist  ihre 
Unfähigkeit  zu  kristallisiren,  ihre  Geruch-  und  Geschmack- 
lösigkeit  und  ihre  Unlöslichkeit  in  Aether,  Alkohol,  fetten 
und  ätherischen  Oelen. 

§.  258.  Durch  ihr  Verhalten  gegen  kaltes  Wasser  las- 
sen sich  die  verschiedenen  Gummiarten  in  mehrere  Unterab- 
theilungen bringen : i)  In  kaltem  Wasser  lösliches  Gummi; 
a)  Arabin , b)  Schleim,  — 2)  In  kaltem  Wasser  nur  auf - 
schwellendes  Gummi;  a)  Bassorin>  b)  Cerasin , c)  Pectin, 
In  ihrem  chemischen  Verhalten  haben  diese  verschiedenen 
Gummiarten  die  Eigenschaft  gemein,  dafs  sie  mit  Salpeter- 
säure unter  andern  Produkten  Schleimsäure  liefern. 

§.  259.  Nach  ihrer  Zusammensetzung  geordnet  gehören 
die  verschiedenen  Gummiarten  zwei  Klassen  durchaus  ver- 
schiedener Verbindungen  an,  welehe  getrennt  werden  müs- 
sen, indem  sie,  bis  auf  ihre  Geschmacklosigkeit  und  Unkri- 
stallisirbarkeit,  kaum  eine  andere  Eigenschaft  mit  einander 
gemein  haben,  (da  man  nameotlicli  die  Bildung  der  Schleimsäure 
als  Oxidationsprodukt  durch  Salpetersäure  nicht  als  Charakter  eines 
Gummi’s  ansehen  kann,  indem  der  Milchzucker,  den  mau  nicht  zu  den 
Gummiarten  rechnet,  uuter  denselben  Umständen  ebenfalls  Schleimsäure 
liefert).  Das  Cerasin  enthält  nämlich  in  seiner  Zusammen- 
setzung Kohlenstoff,  Wasserstoff  und  Sauerstoff,  die  beiden 
letzteren  Elemente  genau  in  dem  Verhältnis  wie  im  Wasser; 
Schleim , Bassorin,  Pectin  enthalten  ein  gröfseres  Verhältnis 
von  Sauerstoff. 

1)  In  kaltem  Wasser  lösliches  Gummi, 

Arabin, 

Kommt  möglichst  rein  als  arabisches,  Senegal-Gummi  ( Gummi  arabi- 
cum, G.  Senegal')  vor.  Fliefst  aus  mehreren  Acacienarten,  als  Acacia 


Cfummi.  1257 

tortiüs,  Sejal,  Ehrenbergi,  vera,  arabica,  Senegal  u.  s.  w.  , als  ein  an 
der  Luft  erhärtender  Saft  aus. 

Ueber  seine  Zusammensetzung  siehe  Anhang. 

§.  260.  Das  gemeine  (arabische)  Gummi  hat  die  §.  257 
u.  258  i)  angegebenen  Eigenschaften.  Ist  im  reinsten  Zu- 
stande farblosdurchsichtig  (geringere  Sorten  sind  mehr  oder 
weniger  gelb  oder  braun.  Durch  Erhitzen  der  wässerigen  Lösung 
mit  seht'  wenig  Chlor  läfst  sich  das  braune  Gummi  schnell  entfärben), 

hart,  spröde,  von  stark  glänzendem  muschligen  Bruch.  Spec. 
Gewicht  1,3  bis  1,1.  Schmeckt  fade,  schwach  süfslieh,  zer- 
geht im  Munde,  klebt  stark  an  den  Zähnen.  Im  lufttrocknen 
Zustande  enthält  es  gegen  16  p.  c.  Wasser,  welches  es  bei 
anhaltendem  Erhitzen  bis  zum  Kochpunkt  des  Wassers  ver- 
liert, aufserdem  enthält  es  noch  gegen  3 p.  c.  Salze.  Das 
von  beiden  möglichst  befreite  reine  Gummi,  Arahin , ist  eine 
farblose,  ganz  geschmacklose  Masse;  unschmelzbar,  wird  je- 
doch bei  182°  C.  weich  und  läfst  sich  in  Fäden  ziehen,  in 
stärkerer  Hitze  wird  es  zerstört.  ■—  In  kaltem  Wasser  ist  das 
Gummi  leicht  löslich,  bildet  mit  wenig  Wasser  einen  sehr 
Zähen  klebenden  Schleim.  (Die  Lösung  von  einem  Theil  arabischem 
Gummi  in  3 Theilen  Wasser  hat  Syrupconsistenz.  Wird  diese  mit  % Bo- 
rax zusammengerieben,  so  erstarrt  das  Ganze  zu  einer  dichten,  gallert- 
artigen, fast  festen  Masse;  Zuckersaft,  auch  Säuren  und  weinsteiusaures 
Kali,  machen  die  Verbindung  wieder  flüssig,  syruparfcig.  Aehnlieh  wirken 
andere  boraxsaure  Alkalien.)  Aetzkali  coagulirt  die  Gummilösung, 
ein  Ueberschüfs  macht  sie  wieder  klar,  Alkohol  schlägt  die 
Verbindung  käseartig  nieder.  Sn  Wasser  ist  dieselbe  leicht 
löslich.  Kieselfeuchtigkeit  trübt  die  wässerige  Lösung  und 
fällt  sie  nach  einiger  Zeit  in  weifsen  Flocken ; schwefelsaures 
Eisenoxid  fällt  sie  in  dichten  gelben  Flocken,  oder  gesteht 
damit  zu  einer  gelben  gallertartigen  Masse.  Dieser  Nieder- 
schlag ist  in  überschüssiger  Kalilauge  löslich.  Bleiessig  (nicht 
Bleizucker)  fällt  sie  in  dichten,  weifsen,  käsigen  Flocken. 
Auch  salpetersaures  Ouecksiiberoxidu!  fällt  sie  weifs.  Wenn 

man  zu  einer  durch  Aetzkali  alkalisch  gemachten  Gummiauflösung  schwe- 
felsaures Kupferoxid  zusetzt,  so  entsteht,  ein  blauer  Niederschlag,  den 
man  in  der  Flüssigkeit  zum  Sieden  erhitzen  kann,  ohne  dafs  er  schwarz 
wird.  (Siehe  das  Verhalten  des  Dextrins.) 

Durch  starken  Weingeist  wird  eine  Gummiauflösung  in 
weifsen  käsigen  Flocken  gefällt,  GalSusaufgufs  bringt  keine 
Veränderung  darin  hervor.  Gummi  ist  nicht  der  geistigen 
Gährung  fähig. 

Die  verdünnte  Auflösung  des  Gummi’s  wird  an  der  Luft  schimmlicht 
und  nimmt  eine  saure  Reaction  an.  Nach  Brugnatelli,  Biot  und  Persoz, 
verwandelt  sich  das  Gummi  vollständig  in  gährungsfähigen  Traubenzucker, 
wenn  eine  Mischung  von  798  Th.  Gummi  in  1724  Wasser  gelöst  mit  150 
concentrirter  Schwefelsäure,  verdünnt  mit  200  Th.  Wasser,  eine  Zeitlang 
in  einer  Temperatur  von  96°  erhalten  wird. 

Nach  den  Versuchen  von  Vauquelin  und  Simonin  entsteht  durch  die 
Einwirkung  von  Chlorgas  auf  eine  Gummiauflosuug  eine  organische  Säure 

Geigers  Pharmazie t I.  {Sie  jiufl.)  80 


1258 


Schleim. 


( Vaicquelin  hält  sie  für  Citronsäure),  welche  von  Andern  nicht  erhalten 
werden  konnte. 

In  der  Pharmacie  wird  das  Gummi  häufig  als  Arzneimittel  in  Wasser 
gelöst  zu  Mixturen,  Emulsionen  etc.  angewendet;  es  mufs  rein  weifs,  ge- 
schmacklos und  in  Wasser  vollkommen  löslich  seyn;  bleiben  aufgequollene 
gallertartige  Theile,  so  war  es  mit  andern  Gummiarten  verfälscht. 

Beim  Pulvern  des  Gummi’s  in  metallenen  Mörsern  mufs  allzuheftiges 
Stofsen  vermieden  werden , sonst  nimmt  es  leicht  einen  (häufig  vorkom- 
menden)  brandigen  Geschmack  an. 

Das  arabische  und  Senegal- Gummi  hinterläfst  nach  dem  Einäschern 
mehrentheils  2 — 3 p.  c.  einer  weifsen  Asche , in  welcher  Kalk  ein  nie 
fehlender  Bestandteil  ist. 


b)  Lösliches  schleimiges  Gummi y Schleim. 

Kommt  in  vielen  Pflanzentheilen  vor,  z.  B.  dem  Flohsamen  (von  Plau- 
tago  Psyllium),  dem  Leinsamen  (von  Linum  usitatissimum),  den  Quitten- 
kernen (von  Pyrus  Cydonia).  Die  Asperifoliae  (oder  Boragineen),  z.  B. 
Symphj’tuin  u.  s.  w.,  so  wie  die  Linne’sche  Klasse  Monadelphia,  Ordnung 
Polyandria  oder  die  Familie  der  Malvaceen  enthält  vorzüglich  schleim- 
haltige Pflanzen,  wie  Althaea,  Malva  etc.;  — in  dem  Bockshornsamen 
(von  Trigonella  Foenum  graecum)  u.  v.  a. 

§.  261.  Man  erhält  den  Schleim  aus  diesen  Pflanzen 
durch  Einweichen  in  kaltes  Wasser,  oder  Ausziehen  mit 
heifsem,  und  Behandeln  des  Auszugs  mit  Weingeist;  der 
Schleim  scheidet  sich  ab.  — Der  Schleim  unterscheidet  sich 
von  dem  gemeinen  Gummi,  dafs  er  nicht  so  klar  durchsich- 
tig, im  trockenen  Zustande  weniger  brüchig,  mehr  zähe  ist. 
Er  löst  sich  ebenfalls  in  kaltem  Wasser;  die  Lösung  ist  aber 
weniger  klar,  meistens  aufgequollener  (i  Th.  Quittenkerne  macht 
48  Th.  Wasser  so  dickflüssig  wie  Syrup)  und  mehr  schlüpfrig  faden- 
ziehend ; sie  wird  häufig  durch  Säuren  und  viele  Salze  ge- 
fällt, welche  die  Lösung  des  Gummi’s  nicht  verändern,  z.  B. 
durch  Alaun,  Zinnsolution,  Bleizucker;  dagegen  fällt  sie  die 
Kieselfeuchtigkeit  nicht;  auch  Boraxlösuug  verdickt  den  Schleim  Eicht. 
In  der  Hitze  verhält  sich  der  Schleim  wie  gemeines  Gummi;  Salpetersäure 
bildet  damit  neben  Kleesäure  auch  zum  Theil  Schleimsäure  und  Kohlen- 
stickstoffsäure. 

Die  Schleime  werden  häufig  als  Arzneimittel  verwendet:  Den  Lein- 
samenschleim C Mucilago  sem.  Lini ) erhält  man  aus  den  ganzen  Samen  mit 
hockendem  oder  bis  auf  56°  C.  erwärmtem  Wasser,  Den  Quittenkern- 
schleim CMuc.  sem.  Cydonior .)  durch  Einweichen  der  ganzen  Kerne  in 
kaltes  oder  laues  Wasser  (der  Schleim  umgiebt  als  ein  körnig  durchsich- 
tiger Ueberzug  die  Samen);  auf  1 Theil  werden  48  — 60  Theile  Wasser 
genommen  (auch  kann  man  den  schleimigen  Auszug  im  Wasserbad  zur 
Trockne  verdampfen , und  den  trockenen  Schleim  beim  Dispensiren  ver- 
wenden. Es  mufs  aber  vorsichtig  verfahren  werden  , damit  der  Schleim 
sich  nicht  verändere,  brandig  werde).  Aus  Althaea  u.  s.  w.  durch  Aus- 
kochen  mit  Wasser;  hier  wird  zugleich  das  in  den  Pflanzen  enthaltene 
Stärkniehl  in  Schleim  (Kleister)  verwandelt.  Durch  Maceration  der  Wur 
zel  mit  kaltem  Wasser  erhält  man  den  Schleim  reiner. 


Bassorin,  Cerasin. 


1259 


2)  In  kaltem  Wasser  unlösliches , nur  au  ['s  cfm  eilendes 

Gummi . 

a)  Bassorin  y Traganlhstoff* 

Diese  Gummiart  ist  von  Vauquelin  und  Bucholz  zuerst  genauer  un= 
(ersucht  worden.  — Findet  sich  im  Bassoragummi,  Kutteragummi,  dem 
Tragantli  (von  Astragalus  creticus  etc.). 

262.  Der  Hauptbestandteil  des  Bassora-  und  Tra- 
ganthgumrai’s,  SO  wie  der  Salap.  Das  Traganthgummi  enthalt 
deutlich  unter  dem  Microscope  erkennbare  Amylon-Körnchen ; der  durch 
siedendes  Wasser  bereitete  Schleim  färbt  sich  beim  Zusatz  von  Iodtinktur 
tiefblau.  Der  mit  kaltem  Wasser  bereitete  Salapschleim  wird  wie  der 
darin  unlösliche  Rückstand  durch  Iodtinktur  blau  gefärbt.  — Eine  dem 

gemeinen  Gummi  im  äufsern  Ansehen  ähnliche^  farblose  Sub- 
stanz, die  aber  nur  halb  durchsichtig  ist,  schwer  pulverisir- 
bar;  geruch-  und  geschmacklos;  auf  der  Zunge  nur  erwei- 
chend und  eine  körnig  schlüpfrige  Masse  bildend,  ohne  zu 
zergehen.  — In  kaltem  Wasser  erweicht  es,  quillt  sehr  stark 
auf  und  kann  das  oÖfache  Gewicht  aufnehmen,  damit  eine 
steife  durchsichtige,  schlüpfrige  Gallerte  bildena,  ohne  sich 
darin  zu  lösen,  auch  in  kochendem  Wasser  löst  sich  reines 
Bassorin  nicht  vollständig;  reine  Alkalien  bilden  damit  eine 
klare  Auflösung,  auch  Kieselfeuchtigkeit  löst  die  aufgequol- 
lene Masse. 

Das  reine  Bassorin  ist  nicht  offieinell;  macht  aber  die  Hauptmasse 
des  Traganths  und  Salaps  aus.  Diese  werden  als  Pulver,  Traganthschleini 
und  Salapschleim  angeweudet;  der  Tragauthsyrup  ist  eine  Lösung  von 
16  Th.  Zucker  in  9 Th.  dickem  Traganthschleim.  — Den  Salapschleim  be- 
reitet man,  indem  1 Th.  Salap-Pulver  mit  48  Th.  Wasser  unter  beständi- 
gem Rühren  gekocht  oder  erhitzt  wird,  bis  ein  dicker  Schleim  entstanden 
ist.  In  der  Kälte  schwillt  Salap  nur  sehr  langsam  mit  Wasser  zu  Schleim 
an.  Der  Salapschleim  erstarrt , mit  reiner  Magnesia  vermengt , zu  einer 
dichten  festen  Gallerte  (E.  Brandes  im  Archiv  des  Apothekervereins  im 
nördl.  Deutschland);  auch  mit  Borax  verdickt  sich  der  Salapschleim. 

Cerasin.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  Guerin  einen  dem  Bassorin 
ähnlichen  Bestaudtheil  des  aus  Kirsch-,  Pflaumen-  und  Mandelbäumen  aus- 
schwitzenden Gummi’s.  Wenn  man  diese  Gummiarten  mit  400  Th.  Wasser 
von  20°  digerirt,  so  löst  sich  ein  dem  Arabin  ähnliches  Gummi  auf  und 
es  bleibt  (bei  dem  Kirschgummi  35  p.  c.)  einer  aufgequollenen  Masse  zu- 
rück, welche  das  Cerasin  darstellt.  Es  unterscheidet  sich  von  dem  Bas- 
sorin durch  etwas  gröfsere  Durchsichtigkeit  und  ist  leichter  in  Pulver  zu 
verwandeln ; es  schwillt  im  Wasser  weniger  auf  und  giebt  damit  eine  mehr 
fadenziehende  schlüpfrige  Masse.  Durch  anhaltendes  Sieden  mit  Wasser 
soll  es  in  Arabin  übergehen.  CGuerin-Varry .)  Der  in  kaltem  Wasser  lös- 
liche Bestandtheil  des  Kirschgummi’s  giebt  mit  Zinnchlorür  eine  feste  Gal- 
lerte, durch  schwefelsaures  Eisenoxid  wird  er  nicht  gefällt,  durch  Blei- 
essig erst  nach  24  Stunden. 

Gummi , durch  die  sogenannte  Schleimgährung  erzeugt.  Zucker- 
haltige Pflanzensäfte,  der  Saft  von  Runkelrüben,  Möhren  etc.,  erleiden 
in  höherer  Temperatur  sich  selbst  überlassen  eine  eigentlüimliche  Zer- 
setzungsweise (Gährung),  in  welcher  der  Zucker  verschwindet.  An  seiner 
Stelle  findet  man  in  der  Flüssigkeit  gelöst  Milchsäure , Mannit,  und  neben 
diesen  eine  Substanz,  wodurch  sie  eine  schleimige  Beschaffenheit  erhält. 


1260 


Pectin. 


Zur  Trockne  abgedampft  und  mit  Alkohol  von  aller  Milchsäure  und  Mannit 
befreit,  bleibt  eine  dem  Arabin  ähnliche  Substanz  zurück,  die  sich  in  Was- 
ser zu  einer  schleimigen  Flüssigkeit  löst.  Nach  der  Analyse  von  Kircher 
besitzt  dieser  Körper  die  Zusammensetzung  des  Arabius. 

Ein  diesem  ähnliches  Gummi  scheint  bei  der  Verderbnifs  des  Zucker- 
rohrsaftes zu  entstehen,  es  ist  übrigens  (nach  Vauquelin ) insofern  ver- 
schieden von  den  beschriebenen  Gummiarten , als  es  mit  Salpetersäure 
keine  Schleimsäure  bildet,  (üeber  das  durch  Veränderung  des  Amylons 
entstehende  Gummi  siehe  Dextrin.) 

Die  Phyteumacolla  und  das  Pseudotoxin  von  Brandes  scheinen  auch 
zum  Theil  hierher  zu  gehören.  Diese  Substanzen  begleiten  die  meisten 
wässerigen  Pflanzenextracte , sind  sehr  schwer  von  den  übrigen  Pflanzen- 
stoffen zu  trennen , so  wie  sie  selbst  äufserst  schwer  im  reinen  Zustande 
darzustellen  sind  (vielleicht  noch  nie  dargestellt  wurden  [?]).  Sie  haben 
den  Charakter  von  Gummi,  nämlich  leichte  Löslichkeit  in  Wasser,  Unlös- 
lichkeit oder  Schwerlöslichkeit  in  Weingeist  (auch  Gummi  ist  in  wässeri- 
gem Weingeist  nicht  ganz  unlöslich).  Sind  aber  immer  mehr  oder  weniger 
braungefärbt  und  stickstoffhaltig. 

Pectin. 

Die  Eigenschaft  mit  Zucker  aufgekochter  Säfte  von  Aepfeln,  Johannis- 
beeren, Kirschen  etc.,  bei  einer  gewissen  Concentration  zu  einer  Gallerte 
zu  erstarren,  veranlagte  Braconnot  zu  einer  näheren  Untersuchung  dieser 
Früchte,  und  es  gelang  ihm,  die  gelatinirende  Substanz,  der  sie  diese 
Eigenschaft  verdanken,  darzusteiien ; sie  wurde  von  ihm  mit  dem  Namen 
Pectin  bezeichnet  (von  coagulum).  Wird  der  ausprefste  Saft  fleischi- 

ger Früchte  zum  Sieden  erhitzt,  filtrirt,  sodann  mit  Alkohol  vermischt, 
so  gelatinirt  der  Saft  entweder  sogleich  oder  nach  einigen  Tagen  zu  einer 
farblosen  Gallerte.  Wird  sie  zum  zweitenmal  mit  Wasser  aufgenommen 
und  wiederholt  mit  Alkohol  gefällt  und  damit  ausgewaschen,  so  erhält  man 
ein  reineres  Pectin. 

Das  Pectin  ist  halbdurchscheinend,  in  dünnen  Blättern  getrocknet  der 
Hausenblase  ähnlich;  in  Wasser  quillt  es  zu  einer  Gallerte  auf,  ohne  sich 
vollständig  zu  lösen.  Durch  Kochen  mit  Salpetersäure  giebt  es  Oxalsäure 
und  Schleimsäure,  die  nämlichen  Produkte  wie  Gummi  und  Schleim. 

Nach  dem  Verbrennen  hinterläfst  das  Pectin  unter  allen  Umständen 
eine  gewisse  Menge  Asche,  die  aus  kohlensaurem  uud  phosphorsaurem 
Kalk  besteht. 

Bei  Berührung  mit  alkalischen  Basen  verwandelt  sich  das  Pectin  in 
Pectinsäure.  Bei  längerem  Kochen  mit  verdünnten  Säuren  verwandelt  sich 
Pectin  nicht  in  Zucker.  ( Fremy. ) 

Pectinsäure  (Acidum  pecticum,  Acide  pectique').  Diese  Säure  ent- 
deckte Braconnot  1825.  Sie  ist  sehr  allgemein  im  Pflanzenreich  verbrei- 
tet, in  vielen  Wurzeln,  Kartoffeln,  Möhren,  Sellerie,  Zwiebeln,  Grind- 
wurzein,  Gichtrosen,  Rüben,  Scorzoneren  u.  s.  w. ; in  den  Stengeln  und 
Blättern  krautartiger  Gewächse,  in  den  Rinden  der  Bäume.  In  den  Obst- 
arteu , Aepfeln,  Birnen , Pflaumen,  Johannisbeeren,  den  Kürbisfrüchten 
u.  a. , ist  die  Pectinsäure  nach  Braconnot  noch  nicht  gebildet  vorhanden, 
sondern  wird  nach  demselben  erst  durch  Einwirkung  von  Alkalien  in  Pectin- 
säure verwandelt.  — Man  erhält  die  Pectinsäure,  indem  die  Pflanzentheile 
mit  schwach  alkalischem  Wasser  ausgezogen  und  die  Lösungen  durch 
Säuren  u.  s.  w.  zerlegt  werden.  — Z.  B.  aus  Möhren : Diese  werden  zer- 
rieben, der  Saft  ausgeprefst,  der  Rückstand  mit  reinem  destillirten  (nicht 
kalkhaltigem)  Wasser  so  lange  gewaschen  , bis  es  ungefärbt  abläuft.  Dann 
werden  auf  50  Theile  des  geprefsten  Rückstandes  300  Theile  Wasser  und 
1 Theil  Aetzkali  ( Vauquelin  nimmt  doppelt  kohlensaures  Kali)  genommen 
und  % Stunde  gekocht,  Iseifs  kolirt  uud  geprefst.  Die  Flüssigkeit  gesteht 


Pectinsaure,  Metapectinsäure. 


4261 


beim  Erkalten  zu  einer  Gallerte.  Man  schlägt  die  Pectinsäure  mit  einer 
Säure  (Salzsäure)  nieder , oder  besser , man  versetzt  das  pectinsaure  Kali 
mit  einer  verdünnten  Lösung  von  Chlorcalcium  , so  lange  ein  Niederschlag 
entstellt;  wäscht  die  erhaltene  Gallerte  mit  kaltem  Wasser,  erhitzt  sie 
dann  mit  etwas  Wasser  und  setzt  Salzsäure  zu,  um  den  Kalk  und  Stärk- 
mehl aufzulösen,  wäscht  den  Rückstand  aufs  Neue  reit  kaltem  Wasser  und 
trocknet  ihn  in  gelinder  Wärme.  — Vauquelin  schlägt  mit  Chlorbarium 
nieder,  zerlegt  den  gewaschenen  Niederschlag  mit  überschüssiger  Schwe- 
felsäure, versetzt  die  Flüssigkeit  mit  Aetzkali  und  zerlegt  das  pectinsaure 
Kali  mit  Salzsäure  u.  s.  w.  — Die  Eigenschaften  dieser  Säure  sind:  Sie 
erscheint  trocken  in  durchsichtigen  Lamellen;  in  kaltem  Wasser  ist  sie 
kaum  löslich,  schwillt  auch  wenig  darin  auf,  in  heifseni  ist  sie  etwas  lös- 
licher. Reim  Niederschlagen  aus  ihrer  Verbindung  mit  Alkalien  erscheint 
sie  als  eine  farblose  durchsichtige  Gallerte,  die  säuerlich  schmeckt  und 
Lackmus  röthet,  auch  jetzt  in  heifsem  Wasser  löslicher  ist.  Säuren,  die 
meisten  Salze,  Alkohol,  Zucker  u.  s.  w.  schlagen  sie  als  Gallerte  nieder. 
Eine  Auflösung  von  Pectinsaure  in  schwacher  Kalilauge  verliert  bei  anhal- 
tendem Sieden  ihre  Fähigkeit,  durch  Säuren  gallertartig  gefällt  zu  werden 
CFremyJ'y  es  entsteht  in  diesem  Fall  eine  neue  Säure,  welche  Fremy  ent- 
deckt und  Metapectinsäure  genannt  hat.  ■ — Ueberschüssige  ätzende  Alka- 
lien verwandeln  die  Pectinsaure  in  der  Hitze  in  Kleesäure.  {Vauquelin.) 
Mit  Basen  bildet  sie  die  pectinsauren  Salze.  Io  reinen  wässerigen  Alka- 
lien ist  sie  in  der  Wärme  leicht  löslich.  Die  Lösungen  schmecken  fade, 
nicht  alkalisch,  sind  neutral;  sie  zerlegt  selbst  kohlensaure  Alkalien  und 
scheidet  die  Kohlensäure  aus,  Alkohol  macht  diese  Lösung  gallertartig 
gerinnen,  auch  ein  Ueberschufs  von  Kali  oder  Natron  macht  die  Losung 
gerinnen,  daher  ein  solcher  bei  ihrer  Bereitung  zu  vermeiden  ist.  Ammo- 
niak macht  die  Lösung  nicht  gerinnen.  Die  pectinsauren  reinen  Alkalien 
trocknen  beim  Verdampfen  zu  einer  gurnmiähnlichen  Masse  aus,  die  in 
reinem  Wasser  unverändert  löslich  ist.  Mit  erdig  alkalischen,  erdigen  und 
schweren  M e tallsalzen  bilden  sie  unlösliche  gallertartige  Niederschläge. 
Die  Pectinsaure  hat  überhaupt  grofse  Affinität  zu  den  schweren  Metall- 
salzen, vorzüglich  zu  Kupferoxid  und  Bleioxid.  — Braconnot  schlägt  diese 
Säure  vor  zur  Bereitung  verschiedener  Arten  Pflanzen -Gele;  denn  schon 
ein  sehr  geringer  Theil  ist  hinreichend,  Zuckersäfte  u.  s.  w.  zu  gelatini- 
siren.  Man  nimmt  sie  zu  diesem  Zweck  in  Gallertform , wie  sie  beim  Be- 
reiten erhalten  wird,  mischt  z.  8.  1 Theil  mit  3 Theilen  reinem  oder  einem 
aromatischen  Wasser,  setzt  wenig  Kali-  oder  Natron-Lösung  zu,  bis  alles 
flüssig  ist,  löst  in  der  Flüssigkeit  3 Theilc  Zucker,  etwas  Cifcronenzucker 
u.  s.  w. , färbt  sie  nach  Belieben,  und  setzt  ein  wenig  Salz-  oder  Schwefel- 
Säure  zu,  worauf  das  Gemische  beim  Erkalten  zu  Gelee  gesteht.  Auf 
diese  Art  können  allerlei  aromatische  Gelee’s  bereitet  werden.  Diese  Gal- 
lerte hat  aber  wenig  Zusammenhang  und  zerfällt  nach  dem  Gestehen  io 
einzelne  Stücke,  daher  sie  keinen  Eingang  fand.  — Auch  gegen  Vergif- 
tung mit  Blei-  oder  Kupferoxid -Salzen  ist  sie  ein  Gegenmittel,  weil  sie 
mit  diesen  Metall oxiden  unlösliche  Verbindungen  bildet. 

Metapectinsäure ; entdeckt  von  Fremy.  Wenn  eine  sehr  verdünnte 
Auflösung  von  Pectinsaure,  welche  einen  schwachen  Ueberschufs  von  kau- 
stischem Kali  enthält,  so  lange  im  Sieden  erhalten  wird,  bis  sie  durch 
Säuren  nicht  mehr  gallertartig  gefällt  wird , und  man  neutralisirt  sie  nun 
mit  Essigsäure  und  vermischt  sie  mit  essigsaurere  Bleioxid,  so  erhält  mau 
einen  weifsen  Niederschlag  von  metapectinsaurem  Bleioxid,  aus  dem  man 
durch  Behandlung  mit  Schwefelwasserstoffsäure  die  Metapectinsäure  erhält. 
Diese  Säure  entsteht  ebenfalls  durch  anhaltendes  Kochen  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  bis  zur  vollständigen  Auflösung.  Mit  kohleusaurem  Baryt 
neutralisirt  bleibt  in  dieser  Flüssigkeit  metapectinsaurer  Baryt  gelöst,  aus 
Bern  man  die  Metapectinsäure  durch  Ausfällen  des  Baryts  durch  Schwefel- 
säure darstellen  kann,  f Fremy .) 

Die  Metapectinsäure  löst  sich  Wasser  und  ist  im  trocknen  Zustande 


1262 


Arabin.  Schleim,  Bassorin  etc. 


zerfiiefslich  au  der  Luft,  sie  schmeckt  entschieden  sauer  und  bildet  mit 
allen  alkalischen  Basen  lösliche  Salze , die  nicht  kristallisiren. 


Ueber  die  Entstehung  des  Pectins  hat  Fremy  einige  interessante  Ver- 
suche angestellt.  Unreife,  mit  Wasser  zerriebene  Johannisbeeren  gaben 
nach  vollkommnem  Auswaschen  mit  reinem  Wasser,  an  siedendes  Wasser 
keinen  löslichen  Bestandteil  ab.  Wurde  die  Flüssigkeit  nun  mit  etwas 
Weinsäure,  Aepfelsäure  oder  Schwefelsäure  angesäuert,  so  nahm  die 
Flüssigkeit  nach  fortgesetztem  Sieden  eiue  sehr  schleimige  Beschaffenheit 
an  und  es  hatte  sich  eine  beträchtliche  Menge  Pectin  gebildet. 

Die  Substanz  der  Zellen  dieser  Früchte  scheint  demnach  eine  Materie 
zu  enthalten,  die  zu  dem  Pectin  in  einer  ähnlichen  Beziehung  steht,  wie 
in  den  Kartoffeln  die  stärkmehlartige  Faser  zu  dem  Amylon. 

Bei  allen  Versuchen  über  Pectin  und  Pectinsäure  ist  übrigens  aufser 
Acht  gelassen  worden,  dafs  der  ausgewaschene  Brei  von  sauren  Aepfelu 
und  namentlich  von  Möhren  ( Daucus  carota)  beträchtliche  Mengen  Amylon 
enthält,  welche  in  die  Zusammensetzung  des  Pectins  mit  übergehen. 

Ueber  die  Zusammensetzung  des  Pectins  siehe  Anhang. 

<4 

Ueber  die  Zusammensetzung  des  ArabinsP  Schleims , Bassorins 

und  Pectins. 


Arabin.  Nach  den  Untersuchungen  von  Gay-Lussac  Sr  Thenard,  Göbel 
uud  Berzelius  ist  die  Zusammensetzung  des  bei  100°  getrockneten  Arabins 
genau  der  Formel  C12  H2a  On  entsprechend.  Diese  Formel  ist  die  nämliche, 
wie  die  des  Rohrzuckers.  Nach  Guerin  und  Makler  verliert  das  Senegal- 
und  arabische  Gummi  bei  130°  noch  ein  Atom  Wasser,  so  dafs  seine 
Zusammensetzung  bei  dieser  Temperatur  durch  die  Formel  C12  H20  O10  aus- 
gedrückt werden  rnufs.  Ganz  dieselbe  Zusammensetzung  besitzt  es  (nach 
Mulder ) in  dem  Bleioxid-Niederschlag.  Die  Bleioxid-Verbindung,  bei  180°  « 
getrocknet,  ist  nach  Peligut  nach  der  Formel  C,2  HI8  Og  -f-  2PbO  zusam- 
mengesetzt; allein  nach  der  Untersuchung  von  Mulder  enthält  dieselbe  in 
diesem  Zustaude  ein  durch  die  Hitze  verändertes  Gummi. 

Schleim.  Der  au s Lichen  Carragheen,  Leinsamen , Quittenkernen , Al- 
thäwurzeln,  Symphytum  und  Salep  darstellbare  Schleim  giebt  mit  Bleiessig 
Niederschläge,  deren  Zusammensetzung  von  Mulder  untersucht  worden 
ist.  Die  mit  Bleioxid  verbundene  organische  Substanz  enthält  in  100  Theilen 
(nach  dein  früheren  Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  berechnet) 


a)  Lichen  Carragheen. 
Kohlenstoff  45,17 
Wasserstoff  4,88 
Sauerstoff  49,95 


Schleim  aus 
b)  Quitten.  c) 
45,43 
5,12 
49,45 


Leinsamen. 

45,93 

5,23 

48,84 


d)  A!I thäwurzeln. 
46,00 
4,96 
49,04 


Die  Bleioxidverbindung  von  b)  enthielt  57,83,  von  c)  59,77,  von  d)  75,4, 
von  Symphytum  63,02  und  von  Salepschleim  55,51  Bleioxid. 


Trayanth schleim.  Das  Vorhandenseyu  von  Arabin  in  dem  Tragant!» 
wird  von  Mulder  durch  die  Analyse  der  Bleioxidverbindungen  widerlegt. 
Der  durch  vier  auf  einander  folgende  wässerige  Aufgüsse  erhaltene  Schleim 
lieferte  mit  Bleiessig  vier  Bleioxid  Verbindungen,  welche  einerlei  orgauische 
Substanz  enthielten : 


Analyse  I. 
Kohlenstoff  45, 1 
Wasserstoff 


5,35 


Sauerstoff  49,51  49,80 

Die  angeführten  Analysen  beweisen, 


II.  III.  IV. 

45,10  ‘ 44,80  44,78 

5,10  5,30  5,21 

49,90  50,01 

dafs  die  mit  Schleim  und  Bas- 


sorin bezeichneteu  Materien  ein  gröfseres  Verhältnis  von  Sauerstoff  en(- 


Pectin  und  Pect  in  säure. 


1*63 


halten , als  wie  nöthig  wäre,  um  mit  dem  darin  enthaltenen  Wasserstoff 
Wasser  zu  bilden. 


Pectin  und  Pectinsäure.  Nach  den  Untersuchungen  von  Regnault 
giebt  die  aus  weifsen  Rüben  dargestellte  Pectinsäure , wenn  sie  als  Am- 
moniaksalz mit  Silbersalzen  vermischt  wird;  Niederschläge  von  wechseln- 
der Zusammensetzung.  Eine  dieser  Verbindungen , welche  40,388  bis 
41/117  p.  c.  Silberoxid  enthielt,  führt  für  die  darin  enthaltene  Säure  zu 
folgender  Formel. 

Formel  der  Pectinsäure  nach  Regnault  im  Silbersalz. 


berechnet 
C12  — 45,77 
H14  — 4,36 

Ojo  49,8# 


gefunden 

44,013  — 43,655 
4,695  — 4,636 
51,393  — 51,719 


Pie  bei  140°  getrocknete  Pectinsäure  gab:  ( Regnault ) 


berechnet  gefunden 

C12  — 43,33  — 43,31 

H16  — 4,73  — 4,71 

01X  — 51,96  — 53,08 


Die  Pectinsäure  aus  Möhren  wurde  von  Mulder  untersucht,  sie  besitzt 
nach  demselben  in  freiem  Zustande  die  nämliche  Zusammensetzung  wie  in 
ihren  Salzen.  Die  von  ihm  erhaltenen  Resultate  der  Analyse  führen  zu 
folgender  Formel : 

Säure 

berechnet  freie  Säure  im  Bleisalz  im  Kupfersalz. 
Cia  — 45,47  — 45,473  — 45,808  — 45,345 

H16  — 4,95  — 5,370  — 5,150  — 5,314 

Oao  — 49,58  — 49,357  — 49,143  — 49,441 

* Der  zerriebene  Brei  von  Möhren  ent'hält  Amylon  in  den  unzerrissenen 
Zellen  eingeschlossen , welches  bei  der  Behandlung  mit  Kalilauge  aufgelöst 
wird  und  in  alle  Verbindungen  der  Pectinsäure  mit  übergeht.  Hieraus 
erklärt  sich  vielleicht  der  gröfsere  Gehalt  an  Wasserstoff.  Dasselbe  gilt 
für  die  Pectinsäure  aus  Aepfeln.  Saure  Aepfel  lieferten  Mulder  eine  Pec- 
tinsäure, welche  9,33  p.  c.  Asche  (Kalk)  enthielt.  Die  aus  süfsen  Aepfeln 
hinterliefs  nach  dem  Einäschern  5,91  Kalk,  die  Säure  aus  weifsen  Rüben 
3,33  Kalk,  aus  Möhren  4,17  Asche. 

Die  neueste  Untersuchung  von  Fremy  hat  die  Ungewifsheifc , in  der 
wir  uns  über  die  wahre  Anzahl  der  Atome  in  dem  Pectin  und  der  Pectin- 
säure  befinden,  nicht  gehoben. 

Eine  Auflösung  von  Pectin  lieferte  mit  essigsaurem  Bleioxid  Nieder- 
schläge von  ungleichem  Gehalt  an  Bleioxid.  Eine  dieser  Verbindungen 
(mit  49,5  p.  c.  Bleioxid)  war  nach  der  Formel  C24  H34  022  -+-  3PbO  zusam- 
mengesetzt, eine  andere  Bleiverbindung  enthielt  15,6  bis  16,5  p.  c.  uud 
eine  dritte  32,8  p.  c.  Bleioxid. 


Die  wässerige  Auflösung  des  Pectins  bringt  nach  Fremy  anfänglich  in 
Bieioxidsalzen  keinen  Niederschlag  hervor,  wird  sie  aber  sich  selbst  eine 
Zeitlang  überlassen,  so  erhält  man  damit  in  essigsaurem  Bleioxid  einen 
weifsen  Niederschlag,  dessen  Gehalt  an  Bleioxid  zunimmt,  wenn  die  Pec- 
tinauflösung  längere  Zeit  vor  der  Fällung  im  Sieden  erhalten  wird. 

Das  von  Fremy  analysirte  Silbersalz  der  Pectinsäure  (mit  36,5  p.  c. 
Silberoxid)  ist  nach  der  Formel  C14  1I20  013  -4-  AgO  zusammengesetzt.  Ein 
Bieisalz  derselben  Säure  (mit  30,5  p.  c.  Bleioxid)  nach  der  Formel  C,8 
H26  016  ■+■  PbO,  ein  zweites  (mit  41,9  p.  c.  Bleioxid)  nach  der  Formel 
C1;  H14  O10  -+-  PbO. 


Die  empirische  Formel  der  mit  den  Metalloxideu  in  diesen  verschiede- 
nen Verbindungen  enthaltenen  organischen  Substanz  ist  nach  Fremy  C,  2 
HJr  0,,,  was  von  dem  Resultate  RegnaulVs  nur  in  einem  Atom  Wasser- 


1264 


ölycyrrhizi  n. 


stoff  differirt;  die  empirische  Formel  der  Metapectinsäure  ist  (nach  Fremn\ 
die  nämliche,  wie  die  der  Pectinsäure.  Ein  Bleisalz  dieser  Saure  fand  er 
nach  der  ftormel  C18  H26  016  gPbO , ein  zweites  nach  der  Formel  Cln 
U1S  ün  -h  SPbO  zusammengesetzt.  In  einer  Anmerkung  zu  seinen  Ana- 
lysen bemerkt  Fremy,  dafs  er  in  mehreren  Bleioxidverbindungen  des  Pec- 
tms  und  der  Metapectinsäure  weniger  Wasserstoff  (nämlich  nur  4 4 p.  c. 
anstatt  5,1  bis  5,3  p.  c.)  erhalten  habe , übereinstimmend  also  mit  Reu - 
nciulvs  Analysen.  y 

Fremy  bediente  sich  zu  seinen  Analysen  Pectin,  was  aus  Aepfelsaft 
dargestellt  war.  Es  ist  nicht  bemerkt,  ob  derselbe  filirirt  worden  war 
oder  nicht,  im  gewöhnlichen  Zustande  enthält  derselbe  aufgeschlämmtes 
Amylon,  ähnlich  wie  der  Saft  von  Möhren. 

Der  Ärmlichkeit  in  ihrer  Zusammensetzung  wegen  glaubt  sich  Mulder 
nach  seinen  Analysen  zu  dem  Schlüsse  berechtigt,  dafs  di«  verschiedenen 
Arten  Schleime  identisch  seyen  mit  Pectin  oder  Pectinsäure : er  betrachtet 
sie  als  Verbindungen  von  Pectin  oder  Pectinsäure  mit  ungleichen  Mengen 
alkalischer  Basen,  von  welchen  letzteren  die  Verschiedenheit  in  ihren  Ei- 
genschaften abzuleiten  seyen;  allein  weder  Salapschleim  noch  Tra-anth- 
schleim  lassen  sich  in  Pectinsäure  überführen.  0 

Eie  Untersuchungen  über  die  verschiedenen  Schleime  müssen  ieden- 
falls  wieder  aufgenommen  werden , da  man  bis  jetzt  bei  allen  eine  nie 
fehlende  Einmischung  einer  stickstoffhaltigen  Substanz  übersehen  hat.  Lein- 
samenschleim,  Salapschleim  und  Traganthschleira  entwickeln  beim  Erwär- 
men mit  Kalilauge  eine  bemerkbare  Quantität  Ammoniak. 


Glycyrrhizin. 


Synonyme:  Süfsholzzucker , Glycion , süßer  Extractiv  stoff. 

«..riV®n  Dobereiner  und  Berzelius  zuerst  dargestellt.  Findet  sich  in  der 
unbeka^ntUrZel  (-Glycyrrht%a  ylabra  und  echinata ).  Zusammensetzung  ist 


*»63.  Nach  Döber einer  erhält  man  das  Glycyrrhizin.  in- 
dem  der  kalte  Auszug  der  Süfsholzwurzel  so  lange  mit  Zinn- 
chlorür  versetzt  wird,  als  ein  Niederschlag  entsteht.  Das 
gelbe  Präcipitat  wird  mit  kaltem  Wasser  gewaschen  ge- 
trocknet und  mit  kochend  heifsem  Weingeist  von  6,85  spec. 
Gew.  behandelt,  heifs  filtrirt  und  der  Weingeist  abdestillirt. 
Berzelms  fällt  den  concentrirten  Auszug  der  Wurzel  mit 
Schwefelsäure,  wäscht  den  Niederschlag  erst  mit  saurem 
dann  1 einem  Wasser  aus,  lost  ihn  in  Weingeist,  neutraüsirt 
init  kohlensaurem  Kali,  filirirt  und  verdampft  zur  Trockne 
Robiqvel  bedient  sich  zur  Fällung  der  Essigsäure,  und  wäscht 
das  gallertartige  essigsaure  Glycyrrhizin  mit  kaltem  Wasser. 

Das  Glycyrrhizin  ist  eine  hellbraune,  glänzende,  spröde 
Masse,  schmeckt  anhaltend  siifs  und  etwas  kratzend.  In 
kaltem  Wasser  ist  es  schwer  löslich,  es  quillt  damit  gallert- 
art'g  auf,  in  heifsem  Wasser  ist  es  leicht  löslich  und  bildet 
beim  Erkalten  wieder  eine  Gallerte  5 es  ist  der  geistigen 
Gährung  unfähig.  Durch  Säuren  und  Metallsalze  wird  es 
käsig  gefallt,  mit  Salpetersäure  giebt  es  Kohlenstickstoffsäure. 
Gaiiustinktur  fällt  die  wässerige  Lösung  nicht.  In  Alkohol 
ist  es  leicht,  in  Aether  nicht  löslich.  Das  Glycyrrhizin  macht 


Pflanzenfaser.  1265 

den  Hauptbestandteil  des  Süfsholzsaftes  fsuccus  Liquiri - 
tiaej  aus. 

Abrus  pecatorius , eine  westindische  Pflanze,  giebfc  einen  ähnlichen 
Stoff  wie  Gl ycyrrhiziu , der  sich  ebenso  gegen  Reagentien  verhält,  aber 
einen  ziemlich  bittern,  reizenden  siifsen  Geschmack  hat. 

Der  Süfsstoff  des  Engelsüfs  ( 'Polypodium  vulgare ) scheint  hierher  zu 
gehören,  nach  Desfosses  enthält  er  Sarcocoilin. 

Sarcocoilin,  Fischltimsüfs.  Formel:  C22H33  010  ( [Pelletier ),  C40H64Oi4 
(Johnston).  Von  Thomson  entdeckt.  Schwitzt  aus  einem  Strauch  in  Per- 
sien und  Arabien,  Penaea  mucronata , aus  und  kommt  in  kleinen  Körnern 
zu  uns,  die  Sarcacolla  heifsen.  Darstellung:  Die  Sarcacolla  wird  zur 
Entfernung  des  Harzes  mit  Aether  ausgezogen,  und  absoluter  Alkohol 
nimmt  das  Sarcocoilin  auf,  aus  dem  es  durch  Verdampfen  abgeschieden 
wird  (Thomson.')  Es  ist  eine  bräunüchweifse  gummiähnliche  Masse,  siifs- 
lich  bitter.  Löslich  in  Wasser  und  Alkohol,  nicht  in  Aether.  Salpeter- 
säure verwandelt  es  in  Kleesäure.  Gallustinktur  giebt  einen  reichlichen 
gelblichen  Niederschlag,  nicht  aber  Gallusinfusion  oder  Gallussäure.  Wird 
gefällt  durch  mit  Essigsäure  versetzte  Bleizuckerlösung,  aber  nicht  von 
essigsaurem  oder  salpetersaurem  Bleioxid,  auch  nicht  von  Aetzsublimat , 
Silber-,  Zink-  oder  Kupferlösung.  Concenüirte  Schwefelsäure  löst  es  auf 
und  färbt  es  dunkel.  (Thomson.) 

Johnston  hat  in  neuester  Zeit  die  Sarcocolla  untersucht,  und  den 
Rückstand  nach  dem  Verdampfen  des  Alkohols  nur  bei  60°  getrocknet, 
mit  3 Atomen  Wasser  in  Verbindung  gefunden;  ferner,  dafs  er  durch  Ba- 
sen in  mehrere  nicht  untersuchte  organische  Verbindungen  zerlegt  wird. 
Die  alkoholische  Lösung  derselben  giebt  mit  neutralem  essigsaurem  Blei- 
oxid ein  Salz,  dessen  Säure  C40  Hso  016 ; mit  Ammoniak  entsteht  noch 
ein  anderes  Salz,  das  nicht  näher  untersucht  ist.  Ferner  hat  er  den  in 
Wasser  löslichen  Bestandtheil  der  rohen  Sarcocolla  untersucht  und  meh- 
rere Salze  bekommen,  die  noch  nicht  näher  untersucht  sind. 


Pflanzenfaser , Holzfaser. 

§.  264.  Das  feste  Gerippe  der  Pflanzen,  von  allen  durch 
heifses  Wasser,  Weingeist,  Aether,  verdünnten  alkalischen 
Laugen  und  Säuren  ausziehbaren  Theilen  befreit,  bezeichnet 
man  mit  Pflanzenfaser , bei  den  Holzpflanzen  mit  Holzfaser , 
f Lignin).  Sie  stellt  eine  feste,  farblose,  undurchsichtige, 

geschmack-  und  geruchlose,  in  den  genannten  Lösungsmitteln 
unlösliche  Substanz  dar,  welche  vollkommen  trocken  die  Elek- 
tricität  nicht  leitet,  im  Durchschnitt  von  1,5  spec.  Gewicht. 
In  ihren  weiteren  physikalischen  Eigenschaften  unterscheidet 
sich  die  Pflanzenfaser  je  nach  ihrem  Vorkommen  in  den  Pflan- 
zentheilen}  sie  ist  entweder  sehr  hart  und  dicht  (wie  die  Samen- 
schalen von  Nüssen , Steinobst  etc.)  oder  fasrig  zähe  und  äufserst 
biegsam  c Hanf , Flachs , Baumwolle). 

Nach  den  Analysen  von  Prout  wird  die  Zusammensetzung  der  reinen 
Holzfaser  von  Weidenholz  und  Buxbaumholz,  bei  150  — 177°  getrocknet, 
sehr  nahe  durch  die  Formel  C12  H16  09  ausgedrückt.  Die  des  Eichenholzes 
nach  dem  Auskochen  mit  Wasser  und  Alkohol,  nach  Gay-Lussac  und 
Thenarä  durch  die  Formel  C56  H44  022.  Die  Zusammensetzung  der  Holz- 
faser des  Buchenholzes  (Fagus  sylvatica)  steht  nach  Gay-L.  §r  Th.  in  der 
Mitte  zwischen  beiden  Formeln.  Nach  allen  Analysen  enthält  die  Holz- 
faser Kohlenstoff  und  die  Elemente  des  Wassers. 


1266 


Pflanzenfaser. 


Herzig  machte  die  Beobachtung , dafs  die  meisten  Holzpflanzen  in  ihren 
Poren  Stärkmehl  in  rundlichen  grauen  Körnchen  enthalten,  was  sich  aus 
feinen  Sägespänen  durch  Auswaschen  auf  einem  feinen  Siebe  mit  Wasser 
erhalten  läfst.  (Aus  dem  Fichtensplint  ist  von  Berzelius  schon  früher 
Stärkmehl  dargestellt  worden,  was  aus  der  wässerigen  Abkochung  durch 
Säuren  in  gallertartigen  Klumpen  von  grauer  Farbe  gefällt  wird.) 

Nach  den  neuesten  Untersuchungen  von  Vagen  und  Schleiden  besteht 
das^Holz  aus  zwei  in  ihrer  Zusammensetzung  abweichenden  Bestandteilen. 
Aus  dem  einen  besteht  die  eigentliche  Pflanzen- (Holz-)  Zelle , der  andere 
füllt  die  Zelle  aus  oder  bildet  Ablagerungen  auf  den  Zellenwänden  von 
ungleicher  Dicke.  Die  eigentliche  Zellensubstanz  nennt  Vagen  Cellulose, 
die  Ausfüllungen  Lignin.  Bringt  man  Sägespäne  von  Buchenholz  in  Be- 
rührung mit  starker  Salpetersäure  und  concentrirter  Schwefelsäure,  so 
zeigen  die  beiden  Holzbestandtheile  ein  ungleiches  Verhalten.  In  Salpeter- 
säure löst  sich  nach  Vagen  die  Zellensubstanz  nicht  auf,  wohl  aber  das 
Lignin.  In  conc.  Schwefelsäure  wird  die  Zellensubstanz  leicht  und  ohne 
Schwärzung  aufgenommen,  wobei  es  in  Dextrin  übergeht.  Nach  Vagen 
enthält  die  Zellensubstanz  die  nämlichen  Verhältnisse  von  Elementen  wie 
das  Stärkmehl,  während  das  Lignin  (die  Ausfüllungen  in  und  die  Ablage- 
rungen auf  den  Zellen)  nach  der  Formel  C55  H48  020  zusammengesetzt  ist. 

Schleiden  beobachtete  (1838),  dafs  die  weiche  gallertartige,  dem  Pflan- 
zenschleim ähnliche  Wandung  neugebildeter  Pflanzenzellen  allmählig  er- 
härtet und  ihr  Vermögen,  schleimartig  im  Wasser  aufzuquellen,  verliert. 
Nach  der  völligen  Ausbildung  der  Zelle  verdickt  sich  ihre  Wandung  durch 
secundäre  Ablagerungen.  Die  gebildeten  Zellen  mit  ihren  Ablagerungen 
unterscheiden  sich  in  Bastzellen,  Gefäfseu,  Holz,  bei  denen  die  Längen- 
dimensionen vorherrschen,  und  in  Parenchym,  bei  dem  keine  Dimension 
vorherrscht. 

Mit  Iodtinktur  in  Berührung  wird  die  primäre  Zellenwand  nicht  ge- 
färbt, die  Ablagerungen  färben  sich  hingegen  gelb,  was  auf  eine  Ungleich- 
heit deutet.  Mit  Kalilauge  eine  Zeitlang  im  Sieden  erhalten  oder  mit 
Schwefelsäure  befeuchtet  geht  die  Ablagerung  in  eine  Substanz  über,  die, 
wie  Stärkmehl,  durch  lorl  eiue  indigblaue  Farbe  erhält. 

Baumwolle,  Leinwand,  Papier  mit  Schwefelsäure  (3  Schwefelsäure, 
1 Wasser)  befeuchtet,  verwandeln  sich  in  eine  zähe  klebrige,  wenig  ge- 
färbte Masse,  welche  nach  24  Stunden  sich  gröfstentheils  im  Wasser  lost. 
(Siehe  Seite  1267  über  die  Einwirkung  der  Schwefelsäure  auf  Holzfaser.) 
Die  Auflösung  in  kaltem  Wasser  enthält  einen  Körper,  der  sich  dem  Dex- 
trin gleich  verhält,  insofern  er,  in  der  sauren  Flüssigkeit  eine  Zeitlang 
erwärmt,  in  Traubenzucker  übergeht.  Bei  der  Einwirkung  der  Schwefel- 
säure auf  die  genannten  Substanzen  entsteht  noch  ein  leicht  veränderliches 
Produkt,  welches  Schwefelsäure  oder  Unterschwefelsäure  in  chemischer 
Verbindung  mit  einer  organischen  Substanz  enthält  und  an  Kalk  oder  Ba- 
ryt gebunden  in  der  Flüssigkeit,  die  man  damit  neutralisirt  hat,  zurück- 
bleibt. (Braconnot .) 

Erhitzt  man  Leinwand  oder  Papier  mit  schwefelsäurehaltigem  Wasser 
in  dem  papinischen  Digeste,  so  wird  ein  kleiner  Theil  löslich  und  in  Trau- 
benzucker verwandelt;  L.  Gmelin.  (Man  vergleiche  übrigens  über  die 
Verwandlung  der  Holzfaser  in  Amylon  Seite  1255.) 

Mit  Salpetersäure  und  mäfsig  verdünnter  Schwefelsäure  erwärmt,  zer- 
theilfc  sich  Leinwand  in  einen  zarten  stärkmehlähnlicben  Brei , welcher  in 
Wasser  nicht  merklich  löslich  und  nach  der  Formel  C12  H20  O10  zusam- 
mengesetzt ist  (Vagen,  Hofmann , Braconnot ).  Durch  conceDtrirte  Schwe- 
felsäure wird  das  Holz  verkohlt,  unter  Bildung  von  schwefliger  Säure, 
Essigsäure,  Ameisensäure  und  Wasser. 

Aehnlich  wie  mit  lod  verbindet  sich  die  Holzfaser  mit  Quecksilber- 
chlorid, schwefelsaurem  Kupferoxid,  essigsaurem  Eisenoxid  unter  .par- 
tieller Zersetzung  dieser  Metallsalze,  sowie  mit  Thonerdehydrat,  Eisen- 
oxid und  vielen  Farbstoffen. 


Holzschwefelsäure. 


1267 


lu  fcrockner  Luft  erhält  sich  das  Holz  Jahrhunderte  lang  ohne  Ver- 
änderung , ebenso  unter  Wasser  bei  Abschlufs  der  Luft.  Bei  gleichzeitiger 
Einwirkung  von  Luft  und  Feuchtigkeit  geht  es  hingegen  in  Fäulnifs  und 
Verwesung  über,  es  verliert  nach  und  nach  allen  Zusammenhang  und  ver- 
wandelt sich  in  eine  braune  oder  weifse , in  feuchtem  Zustand  phosphoresci- 
rende  zerreibliche  Materie.  % Unze  Eichenholzspäne  mit  Wasser  befeuchtet 
verwaudeln  in  5 Wochen  10  Kubikzoll  Sauerstoffgas  in  ebensoviel  kohlen- 
saures  Gas,  ohne  Aenderung  des  Volums  der  Luft;  nach  dem  Trocknen 
nimmt  ihr  Gewicht  um  15  Gran  ab,  sie  überziehen  sich  mit  einer  braunen 
Rinde,  welche  nach  dem  Verkohlen  20l/2  P-  c,  Kohle  hinterläfst,  während 
das  Holz  für  sich  nur  17,5  p.  c.  gab.  Befeuchtete  Holzspäne  geben  an 
Wasser,  beim  Auskochen,  eine  lösliche  organische  Materie  ab,  die  sich 
bei  neuem  Aussetzen  an  die  Luft  ohne  Aufhören  wieder  erzeugt.  Beim 
Abschlufs  der  Luft  entwickeln  feuchte  Holzspäne  kohlensaures  Gas  und 
zerfallen  in  eine  weifsliche  zerreibliche  Substanz,  die  beim  Verkohlen  nur 
lö  p.  c.  Kohle  hinterläfst.  CSaussure.')  Feuchte  Leinwand,  in  Haufen  zu- 
sammenliegend , erhitzt  sich  unter  Gasentwickelung,  sie  verwandelt  sich 
in  eine  weiche,  leicht  zertheilbare,  weifse  Masse  (Papiermasse). 

Das  mit  Wasser  von  allen  löslichen  Theilen  befreite  Holz  erleidet  den 
Procefs  der  Fäulnifs,  Verwesung  oder  Vermoderung  weit  langsamer  als 
das  frische  Holz;  Berührung  mit  Alkalien  erhöht  seine  Verwesungsfällig- 
keit. Das  frische  Holz  enthält  im  Safte  stickstoffhaltige  Substanzen,  welche 
leicht  in  Fäulnifs  übergehen  und  ihren  Zustand  der  Zersetzung  auf  die 
Holzfaser  übertragen;  es  enthält  Kali,  Natron  und  Kalk  in  Verbindung 
mit  organischen  Säuren,  welche  durch  Verwesung  zerstört  werden;  durch 
den  Contact  der  gebildeten  kohlensauren  Alkalien  mit  der  Holzfaser  nimmt 
ihr  Vermögen,  Sauerstoff  anzuziehen,  zu.  Das  mit  Wasser  völlig  ausge- 
laugte, oder  mit  den  oben  erwähnten  Metallsalzen  getränkte  Holz  ver- 
ändert sich  weit  langsamer  oder  verliert  seine  Fähigkeit  zu  faulen  völlig. 

Ilolzschwefelsäure  £ Acidum  vegeto-sulphuricum~) . 

Von  Braconnot  entdeckt.  — Sägespäne,  oder  Leiuenlumpen  werden 
mit  Schwefelsäure  befeuchtet,  in  einem  Porcellanmörser  zu  einem  gleich- 
förmigen Brei  zerrieben,  nach  Zusatz  von  Wasser  die  freie  Säure  dann 
mit  kohlensaurem  Bleioxid  oder  Baryterde  gesättigt,  die  Flüssigkeit  filtrirfc 
und  das  Blei  mit  Schwefelwasserstoff  oder  die  Baryterde  durch  vorsichti- 
gen Zusatz  von  Schwefelsäure  entfernt.  Die  wieder  filtrirte  Flüssigkeit 
wird  bei  gelinder  Wärme  zur  Syrupsconsistenz  eingedampft  und  mit  Al- 
kohol behandelt.  Der  Alkohol  scheidet  gebildetes  Dextrin  ab  und  löst 
Zucker  und  die  freie  Säure.  Nach  dem  Verdampfen  des  Alkohols  wird 
der  zurückbleibende  Syrup  mit  Aether  geschüttelt,  dieser  löst  die  Säure 
und  läfst  den  Zucker  ungelöst  zurück.  Nach  dem  Verdampfen  des  Aethers 
bleibt  die  Holzschwefelsäure  zurück. 

Die  Holzschwefelsäure  ist  ungefärbt,  scharf  sauer,  fast  ätzend,  nicht 
kristallisirbar , zieht  an  der  Luft  Feuchtigkeit  an.  Bei  einer  -4-  20°  über- 
steigenden Temperatur  färbt  sie  sich  braun,  bei  100°  zersetzt  sie  sieb, 
schwärzt  sich  und  setzt  beim  Verdünnen  eine  kohlige  Substanz  ab;  die 
Flüssigkeit  enthält  freie  Schwefelsäure  uud  fällt  Barytsalze.  Ueber  -h  100° 
entwickelt  sich  schweflige  Säure.  Sie  giebt  mit  allen  Basen  leicht  lösliche 
Salze;  sie  fällt  weder  Chlorharium  noch  Bleiessig;  das  Baryt-  und  Bleisalz 
ist  leicht  löslich,  sie  sind  nicht  kristallisirbar  und  trocknen  zu  einer  gummi- 
artigen Materie  ein.  Die  meisten  Salze  sind  zerfliefslich  und  in  Alkohol 
unlöslich.  Die  Salze  mit  alkalischer  Basis  geben  bei  gelindem  Erhitzen  in 
Destillationsgefäfsen  schweflige  Säure  und  lassen  ein  mit  Kohle  gemengtes 
neutrales  schwefelsaures  Salz  zurück. 

Mit  der  Substanz  der  Holzfaser  ( Cellulose ) scheint  das  Mark  gewisser 
Pflanzen,  namentlich  das  Hollundermark,  Sonnenblumenmark,  in  eiuer  be- 
stimmten Beziehung  zu  .stehen,  die  Substanz  der  Rinden  hingegen  wesent- 


ms 


Verwesungsprodukte  von  Pflanzen. 


lieh  abzuweichen.  Das  mit  Wasser  und  Alkohol  ausgezogene  Mark  der 
Sonnenblume  und  des  Hollunders  bezeichnet  John  mit  Medullin;  es  ist  in 
Wasser,  Alkohol,  wässerigeu  Alkalien,  Aether  und  Oelen  nicht  löslich; 
durch  concentrirte  Schwefelsäure  wird  es  verkohlt,  durch  die  Einwirkung 
der  Salpetersäure  erhält  man  damit  die  Produkte  der  Oxidation  der  Holz- 
faser, namentlich  Oxalsäure,  keine  Korksäure.  Bei  der  trocknen  Destil- 
lation des  Hollundermarks  erhielt  Link  stickstofffreie  Produkte,  bei  der 
des  Sonnenbiumenmarks  bekam  John  Ammoniak. 

Der  Hauptbestandteil  des  Korks  (der  äufseren  Rinde  von  Quercus 
suber ) und  wahrscheinlich  vieler  andern  Rinden , das  Suberin , ist  vor- 
züglich von  Chevreul  untersucht  worden.  Der  rohe  Kork  verliert  durch 
Auskochen  mit  Wasser  und  Alkohol  0,3  von  seinem  Gewicht  und  hinter- 
läfst  0,7  Suberin  von  röthlichgrauer  Farbe,  ohne  Aenderung  der  Form 
und  physikalischen  Beschaffenheit.  Bei  der  trocknen  Destillation  liefert 
das  Suberin  im  Rückstand  0,25  p.  c.  Kohle  und  giebt  ein  sehr  saures  Was- 
ser, gefärbte  brenzliche  Oele  und  eine  eigentümliche  kristallisirende, 
schmelzbare,  fettähnliche,  in  der  Hitze  flüchtige,  in  Alkohol  und  Kali 
wenig  lösliche  Materie.  Durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  t p.  c.  einer 
w’eifsen,  in  Wasser  und  Alkohol  unlöslichen  Materie,  10  p.  c.  eines  harz- 
ähnlichen Körpers,  22,4  Korksäure,  7,6*  kristaliisirte  Oxalsäure,  ferner 
im  Rückstand  Ammoniak  und  eine  gelbe  bittere  Substanz.  Concentrirte 
Schwefelsäure  schwärzt  den  Kork  und  liefert  damit  kein  Gummi.  {.Vogel. ) 

Der  Hauptbestandteil  der  Tannen-  und  Fiehtenrinde , sowie  der  Rinde 
anderer  Bäume,  ist,  bis  auf  die  Eichen-,  Zimmt-  und  Chinarinde,  bis  jetzt 
einer  näheren  Untersuchung  nicht  unterworfen  worden.  Tannenrinde  giebt 
an  heifseu  Aether  eine  wachsartige  kristallisirbare  Substanz  und  an  kochen- 
den Alkohol  eine  grofse  Menge  einer  dem  Catechu  ähnlichen  Substanz  ab, 
die  aus  der  concentrirten  Lösung  beim  Erkalten  sich  gallertartig  absetzt, 
sie  löst  sich  in  siedendem  Wasser  und  gebt  mit  Metalloxiden,  namentlich 
mit  Bleioxid,  Verbindungen  ein.  ( Gentli .) 

Der  feste  Bestandteil  der  Schwämme  (das  Fungin)  ist  ziemlich  reich 
an  Stickstoff,  er  wird  unter  den  stickstoffhaltigen  neutralen  Bestandteilen 
der  Pflanzen  abgehaudelt  werden. 

Zersetzungsprodukte  der  Pflanzen  in  dem  Verwesung  s-  und 
Fäulnifsprocefs. 

Durch  den  Einflufs  der  Atmosphäre  und  der  Feuchtigkeit  erleiden  die 
Pflanzen  und  Pflanzenteile  eine  Veränderung  in  ihrer  Form  und  Beschaf- 
fenheit, sie  verlieren  ihren  Zusammenhang  und  verwandeln  sich  in  braune 
oder  weifse  zerreibliche  Materien,  welche  in  gröfserem  oder  geringerem 
Grade  die  Fähigkeit  behalten,  in  feuchtem  Zustande  in  Berührung  mit  Luft 
den  Sauerstoff  dieser  Luft  in  ein  ihm  gleiches  Volumen  Kohlensäure  zu 
verwandeln.  Das  braune  faule  Holz  in  dem  Innern  von  alten  Eichen  oder 
Ulmen  bietet  eine  dieser  Substanzen  in  ihrem  reinsten  Zustande  dar. 

Die  organischen  Bestandteile  der  Garten-  und  Ackererde  sind  durch 
Fäulnifs  der  Ueberreste  von  Vegetabilien  entstanden,  die  sich  früher  auf 
diesem  Boden  entwickelt  hatten.  Die  Erde,  welche  reich  an  diesen  Ueber- 
resten  ist,  bezeichnet  man  gewöhnlich  mit  Dammerde ; sie  verdankt  diesen 
Ueberresten  die  Fähigkeit,  ähnlich  wrie  das  faule  Holz,  den  Sauerstoff  der 
umgebenden  Luft,  bei  Gegenwart  von  Feuchtigkeit,  in  Kohlensäure  zu 
verwandeln. 

Die  Torf-  und  Bratmkohleulager  enthalten  die  Ueberreste  früherer  Ve- 
getationen, von  denen  sich  a priori  voraussetzen  läfst,  dafs  sie  ähnliche 
Veränderungen  erlitten  haben  müssen,  wiewohl  sie  der  Luft  nicht  in  dem- 
selben Grade  zugänglich  waren,  wie  diejenigen,  welche  die  Oberfläche  der 
Erde  bedecken. 

Zuletzt  hat  man  in  manchen  Quellvvassern  organische  Bestandteile 
aufgefundeu , deren  Ursprung  sich  ebenfalls  nur  auf  Fäulnilsprocesse  von 
Pflanzenstoffen  zuriiekführen  läfst. 


Verwesungsprodukte  von  Pflanzen. 


1269 


Die  Zusammensetzung  des  braunen  faulen  Holzes  ist  wahrscheinlich 
je  nach  dem  Zustande  der  Zersetzung,  in  dem  es  sich  befindet,  nach  der 
Zeit,  in  welcher  es  dem  Zersetzungsprocefs  ausgesetzt  war,  und  der 
Menge  von  Feuchtigkeit,  die  dabei  mitgewirkt  hat,  verschieden;  dasselbe 
mufs  von  den  verschiedenen  Arten  Braunkohlen  vorausgesetzt  werden,  die 
in  ihrer  Zusammensetzung  schon  der  Lage  nach  von  einander  abweichen. 
Aus  den  oberen  Lagen  genommen,  führt  ihre  Analyse  auf  andere  quanti- 
tative Verhältnisse,  wie  die  unteren  Lagen,  welche  dem  Einflufs  der  Luft 
minder  ausgesetzt  sind. 

In  den  Braunkohlenlagern,  sowie  in  Torflagern,  gehen  fortwährend 
Veränderungen  vor  sich,  in  deren  Folge  Kohlensäure  in  Gasform  frei  wird, 
welche  die  Luft  in  den  Gruben  unathembar  macht ; in  der  Nähe  dieser 
Lager  finden  sich  häufig  Quellen  von  kohlensaurem  Gas,  oder  an  Kohlen- 
säure sehr  reiche  Mineralquellen,  deren  Kohlensäure  höchst  wahrschein- 
lich von  den  Braunkohlen-  und  Torflagern  geliefert  wird.  Die  Kohlen- 
säure dieser  Gas-  oder  Mineralquellen  ist  stets  frei  von  Stickgas,  in  den 
Gruben  ist  sie  zuweilen  begleitet  von  brennbarem  Gas;  sie  entsteht  offenbar 
in  Folge  von  Veränderungen,  an  denen  der  Sauerstoff  der  Luft  keinen 
Antheil  nimmt.  Wäre  in  der  That  diese  Kohlensäure  auf  Kosten  des  Sauer- 
stoffs der  Luft  gebildet,  so  miifste  sie  begleitet  seyn  von  dem  Stickgas 
der  atmosphärischen  Luft.  (Die  Kohlensäurequellen  in  vulkanischen  Ge- 
genden haben  wahrscheinlich  einen  andern  Ursprung.) 

Nach  den  Untersuchungen  von  Will  und  Meyer  gab  a ) vermodertes 
Eichenholz  aus  dem  Innern  eines  hohlen  Eichenstammes  von  dunkelbrauner 
Farbe,  /3)  von  lichtbrauner  Farbe  und  einem  andern  Eichbaum 

a ß 

Kohlenstoff  56,212  — 53,36 

Wasser  43,789  — 48,44 


Ferner  zeigte  sich  zusammengesetzt  a)  weifses  faules  Holz  aus  einem 
Eicbstamm,  b)  harzfreie  Braunkohle  von  Laubach  mit  deutlicher  Holz- 
struetur,  c)  Braunkohle  von  Ringkuhl,  obere  Schicht,  d)  von  derselben 
Kohle  mittlere  Schicht,  in  100  Theilen: 

a b c d 


Kohlenstoff  47,11—48,14 
Wasserstoff  3,31 — 6,06 
Sauerstoff  45,3! — 44,43 
Asche  1,27 — 1,37 


— 57,28  — 63,83- 

— 6,03  — 4,80- 

— 36,10  — 25,44 

— 0,59  — 5,86- 


62,60  — 65,40— 64,01 
5,02  — 4,75—  4,76 

-26, 52 
- 5,86 


Vergleicht  man  diese  Verhältnisse  mit  der  Zusammensetzung  des  ge- 
sunden, von  allen  in  Wasser  und  Weingeist  löslichen  Bestandteilen  be- 
freiten Eichenholzes  und  sucht  eine  gemeinschaftliche  Formel  auf,  durch 
welche  die  vor  sich  gegangenen  Veränderungen  ausdrückbar  sind,  so  er- 
giebt  sich  für  das  gesunde  Eichenholz  (A)  nach  der  Analyse  von  Thcnard 
und  Gay-Lussac  die  Formel: 


A 

H44 

o„ 

für 

a 

cä5 

H40 

.?> 

ß 

c34 

h56 

Ci  8 

>> 

a 

C35 

hS4 

b 

C35 

h4J 

016 

c 

C32 

Hao 

09 

Mau  kann  sich  a)  entstanden  denken  aus  A durch  Hinzutreten  von 
2 At.  Sauerstoff  aus  der  Luft  und  durch  Abscheidung  von  2 At.  Wasser 
und  1 At.  Kohlensäure. 


Ebenso  /3)  durch  Hinzutreten  von  4 At.  Sauerstoff  zu  A und  Abschei- 
dung von  4 At.  Wasser  und  2 At.  Kohlensäure. 

Ebenso  a)  durch  Hinzutreten  von  3 At.  Sauerstoff  und  5 At.  Wasser 
unter  Abscheidung  von  3 At.  Kohlensäure. 


1270 


Verwesungsprodukte  von  Pflanzen. 


Ferner  b)  durch  Kinzutreteu  von  1 At.  Sauerstoff  unter  Abscheidung 
von  1 At.  Wasser  und  3 At.  Kohlensäure. 

Zuletzt  c)  durch  Hinzutreten  von  2 At.  Sauerstoff  unter  Abscheidung 
von  4 At.  Kohlensäure  und  7 At.  Wasser. 

Zersetzungsprodukle  der  in  den  Braunkohlen , dem  Torf  und  der 
Dammerde  vorkommenden  verfaulten  und  verwesten  Pflanzen- 
überreste durch  Alkalien . 

Das  verfaulte  Holz,  sowie  die  Dammerde,  die  Braunkohlen  und  der 
Torf  geben  an  kaltes  destillirtes  Wasser  keine  gefärbten  löslichen  Bestaud- 
theile  ab.  Mit  kohlensauren  oder  ätzenden  alkalischen  Laugen  behandelt, 
entstehen  dunkelbraune  Auflösungen,  welche  durch  Mineralsäuren  in  brau- 
nen, meistens  gallertartigen  Flocken  gefällt  werden. 

Frisch  aus  alkalischen  Lösungen  gefällt,  löst  sich  der  Niederschlag, 
sobald  alle  Säure  durch  Waschen  entfernt  ist,  in  reinem  Wasser  zu  einer 
braunen  Flüssigkeit  auf;  an  der  Luft  getrocknet  verliert  er  hingegen  diese 
Fähigkeit.  Die  wässerige  braune  Lösung  verliert,  an  der  Luft  stehend, 
ihre  braune  Farbe,  sie  absorbirt  Sauerstoff,  es  entstellt  eia  brauner  oder 
schwarzer  Absatz  und  in  dem  Wasser  findet  man  freie  Kohlensäure.  Ein 
ähnliches  Verhalten  zeigen  ihre  alkalischen  Lösungen. 

Der  durch  Behandlung  von  faulem  Holze  mit  Alkalien  und  durch  Fäl- 
lung mit  Säuren  erhaltene  Niederschlag  besitzt  die  Eigenschaft,  Lackmus- 
papier zu  röthen,  welche  dem  faulen  Holz  für  sich  abgeht;  er  neutralisirt 
die  Alkalien  vollständig.  Werden  diese  sehr  lösliohen  Verbindungen  mit 
Erd-  und  Metallsalzen  vermischt,  so  entstehen  braungefärbte  Niederschläge. 

Man  hat  dieser  Materie  den  Namen  Ulmin , Ulminsäure,  Humus , Hu- 
mussäure, Gein,  Geinsäure , Humin,  Huminsäure  gegeben.  Die  Chemiker 
sind  darüber  einverstanden,  dafs  der  in  Alkalien  lösliche,  durch  Säuren 
fällbare  und  das  Lackmus  röthende  Körper,  welcher  die  Namen  Ulmin- 
säure, Huminsäure , Geinsäure,  Humussäure  trägt,  durch  die  Einwirkung 
des  Alkali’s  auf  die  Pflauzenüberreste  erzeugt  wird,  und  in  dem  Zustande, 
in  dem  man  ihn  erhält,  nicht  fertig  gebildet  darin  enthalten  ist.  Berzelius 
sagt  darüber  in  seinem  Handbuch  Bd.  VIII.  S.  38S:  „In  dem  Zustande, 
„in  welchem  die  Huminsäure  in  der  Erde  vorkommt,  scheint  sie  ein  völlig 
„neutraler  Körper  zu  seyn , sie  reagirt  weder  als  Säure  noch  als  Alkali 
„uud  läfst  das  Lackmuspapier  unverändert/*  Die  unlösliche  braune  Ma- 
terie, aus  welcher  die  Huminsäure  durch  din  Einwirkung  der  Alkalien  ge- 
bildet wird,  bezeichnet  Berzelius  mit  Humin  (Humus,  Gein,  Ulmin);  es 
ist  diefs  also  eine  hypothetische  Materie,  von  der  man  annimmt,  dafs  sie 
in  der  Fäulnifs  und  Verwesung  vou  Pflanzen  und  Pflanzentheilen  gebildet 
werde;  für  sich  ist  sie  nicht  bekannt  und  ihre  Existenz  keineswegs  ino- 
tivirt. 

Die  abgestorbenen  Pflanzen  und  Pflanzentheilo  erleiden  unter  dem  Eio- 
flufs  der  Luft  bei  Gegenwart  von  Feuchtigkeit  eine  unausgesetzte  Verän- 
derung. Bei  hinlänglichem  Zutritt  von  Sauerstoff  verschwinden  sie  zuletzt 
völlig,  und  ihre  Bestandteile  kehren  in  die  Atmosphäre  zurück  in  der 
Form  von  Kohlensäure,  Ammoniak  und  Wasser.  Dieser  Oxidationsprocefs 
(Verwesung)  wird  aufgehalten  durch  Mangel  an  Feuchtigkeit,  er  wird  be- 
fördert durch  Confcact  mit  Alkalien  und  alkalischen  Erden.  Alle  mit  Hu- 
min, Gein,  Humus  etc.  bezeichneten  Stoffe  sind  Theile  von  Pflanzen  in 
ihren  verschiedenen  Stadien  der  Verwesung;  als  für  sich  bestehende  eigen- 
tümliche Körper  können  sie  nicht  betrachtet  werden;  die  aus  ihnen  durch 
Behandlung  mit  Säuren  und  Alkalien  darstellbaren  Stoffe  sind  als  solche 
nicht  darin  enthalten,  sondern  Produkte  einer  neuen  Umsetzung  oder  Ver- 
änderung durch  die  eiuvvirkeuden  Körper. 

Aus  dem  nach  vorhergegangener  Ausziehung  von  Torf,  von  faulem 
Weidenholz  und  Dammerde  mit  Wasser  und  Alkohol  bleibenden  Rückstand 


Verwesungsprodukte  von  Pflanzen.  127  i 

erhielt  Mulder  bei  Behandlung  mit  kohlcnsaurein  Natron  und  Fällung  mit 
Schwefelsäure  einen  in  reinem  Wasser  völlig  löslichen  gallertartigen  Nie- 
derschlag, welcher , nach  Entfernung  der  Miueralsäure  durch  Waschen, 
getrocknet  und  analysirt  wurde.  Die  Zusammensetzung  desselben  war 
folgende : 


a 

b 

c 

d 

e 

Kohlenstoff  60,13 

— 62,19 

— 59,06 

— 57,37 

— 57,54 

Wasserstoff  4,74 

— 

4,51 

— 4,96 

— 

4,43 

— 4,71 

Stickstoff  3,61 

— 

0,00 

— 2,80 

— 

3,23 

— 6,87 

Sauerstoff  31,52 

— 33,30 

— 33,18 

— 34,95 

— 30,98 

f 

g 

h 

i 

Kohlenstoff 

57,16 

— 

59,09  — 

57,87 

— 

55,18 

Wasserstoff 

5,38 

— 

5,12  — 

4,98 

— 

5,00 

Stickstoff 

6,11 

— 

3,63  — 

3,52 

— 

2,35 

Sauerstoff 

31,35 

— 

32,18  — 

33,53 

— 

37,47 

Die  Substanz  der  Analyse  a)  war  aus  Harlemmer  Torf,  b)  aus  friesischem 
Torf,  c)  aus  faulem  Weidenholz,  d)  aus  Dammerde  eines  Baumgartens, 

e)  aus  Dammerde  eines  Gemüsegartens,  f)  aus  Dammerde  einer  Wiese, 
g)  aus  einem  Boden,  auf  welchem  Eichen  wachsen,  Ii)  aus  einem  Garten 
mit  Johannisbeersträuchern,  i)  aus  Bohnenland. 

Diese  Materien  hinterliefsen,  mit  Ausnahme  von  a b c,  nach  dem  Ver- 
brennen eine  gewisse  Quantität  Asche  (d  5 — 6 p.  c.),  (e  2,0  p.  c.),  (f 
3,2  p.  c.),  (g  12,5  p.  c.) , Ch  6,2  p.  c.),  Ci  22,8  p.  c.).  Vor  der  Ver- 
brennung wurden  sie  bei  140°  getrocknet. 

Aus  den  in  der  Analyse  erhaltenen  Zahlen  entwickelt  Mulder  fogende 
Formeln: 

a)  C40  H24  0„  -b  N2  II6  -b  4H20 

b)  C40H28  0I2  -b  4H2  0 

c)  C40  H24  0„  + Nj  H6  -b  3H2  O 
d u.  e)  C40  H24  Oj4  N2  H6  -b  4H2 O 

f)  C40  H24  0lt  -b  2N2  H6  -b  5H20 

g)  c40  H24  012  + N,H6  + 5H20 

h)  C40  H24  0a2  + N3H6  + 6H20 

fiir  ij  giebt  Mulder  keine  Formel.  * 

Wie  man  leiebfc  bemerkt,  lassen  sich  diese  Niederschläge  als  Verbin- 
dungen von  Ammoniak  betrachten  mit  Wasser  und  drei  von  einander  in 
ihrer  Zusammensetzung  abweichenden  Stoffen,  welche  Mulder  mit  Säure 
aus  der  Dammerde,  Huminsäure  und  Ulminsäure  bezeichnet. 

Säure  aus  der  Dammerde  C40  H24  014 

Huminsäure  C40  H24  012 

Ulminsäure  C40  H28  0a2 

Durch  die  Einwirkung  von  verdünnter  Schwefelsäure  auf  Zucker  ent- 
steht eine  gewisse  Anzahl  von  Zersetzungsprodukten,  die  in  ihrer  Beschaf- 
fenheit und  Verhalten  den  aus  den  P/lanzeniiberresten  dargestellten  Kör- 
pern ähnlich  sind.  Mulder , der  diese  Materien  einer  Untersuchung  unter- 
warf, hält  beide  Klassen  von  Verbindungen  für  identisch;  allein  die  Ver- 
gleichung der  Analysen  beider  zeigt,  dafs  sie  wesentlich  von  einander 
verschieden  sind. 

Das  von  Mulder  aus  dem  Zersetzungsprodukte  des  Zuckers  darge- 
stellte hurninsaure  Ammoniak  und  die  aus  dem  faulen  Weidenholze  erhal- 
tene Materie  C Analyse  c) , welche  Mulder  mit  demselben  Narnen  bezeich- 
net, lieferten  in  der  Analyse: 

aus  Zucker  aus  faulem  Weidenholz 


Kohlenstoff  64,58  — 59,06 

Wasserstoff  4,22  — 4,96 

Stickstoff  3,74  — 2,80 

Sauerstoff  27,47  — 33,18 


1272 


Verwesungsprodukte  von  Pflanzen. 


Die  erstere  entspricht  sehr  nahe  der  Formel  C40  H31  N,  01S 

die  andere  C4o  H40  Öji 
Malder  spaltet  diese  Formeln  in  folgende: 

hunünsaures  Ammoniak  aus  Zucker  C40  H24  Oia  -f-  Na  Hö  -f-  H20 

do.  aus  Weidenholz  C40  H24  Oi2  -h  Na  H6  -f-  5H20 

Die  letztere  Substanz  enthält  mithin  die  Elemente  von  4 At  Wasser  mehr 
als  die  andere,  und  da  beide  bei  gleichen  Temperaturen  (140°)  getrocknet 
worden  waren,  so  können  sie  nicht  als  identisch  angesehen  werden. 

Nach  den  Analysen  Herrmann’  s ist  der  braune  gelatinöse  Körper,  der 
aus  einer  Abkochung  von  faulem  Holz  mit  einer  Auflösung  von  kohlen- 
saurem Kali  durch  verdünnte  Schwefelsäure  gefällt  wird,  nach  der  Formel 
^:o  H70  028  N?  zusammengesetzt.  Die  Analyse  gab  58,33  Kohlenstoff, 
5,22  Wasserstoff,  29,98  Sauerstoff,  6,47  Stickstoff.  Man  sieht  leicht, 
dafs  es  ganz  von  Zufälligkeiten  abhängig  betrachtet  werden  mufs,  wenn 
zwei  Analytiker  die  nämlichen  Resultate  von  zwei  auf  gleiche  Weise  aus 
faulem  Holze  oder  aus  Dammerde  dargestellten  Materien  erhalten,  welche 
in  ungleichen  Zeiten  den  Einflüssen  der  Witterung  ausgesetzt  gewesen  sind. 
Als  das  bemerkenswerthestc  Resultat  geht  aus  diesen  Untersuchungen  her- 
vor, dafs  die  faule  Pflanzensubstanz  Ammoniak  in  einer  sehr  innigen  Ver- 
bindung enthält,  und  es  ist  äufserst  wahrscheinlich,  dafs  gerade  in  der 
Fähigkeit  derselben,  Ammoniak  aus  der  Luft  auzuziehen  und  mit  grofser 
Kraft  zurückzuhalten,  der  ausgezeichnet  günstige  Einflufs  beruht,  den 
diese  Materien  auf  die  Vegetation  ausüben.  Der  Rückstand,  welcher  nach 
Behandlung  des  faulen  Holzes  mit  kohlensauren  Alkalien  bleibt,  ist  nach 
Herrmann  an  Stickstoff  noch  reicher  wie  der  lösliche  Theil  desselben. 
Herrmann  nennt  diesen  Rückstand,  der  noch  Holzstructur  zeigt,  Nitrolin ; 
er  fand  darin  57,20  Kohlenstoff,  6,32  Wasserstoff,  24,28  Sauerstoff, 
12,20  Stickstoff.  Diese  Zusammensetzung  ist  höchst  unwahrscheinlich; 
wäre  sie  richtig,  so  gäbe  dieser  Körper  ein  sehr  geeignetes  Material  zur 
Salmiakfabrikatiou  ab. 

Humusextract  nennt  Herrmann  den  in  Alkalien  und  Wasser  löslichen 
Bestandteil  des  faulen  Holzes,  welcher  nach  der  Fällung  der  alkalischen 
Abkochung  desselben  durch  Salpetersäure  iu  der  gelb  oder  braungelb  ge- 
färbten Flüssigkeit  zurückbleibt;  er  löst  sich  nach  demselben  Chemiker  in 
Aether  und  Alkohol;  allein  durch  beide  Lösungsmittel  läfst  er  sich  direct 
aus  faulem  Holze  nicht  darstellen,  und  er  hat  sonach  als  Zersetzungspro- 
dukt nicht  das  geringste  Interesse. 

Der  Stickstoffgehait  der  von  Herrmann  analysirten  Materien  stammt 
nach  ihm  von  dem  Stickgas  der  Atmosphäre;  es  ist  diefs  eine  Voraus- 
setzung, wie  es  viele  giebt,  die  nämlich  erfunden  werden,  wenn  man  die 
Beweisführung  über  die  Ursache  einer  Erscheinung  schuldig  bleiben  will. 

Torfsäure  nennt  Herrmann  den  Bestandteil  des  Torfs,  von  welchem 
seine  saure  Reaction  abhängig  ist;  sie  ist  auch  in  der  Ackererde  enthalten. 
Um  die  Torfsäure  rein  zu  erhalten,  ist  ein  Material  nötig,  was  weder 
Holzhumussäure  noch  Ackersäure  enthält.  Herrmann  war  so  glücklich, 
es  aus  dem  Gouvernement  Nichnei  Nowgorod  in  einer  Ackererde  und  in 
einem  Torf  bei  Moskau  zu  erhalten.  Da  diese  Substanz,  welche  die  Haupt- 
ei^enschaften  der  braunen  Materie  aus  dem  faulen  Holze  besitzt,  vielleicht 
von  derselben  Zusammensetzung  nicht  mehr  vorkommfc , so  begnüge  ich 
mich  , die  von  ihm  in  der  Analyse  erhaltenen  Zahlen  anzuführen.  100  Theile 
enthielten:  Kohlenstoff  03,10  — 63,0,  Wasserstoff  4,31 — 4,11,  Stickstoff 
7^73  — 8,02,  Sauerstoff  24,86  — 24,87.  Die  aus  Tula’scher  Ackererde 
durch  kohlensaure  Alkalien  ausziehbare  braune  Materie  ( Ackersäure)  fand 
Herrmann  in  100  Theilen  aus  62,905  Kohlenstoff,  4,311  Wasserstoff, 
5,400  Stickstoff,  27,384  Sauerstoff,  die  Sibirische  Äckersäure  aus  62,57 
Kohlenstoff,  4,80  Wasserstoff,  15,0  Stickstoff  und  17,63  Sauerstoff  zu- 
sammengesetzt. Was  durch  die  organische  Eleinenfcaranalyse  von  derglei- 
chen Stoffen  eigentlich  bezweeki  werden  soll,  ist  schwer  einzusehen. 


Quellsäure. 


1273 


Quellsäure  (Acidum  crenicum). 

Diese  Säure  ist  von  Berzelius  im  Porlawasser,  einer  Mineralquelle  in 
Schweden,  entdeckt  worden.  — Sie  findet  sich  höchst  wahrscheinlich 
in  den  meisten  Mineralquellen  und  war  bisher  im  unreinen  Zustande  unter 
dem  Namen  Extractivstoff  des  Mineralwassers  bekannt;  ferner  findet  sie 
sich  iß  vermodertem  Holz.  Sie  ist  wohl  Produkt  der  Zerstörung  organi- 
scher Körper. 

§.  265.  Man  erhält  die  Quellsäure  nach  Berzelius  am 
leichtesten  aus  dem  ockerigen  Absatz  eisenhaltiger  Quellen 
(auch  aus  Sumpferzen  und  Raseneisenstein),  indem  man  diesen 
Ocker  mit  Aetzkalilauge  so  lange  kocht,  bis  der  Absatz 
eine  flockige  Beschaffenheit  angenommen  hat  und  die  Flüs- 
sigkeit leicht  filtrirt  werden  kann.  Das  dunkelbraune  Filtrat 
sättigt  man  mit  Essigsäure,  und  setzt  ein  wenig  im  Ueber- 
schufs  zu,  versetzt  dann  die  Auflösung  so  lange  mit  essig- 
saurem Kupferoxid,  als  ein  brauner  Niederschlag  entsteht 
(ist  der  Niederschlag  weifs,  so  mufs  mehr  Essigsäure  zugesetzt  werden), 
filtrirt  dann  und  setzt  zum  Filtrat  kohlensaures  Ammoniak 
etwas  im  Ueberschufs,  setzt  hierauf  wieder  essigsaures  Kupfer- 
oxid zu,  so  lange  ein  weifsgrünlicher  Niederschlag  entsteht, 
welcher,  wohl  gewaschen,  in  Wasser  vertheilt,  durch  hy- 
drothionsaures  Gas  zerlegt  wird;  das  Filtrat  wird  unter  der 
Luftpumpe  abgedampft,  der  Rückstand  mit  absolutem  Alkohol 
behandelt,  die  klare  Lösung  wieder  unter  der  Luftpumpe 
verdampft,  der  Rückstand  in  Wasser  gelöst,  der  Lösung  so 
lange  Bleizucker  zugesetzt,  als  ein  bräunlicher  Niederschlag 
entsteht,  dann  filtrirt,  das  Filtrat  mit  Bleiessig  gefällt,  der  in 
Wasser  vertheilte  gelbliche  Niederschlag  mit  Hydrothionsäure 
zerlegt  und  das  Filtrat  wieder  unter  der  Luftpumpe  verdampft. 
(Diese  Operationen  haben  zum  Zweck,  die  Quellsäure  von  allen  fremden 
Salzen,  besonders  auch  der  nachher  zu  erwähnenden  braunen  Säure  zu  be- 
freien , und  sie  selbst  vor  Veränderung  durch  den  Luftzutritt  zu  schützen.) 

— Die  Eigenschaften  der  Quellsäure  sind:  Sie  bildet,  völlig 
trocken,  eine  gelbe  durchsichtige,  nicht  kristallinische,  aber 
viele  Sprünge  zeigende  Masse;  ist  geruchlos,  schmeckt  erst 
stechend  und  sauer,  dann  adstringirend,  röthet  stark  Lackmus. 

Durch  Hitze  wird  sie  zerstört.  (Nach  der  Angabe  von  Herrmann  drückt 
die  Formel  C7  H16N06  die  Zusammensetzung  der  Quellsäure  aus,  in  100 
Theilen  gefunden  40,34  Kohlenstoff,  7,89  Wasserstoff,  7,50  Stickstoff  und 
44,57  Sauerstoff.)  — Die  Quellsäure  ist  in  jedem  Verhältnifs 
in  Wasser  und  Weingeist  löslich,  die  wässerige  Lösung 
schmeckt  rein  adstringirend,  nicht  sauer.  — Mit  Basen  bildet 
sie  die  quellsauren  (Salze.  Die  quellsauren  Alkalien  sind 
extractähnliche,  in  Wasser  leichtlösliche,  in  absolutem  Al- 
kohol unlösliche  Verbindungen.  Mit  Bleioxid  giebt  sie  ein 
gelbliches,  mit  Kupferoxid  ein  weifslichgrünes,  in  Wasser  un- 
lösliches Salz  Cs.  o.),  mit  Eisenoxidul  giebt  sie  ein  lösliches, 
mit  Eisenoxid  ein  unlösliches  weifslich-graurothes  Salz,  mit 
Silberoxid  einen  bald  purpurroth  werdenden,  in  Ammoniak 

Gcigcr’s  Pharmacie.  I.  {\ke  Auß.)  S1 


1274 


Quellsatzsänre.  Mudesige  Säure. 


löslichen  Niederschlag.  — Die  Quellsäure  (so  wie  ihre  Salse)  wird  ( 
sehr  leicht  verändert.  Ihre  wässerige  Lösung  (so  wie  die  Lösungen  quell-  ' 
saurer  Alkalien)  wird  an  der  Luft  sehr  schnell  braun;  es  bildet  sich  eine 
neue  Säure , von  Berzelius  Quellsatzsäure  ( Acidum  apocrenicum)  ge- 
nannt. Diese  Säure  begleitet  die  Quellsäure  und  ist  nur  schwierig  davon 
zu  trennen.  — Man  erhält  die  Quellsatzsäure  aus  dem  braunen , mit  essig- 
saurem Kupferoxid  erhaltenen  Niederschlag  (s.  o.)  durch  Zeilegung  des- 
selben auf  ähnliche  Art  wie  die  Quellsäure.  — Es  ist  eine  braune  extract- 
ähuliche  Masse,  von  rein  zusammenziehendem  Geschmack;  in  Wasser  ist 
sie  wenig  löslich,  aber  leicht  löslich  in  Verbindung  mit  Quellsäure.  In 
Alkohol  ist  sie  löslicher  als  in  Wasser.  Salmiak  fällt  sie  aus  der  wässe- 
rigen Lösung  in  dunkelbraunen,  nur  in  viel  Wasser  wieder  verschwin- 
denden Flocken.  — Nach  Herrmann  ist  die  Formel  der  Quellsatzsäure 
C,4  H14  Oj  N3,  in  100  Theilen  62,57  Kohlenstoff,  4,80  Wasserstoff,  15,0 
Stickstoff  und  17,63  Sauerstoff.  — Die  Quellsatzsäure  zerlegt  die  essig- 
sauren Verbindungen.  Ihre  Salze  sind  sämmtlich  dunkelbraun,  die  der 
reinen  Alkalien  löslich  in  Wasser,  die  übrigen  schwerlöslich  oder  unlös- 
lich, bis  auf  das  Eisenoxidulsalz.  — Diese  Säuren  ähneln  in  mancher 
Hinsicht  der  Gerbsäure  und  der  Humussäure.  — Officineil  sind  sie  an  sich 
nicht.  Da  sie  jedoch  einen  sehr  allgemeinen  (bis  jetzt  zum  Theil  fast 
übersehenen)  Bestandteil  der  Mineralquellen  ausmachen,  und  wohl  mit 
zu  ihrer  Wirkung  beitragen,  so  sind  sie  auGh  Gegenstand  der  medicini- 
schen  und  pharinaceutischeu  Chemie. 

Analoge  Säuren  erhält  man  durch  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf 
Humus,  Holzkohle,  Gufseisen  u.  s.  w.  — (Vergl.  über  Quellsäure  Annalen 
der  Pharmacie  Bd.  VI.  S.  241.)  — Vielleicht  gehört  auch  BraconnoVs 
Azulminsäurt  hierher. 

Mudesiye  Säure.  — In  dem  Pigotit  an  Thonerde  gebundene,  dunkel- 
braune, lösliche  organische  Säure,  deren  Zusammensetzung  in  dem  Sil- 
bersalz durch  die  Formel  C12  H10  08  ausgedrückt  wird.  Der  Pigotit  bildet 
sich  nach  Johnston  in  gewissen  Höhlen  in  den  Granitklippen  von  Cornwall 
aus  Ueberresteu  der  auf  deu  Moorgründen  wachsenden , abgestorbenen 
Pflanzen,  welche,  indem  sie  durch  das  Wasser  in  die  Spalten  des  darunter 
liegenden  Granits  geführt  werden,  sich  init  der  Thonerde  des  zersetzten 
Feldspats  verbinden.  (Philos.  Magaz.  Novbr.  1840.) 

Produkte  der  trocknen  Destillation  von  Bolz» 

Die  Produkte,  welche  durch  die  Einwirkung  der  Wärme  auf  Hola 
entstehen  , sind  aufserordeutlich  zahlreich  und  weichen  je  nach  der  Ver- 
schiedenheit der  Hölzer,  je  nach  ihrem  Gehalte  an  Harz  und  fremden  Sub- 
stanzen von  einander  ab. 

Die  Produkte  sind  theils  gasförmig,  thoils  flüssig;  von  den  letzteren 
löst  sich  ein  Theil  im  Wasser,  eine  andere  Portion  ist  in  Wasser  unlös- 
lich und  besitzt  eine  öl-  oder  salbenartige  schmierige  Beschaffenheit;  dieses 
Produkt  lieifst  Holztheer. 

Die  gasförmigen  Produkte  bestehen  zum  grofsen  Theil  aus  Kohlen- 
säure, Kohlenoxidgas,  ölbildendem  Gas  uud  Sumpfgas.  Die  in  Wasser 
löslichen  sind  Essigsäure,  Holzgeist  (Metbjloxid),  essigsaures  Methyloxid, 
Liynon,  Xylit  uud  Mesit. 

Die  Bestandteile  des  Holzteers  sind  vorzüglich  Kreosot , Paraffin, 
Eupion , Picamar,  Kapnomor , Pittakal,  Cedriret , Pyren  und  Chrysen. 

Flüssige , flüchtige  Produkte  der  Destillation  des  Holzes. 

Durch  fortgesetzte  Rectification  der  flüchtigsten  Produkte  des  rohen 
Holzessigs  erhält  man  eine  farblose,  flüchtige,  mit  Wasser  mischbare,  dem 
Alkohol  ähnliche  Flüssigkeit,  welche  1812  zuerst  von  Taylor  erhalten 
iind  als  Holzgeisfc  ( pyroxyiic  spirit ) beschrieben  wurde.  Mit  rohem  Holz- 


H o 1 z g e i s t. 


127  & 


geisfc  bezeichnet  man  ein  Gemenge  einer  gewissen  Anzahl  flüchtiger  Flüs- 
sigkeiten, unter  denen  Methyloxidhydrat  vorwaltet.  Neben  diesem  befinden 
sieh  darin  zwei  oder  drei  andere,  welche  durch  kaustische  Alkalien  eine 
Zersetzung  erleiden. 

Je  nach  der  Methode  der  Reinigung  des  rohen  Holzgeistes  ia  den  Holz- 
essigfabriken, wo  dieses  Produkt  für  den  Handel  gewonnen  wird,  wechseln 
die  Mengeh  dieser  andern  Produkte,  welche  das  Methyloxid  begleiten. 

In  den  englischen  Fabriken  wird  der  rohe  Holzgeist  durch  fortgesetzte 
Destillationen  rein  und  farblos  erhalten , in  Frankreich  reinigt  man  den 
rohen  Holzgeist  durch  wiederholte  Destillationen  über  gebrannten  Kalk. 
Nun  enthält  z.  B.  der  rohe  Holzgeist  eine  grofse  Menge  (%  seines  Ge- 
wichtes) essigsaures  Methyloxid,  was  durch  Destillation  und  Berührung 
mit  Kalk  in  Methyloxidhydrat  und  essigsauren  Kalk  zerlegt  wird.  Dies© 
Verbindung  fehlt  deshalb  in  dem  französischen  Holzgeist  und  ist  in  dem 
englischen  in  reichlichster  Menge  vorhanden. 

Aus  dem  Holzgeist  von  Wattwyl  erhielt  L,  Gmelin  durch  fortgesetzte 
Rectifieation  über  Chlorcalcium  im  Wasserbade  eine  Flüssigkeit,  welche 
bei  60°  (J.  I/.),  bei  £8,75°  ( L . Gmelin ) siedet,  ein  spec.  Gewicht  von 
0,804  (J.  L.)  bei  18°  C.,  von  0,8426*  bei  15°  QL.  Gm.'),  einen  stark  und 
durchdringenden  ätherischen  Geruch  und  gewürzfaaften  Geschmack  besitzt, 
mit  bläulich-,  an  der  Spitze  röthlich- gelber  Flamme  brennt,  beim  Ver- 
mischen mit  Salpetersäure  unter  heftiger  Erhitzung  zersetzt  wird,  wobei 
sich  Oxalsäure  und  ein  gelbes  harzartiges  Oel  bildet.  Durch  die  Analyse 
dieses  Körpers,  welchem  L.  Gmelin  den  Namen  Lignon  gegeben  hat , wurde 
erhalten  54,747  -54,753  Kohlenstoff,  10,758  — 11,111  Wasserstoff  und 
84,500— 34,136  Sauerstoff  (J.  L.);  die  letzte  Analyse  von  Gmelin  gab 
55,372  Kohlenstoff,  9,837  Wasserstoff,  34,795  Sauerstoff.  Chlorcalcium 
wurde  von  dem  von  L.  Gm.  analysirtea  Körper  nicht  aufgelöst.  Die  Flüs- 
sigkeit, welche  J.  L.  analysirte,  löste  Chlorcalcium  in  jeder  Menge  zu 
einem  Syrup  auf. 

Aus  dem  französischen  Holzgeist  erhielt  L.  Gm.  bei  fortgesetzten 
Rectificationen  über  Chlorcalcium  eine  andere  Flüssigkeit  von  59  — 63° 
Siedpunkt,  welche  ihrem  Verhalten  nach  aus  einem  Gemenge  von  Aceton 
(Essiggeist)  mit  Methyloxidhydrat  bestand. 

Nach  Schweitzer  besteht  der  ia  der  Schweiz  vorkommende  Holzgeisfc 
aus  drei  in  ihrer  Zusammensetzung  und  ihren  Eigenschaften  verschiedenen 
Körpern.  Der  Hauptbestandteil  ist  Methyloxidhydrat , ein  zweiter  ist  eine 
flüchtige,  mit  Wasser  in  allen  Verhältnissen  mischbare  Flüssigkeit,  der  er 
den  Namen  Xylit  gab ; der  dritte  Bestandteil  ist  der  von  Reichenbach  ent- 
deckte Mesit . Aceton  scheint  demnach  in  dein  von  Schweitzer  untersuch- 
ten Holzgeist  zu  fehlen. 

Zur  Darstellung  des  Xylits  undMesits  sättigt  man  nach  Schweitzer  den  im 
Handel  vorkommeudeu  farblosen  rohen  Holzgeisfc  mit  gepulvertem  geschmolze- 
nem Chlorcalcium  und  unterwirft  das  Gemisch  nach  24  Stunden  der  Destilla- 
tion im  Wasserbade.  Xylit  und  Mesit  destilliren  über,  während  das  Meshyl- 
oxidhydrat  an  Chlorcalcium  gebunden  im  Destillirapparate  zurückbleibt. 

Wird  das  erhaltene  Gemenge  von  Xyfit  und  Mesit  einer  neuen  De- 
stillation (im  Wasserbade)  unterworfen,  so  geht  der  Xylit  zuerst  über. 
Sobald  das  Cebergehende  beim  Zusatz  von  Wasser  trüb  wird  und  Tropfen 
einer  farblosen  ätherischen  Flüssigkeit  abgeschieden  werden  , wechselt  man 
die  Vorlage.  In  der  ersten  Hälfte  des  Destillats  hat  man  Xylit,  verunrei- 
nigt durch  etwas  Mesit,  in  der  letzten  hat  man  Mesit,  den  man  durch 
Schütteln  mit  Wasser  voa  den  letzten  Spuren  Xylit  befreit  und  durch 
Rectifieation  über  Chlorcalcium  entwässert. 

Zur  Weiteren  Reinigung  des  Xylits  bringt  man  das  daran  reiche  erste 
Destillat  mit  gepulvertem  Chlorcalcium  zusammen,  mit  dem  der  Xylit  eine 
feste  Verbindung  eingeht.  Man  bringt  die  Masse  auf  einen  Trichter,  Iäfst 
die  Flüssigkeit  ablaufen  und  unterwirft  die  feste  Xylitverbißdung  einer 
neuen  Destillation  im  Wasserbade. 

Der  Xylit  stellt  eine  farblose  Flüssigkeit  dar  von  angenel  snehj  ätheri- 


1276 


Xylit.  Mesit. 


scheu  Geruch  und  brennendem  Geschmack,  er  brennt  mit  leuchtender 
Flamme,  siedet  bei  61,5°,  sein  spec.  Gew.  ist  0,816,  er  ist  mischbar  in 
allen  Verhältnissen  mit  Wasser,  Alkohol  und  Aether.  Das  speo.  Gewicht 
seines  Dampfes  ist  2,177  (gefunden). 

Die  Analyse  desselben  gab  in  100  Theilen  58,50  Kohlenstoff,  10,04 
•Wasserstoff  und  31,46  Sauerstoff,  entsprechend  der  Formel  CiaH24Os. 

Setzt  man  wasserfreiem  Xylit  in  kleinen  Portionen  Kalihydrat  zu,  so 
kommt  ein  Zeitpunkt,  wo  sich  die  Flüssigkeit  mit  weifsen  silberglänzen- 
den Blättchen  erfüllt;  vor  dem  Zütritt  der  Luft  geschützt,  auf  einem  Filter 
mit  reinein  Xylit  abgewaschen  und  unter  der  Luftpumpe  über  Schwefel- 
säure getrocknet,  erhält  man  diese  Verbindung  rein.  Schweitzer  bezeich- 
net sie  mit  xylitsaurem  Kali;  die  Analyse  desselben  gab  33,87  Kohlen- 
stoff, 4,92  Wasserstoff,  18,21  Sauerstoff,  43,0  Kali,  wonach  Schweitzer 
folgende  Formel  berechnet:  C18  HJ0  07  -1-  KO.  Zieht  man  von  der  Formel  ! 
des  Xylits,  doppelt  genommen,  die  Elemente  dieser  Kaliverbindung  ab,  so 
bleiben  die  Elemente  von  3 At.  Methyloxid,  C24  H48  Oi0  — C18  H30  Or  = 
3(C2  H6  O).  Nach  Schweitzer  verbindet  sieb  dieses  Metbyloxid  mit  Wasser 
zu  Methyloxidhydrat,  es  gehören  hierzu  3 At.  Wasser,  die  von  den  2 At. 
Kalihydrat  geliefert  werden. 

Destillirt  man  Xylit  mit  wässerigem  Kali,  so  geht  nach  Schweitzer 
Methyloxidhydrat  über  und  es  bleibt  essigsaures  Kali;  die  Gegenwart  des 
Methyloxidhydrats  ist  von  Schweitzer  nicht  näher  dargethan,  es  ist  ferner 
durch  Versuche  nicht  ermittelt,  ob  die  Luft  an  der  Bildung  des  essigsau- 
ren Kali’s  Antheil  nimmt  oder  nicht. 

Setzt  man  bei  der  Darstellung  des  xylitsauren  Kali’s  mehr  Kalibydrat 
zu,  als  zur  Bildung  desselben  erforderlich  ist,  so  scheidet  sich  beim  Zu- 
satz von  Wasser  ein  dunkelbraunes  Oel  aus,  welches  Mesit  und  drei  neue 
Zersetzungsprodukte,  Xylitnaphta,  Xylitöl  und  Xyiitharz  enthält.  Durch 
Kalium  wird  der  Xylit  zerlegt  in  essigsaures  Kali  und  die  nämlichen  Pro- 
dukte. 

Mit  Schwefelsäurehydrat  vermischt,  wird  der  Xylit  braun  und  dick. 
Unterwirft  man  gleiche  Theile  Schwefelsäurehydrat  und  Xylit  der  Destil- 
lation, so  geht  schweflige  Säure  über,  das  Destillat  trennt  sich  in  zwei 
Schichten,  deren  obere  aus  Mesit  und  Methol  besteht;  das  zuerst  Ueber- 
gehende  enthält  Xylit  und  Mesiten.  Mit  2 Sehwefelsäurehydrat,  1 Xylit 
und  1 saures  oxalsaures  Kali  destillirt,  geht  ein  neues  Zersetzungspro- 
dukt über,  das  Mesiten , zuletzt  erscheint  oxalsaures  Methyloxid,  Essig- 
säure, Methol  und  schwefelsaurcs  Methyloxid.  2 Theile  Xylit,  2 Braun- 
stein und  3 Schwefelsäurehydrat  liefern  bei  der  Destillation  Ameisensäure 
und  Aldehyd  ; die  Bildung  des  Aldehj  ds  ist  übrigens  nicht  durch  Analysen 
dargethan.  Durch  die  Einwirkung  des  Chlors  entsteht  auf  Xylit  eine  Chlor- 
verbindung, welche  29,25  Kohlenstoff,  3,51  Wasserstoff,  8,92  Sauerstoff 
und  58,32—57,00  Chlor  enthält.  Schweitzer  giebt  dafür  die  Formel  C12 
H16  05  Cl8. 

Schweitzer  hält  den  Xylit  für  eine  Verbindung  von  Methyloxid  mit 
einer  Säure,  uuteracetylige  Säure,  welche  auf  die  nämliche  Menge  Sauer- 
stoff doppelt  soviel  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  enthält  wie  die  Essig- 
säure, 2C4  H6  + 03+  2C*  H6  0. 

Mesit.  Der  Körper,  welchen  Schweitzer  Mesit  nennt,  wird  erhalten, 
wie  S.  1275  angegeben;  er  stellt  eine  farblose  Flüssigkeit  dar  von  sehr 
angenehmem  Geruch  und  brennendem  Geschmack,  er  brennt  mit  leuchtender 
Flamme,  ist  leichter  als  Wasser,  (spec.  Gew.?)  und  siedet  über  70°;: 
er  löst  sich  ungefähr  in  3 Th.  Wasser.  ( Schweitzer .) 

Beim  Zusammenbringen  des  Mesits  mit  Kalihydrat  scheidet  sich  ein 
Kalisalz  ans,  welches,  mit  Schwefelsäure  destillirt,  Essigsäure  liefert. 

Gegen  Sehwefelsäurehydrat  verhält  sich  der  Mesit  ähnlich  wie  der 
Eolzgeist. 

Läfst  man  Xylit  mit  eiuem  Ueberschufs  von  Kalihydrat  stehen,  setzt 
nach  einiger  Zeit  Wasser  zu,  und  destillirt  die  abgeschiedene  ölige  Fliis- 


Mesiten.  Methol. 


1277 


sigkeit  im  Wasserbade,  so  geht  bis  zu  80°  Mesit  über,  ia  höherer  Tem- 
peratur erhält  man  andere  Produkte. 

Nach  deu  Analysen  von  Schweitzer  besitzt  der  Mesit  die  nämliche 
Zusammensetzung  wie  Aceton;  er  betrachtet  ihn  als  eine  Verbindung  von 
Methyloxid  mit  einem  hypothetischen  Acetyloxid , C2  H6  0 + C4  H6  0. 

Mesiten.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  Schweitzer  eine  ätherisch© 
Flüssigkeit,  die  man  durch  Destillation  von  gleichen  Theilen  etwas  wasser- 
haltigem Xylit  mit  Schwefelsäurehydrat  erhält.  Sobald  sich  das  Ueber- 
gehende  in  zwei  Schichten  trennt,  wird  die  Vorlage  gewechselt.  Aus 
dem  Destillat  scheidet  sich  beim  Sättigen  mit  Chlorcalcium  das  Mesiten  ab. 
Auf  welche  Weise  es  von  dem  Mesit  befreit  wird  (a.  S.  1376),  ist  nicht 
angegeben. 

Das  Mesiten  ist  eine  farblose,  sehr  leichtflüssige,  angenehm  ätherisch 
riechende  Flüssigkeit;  sein  spec.  Gewicht  ist  0,805,  es  siedet  bei  63°,  es 
löst  sich  in  3 Th.  Wasser  und  brennt  mit  rufsender  Flamme.  Das  spec. 
Gewicht  des  Dampfes  ist  gefunden  worden  zu  3,873.  Die  Analyse  gab 
iu  100  Theilen  54,87  Kohlenstoff,  9,14  Wasserstoff,  35,99  Sauerstoff. 
Schweitzer  entwickelt  daraus  die  Formel  C6  HJ2  05. 

Xylitnaphta.  Das  bei  der  Darstellung  des  Mesits  aus  Xylit  bei  höherer 
Temperatur  (100  — 130°)  Uebergehende  ist  Xylitnaphta,  verunreinigt  durch 
etwas  Mesit  und  Xylitöl.  Durch  fortgesetzte  Rectificationen  bis  zum  cou- 
stauten  Siedpunkfc  110°  erhält  man  sie  rein;  in  diesem  Zustande  ist  sie 
farblos,  leichtflüssig,  von  Pfeffermiinzgeruch  und  brennendem  Geschmack; 
sie  ist  leichter  als  Wasser,  mischbar  mit  Aether,  Alkohol,  Holzgeist  und 
Xylit,  nicht  mit  Wasser;  sie  brennt  mit  leuchtender  rufsender  Flamme; 
ihr  Siedpunkt  liegt  bei  110°  C.  Die  Analyse  derselben  gab  66,83  Kohlen- 
stoff, 11,08  Wasserstoff,  33,1  Sauerstoff.  Schweitzer  entwickelt  hieraus 
die  Formel  C12  H24  03.  Durch  die  Einwirkung  von  Kalihydrat  auf  Xylit- 
naphta entsteht  eine  schwarze  Masse,  aus  der  Wasser  ein  braunes  Oel 
ausscheidet;  die  alkalische  Flüssigkeit  giebt,  mit  Schwefelsäure  übersät- 
tigt, bei  der  Destillation  Essigsäure,  sie  enthält  etwas  Holzgeist.  In  die- 
sem, sowie  in  allen  andern  Versuchen  von  Schweitzer , wo  von  Erzeu- 
gung von  Holzgeist  (Methyloxidhydrat)  die  Hede  ist,  wurde  die  Gegen- 
wart desselben  durch  besonders  zu  diesem  Zweck  angestellte  Versuche 
nicht  dargethau. 

Xylitöl  und  Xylitharz.  Beide  sind  Produkte  der  Einwirkung  von 
überschüssigem  Kali  auf  Xylit.  Das  Xylitöl  geht  bei  der  Darstellung  der 
Xylitnaphta  bei  300°  über.  Man  sammelt  die  letzten  Portionen  für  sich 
auf  und  trennt  in  neuen  Destillationen  das  vor  200°  Uebergehende.  Es 
wird  ebenfalls  bei  Einwirkung  der  Schwefelsäure  auf  Xylit  gebildet. 

Das  Xylitöl  ist  farblos,  leichter  als  Wasser,  mischbar  mit  Aether  und 
Alkohol,  schmeckt  bitter,  brennend  und  besitzt  einen  eigenthümlichen  Ge- 
ruch ; es  brennt  mit  einer  leuchtenden  rufsenden  Flamme.  Die  Analyse 
gab  80,47  — 81,38  Kohlenstoff,  10,43  — 10,36  Wasserstoff,  9,11—8,26 
Sauerstoff.  Schweitzer  berechnet  hieraus  die  Formel  C12  II,  8 O.  Durch 
die  Einwirkung  der  Luft  bei  40  — 50°  geht  das  Xylitöl  io  Xylitharz  über. 

Xylitharz.  Dieser  Körper  bleibt  bei  der  Darstellung  des  Mesits,  der 
Xylitnaphta,  des  Xylitöls  im  Rückstände.  Es  ist  rothbraun,  bei  15  — 20a 
weich  uud  zähe,  in  der  Kälte  spröde,  schmilzt  untor  100°,  schwerer  wie 
Wasser  und  darin  unlöslich  , leicht  löslich  in  Alkohol , Aether  und  Xylit, 
wird  aus  diesen  Auflösungen  durch  Bleisalze  nicht  gefällt;  es  enthält  in 
100  Theilen  78,85  Kohlenstoff,  9,53  Wasserstoff,  11,62  Sauerstoff.  For- 
mel C3  H12  0 (Schweitzer ). 

Bei  der  Zersetzung  des  Xylits  durch  Schwefelsäurehydrat  entsteht  ein 
gelbes  Harz  von  derselben  Zusammensetzung. 

Methol.  Gleiche  Theiie  Xylit  und  Schvvefelsäurehydrafc  geben  ein  De- 
stillat, was  sich  in  zwei  Schichten  trennt,  deren  obere  grofsentheUs  aus 
Methol  besteht,  aber  neben  diesem  schweflige  Säure,  Mesiten  und  schwe- 
felsaures Methyloxid  enthält.  (Nach  einer  früheren  Angabe  enthält  diese 
obere  Schicht  Mesit  und  Methol.)  Man  behandelt  das  Destillat  mit  Kali- 


1278 


Eeichenbach’s  Mesit. 


lauge  und  unterwirft  das  ölige  Liquidum  neuen  Rectificationen,  wobei  die' 
zuerst  und  zuletzt  übergehenden  Portionen  gesondert  werden.  Zuletzt 
rectificirt  man  über  gebrannten  Kalk. 

Das  Methol  ist  farblos , leichtflüssig,  leichter  wie  Wasser,  es  siedet  i 
ungefähr  bei  175°  und  hat  einen  dem  Terpentinöl  ähnlichen  Geruch;  es 
erleidet  an  der  Luft  keine  Veränderung.  Zusammensetzung : 88,97  Koh- 
lenstoff, 11,02  Wasserstoff.  Formel : C4  U6  C Schweitzer ).  Durch  länge- 
res Stehen  und  Schütteln  mit  Schwefelsäurehydrat  wird  das  Methol  zer-  i 
setzt,  die  Mischung  wird  schwarz  unter  Entwickelung  schwefliger  Säure. 
Durch  Zusatz  von  Wasser  trennt  sie  sich  in  drei  Schichten.  Die  untere 
saure  wässerige  Schicht  giebt  mit  Kalk  neutralisirt  ein  Kalksalz,  was  in 
100  Theilen  38,45  Kohlenstoff,  4,90  Wasserstoff,  41,52  Schwefelsäure  1 
und  16,02  Kalk  enthält.  Die  von  Schweitzer  hierauf  berechnete  Formel 
ist  C12  1118  S2  06  CaO;  sie  sollte  aber  nur  14,90  Kalk  geben. 

Mesit  von  Reichenbach.  Aus  den  flüchtigsten  Produkten  des  Holz- 
theers  stellte  Reichenbach  eine  farblose,  mit  Wasser  nicht  in  allen  Ver- 
hältnissen mischbare  Flüssigkeit  dar,  welche  von  ihm  mit  Mesit  benaunt 
wurde.  Später  wurde  von  Berzelius  in  dem  im  Handel  vorkommenden 
Holzspiritus  der  nämliche  Körper  entdeckt,  der  nach  ihm  mit  Leichtigkeit 
und  in  grofser  Menge  erhalten  werden  kann,  wenn  der  Holzgeist  im  Was- 
serbade rectificirt  und  das  zuerst  übergehende  flüchtige  Produkt  mit  Chlor- 
calcium gesättigt  wird,  wo  er  sich  in  Gestalt  einer  klaren  ätherartigen 
Schicht  abscheidst. 

Reichenbach  fand,  dafs  dieser  Körper  bei  62°  siedet,  bei  15°  ein  spec. 
Gewicht  von  0,805  besitzt  und  mit  3 Theilen  Wasser  mischbar  ist.  Nach 
den  Versuchen  von  Berzelius  ist  Reickenbach’ s Mesit  zum  grofsen  Theil 
nichts  anderes  wie  essigsaures  Methyloxid.  Mit  Kalkhydrat  in  Berührung 
entsteht  essigsaurer  Kalk  und  Holzgeit ; doch  hält  es  nach  ihm  schwer, 
diese  Zersetzung  vollständig  zu  bewirken. 

Aus  dieser  Erfahrung  ergiebt  es  sich  von  selbst,  dafs  dieser  Körper 
in  dem  Holzspiritus  nicht  enthalten  seyn  kann,  den  man  aus  Fabriken  be- 
zieht, in  w elchen  die  Reinigungsmethode  des  rohen  Holzgeistes  auf  einer 
fortgesetzten  llectification  über  Kalkhydrat  beruht,  dafs  er  sich  hingegen 
in  anderrn  Holzgeiste,  der  mit  Kaikhjdrat  nicht  in  Berührung  war,  in 
reichlicher  Menge  finden  mufs.  Versuche,  die  in  dieser  Beziehung  mit 
französischem  Holzgeiste  (aus  Thann  in  öberelsafs)  und  mit  englischem 
Caus  Newcastle)  in  dem  Laboratorium  in  Giefsen  von  Sangaletti  und 
Strecker  augestellt  wurden,  ergaben  in  der  That,  dafs  der  erstere  (der 
französische)  nur  Spuren  von  diesem  Körper  enthält,  während  er  nahe  i 
den  vierten  Theil  an  Volumen  von  dem  englischen  Holzgeist  ausmacht. 

Wrird  der  letztere  mit  Chlorcalcium  gesättigt  und  im  Wasserbade  recti- 
ficirt, so  erhält  man  eine  klare,  mit  Wasser  völlig  mischbare  Flüssigkeit, 
die  sich,  mit  einer  gesättigten  Kochsalzlösung  vermischt,  in  zwei  Schich- 
ten trennt,  in  eine  obenaufschwimmende  ätherische  Schicht,  und  in  eine  J 
wässerige  salzhaltige,  die  einen  zweiten  brennbaren,  mit  Wasser  in  allen 
Verhältnissen  mischbaren  Körper  enthält. 

Die  obenaufsch^imrnende  ätherische  Schicht  löst  sich  in  ihrem  drei- 
fachen Volum  Wasser  und  kann  durch  Sättigen  desselben  mit  Kochsalz 
wieder  davon  geschieden  werden.  Auf  diese  Weise  mehrmals  behandelt 
und  zuletzt  durch  Stehenlassen  und  Rectification  über  Chlorcalcium  gerei-  j 
nigt,  gab  ihre  Analyse  in  100  Theilen  (Siedpunkt  60°)  51,59  Kohlenstoff, 
9,13  Wasserstoff  und  39,28  Sauerstoff.  (Reines  essigsaures  Methyloxid 
würde  gegeben  haben  49,15  Kohlenstoff,  8,03  Wasserstoff  und  42,82 
Sauerstoff.)  Mit  einer  dicken  Kalkmilch  in  Berührung  erstarrte  diese  über 
Nacht  zu  einer  festen  kristallinischen  Masse,  aus  der  man  beim  Erhitzen 
inj  Wasserbade  eine  verliältnifsmäfsig  geringe  Menge  einer  ätherischen 
Flüssigkeit  erhielt,  welche  bei  71°  siedete,  und  in  100  Theilen  57,2  Koh- 
lenstoff, 10,97  Wasserstoff  und  31,77  Sauerstoff  gab.  Wurde  nach  der 
Abscheidung  derselben  das  rückbleibende  Chlorcalcium  mit  Wasser  ver- 
setzt und  einer  neuen  Destillation  unterworfen,  so  erhielt  man  eine  brenn- 


K r e o 8 o t. 


1279 


bare,  mit  Wasser  mischbare  Flüssigkeit  in  sehr  geringer  Menge,.  die,  von 
Wasser  befreit,  in  der  Analyse  39,92  Kohlenstoff,  11,24  Wasserstoff  und 
48,80  Sauerstoff  gab , was  nicht  geuau , aber  nahe  mit  der  Zusammen- 
Setzung  des  Holzgeistes  stimmt. 

Der  nach  Berzelius  Verfahren  erhaltene  Körper  war  offenbar  eine 
Mischung  von  essigsaurem  Methyloxid  mit  einem  andern,  au  Kohlenstoff 
weit  reicheren  Körper.  Die  der  Zusammensetzung  des  letzteren  am  näch- 
sten kommende  Formel  ist  C2S  Hso  0,s.  Durch  die  Einwirkung  des  Kalks 
zerfällt  derselbe  in  Essigsäure  3 CC4  H6  03)  und  in  das  flüchtige  Produkt, 
dessen  Zusammensetzung  genau  der  Formel  014  H52  06  oder  C?  H16  05  ent- 
spricht. C Strecker  r) 

Die  zur  Scheidung  dieses  Körpers  angewendete  Kochsalzlösung  für 
sich  der  Destillation  unterworfen,  gab  ein  Destillat,  was  sich  mit  Chlor- 
calcium in  zwei  Schichten  trennte,  von  welchen  die  obere  identisch  mit 
der  beschriebenen  zu  seyu  schien.  Die  untere  Schicht  war  syrupartig, 
sie  gab  bei  der  Destillation  eine  mit  Wasser  mischbare  brennbare  Flüssig- 
keit, welche  in  der  Anatyse  55,05  Kohlenstoff,  9,98  Wasserstoff  uni 
34,97  Sauerstoff  gab;  Formel  C21  H46  010.  Beide  Körper  zeichnen  sich  da- 
durch aus,  dafs  sie,  mit  conceotrirter  Schwefelsäure  vermischt,  dunkel- 
rothbraun  und  dickflüssig  werden.  ( Strecker .) 

Kreosot . 

Synonyme:  Fleischerhaltendes  Princip,  mumifieirendes  Princip. 

Dafs  dem  Bauch,  so  wie  der  durch  trockene  Destillation  aus  orga- 
nischen, vorzüglich  Pflanzen-Theiien  erhaltenen  Flüssigkeit,  dem  Holz- 
essig, Theerwasser  u.  s.  w.  die  merkwürdige  Eigenschaft  zukommfc,  frische» 
Fleisch  vor  Fäulnifs  zu  schützen  und  es  so  haltbar  zu  macheu , dafs  es 
zugleich  noch  als  Nahrungsmittel  tauglich  ist,  ist  seit  den  ältesten  Zeiten 
bekannt,  und  seit  undenklichen  Zeiten  räuchert  man  Fleisch,  Würste  u. 
s.  w. , um  sie  haltbar  zh  machen.  Die  alten  Aeg3  ptier  wandten  vorzüg- 
lich die  durch  trockene  Destillation  aus  wohlriechende  Harze  enthaltende 
Hölzer  erhaltene  Flüssigkeit,  folglich  Holzessig,  an,  um  ihre  Leichname 
vor  dem  Verwesen  zu  schützen,  und  sie  haben  sich  bis  auf  den  heutigeu 
Tag  als  Mumien  erhalten.  Das  Princip  aber  kannte  man  nicht,  und  wufste 
nur,  dafs  den  brenzlich  ätherisch-öligen  Theilen  diese  Eigenschaft  zukommt. 
Reichenbach  gelang  es  aber  in  neuerer  Zeit,  dieses  Princip  im  reinsten 
Zustande  darzustellen,  und  er  nannte  es  Kreosot , von  v^icic, , Fleisch,  und 
ö-cu^ou,  ich  erhalte.  Es  bildet  sich  neben  Paraffin,  Eupioo,  Picamar , auch 
Naphtalin,  ferner  Essigsäure,  Wasser  u.  s.  w.  bei  der  trockenen  Destil- 
lation des  Holzes  und  der  meisten  übrigen  organischen  Substanzen  , so  wie 
bei  der  Verrufsung  derselben. 

§.  266.  Man  erhalt  das  Kreosot  nach  Reichenbach  aus 
dem  rohen  (nicht  rectificirten)  Holzessig , indem  man  ihn  bis 
auf  75°  C.  erwärmt,  und  hierauf  nach  und  nach  so  viel  zer- 
fallenes schwefelsaures  Natron  zusetzt,  als  sich  darin  auflöst, 
und  bis  ein  Theil  ungelöst  bleibt ; hiebei  scheidet  sich  ein 
dunkles  Oel  aus  (auch  kann  man  den  Holzessig  mit  einem 
Alkali  sättigen,  wo  sich  dieses  Oel  ausscheidet).  Der  Holz- 
essig wird  hiebei  fast  ganz  entfärbt,  das  Oel  wird  sogleich 
noch  warm  abgenommen  und  ein  Paar  Tage  an  einen  kühlen 
ört  ruhig  hingestellt,  es  sondert  sich  noch  etwas  Holzessig 
und  viel  Glaubersalz  in  Kristallen  ab,  von  welchen  Theilen 
es  befreit  wird.  Man  erwärmt  es  aufs  Neue  und  trägt  so 
lange  kohlensaures  Kali  unter  Umschütteln  zu,  als  noch  Auf- 
brausen erfolgt,  läfst  erkalten  und  ablagern,  und  destillirfc 


1280 


Kreosot. 


das  von  der  Salzlösung  getrennte  Oel  mit  Wasser  vorsichtig. 

Hiebei  inufsmau  Acht  haben , dafs  durch  das  Aufstofsen  und  durch  Ver- 
kohlen der  braunen  Masse  an  den  Retortenwänden  das  Destillat  nicht  ver- 
unreinigt werde.  Das  Maisgelbe  Oel  trennt  man  vom  Wasser  • 
an  der  Luft  bald  braun  und  undurchsichtig:  man 
schüttelt  es  nun  mit  stark  verdünnter  Phosphorsäure  mehrere 
Minuten,  läfst  ablagern  und  wiederholt  die  Operation  mit 
dem  von  der  sauren  Flüssigkeit  getrennten  Oel  mit  neuer 
verdünnter  Phosphorsäure  noch  einmal,  wäscht  dann  das  Oel 
wiederholt  mit  Wasser,  bis  dieses  nicht  mehr  sauer  rea<Wrf 
schüttelt  dieses  so  gereinigte  Oel  wieder  mit  seinem  gleichen 
Le  wicht  sehr  verdünnter  Phosphorsäure  tüchtig,  und  destillirt 
dasselbe  über  die  saure  Flüssigkeit  ab,  mit  der  Vorsicht,  das 
ubergehende  Wasser  von  Zeit  zu  Zeit  in  die  Retorte  zunick- 
zugiejsen.  Das  fast  farblose  schwere  Oel  in  der  Vorlage  wird 
von  der  wässerigen  Flüssigkeit  getrennt,  und  in  Attzkali- 
lauge  von  1,12  spec.  Gewicht  kalt  aufgelöst ; es  scheidet  sich 
etwas  Eupion  aus,  von  welchem  die  Lösung  getrennt  wird. 
Kann  erhitzt  man  diese  in  einem  offenen  Gefäfse  rasch  bis 
zum  Kochen,  setzt  dieses  kurze  Zeit  fort,  bis  die  Mischun«* 
schwarzbraun  wird  (jedoch  nicht  zu  lange ),  setzt  dann  der  ab- 
gekuhiten  Lösung  verdünnte  Schwefelsäure  im  Ueberschufs 
zu,  bis  das  Oel  sich  ausscheidet,  entfernt  es  noch  heifs  von 
der  Salzlösung  und  destillirt  (in  einer  Retorte,  die  nur  halb  so  weit, 
als  die  Flüssigkeit  steht,  mit  Sand  umgeben  ist),  jedoch  nicht  Zur 
Irockne;  es  bleibt  ein  brauner  Rückstand.  Das  farblose  Oel 
wird  nun  nochmals  mit  Kalilösung  wie  angeführt  erhitzt,  mit 
Schwefelsäure  versetzt  und  rectificirt,  welche  Operation  so 
oft  wiederholt  wird,  bis  das  Oel  beim  Erhitzen  mit  Kali- 
losung  sich  nicht  mehr  bräunt,  sondern  nur  blafs  röthlich 
wird,  dann  setzt  man  noch  ein  wrenig  concentrirte  Aetzkali- 
1 äuge  zu,  welche  sich  in  dem  Oel  auflöst,  so  dafs  es  deut- 
hch  alkalisch  reagirt,  und  destillirt  so  lange,  als  eine  was- 
serheHe  Flüssigkeit  übergeht,  aber  nicht  bis  zur  Trockne. 

Ier  Kuckstand  muls  das  4 — öfache  der  angewandten  Kalilauge  betragen, 
harbt  sich  das  Oel  in  einigen  Tagen  an  der  Luft  nicht,  so 
rectificirt  man  es  über  der  Weingeistlampe,  wobei  die  obern  und 
Seiten  - Th  eile  der  Retorte  mit  trockenen  Tuchlappen  umwickelt  werden. 

Anfangs  stofst  es  stark,  so  lange  es  noch  wasserhaltig  ist, 
wie  das  AVasser  entfernt  ist,  hört  dieses  auf:  man  wechselt 
nun  die  Vorlage  und  fängt  das  Nachfolgende  besonders  auf. 

Hiebei  hat  man  sich  sehr  in  Acht  zu  nehmen,  dafs  das  Oel  durch  einen 
Antheil  sich  an  den  Wänden  der  Retorte  bräunenden  Rückstandes  nicht 
verunreinigt  und  gefärbt  wird,  sonst  mufs  inan  die  angeführte  Operation 
wiederholen.  — Aus  Holztheev  (besonders  Buchenholztheer ) 
erhält  man  das  Kreosot,  indem  man  diesen  fast  zur  Trockne, 
d.  h.  so  weit  destillirt,  dafs  der  Rückstand  die  Consistenz  des 
gewöhnlichen  Schusterpecbs  hat,  aber  nicht  bis  zum  Auf- 
blähen oder  gar  \ erkohlen  desselben,  in  diesem  Fall  mufs  das 

Bei  vorsichtiger  Arbeit  erhält  man 


Destillat  rectificirt  werden. 


Kreosot. 


nsi 


3 Schichten,  die  untere  trennt  man  durch  vorsichtiges  Ab- 
nehmen von  der  obersten  öligen  und  mittleren  wässerig- 
sauren.  Vermischen  sich  die  Oele,  so  rectificirt  man  langsam 
und  sondert  das  Uebergehende  so  lange  ab,  als  es  auf  dem 
Wasser  schwimmt  (dieses  enthält  viel  Eupion),  dann  destiliirt  man 
rascher,  bis  weifsgelbe  Nebel  (von Paraffin)  erscheinen,  alsdann 
unterbricht  man  die  Destillation.  Das  Del  behandelt  man  nun 
wieder  wie  angeführt  mit  kohlensaurem  Kali,  und  rectificirt 
sehr  vorsichtig  (schwimmt  der  zuerst  übergehende  Theii  auf 
dem  Wasser,  so  wird  dieser  entfernt),  behandelt  das  schwere 
Destillat  wieder  mehrmals  mit  phosphorsäurehaltendem  Was- 
ser, Aetzkalilauge  (wobei  sich  oft  viel  müdes  Eupion  von  blumeuarti- 
gem  Geruch  abscheidet)  und  Schwefelsäure,  destiliirt,  und  wie- 
derholt diese  Arbeiten,  bis  sich  das  Del  an  der  Luft  nicht 
mehr  färbt  5 dann  rectificirt  man  es  unter  den  angeführten 
Vorsichtsmafsregeln,  indem  man  das,  was  mit  Wasser  anfangs 
übergeht,  entfernt,  und  nur  dasjenige  als  rein  betrachtet  und 
für  sich  auffängt,  was  bei  höherer  Temperatur  «als  farblose 
Flüssigkeit  Übergeht.  Im  Holzessig  sind  ungefähr  1%  Procent,  im 
Holztheer  aber  gegen  20  — 25  Procent  Kreosot  enthalten.  (Das  mittelst 
Kalilauge  abgeschiedene  Eupion  enthält  noch  Kreosot,  welches  ihm  durch 
Behandlung  mit  neuen  Mengen  Kalilösung  entzogen  werden  kann.)  — Auch 
aus  Steinkohlentheer  und  Thieröl  oder  Thiertheer  läfsfc  sich  auf  ähnliche 
Art  Kreosot  darstellen.  Bei  letzterm  fällt  die  Behandlung  mit  kohlensau- 
rem Kali  weg;  man  hat  aber  mehr  Sorgfalt  auf  die  Trennung  desselben  von 
Ammouiak  zu  verwenden;  auch  von  Galleufetfi  mufs  es  befreit  werden,  und 
das  aus  Steinkohlentheer  von  Naphtalin.  — Zur  Kreosotbereitung  aus  Theer 
nimmt  man  auch  nach  Simon  eine  kupferne  Destillirblase  und  verfährt  an- 
fangs nach  Reichenbach.  Die  bei  der  Destillation  erhaltene  ölige  Flüssig- 
keit wird  in  Kalilauge  von  1,120  spec.  Gew.  gelöst.  Das  in  Kali  Unlös- 
liche ist  Eupion.  Das  in  Kalilauge  Gelöste  wird  mit  l1/*  Volum  Wasser 
verdünnt,  destiliirt,  und  das  Wasser  von  Zeit  zu  Zeit  in  die  Blase  zurück- 
gegossen , so  lange  noch  Eupion  übergeht.  Wenn  alles  Eupion  überge- 
gangen, giefst  man  in  die  Blase  genau  soviel  Schwefelsäure,  dafs  dadurch 
% des  angewandten  Kali’s  gesättigt  wird,  und  destiliirt  von  neuem.  Zuerst 
geht  noch  etwas  Eupion-haltiges  Kreosot  über,  dann  folgt  aber  so  reines, 
dafs  es  mit  Kalilauge  und  Wasser  nicht  mehr  milchig  wird.  Das  in  der 
Blase  rückständige  schwefelsaure  Kreosotkali  wird  mit  Schwefelsäure  im 
Ueberschufs  vermischt  und  destiliirt.  Wenn  mit  dem  vou  Zeit  zu  Zeit 
übergehenden  Wasser  kein  Kreosot  mehr  übergeht,  ist  die  Destillation 
vollendet.  Das  erhaltene  Kreosot  wird  mit  dem  übergegaugenen  Wasser 
nochmals  oder  so  oft  destiliirt , bis  es  sich  an  der  Luft  nach  einiger  Zeit 
nicht  mehr  roth  färbt.  Von  dem  Wasser  wird  das  Kreosot  durch  Destil- 
lation aus  einer  Glasretorte  befreit;  sowie  alles  Wasser  übergegangen, 
wird  die  Vorlage  gewechselt , um  das  reine  Kreosot  aufzufangeo.  — Kcene 
erhielt  aus  dem  Theer  des  Torfes  mehr  Kreosot,  als  aus  dem  Theer  des 
Tannenholzes.  1 Pfund  des  Torftheers  lieferte  10  Drachmen  gereinigtes 
Kreosot.  Das  Destillat  dieses  Tlieers  enthält  aber  viel  Naphtalin,  das  durch 
Erkalten  heranskristallisirt  und  abgeprefst  wird.  Durch  Erwärmen  mit 
Holzessig  bis  zum  Schmelzen  zieht  man  noch  etwas  Kreosot  aus.  Der 
Holzessig  wird  mit  kohlensaurem  Kali  gesättigt,  die  gesammelten  Oele  mit 
Vao  Phosphorsäure  und  dann  mit  Wasser  geschüttelt,  und  hierauf  nach 
Reichenbach’ s Methode  verfahren.  — Calderini  giebt  au,  dafs  Holztheer, 
mit  Kalkerde  gemischt,  bei  der  Destillation  mehr  Kreosot  giebt. 

Erklärung : Das  Kreosot  ist  im  Holzessig  gelöst;  Glaubersalz  (oder 


1282 


Kreosot. 


ein  anderes  Salz)  scheidet  es  in  Verbindung  mit  Essigsäure  , Eupion,  Pa- 
raffin, auch  Fettsäuren,  Blausäure,  Ammoniak,  Picamar  und  einem  leicht 
oxidablen,  halb  verharzten  Stoff,  der  die  Ursache  der  braunen  Farbe  ist, 
und  andern  Stoffen  ab.  Durch  Behandeln  mit  koblensaureni  Kali  trennt  i 
mau  die  Essigsäure,  beim  Rectificireu  bleibt  ein  Theil  braune  harzige 
Masse  zurück;  durch  Behandeln  des  Destillats  mit  Wasser  und  Phosphor- 
säure und  Destilliren  trennt  man  es  noch  mehr  von  dieser  Substanz,  auch 
von  Ammoniak ; Kalilösung  löst  Kreosot  und  scheidet  Eupion  und  Paraffin 
ab,  welche  darin  unlöslich  sind,  und  beim  Erhitzen  der  Kalilösung  wird 
die  leicht  oxidable  Substanz  verharzt  und  verkohlt;  wirkt  aber  Luft  und 
Kali  zu  lauge  darauf  ein,  so  wird  auch  Kreosot  zerstört ; daher  sättigt 
man  mit  Schwefelsäure  und  rectificirt,  wo  ein  Theil  der  veränderten  Sub- 
stanz zurückbleibt.  Die  Reinigung  hievon,  sowie  von  Eupion,  gelingt 
aber  nur  schwierig,  weil  diese  Substanzen  innig  mit  Kreosot  verbunden 
sind,  daher  eine  wiederholte  Behandlung  nöthig  ist.  Da  Eupion  flüchtiger 
als  Kreosot  ist,  so  lassen  sich  die  letzten  Antheile  des  erstem  zuletzt 
durch  Destillation  trennen.  — Im  Thecr  ist  Kreosot  auf  ähnliche  Weise 
verbunden,  doch  herrscht  hier  Paraffin  und  die  veränderte  schwarze  harz- 
artige Substanz  vor,  letztere  bleibt  bei  vorsichtiger  Destillation  gröfsten- 
theils  zurück.  Die  Trennung  des  Kreosots  von  der  oxidabeln  Substanz 
gelingt  nun  auf  gleiche  Weise,  und  die  Trennung  von  Eupion  und  Paraffin 
zum  Theil  durch  gut  geleitete  Destillation,  gründet  sich  auf  die  gröfsere 
Flüchtigkeit  des  erstem  und  geringere  Flüchtigkeit  des  letztem  als  Kreosot. 

267.  Die  Eigenschaften  des  Kreosots  sind : Es  ist  eine 
tropfbare,  farblosdurchsichtige , ziemlich  dünne,  ölähnliche 
Flüssigkeit  von  1,037  spec.  Gewicht,  und  sehr  stark  licht- 
brechender  Kraft;  ist  Nichtleiter  der  Elektricität.  Es  fühlt 
sich  schwach  fettig  an,  bildet  auf  Papier  einen  Oelfleck,  der 
aber  in  kurzer  Zeit  verschwindet;  riecht  sehr  durchdringend 
unangenehm , nicht  stinkend , in  der  Ferne  geräuchertem 
Fleisch  oder  Bibergeil  ähnlich,  der  Geruch  haftet  sehr  lange; 
schmeckt  höchst  brennend  ätzend,  hintennach  süfslich,  er- 
zeugt auf  der  Zunge  sogleich  Verletzung,  es  bildet  sich  ein 
weifser  Fleck  und  die  Haut  löst  sich  ab;  ähnlich  wirkt  es 
überhaupt  auf  die  Haut,  erregt  jedoch  keine  Entzündung;  an 
zarten  Theilen,  von  der  Epidermis  entblöfsten  Stellen,  den 
Augen  u.  s.  w.  erregt  es  aber  heftigen  Schmerz  (Wirkung  des 
Rauchs  auf  die  Augen);  wirkt  innerlich  genommen  höchst  giftig; 
reagirt  weder  sauer  noch  basisch;  ist  flüchtig,  verdunstet  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  an  der  Luft  langsam  und  erleidet 
hiebei  keine  Veränderung  (färbt  sich  nicht),  siedet  aber  erst  bei 
4-^03°  und  destillirt  in  verschlossenen  Gefäfsen  unverändert 
über.  An  der  Luft  eine  Zeitlang  zum  Sieden  erhitzt,  färbt 
es  sich  aber  langsam  rosenroth.  Selbst  beim  Kochen  mit 
Braunstein  oder  Mennige  erleidet  es  keine  Veränderung.  Ge- 
friert noch  nicht  bei  — 27°.  — In  Masse  läfst  sich  das  Kreosot 
mit  einem  llammenden  Körper  nicht  entzünden,  aber  mittelst 
eines  Dochts,  oder  wenn  es  an  der  Luft  über  seinen  Siede- 
punkt erhitzt  wird,  brennt  es  mit  heller  Flamme  unter  starkem 
Bufsrauch.  Durch  eine  glühende  Röhre  getrieben  bildet  sich  viel  Rufs, 
glänzende  graphitähuliche  blätterige  Kohle  und  Naphtalin  lagern  sich  ab, 
mit  einer  fettigen  Substanz  ohne  Wasser.  Es  entbindet  sich  viel  Gas, 
welches  augezüudet  mit  sehr  heller  Flamme  bremit  ohne  Rauch  , in  welcher 


Kreosot. 


1283 


rothe  feurige  Lichtfaden  von  glühendem  Naphtalin  aufsteigen.  • — Salpeter- 
säure wirkt  heftig  auf  Kreosot  ein,  es  entsteht,  unter  Entwickelung  von 
rothen  Dämpfen,  Erhitzung,  die  Flüssigkeit  färbt  sich  rothgelb  und  bräunt 
und  verharzt  sich,  bei  concentrirter  Säure  geht  die  Erhitzung  bis  zur  Ex- 
plosion. Chlor  wird  davon  verschluckt  und  färbt  sich  unter  Bildung  von 
Salzsäure  und  Harz  rothgelb;  doch  wird  Kreosot  nur  langsam  vollständig 
zerlegt.  Brom  wirkt  ebenfalls  heftig  darauf  ein ; die  Mischung  färbt  sich 
rosenroth.  Iod  löst  sich  reichlich  in  Kreosot  zu  einer  braunrothen  Flüssig- 
keit; concentrirte  Schwefelsäure  färbt  sich  damit  in  der  Kälte  erst  rosen- 
roth, dann  purpur-,  zuletzt  schvvarzroth,  beim  Erhitzen  wird  die  Mischung 
unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure  schwarz;  verdünnte  Schwefel- 
säure wirkt  nicht  verändernd  darauf,  ebensowenig  Salzsäure.  Quecksil- 
beroxid damit  erhitzt,  wird  reducirfc,  die  Flüssigkeit  wird  roth,  dann  braun 
und  dick,  und  beim  anhaltenden  Erhitzen  mit  hinreichend  Quecksilberoxid 
verwandelt  sich  das  Kreosot  in  ein  in  der  Kälte  sprödes  Ilarz.  Kalium 
entwickelt  in  Kreosot  viel  Gas  und  verwandelt  sich  zum  Theil  in  Kali, 
das  sich  in  der  Flüssigkeit  auflöst;  das  Kreosot  wird,  besonders  beim  Er- 
wärmen des  Gemisches,  dick  und  sehr  zähe,  bleibt  aber  bei  Luftaussciilufs 
farblos,  unter  Luftzutritt  wird  es  braun.  Auf  Kalium  wirkt  die  zähe 
Masse  nicht  merklich  mehr  ein.  Destillirt  man  das  Gemische,  so  erhält 
inan  den  gröfsten  Theil  Kreosot  unverändert,  der  zersetzte  verkohlt  sich. 
Natrium  wirkt  ähnlich,  aber  langsamer.  — Zusammensetzung  des  im 
Handel  vorkommenden  Kreosots  nach  J.  L.  = 75,56  Koh- 
lenstoff, 7,78  Wasserstoff,  16,66  Sauerstoff.  — In  Wasser 
ist  das  Kreosot  schwer  löslich,  100  Theile  Wasser  nehmen 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  1,25  Theile,  bei  der  Siedhitze 
4,25  Theile  auf,  beim  Erkalten  fällt  der  gröfste  Theil  wieder 
heraus.  Kreosot  selbst  nimmt  aber  beim  Schütteln  mit  Wasser 
Vio  auf.  Das  Kreosotwasser  schmeckt  brennend,  hiniennach 
süfsüch,  riecht  stark  nach  Hauch,  selbst  eine  Lösung  von 
i Theil  Kreosot  in  10000  Theileh  Wasser  riecht  und  schmeckt 
noch  deutlich  nach  Hauch ! Sauren  und  Alkalien  bewirken 
meistens  keine  Veränderung  in  Kreosotwasser,  doch  färben 
letztere  es  in  einigen  Tagen  gelbröthlich.  Eben  so  wenig 
verändernd  wirken  die  meisten  Salze,  nur  dafs  sie  es  bei 
hinreichender  Menge  aus  dem  Wasser  abscheiden  (worauf  sieb 
die  Ausscheidung  desselben  aus  Holzessig  gründet).  Uebermangansäure 
wird  aber  dadurch  schnell  entfärbt;  salpetersaures  Silberoxid  wird  nach 
einiger  Zeit  zerlegt  und  Silber  reducirt;  essigsaures  Silberoxid  schwärzt 
sich  damit  nach  einiger  Zeit;  salpetersaures  Quecksilberoxid  färbt  sich 
damit  nach  und  nach  purpurroth,  dann  schvvarzroth;  Chlor  bewirkt  Trü- 
bung und  Ausscheidung  eines  rothen  schweren  Oels,  ähnlich  verhält  sich 
Brom wasser;  Goldauflösung  bewirkt  schnell  Schwärzung  und  Ausscheidung 
von  Gold ; Platinauflösung  bewirkt  nach  einiger  Zeit  einen  braunen  har- 
zigen Niederschlag ; Bleiessig  und  Bleizuckerlösung  bewirken  in  reinem 
Kreosotwasser  keinen  Niederschlag,  enthält  es  aber  Ammoniak,  so  ent- 
steht ein  weifser  Niederschlag ; diese  Salze  dienen  also  als  Reageutien 
auf  die  Reinheit  des  Kreosots;  schwefelsaures  Eisenoxid  trübt  sich  damit 
unter  Absatz  eines  braunrothen  Niederschlags  , der  sich  in  Alkohol  unter 
Abscheidung  von  schwefelsaurem  Eisenoxi<&«£  löst,  und  beim  Verdampfen 
der  Lösung  ein  rothgelbes  Harz  hinterläfst.  Schwefelsaures  Kupferoxid- 
Ammoniak  läfst  braunes  Kupf'eroxid  fallen.  Leimlösung  fällt  das  Kreosot- 
wasser nicht,  es  wirkt  auch  nicht  verändernd  stuf  den  thierischen  Faserstoff. 

Die  merkwürdigste  Wirkung  übt  aber  das  Kreosotwasser  auf 
frisches  Fleisch  aus.  Es  eonsercirl  es  vollkommen,  so  dafs 
es,  nachdem  es  l/%  — i Stunde  in  Kreosotwasser  gelegen  hat. 


«81 


Kreosot. 


herausgenommen  und  in  warme  Luft  gehängt  werden  kann,  ' 
ohne  dctfs  es  fault > sondern  es  trocknet  nach  und  nach  ein 
und  nimmt  ganz  die  Beschaffenheit  von  geräuchertem 
Fleisch  an  (aus  diesem  Gründe  gab  Reichenbach  diesem  eigen thiimli- 
chen  Stoff  den  Namen  Kreosot ).  Auf  dieser  Eigenschaft  beruht 
auch  die  blutstillende  Wirkung  des  Kreosotwassers  bei  Wun- 
den, es  coagulirt  das  Eiweifs  in  denselben  und  macht  das 
Blut  stocken,  ohne  Entzündung  oder  sonstige  üble  Nebenzu-  ! 
fälle  zu  erregen.  Aber  lebende  Thiere,  Fische,  Insekten  in 
Kreosotwasser  gebracht,  sterben  unter  heftigen  Zuckungen 

(Wirkung  des  Holzessigs ; die  Wirkung  des  reinen  Kreosots  siehe  oben). 

Ebenso  sterben  Pflanzen,  mit  Kreosotwasser  begossen,  bald 
ab  (Wirkung  der  Kohlenmeiler).  Todte  Fflanzientheile  werden 
aber  ebenso  wie  thierische  durch  Kreosot  vor  Verwesung 
geschützt  (Wirkung  des  Theers  auf  Holzwerk,  Tauwerk  u.  s.  w.).  — 
Obgleich  das  Kreosot  weder  sauer  noch  basisch  reagirt,  so 
verbindet  es  sich  doch  sowohl  mit  Säuren  als  Basen . phos- 
phorsäure  von  1,135  spec.  Gewicht  löst  y50  Kreosot  in  der  Wärme  auf, 
gleichzeitig  nehmen  30  Theile  Kreosot  1 Th.  Phosphorsäure  auf,  Citrouen- 
säure  löst  ya0  und  1 Th.  Kreosot  l/10  Citronensäure  in  der  Hitze,  beim 
Erkalten  der  Lösungen  scheidet  sich  wieder  ein  Theil  aus;  ähnlich  ver- 
halten sich  Weinsteiusäure,  Paravveinsteinsäure , Kleesäure,  Bernsteinsäure 
und  Benzoesäure.  Die  Fettsäuren  löseu  sich  reichlich  in  Kreosot.  Kohlen- 
stickstoffsäure wird  in  der  Wärme  in  jeder  Menge  aufgelöst,  die  gelbe 
Lösung  bleibt  auch  beim  Erkalten  klar.  Unter  allen  Säuren  zeigt  Essig- 
säure vorzüglich  Affinität  zu  Kreosot;  beide  lösen  sich  im  concentrirten 
Zustande  gegenseitig  in  jedem  Verhältnis  auf.  Selbst  die  verdünnte  Säure 
zeigt  starke  auflösende  Kraft  auf  Kreosot;  leichtlösliche  Salze  scheiden 
das  Kreosot  gröfstentheils  aus  der  verdünnten  Lösung  ab,  aber  ein  Theil 
Säure  bleibt  mit  dem  Kreosot  in  Verbindung  (daher  man  diese  bei  der  Aus- 
scheidung desselben  mit  einem  Alkali  davon  trennen  mufs).  Boraxsäure 
löst  Kreosot  auch  in  beträchtlicher  Menge  auf,  in  der  Kälte  fällt  sie  wieder 
heraus;  Salzsäure  löst  nicht  mehr  Kreosot  auf  als  das  Wasser,  aber  10 
Theile  Kreosot  lösen  ungefähr  1 Th.  Säure;  reichlicher  löst  sich  Hydriod- 
säure  'in  demselben.  — Zu  Kali  hat  das  Kreosot  beträchtliche  Affiuität; 
trockenes  Kalihydrat  löst  sich  darin  unter  Erwärmung  als  wasserleeres 
zu  eiuer  dickflüssigen  ölartigen  Verbindung,  uud  tritt  Wasser  an  den  un- 
gelösten Theil  ab,  welcher  darin  zerfliefst  und  etwas  Kreosot  aufnimmt, 
ähnlich  verhält  sich  eiue  concentrirte  Kalilösung;  aber  nach  einiger  Zeit 
bilden  sich  sowohl  in  der  öligen  Kreosotlage  als  in  der  untern  wässerigen 
Kalilösuug  Kristalle  in  perlmutterglänzenden  Blättchen  von  Kreosot-Kali ; 
beim  Erhitzen  schmelzen  die  Kristalle  und  scheiden  sich  gröfstentheils  aus 
der  Mutterlauge  aus,  beim  Erkalten  des  Ganzen  erstarren  sie  wieder.  An 
der  Luft  zerfliefsea  sie  uud  sind  in  Wasser  sehr  leicht  löslich,  daher  Kreosot 
in  etwas  verdünnter  Kalilauge  sich  reichlich  löst.  Erhitzt  man  die  Lösung 
in  verschlossenen  Gefäfsen,  so  geht  Kreosot  mit  Wasser  über,  bei  starkem 
Kaliüberschufs  hält  aber  dieses  einen  Theil  Kreosot  hartnäckig  zurück. 
Säuren,  selbst  Kohlensäure,  scheiden  das  Kreosot  ab.  An  der  Luft  röthet 
und  bräunt  sich  die  Verbindung  uud  wird  zersetzt,  schneller  beim  Er- 
hitzen. Die  stark  verdünnte  Lösung  färbt  sich  aber  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur an  der  Luft  nicht,  beim  Erhitzen  färbt  sie  sich  jedoch  nach  uud 
nach.  — Natron  verhält  sich  gegen  Kreosot  wie  Kali.  — Kalk  und  Baryt, 
in  Verbindung  mit  Wasser,  bilden  damit  schmierige,  seifenartige,  an  der 
Luft  trocken  und  pulverig  werdende  , schwerlösliche  Verbindungen.  Dienen 
deshalb  wahrscheinlich  zur  einfachsten  Darstellung  des  Kreosots.  — Am- 
moniak löst  ebenfalls  mit  Leichtigkeit  Kreosot;  die  Verbindung  wird  an 


Kreosot. 


1285 


der  Luft  roth , und  ist  etwas  schwierig  vollkommen  zu  trennen.  Kupfer 
oxidhydrat  löst  sich  in  Kreosot  beim  Erwärmen  mit  brauner  Farbe  auf.  — 

Auch  mehrere  ISalze  löst  das  Kreosot  und  bildet  damit  zum 
Theil  eine  Art  Doppelsalze . Sättigt  man  eine  concentrirte  Aullösung 
des  Kreosots  in  Kali  vorsichtig  mit  Schwefelsäure  , so  bilden  sich  beim 
Neutralisationspuckt  eine  Menge  perlmutterglänzende  Blättchen  von  schwa- 
felsaurem Kreosot -Kali.  Mit  Chlorcalcium  verbindet  es  sich  innig;  die 
Verbindung  wird  durch  Wärme  nicht  zerlegt;  daher  taugt  dieses  nicht 
zum  Entwässern  des  Kreosots.  Essigsaures  Kali , Natron,  Zinkoxid  und 
Bleioxid  lösen  sich  in  beträchtlicher  Menge  in  der  Wärme  in  Kreosot, 
beim  Erkalten  kristallisiren  aus  den  Lösungen  kreosothaltige  Salze ; Grün- 
span wird  durch  Kreosot  in  der  Wärme  zerlegt,  es  löst  Essigsäure,  an- 
fangs auch  Kupferoxid  mit  brauner  Farbe , bei  Ueberschufs  von  Grünspan 
scheidet  sich  Kupferoxid  aus;  essigsaures  Quecksilber-  und  Silber-Oxid 
werden  in  der  Wärme  durch  Kreosot  zerlegt  und  die  Metalloxide  redu- 
cirt;  salpetersaures  Silberoxid  löst  sich  kalt  in  beträchtlicher  Menge  in 
Kreosot,  beim  Erhitzen  der  Lösung  wird  das  Metalloxid  reducirt.  — 

Mit  Alkohol,  Aether  und  Essigäther  mischt  sich  Kreosot  in 
jedem  Verhältnis,  eben  so  mit  Schwefelkohlenstoff,  Steinöl 

und  Eupion , von  welchem  letztem  es  nur  schwierig  zu  trennen  ist, 
durch  Erkälten  läfst  sich  die  Verbindung  einigermafsen  trennen,  eben  so 
durch  wiederholte  Destillation  und  Behandeln  mit  Kalilauge  und  Schwefel- 
säure (siehe  Krcosotbereitung).  Paraffin  zeigt  im  reinen  Zustande 
wenig  Affinität  zu  Kreosot,  aber  mit  Eupion  vermischt  löst  es 
sich  darin  reichlich  auf.  Naphtalin  löst  sich  darin  in  grofser 
Menge.  Bernstein  und  Asphalt  lösen  sich  darin  theihveise. 
Die  meisten  Harze  und  Balsame  lösen  sich  leicht  in  Kreosot, 
eben  so  die  Fette,  ätherische  Oele  und  Camphor;  auch  Indig- 
blau  löst  sich  darin  in  der  Wärme,  so  wie  mehrere  andere 
Farbstoffe.  Die  organischen  Basen  lösen  sich  sämmtlich 
leicht  in  Kreosot ; auch  Salicin  und  Menispermin  lösen  sich 

darin.  Zucker  und  Gummi  sind  in  Kreosot  unlöslich. 

Die  Reinheit  des  Kreosots  ergiebt  sich  aus  den  eben  angeführten  Ei- 
genschaften. Es  darf  weder  sauer  noch  basisch  reagiren.  Auf  Eupion- 
und  Paraffin-Gehalt  prüft  man  es,  indem  man  es  in  concentrirter  Kalilösuug 
auflöst  und  die  Auflösung  mit  Wasser  verdüuut , sie  darf  sich  nicht  trüben; 
auch  wirkt  ein  stark  eupionhaltiges  Kreosot  wenig  auf  die  Haut.  Picamar 
giebt  sich  durch  den  bittern  Geschmack  und  verdünnte  Aetzkalilauge  zu 
erkennen,  mit  welchem  es  in  der  Kälte  Kristalle  bildet.  Das  leicht  oxi- 
dable  Priucip  giebt  sich  durch  die  Bräunung  desselben  au  der  Luft  zu  er- 
kennen ; schneller  noch  ist  diefs  der  Fall , wenn  es  mit  überschüssiger 
Aetzkalilauge  der  Luft  bei  gewöhnlicher  Temperatur  dargeboten  wird  ; oder 
man  löst  Kreosot  in  Wasser  lind  setzt  der  gesättigten  Lösung  1 Tropfen 
schwefelsaure  Eisenoxidlösung  zu,  der  Niederschlag  darf  nur  rothbraun, 
nicht  schwarz  aussehen.  Ammoniak  giebt  sich  auch  zu  erkennen  durch 
Bleizuckerlösung,  welche  das  Kreesotwasser  nicht  trüben  darf. 

Anwendung:  Reines  Kreosot  ist  bis  jetzt  nicht  officinell,  und  kann 
wegen  seiner  heftigen  Wirkung  wohl  nicht  als  Arzneinßttel  gebraucht  wer- 
den. Aber  das  Kreosotivasser  ist  ein  höchst  wichtiges  Arzneimittel ! Aeufser- 
lich  dient  es  als  vortreffliches  Mittel  gegen  faulende  Geschwüre.  Selbst 
gegen  Krebs  und  Caries  wurde  es  mit  Erfolg  angewendet  1 Vorzüglich 
auch  als  blutstillendes  Mittel  bei  Wunden,  wegen  seiner  Fähigkeit,  das 
Eiweifs  zu  coaguliren.  — Hierher  gehört  wohl  die  seit  mehr  als  30  Jahren 
in  Italien  gebräuchliche  Aqua  Binelli,  deren  Bereitung  geheim  gehalten 
wird  , die  aber  nach  Berzelius  Versuchen  nichts  anderes  als  eine  ver- 
dünnte wässerige  Lösung  von  (unreinem)  Kreosot  ist.  — Dieselbe  oder 


4386 


Pioamnr. 


eine  ähnliche  Verbindung  ist  die  in  Schlesien  gebräuchliche  Aqua  empy * 
reumatica,  welche  man  erhält,  indem  roher  Holzessig  mit  überschüssigem 
Kalk  oder  Kreide  gemischt  und  alles  Flüssige  langsam  (am  besten  im  Was- 
serbad in  geräumigen  Gefäfsen)  zur  Trockne  destillirt  wird.  Sicherer 
bleibt  es  immer , reines  Kreosot  in  einer  bestimmten  Menge  Wasser  zu 
lösen  und  als  Heilmittel  zu  dispensiren  ! Das  verdünnte  Kreosotwasser 
wird  ferner  (in  Verbindung  mit  etwas  Essigsäure  und  Eupion)  mit  vorzüg- 
lichem Nutzen  zum  Erhalten  tlücrischer  Theile  (anatomischer  Präparate), 
auch  zum  Austrocknen  des  Fleisches,  anstatt  der  Räucherung,  verwendet. 
(Wirkung  des  Rufses,  der  GJanzrufslösung  und  des  rohen  Holzessigs.)  — 
Viele  kreosothaltige  Substanzen  sind  zum  Theii  schon  längst  officinell,  und 
verdanken  wohl  vorzüglich  diesem  Stoff  ihre  Heilkräfte.  Dahin  gehören 
der  Holzessig,  das  geröstete  Fleisch,  das  Pyrothonid  u.  s.  w. 

Picamar  (von  Reichenbach  entdeckt).  Man  erhält  es  ebenfalls  aus  dem 
Theeröl  neben  Kreosot  u.  s.  w. , indem  mau  das  rohe  brenzliche  Oel  mit 
8 Theilen  Aetzkalilauge  von  1,15  spec.  Gew.  mischt,  und  das  Gemische 
durch  wiederholt  abgebrochene  Destillation  auf  ein  spec.  Gewicht  von  1,08 
bis  1,10  bringt.  In  der  Kälte  schicfsen  nach  einigen  Tagen  Kristalle  von 
Picamar-Kali  an,  während  Kreosot  gelöst  bleibt.  Man  trennt  das  Picamar- 
Kali  von  der  Flüssigkeit,  zerlegt  die  gereinigten  Kristalle  mit  einer  Säure, 
und  reinigt  das  abgeschiedene  Picamar  durch  Destillation.  — Die  Eigen- 
schaften desselben  sind:  Es  ist  ebenfalls  ein  farbloses  Oel  von  1,10  spec. 
Gew.,  fühlt  sicSi  fettig  an,  riecht  schwach,  schmeckt  brennend  und  äufserst 
bitter,  daher  sein  Name  von  Pix  amarus  (während  das  höchst  scharfe 
Kreosot  einen  süfsen  Nachgeschmack  hinterläfst) ; ist  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  an  der  Luft  nicht  merklich  flüchtig  und  wird  an  derselben  in 
der  Kälte  nicht  verändert.  In  der  Siedhitze  schwärzt  es  Mennige  (Unter- 
schied von  Kreosot).  Kocht  erst  bei  270°  und  gefriert  noch  nicht  bei 
— 16°;  reagirt  weder  sauer  noch  basisch.  In  Wasser  ist  es  höchst  wenig 
löslich,  aber  in  jedem  Verhältnifs  in  Alkohol;  eben  so  in  Aether,  Holz- 
geist, Schwefelkohlenstoff  und  Steinöl,  aber  nicht  in  Eupion;  es  löst  auch 
nicht  Paraffin.  Es  verbindet  sich  mit  Chlor,  Brom,  Iod,  Schwefel,  Selen 
und  Phosphor.  Harze  löst  es  auf,  aber  nicht  Cautchuc,  und  zeigt  nur 
wenig  Affinität  zu  den  Fetten.  Schwefelsäure  löst  es  unverändert  auf, 
Salpetersäure  zerstört  es.  Kalium  entwickelt  darin  langsam  Blasen;  sal- 
petersaures Silberoxid  wird  dadurch  reducirt;  mittelst  eiues  Dochts  brennt 
es,  angezündet,  mit  rufsender  Flamme.  — Dafs  es  giftig  wirkt,  ist  un- 
wahrscheinlich; auf  die  Lippen  wirkt  es  nicht,  wie  Kreosot,  ein. 

Mit  Alkalien  geht  es  kristallinische  Verbindungen  ein.  Picamar-Kali 
wird  erhaben,  wenn  man  das  Picamar  in  Kalilauge  von  1,15  spec.  Gew. 
in  der  Wärme  auflöst.  Beim  Erkalten  kristallisirt  das  Picamar-Kali  in 
glänzenden  Nadeln,  die  durch  Alkohol  von  dem  anhängenden  Kali  befreit 
werden.  Es  ist  in  überschüssiger  Kalilauge  schwer  löslich  und  kann  daher 
aus  seiner  Lösung  durch  Kali  gefällt  werden.  Die  Kristalle  reagiren  alka- 
lisch, sie  werden  durch  Wasser  iu  ein  basisches  Salz  zerlegt,  indem  sich 
freies  Picamar  abscheidet.  Wenn  man  Kali  nicht  im  Ueberschusse  zusetzt, 
löst  sich  das  freigewordene  Picamar  wieder  auf.  Absoluter  Alkohol  zer- 
legt das  Picamar-Kali  ebenfalls  in  ein  basisches  Salz,  löst  aber  das  frei- 
gewordene  Picamar  auf.  Wasserhaltiger  Alkohol  löst  das  Salz  in  der 
Wärme,  aus  dem  es  beim  Erkalten  herauskristallisirt.  100  Th.  Picamar- 
Kali  gaben  32  Th.-  kohleusaures  Kali,  dem  entsprechen  21,8  Kali,  das 
Atomgewicht  des  Picamars  wäre  demnach  zz  2117.  Die  Zusammensetzung 
ist  durch  die  Elementaranatyse  nicht  ermittelt,  man  weifs  ntsr,  dafs  es, 
so  wie  das  freie  Picamar,  Sauerstoff  enthält,  aus  dem  Verhalten  des  Ka- 
liums. — Picamarnatron  ist  ähnlich  der  Kaliverbiudung,  kristallisirt  aber 
leichter.  Nach  dem  Atomgewichte  des  Kalisalzes  besteht  es  in  100  Th.  aus 
15,5  Natron  und  84,5  Picamar.  — Wird  Picamar  mit  kaustischem  Ammo- 
niak gemischt,  so  erstarrt  es.  Beim  Erhitzen  wird  ein  Theii  aufgelöst, 
das  Ungelöste  schmilzt,  erstarrt  aber  beim  Erkalten  wieder  kristallinisch. 


Paraffin. 


1287 


Aus  der  Losung  kristallisirt  das  Picamar- Ammoniak.  — Wird  Picamar- 
Ammoniak  mit  Chlorcalcium  gemischt,  so  schiefst  nach  einiger  Zeit  das 
schwerlösliche  Kalksalz  in  Gruppen  von  concentrischen  Nadeln  au.  Picamar- 
Baryterde  ist  ein  erdiger  Niederschlag. 

Varaffin  (von  Reichenbach  entdeckt).  Formel  Cj  H2  fJul.  Gay-Lussac 
Ca0  H4J  ( Lewy~).  Bildet  sich  bei  der  trockenen  Destillation  organischer,  beson- 
ders harziger  und  fetter  Substanzen,  Wachs  u.  s.  w.  Esi  st  Bestandteil  des 
Rufses,  Theers,  Thieröls.  — Man  erhält  das  Paraffin  nach  Reichenbach , 
wenn  Holztheer  vorsichtig  destillirt  wird,  wobei  ein  schweres  und  leichtes 
Oel  übergeht  $ ersteres,  unter  der  zugleich  übergehenden  wässerigen  Flüs- 
sigkeit sich  ablagernd,  sondert  man  ohne  Schütteln  von  letztem  ab,  und 
destillirt  es  aufs  Neue,  so  lange  noch  bei  verstärkter  Hitze  etwas  über- 
geht. Das  mit  einer  Menge  Flitter  vermengte  ölige  Destillat  vermischt 
man  nach  und  nach  mit  gewöhnlichem  höchst  rectificirten  Weingeist,  bis 
starke  Trübung  und  Ausscheidung  vcn  Paraffin  sich  zeigt.  Man  wäscht 
das  ausgeschiedene  Paraffin  noch  mit  Weingeist,  löst  es  in  heifscin  Alko- 
hol, beiin  Erkalten  kristallisirt  es  heraus,  durch  Verdampfen  der  Mutter- 
lauge erhält  man  noch  mehr;  durch  wiederholtes  Lösen  und  Umkristallisircn 
wird  es  weiter  gereinigt.  Aus  Thierthegr  (Ol.  Corot.  Cervi)  und  Stein- 
kohlentheer  erhält  man  es  auf  ähnliche  Weise;  nur  wird  dieses  Destillat 
mehrmals  rectificirt,  der  feine  dünnere  zuerst  übergehende  Antheil  jedes- 
mal abgesondert  und  nur  das  zuletzt  übergehende  Dickliche  mit  Alkohol 
iie  s.  w.  behandelt.  Zur  völligen  Reinigung  des  Paraffins  iibergiefst  es 
Reichenbach  mit  dem  doppelten  Gewicht  Vitriolöl,  erwärmt  bis  auf  etwa 
100°  und  schüttelt  tüchtig,  digerirt  eine  Zeitlang;  das  vom  Vitriolöl  ge- 
trennte Paraffin  wird  mit  neuen  Mengen  Schwefelsäure  noch  1 — 2mal 
ebenso  behandelt;  die  Schwefelsäure  zerstört  alle  anhängende  organische 
Theile ; darauf  wird  es  gewaschen,  in  Alkohol  gelöst,  erkältet,  und  das 
Herauskristallisirte  in  heifsem  Wasser  geschmolzen.  Auch  kann  man  das 
paraffinhaltige  dickliche  Oel  des  Holz-  oder  Thier -Theers  geradezu  nach 
und  nach  mit  Vitriolöl  (etw'a  %-)  vermischen,  einige  Zeit  erhitzen,  wobei 
die  organischen  Stoffe  zerstört  werden ; das  obenaufschwimmende  öl- 
(Eupion-)  haltige  Paraffin  reinigt  man  durch  Pressen,  Lösen  in  Alkohol 
u.  s.  xv.  Aus  Wachsbutter  läfst  es  sieh  wohl  durch  Behandeln  derselben 
mit  Alkalien,  Wasser,  Alkohol  ( Ettling } u.  s.  w.  leicht  rein  darstellen.  — 
Die  Eigenschaften  dieser  Substanz  sind:  Aus  seiner  Lösung  kristallisirt  es 
in  zarten  Nadeln  und  Blättchen  von  schneeweifser  Farbe,  deren  Kernform 
eine  rechtwinkelig  4seitige  Säule  ist.  Zusammeugeschmolzen  bildet  es 
nach  dem  Erkalten  eine  weifse  durchscheinende  in  dünne#  Lagen  glasartig- 
durchsichtige  Masse  von  kristallinisch -blättrigem  Gefüge  und  schwachem 
Perlmutterglanz,  dem  Wallrath  ähnlich,  fühlt  sich  auch  jenem  ähnlich 
mehr  zart  und  schlüpfrig  als  fettig  an,  ist  weich  und  leicht  zerbrechlich, 
beim  Zerdrücken  leicht  in  zarte  etwas  zähe  Blättchen  trennbar,  macht 
auf  Papier  keinen  Fettflecken;  geruch-  und  geschmacklos;  spec.  Gewicht 
0,870;  ist  Nichtleiter  der  Elektricität ; in  geliuder  Wärme  (bei  -4-43°,75) 
schmilzt  es  zu  einem  farblosen  Oel,  in  verschlossenen  Gefäfsen  stärker 
erhitzt,  verflüchtigt  es  sich  unverändert  und  läfst  sich  iiberdestiliiren.  Der 
Flamme  in  Masse  dargeboten  brennt  es  nicht,  dagegen  mittelst  eines 
Dochts,  oder  -wenn  es  unter  Luftzutritt  bis  zum  Verdampfon  erhitzt  wird, 
läfst  es  sich  leicht  entzünden  und  brennt  mit  glänzender  nicht  rulsender 
Flamme,  ohne  Rückstand  zu  lassen.  Merkwürdig  ist  dieser  Körper  be- 
sonders w egen  seinem  indifferenten  Verhalten  gegen  andere.  Weder  Chlor, 
Salpetersäure,  Salzsäure,  noch  Vitriolöl  wirken  selbst  in  der  Hitze  ver- 
ändernd darauf  (nach  Jules  Gay-Lussac  wird  es  durch  rauchendes  Vitriolöl 
allerdings  in  der  Hitze  langsam  zersetzt),  ebensowenig  Kalium  und  Alka- 
lien, mit  denen  es  sich  nicht  verbindet.  (Wegen  diesem  indifferenten  Ver- 
halten gab  ihm  der  Entdecker  den  Namen  Paraffin,  von  purum  affinis ). 
In  Wasser  ist  es  unlöslich,  wenig  löslich  in  Alkohol;  dagegen  lösen  es 
leicht  Aether  und  ätherische  Oele,  weniger  die  fetten  Oeie;  mit  natürlichen 


1288 


Eupion.  Kapnomor. 


festen  Felten,  Camphor  und  Naphtalin  vereinigt  es  sich  nicht,  mit  Stearin 
verbindet  es  sich.  — Offmiuell  ist  Paraffin  nicht,  doch  ist  es  Bestandteil  ' 
der  Wachsbutter,  und  kann  Anwendung  zu  Lichtern  finden. 

Eupion.  Formel  “ C*  HJ2  (l/e/s).  Ist  von  Reichenbach  entdeckt  und 
von  demselben  nach  dem  griechischen  FLov  Fett  und  der  Präposition  ev 
rein,  edel,  bezeichnend,  gebildet.  — Es  bildet  sich  unter  gleichen  Um- 
ständen wie  das  Paraffin  bei  der  trockenen  Destillation  organischer  Sub- 
stanzen mit  demselben.  — Man  erhält  es  auch  mit  Paraffin  gemischt  bei 
der  Bereitung  desselben  , und  es  läfst  sich  durch  vorsichtige  wiederholte 
Destillation  von  demselben  trennen.  Am  reichlichsten  gewinnt  man  es  aus 
rectificirtem  Thieröl,  oder  aus  den  Destillationsprodukten  des  Rüböls, 
welches  man  nach  und  nach  in  kleinen  Mengen  mit  ungefähr  */*  Vitriolöl, 
unter  tüchtigem  Umschütteln  versetzt,  die  über  der  schweren  rothen  Ver- 
bindung stehende  hellgelbe  Flüssigkeit  mit  dem  gleichen  Gewicht  Vitriolöl 
und  Zusatz  von  etwas  Salpeter  bis  zu  s/4  abdestillirt , welche  Operation 
mit  derselben  Menge  Vitriolöl  (ohne  Salpeter)  wiederholt  wird.  Durch 
wiederholtes  Waschen  mit  Kalilauge  und  Wasser,  ferner  durch  vorsich- 
tiges Destilliren  und  Entwässern  des  Destillats  unter  der  Luftpumpe  mit 
Vitriolöl  endlich  Behandeln  desselben  mit  Kalium,  bis  sich  dieses  nicht 
mehr  färbt,  wird  es  vollkommen  gereinigt.  — Die  Eigenschaften  dieser 
Substanz  sind:  Es  ist  eine  bei  gewöhnlicher  Temperatur  tropfbare  farblose 
Flüssigkeit,  so  dünnflüssig  als  Alkohol,  fühlt  sich  nicht  fettig,  sondern 
weniger  mild  als  Wasser  au,  ein  Stopfer  damit  getränkt,  knirscht  beim 
Verschliefsen  eines  Gefäfses;  von  angenehmem  Geruch  und  geschmacklos; 
spec.  Gewicht  0,740.  Ist  flüchtig,  verdampft  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
lano-sam  ohne  Rückstand,  macht  auf  Papier  einen  Oelfleck,  der  aber  nach 
einiger  Zeit  verschwindet,  kocht  bei  gewöhnlichem  Luftdruck  bei  -+-47° 
und^destilürt  ohne  Veränderung  über  ; ist  Nichtleiter  der  Elektricität.  Läfst 
sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nicht  mittelst  eines  flammenden  Körper« 
entzünden,  verbrennt  aber,  bis  zum  Kochen  erhitzt,  oder  mittelst  eines 
Dochts  mit  glänzender  Flamme  ohne  Rufsabsatz.  — Es  verhält  sich  gegen 
die  meisten  übrigen  Körper  eben  so  indifferent  wie  Paraffin,  wird  nament- 
lich weder  durch  den  Sauerstoff. der  Luft,  noch  Salpetersäure,  Vitriolöl 
u s w.  so  wie  Kalium , Alkalien  und  schwere  Metalloxide  verändert 
oder  aufgelöst;  Chlor  abscrbirl  es  zwar,  läfst  es  aber  beim  Erwärmen 
ohne  Veränderung  wieder  fahren.  Schwefel  und  Phosphor  löst  es  in  der 
Kälte  nicht,  aber  in  der  Wärme,  beim  Erkalten  fallen  sie  gröfstentheils 
wieder  heraus.  — In  Wasser  ist  es  völlig  unlöslich,  auch  schwerlöslich  in 
gewöhnlichem  Alkohol,  leichter  in  absolutem,  Aether,  ätherischen  und 
fetten  Gelen.  Feste  Fette,  Naphtalin,  Camphor,  Wachs  und  Paraffin  löst 
es  in  ziemlicher  Menge.  Die  meisteu  Harze  löst  es  nur  schwierig  und 
teilweise,  aber  Cautschuck  in  der  Hitze  vollständig,  die  Lösung  trocknet 
an  der  Luft  zu  einem  trocknen  Firnifs  aus.  — Nach  der  Untersuchung  von 
Hefs  ist  es  ein  Produkt  der  Schwefelsäure  auf  Brandöle.  Die  Zusammen- 
setzung der  Brandöle  fand  ließ  ==  C H2 ; 6 Atome  davon  gaben,  mit 

2 At.  Schwefelsäure  erhitzt: 

1 At.  Eupion  = C5  H12 

1 At.  Kohlensäure  = C 02 

2 At.  schweflige  Säure  ~ S2 04 

6~Ät.  Kohlen Wasserstoff  = C6  H12 

2 At.  Schwefelsäure  S2  O*. 

Kapnomor.  Eutdeckt  von  Reichenbach.  (Der  Name  von  y.awvo;  Rauch 
und  poioa  Antheil.)  Findet  sich  ebenfalls  im  Theeröl  des  Buchentheers, 
so  wie  überhaupt  organischer  Substanzen.  Das  Theeröl  w ird  einer  fractio- 
nirten  Destillation  unterworfen.  In  dem  zuletzt  übergehenden  schweren 
Oele  ist  Kapuomor,  mit  Kreosot  o.  s.  w. , enthalten.  Die  im  Oele  enthal- 
tene Essigsäure  wird  mit  kohlensaurem  Kali  gesättigt,  das  ausgeschiedene 
Gel  aber"  in  Kalilauge  von  1,20  spec.  Gew.  geschüttelt.  Die  geklärte 


Cedriret.  Pittakall. 


1289 


Flüssigkeit  wird  bis  zum  Kochen  erhitzt  , um  Eupion  fortzutreibeu , und 
dann  mit  Schwefelsäure  gesättigt.  Das  sich  dabei  ausscheidende  Oel  wird 
3 — 4 und  mehrmals  mit  Kalilauge  von  1,13,  dann  von  1,08  und  endlich 
von  1,05  spec.  Gew.  gemischt  und  bis  nahe  zur  Trockne  destillirt,  das 
Destillat  wieder  auf  die  eben  beschriebene  Weise  behandelt,  bis  sich  alles 
ohne  Rückstand  in  sehr  schwacher  Kalilauge  löst.  Das  letzte,  in  schwachem 
Kali  unlösliche  Oel  ist  das  an  Kapnomor  reichste.  — Zur  Entfernung  von 
anhängendem  Kreosot  wird  es  nochmals  mit  Kalilauge  vou  1,30  spec.  Gew. 
geschüttell,  dann  abgenommen,  mit  concentrirter  Schwefelsäure  gemischt, 
wobei  sich  die  Flüssigkeit  erwärmt  und  roth  färbt.  Hierauf  wird  sie  mit 
Wasser  vermischt,  das  abgeschiedene  Oel  abgenommeu,  die  Schwefelsäure 
mit  Ammoniak  gesättigt,  das  sich  abscheidende  Oel  wieder  entfernt,  und 
die  Flüssigkeit  abdestillirt.  Gegen  das  Ende,  wenn  das  Salz  trocken  zu 
werden  anfängt,  destillirt  Kapnomor  über;  dieses  wird  auf  dieselbe  Weise 
nochmals  behandelt,  dann  wieder  destillirt  und  über  Chlorcalcium  entwäs- 
sert. Das  Kapnomor  ist  rein,  wenn  es  einen  gewürzhaften  Geruch  hat 
und  mit  Schwefelsäure  nicht  mehr  blau  wird. 

Das  Kapnomor  ist  ein  wasserhelles,  ungefärbtes,  flüchtiges,  Lichtstark 
brechendes  Oel,  von  Geruch  nach  Ingwer,  mit  einem  hintennach  stechen- 
den Geschmack.  Spec.  Gew.  ~ 0,9775;  ist  Nichtleiter  der  Elektricität , 
ganz  neutral,  kocht  bei  -4-185°,  unverändert  destillirbar , brennt  in  einem 
Docht  mit  rufsender  Flamme.  Es  löst  sich  fast  nicht  in  Wasser,  doch 
nimmt  es  Wasser  auf;  löst  sich  in  Alkohol  und  Aether,  in  flüchtigen,  fet- 
ten und  Brand -Oelen.  Es  löst  Phosphor,  Schwefel  und  Selen.  Mit  den 
Salzbildern  geht  es  unter  Entwickelung  von  Chlorwasserstoffsäure  Verbin- 
dungen ein. 

Mit  Schwefelsäure  mischt  es  sich  mit  rother  Farbe,  verbindet  sich 
mit  derselben  und  geht  dann  Verbindungen  mit  Basen  ein,  analog  den 
benzoeschwefelsauren  und  naphtalinschwefelsauren  Verbindungen.  Das 
kapnomorschwefelsaure  Kali  ist  kristallisirbar.  Von  Salpetersäure  wird 
es  in  Oxalsäure,  Kohlenstickstoffsäure  und  in  eine  neue  nicht  untersuchte 
kristallisirte  Substanz  verwandelt.  Von  den  organischen  Säuren  wird  das 
Kapnomor  blofs  etwas  von  Essigsäure  gelöst,  dagegen  löst  es  viele  orga- 
nische Säuren  auf.  — Kalium  und  Natrium  werden  in  Kapnomor  wenig 
verändert,  ebensowenig  wirken  Alkalien  und  alkalische  Erden. 

Cedriret  (von  Reichenbach  entdeckt).  Das  rectificirte  Theeröl  wird 
zur  Entfernung  der  Essigsäure  mit  kohlensaurem  Kali  gesättigt,  hierauf 
durch  Bebaudlung  mit  Kali  von  dem  darin  unlöslichen  Eupion,  Kapnomor 
und  Mesit  befreit,  und  dann  das  Kali  mit  Essigsäure  gesättigt.  Hierbei 
scheidet  sich  aufgelöstes  Oel  ab  und  ein  Theii  bleibt  noch  mit  dem  essig- 
sauren Kali  in  Verbindung,  von  dem  es  durch  Desiillation  geschieden  wird. 
Sobald  das  Uebergehende  mit  schwefelsaurem  Eisenoxidul  einen  rothen 
Niederschlag  giebt,  sammelt  man  auf,  was  uoch  übergeht,  diefs  ist  das 
Cedriret.  Es  kristallisirt  aus  einer  Eisenvitriollösuug  in  feinen  rotheu  Na- 
deln, läfst  sich  entzünden  und  brennt  mit  Flamme.  In  der  Hitze  wird  es 
zerlegt,  Schwefelsäure  löst  es  mit  blauer  Farbe,  Salpetersäure  zersetzt 
es  gänzlich.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  Alkohol,  Aether,  Terpentinöl, 
Eupion,  Picamar,  Kapnomor  und  Steinöl.  Es  löst  sich  in  Kreosot  mit 
Purpurfarbe,  und  kann  durch  Alkohol  kristallinisch  daraus  gefällt  werden. 
Es  verursacht  wahrscheinlich  die  Farbenänderungen  des  Hoiztheers. 

Pittakall  (von  Reichenbaeh  entdeckt).  Wenn  man  das  letzte  schwere 
Destillat  vom  Theeröl  gröfstentheils  mit  Kali  sättigt,  so  dafs  es  nur  noch 
schwach  sauer  ist,  und  setzt  dann  Barythydrat  zu,  so  wird  das  Oel, 
wenn  es  an  der  Luft  getrocknet  wird,  dunkelblau.  Nur  Barj'terde  bringt 
diese  Reaction  hervor.  Die  Reindarstellung  des  Pittakalls  ist  nicht  bekannt 
gemacht.  In  reinem  Zustande  besitzt  es  folgende  Eigenschaften  : Aus  seinen 

Geiger’ s Pharmacie . T.  (5 le  Auß..)  82 


1890 


Chrysen.  Pyren. 


Auflösungen  gefällt  erscheint  es  in  spröden,  abfärbenden,  dunkelblauen 
Massen  mit  Kupfer-Strich  und  -Glanz.  Es  ist  geschmack-  und  geruchlos, 
nicht  unzersetzt  destillirbar,  giebt  bei  der  Destillation  Ammoniak.  In  Was- 
ser ist  es  unlöslich,  löslich  aber  in  Säuren,  und  nur  aus  Essigsäure  mit 
unveränderter  Farbe  durch  Alkalien  abscheidbar.  Die  Auflösung  in  Essig- 
säure wird  durch  die  kleinste  Spur  Alkali  schon  blau  gefärbt.  — Es  ver- 
bindet sich  mit  Thonerde  und  Zinnoxid,  und  kann  auf  Zeuge  niedergeschla- 
gen werden,  wobei  es  ein  Blau  giebt,  das  durch  Licht,  Wasser,  Seife, 
Ammoniak,  Wein  und  Urin  nicht  geändert  wird.  Darauf  bezieht  sich  der 
Name  Pittakall  (von  xaAAo;  schön  und  x/ttci  Harz).  Zusammensetzung  un- 
bekannt. 

Chrysen  und  Pyren. 

Diese  von  Laurent  entdeckte  Körper  sind  Produkte  der  trocknen 
Destillation  fetter,  harziger  Körper,  so  wie  der  Steinkohlen,  und  werden 
aus  dem  Theer  der  Leuchtgas -Fabriken  durch  eine  neue  Destillation  er- 
halten. Die  zuletzt  ubergehenden  Produkte  bestehen  aus  einer  gelben 
oder  röthlichen  weichen  Masse,  und  einem  dicken  Oele,  in  dem  sich 
Kristallblättchen  erkennen  lassen ; der  Hauptbestandtheil  der  in  dem  Hals 
der  Retorte  verdichteten  Masse  besteht  aus  Chrysen,  in  der  Vorlage  be- 
findet sich  das  Pyren.  Beide  lassen  sich  durch  Aetlier  trennen , indem 
sich  das  Pyren  löst,  während  Chrysen  zurückbleibt.  Durch  Abkühlung 
des  Aethers,  der  zum  Reinigen  des  Chrysens  gedient  hat,  in  einem  Kälte- 
gemisch kristallisirt  das  Pyren  aus. 

Chrysen.  Formel  C3  Ha  { Laurent ).  In  reinem  Zustande  gelb,  pulvrig, 
kristallinisch,  geruch-  und  geschmacklos,  unlöslich  in  Wasser  und  Alko- 
hol, schwerlöslich  in  Aether,  wenig  in  siedendem  Terpentinöl  und  daraus 
kristallisirbar. 

Durch  Salpetersäure,  Brom  und  Chlor,  so  wie  durch  Schwefelsäure- 
hydrat wird  Chrysen  zersetzt.  Sehr  kleine  Quantitäten  Chrysen  färben 
Schw’efelsäurehydrat  in  der  Wärme  schön  grün. 

Chrysen  schmilzt  bei  230  — 235°  und  erstarrt  kristallinisch  nadelför- 
mig, in  höherer  Temperatur  ist  es  unter  theilweiser  Zersetzung  flüchtig, 
auf  glühenden  Kohlen  entzündlich. 

Der  Formel  nach  besitzt  Chrysen  die  nämliche  Zusammensetzung  wie 
Idrialene. 

Durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  entsteht  aus  dem  Chrysen  eine 
gelbrothe  unlösliche  Verbindung  {nitrite  de  Chrysenase') , sie  ist  nach  der 
Formel  Cia  H6  04  Na  zusammengesetzt ; durch  weitere  Behandlung  mit  Sal- 
petersäure entsteht  ein  neuer  Körper,  der  nach  der  Formel  C24  HJ0  N4  09 
zusammengesetzt  ist  { Nitrite  de  Chrysene~). 

Pyren.  Formel  C10  H4  { Laurent ).  Aus  Alkohol  kristallisirt  das  Pyren 
in  rhomboidalen  microscopischen  Blättchen , es  ist  geschmack-  und  geruch- 
los, unlöslich  in  Wasser,  wenig  in  Alkohol  und  Aether,  aus  beiden  kri- 
stallisirbar, in  Terpentinöl  ist  es  leicht  löslich;  es  schmilzt  bei  170  — 180° 
und  gesteht  zu  einer  im  Bruch  blättrig-kristallinischen  Masse;  destiUirt  in 
höherer  Temperatur  ohne  Veränderung.  Durch  Schwefelsäure  wird  Pyren 
verkohlt.  Durch  Einwirkung  vou  Salpetersäure  auf  Pyren  entsteht  eine 
Verbindung,  zusammengesetzt  nach  der  Formel  C1S  H10  04  Na.  {Laurent 
bezeichnet  sie  mit  nitrite  de  pyrenase.') 

Brandöl  und  Brandharz. 

Die  beschriebenen  Produkte  der  trocknen  Destillation  des  Holzes  sind 
stets  begleitet  von  flüchtigen  öl-  oder  salbenartigen,  mehr  oder  weniger 
gefärbten  Substanzen , welche  die  Hauptmasse  des  sogenannten  Theers 
ausmachen.  Der  Theer  enthält  eine  beträchtliche  Menge  Ammoniak,  von 
dem  sich  übrigens  eine  gewisse  Menge  auch  an  Essigsäure  gebunden  in 
der  wässerigen  Flüssigkeit  vorfiadet. 


Karbolsäure  und  Phenylverbindungen.  1291 

Durch  wiederholte  Destillation  mit  Wasser  von  den  flüchtigsten  ölarti- 
gen Verbindungen  befreit , hinterläfst  der  Theer  eine  den  Harzen  ähnliche 
Substanz,  die  sich  leicht  mit  Alkalien  verbindet. 

Produkte  der  trocknen  Destillation  der  Braunkohle * 

Unter  den  Produkten  der  Destillation  der  Braunkohlen  verdieht  als 
das  Bemerkenswertheste  ein  butterartiges  brenzliches  Oel  erwähnt  zu  wer- 
den, von  dem  in  der  Medicin,  nach  den  Erfahrungen  von  Dr.  Luccis,  ge- 
gen Gicht  und  Lähmung  nützliche  Anwendungen  gemacht  worden  sind. 
Die  Braunkohlen  enthalten  sehr  ungleiche  Mengen  einer  durch  Alkohol  und 
Aether  ausziehbaren  Materie,  die  in  ihren  Eigenschaften  zwischen  Harz 
und  Bergtalg  steht  und  vorzugsweise  das  erwähnte  Destiliationsprodukt  zu 
liefern  scheint.  Bley  erhielt  von  86  Pfund  Braunkohlen  6 Unzen  brenz- 
liches Oel  von  butfcerartiger  Consistenz,  graubrauner  Farbe,  von  durch- 
dringendem Geruch,  dem  ätherischen  thierischen  Oele  ähnlich,  und  ein 
Brandharz,  was  dem  Castoreum  sehr  ähnlich  riecht.  Die  übergehende 
wässerige  Flüssigkeit  besafs  eine  alkalische  Reaction  und  enthielt  Schwe- 
felsäure» und  essigsaures  Ammoniak,  so  wie  Salmiak.  Nach  Bley  ist  das 
empyreumatische  Braunkohlenöl  kreosothaltig,  und  J.  E.  Simon  erhielt 
aus  dem  Braunkohlentheer  durch  eine  neue  Destillation  ein  flüchtiges  pa- 
raffinhaltiges Oel , was  in  sofern  sich  ähnlich  wie  flüchtiges  Bernsteinöl 
verhält,  als  es  mit  Salpetersäure  ein  harzartiges  Produkt  liefert,  was  iden- 
tisch ist  in  allen  seinen  physikalischen  Eigenschaften  mit  dem  sogenannten 
künstlichen  Moschus. 

Produkte  der  Destillation  der  Steinkohlen ; 

Die  Steinkohlen  liefern  bei  der  trocknen  Destillation  im  Anfänge  der- 
selben vorzüglich  brennbare  Gase,  welche  Gemenge  sind  von  Sumpfgas, 
ölbildendem  Gas,  Schwefelwassersfcoffgas  und  Wasserstoffgas.  Das  rela- 
tive Verhältuifs  dieser  Gase  wechselt  je  nach  der  Temperatur,  in  welcher 
die  Destillation  vorgenommen  wurde,  und  kann  ziemlich  genau  durch  das 
specifische  Gewicht  derselben  bemessen  werden.  Es  ist  bekannt,  dafs  öl- 
bildendes Gas  durch  eine  hohe  Temperatur  zerlegt  wird  in  Kohle,  die  sich 
absetzt,  und  in  Sumpfgas,  dafs  das  Sumpfgas  zuletzt  unter  denselben  Be- 
dingungen sich  zersetzt  in  Kohle  und  Wasserstoffgas 5 es  wird  durch  Schwe- 
fel , welcher  in  allen  Steinkohlen  in  der  Form  von  Schwefelkies  enthalten 
ist,  zerlegt  in  Kohle  und  Schwefelwasserstoff. 

Der  in  den  Fabriken  von  Leuchtgas  erhaltene  Theer  enthält  Ammoniak 
und  eine  Menge  der  merkwürdigsten  Produkte,  von  denen  manche  stick- 
stoffhaltig sind  und  den  Charakter  der  organischen  Basen  besitzen.  Die 
flüchtigen  stickstofffreien  Produkte  sind  mehrere  an  Flüchtigkeit  ungleiche 
Oele,  Karbolsäure,  Naphtalin  etc.  Unter  den  wässerigen  Produkten  der 
Destillation  verdient  hier  kohlensaures  Ammoniak  noch  besonders  erwähn 
zu  werden. 

Karbolsäure  und  Phenylverbindungen . 

Durch  Behandlung  des  bei  der  Rectification  von  Steinkohlentheer  er^ 
haltenen  flüchtigen  Oels  mit  Kalkmilch  erhielt  Runge  eine  in  Wasser  lös- 
liche Verbindung,  aus  der  sich  durch  Zusatz  von  Säuren  ein  ölartiger 
Körper  abschied , welcher  die  Eigenschaft  besafs,  mit  allen  Basen  salz- 
artige Verbindungen  zu  bilden;  er  ist  von  ihm  unter  dem  Namen  Karbol - 
s säure  besdhrieben  worden.  Laurent  erhielt  den  nämlichen  Körper  durch 
Behandlung  des  Steinkohlenöls  mit  Kalilauge  an  Kali  gebunden,  er  be- 
schrieb ihn  als  das  Hydrat  eines  organischen  Oxids,  dem  er  den  Namen 
Phenyl  beilegte;  der  letztere  ist  in  den  von  der  Karbolsäure  abgeleiteter? 
Verbindungen  beibehalten  worden. 

Die  von  Laurent  untersuchten  Verbindungen  * 


1292 


Karbolsäure. 


Karbolsäure 

Karbol-Schwefelsäure 

Chlorphenessäure 

Chlorphenissäure 

Rroniphenissäure 

Nitrophenessäure 

Nitrophenissäure 


C„  H10  0,  H20 

C12  Hjo  0;  H20,  2SOs 

c12  h6  ci4  0,  h2o 

C12  H4  CJ6  O,  H20  (identisch  mit  Erdmann’s 
Clilorindoptensäure). 

C12  H,  Br6  0,  H20 
C12  H6  (2N204)  O,  H20 

CJ2  H4  (3N204)  O,  H20  (iudentisch  mitPicrin- 
säure). 


Karbolsäure , Phenylhydrat.  Dieser  Körper  ist  in  vorzüglicher  Menge 
in  dein  rectificirten  Steinkohlentlieeröl  enthalten,  was  bei  150  — 200°  über- 
geht. Zur  Darstellung  schüttelt  man  dieses  Oel  mit  seinem  doppelten  Vo- 
lum einer  mäfsig  starken  Kalilauge,  oder  Kalkmilch,  scheidet  die  wässe- 
rige Schicht  von  dem  obenaufschwimmenden  Oele  ab  und  versetzt  sie  mit 
Salzsäure,  wodurch  Karbolsäurehydrat  in  der  Form  eines  schweren  Oels 
abgeschieden  wird.  Zur  weiteren  Reinigung  unterwirft  man  sie  der  Recti- 
fication  für  sich  oder  mit  Zusatz  von  5 p.  c.  Kalihydrat  (Runge).  Im  An- 
fang geht  ein  Gemenge  von  Karbolsäure  mit  Wasser,  zuletzt  reines  Kar- 
bolsäurehydrat über. 

Das  KArbolsäurehydrat  stellt  für  gewöhnlich  eine  farblose  ölähnlicho 
Flüssigkeit  ohne  Wirkung  auf  Lackmus  und  Curcuma  dar,  von  starkem 
Lichtbrechungsvermögen.  Unter  Umständen,  deren  Grund  Runge  nicht 
erforschen  konnte,  erhält  man  diese  Säure  kristallisirt  und  zwar  oft  in 
zweizölligen  durchsichtigen  Nadeln,  die  bei  15°  noch  nicht  schmelzen; 
jedoch  verliert  diese  kristallisirte  Substanz  das  Vermögen,  ihre  feste  Form 
zu  behaupten,  selbst  in  verschlossenen  Gefäfsen,  aus  unbekannten  Grün- 
den. ( Runge , Pogg.  XXXII.  S.  310.) 

Die  Krislalle  des  Karbolsäurehydrats,  mit  Luft  in  Berührung,  werden  | 
schnell  flüssig;  es  scheint,  dafs  eine  Spur  Feuchtigkeit  hinreicht,  um  sie 
flüssig  zu  machen;  denn  die  Analyse  der  flüssigen  und  festen  Substanz 
gab  Laurent  sehr  fiahe  die  nämliche  Zusammensetzung.  (Ann.  de  chimie 
et  de  phys.  T.  III.  841.  p.  198.) 

Das  kristallisirte  Karbolsäurehydrat  schmilzt  bei  84  — 35°  und  siedet 
bei  187  — 188°  (Laurent)  , bei  197,5°  (Runge);  die  flüssige  Substanz  ist 
farblos  durchsichtig,  ölartig,  im  Geruch  dem  Biebergeil  oder  Kreosot  äus- 
serst  ähnlich,  der  Geschmack  ist  brennend  ätzend.  Auf  die  Haut  gebracht 
entsteht  ein  Brennen,  mit  Wasser  benetzt  erscheint  die  Stelle  weifs  und 
erhaben  , sie  w ird  später  roth  und  glänzend  und  schuppt  sich  ab.  Mit 
Karbolsäure  benetzte  Baumwolle  auf  den  Schenkel  eines  Kaninchens  ge- 
legt, bewirkt  ein  Zusammenzie/ien  des  Felles,  nach  12  Stunden  zeigt  sich 
dieses  wie  am  Muskel  angekleht,  hat  eine  schorfartige  Härte  und  ist  wie 
abgestorben.  Auf  blutende  Wunden  gebracht  bringt  es  eine  Gerinnung 
hervor,  ohne  die  Blutung  zu  stillen. 

Das  Karbolsäurehydrat  besitzt  ein  spec.  Gewicht  von  1,062  bei  20° 
{Runge) , von  1,065  bei  18°  {Laurent) , es  ist  in  einer  Flamme  entzünd- 
lich und  brennt  mit  rufsemler  Flamme,  es  löst  in  der  Wärme  Schwefel 
und  Iod  in  reichlicher  Menge  und  ohne  davon  eine  Veränderung  zu  er- 
fahren auf.  Durch  Chlor  und  Brom  wird  es  unter  Salzsäureentwickelung  I 
zersetzt,  durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  geht  es  in  Picrinsalpeter- 
säure  über. 

Taucht  man  einen  E»chenspau  in  Karbolsäure  und  dann  in  mäfsig' starke 
Salpetersäure,  so  nimmt  er  eine  dunkelblaue  Farbe  an,  die  sehr  bald  in 
braun  übergeht  {Runge,  Laurent),  dieselbe  erscheint  mit  Salzsäure  {Runge). 

Schwefelsäureh3'drat  läfst  sich  in  allen  Verhältnissen  ohne  Verände- 
rung mit  Karbolsäurehydrat  mischen , eine  Mischung  beider  zu  gleichen 
Volumtheilcn  löst  sich  vollständig  in  Wasser  {Runge),  sie  enthält  Karbol- 
schwefelsäure (Laurent).  Mit  Weingeist,  Alkohol,  Aethcr  ist  das  Kar- 
bolsäurehydrat in  allen  Verhältnissen  mischbar,  100  Theile  Wasser  lösen 


Karbolsäure.  i 293 

bei  20°  3,26  Theiie  auf,  Zusatz  von  Kochsalz  scheidet  den  gelösten  Theil 
ölartig  ab.  (Runge.} 

Das  Verhalten  der  Karbolsäure  zu  organischen  Stoffen  ist  ganz  in- 
teressant, und  es  soll  deshalb,  da  es  mancher  nützlichen  Anwendungen 
fähig  ist,  etwas  ausführliche^*  beschrieben  werden. 

Indigo  löst  sich  bei  100°  in  Karbolsäure  mit  hochblauer  Farbe,  die 
Lösung  ist  mit  Alkohol  und  Aether  ohne  Veränderung  mischbar,  sie  ent- 
färbt sich  übrigens  nach  einigen  Stunden.  Cautsehuck  und  Bernstein  wer- 
den davon  nicht  gelöst.  Colophoniurn  löst  sich  darin  vollständig.  Copai 
zerfliefst  darin  zu  einem  dicken  fadenzieheuden  Firnifs,  der  sich  in  mehr 
Karbolsäure  vollkommen  löst.  Au  der  Luft  entweicht  nach  und  nach  die 
Karbolsäure  und  es  bleibt  ein  glänzender  Ueberzug  zurück,  der  noch  nach 
6 Monaten  eine  weiche  Beschaffenheit  zeigt. 

Abgeschnittene  frische  Pflanzen  verwelken  in  einer  gesättigten  wässe- 
rigen Karbolsäurelösung  sehr  schnell.  Ins  Auge  gestrichen  verursacht  die 
nämliche  Lösung  sehr  heftigen  Schmerz;  Blut  damit  gemischt,  gerinnt  au- 
genblicklich. Auf  Blutegel  und  Fische  wirkt  sie  äufserst  giftig,  sie  sterben 
in  wenigen  Minuten  und  ohne  convulsivische  Bewegungen,  die  todten 
Thiere  trocknen  an  der  Luft  ohne  zu  faulen.  Schwache  Leiniauflösungen 
werden  durch  Karbolwasser  nicht  getrübt,  in.  conceotrirten  Lösungen  ent- 
stellt eine  milchige  Trübung,  die  bei  mehr  Wasser  verschwindet.  Trock- 
ner Leim  quillt  in  Karbolwasser  nicht  auf,  sondern  verwandelt  sich  in  eine 
zähe,  weifse,  klebrige  Masse.  Eiweifs  gerinnt  mit  Karbolwasser  zu  einer 
weifsen  fadenartigen  Masse,  die  bei  einem  Ueberschufs  von  Eiweifs  in 
Wasser  gelöst  wird.  Die  unlösliche  Verbindung  trocknet  zu  einer  durch- 
sichtigen hornartigen  Masse.  Milch  ( Kässtoff)  gerinnt  mit  Karbol wasser 
nicht,  es  sondern  sich  nur  einige  Flocken  ab.  Starkriechender  Käse  ver- 
liert im  Karbolwasser  allen  Geruch  und  wird  weich  und  schmierig. 

Durch  Kalkmilch  enthaarte  Thierhaut  wird  auf  der  Haarseite,  in  Kar- 
bolwasser liegeud,  weifs,  nach  dem  Trocknen  hornartig  und  durchschei- 
nend, in  Wasser  wird  sie  wieder  weich  und  schlüpfrig  wie  eine  frische 
Haut,  fault  aber  nicht  mehr.  Ein  mit  Kalk  nicht  zubereitetes  Hammelfell 
verhält  sich  auf  eine  andere  Weise,  das  Karbolwasser  giebt  ihm  eine 
lederartige  Beschaffenheit,  und  nimmt  ihm  die  Fähigkeit , in  Wasser  wieder 
weich  und  schlüpfrig  zu  werden.  Schweinsblase  wird  in  Karbolwasser 
weifs,  nach  dem  Trocknen  durchsichtig  und  spröder.  Rohes  Rindfleisch 
nimmt  darin  eine  braune  Farbe  an,  trocknet  alsdann  zu  einer  harten  Masse 
ein,  die  durch  Kochen  nicht  weich  wird. 

Faulendes  Fleisch  und  faulende  Fische  verlieren  in  Karbolwasser  au- 
genblicklich ihren  Geruch,  ebenso  Menschenexcremeute ; Harn  damit  ge- 
mischt, fault  nicht.  In  allen  angeführten  Fällen  geht  die  Karbolsäure  eine 
Verbindung  mit  den  Thierstoffen  ein« 

Kalium  mit  Karbolsäurehydrat  zusammengebracht,  bewirkt  eine  Ent- 
wickelung von  Wasserstoffgas,  es  entstellt  eine  feste  weifse  kristallinische 
Masse,  eine  salzartige  Verbindung  von  Kali  mit  Karbolsäure.  ( Runge, 
Laurent.') 

Karbolsaure  Salze.  Karbolsäure  verbindet  sich  leicht  mit  Metalloxidesi 
und  bildet  damit  mehreniheils  lösliche  Salze;  sie  sättigt  die  Alkalien  voll- 
kommen, allein  die  Salze  besitzen  eine  alkalische  Reactioa  auf  Pflaozen- 
farben.  Kalilauge  verliert  durch  Sättigung  mit  Karbolsäure  ihr  Vermögen, 
das  neutrale  gelbe  chromsaure  Bleioxid  in  rotes  basisches  Salz  zu  ver- 
wandeln, und  Ammoniak  damit  gesättigt  verliert  seine  ihm  eigentümliche 
Wirkung  auf  Kupferoxidsalze. 

Alle  löslichen  karbolsauren  Salze  erteilen  dem  damit  getränkten  Fich- 
tenholz die  Eigenschaft,  durch  Befeuchten  mit  Salzsäure  nach  l/2  bis  1 Stunde 
intensiv  dunkelblau  zu  werden. 

Karbolsaures  Kali.  Diese  Verbindung  entsteht,  wenn  man  Steinkoh- 
lenthcoröi  mit  einer  höchst  concoutrirten  Kalilauge  mischt  j das  Ganze  er- 


im 


Karbols  chwefelßäure. 


starrt  meistens  zu  einer  kristallinischen  Masse.  Trockne«  kohlensaures 
Kali  wird  von  Karbolsäure  gelöst,  die  Mischung  entwickelt  keine  Kohlen- 
säure (Runge')*,  durch  die  Einwirkung  von  Kalium  auf  Karbolsäurehydrafc 
erhält  man  unter  Entwickelung  von  Wasserstoff  kristallisirtes  karbolsaures 
Kali,  was  nach  dem  Waschen  mit  Aether  rein  zurückbleibt.  Das  trockne 
Salz  löst  sich  leicht  in  Wasser  und  Weingeist. 

Karbolsaurer  Baryt.  Laurent  erhielt  aus  Barytwasser , was,  mit  Kar- 
bolsäure übersättigt,  zur  Austreibung  der  überschüssigen  Säure  gekocht 
und  zuletzt  im  leeren  Raume  abgedampft  worden  war,  einen  kristallini- 
schen Salzrückstand,  dessen  Zusammensetzung,  nach  dem  Barytgehalt  be- 
rechnet, der  Formel  C12  HI0  O,  BaO  2aq  entspricht. 

Karbolsaurer  Kalk.  Kalkhydrat  löst  sich  mit  grofser  Leichtigkeit  in 
der  Karbolsäure  unter  Abscheidung  von  Wasser  zu  einem  klaren  Syrup, 
der  sich  in  mehr  Wasser  vollständig  auflöst.  In  der  mit  Kalk  gesättigten 
wässerigen  Auflösung  sind  auf  100  Karbolsäurehydrat  enthalten  48,35  Kalk. 
Die  Auflösung  Ist  alkalisch  und  wird  durch  eingeleitete  Kohlensäure  theil- 
weise  zersetzt.  Eine  concentrirte  wässerige  Lösung  von  karbolsaurem 
Kalk  wird  durch  Zusatz  von  Alkohol  in  weifsen  kristallinischen  Körnern 
gefällt.  ( Runge .) 

Karbolsaures  Bleioxid.  Die  Karbolsäure  bildet  mit  Bleioxid  drei  Ver- 
bindungen. Neutrales  karbolsaures  Bleioxid  ist  flüssig,  farblos,  ölartig, 
löslich  in  Weingeist;  durch  Zusatz  von  Wasser  wird  es  zersetzt  in  ein 
weifses  basisches  Salz  und  in  Karbolsäure,  letzteres  erhält  man  als  einen 
weifsen,  frischgefälltem  Chlorsilber  ähnlichen  Niederschlag  durch  Zusatz 
von  basisch  essigsaurem  Bleioxid  zu  eiuer  wässerigen  Lösung  von  Karbol- 
säure; beim  trocknen  Erhitzen  auf  200°  schmilzt  dieses  Bleisalz  und  ent- 
läfst  in  höherer  Temperatur  reine  Karbolsäure , später  kommen  Zersetzungs- 
produkte derselben.  Bei  §00°  getrocknet  enthält  dieses  Bleisalz  65,08  Blei- 
oxid, was  einer  Verbindung  von  2 At.  Karbolsäure  mit  3 At.  Bleioxid 
entspricht.  


Karbolschwefelsäure , Phenschwe felsäure  ( Laurent ).  Formel:  2SOs , 
Ca*  HI0  O -4-  aq  ( Laurent ).  Eine  Mischung  voa  gleichen  Theilen  Karbol- 
säure und  Schwefelsäurehydrat  löst  sich  ohne  Rückstand  in  Wasser  (Runge ), 
mit  kohlensaurem  Baryt  gesättigt  bleibt  in  der  Flüssigkeit  ein  Barytsalz, 
was  durch  Abdampfen  kristallisirt  und  durch  Kristallisation  aus  Alkohol 
gereinigt  wird;  es  fällt  aus  einer  kochend  gesättigteu  Lösung  in  Alkohol 
in  Gestalt  eines  weifsen  Breies  nieder,  der  aus  sehr  kleinen  microscopi- 
schen  Nadeln  besteht.  An  der  Luft  getrocknet  ist  es  nach  der  Formel 
2S0s , CI2  H10  O,  BaO,  4aq  zusammengesetzt.  Drei  Atome  Wasser  entwei- 
chen bei  100°.  ( Laurent .) 

Aus  dem  Barytsalz  erhält  man  durch  vorsichtigen  Zusatz  von  Schwe- 
felsäure Karbolschvvefelsäure,  sie  schmeckt  sauer  und  trocknet  zu  einem 
Syrup  ein.  Die  Ammoniakverbindung  dieser  Säure  isc  kristallisirbar  , durch 
Behandlung  mit  siedender  Salpetersäure  erhält  man  damit  Picrinsalpeter- 
säure. 

Zersetzungsprodukte  der  Karbolsäure  duj'ch  Chlor  und  Brom. 

Durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  Karbolsäure  entstehen  zwei  Zer- 
sefczungsprodukte  von  sauren  Eigenschaften.  Laurent , welcher  sie  ent- 
deckte, bezeichnet  die  eine  mit  Chlor phenessäure , die  andere  mit  Chlor - 
phenissäure  ; sie  entstehen  beide  durch  Substitution  einer  gewissen  Quan- 
tität Wasserstoff  in  der  Karbolsäure  durch  eine  gleiche  Anzahl  von  Aequi- 
valenten  Chlor.  Bei  der  Bildung  der  Chlorphenessäure  werden  durch  die 
Einwirkung  von  8 At.  Chlor  auf  1 At.  Karbolsäure,  4 At.  Salzsäure  ge- 
bildet nnd  die  andern  4 At.  Chlor  treten  an  die  Stelle  des  Iiinweggenom- 
ntenen  Wasserstoffs.  Eine  ganz  ähnliche  Zersetzung  geht  bei  der  Bildung 
der  Chlorphenissäure  vor  sieb. 


Nitrophenessäure. 


1295 


Karbolsäure  = Cia  H10  0 + 11,0 
Chlorphenessäure  = CI2  JO  -+-  11*0 
H ) 

Olilorphenissäure  = C12  ^ j O H-  H20 

Nach  den  Untersuchungen  von  Laurent  ist  die  Chlorphenissäure  iden- 
tisch in  ihren  Eigenschaften  und  Zusammensetzung  mit  Erdmann’s  Chlor- 
indoptensäure,  was  durch  spätere  Analysen  dieser  Säure  aus  Indigo  von 
Erdmann  bestätigt  worden  ist. 

Chlorphenessäure . Diese  Säure  besitzt  eine  ölartige  Beschaffenheit  und 
einen  höchst  durchdringenden  Geruch,  sie  ist  nicht  in  WAsser  löslich  , mit 
Alkohol  und  Aether  in  allen  Verhältnissen  mischbar;  durch  die  Einwirkung 
von  Chlor  geht  sie  in  die  folgende  Säure  über. 

Chlorphenissäure.  Am  einfachsten  und  in  gröfster  Menge  erhält  man 
diese  Säure,  wenn  das  flüchtige  Oel  des  Steinkohlentheers,  was  bei  170 
— 190°  siedet,  mit  Chlor  theil  weise  gesättigt,  sodann  der  Destillation  un- 
terworfen wird,  und  das  Destillat,  von  dem  man  das  im  Anfänge  und  das 
zuletzt  Uebergeheude  getrennt  hat,  einer  neuen  Behandlung  mit  Chlor  so 
lange  unterwirft,  bis  es  zu  einer  weichen  kristallinischen  Masse  geworden 
ist.°  Man  behandelt  diese  Masse  mit  wässerigem  Ammoniak,  bringt  die 
Mischung  zum  Sieden  und  läfst  die  Flüssigkeit  nach  dem  Filtriren  erkal- 
ten, wo  das  Ammoniaksalz  der  Chlorphenissäure  kristallisirt,  aus  dessen 
Auflösung  die  Chlorphenissäure  durch  Zusatz  von  Salzsäure  gefällt  wird. 
Die  Chlorphenissäure  besteht  aus  kleinen  nadelförmigen  Kristallen,  welche 
bei  44°  schmelzen  und  in  höherer  Temperatur  ohne  Zersetzung  in  feinen 
weifsen  langen  Nadeln  sublimiren.  Diese  Säure  besitzt  einen  widrigen, 
sehr  haftenden  Geruch;  sie  ist  in  Wasser  unlöslich,  leicht  in  Alkohol  und 
Aether;  sie  löst  sich  in  Schwefel-  und  Salzsäure  und  giebt  mit  Salpeter- 
säure behandelt  ein  kristallinisches  Produkt. 

Durch  die  Einwirkung  des  Broms  auf  Karbolsäure  entsteht  Bromphenis- 
säure,  Cia  H4  Br6  0 -h  H20  CLaurent).  — Mit  salzsaurem  Chlorophems 
bezeichnet  Laurent  das  von  Mitscherlich  entdeckte  Chlorbenzid,  C12  H12  Cl12 
oder  C12  H6  Cl6  -1-  Cl6  H6.  In  einer  weingeistigen  Lösung  von  Kalihydrat 
treten  3 Aeq.  Salzsäure  aus  diesem  Körper  aus  nnd  es  bleibt  C12CI6H6, 
eine  Verbindung,  die  Laurent  Chlorphenis  genannt  hat,  obwohl  sie  aus 
den  Phenylverbindungen  nicht  dargestellt  werden  kann. 

Produkte  der  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  flüchtiges  Stein - 

kohlentheeröl. 

Durch  die  Behandlung  des  flüchtigen  Steinkohlentheeröls  mit  gewöhn- 
licher Salpetersäure  entstehen,  je  nach  der  Dauer  der  Einwirkung,  zwei 
Zersetzungsprodukte,  von  denen  Laurent  es  wahrscheinlich  gemacht  hat, 
dafs  sie  aus  der  Karbolsäure  entspringen.  Beide  enthalten  die  Bestand- 
tlieile  der  salpetrigen  oder  Untersalpetersäure,  und  sind  ziemlich  starke 
Säuren,  die  mit  Basen  charakteristische  schöne  Salze  bilden.  Die  eine 
dieser  Säuren  bezeichnet  Laurent  mit  Nitrophenessäure ; die  andere,  Ni- 
trophenissäure,  Ist  identisch  mit  der  aus  Seide,  Indigo , Salicin  etc.  auf 
einem  ganz  gleichen  Wege  entstehenden  Picrinsalpetersäure.  Wir  be- 
schreiben nur  die  erste  dieser  Säuren,  da  in  Beziehung  auf  die  andere 
durch  LaurenVs  Untersuchung  nichts  Neues  hinzugefügt  werden  ist. 

Nitrophenessäure.  Formel  C12  H6  N4  09  -4-  H20  CLaurent}.  Mischt 
man  nach  Runge  gleiche  Theiie  Karbolsäure  und  Salpetersäure  von  1,^7U 
spec.  Gewicht^  so  entsteht  unter  Erhitzen  und  Aufbrausen  eine  rothbraune 
Materie,  welche  nach  Laurent,  in  der  Siedhitze  in  verdünntem  Ammoniak 
gelöst,  nach  dem  Filtriren  und  Erkalten  unreines  nitrophenessaures  Am- 
moniak giebt,  was  man  durch  fortgesetzte  Kristallisationen  reinigt.  Zu- 
letzt lost  man  alles  erhaltene  Ammoniaksalz  in  siedendem  Wasser  und 


Kyanol,  Leukol,  Pyrrol. 

versetze  dio  Auflösung  mit:  Salpetersäure,  wodurch  Nitrophenessäure  «e_ 
faUt  wird.  Die  erhaltene  Saure  reinigt  man  zuletzt  durch  wiederholte 
Kristallisationen  aus  keifsem  Alkohol. 

Die  Nitrophenessäure  ist  hellgelb,  in  dünnen  Blättchen  kaum  merklich 
gdb  , sie  ist  geruchlos,  in  ihren  Auflösungen  von  sehr  bitterm  Geschmack 
Sie  knstallisirt  in  geraden  rechtwinklichen  Prismen,  sie  schmilzt  bei  104° 
und  gesteht  nach  dem  Erkalten  zu  einer  blättrig-kristallinischeu  Masse  • in 
einen»  Luftstrom  ist  sie  unzersetzt  flüchtig,  rasch  und  stark  erhitzt  ver- 
pufft sie  mit  rother  Flamme  und  Rufsabsatz.  Sie  ist  schwer  in  kaltem 
etwas  leichter  in  siedendem  Wasser  löslich,  und  wird  leicht  von  Alkohol 
und  Aether  aufgenommen.  In  der  Wärme  löst  der  Alkohol  etwa  ein  Viertel 
seines  Gewichtes;  sie  ist  löslich  in  Salzsäure  und  Schwefelsäurehydrat 
ohne  Zersetzung.  Durch  kochende  Salpetersäure  wird  sie  rasch  in  Picrin- 
sa  petersaure  ubergeführt.  Mit  Zink  und  verdünnter  Schwefelsäure  in  ße- 
rubrung,  oder  mit  Kalk  und  einem  Eisenoxidulsalz,  erleidet  sie  ganz  ähn- 
Jiehe  Veränderungen  wie  die  Picrinsalpetersäure. 

Nitrophenessäure  Salze.  In  den  nitrophenessauren  Salzen  ist  das  Hy- 
dratwasser der  Saure  ersetzt  durch  ein  Aeq.  Metalloxid,  mit  Bleioxid  bildet 
sie  zwei  basische  Salze;  sie  sind  mehrentheils  von  einer  glänzend  gelben 

hpiXr0tJl|eDifFairre/,»dfiS  ßarjfc~  umi  Ka,isal/j  sind  besonders  ausgezeichnet, 
lwas?.ei>  das  Kalisalz  1 At. , das  Barytsalz  5 Atome' 
Das  Silbersalz  ist  schwerloslich  in  Wasser,  in  verdünnten  Auflösungen 
erhalt  man  keinen  Niederschlag,  es  ist  löslich  in  Weingeist.  ° 

Alle  diese  Salze  verpuffen  beim  Erhitzen;  stärkere  Säuren  scheiden 
aus  ihren  Auflösungen  Nitrophenessäure  ab. 

Bezeichnet  man  die  Formel  der  Nitrophenessäure  mit 

1V  . . C12  K6  (N4  08)  O 4-  H20,  so  ist  die  der 

Picrinsalpetersäure  C12  fl4  (Nö  0X2)  0 -h  H*0. 

Wie  man  leicht  bemerkt,  enthält  nach  letzterer  Formel  die  Picrinsal peter- 
saure den  ganzen  Koiiienstoffgehalt  der  Karbolsäure. 


,!ll(  deRV  “ber  Kapferoxid  rectificirten  Steinkohlentheeröl  hat  Runge 
durch  Behandlung  mit  Alkalien  und  Säure  aufser  der  beschriebenen  Kar- 
bolsäure noch  fünf  andere  Stoffe  erhalten,  von  denen  drei  die  Eigenschaft 
besitzen,  sich  mit  Sauren  zu  verbiuden  und  mit  manchen  kristallisirbare 
Salze  zu  bilden;  die  beiden  andern  Produkte  sind  Säuren. 

Die  drei  basischen  Materien  nennt  Runge  Kyanol,  Leukol.  Pgrrol: 
iq  zwei  Säuren  Brunol-  und  Rosolsäure.  Da  die  Eigenschaften  dieser 
Körper  Interesse  darbieten,  so  sollen  in  dem  Folgenden  zuerst  ihre  Dar- 
stellung, sodann  ihre  Eigenschaften  ausführlich  beschrieben  werden. 

Der  Weg,  aut  welchem  Runge  die  drei  basischen  Körper  erhielt,  ist 
sehr  umständlich  und  kann  kaum  eine  Methode  zur  Darstellung  genannt 
werden.  Anstatt  nämlich  das  Steinkohlenöl  mit  einer  Säure  zu  behaudelu, 
um  die  darin  enthaltenen  Stoffe  in  der  Form  von  Salzen  von  dem  Oel  zu 
scheiden,  schüttelt  Runge  12  Steinkohlenöl,  2 Kalkhydrat  und  50  Was- 
ser abwechselnd  6—8  Stunden  lang,  filtrirt  die  wässerige  Auflösung  von 
dem  aufschwimmenden  Oele  ab  und  unterwirft  sie  der  Destillation , wo- 
durch karbolsaures  Ammoniak,  Leukol,  Pyrrol  und  Kyanol  in  die  Vorlage 
übergehen,  wahrend  im  Rückstand  Karbol-,  Brunol-  und  Rosolsäure  bleibt. 
Das  Destillat  übersättigt  Runge  mit  Salzsäure  und  destillirfc  es  zum  zwei- 
tenmal, wodurch  Karbolsäure  und  salzsaures  Pyrrol  entfernt  werden. 

5^ano1  UDd  Le,,k.ül  bleiben  an  Salzsäure  gebunden  irn  Rück- 
/ . Durch  Zusatz  von  Kali-  oder  Natronlauge  werden  diese  drei  Sub- 

s anzen  von  der  Säure  abgeschieden , bei  der  Destillation  gehen  sie  mit 
Wasser  in  die  Vorlage  über.  Das  Destillat  übersättigt  Runge  mit  Essig- 
säure und  unterwirft  es  einer  vierteil  Destillation  , das  Uebergehende  ist 
ssigsaures  Kyanol  und  Leukol,  der  gröfste  Theil  des  Amtnouiaks  bleibt 
s saures  essigsaures  Ammoniak  zurück.  Dem  erhaltenen  essigsauren 


Kyanol,  Leukol,  Pyrrol. 


m7 


Kyanol  und  Leukol  setze  man  Oxalsäure  zu  und  destillirt  zum  fünftenmal; 
hierbei  wird  die  Essigsäure  abgeschieden,  und  oxalsaures  Kyanol,  Leukol 
uud  Ammoniak  bleiben  in  der  Retorte.  So  lauge  hierbei  reine  Essigsäure 
übergeht,  mufs  man  zu  dem  Rückstände  neu©  Portionen  essigsaures  Leukol 
und  Kyanol  zusetzen,  bis  das  üebergehende  Kyanol  enthält,  was  man 
daran  sieht,  dafs  es  Fichtenholz  gelb  färbt.  In  diesem  Fall  ist  die  zuge- 
setzte Oxalsäure  gesättigt.  Man  dampft  nun  die  Flüssigkeit  in  der  Re- 
torte, welche,  wie  erwähnt,  oxalsaures  Kyanol,  Leukol  und  überdiefs 
noch  Ammoniak  enthält,  im  Wasserbade  ab;  der  trockne  Rückstand  wird 
zu  Pulver  geriehen,  er  ist  dunkelbraun,  durch  eine  Materie  gefärbt, 
welche  in  Alkohol  leicht  löslich  ist.  Zu  ihrer  Entfernung  und  zur  Tren- 
nung des  Leukol-  und  Kyaool-Salzes  von  dem  Ammoniaksalze  bringt  man 
sie  auf  ein  Filter  und  wäscht  die  Masse  mit  wenig  Alkohol  so  lange,  bis 
sie  weifs  geworden.  Man  fährt  alsdann  fort,  Weingeist  von  85  Procent 
aufzugiefsen,  so  lange  dieser  noch  etwas  auflöst.  Durch  diefs  Verfahren 
gewinnt  man  oxalsaures  Leukol  und  Kyanol  in  Auflösung,  auf  dem  Trich- 
ter bleibt  saures  oxalsaures  Ammoniak  zurück.  Man  bringt  die  weingei- 
stige Auflösung  zur  Trockne,  löst  das.  Gemenge  von  Leukol-  und  Kyauol- 
salz  in  der  Wärme  in  wenig  Wasser  auf  und  läfst  sie  durch  Verdampfen 
an  der  Luft  kristallisiren»  Zuerst  bilden  sich  Kristalle  von  oxalsaurem 
Leukol  in  schönen  Gruppen  feiner  Nadeln,  später  kristallisirt  oxalsaures 
Kyanol  in  nesterartigen  Anhäufungen  von  Blättchen ; die  letztem  siqd 
meistens  bräunlich  gefärbt.  Mau  sondert  beide  Salze  von  einander  uud 
reinigt  sie  durch  wiederholtes  Auflösen  und  Kristallisiren  au.Y  Wasser  und 
Weingeist.  Das  oxalsaure  Leukol  darf  sich,  mit  einer  Auflösung  von  Bleich- 
kalk übergossen,  nicht  violettblau  uud  Fichtenholzspäne  nicht  goldgelb  fär- 
ben, diese  Reaction  gehört  dem  Kyauolsalze  an  ; letzteres  ist  schwierig  von 
dem  letzten  Rest  von  Leukolsalz  zu  befreien.  Das  reine  oxalsaure  Kyanol 
darf,  zwischen  feuchten  Fingern  zerrieben,  nicht  phosphorartig  riechen. 

Man  sollte  denken,  dafs  man  zwei  Destillationen  sich  ersparen  könnte, 
wenn  man  das  Gemenge  von  Leukol,  Kyanol  und  Ammoniak,  was  man 
durch  Destillation  der  salzsauren  Salze  dieser  Basen  mit  Natronlauge  er- 
hält, geradezu  mit  Oxalsäure  sättigen  und  wie  zuletzt  behandeln  würde. 
Auch  ist  es  wahrscheinlich,  dafs  mau  durch  blofses  Schütteln  dieses  De- 
stillates mit  Aether  Leukol  und  Kyanol  in  Auflösung  erhält. 

Aus  dem  oxalsauren  Kyanol  erhält  man  durch  Destillation  mit  einer 
Auflösung  von  kohlensaurem  Natron  eine  Auflösung  von  Kyanol  in  Was- 
ser, welche  das  Kyanol  beim  Schütteln  mit  Aether  an  den  Aether  abgiebt, 
aus  welchem  man  es  durch  freiwillige  Verdunstung  in  Gestalt  einer  farb- 
losen , öligen  Flüssigkeit  von  schwachem  aber  eigenthümlichern  Geruch 
erhält.  Das  Kyanol  ist  flüchtig,  es  verdunstet  an  der  Luft;  es  löst  sich 
ia  Wasser,  diese  Auflösung  besitzt  keine  Reaction  auf  Pflanzenfarben;  es 
ist  in  Aether  und  Alkohol  löslich.  Pflanzen  und  Blutegel  sterben  in  seiner 
wässerigen  Auflösung.  Durch  Salpetersäure  wird  es  in  eine  braunschwarze 
Masse  verwandelt.  Schwefelsäure  färbt  es  beim  Erwärmen  braun. 

Das  Kyanol  enthält  Stickstoff.  Metallsalze  werden  davon  kaum  ver- 
ändert, in  Bleisalzen  entstehen  durch  seine  wässerige  Auflösung  weifse 
Fällungen.  Die  Salze  des  Kyanols  sind  farblos ; essigsaures  Kyanol  ist 
bei  100°  flüchtig,  nicht  kristallisirbar. 

Versetzt  mail  verdünnte  Schwefelsäure  mit  einem  Ueberschufs  von 
Kyanol,  so  erhält  man  nach  dem  Eintrocknen  eine  weifse,  nicht  zerfliefs- 
liche  Kristallmasse.  Beim  trocknen  Erhitzen  geht  schwefligsaures  Ammo- 
niak über. 

Salpetersaures  Kyanol  kristallisirt  in  farblosen , nicht  zerfliefslicheu 
Nadeln;  es  ist  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  löslich. 

Salzsaures  Kyanol.  Dieses  Salz  ist  im  trocknen  Zustande  sublimirbar. 
Nach  Runye’s  Analyse  enthalten  100  Tlieiie  dieses  Salzes  20,fi3  Salzsäure. 

Oxalsaures  Kyanol.  Aus  der  wässerigen  Auflösung  kristallisirt  dieses 
Salz  in  Blättchen,  aus  der  weingeistigen  in  sternförmig  vereinigten  Nadeln, 
welche  bei  100°  unveränderlich  sind;  in  höherer  Temperatur  entweicht 


129$ 


Brunolsäure,  Rosolsäure. 


Kyanol,  es  bleibt  ein  saures  Salz.  In  Aether,  Alkohol  und  Wasser  ist 
dieses  Salz  wieder  löslich,  wie  die  andern  Kyanolsalze. 

Der  leicht  erkennbare  Charakter  des  Kyanols,  von  dem  sein  Name 
abgeleitet  ist,  besteht  darin,  dafs  es  mit  einer  Auflösung  von  Bleichkalk 
eine  intensiv  veilchenblaugefärbte  Flüssigkeit  bildet.  Schüttelt  man  1 Th. 
Steinkohlentheeröl  mit  einer  Auflösung  von  1 Th.  Bleichkalk  in  20  Th. 
Wasser,  so  färbt  sich  das  Oel  dunkelroth  und  die  wässerige  Flüssigkeit 
schön  blau,  ganz  wie  eine  Auflösung  von  schwefelsaurem  Kupferoxid- 
ammoniak. Durch  den  Bleichkalk  wird  das  Kyanol  in  eine  Säure  verwan- 
delt, die  mit  Basen  blaue  Verbindungen  bildet,  sie  ist  in  der  Bleichkalk- 
lösung an  den  freien  Kalk  gebunden.  Durch  überschüssiges  Chlor  wird 
sie  zerstört,  es  entsteht  in  diesem  Fall  eine  orangegelbe  Verbindung. 

Als  ein  zweites  Erkennungsmittel  des  Kyanols  kann  die  Eigenschaft 
seiner  Salze  betrachtet  werden,  Fichtenholz  oder  weifses  Hollundermark 
intensiv  gelb  zu  färben,  eine  Farbe,  welche  dem  Chlor  widersteht.  Was 
in  dem  Holze  gefärbt  wird,  ist  nicht  die  Holzfaser,  sondern  ein  aus  dem 
Holze  durch  Wasser  und  Weingeist  ausziehbarer  Stoff;  daher  Papier, 
Baumwolle,  Leinwand,  Wolle  und  Seide  keine  gelbe  Farbe  davon  an- 
nehmen. 

Leukol.  Das  Leukol  ist  ölartig,  riecht  durchdringend,  namentlich  mit 
feuchter  Haut  in  Berührung  phosphorartig;  es  bildet  mit  Oxalsäure  ein  kri- 
stallisirendes  Salz.  Der  an  Blausäure  und  Phosphor  erinnernde  starke  Ge- 
ruch, der  sich  aus  dem  Steinkohlenöl  entwickelt,  wenn  es  mit  Kalkbrei 
gemischt  wird,  rührt  vom  Leukol  her. 

Vyrrol.  Dieser  Stoff  verflüchtigt  sich  mit  der  Karbolsäure,  wenn  die 
Kalkmilch,  welche  man  mit  Steinkohlenöl  geschüttelt  hat,  mit  Salzsäure 
versetzt  der  Destillation  unterworfen  wird ; es  macht  einen  Hauptbestand- 
teil der  flüchtigen  Produkte  thierischer  Körper  aus , und  kann  aus  dem 
wässerigen  empyreumatischen  Ammoniak  (dem  sog.  Knochen-  oder  Horn- 
spiritus) am  leichtesten  erhalten  werden,  wenn  man  beim  Sättigen  dessel- 
ben mit  einer  Mineralsäure  die  sich  entwickelnden  Gase  (Schwefelwasser- 
stoff und  Kohlensäure)  durch  mehrere  Woulfische  Flaschen  mit  Kalkmilch 
leitet;  das  sich  mit  entwickelnde  Pyrrol  wird  von  der  alkalischen  Flüssig- 
keit gelöst.  Durch  Destillation  derselben  geht  es  mit  Wasser  über.  Die 
erhaltene  wässerige  Auflösung  ist  farblos , sie  riecht  nach  Teltower  Rüben 
und  zeichnet  sich  dadurch  aus,  dafs  sie  durch  Salpetersäure  hochroth  ge- 
färbt wird  und  einem  mit  Salzsäure  befeuchteten  Fichtenholzspan  eine 
purpurrothe  Farbe  ertheilt.  In  reinem  Zustande  soll  dieser  Körper  gas- 
förmig seyn;  das  Pyrrol  ist  jedenfalls  eine  sehr  eigentümliche  Basis,  in- 
sofern sie  durch  Säuren  aus  ihrer  Verbindung  im  Knochenspiritus  ausge- 
trieben wird. 

Sättigt  man  Steinkohlenöl,  was  bei  der  Rectification  unmittelbar  vor 
dem  Naphtalin  übergeht,  mit  salzsaurem  Gas  und  setzt  nachher  Wasser 
zu,  so  nimmt  dieses  die  salzsaure  Verbindung  einer  organischen  Basis  auf, 
die  man  durch  Destillation  mit  Kalilauge  in  Form  eines  farblosen  Oels  dar- 
aus erhält.  Ueber  Kalihydrat  rectificirt,  wird  es  rein  erhalten.  Diese 
Basis  besitzt  keine  oder  nur  eine  schwache  Reaction  auf  Pflanzenfarben, 
sie  geht  mit  allen  Säuren  im  Wasser  leicht  lösliche  Verbindungen  ein,  und 
enthält  85,5  Kohlenstoff,  5,32  Wasserstoff,  9,28  Stickstoff.  Mit  Platin- 
chlorid entsteht  in  der  salzsauren  Auflösung  ein  gelber  kristallinischer 
Niederschlag,  nach  dessen  Platingehalt  berechnet  diese  Basis  nach  der  For- 
mel C,8  H10  N2  zusammengesetzt  ist.  Oiofmann.')  .. 

Brunolsiiure  und  Rosolsäure.  Wenn  die  alkalische  Flüssigkeit,  die 
man  durch  Behandlung  des  Steinkohlentheeröls  mit  Kalkmilch  erhalten  hat, 
mit  einer  Säure  versetzt  wird , so  scheidet  sich  ein  Gemenge  von  Karbol- 
säure, Brunol-  und  Rosolsäure  ab.  Unterwirft  man  das  braune  Oel  mit 
Wasser  der  Destillation,  so  gellt  Karbolsäure  über  und  es  bleibt  in  der 
Retorte  ein  brauner  pechartiger  Rückstand,  vvclcher  die  letztgenannten 
Säuren  enthält.  Man  löst  ihn  in  etwas  Weingeist  und  mischt  diese  Losung 
mit  Kalkmilch,  wodurch  rosolsaurer  tfalk  entsteht,  der  mit  rosenrother 


Naphtalin. 


1399 


Farbe  In  Auflösung  bleibt;  brunolsaurer  Kalk  scheidet  sich  in  der  Form 
eines  braunen  Niederschlags  ab.  ># 

Durch  Behandlung  des  braunen  Niederschlags  mit  Salzsaure  wird  der 
Kalk  entfernt,  es  bleibt  Brunolsäure  in  braunen  Flocken  zuruck. 

Zur  Darstellung  der  Rosolsäure  ist  es  am  zweekmafsigsteu,  wenn  die 
rohe  Kalkverbindung . die  man  durch  Behandlung  des  Steinkohl enols  mit 
Kalkmilch  erhalten  hat,  im  Wasserbade  bis  zur  Syrupdicke  eingedampft 
uud  mit  V,  Weingeist  vermischt  wird,  wo  sich  nach  einigen  Tagen  hoch- 
roth  o-efarbte  Kristalle  von  rosolsaurem  Kalk  absetzen.  Man  rinmgt  sie 
durch%viederholtes  Auflösen  in  Wasser,  Abdampfen,  Zerlegen  mit  Essig- 
säure und  Wiederauflösen  in  Kalkmilch.  Wenn  endlich  die  rosolsäure 
Kalkauflösung  mit  einer  reinen  rotheu  Farbe  erscheint,  so  wird  durch  Zu- 
satz von  Essigsäure  die  Rosolsäure  abgeschieden. 

Rosolsäure.  Die  Rosolsäure  ist  eiue  harzartige  Masse  von  orange- 
o-elber  Farbe,  sie  löst  sich  in  Alkohol,  nicht  in  Wasser,  sie  giebt  mit  ge- 
eigneten Beitzen  rothe  Farben  und  Lacke,  die  an  Schönheit  denen  aus 
Krapp  und  Cochenille  gleichen;  sie  ist  ein  Produkt  der  Einwirkung  des 
Alkali’s  auf  das  Steinkohlenöl;  die  alkalische  Auflösung,  welche  anfangs 
farblos  ist,  wird  durch  stundenlanges  Kochen  roth  und  setzt  m der  Ruhe 

Brunolsäure.  Diese  Säure  begleitet  die  Rosolsäure,  sie  isfc  glasig, 
braun,  leicht  zu  pulvern. 

Naphtalin.  Formel  C10  H8.  Aiomgew.  = 814,39. 

Es  wurde  zuerst  von  Garden  in  dem  Steinkohlentheer  beobachtet, 
dann  von  Kidd  ausführlicher  beschriebeu  und  benannt.  Es  bildet  sich  nach 
Reichenbach  stets,  wenn  die  trockene  Destillation  organischer  Matenen 
bei  einer  sehr  hohen  Temperatur  vorgenoramcn  wird,  oder  wenn  J;e  üjt 
stillatioasprodukte  einer  grofsen  Hitze  ausgese.tzt,  z.  B-  d“rch 
Röhren  geleitet  werden.  Andere  glauben,  dafs  in  jedem  Theer  Naphtalm 
enthalten  sey  in  brenzlichen  Oelen  gelöst,  und  sich  daraus  leicht  darstel  en 
lasse,  wenn  diese  zerstört  werden,  sey  es  nun  durch  erhöhte  Temperatur 
(Bumasl,  oder  durch  die  Einwirkung  von  Sauerstoff  oder  Chlor  iLiau- 
renn.  Auch  bildet  sich  Naphtalin  bei  der  Kienrufsbereitung , bei  der  Zer- 
setzung des  ölbildendeu  Gases  durch  Chlor,  nach  Peligot  ebenfalls  neben 
Benzon  bei  der  Destillation  von  benzoesaurem  Kalk  und  bei  der  Zersetzung 
des  Camphors  in  glühenden  Röhren ; auch  bei  der  Destillation  von  weifsem 
Pech  wird  es  erzeugt  ( Pelletier  und  Walter > ...  .. 

Kidd  erhielt  es,  als  er  Steinkohlentheer  tropfenweise  in  einen  roth- 
glühenden  Cylinder  leitete,  vermischt  mit  den  übrigen  condensirbaren  De- 
stillationsprodukten. Nach  Laurent  wird  Steinkohlentheer,  der  längere 
Zeit  an  der  Luft  gestanden  hat,  bis  zur  Verdampfung  alles  Wassers  m 
offenen  Gefäfsen  erhitzt  und  alsdann  der  Destillation  Unterworten  Zuerst 
geht  ein  gelbes,  an  der  Luft  schwarz  werdendes  Oel  über,  was  »ei  Ab- 
kühlung bis  zu  — 10°  Naphtalin  absetzt ; später  enthalt  das  Oel  so  viel 
Naphtalin,  dafs  es  von  selbst  zu  einer  weichen  Masse  erstarrt;  zu  Ende 
der  Operation  geht  eine  klebrige,  orangogelbe,  an  Paranaphtalin  sehr 
reiche  Masse  über.  Leichter  noch  erhält  man  nach  demselben  das  Naph- 
talin rein,  wenn  man  von  gewöhnlichem  Steinkohlentheer  die  Hälfte  ab- 
destillirt ; durch  das  Destillat  wird  mehrere  Tage  laug  Chlorgas  geleitet, 
wobei  sich  Salzsäure  entwickelt,  die  sich  nebsj;  einer  rothen  Flüssigkeit 
zum  gröfsten  Theile  in  der  Vorlage  verdichtet;  das  ganz  schwarz  gewor- 
dene Oel  wird  durch  Waschen  mit  Wasser  von  Salzsäure  und  von  einer 
nicht  näher  untersuchten  Substanz  befreit , die  durch  Ammoniak  in  weilsen 
Flocken  gefällt  wird,  welche  sich  bald  zu  grünen  starkriechenden  Engeln 
vereinigen;  dann  bis  zur  Verkohlung  destillirt,  das  Destillat  bis  — 
abgekühlt,  das  Oel  von  dem  sich  absetzenden  Naphtalin  durch  Pressen-  ge- 
trennt und  dieses  durch  Lösen  in  Alkohol  gereinigt.  Auf  diese  Weise  er- 
hielt Laurent  sehr  bedeutende  Ausbeute. 


1300 


Naphtalin-  und  Naphtinunterschwefelsäure. 


Das  Naphtalin  ist  kristallinisch,  durchsichtig,  farblos,  riecht  eigen- 
tümlich, in  der  Ferne  nicht  unangenehm,  schmeckt  brennend  aromatisch. 
Bei  langsamem  Abdampfen  der  alkoholischen  Lösung,  sowie  bei  langsamer 
1 Sublimation  kristallisirt  es  in  dünnen  Tafeln.  Aus  einer  Lösung  in  10  Th. 
Alkohol  schiefst  es  in  schillernden  Kristallschuppen  an ; das  spec.  Gewicht 
des  geschmolzenen  ist  1,048.  Es  schmilzt  bei  79°,  kocht  bei  213°  und 
das  spec.  Gew.  seines  Gases  ist  4,528  ( Dumas ).  Mit  Wasserdämpfen  de- 
stillirt  es  leicht  über,  ist  schwer  entzündlich  und  brennt  mit  leuchtender 
stark  rufsender  Flamme.  Es  besitzt  weder  alkalische  noch  saure  Reaction, 
ist  in  kaltem  Wasser  unlöslich  , in  heifsem  nur  wenig  löslich,  doch  wird 
die  kochend  gesättigte  Lösung  beim  Erkalten  trübe;  es  löst  sich  in  4 Th. 
kochendem  Alkohol,  die  Lösung  gesteht  beim  Erkalten;  auch  in  Aether, 
fetten  und  flüchtigen  Oelen  ist  es  leicht  löslich;  aus  seiner  warm  gesät- 
tigten Ld-sung  in  Terpentinöl  soll  es  in  prismatischen  Kristallen  mit  pyra- 
midaler Zuspitzung  anschiefsen.  Es  vereinigt  sich  mit  Säuren.  Seine  Ver- 
bindungs- und  Zersetzungsprodukte  mit  Schwefelsäure  und  Salpetersäure 
siehe  unten.  Von  Salzsäure  wird  es  nur  wenig  gelöst  mit  rother  Farbe; 
in  Essigsäure  und  Oxalsäure  ist  es  leicht  ebenfalls  mit  rother  Farbe  löslich, 
die  heifs  gesättigte  essigsaure  Lösung  gesteht  beim  Erkalten  zu  einer  kri- 
stallinischen Masse.  Die  durch  Einwirkung  von  Chlor  und  Brom  entstehen- 
den Produkte  siehe  unten. 


Verhalten  des  Naphtalins  zu  Schwefelsäure . 

Wenn  man  Naphtalin  in  Schwefelsäurehydrat  bei  90°  bis  zur  Sätti- 
gung löst  und  die  syrupdicke  Auflösung  an  der  Luft  offen  stehen  läfst , so 
erstarrt  sie  durch  Wasseranziehung  zu  einer  schmutzig  violetten,  ganz 
festen  Masse.  Dasselbe  kann  durch  Zumischen  von  einer  kleinen  Menge 
Wasser  bewirkt  werden.  Auf  einem  trockenen  Ziegelstein  unter  einer 
Glocke  liegend,  wird  die  Masse  grauweifs  und  trocken,  sie  besteht  aus 
glimmer-  oder  talkartigen  Blättchen,  welche  sich  in  Wasser  und  Alkohol 
mit  grofser  Leichtigkeit  lösen  , sie  bestehen  aus  einem  kristallisirten  Ge- 
menge von  zwei  wasserfreien  Säuren,  von  Naphtalinunterschwefelsäure 
und  Naphtinunterschwefelsäure . ( Wähler. J 

Naphtalinunter  Schwefelsäurehydrat.  C20  H,6  S2  Os?  in  dem  Barytsalz 
CBerzelius).  Die  aus  dem  Bleisalz  dieser  Säure  durch  Schwefelwasserstoff 
dargestellte  saure  Flüssigkeit  giebt  beim  Abdampfen  im  leeren  Raum  über 
Schwefelsäure  eine  farblose,  harte,  kristallinische,  spröde  Masse,  welche 
nach  Reynault  3 At.  Wasser  enthält,  bei  100°  schmilzt  und  nach  dem 
Erkalten  wieder  kristallinisch  erstarrt,  bei  höherer  Temperatur  tritt  unter 
Ausscheidung  von  sublimirendem  Naphtalin  Zersetzung  ein;  sie  ist  in  Was- 
ser in  allen  Verhältnissen  löslich,  au  feuchter  Luft  zerfliefslich,  von  sau- 
rem bittern  Geschmack;  in  der  Wärme  abgedampft  wird  die  Auflösung 
gelb,  zuletzt  braun;  die  gelbe  Auflösung  giebt,  mit  Bleioxid  gesättigt,  einen 
gelben  ble:oxidlialtigen  Niederschlag  und  weifses  naphtaliuunterschwefel- 


saures  Bleioxid. 

Naphtalinunter  schwefelsaure  Salze.  Alle  bis  jetzt  untersuchten  Ver- 
bindungen dieser  Säure  mit  Basen  sind  in  Wasser,  viele  davon  auch  in 
Alkohol  löslich ; die  Salze  haben  einen  bittern  metallischen  Geschmack , 
an  der  Luft  erhitzt  verbrennen  sie  mit  Flamme.  Mit  Kalihydrat  geschmol- 
zen entsteht  schwefelsaures  und  schwefligsaures  Kali. 

Naphtalinunterschwefelsaurer  Baryt , kristallisirt.  C20  U16  8*  04 , BaO, 
HjO  tBerzelius).  Aus  Wasser  kristallisirt  besitzt  es  die  Form  vou  klei- 
nen Schuppen,  aus  Alkohol  kristallisirt  es  in  ziemlich  grofseu,  durchsich- 
tigen, glänzenden  Blättern,  welche  an  der  Luft  matt  werden  und  bei  100° 
alles  Kristallwasser  verlieren.  100  Theile  Wasser  lösen  nach  Reynault 
bei  15°  1,13,  bei  100°  4,76  Theile  auf. 

Naphtalinunterschwefelsaures  Bleioxid.  C20  Ul6  S2  Os , PbO  fBerze- 
lius ).  Das  oben  erwähnte  trockene  Gemisch  der  beiden  Säuren,  die  mau 
aus  Naphtalin  durch  die  Einwirkung  von  Schwefelsäurehydrat  erhält,  löst 
mrtn  zur  Darstellung  dieses  Salzes  in  Wasser  und  sättigt  die  Auflösung 


Glutinunterschwcfelsäure. 


1301 


mit  kohlensaurem  Bleioxid.  Man  erhält  unlösliches  schwefelsaures  Blei  - 
oxid, während  das  naphtalin-  und  naphtin-unterschwefelsaure  Bleioxid  in 
der  Flüssigkeit  gelöst  bleiben.  Man  dampft  zur  Kristallisation  ein  und 
trennt  beide  Salze  durch  Alkohol.  Das  naphtalinunterschwefelsaure  Blei- 
oxid ist  in  heifsem  Alkohol  löslich  und  daraus  kristallisirbar,  das  naphtin- 
unterschwefelsaure  Bleioxid  wird  nur  in  sehr  geringer  Menge  davon  auf- 
genommen. Aus  Alkohol  kristallisirt  dieses  Salz  in  schuppig  verwehten 
Blättchen,  durch  freiwillige  Verdunstung  in  ausgebildeten,  in  Blättchen 
wie  Glimmer  spaltbaren  Kristallen.  Nach  Regnault  bildet  die  Naphtalin- 
untersclnvefelsäure  noch  zwei  basische  Salze  mit  Bleioxid,  wovou  das  eine 
doppelt^  das  andere  4mal  soviel  Bleioxid  enthält  wie  das  neutrale. 

Naphtinunter  Schwefelsäure.  Cn  H9  0,  S2  Os  (Berzelius).  Diese  Säure 
ist  in  dem  bei  der  Darstellung  des  naphtalinuuterschwefelsauren  Bleioxids 
erhaltenen,  in  Alkohol  unlöslich  zurückbleibenden  Bleisalze  enthalten,  und 
kann  daraus  durch  Zersetzung  mit  Schwefelsäure  oder  Schwefelwasser- 
stoffsäure erhalten  werden.  Im  leeren  Baume  über  Schwefelsäurehydrat 
trocknet  die  wässerige  Lösung  dieser  Säure  zu  einer  blättrig -kristallini- 
schen Masse  ein,  welche  stets  etwas  braun  gefärbt  ist,  sie  schmeckt  sauer 
und  bitter,  wird  an  der  Luft  nicht  feucht  und  färbt  sich  im  Sonnenlicht 
stärker;  ihre  wässerige  Lösung  ist  gelb,  sie  löst  sich  in  Alkohol. 

Naplitiminter  schwefelsaure  Salze.  Die  Salze,  welche  die  Naphtin- 
uuterschvvefelsäure  mit  Basen  bildet,  sind  den  naphtalinunterschwefelsau- 
ren ähnlich;  sie  schmecken  bitter,  werden  in  der  Hitze  unter  Sublimation 
von  etwas  Naphtalin  und  Bildung  von  schwelliger  Säure  zerstört;  sie  sind 
in  Wasser  leicht-,  in  Alkohol  schwerlöslich;  sie  sind  schwierig  in  regel- 
mäfsigen  Kristallen  zu  erhalten,  meistens  stellen  sie  unkristallinische  Mas- 
sen dar. 

Faraday  erhielt  bei  der  Sättigung  der  Auflösung  des  Naphtalins  in 
Schwefelsäurehydrat  mit  Baryt  noch  ein  anderes  Barytsalz,  was  sich  von 
den  vorherbeschriebenen  dadurch  unterscheidet,  dafs  es  beim  Erhitzen  in 
der  Luft  nicht  mit  Flamme  verbrennt,  sondern  blos  verglimmt;  es  bleibt 
mit  dem  Schwefelsäuren  Baryt,  der  sich  abscheidet,  gemengt  und  kann 
durch  siedendes  Wasser  ausgezogen  werden.  Es  liinterläfst  nach  der  Cal- 
cination  41,93  ( [Faraday ) bis  42,4  fBerzelius ) schwefelsauren  Baryt,  und 
ist  nicht  näher  untersucht. 

Nach  Berzelius  enthält  die  Mutterlauge  von  der  Bereitung  der  beiden 
naphtalinuuterschwefelsauren  Bleisalze  noch  ein  drittes  Bleisalz,  dessen 
Säure  nicht  untersucht  worden  ist. 

Verhalten  des  Naphtalins  zu  wasserfreier  Schwefelsäure. 

Läfst  inan  die  Dämpfe  von  wasserfreier  Schwefelsäure  in  ein  Gefäfs 
treteu,  worin  Naphtalin  im  Schmelzen  erhalten  wird,  so  verwandelt  sich 
das  Naphtalin  unter  Absorption  der  Schwefelsäure  in  eine  syrupdicke, 
schön  rothe  Flüssigkeit.  Bei  Ueberschufs  von  Naphtalin  entsteht  ‘ hierbei 
Sulfonaphtalin  und  Sulfonaphtalid , bei  Ueberschufs  von  Schwefelsäure 
bildet  sich  Glutinunterschwefelsäure  und  die  ebengenannten  Körper,  wie- 
wohl beide  in  geringerer  Menge;  das  Sulfonaphtalin  entsteht  ebenfalls 
bei  der  Behandlung  des  Naphtalins  mit  Schwefelsäurehydrat. 

Glutinunterschwefelsäure.  Vermischt  man  die  gesättigte  Verbindung 
des  Naphtalins  mit  wasserfreier  Schwefelsäure  mit  Wasser  und  neutrali- 
sirt  die  saure  Flüssigkeit  mit  kohlensaurem  Natron  und  dampft  ah  , so  schei- 
det sich  glutiuuntersclnvefelsaures  Natron  in  Gestalt  einer  pechartigen  Masse 
ab;  man  läfst  das  vorhandene  Schwefel-  und  kohlensaure  Natron  auskri- 
stallisiren,  und  vermischt  die  Mutterlauge,  so  wde  das  vorher  abgeschie- 
dene in  wenig  Wasser  wieder  aufgelöste  Natronsalz,  mit  einem  Ueber- 
schufs von  concentrirter  Salzsäure,  wodurch  die  Glutinunterschwefelsäure 
gefällt  wird;  sie  ist  terpentiu-  oder  pechähnlich  zähe,  von  brauner  Farbe; 
man  trocknet  sie  bei  50°  bis  zum  Verjagen  aller  Salzsäure,  löst  sie  in 
wässerigem  Ammoniak  und  vermischt  mit  einer  sehr  verdünnten  kochenden 


1302 


Sulfonaph talin , Sulfonaphtalid, 


Lösung  von  cssigsaurem  Bleioxid ; es  entsteht  hierdurch  ein  gelbbrauner 
Bleiuiedersch  lag,  Melcher  einen  harzähnlichen  Körper  enthält,  das  glufcin- 
uuterschwefe Isaure  Bleioxid  bleibt  gelöst;  die  farblose  Auflösung  giebt  nach 
dem  Filtriren.  und  Verdampfen  reines  glutinunterschwefelsaures  Bleioxid, 
aus  dein  man  die  Säure  durch  Zersetzung  mit  Schwefelwasserstoffsäure 
gewinnt. 

Die  Glutinunterschwefelsäure  stellt  trocken  eine  durchsichtige,  glas- 
artige, nicht  kristallinische,  harte  Masse  dar,  von  schwach  gelber  Farbe; 
sie  schmeckt  säuerlich,  etwas  bitter,  löst  sich  in  Wasser  und  Alkohol 
leicht,  schwieriger  in  Aether.  Die  mäfsig  coucentrirte  wässerige  Lösung 
wird  durch  starke  Salzsäure  milchähnlich  trübe,  die  Säure  setzt  sich  dar- 
aus allmäblig  in  farblosen,  durchsichtigen,  zähen,  klebrigen  Tropfen  ab. 
Die  Salze  sind  mehrentheils  löslich,  nicht  kristallisirbar ; das  Kalisalz  giebt 
mit  Kalihydrat  ein  Gemenge  von  schwefelsaurem  und  schwefligsaurem  Kali, 

Sulfonaphtalin  und  Sulfonaphtalid.  Bei  einem  Ueberschufs  von  Naph- 
talin bleibt  nach  der  Aufnahme  von  wasserfreier  Schwefelsäure,  M-enn  die 
gewonnene  rothe  Verbindung  mit  Wasser  vermischt  wird,  eine  Masse  un- 
gelöst, vcelche  diese  beiden  Verbindungen  nebst  freiem  Naphtalin  enthält. 
Durch  anhaltendes  Sieden  mit  Wasser  bis  zum  Verschwinden  alles  Naph- 
talingeruches kann  das  Naphtalin  entfernt  werden,  Sulfonaphtalin  und 
Sulfonaphtalid  bleiben  in  diesem  Fall  in  Gestalt  etecs  in  der  Kälte  erstar- 
renden Talges  zurück.  Beide  werden  durch  Behandlung  mit  wasserhaltigem 
Alkohol  getrennt,  worin  das  erstere  leicht  löslich,  das  andere  unlöslich  ist. 

Das  Sulfonaphtalin,  Formel  C20  Hi6  S02  (Berzelius')  , kristallisirt  aus 
der  M^eingeistigen  Auflösung  warzenförmig,  es  ist  geruch-  und  geschmack- 
los, schmilzt  bei  70°  C.  und  erstarrt  zu  einer  durchsichtigen,  durch  Reiben 
sehr  elektrisch  werdenden  Masse,  bei  höherer  Temperatur  wird  es  unter 
Entwickelung  von  schwefliger  Säure  zersetzt.  Es  löst  sich  nur  wenig  in 
Wasser,  leichter  in  siedendem  Alkohol,  aus  dem  es  beim  Erkalten  pulver- 
förmig  oder  in  klaren  Tropfen  uiederfällt.  Durch  Königswasser  Mord  es 
allmählig  gelöst,  ohne  dafs  der  Schwefel  in  Schwefelsäure  verwandelt 
wird.  Von  kochender  Kalilauge  wird  es  nicht  angegriffen;  nur  durch  Ver- 
brennen mit  einem  Gemenge  von  Salpeter  mit  kohiensaurem  Kali  kann  der 
Schwefel  in  Schwefelsäure  verwandelt  werden. 

Die  Naphtalinunterschwefelsäure  enthält  die  Elemente  von  Sulfonaph- 
talin und  Schwefelsäure,  doch  kann  sie  mit  diesem  Körper  nicht  hervor- 
gebracht werden. 

Das  Sulfonaphtalid , Formel  C24  H20  S02  CBerzelius~) , bleibt  bei  der 
Darstellung  des  Sulfonaphtalins  als  ein  in  Alkohol  sehr  wenig  lösliches 
Pulver  zurück.  Durch  Kochen  mit  wasserfreiem  Alkohol  wird  es,  wie- 
wohl schwierig,  gelöst,  die  lieifse  Auflösung  setzt  es  beim  Erkalten  in 
kristallinischen  Körnern  ab;  es  ist  geschmack-  und  geruchlos,  schmilzt 
nicht  bei  100°  und  liefert  bei  trockner  Destillation  schweflige  Säure  ; in 
einem  schwachen  Luftstrom  erhitzt  giebt  es  ein  kristallinisches  und  ein 
nicht  kristallinisches  Sublimat.  Gegen  Königswasser  und  Kali  verhält  es 
sich  wie  Sulfonaphtalin;  es  ist  in  Aether  wTenig  löslich. 

Diese  beiden  Verbindungen,  sowie  die  Glutinuuterschwefelsäure  und 
ftil i ) h t a li n u n t e r s c h w e f e I s ä u r e sind  von  Berzelius , die  Naphtalinschwrefel- 
säurt.'  von  Faraday  entdeckt  worden. 

2iersei%ung$produkle  des  Naphtalins  und  einiger  Verbindungen 
desselben  durch  Salpetersäure. 

Durch  die  Einwirkung  siedender  Salpetersäure  auf  Naphtalin  entstehen, 
ie  nach  der  Dauer  der  Einwirkung,  verschiedene  Produkte,  welche  auf 
gleichen  Kohlenstoffgehalt  mit  dem  Naphtalin  weniger  Wassersoff  und 
eine  gewisse  Menge  Untersalpetersäure  (N2  0.)  enthalten.  Alle  diese 
Produkte  sind  von  Laurent  entdeckt  worden , sie  besitzen  nach  ihm  fol- 
gende Zusammensetzung: 


Nitronaphtalase,  Nitro  na phtale. 


1303 


Nitronaphtalase  C30  Hia  (N2  04)  = Cao  H,4  Nä  04 

Nitronaplitalese  C40  H12  (N4  08)  = C20  H12  N4  08 

Nitronaphtaleise  C20  Hn  CNS  010)  = C40  H22  NI0  O20 

Nitronaphtalise  C2o  Dio  C^6  t)22)  * C4o  H,0  N8  012 

Nitronaphtalase . DieserJKörper  bildet  vierseitige  zugespitzte  Prismen 
von  gelber  Farbe , er  schmilzt  bei  43%  gesteht  bei  54°  (?),  sublimirt  in 
gelinder  Wärme  und  verbrennt  in  höherer  Temperatur  mit  einer  schwachen 
Verpuffung;  er  ist  unlöslich  in  Wasser,  leichtlöslich  in  Alkohol  und  dar- 
aus kristallisirbar;  er  ist  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben  und  wird  von 
Chlor  und  Brom  zersetzt;  er  löst  sich  in  concentrirter  Schwefelsäure  und 
wird  von  Wasser  daraus  wieder  gefällt,  in  der  Wärme  tritt  Zersetzung 
ein.  Durch  eine  weingeistige  Auflösung  von  Kalihydrat  wird  er  mit  rotlier 
Farbe  gelöst,  wässerige  Kalilauge  ist  ohne  Wirkung.  Bei  Destillation  mit 
Aetzkalk  erhält  man  Ammoniak , ein  braunes  Oel  und  ein  dickes  gelbes 
Liquidum,  was  in  Aether  nicht  löslich  ist,  Laurent  fand  darin  in  100  Thei- 
len  89,08  C,  5,09  H und  5,83  0. 

Nitronaplitalese , entsteht  aus  der  vorhergehenden  Verbindung  durch 
weitere  Behandlung  mit  Salpetersäure.  Es  stellt  ein  kristallinisches  farb- 
loses Pulver  car,  ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben;  es  schmilzt  und  su- 
blimirt bei  185°,  rasch  und  stärker  erhitzt  erfolgt  Zersetzung  mit  Deto- 
nation; es  ist  unlöslich  in  Wasser,  wrenig  in  heifsem  Alkohol,  leichter  in 
Aether.  In  Schwefelsäurehydrat  in  der  Wärme  löslich  und  daraus  kri- 
stallisirbar; Salzsäure  und  Salpetersäure  sind  ohne  Wirkung.  Kalilauge 
damit  gekocht  färbt  sich  braun  und  entwickelt  Ammoniak.  Bei  Destilla- 
tion mit  Kalk  erhält  man  damit  Ammoniak , Naphtalin  und  ein  braunes 
Oel.  Im  Rückstand  bleibt  Kohle. 

Nitronaplitaleise.  Kristallisirt  in  federartig  vereinigten  Nadeln  von 
schwach  gelber  Farbe,  es  ist  unlöslich  in  Wasser,  wenig  in  Alkohol, 
ziemlich  löslich  in  Aether,  es  schmilzt  in  siedendem  Alkohol  zu  Oel- 
tropfen,  scheint  ohne  Veränderung  zu  destilliren,  wird  durch  eine  wrein- 
geistige  Auflösung  von  Kalihydrat  aufgelöst  und  beim  Kochen  vollkommen 
zersetzt,  löst  sich  in  Salpetersäure  und  ist  daraus  kristallisirbar. 

Nitronaphtalise.  Dieser  Körper  entsteht  durch  mehrtägiges  Sieden  von 
Naphtalin  mit  Salpetersäure;  er  stellt  Nadeln  oder  verlängerte  gezähnte 
Lamellen  dar,  deren  Form  ein  scharfes  Prisma  mit  rhombischer  Basis  ist; 
von  schwach  gelblicher  Farbe,  geruchlos,  unlöslich  in  Wasser,  wenig  in 
siedendem  Alkohol  und  Aether,  er  schmilzt  nach  Marignac  etwas  über 
100°,  nach  Laurent  bei  210°,  auf  einem  Blech  erhitzt  leicht  flüchtig,  in 
einem  geschlossenen  Gcfafse  hingegen  entzündet  er  sich,  einen  Rückstand 
von  Kohle  hinterlassend.  In  Salpetersäure  uud  Schwefelsäurehydrat  ist 
er  in  gelinder  Wärme  löslich.  Durch  eine  Auflösung  von  Kalihydrat  in 
Alkohol  wird  er  zersetzt.  (JSlarxgnac } Laurent.') 

Nitronaphtale.  Dicfs  i3t  das  letzte  Produkt  der  Zersetzung  des’  Naph- 
talins durch  Salpetersäure,  es  wird  aus  einem  der  vorher  beschriebenen 
Produkte  durch  Hinw'egnahme  von  Kohlenstoff  gebildet.  Das  Nitronaphtale 
ist  farblos  oder  schwach  gelblich,  es  ist  unter  allen  Verbindungen  dieser 
Klasse  das  in  Alkohol  und  Aether  schwerlöslichste;  die  Kristalle^sind  klein 
und  stellen  schiefe  Säulen  mit  rechtwinklicher  Basis  dar;  es  schmilzt  bei 
215°  C.,  in  seinen  übrigen  Eigenschaften  verhält  es  sich  wie  das  vorher- 
gehende Produkt,  mit  dem  es  in  seiner  Zusammensetzung  eine  «rofse 
Aehnlickkeit  bat.  Laurent  giebt  dafür  die  Formel  CJ8  H10  Oj,  N6 , welche 
um  1 At.  Sauerstoff  und  2 At.  Kohlenstoff  von  dem  Nitronaphtalise  differirt. 

Zersetzungsprodukte  der  obigen  Verbindungen  mit  Alkalien . 

Nitronaphtalesinsäure.  Entsteht  aus  dem  Nitronaplitalese  beim  Auf- 
losen und  Kocheu  mit  einer  weingeistigen  Auflösung  von  Kalihydrat,  uud 
wird  aus  dieser  Auflösung  durch  verdünnte  Salpetersäure  gefällt.  Diese 


1304 


Nitronaphtalsäure. 


Säure  stellt  ein  braunschwarzes,  unkrisfallinisches,  geschmack-  und  ge- 
ruchloses Pulver  dar,  was  in  AVasser,  Alkohol  und  Aether  unlöslich  ist. 
Mit  Alkalien  bildet  sie  Verbindungen  von  brauner  Farbe. 

Nach  den  Analysen  Laurent* s ist  diese  Säure  nach  deivFormel  Ci2  HJ8 
N6  08  zusammengesetzt  (gefunden  62,2  C — 3,2  H — 13,1  N — 21,5  0. 
Atomgewicht  unbekannt). 

Die  Nitronaphtalesinsäure  löst  sich  in  Salpetersäure  und  erfährt  beim 
Sieden  damit  eine  Veränderung.  Zusatz  von  AAasser  bringt  in  dieser  Auf- 
lösung einen  flockigen  gelben  Niederschlag  hervor,  der  in  der  Wanne  ver- 
pufft und  in  Alkohol  und  Alkalien  löslich  ist.  Die  davon  abfiltrirte  Flüs- 
sigkeit giebt  beim  Verdampfen  eine  andere  kristallinische  Säure. 

Nitronaphtaleseinsäure.  AA^ird  auf  die  nämliche  AVeise  mit  dem  Nitro- 
naphtaleise  erhalten  und  besitzt  die  nämlichen  Eigenschaften  wie  die  Ni- 
tronaphtalesinsäure. Die  Analyse  gab  51,5  C — 2,6  H •—  31,5  0 — 14,4  N. 
C Laurent .) 

Nitronaphtalishisäure . Das  Nitronaphtalise  giebt  ein  ähnliches  Pro- 
dukt, weün  es  durch  eine  weingeistige  Auflösung  von  Kalihydrat  zersetzt 
wird,  ebenso  das  Nitronaphtale.  Seine  Zusammensetzung  ist  nach  Ma- 
rignac Cu  H6  N2  04. 

Nitronaphtalsäure, 

Durch  die  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  Naphtalin  entstehen  neben 
den  beschriebenen  Produkten  noch  mehrere  andere,  welche  entschieden 
saure  Eigenschaften  besitzen ; sie  bleiben  in  der  von  den  Kristallen  ge- 
trennten saureu  Mutterlauge  zurück,  welche  man  erhält,  wenn  man  Naph- 
talin bis  zum  Verschwinden  des  obenaufschwimmendeu  öligen  Körpers 
(Nitronaphtalase)  mit  Salpetersäure  gekocht  und  erkalten  gelassen  hat. 
Die  saure  Mutterlauge  vermischt  man  mit  AA7asser,  trennt  durch  ein  Filter 
das  niederfailende  Nitronaphfalese  und  dampft  sie  bis  zur  Syrupconsistenz 
ab,  wo  sich  uach  dem  Erkalten  Kristalle  der  Nitronaphtalsäure  absetzen. 
Die  Mutterlauge,  in  der  sie  sich  gebildet  haben,  giebt  beim  Neufralisiren 
mit  Ammoniak  und  Verdampfen  zwei  Ammoniaksalze,  das  erste  ist  nitro- 
naphtalsaures  Ammoniak,  das  zweite  phtalsaures  Aimnoukak.  Die  letzten 
Mutterlaugen  enthalten  noch  eine  oder  zwei  leichtlösliche  Säuren,  welche 
durch  Fällung  mit  Barytwasser  und  Zersetzung  des  Barytuiederschlags 
durch  Schwefelsäure  daraus  erhalten  werden  können. 

Nitronaphtalsäure.  Durch  Kristallisation  aus  Alkohol  gereinigt  erhält 
man  die  Nitronaphtalsäure  in  schönen  rhomboidalen  Tafeln  oder  durch  Ab- 
stumpfung der  spitzen  AA’inkel  in  sechsseitigen  Blättchen  von  schwach 
gelblicher  Farbe,  sie  sind  in  kaltem  AA7asser  schwer-,  in  heifsem  leicht- 
löslich, und  lösen  sich  in  Alkohol  und  Aether.  Durch  trockene  Destilla- 
tion schmelzen  die  Kristalle,  verlieren  A\Tasser  und  verwandeln  sich  in 
wasserfreie  Säure,  in  stärkerer  Hitze  tritt  Zersetzung  ein  unter  Entwicke- 
lung von  salpetriger  Säure;  es  bleibt  Kohle  im  Rückstand.  Nach  Lau- 
rent’ s Aualyse  ist  diese  Säure  nach  der  Formel  C16  HJ0  N2  012  zusammen- 
gesetzt; sie  ist  eine  zweibasische  Säure.  (JMarignac , Laurent 

Bei  sehr  gelindem  Schmelzen  verliert  diese  Säure  2 At.  Wasser,  es 
subJimirt  wasserfreie  Nitronaphtalinsäure  in  schönen  weifsen  zolllangen 
Nadeln,  ihre  Formel  ist  C16  H6  N2  O10.  (Marignac , Laurent ) 

Das  Silbersalz  dieser  Säure  ist  weifs,  unlöslich  in  AATasser,  es  enthält 
1 At.  wasserfreie  Säure  iu  Verbindung  mit  2 At.  Silberoxid.  ( Marignac .) 
Das  Ammouiaksalz  enthält  2 Aeq.  Ammoniumoxid,  C16  H6  N2010,  2AdH40. 

Zerlegt  man  nitronaphtalsaures  Bleioxid  mit  Schwefelwasserstoff,  so 
erhält  man  Schwefelblei  und  eine  farblose  schwachsaure  Flüssigkeit,  die 
sich  selbst  überlassen  gelblich,  zuletzt  braunschwarz  wird  und  einen 
brauusch warzen  Körper  fallen  läfst,  der  sich  beim  Kochea  leicht  und 
schnell  und  iu  gröfserer  Menge  bildet,  er  ist  löslich  in  Alkohol,  nicht  in 
Salzsäure , Aether  und  AATasser.  AArird  die  von  dem  Schwefelblei  abfiltrirte 


Phtalsäure,  Phtalimid. 


4305 


Flüssigkeit  nach  Entfernung  des  Schwefelwasserstoffs  sogleich  mit  essig- 
saurem Bleioxid  versetzt , so  entsteht  ein  nach  der  Formel  C16HaNj09-f- 
3PbO  zusammengesetzter  Niederschlag,  in  welchem,  wie  es  scheint,  ehie 
neue  Säure  enthalten  ist,  die  man  als  Nitronaphtalsäure  betrachten  kann, 
in  welcher  1 Aeq.  Sauerstoff  durch  1 Aeq.  Wasserstoff  sich  vertreten  findet. 

( Marignac. ) 

Phtalsäure . 

Diese  Säure  bildet  sich  bei  der  Behandlung  des  Naphtalins  mit  Salpe- 
tersäure, leichter  und  in  gröfserer  Menge  bei  Behandlung  des  Naphtalin- 
chlorids  (CI0  H8  Cl4)  mit  Salpetersäure,  wo  man  als  zweites  Produkt  einen 
flüchtigen , aus  Kohlenstoff,  Chlor,  Stickstoff  und  Sauerstoff  zusammenge- 
setzten Körper  erhält. 

Bei  der  Darstellung  der  Phtalsäure  aus  Naphtalinchlorid  (Chlornaph- 
tales)  bleibt  sie  in  der  Salpetersäure  gelöst,  aus  welcher  man  sie  beim 
Verdampfen  und  Abkühlung  in  kleinen  zu  einem  Kaufwerk  vereinigten 
Kristallen  von  unbestimmbarer  Form  erhält.  Werden  diese  Kristalle  der 
Sublimation  unterworfen  und  die  sublimirte  Säure  durch  anhaltendes  Kochen 
in  siedendem  Wasser  gelöst,  so  erhält  man  das  Hydrat  der  Phtalsäure  in 
dünnen  4-  oder  sechsseitigen  Tafeln,  welche  einem  schiefen  rhomboidalen 
Prisma  anzugehören  scheinen.  Bei  120°  verlieren  sie  kein  Wasser.  Die 
Formel  der  kristallisirten  Säure  ist  C16  ü12  08.  (Marignac , Laurent.') 

Wasserfreie  Phtalsäure.  Die  kristallisirte  Säure  enthält  2 At.  Was- 
ser, die  sie  bei  der  Sublimation  verliert.  Die  sublimirte  Säure  erhält  man 
in  langen,  biegsamen,  weifsen  Nadeln  von  Seidenglanz,  deren  Form  einem 
rhombischen  Prisma  angehört;  sie  ist  kaum  löslich  in  kaltem  Wasser,  wird 
bei  auhaitendem  Kochen  damit  gelöst  und  diese  Auflösung  giebt  beim  Er- 
kalten Kristalle  der  wasserhaltigen  Säure.  Die  Formel  der  wasserfreien 
Säure  ist  016  H8  06.  ( Marignac .) 

Phtalsaures  Ammoniak , saures.  Kristallisirt  leicht  in  dünnen  rhom- 
| bischen  oder  sechsseitigen  Tafeln;  die  Kristalle  sind  farblos,  ziemlich  lös- 
lich, sie  verlieren  bei  120°  kein  Wasser.  Formel  Ci6  H6 

Phtalsaures  Silberoxid.  Weifser  leichter  kristallinischer  Niederschlag, 
behält  leicht  und  hartnäckig  salpetersaures  Ammoniak  zurück,  ist  etwas 
löslich  in  Wasser.  Formel  Clf,  Hg  06, 2AgO.  (Marignac.) 

Phtalimide. 

Eine  Auflösung  von  wasserfreier  Phtalsäure  in  Ammoniak  giebt  bei  der 
Kristallisation  eine  aus  feinen,  kleinen  biegsamen  Nadeln  bestehende  Masse, 
die  sich  leicht  in  Wasser  löst.  Die  Auflösung  reagirt  sauer;  die  Zusam- 
mensetzung dieser  Kristalle  wird  durch  die  Formel  Ci6  Hs  | ausge- 

drückt, es  ist  mithin  wasserfreie  Phtalsäure,  worin  1 At.  Sauerstoff  ver- 
treten ist  durch  1 At.  Amid.  Die  wässerige  Auflösung  giebt  heifs  mit  sal- 
petersaurem Silberoxid  gefällt,  kristallinische  weifse  glänzende  Schuppen, 
welche  gleiche  Atomgewichte  Phtalimid  und  Silberoxid  enthalten. 

In  siedendem  Wasser  gelöst  und  eine  Zeitlang  im  Sieden  erhalten  ver- 
wandelt sich  dieses  Amid  in  saures  phtalsaures  Ammoniak.  ( Marignac.) 
Trocken  auf  120°  erhitzt  verliert  dieser  Körper  1 Atom  Wasser,  er  ver- 
liert seine  leichte  Löslichkeit  im  Wasser,  seine  saure  Reaction  und  geht 
in  deu  Körper  über,  den  Laurent  bei  der  trocknen  Destillation  des  sauren 
phtaisauren  Ammoniaks  erhalten  und  als  Phtalimid  beschrieben  hat.  Die 
Formel  des  letzteren  ist  C16  H10  Na  04. 

Gri^c,  Pt  PhArmacie.  I.  (Ute  Aujl.) 


88 


I30ti  Cfiiomaphtalase,  Ohlornapläalese. 

Produkte  der  Einwirkung  des  Chlors  auf  Naphtalin. 

Die  Zusammensetzung  der  vou  Laurent  entdeckten,  durch  die  Einwir- 
kung des  Chlors  auf  Naphtalin  entstehenden  Produkte  ist  folgende: 


Naphtalin 

C20Hl6 

Salzsaures  Chlornaphtalase 

C40  Hl6  CI*  — C20  H,*  CJ2  + CJj  h2 

Chlornaphtalase 

c20  H14  Cl2 

Salzsaures  Chlornaphtalese 

C20  11,6  Cl8  = C20  H12  CI*  -+-  CI*  H* 

Chlornaphtalese 

(■20  Hia  Cl4 

Perchiornaphtalese  > 

Salzsaures  Chlornaplitalose ) 

Cao  1112  ci12  = C20  h8  CI,  -h  CI*  H* 

Chlornaphtalise 

C2„  h1#  a. 

Chlornaphtalose 

Cjjq  ü8  da. 

Chlornaphtalase , salzsaures. 

(Naphtalinchloriir , Berzelius.')  Dieser 

Körper  ist  das  erste  Produkt  der  Einwirkung  des  Chlors  auf  Naphtalin,  es 
tst  in  reinem  Zustande  eine  ölartige  gelbliche  Flüssigkeit,  schwerer  wie 
Wasser  und  darin  unlöslich,  mischbar  mit  Aether  und  Alkohol.  Durch 
Destillation  für  sich  oder  über  Kalihydrat  trenneu  sich  davon  die  Elemente 
vou  1 *Aeq.  Salzsäure  und  man  erhält: 

Chlornaphtalase  von  ölartiger  Beschaffenheit,  farblos,  flüchtig,  de- 
stillirbar. 

Salzsaures  Chlornaphtalese , bildet  sich  bei  der  Sättigung  des  Naphta- 
lins mit  Chlor  bei  gewöhnlicher  Temperatur  neben  der  ersten  Verbindung 
und  bieibt  nach  Behandlung  mit  kaltem  Aether  rein  zurück.  Es  stellt  ein 
vveifses  kristallinisches  Pulver  dar,  nicht  in  Wasser,  wenig  in  heifsem 
Alkohol,  in  30  siedendem  Aether  löslich  und  daraus  in  farblosen  rhom- 
boidalen Tafeln  kristaliisirbar,  schmilzt  bei  160°,  wird  durch  den  Eiuflufs 
einer  höheren  Temperatur  in  Chlornaphtalese  und  Salzsäure  zersetzt;  eine 
ähnliche  Zersetzung  erfolgt  bei  Destillation  mit  Kalihydrat,  oder  beim  Auf- 
lösen und  Kochen  mit  einer  weiugeistigen  Lösucg  von  Kalihydrat,  wobei 
sich  Parachlornaphtalese  bildet.  Beim  Kochen  mit  Salpetersäure  erhält 
snan  damit  Fhtalsäure,  Oxalsäure  und  ein  flüchtiges  Produkt. 

Chlornaphtalese , kristallisirt  in  langen,  farblosen,  durchsichtigen, 
schmalen  rhombischen  Prismen,  ist  geschmacklos,  geruchlos,  leicht  in 
Aether  und  Alkohol  löslich  und  daraus  kristaliisirbar,  schmilzt  und  er- 
starrt bei  44°.  Destillirbar  ohne  Zersetzung.  Erleidet  durch  Säuren  und 
Alkalien  keine  Veränderung.  Verwandelt  sich  durch  Behandlung  in  der 
Kälte  mit  Chlor  in  Per  chlor  naphtalese. 

Parachlornaphtalese.  Dieser  Körper,  welcher  die  nämliche  Zusam- 
mensetzung und  ähnliche  Eigenschaften  wie  der  vorherbeschriebene  be- 
sitzt, kristallisirt  in  spitzen  kleinen  Lamellen,  schmilzt  bei  28°  und  er- 
starrt bei  18  — 20°.  Durch  Chlor  verwandeln  sich  beide  Körper  in  Chlor- 
naphtalose.  Ein  dritter  ölartiger  Körper  von  derselben  Zusammensetzung 
entsteht  .bei  Destillation  des  salzsauren  Chlornaphtalese. 

Per  chlor  naphtalese.  Das  mit  Chlor  in  der  Kälte  gesättigte  Chlornaph- 
talese hinterläfst  diesen  Körper  nach  Behandlung  mit  Aether;  in  warmem 
Aether  gelöst  kristallisirt  er  daraus  in  kleinen,  sehr  glänzenden,  ausge- 
hildeten  schiefen  rhombischen  Prismen ; die  Kristalle  sind  geruch-  und  ge- 
schmacklos, in  kaltem  Alkohol  wenig  löslich,  leichter  in  Aether,  sie 
schmelzen  und  erstarren  bei  141°.  Durch  weitere  Einwirkung  vou  Chlor 
in  der  Wärme  verwandelt  sich  dieser  Körper  in  Chlor  na phtalose y dasselbe 
Produkt  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Kalihydrat. 

Chlornaphtalis.  Entsteht  durch  die  Einwirkung  des  Chlprs  auf  Nitro- 
uaphtalase  und  Nitrouaphtalese,  so  wie  bei  der  Sättigung  des  Naphtalins 
mit  Chlor.  Das  Chlornaphtalis  ist  färb-  und  geruchlos,  unlöslich  in  AVas- 
ser,  sehr  wenig  in  Alkohol,  sehr  leicht  in  Aether;  kristallisirt  in  feder- 
fürmig  vereinigten  kleinen  Nadeln  oder  in  unrcgelmäfsigeu  sechsseitigen 


Cfaloronaphtalose , Chlornaphtalinsänre. 


130? 


Prismen;  die  Kristalle  sind  woich , knetbar  wie  Wachs,  sie  schmelzen  bei 
C5°  und  erstarren  beim  Erkalten  kristallinisch.  Destillirt  ohne  Verände- 
rung und  ist  in  Schwefelsäurehydrat  in  der  Wärme  löslich.  Chlor  geht 
damit  eine  Verbindung  ein. 

Chlor naplitalos.  Entsteht  aus  den  vorherbeschriebenen  Chlorverbin- 
dungen, so  wie  aus  dem  Nitronaphtalase  und  Nitronaphtalese  durch  Ein- 
wirkung des  Chlors  in  der  Wärme,  es  ist  das  letzte  Produkt  dieser  Ein- 
wirkung. Das  Chlornaphtalos  ist  weifs,  färb-  und  geruchlos,  löslich  in 
Aefther  und  Alkohol , kristallisirt  in  langen  Nadeln  von  rhombischer  Basis, 
welche  bei  126°  schmelzen  und  sich  bei  Destillation  unzersetzt  verflüch- 
tigen. Ein  diesem  Körper  gleich  zusammengesetztes  Produkt  entsteht, 
wenn  der  bei  der  Destillation  des  salzsauren  Cblornaphtalese  erhaltene 
Ölartige  Körper,  von  dem  festen  kristallisirharen  getrennt,  der  Einwirkung 
des  Chlors  und  einer  weingeistigen  Lösung  von  Kalihydrat  unterworfen 
wird;  er  ist  fast  weifs,  kristallisirt  in  schiefen  rhombischen  Prismen,  ist 
wenig  löslich  in  Alkohol  und  Aether  und  unterscheidet  sich  wesentlich 
von  dem  vorhergehenden  durch  seinen  Schmelzpunkt  160°. 

Brom  bildet  die  folgende  Gruppe  von  Verbindungen. 

Bromnaphtalese  C20  H14  Bra 
Bromnaphtalese  C20  flu  Br4. 

Durch  die  Einwirkung  von  Brom  auf  Chlornaphtalase  entstehen: 

Salzsaures  Chlorbromnaphtalose  C20  H„  CI4  Br*  4-  H*  Br* 
Chlorbromaaphtalose  C20  H6  CI*  Br*. 

Produkte  der  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  einige  der  be- 
schriebenen Chlorverbindungen  des  Naphtalins, 

Bei  der  Behandlung  des  salzsauren  Chlornaphtalase  mit  Salpetersäure 
erhält  man  aufser  Phtalsäme  und  Oxalsäure  noch  ein  flüchtiges  Produkt, 
was  sich  zum  Theil  in  Salpetersäure  gelöst,  theils  in  Gestalt  schwerer 
Oeltropfen  in  die  Vorlage  begiebt.  Durch  Reetificätion  des  Destillates  für 
sich  geht  dieser  Körper  zuerst  über,  durch  Waschen  mit  etwas  Kalilauge 
und  neue  Destillation  erhält  man  ihn  rein,  farblos,  durchsichtig,  von  1,685 
spec.  Gewicht,  siedet  über  100°,  von  sehr  starkem,  die  Augen  reizenden 
Geruch,  dem  Chlorcyan  ähnlich,  ohne  Reaction  auf  Pflanzenfarben,  in 
Wasser  unlöslich,  mit  Alkohol  und  Aether  mischbar.  Wird  durch  Säuren 
und  wässerige  Alkalien  nicht  verändert.  Mit  metallischem  Quecksilber 
erwärmt  wird  er  zersetzt,  es  entsteht  Quecksilberchlorür,  Kohlensäure 
und  Stickoxidgas.  Diese  merkwürdige  Verbindung  ist  von  Marignac  ent- 
deckt worden,  sie  enthält  Chlor,  Kohlenstoff  und  die  Elemente  der  Unter- 
salpetersäure und  ist  nach  der  Formel  C CJ2  Na  0*  zusammengesetzt. 

Chlornaphtalinsäure. 

Wenn  die  butterartige,  in  warmem  Wasser  schmelzbare  Masse,  die 
man  durch  anhaltendes  Hinüberleiten  von  Chlorgas  über  Naphtalin  erhält, 
mit  siedender  Salpetersäure  eine  Zeitlang  behandelt  wird,  so  erhält  man 
eine  saure  Auflösung,  welche  Phtalsäure  und  Oxalsäure  enthält,  und  ein 
zweites  in  der  Wärme  Ölartiges  Produkt,  was  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur fest  wird.  Der  Hauptbestandteil  desselben  ist  Chlornaphtalinsäure^ 
die  man  daraus  erhält,  wenn  es  bis  zur  Sättigung  in  siedender  schwacher 
Kalilauge  gelöst,  mit  Salpetersäure  übersättigt  und  erkalten  gelassen  wird. 
Man  erhält  auf  diese  Weise  Chlornaphtalinsäurehydrat , das  man  durch 
wiederholte  Verbindung  mit  Kali,  Auflösung  des  Kalisalzes  in  siedendem 
schwachem  Alkohol  und  Zusatz  von  Salpetersäure  beim  Erkalten  kristal- 
lisirt erhält.  Das  Chlornaphtalinsäurehydrat  ist  gelb,  durchscheinend,  ge- 
ruchlos und  unveränderlich  an  der  Luft;  es  ist  in  Wasser  nicht  merklich 
löslich , schwierig  in  Aether  und  heifsem  Alkohol.  Aus  letzterem  kristal- 


ms 


N a p h t a 1 i d a m. 


lisirt  sie  in  Lochst  feinen  fadenförmigen  Verzweigungen , ähnlich  gewissen 
Schimmelvegetationen  , oder  in  uuregelmäfsigen  kurzen  glänzenden  Pris- 
men; sie  schmilzt  bei  200°  und  erstarrt  beim  Erkalten  in  rechtwinkligen 
Blättern,  destillirt  und  sublimirt  ohne  Veränderung,  löst  sich  in  Schwefel- 
säurehydrat und  wird  durch  Wasser  daraus  wieder  gefällt.  Die  Formel 
dieser  Säure  ist  C20  Hj0  Cl2  0Ä  oder  C20  H8  Cl2  0S  -h  H20.  In  den  Salzen 
ist.  das  Wasseratom  ersetzt  durch  t At.  Metalloxid  (MO).  DievSaIze  sind 
von  ausgezeichneter  Schönheit,  gelb  oder  carminroth,  meistens  sehr  wenig 
löslich  in  Wasser.  Das  Kalisalz  ist  C20  fl8  Cl2  04  H-  KO  -+-  H20.  Das  Ba- 
rytsalz C20  H8  Cl3  Os  , BaO.  (Laurent,  } 

Bei  der  Behandlung  des  salzsauren  Chlornaphfalise  erhielt  Laurent 
noch  zwei  andere  Produkte,  das  eine,  Oxichlornaphtalose , C20  R8  CI4  02 
-f-  HjO,  ist  gelb,  glänzend,  schmilzt  bei  f)8°  und  bildet  bei  der  Sublima- 
tion schiefwiukhche  Blätter,  es  löst  sich  in  Schwefelsäurehydrat  mit  braun- 
rother  Farbe,  Zusatz  von  Wasser  fällt  es  aus  dieser  Auflösung;  geht  durch 
Behandlung  mit  Salpetersäure  in  Chlornaphtalinsäure  über.  Ein  anderer 
hierbei  entstehender  Körper,  Oxichlarnaphtalenose , C18  U8  Cl6  0,  stellt 
vveifse  glänzende  Nadeln  dar  , welche  unlöslich  in  Wasser,  schwerlöslich 
in  Alkohol  und  Aether  sind  und  bei  160°  schmelzen. 


Zersetzung  des  Nitronaphtalase  durch  Schwefelwasserstoff 

Naphtalidam.  — Organische  Salzbasis,  entdeckt  von  Zinin.  Formel: 
C20  H,3  N2  (Zinin}. 

Zur  Darstellung  dieser  interessanten  Verbindung  übergiefst  man  1 Th. 
Nitronaphtalase  mit  10  Th.  Weingeist  und  setzt  so  viel  Schvvefelammo- 
mutn  hinzu  , bis  sich  in  gelinder  Wärme  alles  gelöst  hat  und  ein  schwa- 
cher Geruch  nach  Schwefelammonium  bleibt.  Die  Auflösung  enthält 
schwefelvvasserstofFsaures  Naphtalidam  und  überschüssiges  Schwefelammo- 
nium,  beide  gelöst  im  Weingeist.  Durch  Sättigung  derselben  mit  ver^ 
dünnter  Schwefelsäure  entsteht  schwerlösliches  schwefelsaures  Naphtalidam 
unter  Abscheidung  von  Schwefel  und  Schwefelwasserstoff  und  Bildung  von 
schwefelsaurem  Ammoniak.  Die  nach  dem  Erkalten  erstarrte  Masse  prefst 
man  aus  und  reinigt  das  schwefelsaure  Naphtalidam  durch  mehrmaliges 
Kristalüsiren.  Zuletzt  übersättigt  mau  die  gesättigte  wässerige  Auflösung 
desselben  mit  Ammoniak,  wo  sich  in  der  Ruhe  das  Naphtalidam  in  seiden- 
glänzenden feinen  weifsen,  flach  zusammengedrückten  Nadeln  abscheidet. 
Das  Naphtalidam  schmilzt  bei  50°  und  siedet  bei  300°,  wobei  cs  ohne 
Zersetzung  destillirbar  ist.  An  der  Luft  wird  es  durch  Sauerstoffaufnahme 
violett.  Es  besitzt  einen  eigentümlichen  starken  unangenehmen  Geruch 
und  einen  bittern  pfefferartigen  Geschmack,  es  ist  unlöslich  in  Wasser, 
leicht  in  Alkohol  und  Aether.  Die  Auflösungen  besitzen  keine  alkalische 
Reaction , es  verbindet  sich  mit  allen  Säuren  zu  wohlkristallisirbaren  Sal- 
zen; die  Verbindungen  mit  Wasserstoffsäureu  sind  wasserfrei,  die  mit 
Sauerstoffsäuren  enthalten,  wie  die  correspondirenden  Anamoniaksalze, 
t Aeq.  Wasser.  Mit  Platin-  und  Quecksilber-Chlorid  geht  es  Doppelver* 
bindungen  ein. 

Schwefelsaures  Naphtalidam.  Löst  man  Naphtalidam  bei  gelinder 
Wärme  in  conceutrirter  Schwefelsäure  und  setzt  Wasser  zu,  so  erfüllt 
sich  die  Flüssigkeit  mit  weifsen  schuppigen  Kristalleu  des  neutralen  Schwe- 
felsäuren Salzes.  An  der  Luft  wird  es  roth  gefärbt.  Das  phosphorsaure 
Naphtalidam  ist  leichtlöslich  in  kochendem  Alkohol  und  Wasser,  das  pyro- 
phosphorsaure  hingegen  sehr  schwer  löslich  in  diesen  Flüssigkeiten.  Das 
mit  verdünnter  Säure  bereitete  salpetersaure  Naphtalidam  ist  kristallisir- 
bar,  durch  concentrirte  Salpetersäure  wird  es  dunkelviolett  gefärbt  und  in 
ein  braunes,  leicht  in  Alkohol  mit  violetter  Farbe  lösliches  Pulver  verwan- 
delt. Mit  Oxalsäure  bildet  diese  Basis  ein  saures  und  ein  neutrales  Salz. 
Das  letztere  enthält  3 At.  Wasser. 


Constitution  des  Naphtalins. 


1309 


Das  salzsaure  Salz  ist  in  weifsen  Nadeln  bei  200°  sublimlrbar , ziem- 
lich in  Wasser,  leichter  jedoch  in  Alkohol  und  Aether  löslich.  Es  enthält 
1 Aeq.  Nuphtalidam  auf  1 Aeq.  Salzsäure. 

Eine  Auflösung  von  Quecksilbersublimat  giebt  mit  einer  weingeistigen 
Lösung  von  Naphtalidam  einen  gelblichen  käseartigen  Niederschlag.  Die 
Doppelverbindung  des  salzsauren  Naphtalidams  mit  Platinchlorid  besteht 
aus  gleichen  Aequivalenten  von  beiden  und  stellt  ein  bräunlich-grüngelbes 
kristallinisches  Pulver  dar. 

Leitet  man  Chlorgas  durch  eine  Auflösung  vou  salzsaurem  Naphtalidam, 
so  färbt  sie  sich  violett  unter  Abscheidung  eines  braunen  Pulvers.  Bei  dem 
freiwilligen  Verdampfen  der  stark  sauren  Flüssigkeit  kristallisirt  eine  neue 
Verbindung  in  laugen  goldgelben  Nadeln. 

Nitronaplit diese  giebt  nach  Zinin , auf  dieselbe  Weise  wie  Nitro- 
nuphtalase  behandelt,  eine  neue,  in  feinen  rotheu  Nadeln  kristallisirende 
Basis,  die  sich  mit  Salzsäure  zu  einem  weifsen  feinschuppigen  Salze  ver- 
bindet. 


lieber  die  Constitution  des  Naphtalins  und  einiger  seiner  Ver- 
bindungen. 

Das  Verhalten  des  Naphtalins  zum  Chlor  und  einiger  seiner  Chlorver- 
bindungen zur  Salpetersäure  erklärt  sich  auf  eine  einfache  Weise,  wenn 
man  sich  das  Naphtalin  als  eine  Verbindung  von  zwei  Kohlenwasserstoffen 
denkt : 

Naphtalin  C20  H16  =|^16^8 

Durch  die  Einwirkung  des  Chlors  in  der  Kälte  geht  der  Kohlenwasserstoff 
C4  Hs  eine  Verbindung  mit  demselben  ein.  Die  Zusammensetzung  des  salz- 
sauren Chlornaphtalose,  Chlornaphtalese  und  Chloruaphtalase  würde  hier- 
nach sevn: 

~ (CH 

Chloruaphtalase  =)c“h<,C1,  -f-  CI,  H, 

Chlornaphtalese  = {cjj£8ci4  + Cjt  ,j 

Chlornaphtalose \ C16  H3 

salzsaures  ( C4  Cl8  •+•  II* 

Chlornaphtalose 

Da  sich  bei  der  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  Naphtalin  Oxalsäure 
einerseits  uud  auf  der  andern  Phtalsäure  bildet,  da  man  ferner  durch  Be- 
handlung des  salzsaureu  Chlornaphtalose  mit  Salpetersaure  ein  fluchtiges 
Chlor-  und  Kohlenstoff-haltiges  Produkt  und  die  nämliche  Saure  erhalt, 
so  scheinen  offenbar  die  Kohlenstoff-  und  Wasserstoff-Atome  des  Naphta- 
lins zweierlei  Verbindungen  anzugehören,  von  denen  in  der  einen  der 
Wasserstoff  durch  Chlor  ausgetauscht  und  der  Kohlenstoff  ganz,  oder  zum 
TSieil  hinweggenommen  werden  kann,  während  die  andere  Kohienwasser- 
stoffverbindung,  als  Radikal  betrachtet,  in  ihrer  Zusammensetzung  sich 
gleich  bleibt;  mit  6 Atomen  Sauerstoff  würde  diese  letztere  Phtaisaure 
(C16  Hg  -+-  60)  uud  durch  Ersatz  vou  1 Aeq.  Wasserstoff  durch  1 Aeq 

Untersalpetersäure,  Nitronaphtalinsäure  ^J®^6  j -+■  ^6  bilden.  ( Marignac.') 

Diese  Ansicht  ist  sehr  wahrscheinlich  und  sie  verspricht,  w'enn  sie  puf  die 
sauerstofffreien  ätherischen  Oele  übertragen  und  durchgeführt  werden  kann, 
genügende  Aufschlüsse  über  ihr  bei  gleiciier  Zusammensetzung^  verschie- 
denes Verhalten. 


mo 


P a r a li  a p h t a 1 i n. 


Verhalten  de s Naphtalins  zu  den  fetten  Körpern. 

Eine  Mischung  von  gleichen  Theilen  Naphtalin  und  Schweineschmalz, 
die  man  mehrere  Wochen  der  Luft  aussetzt , wird  unter  Saucrstoffauf- 
nähme  und  Kohlensaureentwickelung  schwarz.  Bei  Behandlung  der  Masse 
mit  Aether  bleibt  eine  Verbindung  ungelöst,  welche  Kohlenstoff  uud  Was- 
serstoff in  dem  Verhältnifs  wie  4 : 3 enthält.  Durch  Kristallisation  aus 
Alkohol  erhält  man  sie  in  dicken  graulichen  Blättern  von  Seidenglanz, 
weich  irn  Anfühlen  , zwischen  den  Fingern  erweichend. 

Bei  Anwendung  von  mehr  Schweineschmalz  entsteht  der  nämliche 
Körper  und  mit  demselben  eine  eigenthiimliche  Säure,  welche  Rossignon , 
der  diese  Verbindungen  entdeckte,  Naphtolein säure  nennt,  sie  ist  halb- 
flüssig, gelb  und  durchscheinend,  von  empyreumatischem  Geruch. 

Paranaphtalin. 

Antftracen  (Laurent).  Entdeckt  von  Dumas  und  Laurent  unter  den 
Destillationsprodukten  der  Steinkohlen. 

Formel  nach  dem  spec.  Gewicht  seines  Dampfes  C30  H34.  (Dumas, 
Laurent .) 

In  den  bei  19°  übergehenden  Produkten  der  Rectification  des  Stein- 
kohleutheers  ist  eine  reichliche  Menge  Paranaphtalin  enthalten,  was  sich 
daraus  beim  starken  Abkühlen  in  kristallinischen  Körnern  laicht  in  Blät- 
tern) absetzt;  man  prefst  es  zwischen  Papier  und  reinigt  es  am  besten 
durch  wiederholte  Destillationen,  bei  denen  Naphtalin,  wenn  es  beige- 
mischt ist,  im  Anfang  übergeht. 

Das  Paranaphtalin  ist  weifs,  blättrig  - kristallinisch , von  geringerem 
Glanze  wie  Naphtalin,  schmilzt  bei  180°,  destillirt  bei  300°,  in  niedriger 
Temperatur  sublimirt  es  in  Kristallblättchen,  deren  Form  nicht  bestimmbar 
ist.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  wenig  in  kochendem  Alkohol  und  Aether 
und  kristallisirt  daraus  in  Flocken.  Am  leichtesten  löst  es  sich  in  Terpen- 
tinöl und  kann  daraus  in  körnigen  Kristallen  erhalten  werden.  Das  spec. 
Gewicht  seines  Dampfes  Ist  6,7323  (berechnet;  — gefunden  6,741,  Du- 
mas Laurent ). 

In  concentrirter  Schwefelsäure  löst  sich  das  Paranaplitalin  mit 
schmutzig-grüner  Farbe. 


Zersetzungsprodukte  des  Paranaphtalins  durch  Salpetersäure . 

Laurent  erhielt  durch  Behandlung  des  Anthracens  mit  Salpetersäure 
folgende  Reihe  vou  Verbindungen: 


Anthracene 

©30 

hJ4 

Nitrite  d’Anthracenase 

©so 

H2i 

Binitrite  d’Anthracenese 

©SO 

h20 

Trinitrite  d’Anthracenuse 

©30 

Hi  b 

Nitritre  d’Aothracenise 

Cjo 

Hlfl 

Nitrite  d’Anthracenose 

©50 

Hi  6 

Anthracenuso 

©50 

Hi  4 

Chlorauthracenuse 

©30 

«20 

Paranaphtalin. 

O Hh  N,  03  unbekannt. 
02  4-  2N2  Oj 
O-  3N2  Oj  4-  3 fl,  O 

04  4-  N2  Oj 

04  4-  N2  Oj  4-  Hi© 

©3 

Ci4. 


Destillationsprodukte  des  Alaunschiefers  (A  mp elit , Brog niartj 

Unterwirft  man  Alauuschiefer  der  trocknen  Destillation,  so  erhält  man 
neben  brennbaren  Gasen  ein  Brandöl.  von  dicklicher  Consistenz.  Einer 
Rectification  bei  steigender  Temperatur  unterworfen,  läfst  sich  daraus  eine 
Reihe  flüchtiger  Oeie  darstellen,  deren  Siedpuukt  von  80°  bis  300°  zu- 
nimmt.  Das  bei  80  bis  85°  übergehende  Oel , mit  concentrirter  Schwefel- 
säure behandelt  und  über  Kalibydrat  rectificirt,  ist  farblos,  von  0,714  spec. 
Gew. , der  Naphfa  in  seinen  Eigenschaften  und  Zusammensetzung  ähnlich; 
§§  €8fhält  in  100  Theilen  86  Kohlenstoff,  14  WassestofF  ( Laurent),  Das 


I3ii 


Ampeiiusäure,  EetiuiL 


bei  1(19°  übergehende  OeU  mit  coneefitrirter  Schwefelsäure  und  Kalihydrat 
gemengt«  besitzt  alle  Eigenschaften  des  Eupion , es  gab  in  100  Theilen 
85  60  Kohlenstoff,  14,50  Wasserstoff.  (Eupion,  was  Laurent  analysirte, 
gab  ihm  85,30  Kohlenstoff  und  15,10  Wasserstoff.) 

Ampelinsäure.  Behandelt  man  die  durch  Rectification  des  Alaunscliicfer- 
theers  bei  150°  ubergehenden  Produkte  in  einer  Retorte  mit  Salpetersäure,  so 
geben  flüchtige  Oele  über  und  aus  der  Säure  in  der  Retorte  erhält  man  beim 
Verdampfen  uiid  Abkühlen  weifse  Flocken,  welche,  mit  kaltem  Wasser 
gewaschen,  getrocknet  und  durch  Destillation  zuletzt  gereinigt.  Ampelin- 
säure darstellen.  Diese  Säure  ist  färb-  und  geruchlos,  beinahe  unlöslich 
in  kaltem,  leichter  in  siedendem  Wasser,  leicht  löslich  in  heifsem  Alkohol 
und  Aether;  sie  schmilzt  bei  260°  und  sublimirt  iu  höherer  Temperatur 
Sie  brennt  auf  glühende  Kohlen  geworfen,  löst  sich  hi  coneentrirter  Schwe 
felsäure  und  wird  durch  Wasser  wieder  daraus  gefällt.  S*e  verbindet  sich 
mit  Alkalien  zu  sehr  löslichen  Salzeu.  (Laurent. j 

Aus  dem  flüchtigen  Oel  des  Steinkohlentheers , welches  zwischen  130 
bis  160°  siedet,  erhielt  Laurent  durch  eine  ähnliche  Behandlung  eine  s.iure 
Flüssigkeit,  welche,  mit  Ammoniak  neutralisirt  und  zur  Trockne  akge- 
dampft,  an  Alkohol  ein  Ammouiaksalz  abgiebt,  aus  dem  man  durch  Zusatz 
von  Salpetersäure  eine  der  Ampelinsäure  in  ihren  Eigenschaften  ähnliche 
oder  gleiche  Säure  erhält.  Die  Analyse  derselben  gab  60,0  Kohlenstoff, 
4 4 Wasserstoff  und  55,6  Sauerstoff,  entsprechend  der  Formel  C14  Il12  0?. 
0400  ampelinsaures  Silberoxid  hinterliefsen  0,0446  Silber,  diefs  giebt  für 
das  Atomgewicht  der  wasserfreien  Säure  1573,  es  sollte  seyn  1613. 
( Laurent .) 

Ampelin . üeber  dieses  ölartige,  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  lös- 
liche Produkt  der  Einwirkung  von  Schwefelsäurehydrat  auf  das  zwischen 
300  und  280°  kochende  Oei  des  Alaunschiefertheers  siehe  Ann.  de  chint. 
et  de  phys.  T.  LXiV.  pag.  326. 


Uetinit  oder  Betinasphalt  ist  ein  bisweilen  in  den  Braunkohlen  vor- 
kommendes fossiles  Harz  von  graugelber,  brauner  oder  rother  Farbe,  ge- 
ringem Glanz,  harzartigem  Bruch,  von  1,07  — 1,35  spec.  Gew.,  leicht 
schmelzbar  uud  entzündlich,  mit  leuchtender,  rufsender  Flamme  brennend 
mit  Hinterlassung  von  wenig  Asche.  Von  100  Th.  werden  9 t durch  Al- 
kohol gelöst  mit  rothbrauner  Farbe.  Reiner  Aether,  so  wie  Terpentinöl 
und  Petroleum  lösen  nur  wenig  von  diesem  Harze.  Es  verbindet  sich  rmu 
41ka!ien  die  Verbindung  ist  leicht  löslich  in  Wasser,  aber  uuioslica  m 
Alkalien.  Der  unlösliche  Rückstand  ist  ebenfalls  in  Aether  schwerloshch, 
aber  löslich  in  Alkalien.  Es  schmilzt  schwierig  und  zersetzt  sich.  Bei 
der  trocknen  Destillation  des  Retinits  entwickelt  sich  Kohlensäure  und 
Kohlenwasserstoff,  ein  etwas  dickflüssiges  Oel  und  sehr  wenig  Essigsäure 
wurden  erhalten  , aber  kein  Ammoniak  und  keine  Bernsteinsäure. 

Aehnliche  fossile  Harze  sind  in  Bovey  in  England  gefunden  und  von 
JoJmston  und  Eatchet  untersucht  worden , wovon  55  pCt.  in  Alkohol  lös- 
lich waren : auch  am  Cap  Sable  in  Nordamerika  ist  ein  ganz  ähnliches  ge- 
funden und  von  Troost  darin  55%  Th.  in  Alkohol  löslichen  Karzes  naca- 
gewlesen  worden. 

Thomson  beschreibt  ein  im  Aeufseren  ähnliches  Harz  von  Higligate-Hill 
in  England,  welches  aber  kaum  an  Alkohol  etwas  Lösliches  abgiebt,  harter 
als  Colophonium  ist,  ein  spec.  Gew.  von  1,046  hat,  von  Aether  undurch- 
sichtig, weifs  und  zerdrückbar,  von  Schwefelsäure  und  Salpetersaure  zer- 
setzt, von  Alkalien  nicht  gelöst  wird. 


Betinsäure.  — Formel:  C21  H„  Ö5.  (Johnsionj  ' Durch  Ausziehen  des 
Retinaspbalts  aus  dem  Braunkohlealager  bei  Bovey  mit  Weingeist  und  Ver- 
dampfen des  Filtrats  erhalten.  — Hellbraun,  leicht  löslich  111  Aether, 
schmilzt  bei  137°,  zersetzt  sich  bei  höherer  Temperatur  und  geht  mit 
Silber-  uad  Bleioxid  Verbindungen  ein. 


131« 


Hatchetin,  Idrialin. 


Uatcketin  kommt  k»  England  bei  Merthyr-Tydwttl  und  tn  Schottland 
am  Locb-Fyne  in  Torf-  und  Steinkohlenlagern  vor  und  ist  von  Conybeare 
untersucht.  Er  ist  geschmack-  und  geruchlos,  unlöslich  in  Wasser , aber 
löslich  in  Alkohol,  Aether,  fetten  und  flüchtigen  Oeleu.  Alkalien  wirken 
nicht  darauf.  Der  englische  ist  hellgrüniicbgelb  durchscheinend,  schmilzt 
bei  7 6° , hinterläfst  bei  der  Destillation  we.nig  Kohle.  Der  schottische  ist 
farblos,  leichter  als  Wasser,  voll  Luftblasen,  hat  ein  spec.  Gewicht  von 
0,608,  nach  dem  Schmelzen  von  0,983,  schmilzt  bei  47°, -fängt  bei  143° 
an  zu  destillireo.  Johnston  untersuchte  Hatchetin  von  Gl as m o r gan s h i r e , 
dessen  Schmelzpunkt  bei  64°  lag  und  dessen  spec.  Gew,  0,916  war;  ec 
war  am  leichtesten  in  kochendem  Aether  löslich,  die  Lösung  gerinnt  beim 
Erkalten  zu  einer  kristallinischen  Masse.  Lange  an  der  Luft  liegend 
schwärzt  er  sich.  Salpetersäure  ist  ohne  Wirkung  darauf;  Schwefelsäure 
verkohlt  und  zersetzt  ihn  beim  Erhitzen;  er  fand  darin  85,91  Kohlenstoff 
und  14,62  Wasserstoff. 

Scheererit,  von  Könlein  in  Braunkohlenlagern  bei  Utznach  am  Zurcher- 
see  entdeckt.  Er  findet  sich  dort  in  den  noch  fast  unveränderten  Kiefer- 
Stämmen.  Man  löst  ihn  in  kochendem  Alkohol,  aus  dem  er  beim  Ab- 
dampfen und  Erkalten  kristallisirt.  Es  ist  farblos  durchscheinend,  perl- 
muttergläuzend  , schwerer  als  Wasser,  geruch-  und  geschmacklos,  fühlt 
sich  fettig  an,  schmilzt  bei  45°.  Es  destillirt  bei  200°  eine  farblose  Flüs- 
sigkeit über,  die  sich  in  einen  festen  und  flüssigen,  gleich  zusammenge- 
setzten Körper,  den  Pyro-Scheererit,  scheidet.  Der  Scheererit  brennt  mit 
leuchtender  rufsender  Flamme,  ist  unlöslich  in  Wasser,  leichtlöslich  in 
Alkohol  und  Aether  und  läfst  sich  mit  fetten  und  flüchtigen  Oelen  zusam- 
menschmelzen.  Chlor  verbindet  sich  damit  zu  einer  körnigen,  aromatisch 
riechenden  Masse,  die  nicht  sauer  reagirt,  nicht  schmilzt  und  beim  Ver- 
flüchtigen sich  nur  wenig  zersetzt.  Salpetersäure  wirkt  nur  schwierig 
auf  Scheererit.  Schwefelsäure  bräunt  sich  damit  beim  Erhitzen  und  giebt 
beim  Neutralismen  mit  Baryt  ein  lösliches  Salz.  Er  besteht  nach  Kraus 
aus  92,45  Kohlenstoff  und  7,42  Wasserstoff. 

Middletonit  findet  sich  in  den  Steinkohlenlagern  von  Leeds  und  New- 
castle in  kleinen  runden,  leicht  zerreiblichen , durchscheinenden,  röthlich- 
braunen  Massen  von  1,6  spec.  Gew.,  an  der  Luft  wird  er  schwarz.  Er 
erträgt  über  220°  ohne  zu  schmelzen-  und  sich  zu  zersetzen.  Durch  Sal- 
petersäure und  Schwefelsäure  wird  er  verändert.  Er  enthält  nach  Johnston 
86,4  Kohlenstoff,  8,0  Wasserstoff  und  5,6  Sauerstoff? 

Idrialin.  Es  wurde  zuerst  von  Pumas  aus  dem  Quecksilberbranderz 
oder  Lebererz  von  Idria  dargestellt;  später  auch  von  Schrötter  untersucht. 
Das  Lebererz  ist  ein  Gemenge  von  Zinnober,  mit  einigen  Mineralsubstan- 
zeu  verunreinigt,  und  Idrialin,  welches  bis  zu  21  p.  c.  beträgt  ( Schrötter ). 
Man  erhält  es  durch  Ausziehen  des  Erzes  mit  kochendem  Terpentinöl, 
oder  auch  durch  Abdestilliren  in  einem  Strome  von  Kohlensäure,  wobei 
sich  jedoch  stets  viel  zersetzt  und  leicht  Quecksilber  eiugemengt  erhalten 
wird.  Aus  dem  Terpentinöl  kristallisirt  es  in  farblosen  feinen  Kristallen. 
Es  ist  unlöslich  in  Wasser  und  kaum  löslich  iu  Alkohol  und  Aether,  subli- 
mirt  zum  Theil  verändert  in  feinen  wolligen  Kristallschuppen  über,  der 
gröfsfce  Theil  wird  dabei  selbst  im  luftleeren  Raume  zersetzt.  Mit  Chlor 
giebt  es  eine  feste  Verbindung;  mit  Schwefelsäure  färbt  es  sich  intensiv 
blau,  indem  sich  eine  eigne  Säure,  wahrscheinlich  Idrialinunterschwefel- 
säure,  bildet,  die  mit  Kali  ein  in  silberglänzenden  Kristallen  anschiefsendes 
Salz  bildet.  Nach  Dumas  und  Schrötter  besteht  es  aus  94,9  Kohlenstoff 
und  5,1  Wasserstoff,  was  der  Formel  C5  Ha , vielleicht  C21  H14,  entspricht. 
Nach  Laurent  bildet  Salpetersäure  damit  eine  nach  der  Formel  C1S  Hs  0 
N2  04  zusammengesetzte  Säure. 

Succisteren  wurde  von  Pelletier  und  Walter  bei  der  trocknen  Destil- 
lation des  Bernsteins  erhalten  und  von  gleicher  Zusammensetzung  wie  das 


Ozofcerit,  Fichlelit. 


tais 


Idrialin  gefunden;  mit  Schwefelsäure  bildet  ea  auch  eine  blaue  Verblödung 
und  ist  wahrscheinlich  mit  jenem  identisch. 

Ozokerit,  fossiles  Wachs.  — Er  findet  sich  in  der  Moldau  bei  Slamick 
unter  einem  Lager  von  bituminösem  Thonschiefer  in  Massen  von  80  — 100 
Dieser  wurde  von  Magnus , Schrötter  und  Malaguti , ein  bei  Newcastle  an 
derTjne  gefundener  von  Johnston  analysirt  mit  fast  gleichen  Resultaten.  Sie 
fanden  darin  85,75— 86,8  Kohlenstoff,  13,7 — 14,0  Wasserstoff.  Er  ist  jedoch 
keine  einfache  Substanz.  Malaguti  erhielt  daraus  durch  Alkohol  eine  bei 
75°  schmelzende  Substanz,  der  Rückstand  schmolz  bei  90®.  Der  Schmelz- 
punkt des  Ozokerits  wurde  von  allen  etwas  verschieden  gefunden , was 
wohl  von  der  verschiedenen  relativen  Menge  der  beiden  Substanzen  her- 
riihrt.  Er  ist  gelbbraun,  blättrig,  hat  einen  perlmutterglänzenden  musch- 
ligen  Bruch,  schmilzt  etwas  über  80°,  hat  ein  spec.  Gew.  von  0,953,  ist 
schwerlöslich  in  Alkohol  und  Aether;  Terpentinöl,  Steinöl  und  fette  Oele 
lösen  ihn  leicht,  riecht  dem  Steinöl  nicht  unähnlich  und  brennt  angezündet 
mit  leuchtender,  wenig  rufsender  Flamme.  Salpetersäure  wirkt  nur  wenig 
darauf  ein,  ebensowenig  Alkalien,  auch  nicht  Chlorwasser,  Chlorgas  aber 
macht  ihn  weich  und  löslich  in  Aether.  Kalte  Schwefelsäure  verändert 
ihn  nicht,  beim  Erhitzen  schwärzt  sie  sich  unter  Entwickelung  von  schwefli- 
ger Säure,  Wasser  fällt  daraus  schwarze  Flocken,  die  man  auswascht, 
trocknet  und  mit  kochendem  Aether  auszieht,  der  beim  Erkalten  eine 
weifse,  flockige,  wachsähnliche,  wenig  in  Weingeist  lösliche,  bei  73° 
schmelzende  Masse  absetzt.  Bei  der  trocknen  Destillation  erhält  man 
daraus  10,34  Th.  Gas,  74,01  ölige  Substanzen,  13,55  Th.  einer  kristal- 
linischen Masse,  Wachs  des  Ozokerits  genannt,  und  3t  Th.  Kohle  bleiben 
zurück  ( Malaguti ).  Das  Wachs  besteht  nach  demselben  aus  85,96  Koh- 
lenstoff und  14,04  Wasserstoff.  Man  erhält  es  durch  Digestion  des  De- 
stillates mit  Aether  und  Abpressen  der  Flüssigkeit,  wo  es  als  wreifser 
perlmutterglänzender,  fettiger,  bei  75  — 77°  schmelzender  und  bei  300° 
siedender  Rückstand  bleibt.  Aber  bei  der  neuen  Destillation  bildet  sich 
stets  wieder  Oel  und  Wachs,  was  in  heifsem  Aether  löslich  ist,  auch  in 
kochendem  absoluten  Alkohol j nach  mehrmaliger  Rectification  kann  es 
fast  unzersetzt  destillirt  werden  und  schmilzt  dann  bei  56°,  hat  aber  die 
oben  angegebene  Zusammensetzung. 

Beim  Verdunsten  der  abgeprefsten  ätherischen  Lösung  erhält  man  ein 
rothbraunes  Oel,  welches  bei  auffallendem  Licht  grün  erscheint,  bei  0° 
etwas  Paraffin  in  Blättchen  absetzt,  durch  Schwefelsäure  entfärbt  wird 
und  bei  der  Destillation  zuerst  ein  blafsgelbes  durchsichtiges  Oel , dann 
viel  Paraffin  liefert. 

Fichtelit  findet  sich  in  einem  trocknen  Torflager  an  noch  wenig  ver- 
änderten Fichfcenstämmen  bei  Redwitz  am  Fichtelgebirge.  Bromeis  fand 
darin  89,3  Kohlenstoff  und  10,7  Wasserstoff,  was  mit  der  Formel  C20  Hso 
übereinstimmt  und  seine  Entstehung  «aus  Terpentinöl  (C20  H35)  sehr  wahr- 
scheinlich macht.  Er  schmilzt  bei  46°,  destillirt  unverändert  über,  erstarrt 
kristallinisch,  ist  wenig  löslich  in  Alkohol,  d«agegen  sehr  leicht  in  Aether. 
— B Trommsdorff  hat  einen  Bergtälg  von  demselben  Fundorte  anal3Tsirt, 
der  aber  erst  bei  107°  schmilzt;  aus  absolutem  Alkohol,  der  beim  Kochen 
8,5  Th.  löst,  kristallisirt  er  beim  Erkalten  und  besteht  aus  93,4  Kohlen- 
stoff und  7,5  Wasserstoff,  was  dem  VerhsUfnifs  von  1 At.  Kohlenstoff  und 
1 At.  Wasserstoff  entspricht. 

Tekoretin , Phylloretin  } Xyloretin  und  Boloretin.  In  den  dänischen 
Torfmooren  finden  sich  Ueberreste  eines  früher  vorhandenen  Tannenwaldes, 
bei  deren  näherer  Untersuchung  Forchhammer  die  vier  eben  genannten 
Körper  entdeckt  hat. 

Tekoretin  und  Phylloretin  kommen  kristallisirt  in  den  Intercellular- 
gängen der  Stämme  , in  den  Zwischenräumen  zwischen  Rinde  nnd  Holz 
und  in  den  Rissen  in  dem  Holze  vor;  sie  werden  durch  Kristallisation  aus 


1314 


Tekoretin,  Phylloretin,  Xyloretin. 


Alkohol  von  einander  getrennt,  wo  das  Tekoretin  zuerst,  das  Phylloreiiu 
zuletzt  kristallisirt. 

Das  Tekoretin  ist  farblos,  kristallisirt  in  Prismen,  schmilzt  bei  45°  C., 
und  destillirt  beim  Siedpunkt  des  Quecksilbers  unverändert  über  5 sein  spee. 
Gew.  ist  = l,OOS  bei  1 1,25°  C. , es  ist  unlöslich  in  Wasser,  leichtlöslich  in 
Aether,  schvverlöslich  in  Alkohol.  Durch  Chlor  wird  es  zersetzt,  indem 
Wasserstoff  als  Salzsäure  abgeschieden  und  Chlor  aufgenommen  wird. 
Salpetersäure  erzeugt  damit  Oxalsäure  und  eine  braune,  wahrscheinlich 
stickstoffhaltige,  harzartige  Materie.  — Bei  der  Analyse  fand  Forchhammer 
87,17  Kohlenstoff  und  12,84  Wasserstoff,  was  am  nächsten  der  Formel 
C4  H9  entspricht. 

Das  Phylloretin  schmilzt  bei  87,5°  C.,  kocht  beim  Siedepunkt  des 
Quecksilbers,  ist  farblos  und  kristallisirt  in  glimmerartigen  Blättern.  Es 
ist  unlöslich  in  Wasser,  leichtlöslich  in  Aether  und  in  Alkohol.  Die  Ana- 
lyse gab  90,18  p.  c.  Kohlenstoff  und  9,24  Wasserstoff,  woroach  F.  es  für 
wahrscheinlich  hält,  dafs  das  Phylloretin  nach  der  Formel  C5  Hs  zusam- 
mengesetzt sey. 

Xyloretin.  Wird  aus  dem  fossilen  Tannenholz  durch  Ausziehen  mit 
starkem  Alkohol,  Verdampfen  und  Behandeln  des  Rückstandes  mit  Aether 
aus  der  Lösung  kristallisirt  erhalten.  Es  schmilzt  bei  165°,  ist  nicht  flüch- 
tig ohne  Zersetzung,  unlöslich  in  Wasser,  leichtlöslich  in  Alkohol  und 
Aether.  Im  Mittel  von  5 Analysen  enthält  es  78,97  Kohlenstoff,  10,87 
Wasserstoff  und  10,16  Sauerstoff,  was  der  Formel  C40  H66  04  entspricht, 
die  sich  von  der  der  Sylvinsäure  nur  um  2 At.  Wasserstoff  unterscheidet. 

Boloretin.  Scheidet  sich,  nach  dem  Auskochen  des  fossilen  Tannen- 
holzes und  dessen  Binde  mit  Alkohol , beim  Erkalten  als  graubraunes  Pul- 
ver ab,  das  durch  wiederholte  Auflösung  g -einigt  wird.  In  gröfs.erer 
Menge  wird  es  aus  einer  grauen  Substanz  vo~  erdigem  Ansehen  erhalten, 
die  sich  in  den  hohlen,  fossilen  Tanneustämmen  vorfindet,  und  ist  auch  in 
einer  Lyseklyn  genannten  Torfart  von  Jylland,  so  wie  in  den  frischen 
und  abgefalleaen  Nadeln  der  Nadelhölzer  enthalten.  • — Es  kristallisirt  nicht, 
schmilzt  zwischen  75  — 76°.  — Die  Analyse  des  Boloretins  aus  frischen 
Fichtennadeln  gab:  79,60  Kohlenstoff,  11,01  Wasserstoff  und  9,39  Sauer- 
stoff; in  anderen  Analysen  wurde  weniger  Kohlenstoff  und  mehr  Sauerstoff 
und  Wasserstoff  erhalten,  so  dafs  F.  darnach  die  Formeln  C40 II64  -4-  3aq, 
■4-  5aq  und  4-  6aq  berechnete.  (Amial.  der  Chem.  u.  Pharm,  ßd.  41. 
S.  39.) 

Asphalt , Erdpech , Judenpech  ist  ein  auf  dem  todten  Meere,  an  einem 
See  auf  Trinidat,  bei  Arlona  in  Albanien,  bei  Coxitambo  in  Südamerika 
verkommendes  Erdharz.  Es  schmilzt  etwas  über  100°,  ist  leicht  ent- 
zündlich, verbrennt  mit  leuchtender,  stark  rufsender  Flamme  und  hinter- 
läfst  wenig  Asche.  Bei  der  trockenen  Destillation  giebt  er  brenzliches  Del, 
etwas  Ammoniak,  brennbare  Gase  und  hinterlüfst  % seines  Gewichtes 
Kohle.  Er  ist  in  Wasser  ganz  unlöslich,  absoluter  Alkohol  zieht  5 p.  c. 
eines  gelben  Harzes  aus,  Aether  löst  weitere  70  p.  c.  eines  schwarz- 
braunen  Marzös  auf,  welches  sich  auch  in  Steinöl  und  ätherischen  Oelen 
löst.  Der  in  Alkohol  unlösliche,  in  Aether  schwerlösliche  Theil,  von 
Boussingault  Asphaltene  genannt,  wird  von  Steinöl  und  Terpentinöl  leicht 
gelöst,  ist  schwarz,  glänzend,  von  muschligem  Bruch,  erweicht  erst  bei 
800°,  und  zersetzt  sich,  ehe  er  vollkommen  schmilzt.  Er  enthält  75,5 
Kohlenstoff,  9,3  Wasserstoff  und  14,8  Sauerstoff,  was  der  Forme!  C20 
H51  03  entspricht.  Der  Asphalt  scheint  sehr  veränderliche  Mengen  der  nä- 
heren Bestandteile  zu  enthalten;  so  besteht  der  von  Coxitambo  fast  nur 
aus  Asphaltene  t Boussingault ).  Schwefel-  und  Salpeter-Säure  zersetzen 
ihn,  indem  sich  sogenannter  künstlicher  Gerbstoff  bildet.  Kali  löst  ihn  zum 
Theil  mit  schwarzer  Farbe. 

Bergtheer  kommt  besonders  im  Departement  Niederrhein , auch  in  Han- 
nover vor.  Er  stellt  öem  Asphalt  sehr  nahe  und  enthält  wie  dieser  e4u 


Asphalt,  Petroleum. 


IMS 


festes,  dem  Asphalt  ähnliches,  und  ein  flüssiges,  dem  Petroleum  sehr 
nahe  kommendes  Oel,  welches  Boussingault  Petrolhie  nennt.  Es  kocht 
bei  380°,  hat  ein  spec.  Gew.  von  0,89,  brennt  mit  leuchtender  Flamme, 
löst  sich  wenig  in  Alkohol,  leicht  in  Aether,  und  besteht  aus  88,5  Koh- 
lenstoff und  11,5  Wasserstoff,  was  dem  Veyhältnifs  Cs  H8  entspricht.  Nach 
dem  spec.  Gew.  seines  Dampfes  ist  seine  Formel  C20  H5V  Der  Bergtheer 
von  Hannover  hinterläfst  bei  der  Destillation  nach  Lampadius  keinen  Asphalt, 
sondern  einen  kohligen  Rückstand.  Die  Benutzung  des  Bergtheers  zu 
Asphalt-Cäment , Mastic  bitumineux  ist  hinlänglich  bekannt.  Boussingault 
betrachtet  das  Asphaltene  als  ein  Oxyd  des  Petrolens;  es  beträgt  an  15 
p.  c.  des  Bechelbronner  Bergtheers. 

Elastisches  Erdharz  findet  sich  in  Derbysbire  und  Montrelais;  von 
Johnston  untersucht.  Es  verliert,  bis  zu  11?°  erhitzt,  an  Gewicht,  unter 
Verflüchtigung  eines  stark  riechenden  Kohlenwasserstoffs,  ist  weich,  ela- 
stisch und  enthält  85,4  — 88,1  Kohlenstoff  und  1.3,5 — 13,3  Wasserstoff  in 
den  verschiedenartigsten  Varietäten. 

Naphteine  haben  Joubert  und  Desvaux  einen  Im  üebergangskalk  im 
Departement  Maine  et  Loire  verkommenden  Körper,  der  sich  den  vorher- 
gehenden anreiht,  genannt.  Er  ist  durchscheinend  gelblichgriio,  an  der 
Luft  wird  er  unklar  und  rothgelb,  hat  eine  gelatinöso  schmierige  Consi- 
etenz,  fühlt  sich  fettig  an,  schmilzt  bei  51°,  schwimmt  auf  Wasser,  löst 
sich  in  kochendem  Alkohol,  Aether  und  Terpentinöl,  macht  auf  Papier 
Fettflecken,  entzündet  sich  nicht  auf  glühenden  Kohlen,  raucht  aber  und 
riecht  nach  FA*tt. 

Petroleum , Steinöl , Naphta  ist  eia  flüchtiges  Oel,  welches  sich  in 
den  jüngsten  Erd-Formationen  an  mehreren  Orten,  besonders  an  der  Nord- 
westseite des  Caspischen  Meeres,  im  Thonmergel,  den  es  ganz  durchtränkt, 
findet  und  daraus  häufig  mit  Wasser  hervorquillt.  Auch  in  Europa  findet 
es  sich  an  vielen  Stellen,  z.  B.  bei  Tegernsee  in  Bayern,  bei  Neufchatel, 
in  Frankreich  im  Departement  l’Ain.  Man  sammelt  es  durch  (graben  von 
SO  Fufs  tiefen  Brunnen.  Die  reinste  Sorte  wird  Naphta , die  mehrfach 
verunreinigte  Petroleum  genannt;  erstere  ist  gelblich,  von  0,753  spec. 
Gew.,  und  hinterläfst  bei  der  Destillation  mit  Wasser  nur  wenig  Rück- 
stand; das  letztere  ist  braunroth,  von  0,83  — 0,88  spec.  Gew.,  und  hin— 
terläfst  bei  der  Destillation  viel  einer  braunen  zähen  Masse,  eine  darin 
gelöste,  dem  Erdpech  analoge  Substanz.  Bei  der  Destillation  des  Steinöls 
ohne  Wasser  erhält  man  stets  nur  einen  Theil,  der  Rest  verharzt  und 
brennt  an.  Nach  Unverdorben  enthält  es  ein  bei  95°,  ein  zweites  bei 
113°  und  ein  drittes  erst  bei  313°  übergehendes  Oel;  der  Rückstand  in 
der  Retorte  enthält  etwas  Bergtalg  und  Harz.  Das  Steinöl  ist  leicht  flüch- 
tig, es  verdampft  an  der  Luft,  und  dieses  Gemenge  brennt  wie  ölbilden- 
des Gas,  ohne  aber  durch  den  elektrischen  Funken  zu  explodiren.  In 
Wasser  ist  das  Oel  unlöslich,  mischt  sich  in  allen  Verhältnissen  mit  was- 
serfreiem Weingeist,  eben  so  mit  Aether,  fetten  und  flüchtigen  Oelen. 
Schwefel  und  Phosphor  werden  beim  Kochen  davon  in  geringer  Menge 
gelöst.  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  wirken  auf  rectificirtes  Steinöl 
nicht  zersetzend,  wodurch  eine  Verfälschung  mit  Terpentinöl  leicht  zu 
entdecken.  Chlor  verbindet  sich  damit  unter  Salzsäureentwickelung  zu 
einem  öligen  Körper.  Alkalien  und  Kalium  wirken  nicht  darauf;  daher 
benutzt  man  es,  um  Kalium  darunter  aufzubewahren  und  vor  dem  Luft- 
zutritt zu  schützen.  In  der  Medicin  wird  es  nicht  viel  angewandt;  seine 
allgemeinste  Benutzung  ist  zur  Erleuchtung  an  Orten,  wo  sein  Rauch  nicht 
beschwerlich  werden  kann.  — Es  ist  von  vielen  Chemikern  änalysirt,  und 
der  Kohlenstoffgehalt  in  den  flüchtigeren  Theilen  stets  geringer  als  in  den 
bei  höherer  Temperatur  siedenden  gefunden  worden.  Daher  variiren  auch 
die  Resultate  ihrer  Analysen  zwischen  85,4  und  88,4  Kohlenstoff  und 
14,3  — 13,7  Wasserstoff.  Das  spec.  Gew.  seines  Dampfes  fand  SMimas  Qiit 
dem  nach  der  Formel  Cs  Hs  berechneten  übereinstimmend. 


1316 


Rufs. 


In  manchen  Sorten  Petroleum  hat  Gregor y Paraffin  als  Bestandteil 
nachgewiesen. 

Nach  Reichenbach  geben  die  gewöhnlichen  Steinkohlen,  mit  Wasser 
destillirt,  ein  flüchtiges  Oel,  was  in  vielen  Eigenschaften  sich  dem  Petro- 
leum gleich  verhält. 

Rufs. 

Bei  der  unvollkommnen  Verbrennung  von  organischen  Materien  ent- 
steht Rauch  und  Rufs , der  sich  an  kälteren  Orten  zum  Theil  als  eine 
lockere,  glanzlose,  pulvrige,  FLatterrufs , zum  Theil  an  wärmeren  als 
eine  glänzende,  dichte,  schwarze  Masse,  Glanzrufs  QFuligo  splendensj, 
anlegt.  Dieser  wurde  von  Braconnot  untersucht.  Er  fand  darin  saures 
Brandharz,  theilvveise  mit  Basen,  die  aus  der  Asche  mit  fortgerissen  wur- 
den, gesättigt,  ferner  Kohle,  welche  von  der  unvollständigen  Verbrennung 
von  Kohlenwasserstoff  und  Brandöl  herrührt,  deren  Wasserstoff  sich  oxi- 
dirte,  ohne  dafs  der  Kohlenstoff  zugleich  verbrennen  konnte.  Ferner  fand 
er  stickstoffhaltigen  extractartigen  Stoff,  Humin,  Asbolin.  Dieses  erhält 
mau  rein,  wenn  Flatterrufs  mit  Wasser  ausgekocht,  die  Lösung  verdampft, 
wieder  in  Wasser  gelöst,  mit  Salzsäure  versetzt,  der  pechähnliche  Nie- 
derschlag mit  kaltem  Wasser  gewaschen,  dann  ausgekocht,  das  Decoct 
nach  dem  Erkalteu  abfiltrirt,  abgedampft  und  so  oft  in  heifsem  Wasser 
gelöst  wird,  bis  sich  beim  Erkalten  nichts  mehr  ausscheidet.  Beim  Ab- 
dampfen bekommt  man  eine  firnifsartige  Masse,  die  man  mit  Alkohol  ex- 
trahirt,  die  Lösung  verdampft,  den  Rückstand  mit  Aether  behaudelt,  der 
bei  seiner  Verflüchtigung  das  Asbolin  rein  liio terläfst  als  ein  gelbes,  sehr 
scharfes,  bitteres,  nicht  flüchtiges  Oel,  leichter  als  Wasser,  mit  Flamme 
brennend,  ein  ammoniakaliscbes  Destillat  gebend,  etwas  in  Wasser,  leicht 
in  Weingeist,  nicht  in  Terpentinöl  und  fetten  Oelen  löslich.  Salpetersäure 
löst  es  mit  rothgelber  Farbe.  Die  Lösung  giebt  beim  Abdampfen  künst- 
liches Bitter  und  etwas  Kleesäure.  Die  wässerige  Lösung  färbt  sich  durch 
Alkalien  dunkelroth,  wird  durch  öleizucker  pomeranzeuroth  gefällt,  auch 
durch  Galläpfelinfusion,  Silbersoiatiou  wird  nach  einiger  Zeit  davon  gefällt 
unter  gleichzeitiger  Reduction.  — Der  in  einem  Schornstein  gesammelte 
Rufs  von  Torf  und  Holz,  mit  Wasser  von  allen  löslichen  Theilen  befreit, 
hinterläfst  einen  schwarzen  Rückstand,  der  sich  zum  grofsen  Theil  in  koh- 
lensaurem Natron  löst.  In  dieser  Lösung  bringt  Schwefelsäure  einen  brau- 
nen gallertartigen  Niederschlag  hervor,  der  nach  dem  Auskoclien  mit  Al- 
kohol in  der  Analyse  gab  64,4  Kohlenstoff,  5,31  Wasserstoff,  6, 79  Stick- 
stoff und  23,50  Sauerstoff.  (Mulder.') 

Kienrufs  wiid  erhalten  durch  Verbrennen  von  harzreichem  Holz  bei 
unzureichendem  Luftzutritt  in  Oefeu  mit  laugen,  liegenden,  mit  wollenem 
Tuch  ausgekleideten  Schornsteinen.  Er  besteht  der  gröfsten  Menge  nach 
aus  Kohle  (an  80  p.  c.),  die  sich  durch  alleinige  Oxidation  des  Wasser- 
stoffs von  flüchtigen  Produkten  der  Destillation  absetzte.  Er  enthält  je- 
doch stets  etwas  Brandharz,  wefshalb  er  sich  nicht  mit  Wasser  mischt, 
wenn  er  nicht  vorher  mit  Weingeist  abgerieben  wird. 

Lampenrufs  wird  vermittelst  einer  Oellampe  in  einer  den  Luftzutritt 
hemmenden  Vorrichtung  erhalten,  gegen  deren  mit  Wasser  kaltgehaltenen 
Deckel  die  Flamme  schlägt  und  daran  den  Rufs  als  feine  schwarze  Kohle 
absetzt. 

Pyrothonid , so  nennt  man  das  Produkt,  welches  erhalten  wird,  in- 
dem man  Papier,  oder  Leinwand,  in  Cylinder  gerollt,  in  der  Art  verbrennt, 
dafs  man  die  Substanz  in  ein  offenes,  flaches,  dickes  Metallgefäfs  (eiser- 
nen Kessel  u.  s.  w. , der  mit  kaltem  Wasser  umgeben  ist)  stellt  und  oben 
anzündet,  dafs  sie  langsam  herabbreunen  (ist  also  eine  Art  Theerschwclerei 
im  Kleinen).  Es  schlägt  sich  eine  braune  extractartige  Masse  von  stark 
brenzlichem  Geruch  und  Geschmack  nieder,  die  man  in  Wasser  löst,  filtrire 
und  wiedöi*  zur  dünnen  Extraotdicke  verdampft.  Es  enthält  die  Bestand- 


Pfk*n<zen-Albuinin , «öasein,  -F&rin,  1B1T 

theile  der  Rufslösung  und  trockenen  Destillation , ist  aber  stickstofffrei.  — 
Wird  jetzt  in  Frankreich  als  äufserliches  Mittel  gebraucht. 


Die  sch wefelkaitigen  Bestandtheile  der  Pflanzen 

und  Thiere. 

Unter  den  flüchtigen  Oelen  sind  mehrere  Verbindungen  beschrieben 
worden , die  sich  vor  allen  andern  durch  Mangel  oder  Abwesenheit  von 
Sauerstoff  und  einen  beträchtlichen  Gehalt  an  Schwefel  auszeichncn. 
Manche  davon,  wie  das  flüchtige  Senföl,  sind  reich  an  Stickstoff.  Man 
hat  viele  Gründe,  zu  glauben,  dafs  diese  Stoffe  in  dem  Zustande,  wie  sie 
dargestellt  werden,  nicht  fertig  gebildet  i*n  den  Pflanzen  oder  Pflanzen- 
theilen  Vorkommen,  sondern  dafs  sie  Produkte  der  Zersetzung  von  andern 
unbekannten  Schwefelverbindungen  sind. 

Aufser  diesen  Verbindungen,  wTelche  nur  einzelnen  Pflanzengattungen 
angehören,  giebfc  es  eine  Klasse,  die  sich  in  allen  Pflanzen  ohne  Unter- 
schied findet ; es  sind  diefs  gewisse  Stickstoffverbindungen , welche  reich 
an  Sauerstoff  und  vor  allen  andern  ausgezeichnet  sind  durch  einen  nie 
fehlenden  Gehalt  an  Schwefel;  sie  sind  ohne  Ausnahme  fest,  werden  in 
höheren  Temperaturen  zerlegt,  und  liefern  beim  Erhitzen  eigenthüinlich 
stinkende,  flüchtige,  schwefelhaltige,  ammoniakalische  Produkte  und  sind 
ohne  alle  medieinische  oder  giftige  Wirkungen  auf  den  thierischen  Orga- 
nismus. 

Der  eine  dieser  Pflanzenbestandteile,  das  Pflanzenalbumin,  findet  sich 
in  allen  Pflanzensäften  im  gelösten  Zustande,  in  reichlichster  Menge  in 
den  sogenannten  Gemüsepflanzen,  ferner  in  dem  weifsen  Bestandteile  der 
ölreichen  Saamen. 

Der  zweite,  das  Pflrmzencasein , ist  vorzüglich  in  den  Erbsen,  Linsen 
und  Bohnen  enthalten. 

Der  dritte,  das  Pflanzenfibrin , findet  sich  im  unlöslichen  Zustande  in 
den  Saamen  der  Cerealien,  *o  wie  in  dem  Safte  vieler  Pflanzen,  aus  denen 
es  sich  nach  dem  Auspressen  in  der  Form  eines  Coaguluins  abscheidet, 
was  gewöhnlich  durch  fettige  oder  harzige  Substanzen  grün  gefärbt  ist. 

Diese  drei  Stoffe  besitzen  den  gemeinschaftlichen  Charakter,  sich  unter 
Zersetzung  in  mäfsig  starker  Salzsäure  mit  indigo-  oder  violett-blauer 
Farbe  zu  lösen ; sie  werden  ferner  mit  Leichtigkeit  von  Kalilauge  aufge- 
löst und  geben,  damit  gekocht,  einerlei  Zersetzungsprodukte;  ein  Theil 
des  Kali’s  geht  nämlich  hierbei  in  Schwefelkalium  über,  und  wenn  der 
Schwefel  aus  der  Verbindung  durch  die  Einwirkung  des  Alkali’s  vollkom- 
men ausgetreten  ist,  so  erhält  man  aus  der  alkalischen  Lösung,  wenn  sie 
vorsichtig  mit  Essigsäure  neutraiisirt  wird,  unter  Entwickelung  von  Schwe- 
felwasserstoff, einen  gelatinösen  Niederschlag,  welcher  eine  gleiche  Zu- 
sammensetzung besitzt,  gleichgültig,  welchen  der  drei  Pflanzensfoffe  man 
dieser  Zersetzungsweise  unterworfen  hat. 

Von  der  Bildung  dieses  Körpers  her,  welcher  als  Zersetzungsprodukt 
von  Mulder  zuerst  beobachtet  worden  ist  und  von  ihm  den  Namen  Protein 
erhalten  hat,  heifsen  alle  Verbindungen,  aus  denen  er  darstellbar  ist, 
Proteinverbindungen. 

Eine  Vergleichung  der  Zusammensetzung  und  der  Eigenschaften  dieser 
an  Stickstoff  reichen  Schwefelverbindungen  mit  den  Bestandteilen  des 
Blutes  der  Thiere  hat  ergeben,  dafs  beide  nur  der  Form  nach  von  einander 
verschieden  , in  ihrem  chemischen  Verhalten  hingegen  identisch  sind. 

Der  eine  Hauptbestandteil  des  Blutes,  das  Thierfibrin , scheidet  sich 
aus  dem  Blute  ab  , wenn  es  aus  -der  Circulation  genommen  und  sich  selbst 
überlassen  wird.  Durch  diese  Abscheidung  wird  die  von  selbst  vorgehende 
Gerinnung  des  Blutes  bedingt 

Wird  frisch  gelassenes  Blut  während  des  Gerinnens  mit  einem  Stabe 
gepeitscht  oder  geschlagen,  so  hängt  sich  das  Thierfibrin  an  den  Stab  in 


*318 


Pflanzen  alb  umin. 


langen , ruhen,  elastischen  Fäden  an,  und  kann  auf  diese  Weise  von  dem 

Blute  getrennt  erhalten  werden. 

Das  in  der  Ruhe  gerinnende  Blut  trennt  sich  in  zwei  Schichten,  in 
eine  gallertartige  Masse,  in  Blutkuchen,  von  der,  wie  in  einem  Netzwerk 
von  feinen  Faden,  die  färbenden  Bestandteile  des  Blutes  eingeschlossen 
sich  befinden,  und  in  eine  meistens  schwach  trübe,  gelbliche  oder  grün- 
liche Flüssigkeit,  das  Blutserum , Bluticasser , Serum . Das  Blutwasser 
enthält  als  Hauptbestandteil  Thieralbumin. 

Die  Milch  der  Thiere  enthält  zuletzt  eine  stickstoffreiche  Schwefel- 
verbindung, die  in  ihren  Eigenschaften  und  ihrer  Zusammensetzung  mit  dem 
Pflanzencasein  identisch  ist. 


Pflanzenalbumin. 

NTur  in  dem  durch  Hitze  coagulirten  Zustand  bekannt. 

Das  Pfianzenalbumin  ist  in  den  Säften  der  Pflanzen  gelöst  enthalten, 
und  findet  sich  in  vorzüglicher  Menge  mit  Pflanzencasein  in  den  ölreichen 
Saamen.  Seine  Löslichkeit  in  den  Säften  ist  bedingt  durch  Kali  oder  Na- 
tron, oder  durch  Salze  mit  alkalischer  Basis.  (Viele  Pflanzen,  deren  Salt 
keine  Schwefelsäure  enthält,  geben  nach  dem  Einäschern  eine  Asche,  in 
welcher  schwefelsaures  Kali  nachweisbar  ist,  dessen  Säure  von  dem 
Schwefel  des  Pflanzenalburains  herrühren  mufs.)  Der  Hauptcharakter  des 
Pflauzenalbumins  beruht  in  seiner  Gerinnbarkeit,  in  seinen  Eigenschaften 
nämlich,  sich  aus  seinen  Lösungen  in  einem  unlöslichen  Zustande  abzu- 
scheiden, wenn  sie  auf  60  — 75°  erhitzt  werden.  Aus  Kartoffeln  kann 
man  sich  coagulirtes  Pflauzenalbumin  in  Menge  und  ziemlich  rein  ver- 
schaffen, wenn  sie  in  Scheiben  zerschnitten  und  mit  Wasser  übergossen 
werden,  welches  zwei  Procent  Schwefelsäure  enthält.  Giefst  man  das 
Wasser  nach  24  Stunden  ab  und  auf  frische  Kartoffeln  und  wiederholt  diefs 
noch  mehrmals,  so  erhält  man  eine  gelbliche  Flüssigkeit,  die  nach  der 
Neutralisation  mit  Alkali  beim  Sieden  in  dicken  weifsen  Flocken  gerinnt. 
Um  das  phosphorsaure  Bittererde-Ammoniak  in  Auflösung  zu  behalten,  ist 
es  gut,  einen  schwachen  Uebcrschufs  von  Säure  zu  lassen.  — In  sehr 
verdünnten  Auflösungen  bleibt  das  Pflanzenalbumin  beim  Sieden  gelöst,  es 
scheidet  sich  aber  in  diesem  Fall  beim  Abdampfen  ab ; einmal  abgeschie- 
den , ist  es  in  der  ursprünglichen  Menge  Wasser  nicht  mehr  löslich.  In 
den  durch  Auspressen  ohne  Wasserzusatz  erhaltenen  filtrirten  Säften  der 
Gemüspflanzen  entsteht  beim  Kochen  ein  weifses  oder  grünlichweifses 
flockiges  Gerinnsel,  was  nach  Behandlung  mit  Aether  und  Alkohol  reines 
coagulirtes  Pflauzenalbumin  hinterläfst;  in  seinen  Auflösungen  wird  es  durch 
Galiäpfelaufgufs,  durch  Kreosot  und  Sublimat  in  weifsen  Flocken  gefällt. 
Siehe  ferner  Syaaptase,  S.  1321.  (Die  andern  Eigenschaften  desselben 
siehe  bei  Thieraibumin.) 

Pflanzenfibrin . 

Hauptbestandteil  des  Klebers , Pflanzen  eiweif 's  (Berzelius'). 

Findet  sich  vorzüglich  in  Getreidearten,  in  reichlichster  Menge  in 
Weizen. 

Zur  Darstellung  des  Pflanzenfibrins  knetet  man  einen  festen  Teig  von| 
Weizenmehl  in  einem  reinen  Sack  von  Leinwand  oder  in  der  Hand  unter 
Wasser,  so  lange  als  dieses  durch  Aufnahme  von  Amylon  noch  milchig 
abfliefst. 

In  weit  reinerem  Zustande  erhält  man  ihn  als  Nebenprodukt  bei  der 
Bereitung  der  Weizenstärke  aus  den  aufgequollenen  ganzen  Weizenkör- 
nern, nachdem  sie  durch  Kneten  mit  Wasser  in  Säcken  von  Leinwaud 
von  allem  Stärkmehl  befreit  sind.  Vertheilt  man  diese  Hülsen  in  nicht  zu- 
viel Wasser  und  peitscht  sie  mit  einem  Besen  aus  Reisstroh  oder  mit  einer 
aus  Biikenreifsern  zusammengebuudenen  Ruthe,  so  hängt  sich  das  Pflanzen- 


Pf  lanzenfiferin. 


tato 


fibrin  an  die  Ruthe  in  Gestalt  von  langen,  durchscheinenden , zähen , ela- 
stischen Fäden  an. 

Aua  Weizenmehl  dargestellt , enthält  das  Pflanzenfibriu  Doch  kleine 
Antheile  von  Stärkmehl  und  Kleie,  sowie  phosphorsaurer  Ammoniak-Bitter- 
erde  und  fettem  Oel;  es  ist  im  frischen  Zustande  eine  blafsgraugelbliche, 
*-ähe,  dehnbare  und  klebrige  Masse , welche  die  letzteren  Eigenschaften 
einer  beigemischten  fremden  Materie  verdankt,  die  sich  durch  Behandlung 
mit  Alkohol,  in  dem  das  reine  Pflanzenfibrin  unlöslich  ist,  entfernen  läfst. 

Das  aus  den  Rückständen  der  Weizenstärke  dargestellte  Pflanzen- 
fibrin ist  frei  von  Stärke  und  mechanischen  Einmengungen.  Nach  Behand- 
lung mit  Aether  und  Alkohol  bleibt  es  rein  zurück.  Der  Aether  nimmt 
etwa  5,7  p.  c.  eines  dickflüssigen  Oeles  aus  dem  frischen  Kleber  auf. 

Itn  trocknen  Zustande  ist  das  Pflanzenfibrin  bräunliehgrau , in  dünnen 
Stückchen  hornartig  durchscheinend,  hart,  fest,  zusammenhängend,  von 
mattgiänzendem  Bruch,  schwerer  als  Wasser,  geschmack-  und  geruchlos. 
In  der  trocknen  Destillation  liefert  es  alle  Produkte  der  trocknen  Destil- 
lation animalischer  Körper,  und  hinterläfst  beim  Glühen  an  der  Luft  eine 
Alkali-freie  Asche,  welche  grofseotheils  aus  phosphorsaurem  Kalk  besteht. 
Im  feuchten  Zustande  sich  selbst  überlassen,  erweicht  es  sich  und  geht  in 
stinkende  ammoniakalische  Fäulnifs  über,  es  entwickelt  kohlensaures  und 
reines  Wasserstoffgas.  Das  trockne  Pflanzenfibriu  erweicht  sich  in  kaltem 
Wasser  und  nimmt  seine  frühere  elastische  Beschaffenheit  wieder  an,  Eeim 
Sieden  mit  Wasser  schrumpft  es  zusammen,  ohne  sich  bemerklich  zu  iösen, 
und  verliert  damit  die  Eigenschaft,  mit  Wasser  aufzuschwellen.  (Coagu- 
lirtes  Pflanzenfibrin. 

Verdünnte  Phosphorsäuro  !ös.t  das  Pflanzenfibrin  leicht  auf,  ebenso 
Essigsäure  $ die  sauren  Auflösungen  werden  durch  kohlensaures  Ammoniak 
in  weifsen,  ferner  durch  Biutlaugensalz  vollständig  in  weifsen,  durch  Gall- 
äpfeltiactur  in  graugelben  Flocken  gefällt.  In  mäfsig  concentrirten  Mineral- 
säuren ist  das  Pflanzenfibriu  nicht  löslich;  es  geht  eine  Verbindung  mit 
diesen  Säuren  ein  , die  sich  in  reinem  Wasser  löst. 

In  sehr  verdünntem  kaustischen  Kali  löst  sich  das  Pflanzenfibrin  in 
gelinder  Wärme  vollständig;  die  gesättigte  Auflösung  ist  farblos,  ohne 
alkalischen  Geschmack,  sie  wird  durch  Mineralsäuren  in  der  Form  eines 
weifsen  Gerinnsels  gefällt,  Phosphorsäure  und  Essigsäure  bringen  in  dieser 
Lösung  bei  der  Neutralisation  einen  Niederschlag  hervor,  der  sich  in  über- 
schüssiger Säure  sehr  leicht  wieder  löst. 

Das  durch  Kochen  mit  Wasser  coagulirte  Pflanzenfibrin  ist  in  ätzen- 
dem Ammoniak  nicht  mehr  löslich ; das  aus  sauren  Auflösungen  durch 
kohlensaüres  Ammoniak  gefällte  Pflanzenfibrin  enthält  Ammoniak,  was  ihm 
die  Eigenschaft  erteilt,  beim  Waschen  rothes  Lackmuspapier  blau  zu 
färben,  und  sich  nach  und  nach  zu  lösen. 

Das  in  verdünnten  Mineraisäuren  gelöste  Pflanzenfibrin  wird  durch 
Galläpfelaufgufs  und  Sublimat  gefällt,  der  Niederschlag  durch  Sublimat  ist 
in  Phosphorsäure  und  Essigsäure  löslich. 

J?flan%encasein. 

Legumin  (Braconnof).  Hauptbestandteil  der  Hülsenfrtichte,  ist  ferner 
in  den  öligen  Saamen  neben  Pflanzenalbumin  enthalten.  Nur  in  Verbindung 
mit  Säuren  oder  Alkalien,  nicht  in  reinem  Zustande  bekannt. 

Zur  Darstellung  des  Pflanzencaseins  übergiefst  man  Bohnen,  Linsen 
oder  Erbsen  mit  warmem  Wasser  und  läfst  sie  damit  so  lange  stehen,  bis 
sie  weich  und  in  einem  Porcellanmörser  zerreibbar  geworden  sind.  Den 
feingeriebenen  Brei  verdünnt  man  mit  vielem  Wasser  und  giefst  die  Mischung 
auf  ein  feines  Sieb,  auf  welchem  die  Hülsen  Zurückbleiben,  während  Amy- 
lon  und  Pflanzencasein,  das  letztere  in  der  Flüssigkeit  gelöst,  durchfliefsen. 
Beim  ruhigen  Stehen  setzt  sich  das  Amylon  zu  Boclea  und  man  kann  die 


*320 


P f 1 a n 2 e n c a « e i n. 


Auflösung  des  Pflanzencaseins  klar  abgiefson.  Sie  Ist  gewöhnlich  gelblich- 
weifs,  inilcliartig  getrübt  und  wird , an  der  Luft  stehend,  rasch  sauer, 
indem  sie  gerinnt,  ähnlich  wie  verdünnte  abgerahmte  Milch.  Die  Haupfc- 
cigenschaften  des  Pflanzencaseins  lassen  sich  an  dieser  Auflösung  am  besten 
dartbun. 

Zum  Sieden  erhitzt,  wird  sie  nicht  coagulirt;  beim  Abdampfen  entsteht 
auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  eine  Haut,  die  sich  eben  so  oft  er- 
neuert , als  man  sie  hiuwegnimmt. 

Durch  vorsichtigen  Zusatz  von  Pflanzensäuren  entsteht  sogleich  ein 
dickes  Gerinnsel,  was  durch  einen  Ueberschufs  dieser  Säuren  wieder  ver- 
schwindet; in  diesen  Auflösungen  bringen  Mineralsäuren  bleibende  Nieder- 
schläge hervor. 

Die  Auflösung  des  Pflanzencaseins  in  Wasser  wird  durch  Alkohol  zum 
Gerinnen  gebracht;  der  durch  Alkohol  gefällte  und  mit  Aether  gewaschene 
Niederschlag  ist  weifs , iin  trocknen  Zustande  halbdurehscheinend,  er  hin- 
terläfst  nach  dem  Einäschern  eine  alkalische  Asche,  welche  phosphor- 
sauren Kalk  enthält. 

Zur  Darstellung  des  reinen  Pflanzencaseins  versetzt  man  die  aus  den 
Hülsenfrüchten  nach  obigem  Verfahren  dargestellte  Auflösung  mit  sehr  we- 
nig Essigsäure  bis  zur  vollkommenen  Gerinnung,  wäscht  den  Niederschlag 
zuerst  mit  AVasser,  sodann  mit  Alkohol  und  Aether  aus,  oder  nach  Braconnot 
mit  verdünnter  Salpetersäure,  wäscht  den  Niederschlag  mit  Wasser,  kocht 
ilm  sodann  wiederholt  mit  Alkohol  aus,  und  löst  ihn  io  siedendem  Wasser, 
was  durch  etwas  Ammoniak  alkalisch  gemacht  ist.  Diese  Auflösung  schlägt 
man  zuerst  mit  Alkohol  nieder  und  wäscht  den  Niederschlag  von  reinem 
(aiamoniakhaltigem  ?)  Pflauzencasein  damit  aus.  ( Braconnot .) 

In  diesem  Zustande  besitzt  das  Pflauzencasein  das  Anseben  von  Stärke- 
kleister, es  bläut  geröthetes  Lackinuspapier  (eine  Eigenschaft,  die  sich 
beim  Trocknen  verliert)  und  stellt  getrocknet  eine  durchscheinende  glän- 
zende Masse  dar,  die  in  der  Wärme,  ohne  zu  gerinnen,  flüssig  wird. 

Im  Wasser  vertheilt  sich  das  Pfianzencasein  wie  Stärkekleister.  Mi- 
neralsäuren bringen  in  dieser  Mischung  ein  Gerinnsel  hervor;  die  nämliche 
Eigenschaft  besitzt  der  Sublimat,  Galla pfelaufgufs  und  Kreosot.  Es  löst 
sich  mit  grofser  Leichtigkeit  in  verdünnter  Weinsäure  und  Oxalsäure; 
die  Auflösung  in  Weinsäure  wird  stark  durch  Galläpfelaufgufs  und  durch 
Zusatz  von  Mineralsäuren  niedergeschlagen,  nicht  durch  Alkohol  und  Su- 
blimatlösung. Die  Verbindungen  der  schweren  Metalloxide  mit  Mineral- 
sauren  (Blei-,  Kupfer-  ete.  Salze)  bringen  in  dieser  Auflösung  Nieder- 
schläge hervor.  Wird  die  Auflösung  unter  Zusatz  von  schwefelsaurem 
Kalk  erhitzt,  so  scheidet  sich  alles  Pflanzencasein  in  der  Form  einer  un- 
löslichen Kalkverbiudung  ab.  ( Braconnot. ) 

Das  reine  Pflanzencasein  scheint  sich  in  Berührung  mit  lod  in  der  Kälte 
zu  lösen.  Die  Mischung  erhitzt,  giebt  einen  schön  citrongelben  Nieder- 
schlag, der  sich  mit  Alkohol  waschen  und  trocknen  läfst,  ohne  Aenderung 
in  seiner  Farbe;  in  kochendem  Wasser  ist  er  unlöslich,  mit  Stärkekleister 
zusammengebracht  nimmt  dieser  die  bekannte  blaue  Farbe  an;  er  löst  sich 
in  Ammoniak  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit,  durch  Zusatz  von  Salpeter- 
säure wird  er  aus  dieser  Auflösung  wieder  gefällt. 

Das  Pflanzencasein  löst  sich  mit  Leichtigkeit  in  reinen  und  kohlensau- 
ren Alkalien,  in  der  Kälte  selbst  in  verdünntem  Kalk-  und  Barytwasser; 
die  Auflösungen  des  Pflanzencaseins  in  Kali,  Natron  und  Ammoniak  erlei- 
den beim  Sieden  keine  Veränderung.  Beim  vorsichtigen  Neutralisiren  mit 
einer  Pflanzensäure  wird  das  Pflauzencasein  wieder  abgeschieden.  Die  in 
Baryt-  und  Kalkwasser  coaguliren  in  der  Hitze,  es  scheidet  sich  alles 
Pflanzencasein  in  Verbindung  mit  Kalk  oder  Baryt  im  unlöslichen  Zustande 
ab.  ( Braconnot .) 

Das  schwefelsaure  oder  salpetersaure  Pflauzencasein  (d.  h.  der  durch 
verdünnte  Schwefelsäure  oder  Salpetersäure  aus  seinen  Auflösungen  er- 
haltene Niederschlag)  giebt,  mit  kohlensaureni  Kalk  oder  Baryt  erwärmt, 
ein  an  der  Luft  fest  und  hart  werdendes  Gerinnsel,  welches  Schwefel- 


Pflanzencasein,  Emulsin. 


rm 


sauren  oder  kohlensauren  Kalk  in  chemischer  Verbindung  enthält  Alle 
Kalksalze  bringen , mit  der  aus  den  Hülsenfrüebten  direct  erhaltenen  un- 
reinen Lösung  von  Pflanzencasein  erhitzt,  diese  unlösliche  Kalkverbindum? 
hervor.  (Hartkochen  der  Hülsenfrüchte  in  Wasser,  was  Kalksalre  en t 
hält.)  ( Braconnot. ) 

Die  Verbindungen  des  Pflanzencaseins  mit  Mineralsäuren  sind  in  reinem 
Wasser  schwierig  löslich , leicht  hingegen  und  schon  in  der  Kälte  in  con- 
centrirter  Salz-  und  Schwefel-Säure;  die  letztem  Auflösungen  sind  dick 
syrupartig,  schleimig,  zähe,  das  Aufgelöste  wird  durch  Zusatz  von  reinem 
Wasser  vollständig  wieder  gefällt;  wird  die  Auflösung  in  concentrirter 
Schwefelsäure  erwärmt,  so  verliert  sie  ihre  schleimige  Beschaffenheit 
und  durch  Zusatz  von  Wasser  findet  keine  Fällung  mehr  statt;  in  diesem 
Zustande  längere  Zeit  im  Sieden  erhalten  , sodann  mit  kohlensanrem  Kalk 
gesättigt,  liefert  die  von  dem  Gyps  abfiltrirte  Flüssigkeit,  zur  Trockne 
abgedampft , einen  Rückstand,  aus  welchem  siedender  Alkohol  Leucin 
auflöst  (siehe  thierische  Faser).  ( Braconnot .) 

In  der  durch  Wasser  aus  den  Hülsenfrüchten  erhaltenen  Auflösung  von 
unreinem  Pflanzencasein  entsteht,  wenn  sie  sich  selbst  überlassen  bleibt, 
Milchsäure.  Das  sich  abscheidende  Coagulum  geht  in  stinkende  Fäulnifs 
über  und  bewirkt,  io  dem  ersten  Stadium  der  Zersetzung  Zuekerauflösun- 
gen  zugesetzt,  eine  lebhafte  Gährung.  (Kohlensäure -Entwickelung  und 
Bildung  von  Alkohol.)  ( Braconnot ) 

Nach  der  Untersuchung  von  Braconnot  enthalten  die  Erbsen  18,4  p.  c., 
die  Bohnen  18,3  Pflanzencasein,  und  neben  Amylon  etwas  Zucker,  ein 
gelbes  oder  grünes  Fett  (Chlorophyll),  sowie  Kalisalze  und  phosphorsau- 
reu  Kalk. 

Nach  den  Bestimmungen  von  Zytowieki  und  Noll  enthalten  100  Theile 
geschälter  Erbsen  4,33  Stickstoff,  wonach  sich  (den  Stickstoffgehalt  des 
Pflanzencaseins  zu  15  p.  c.  angenommen)  38  p.  c.  Pflanzencasein  berechnen. 

Emulsin , Synaptase. 

Die  in  den  öligen  Saanaen  (Mandeln,  Wallnüssen,  Buchein  etc.)  ent- 
haltene weifse  Materie  enthält  Schwefel  und  ist  reich  an  Stickstoff  Eine 
Emulsion  von  diesen  Saamen  ist  der  Thiermilch  äufserst  ähnlich ; in  der 
Ruhe  sammelt  sich  das  Oel  in  der  Form  von  Rahm  auf  der  Oberfläche  der 
Flüssigkeit,  und  die  wässerige  Flüssigkeit  wird  von  Essigsäure  ähnlich 
wie  Milch  coagulirt.  Der  Hauptunterschied  der  Saamenmilch  von  der 
Thiermilch  besteht  darin,  dafs  sie  in  der  Siedhitze  gerinnt  und  dafs  sich 
mic  dem  Oel  eine  dem  coagulirten  Eiweifs  gleiche  Materie  im  geronnenen 
Zustande  abscheidet.  Die  von  der  geronnenen  Masse  getrennte  (grünlich- 
gelbe) Flüssigkeit  wird  in  34  Stunden  sauer,  sie  setzt  ein  blendend  weifses 
Coagulum  ab  und  in  der  Flüssigkeit  findet  sich  Milchsäure.  Setzt  mau 
derselben  vor  dem  Sauerwerden  Zucker  zu,  so  gerät  dieser  in  Gährung. 
Die  faulende  Saamenmilch  verbreitet  den  Geruch  nach  Käse.  ( Soubeiran . 
Journ.  de  Pharm.  T.  XII.  p.  53,  fand  in  der  gefaulten  Masse  kein  Käsoxid.)  — > 
Der  weifse  Bestandteil  der  öligen  Saamen  ist  in  kaltem  Wasser  löslich 
und  nähert  sich  in  seinen  Eigenschaften  dem  Pflanzenalbumin , insofern  er 
durch  die  Hitze,  und  dem  Pflanzencasein,  insofern  er  durch  Essigsäure 
gerinnt.  Der  weifse  Bestandtheil  der  süfseu  und  bittern  Mandeln  übt  ferner 
eine  eigentümliche  Wirkung  auf  das  Amygdalin  aus,  und  es  ist  von  Äo- 
oiquet  gezeigt  worden,  dafs  sie  einer  leicht  veränderlichen  Materie  angehört 
(Synaptase),  die  in  den  andern  öligen  Saamen  fehlt.  Durch  Behandlung 
mit  Aether  und  kochendem  Alkohol  scheinen  die  Eigenschaften  des  weifseu 
Bestandteils  der  öligen  Saamen  übrigens  eine  wesentliche  Veränderung 
zu  erleiden,  wenigstens  haben  Robiquet  und  Boutron  gezeigt,  dafs  die 
mit  kochendem  Alkohol  behandelte  Kleie  von  bittern  Mandeln  an  kaltes 
Gttigtr’s  Pharmncie . /.  (5te  Aufl ,)  84 


1322 


Fungin,  Calendulin. 


Wasser  eine  reichliche  Menge  löslicher  Materie  abgiebt , welche  dem  Was- 
ser eine  schleimige  Beschaffenheit  ertheilt.  Diese  Auflösung  der  Siedhitze 
ausgesetzt,  wird  trübe  und  dick,  ohne  zu  gerinnen.  Beim  Erkalten  nimmt 
sie  die  Beschaffenheit  von  Kleister  an  und  wird  beim  Erwärmen  flüssiger. 

Alle  diese  Körper  bedürfen  einer  genaueren  Untersuchung. 

In  dem  Maismehl  oder  Welschkorn  (Zea  Mais)  fand  Gorham  eine  ei- 
gene, zähe,  klebende  Substanz  von  vvachsgelber  Farbe,  die  er  Zein  nannte 
(Journ.  d.  Phys.  93,  156).  Bizio  zerlegte  dasselbe  in  Gliadin , Zymon 
und  fettes  Del  ( Schweigger’s  Journ.  f.  Ch.  n.  R,  Bd.  7.  S.  377).  Nach  neue- 
ren Versuchen  enthält  das  Welschkorn  4 pCt.  eines  gelben,  durch  Aether 
ausziehbaren,  fetten  Oels. 

Fungin . 

Diese  Substanz  macht  die  Hauptmasse  der  Pilze  ( Schwämme'}  aus. 
Eine  weifsliche,  zellig-fibrose , im  feuchten  Zustande  weiche,  etwas  ela- 
stische, fade  schmeckende  Substanz.  Liefert  in  trockner  Destillation  nicht 
unbeträchtlich  Ammoniak.  Es  verbrennt,  an  der  Luft  entzündet,  mit  Flamme; 
bildet,  mit  Salpetersäure  destillirt,  Blausäure,  künstlichen  Gerbestoff,  soge- 
nanntes künstliches  Bitter,  Kleesäure  und  eine  fettige  Substanz,  ln  kocheuder 
Kalilauge  löst  es  sich  fast  vollständig  zu  einer  seifenartigen  Verbindung  auf. 

Calendulin . 

Dieser  in  der  Ringelblume  ( Calendula  officinalis)  von  Geiger  und 
nachher  von  Stoltze  gefundene  eigenthiiraliche  Stoff  scheint  dem  Entdecker 
dem  Gliadin  nahe  zu  stehen.  — Man  erhält  es  aus  den  Blättern  und  Blu- 
men der  Ringelblume,  indem  man  sie  mit  Weingeist  auszieht,  verdunstet, 
das  Extract  mit  Wasser  behandelt,  dann  den  unlöslichen  Rückstand  mit 
Aether  digerirt.  Das  darin  Unlösliche  ist  Calendulin.  — Eigenschaften : 
Eine  weifsgelbliche  durchscheinende  Masse  von  festem  Zusammenhang; 
geschmack-  und  geruchlos.  Unlöslich  in  Wasser,  schwillt  aber  damit  zu 
einer  häutigen  elastisch  zähen,  sehr  klebenden  Masse,  und  dann  zu  einer 
Gallerte  auf.  In  Verbindung  mit  den  übrigen  extractiven  Theilen  der 
Pflanze  ist  es  löslich  in  Wasser  und  ertheilt  dem  wässerigen  Auszug  die 
Eigenschaft,  selbst  bei  grofser  Verdünnung  iu  der  Kälte  gallertartig  zu 
gestehen.  Ist  leichtlöslich  in  Weingeist,  die  etwas  Wasser  haltende  gei- 
stige Lösung  hinterläfst  beim  Verdampfen  das  Calendulin  als  eine  weifse, 
durchscheinende  Gallerte.  Unlöslich  in  Aether  und  ätherischen  Oelen. 
Aber  in  ätzenden  wässerigen  Alkalien  ist  es  leicht  löslich,  .Säuren  fällen 
es  daraus  in  Flocken , welche  auf  Zusatz  von  Alkohol  verschwinden.  Auch 
in  concentrirter  Essigsäure  ist  es  leichtlöslich,  Wasser  fällt  es  daraus  in 
Flocken.  — Mit  Bassorin  oder  einer  ähnlichen  schleimigen  Substanz  kann 
es  hiernach  nicht  zusammengeworfen  werden.  Dieser  Körper  scheint  übri- 
gens keinen  Stickstoff  zu  enthalten  ( llofmann ).  (Vergi.  Dissertatio  de 
Calendula  ©fficinali  etc.  auctore  Ph.  L . Geigero , Heidelbergae  1818.) 


Anhang  zu  den  s chwef eihaltigen  Bestandtheilen  der 

Pflanzen. 

In  Pflanzensäften  ist  das  Pffanzenalbumin  in  Verbindung  mit  Alkalien, 
mit  Kali  und  Natron  enthalten,  denen  es  seine  Löslichkeit  verdankt;  es 
findet  sich  vorzüglich  in  denjenigen  Pflanzensäften,  welche,  wie  dei  Saft 
der  Gemüspflanzen,  keine  saure  Reaction  besitzen;  in  dem  Traubensaft, 
sowie  in  andern,  welche  durch  organische  Säuren  eine  saure  Reaction 
erhalten,  scheint  Pflanzencasehu  enthalten  zu  seyn.  Doch  sind  hierüber 
keine  nähere  Untersuchungen  bekannt.  Das  Pflanzeucasein  in  den  Hülsen- 
früchten  enthält  eine  reichliche  Menge  Kali  in  chemischer  Verbindung. 
Das  Pflanzenfibrin  hinterläfst  nach  dem  Verbrennen  eiDe  alkaiifreie  Asche. 


Kleber,  Gliadin,  Mn  ei  n. 


13£3 


Mit  dem  durch  Siedhitze  in  Pflanzeüsäffen  coagulirenden  Pflauzen- 
albumin  scheiden  sich  fette,  meistens  kristallisirende , gelb  oder  grün  ge- 
färbte Materien  ab,  die  sich  durch  Aetlier  oder  Alkohol  davon  trennen 
lassen ; ebenso  ist  das  aus  seinen  wässerigen  Auflösungen  sich  von  selbst 
abscheidende  (milchsaure)  pflanzencasein  begleitet  von  Fett,  und  aus  dem 
Pflanzenfibrin,  was  dem  ausgeprefsten  Saft  der  Gräser  die  unklare  und 
trübe  Beschaffenheit  giebfc,  läfst  sich  durch  Aether  ebenfalls  ein  Fett  in 
schönen,  klaren,  durchsichtigen  Kristallen  atisziehen.  Diese  Materien 
sind  nicht  näher  untersucht. 

Die  zähe  klebrige  Beschaffenheit  erhält  das  aus  Weizenmehl  darge- 
stellte Pflanzenfibrin  durch  einen  in  andern  Säuren  selten  vorkonimenden 
Bestandteil , der  sich  durch  wiederholtes  Auskochen  mit  Alkohol  davon 
trennen  läfst.  Die  weingeistige  Auflösung  setzt  beim  Verdampfen  diesen 
Stoff  in  Gestalt  eines  sehr  zähen  klebrigen  Syrups  ab,  der,  mit  Aether 
behandelt,  ein  Fett  abgiebt  und  trocken  die  äufsere  Beschaffenheit  des 
Horns  besitzt.  Dieser  Stoff  löst  sich  leicht  in  ätzendem  Ammoniak  zu  einer 
trüben  Flüssigkeit,  welche,  zum  Sieden  erhitzt,  beim  vorsichtigen  Zusatz 
von  Essigsäure  ein  weifses  Gerinnsel  absetzt,  nicht  unterscheidbar  in  sei- 
nem Ansehen  von  frisch  geronnenem  Käse.  Dieses  Gerinnsel  enthält 
Schwefel  und  ist  in  seiner  Zusammensetzung  von  dem  des  Pflanzenalbumins 
nicht  verschieden.  Von  seinen  klebenden  Eigenschaften  her  hat  das  roho 
aus  Weizenmehl  dargestellte  Pflanzenfibrin  den  Namen  Kleber,  die  kle- 
bende Substanz  Gliadin , Pflanzenleim  erhalten. 

Eine  Materie  von  gleichem  chemischen  Verhalten  erhält  man  beim  Aus- 
kochen von  Roggenniehl  mit  Alkohol  in  dieser  Flüssigkeit  gelöst.  Sie 
kann  durch  Zusatz  von  Wasser,  oder  Abdampfen,  Behandlung  des  Rück- 
standes mit  Aether  rein  erhalten  werden.  In  diesem  Zustande  ist  sic 
bräunlich,  hart  wie  Horn,  zähe,  klebend,  unlöslich  in  Wasser  und  Aether; 
ihre  weingeistige  Lösung  wird  durch  Sublimat,  Gerbesäure  und  Bleizucker 
gefällt;  gegen  Ammoniak,  Kali  verhält  sie  sich  wie  das  Gliadin.  Wird 
die  concentrirte  Auflösung  in  Aetzkali  unter  Zusatz  von  etwas  essigsau- 
rem Bleioxid  gekocht,  so  wird  die  Flüssigkeit  nach  einiger  Zeit  schwarz 
wie  Dinte,  von  gebildetem  Schwefeiblei.  In  Essigsäure  löst  sie  sich  leicht; 
in  concentrirter  Salzsäure  mit  purpurrother  Farbe  {Held).  In  100  Theilen 
enthält  sie  56,88  Kohlenstoff,  7,87  Wasserstoff,  15,83  Stickstoff,  19,92 
Sauerstoff  (und  Schwefel).  {Held.) 

Eine  dritte  Substanz  von  schleimiger  Beschaffenheit  hat  Saussure  aus 
dem  rohen  Kleber  dargestellt  und  ihr  den  Namen  Mucin  gegeben. 

Werden  Pflanzensäfte,  welche  frei  von  Gerbesäure  und  Gallussäure 
sind,  bei  Zutritt  der  Luft  in  höherer  Temperatur  abgedampft,  so  scheidet 
sich  das  in  ihnen  gelöste  Pflanzenalbumin  sogleich  oder  beim  Abdampfen 
ab.  Dasselbe  geschieht  mit  dem  darin  gelösten  Pflanzencasein ; bei  dieser 
Abscheidung  findet  Sauersteffaufuahme  aus  der  Luft  statt,  das  Extraet  löst 
sich  nicht  mehr  vollständig  in  Wasser,  sondern  liinterläfst  eine  in  Wasser 
und  Alkohol  unlösliche,  meist  schwarze  oder  braune  Substanz,  welche 
auf  glühenden  Kohlen  einen  stinkenden  Horngeruch  verbreitet.  Dieser 
Extraet- Absatz  ist  früher  mit  dem  Namen  stickstoffhaltiger  Extractivstoff 
bezeichnet  worden , er  besteht  hauptsächlich  aus  Pflanzenalbumiu  oder 
Pflanzencasein,  welche  durch  die  Einwirkung  der  Luft  eine  (nicht  näher 
untersuchte)  Veränderung  erlitten  haben. 

Alle  Pflanzensäfte  erleiden,  frisch  ausgeprefst  und  der  Luft  ausgesetzt, 
eine  Veränderung  in  ihrer  Beschaffenheit,  sie  färben  sich  mehr  oder  we- 
niger dunkel,  manche  braun  oder  schwarz,  und  werden  trübe;  diese  Ver- 
änderung beschränkt  sich  anfänglich  auf  die  Schwefel-  und  Stickstoff- 
haltigen ßestandtheile  des  Saftes;  einmal  eingetreten  wird  sie,  wenn  der 
Saft  Zucker  und  andere  leicht  veränderliche  stickstofffreie  Materien  ent- 
hält, auf  diese  übertragen  und  es  tritt  die  sogenannte  geistige  Gährung 
ein,  in  welcher  sich  die  Zersetzung  des  stickstoffhaltigen  Bestandteils  im 
Safte  vollendet.  Meistens  erhöht  sich  hierbei  die  Temperatur  der  gähren- 
den  Flüssigkeit  und  es  scheidet  sich  ein  schmutziggelber  oder  grauer  Bo- 


1324 


Pflanzensäft  e. 


densatz  ab , bekannt  unter  dem  Namen  Hefe  oder  Ferment.  Die  stickstoff- 
freien Bcstandtheile  der  Säfte , namentlich  der  Zucker,  zerlegen  sich  hierbei 
in  Alkohol  und  Kohlensäure,  oder  in  Milchsäure,  Schleim  und  Mannit; 
das  relative  Verhältnis  dieser  Produkte  steht  mit  der  Temperatur  der 
gährenden  Flüssigkeit  in  einer  bestimmten  Beziehung,  und  mit  der  Art 
und  Weise  der  Umsetzung,  in  der  sich  die  Bestandtheile  der  stickstoff- 
haltigen Substanz  befinden. 

Wenn  die  Umsetzung  der  Bestandtheile  des  Zuckers  vollendet  ist  und 
cs  bleibt  noch  stickstoffhaltige  Substanz  im  Safte  gelöst,  so  hört  bei  Ab- 
schlufs  der  Luft  die  weitere  Veränderung  auf.  Bei  Zutritt  der  Luft  hin- 
gegen fährt  diese  Substanz  fort,  Sauerstoff  aufzunehmen,  und  der  Act 
dieser  Oxidation  überträgt  sich  auf  den  Alkohol,  er  wird  in  Essigsäure 
übergeführt.  Bleiben  in  dem  gebildeten  Essig  noch  Materien  zurück , wel- 
che die  Fähigkeit  haben,  Sauerstoff  aufzuuehmen,  so  verschwindet  nach 
und  nach  die  Essigsäure  und  es  erzeugen  sich  neue,  nicht  näher  unter- 
suchte Produkte. 

Ist  die  Menge  des  Zuckers  in  den  Pflanzensäften  überwiegend,  so  geht 
der  gelöste  stickstoffhaltige  Körper  in  den  Zustand  der  unlöslichen  liefe 
über,  und  der  Zucker  in  dem  davon  getrennten  gegohrnen  Saft  erleidet 
keine  weitere  Veränderung  mehr. 

Bei  Gegenwart  von  Weinsäure  im  gährenden  Safte  bilden  sich  Aether- 
arten  (Oenanthsäureäther),  welche  den  gegohrnen  Flüssigkeiten  einen  ei- 
gentümlichen Geruch  ertheilen.  (In  einem  Versuche,  in  welchem  man 
einen  vom  fetten  Oel  befreiten,  bereits  in  Zersetzung  übergegangenen 
wässerigen  Auszug  von  süfsen  Mandeln  mit  Zucker  gähren  liefs,  wurde 
durch  Destillation  reiner,  mit  Wasser  abscheidbarer  Essigäther  erhalten. 
«7 . 1/.) 

Man  unterscheidet  Obergührung , Unter g ähr ung , Nachgährung.  Die 
Obergährung  findet  bei  Abschlufs  oder  unvollkommenem  Zutritt  der  Luft, 
die  Untergährung  bei  vollem  Zutritt  der  Luft  in  weiten  offenen  Gefäfsen 
statt.  Durch  eine  niedere  Temperatur  (10—12°  C.)  wird  die  Essigbildung 
bei  der  Untergährung  gehindert.  Die  bei  Ausschlufs  der  Luft  gegohrne 
Flüssigkeit  behält,  wenn  der  Saft  arm  war  an  Zucker,  das  Vermögen, 
Sauerstoff  aufzuuehmen,  wodurch  Essigbildung  herbeigeführt  wird.  In  der 
Untergährung  wird  die  Abscheidung  der  stickstoffhaltigen  Substanz  voll- 
kommen bewirkt ; je  nach  dem  Grade  ihrer  Entfernung  vermindert  sich 
das  Vermögen  der  gegohrnen  Flüssigkeit,  in  Essig  überzugehen;  bei  voll- 
kommener Abscheidung  wird  sie  nicht  mehr  sauer. 

Nachgährung  nennt  man  die  fortschreitende  Veränderung  der  letzten 
Reste  von  Zucker  und  stickstoffhaltiger  Substanz;  es  ist  eine  Art  Unter- 
gährung, welche  durch  den  unvollkommenen  Luftzutritt  sehr  verlangsamt 
wird. 

Werden  Pflanzensäfte,  welche  die  Fähigkeit  haben,  in  Gährung  über- 
zugehen, oder  schon  in  Gährung  befindliche,  in  verschlossenen  Gefäfsen 
auf  100°  erhitzt,  so  hört  alle  weitere  Veränderung  völlig  auf,  sie  tritt 
erst  mit  der  Berührung  mit  dem  Sauerstoff  der  Luft  wieder  ein. 

Werden  frische  Pflanzentlieile , deren  Saft  Zucker  und  Pflanzencasein 
enthält,  mit  oder  ohne  Zusatz  von  Kochsalz,  sich  selbst  überlassen,  so 
entsteht  nach  und  nach  milchsaures  Pflanzencasein,  was  in  Fäulnifs  (Gäh- 
rung) übergeht  und  seinen  Zustand  der  Zersetzung  den  löslichen  Bestand- 
teilen des  Saftes  mittheilt.  Der  Zucker  verwandelt  sich  in  Milchsäure, 
und  die  Pflanzentlieile  nehmen  den  Geruch  von  altem  Käse  an  ( Sauer- 
kraut, saure  Rüben,  gekochte  unreife  oder  reife  ErbsenJ.  Die  grünen 
Schoten  von  Bohnen , welche  eine  reichliche  Menge  Pflanzenalbumin  ent- 
halten , werden  unter  diesen  Umständen  nicht  sauer.  Auf  eine  ähnliche 
Weise  verhalten  sich  feuchte  Pflanzenstoffe  (Mehl),  welche  Pflanzenfibrin 
und  der  Lösung  fähige  stickstofffreie  Materien  enthalten. 

Das  Pflanzenfibrin,  in  dem  Zustande,  wie  es  in  dem  Weizenmehl  ent- 
halten oder  frisGh  daraus  dargestellt  (also  vor  dem  Auskochen  mit  Alko- 
hol), geht  bei  Gegenwart  von  Wasser  unausgesetzt  einer  Veränderung 


Diastase.  1325 

entgegen , und  äufsert  in  den  verschiedenen  Perioden  dieses  Zustandes  eine 
sehr  merkwürdige  Einwirkung  auf  Stärkmehl. 

Setzt  man  einem  dünnen  Kleister  von  Kartoffelstärkrachl  das  gleiche 
Gewicht  an  Weizenmehl  hinzu  und  setzt  diese  Mischung  einige  Stunden 
lang  einer  Temperatur  von  60  — 70°  aus,  so  verliert  sie  ihre  kleisterartige 
Beschaffenheit  und  wird  dünnflüssig,  zuletzt  süfs;  sie  kann  durch  Hefe  iu 
Gährung  gesetzt  werden  und  liefert  Alkohol  und  Kohlensäure.  Die  Kar- 
toffelstärke findet  sich  theils  in  Dextrin , theils  in  Zucker  verwandelt. 
Wendet  man  anstatt  des  Weizenmehls  frischen  Kleber  an,  so  wird  durch 
seine  Einwirkung  auf  den  Stärkekleister  die  Mischung  durchsichtig  und 
klar.  Bei  dieser  Zuckerbildung  bildet  sich  etwas  Kohlensäure,  sie  findet 
übrigens  statt  bei  völligem  Ausschlufs  der  Luft.  (De  Saussure.') 

Manche  Mehlsorten,  oder  Saamen,  die  fertig  gebildetes  Dextrin  oder 
eine  dieser  ähnlichen  Substanz  enthalten,  wie  Roggenmehl,  werden,  mit 
Wasser  von  65— -70°  zu  einem  dicken  Brei  angerührt,  schon  nach  3—4 
Stunden  durchsichtig  und  sehr  süfs. 

Bei  dieser  Umwandlung  wird  der  die  Zerlegung  bewirkende  Theil  des 
Pflanzenfibrins  löslich  in  der  Flüssigkeit  (irn  Wasser). 

Am  vollkommensten  geht  die  Üeberführung  des  Pflanzenfibrins  in  eine 
lösliche  Materie,  welche  die  Eigenschaft  besitzt,  Stärkmebl  und  Dextrin 
in  Zucker  überzuführen,  bei  dem  Keimungsprocefs  der  Pflanzenfibrin- 
haltigen Saamen  vor  sich.  Ein  klarer,  mäfsig  concentrirter,  kalter  oder 
warmer  Auszug  von  gekeimter  Gerste  oder  Weizen  (Malx),  mit  Stärk- 
mehlkleister in  einer  75°  C.  nicht  übersteigenden  Temperatur  in  Berührung, 
macht  den  Kleister  in  einigen  Minuten  dünnflüssig,  und  bewirkt  die  völlige 
Verwandlung  des  Stärkmehls  in  Traubenzucker  nach  einigen  Stunden.  Je 
nach  der  Menge  des  augewendeten  Gerstenmalzes  ist  die  Verwandlung 
des  Stärkmehls  mehr  oder  weniger  vollkommen.  100  Stärkmehl,  1000 
Wasser  und  25  Th.  Gerstenmalz  lieferten  Dubrunfaut  90  Th.  Zucker;  bei 
Anwendung  von  weniger  Gerstenmalz  bleibt  ein  Theil  der  Stärke  unver- 
ändert, oder  er  findet  sich  in  der  Auflösung  als  Dextrin. 

Die  in  dem  Keimungsprocefs  gebildete  Substanz  hat  von  Payen , der 
sie  mit  Person  entdeckte,  den  Namen  Diastase  erhalten ; sie  wird  nach 
ihm  auf  folgende  Weise  erhalten. 

Diastase.  Frisch  gekeimte  Gerste  wird  in  einem  Mörser  mit  der  Hälfte 
ihres  Gewichtes  Wasser  zu  einem  Brei  zerrieben  und  in  einem  Sack  von 
Leinwand  stark  ausgeprefst.  Man  setzt  der  ablaufenden  Flüssigkeit  nicht 
mehr  Alkohol  zu,  als  nöthig  ist,  um  ihre  schleimige  Beschaffenheit  aufzu- 
heben und  um  sie  filtrirbar  zu  machen.  Hierdurch  wird  eine  stickstoff- 
haltige Materie  gefällt,  welche  als  Pflanzenalbumin  betrachtet  werden 
mufs,  da  sie  durch  eine  Temperatur  von  75°  zum  Gerinnen  gebracht  wer- 
den kann.  Nach  der  Absonderung  derselben  setzt  man  aufs  Neue  so  lange 
Alkohol  hinzu,  als  noch  Trübung  bewirkt  wird.  Der  Niederschlag  wird 
durch  wiederholte  Auflösung  in  Wasser  und  Fällungen  mit  Alkohol  gerei- 
nigt. Man  sammelt  den  zuletzt  erhaltenen  Niederschlag  auf  eiuem  Filter, 
nimmt  ihn  noch  feucht  davon  ab  und  trocknet  ihn,  in  dünne  Schichten  auf 
Glas  ausgebreitet,  bei  40  — 50°. 

Man  kann  auch  die  gekeimte  Gerste  mit  ihrem  gleichen  Volum  Wasser 
auf  75°  erhitzen,  wodurch  das  Pflanzenalbumin  in  der  Gerste  coagulirt 
wird.  Wird  die  Masse  nun  ausgeprefst,  so  erhält  man  eine  Lösung  von 
Zucker,  färbender  Substanz  und  von  Diastase  im  Wasser,  die  man  filtrirt 
und  mit  Alkohol  fällt.  Der  Niederschlag  ist  unreine  Diastase,  sie  scheidet 
sich  in  Flocken  ab,  die  man  auf  einem  Filter  sammelt  und  bei  niederer 
Temperatur  trocknet.  Wie  aus  diesen  Verfahrungs weisen  sich  von  selbst 
ergiebt,  fehlt  jeder  Anhaltpunkt  zur  Beurtheilung  ihrer  Reinheit,  sie  kann 
namentlich  nicht  frei  von  Dextrin  seyn.  Nur  soviel  ist  gewifs,  dafs  diese 
nach  beiden  Methoden  gewonnenen  Niederschläge  das  Vermögen,  Stärke- 
kleister in  Zucker  überzuführen,  im  höchsten  Grade  besitzen.  Aus  der 
gekeimten  Gerste  der  Bierbrauer  erhält  man  selten  mehr  wie  y50o  Diastase, 
(Payen). 


1326 


Diastase,  Bierwürze. 

Die  Diastase  ist  fest,  weifs,  nicht  kristallinisch,  unlöslich  in  Alkohol, 
löslich  in  Wasser  und  schwachem  Weingeist;  die  wässerige  Lösung  ist 
ohne  Reaction,  ohne  hervorstechenden  Geschmack,  sie  wird  nicht  durch 
basisch  essigsaures  Bleioxid  gefällt;  die  wässerige  Auflösung  verändert  sich 
äufserst  rasch,  wird  sauer  und  verliert  ihre  Wirkung  auf  den  Stärke- 
kleister; in  trocknem  Zustande  geschieht  diefs  ebenfalls,  wiewohl  erst  in 
längerer  Zeit,  durch  Sieden  mit  Wasser  augenblicklich. 

Sie  enthält  um  so  weniger  Stickstoff,  je  mehr  sie  sich  dem  Zustand  i 
der  Reinheit  nähert  (?)  (je  weniger  gefärbt  sie  ist).  Rohrzucker  und 
Gummi,  sowie  Inulin,  werden  durch  Diastase  nicht  in  Traubenzucker  ver- 
wandelt, was  bekanntlich  durch  verdünnte  Schwefelsäure  geschieht;  allein 
sie  übertrifft  diese  im  hohen  Grade  in  der  Fähigkeit,  Stärkekleister  in 
Dextrin  oder  Zucker  überzuführen.  Ein  Theil  Diastase  reicht  bin , um 
2000  Theile  Amyion  ihres  kleisterartigen  Zustandes  zu  berauheu  (in  ein 
Gemenge  von  viel  Dextrin  mit  sehr  wenig  Zucker  zu  verwandeln). 

Man  kann  dem  Stärkekleister  durch  kohlensaures  Kali,  Natron,  Kalk 
eine  alkalische  Reaction  ertheilen,  ohne  dafs  damit  die  Einwirkung  der  ■ 
Diastase  gehindert  wird.  ( Payen  Pei'soz'). 

Nach  Guerin-Varry  lieferten  100  Amyion,  1000  Wasser  und  1,7 
Diastase  17,58  Zucker,  mit  6,13  Diastase  erhielt  er  aus  100  Amyion 
86,61  Zucker.  Da  nun,  wie  oben  angegeben,  Dubrunfaut  bei  Anwen- 
dung von  25  Gerstenmalz,  aus  100  Amyion  90  Zucker  erhielt,  so  sollte 
man  in  25  Pfund  Gerstenmalz  6,35  Diastase  vermuthen,  was  nahe  soviel 
beträgt  als  wie  der  ganze  Gehalt  der  Gerste  an  stickstoffhaltigen  Bestand- 
teilen. Bei  einem  Verhältnifs  von  1 Th.  Gerstenmalz  auf  20  Kartoffel- 
stärke, wird  die  letztere  vorzüglich  in  Dextrin  verwandelt. 

Nicht  alle  Theile  des  gekeimten  Saamens  enthalten  das  auf  Stärke-  j 
kleister  wirkende  Priucip,  es  findet  sich  namentlich  nicht  in  den  Wurzel-  i 
eben,  sondern  vorzugsweise  in  der  Nähe  des  Keims.  ( Payen  6r  Persoz.~) 

Aus  dem  Verhalten  der  stickstoffhaltigen  Bestandteile  der  Getreide-  > 
saamen  gegen  Stärkmehl  ergiebt  sich  ihre  Wirkungsweise  in  der  Bier-  und 
Branntwein-Fabrikation. 

Bierwürze.  Zur  Darstellung  der  Bierwürze  wird  Gerste  mit  Wasser 
eingequellt,  sodann  in  einer  nicht  zu  hohen  Schicht  der  Luft  ausgesetzt,  j 
wo  sie  nach  häufigem  Wenden  den  vierten  bis  fünften  Tag  zu  keimen  be- 
ginnt. Ein  hinlänglicher  Zutritt  von  Luft  (Sauerstoff)  ist  eine  Bedingung  | 
zur  Entwickelung  des  Keims.  Die  Körner,  welche  feucht,  vor  der  Luft 
geschützt,  sich  selbst  überlassen  werden,  keimen  nicht,  sondern  schimmeln. 
Durch  häufiges  Umschaufeln  wird  die  zu  hohe  Erwärmung  verhütet  und  der 
Luft  ein  hinlänglicher  Zutritt  gestattet.  Bei  diesem  Keimungsprocefs  ent- 
wickelt sich  eine  beträchtliche  Menge  Kohlensäure.  Die  Saamen  nehmen 
eine  schwach  saure  Reaction  und  einen  süfsen  Geschmack  au.  Die  ge- 
keimten Körner  heifsen  Malz.  Wenn  der  Keim  die  Länge  des  Korns  er- 
reicht hat,  so  wird  der  Keimungsprocefs  unterbrochen.  Diefs  geschieht 
durch  Austrocknen  in  der  Luft  (Luftmalz) , oder  in  einem  warmen  Luft- 
strom  (Barr malz).  Wird  zum  Austrocknen  eine  die  Temperatur  von  100° 
übersteigende  Hitze  angeweridet,  so  wird  die  Wirkung  der  gebildeten  Dia- 
stase auf  frisches  Stärkmehl  zerstört. 

Das  geschrotene  Malz  wird  grob  gemahlen  und  für  sich  allein  oder 
mit  Zusatz  von  ungemalzter  Gerste  (Weizen,  Hafer  etc.)  mit  Wasser  von 
60  — 75°  ausgezogeu.  Am  besten  ist,  das  Malz  mit  Wasser  in  einem  durch 
Wasserdanipf  zu  erhitzenden  Gefäfse  mehrere  Stunden  lang  in  einer  Tem- 
peratur von  75°  zu  erhalten.  Hierdurch  wird  Stärke  und  Diastase  im  Was- 
ser löslich,  und  die  Verwandlung  der  ersteren  in  Zucker,  die  nur  thcil- 
weise  beim  Keimen  stattgefunden  hat,  vollendet.  Die  Flüssigkeit  wird  sehr 
süfs,  sie  heifst  jetzt  Würze.  Man  Iäfst  sie  abfliefsen  und  laugt  das  einmal 
ausgezogenc  Malz  mit  kochendem  Wasser  vollständig  aus.  Dieses  Aus- 
laugen geschieht  am  zweck mäfsigsten  auf  die  Weise,  dafs  mau  das  Malz 
in  drei  kleine  Kufen  (ohne  doppelten  Boden)  vertheilt,  sodann  eine  der- 
selben mit  kochendem  Wasser  aufüllt , nach  dem  Durcheinauderarbeiten  das 


Branntweinbrennerei. 


1327 


noch  heifse  Wasser  auf  die  zweite , von  dieser  auf  die  dritte  Kufe  ab- 
fliefsen  läfst,  wodurch  mau  concentrirterc  Auszüge  erhält,  die  man  dem 
ersten  Auszuge  hinzufügt.  Ein  dreimaliger  Auszug  mit  heifsem  Wasser 
wird  zu  verdünnt,  als  dafs  er  die  Kosten  des  Eindampfens  lohnen  würde. 

Alle  Auszüge  zusammen,  kommen  jetzt  in  einen  gemeinschaftlichen 
Kessel  und  werden  darin  ins  Sieden  gebracht  und  darin  erhalten,  theils 
um  das  aufgelüste  Pflanzenalbumin  durch  Coagulation  abzuscheideu,  theils 
um  die  (zu  verdünnte)  Würze  zu  concentriren.  Gegeu  das  Ende  dieser 
Operation  wird  (l  bis  2 p.  c.  von  dem  Gewichte  des  Malzes)  Hopfen  der 
kochenden  Flüssigkeit  zugesetzt,  eine  Zeitlaag  noch  im  Sieden  erhalten, 
sodann  auf  12 — 15°  C.  abgekühlt  und  durch  Hefe  in  Gälirung  gesetzt.  Die 
gegohrno  Flüssigkeit  ist  Bier. 

In  Belgien  werden  spirituöse  Flüssigkeiten  aus  ungemalztem  Getreide, 
aus  Gerste,  Weizen  etc.,  wiewohl  nie  ohne  Zusatz  von  Gersten-  oder 
Dinkel-  (Dinkel  oder  Spelz,  Seigle  blanc')  Malz,  gebraut,  welche  unter  die 
Biere  nicht  gerechnet  werden  können,  da  man  keinen  Hopfen  zusetzt;  sie 
siud  sehr  süfs,  kommen  ohne  Hefe  in  Gährung  und  sind  sehr  wenig  haltbar. 

Ein  Zusatz  von  Kartoffelstärke  beim  Einteigen  des  Malzes  hat  man 
an  vielen  Orten  mH;  Vortheil  in  Anwendung  gebracht.  Andere  Bierbrauer 
setzen  vor  der  Gährung  der  Bierwürze  Syrup  aus  Kartoffelstärkmebl  zu. 

Die  braune  Farbe  vieler  Biere  beruht  theils  auf  der  Anwendung  des 
in  höherer  Temperatur  getrockneten  Malzes  (Darrmalz),  theils  wird  sie 
durch  geröstete  Gerste  oder  Gerstenmalz  gegeben.  Ein  lange  dauerndes 
Kochen  der  Würze  giebt  ihr  ebenfalls  eine  mehr  oder  weniger  braune 
Farbe. 

Branntweinbrennerei . Aus  Getreide.  Zur  Darstellung  des  Getreide- 
branntweins wird  entweder  ungeinalztes  Getreide  (in  ein  grobes  Mehl  ver- 
wandelt) für  sich  allein,  gewöhnlicher  aber  mit  einem  Zusatz  von  Malz 
angewTendet.  Mau  hat  es  vorteilhaft  gefunden,  nicht  einerlei  Getreide, 
sondern  eine  Mischung  zweier  Getreidearten  (Roggen  und  Gerste,  oder 
Weizen  und  Gerste,  Hafer  etc.)  zu  verwenden.  Auf  4 Th.  Getreide  nimmt 
man  1 Th.  Malz.  Das  Mehl  (10  Theile)  wird  mit  Wasser  von  70  — 75° 
(81  Theile)  aufs  innigste  gemischt  und  mehrere  Stunden  iu  bedeckten  Ge- 
fäfsen  sich  selbst  überlassen.  Sehr  bald  fängt  die  anfänglich  dicke  Masse 
an,  dünnflüssig  zu  werden  und  nimmt  einen  süfsen  Geschmack  an.  Man 
verdünnt  alsdann  mit  (49  Theilen)  Wasser,  so  dafs  die  Mischung  eine 
Temperatur  von  24  bis  26°  C.  behält.  Man  setzt  alsdann  Hefe  zu  und  un- 
terwirft nach  beendigter  Gährung  die  Flüssigkeit  der  Destillation.  Kalk- 
haltiges Wasser  (Brunnenwasser)  oder  Zusatz  von  Kreide  beim  Einmeischen, 
erhöht  den  Ertrag  an  Branntwein,  indem  cs  die  Säurebildung  (den  Ueber- 
gang  des  Alkohols  in  Essig  und  die  Bildung  der  Milchsäure)  hindert.  Wie 
erwähnt  erhält  man  durch  Einteigen  von  Roggenmehl  mit  Wasser  von  70 
— 75°  ohue  allen  Malzzusatz  eine  sehr  süfse  Flüssigkeit,  die  mit  Hefe  in 
Gährung  übergeht. 

Aus  Kartoffeln.  Zur  Darstellung  des  Kartoffelbranntweins  werden  die 
Kartoffeln  mit  Wasserdampf  gar  gekocht  und  durch  mechanische  Vorrich- 
tungen noch  heifs  in  einen  Brei  verwandelt;  diesem  Brei  wird  %6  von  dem 
Gewicht  der  Kartoffeln  (ein  Drittel  oder  Viertel  von  dem  Gewicht  des  darin 
enthaltenen  Stärkmehls)  frisches  oder  lufttrocknes  Malzschrot  aufs  innigste 
zugemischt,  und  soviel  Wasser  zugesetzt,  dafs  die  Temperatur  der  Mi- 
schung 6b*  — 70°  beträgt.  Nach  eiuer  bis  zwei  Standen  ist  die  Masse 
dünnflüssig  und  süfs;  sie  wird  rasch  abgekühlt  (um  die  Säurung  zu  ver- 
hüten), mit  Hefe  in  Gährung  gesetzt  und  sodann  der  Destillation  unter- 
worfen. 

An  manchen  Orten  setzt  man  den  zerkleinerten  Kartoffeln  Roggenmehl 
zu,  erhält  die  Temperatur  eine  Zeitlang  auf  70°  und  verfährt  wie  ange- 
geben. Zusatz  vou  Alkalien,  welche  die  Säure  binden,  hat  sich  beim 
Branntweinbrcnoen  aus  Kartoffeln  vorzüglich  bewährt. 

100  W (50  Kilogr.)  Weizen  liefern  in  guten  Brennereien  15,3  D.  M* 
(30,7  Litres)  Branntwein  von  50  %. 


1328 


Brod. 


*223?  IiC-r“  1%sDLM-  Branntwein  von  50  %. 

— Kartoffeln—  5,5  — (n*  ) _ 

H»iH^hL7'UCker',a,Uige?5r‘ic,,ten’  Aepfel»,  Birnen,  Pflaumen,  Hirschen 
Heidelbeeren , «Johannisbeeren , Vogelbeeren  etc  erhält  mom  r , * 

Gährung  der  mit  den  Kernen  Wtffcen7n  und  ^ 

rührten  Fruchte  oder  des  Saftes  C Traubensaftes)  für  sich,  durch  Destilia 

wc"n^meher  ReLLetanderddUrCh  "l"  Gescl,mack  sich  unterscheidende  BranntI 
:,er  Rückstand  des  gegohrnen  und  der  Destillation  unterworfenen 

beSut/^  und  läfst  sich  auf  ihre  Darstellung 

und  21  K i0!!°n! »gr-.Befertcn  AiMoy  182  Litres  Branntwein  von  20°  B. 
und  2 i Kuogr.  Citronsaure).  Aus  den  Früchten  der  wilden  Kastanien 

H;was  A,e  i'0®!  lhrem  adstringirenflen  Bcstandtheil  durch  Behandlung  mit 
^ “,aUge  UDd  Auswasch«ö  befreit  sind,  läfst  sich  durch  Zusatz 

von  Malz,  wie  aus  den  Kartoffeln , Branntwein  erhalten. 

Der  aus  Kartoffeln  dargestellte  Branntwein  enthält  in  der  Form  des 
sogenannten  FuseJöls  Amyloxidhydrat,  was  ihm  Geruch  und  GescSInack 
und  schädliche  Eigenschaften  crtheilt.  Durch  Fillriren  über  hinlängliche 
Mengen  grobem  Kohlenpulver  von  leichten  Hölzern,  Zusatz  von  ßfeich- 
kalk,  Salpeter-  und  Schwefel -Säure,  Destillation  mit  Aetzkali  wird  das 
Fuselöl  theils  zerstört,  theils  zurückgehalten.  Dafs  dieses  Fuselöl  ein 
Produkt  der  Gährung  ist  und  durch  genauere  Beachtung  der  Bedingungen 
unter  denen  es  sich  bildet,  vermieden  werden  kann,  geht  zweifeHos\ui 
der  Erfahrung  hervor,  dafs  es  ebenfalls  aus  dem  letzten  Syrup  in  Ter 
l?r^elipbeüZUCk^r/abri^  (Melasse)  durch  Gährung  desselben  in  reich- 
T?  XV  p t71.)m  rSCÜem  (Gaultier  de  Claubry , Comptes  rendus 

*.^Der  Gcfreldebranilt'vein  erhaIt  seineu  Geruch  und  Geschmack  von  dem 
A®f?er  C1^e  a nettieDi  Saur?*  d,e  sicb  namentlich  aus  Roggenmehl  durch  Aus- 
kochen mit  Alkohol  ausziehen  läfst.  Das  aus  dem  Getreidebranntwein  ge- 
wonnene Fuse  ol  ist  von  Mulder  untersucht  worden.  Das  roEe OeK  m*t 
Kalilauge  destillirt,  liefert  im  Rückstand  önanihsaures  und  niar^arinsaures 
llafc  bestellt  aus  Weingeist  und  einem  flüchtigen'bel,  wel- 
ker neu  nf  es ol  Äci? f*W.*?serst0*  110(1  J>6 7 Sauerstoff  enthält.  Mul- 
der  nennt  es  Getreideol  (01.  siticum,  von  o-zro;  frumentum) 

Der  Weinbranntwein  enthält  Oenanthsäureäther : in  vorzüohcher  Meno-o 
ZnlLm^llfebCn  dUrCh  DeStillati°n  dCr  iD  dcr  Gährung  sic^absch^- 

...  • Br<)d'  ,Zur  Brodbereitung  dienen  alle  Mehlarten,  welche  Pflanzen- 
hbrin  enthalten.  Ein  Theil  des  Mehls  wird  mit  Wasser  von  27  bis  45°  zu 
2?J.dU;nfn  «Ifichför^e»  Teige  eingeknetet,  sodann  mit  einem  Gähr- 

men  Ort/\vinigS  .C  P-?0"?*  und  4~6  Sfuoden  oder  länger  an  einem  war- 
men Orte  sich  selbst  uberlassen.  In  dieser  Masse  stellt  sich  sehr  bald  eine 
Grtsentvvickeluog  ein,  die  Masse  hebt  sich  und  wird  dünnflüssiger.  Um 
ihr  die  zum  Backen  gehörige  Cousistenz  zu  geben  (das  Auseinanderfliefsen 
zu  verhindern)  wird  in  diesem  Zeitpunkte  eine  gehörige  Ouantität  Mehl 
eingeknetet,  in  Brode  geformt  und  diese  einer  Temperatur  von  16*0  — 170° 
AllS^CSCtzt« 

®®i.m  Biüfceisen  des  Mehls  mit  warmem  Wasser  ist  bei  dem  Weizen- 
mehl die  Temperatur  nicht  hoch  genug,  um  die  Stärke  in  Kleister  zu  ver- 
wandeln und  mittelst  dieser  Zucker-  und  Dextrin- Bildung  durch  die  Ein- 
wirkuug  des  Pflanzenfibrins  einzuleiten.  Als  Gährmittel  wird  beim  Weizeu- 
wthLVOr?,Ug.l1Ch  B,S,'h(;fe  »“gewendet,  durch  deren  Wirkung  auf  den  im 
Mehle  enthaltenen  Zucker  Weingeist  und  Kohlensäure  gebildet  wird.  Die 

intwtvifa  f,"  TeiS  aüf"nd  raacht  ihn  bIasi*  und  Porös.  Beim  Backen 
entweicht  der  Alkohol  und  die  Kohlensäure,  und  in  der  hohen  Temperatur 

Ilu  *F*m*°n  y‘Um  Jheil  iD  einen  süfsen,  elastischen  Kleister  verwan- 
wL.  K r fSSer  0St  T Weizenb™d  ««r  wenig  auf;  mit  warmem 
Wasser  bekommt  man  einen  Auszug,  der  durch  lod  stark  blau  gefärbt  wird. 


Fäulnifs  stickstoffhaltiger  Pflanzenstoffe. 


1329 


In  feuchtem  Weizenmehl  stellt  sich  bei  Abschlufs  der  Luft  eine  Zer- 
setzung, oft  erkennbar  durch  Ammoniakbildung,  ein,  welche  sich  aus- 
schliefslich  auf  das  Pflanzeafibrin  beschränkt.  Zusatz  von  Hefe  zu  einem 
Teige  aus  diesem  Mehl  befördert  diese  Zersetzung,  der  Teig  wird  dünn- 
flüssig, bleibt  schmierig  und  fliefst  beim  Backen.  Durch  Zusatz  zum  Mehl 
von  sehr  verdünnter  Schwefelsäure  oder  Alaun  C/l0  bis  % p.  c.)  wird  dieser 
Nachtheil  gehoben , ohne  schädliche  Folgen  für  die  Gesundheit.  Durch 
diese  Zusätze  wird  die  Zersetzung  des  Pflanzenfibrins  unterdrückt;  eine 
zu  grofse  Quantität  davon , hemmt  die  Gährung  ganz. 

Beim  Einteigen  von  Roggenmehl  mit  warmem  Wasser  findet  Zucker- 
bildung statt,  durch  den  Zusatz  von  Sauerteig  wird  geistige  Gährung 
cingeleitet,  der  gebildete  Alkohol  geht  sehr  rasch  in  Essigsäure  über.  Ist 
der  Sauerteig  zu  alt,  so  enthält  er  Milchsäure  und  es  findet  durch  ihn 
Milchsäurebildung  in  dem  Teige  statt  Das  Roggenbrod  löst  sich  zum  Theil 
in  kaltem  Wasser,  dieser  Auszug  wird  durch  Iod  schwach  weinroth  ge- 
färbt, er  enthält  eine  beträchtliche  Menge  Gummi. 

Da  in  dem  gewöhnlichen  Verfahren  der  Brodbereitung , um  das  Mehl 
in  den  zum  Kauen  geeigneten  und  verdaubareren  Zustand  zu  versetzen, 
eiae  gewisse  Anzahl  seiner  für  die  Ernährung  vollkommen  tauglichen  Be- 
staudtheile  geopfert  werden  mufs,  um  die  Gährung  zu  bewirken,  ist  mau 
namentlich  in  England  bedacht  gewesen,  diesem  Verluste  vorzubeugeu 
und  ein  gutes  und  schmackhaftes  Brod  ohne  Gährung  hervorzubringen. 
Diese  Versuche  sind  vollkommen  gelungen.  Man  backt  in  England  vor- 
treffliches Brod,  indem  man  dem  Teige  zuerst  eine  gewisse  Menge  doppelt 
kohlensaures  Natron  und  sodann  eine  zur  Bildung  von  Kochsalz  genau 
entsprechende  Menge  reine  Salzsäure  zusetzt.  In  Glasgow  wendet  man 
hierzu  Alaun  und  doppelt  kohlensaures  Natron  an. 

Der  Verlust  an  Brod,  der  durch  die  Gährung  des  Teiges  verursacht 
wird,  beträgt  nach  der  Bestimmung  Thomson’s  61/,  p.  c. , in  der  Art,  dafs 
wenn  ein  gegebenes  Gewicht  Mehl  1500  Laibe  gegohrnes  Brod  giebt , so 
erhält  man  daraus  ohne  Gährung  1600  Laibe  von  gleichem  Gewichte 
{Thomson.) 

Die  Nahrhaftigkeit  aller  Mehlsorten  stellt  im  geraden  Verhältnifs  zu 
ihren  zur  Blutbildung  dienenden  stickstoffhaltigen  Bestaudtheilen.  Von  dem 
aus  verschiedenen  Mehlsorten  bereiteten  Brod  müssen,  um  einen  gleichen 
Effect  im  Körper  hervorzubriugen , ungleiche  Mengen  genossen  werden , 
von  dem  an  Biutbestandtheilen  armen  Brod  mehr,  wie  von  andern  Brod- 
sorten.  Hieraus  ergiebt  sich  von  selbst,  dafs  der  Zusatz  von  Kartoffeln, 
von  Stärkmehi  und  Dextrin  die  Nahrhaftigkeit  des  ßrodes  vermindert.  Um 
diese  Thatsache  in  ihrer  richtigen  Bedeutung  aufzufassen,  darf  man  sich 
nur  an  die  Quantität  von  Nahrung  erinnern,  welche  verschiedene  Thier- 
klassen zu  ihrer  Ernährung  bedürfen.  Die  Gefräfsigkeit  derselben  steht 
im  umgekehrten  Verhältnifs  zu  den  in  der  Nahrung  enthaltenen  Blutbestand- 
theilen,  die  sie  verzehren.  Eine  Holzraupo  z.  B.  verzehrt  ihr  5-  bis  Öfaches 
Gewicht  von  der  an  Pflanzenalbumiu  oder  stickstoffhaltigen  Nahrungsstoffen 
ärmsten  Holzsubstanz  der  Waldbäume.  Aehnlich  wie  bei  dieser,  geht  bei 
den  Menschen  alle  stickstofffreie  Substanz,  die  sie  mehr  geniefsen,  als 
von  dem  Organismus  aufnehmbar  ist  und  verwendet  wird,  in  die  Excre- 
mente über;  es  ist  defshalb  vernünftiger,  nicht  über  ein  gewisses  Ver- 
hältnifs davon  in  den  Körper  zu  bringen , und  auch  das  an  den  Blutbestand- 
theilen  reichste  Mehl  enthält  immer  noch  eine  zu  grofse  Menge  davon. 
CDie  Excremente  eines  Hundes,  der  mit  Weizenbrod  gefüttert  wird,  ent- 
halten Amylon.) 


Fäulnifs  der  Schwefel - und  Stickstoff -haltigen  Pflanzenstoffe. 

Das  Verhalten  der  Saaraen  der  Getreidepflanzen  im  Keimungsprocefs 
zeigt,  dafs  der  Stickstoff-  und  schwefelhaltige  Bestandteil  derselben  eine 


1330 


Fäulnifs  stickstoffhaltiger  Pflanzenstoffe. 


Veränderung  erleidet,  in  deren  Folge  er  in  wässerigen  Flüssigkeiten  lös- 
lich wird.  In  diesem  löslichen  Zustande  sowohl , wie  während  seines 
Uebergangs,  erleidet  er  eine  Umsetzung,  die  sich  den  Elementen  des  Amy- 
lons  überträgt.  Das  AmyJon  verwandelt  sich  in  Dextrin,  zuletzt  in  Zucker. 
Die  unzweifelhaftesten  Erfahrungen  beweisen,  dafs  der  organische  Procefs 
des  Keimens  keineswegs  die  Bedingung  ist  zur  Verwandlung  des  Amylons 
in  Zucker,  oder  zu  dem  Uebergang  der  stickstoffhaltigen  Bestandteile  in 
die  lösliche  Substanz,  durch  deren  Gegenwart  sie  bewirkt  wird.  Es  ist 
erwähnt  worden,  dafs  an  vielen  Orten  Belgiens  aus  Gerste,  Weizen, 
Buchvveizeu , Hafer  geistige  Getränke  ohne  Hopfen,  sogenannte  Weifs- 
biere j gebraut  werden,  die  sich  durch  ihren  süfsen  Geschmack  vor  allen 
eigentlichen  Bieren  auszeichnen.  Der  wichtigste  und  bemerkenswerteste 
Umstand  in  dieser  Bierbereitung  ist,  dafs  sich  in  der  erhalteuen  Würze, 
der  Abwesenheit  des  Hopfens  wegen,  die  Gährung  von  selbst  einsteilt, 
deren  Eintreten  in  den  braunen  Bieren  durch  die  aromatischen  Bestand- 
teile des  Hopfens  gehemmt  wird,  dafs  mau  also , um  sie  einzuleiten,  keine 
Hefe  zusetzt,  und  dafs  in  diesen  Flüssigkeiten  die  Gährung  sich  genau  so 
vollendet,  wie  in  Trauben  und  andern  Säften.  Diese  Biere  enthalten  übri- 
gens nach  der  Gährung  noch  eine  beträchtliche  Menge  Amylon.  In  Bou- 
teillen  gefüllt,  vollendet  sich  die  Gährung,  wTobei  das  gelöste  Amylon  ver- 
schwindet. Geschieht  diefs  Einfüllen  in  Bouteillen  nicht  sehr  bald,  so  wer- 
den diese  Biere  von  gebildeter  Milchsäure  sehr  sauer.  ( De  Konink .) 

Es  mufs  hieraus  geschlossen  werden,  dafs  die  stickstoffhaltigen  Be- 
standteile der  Saamen  nach  und  nach  die  nämliche  Form  anzunehmen 
vermögen,  in  welcher  sich  die  stickstoffhaltigen  Stoffe  befinden,  durch 
deren  Zersetzung  bei  Gegenwart  von  Luft  die  Gährung  in  dem  Trauben- 
uud  andern  Säften  bewirkt  wird. 

Da  nun  überdiefs  mit  Sieber  allein  die  Verwandlung  des  Stärkeklei- 
sters in  Zucker  bewirkt  werden  kann,  so  geht  hieraus  hervor,  dafs  der 
Stoff,  dem  man  den  Namen  Diastase  gegeben  hat,  nichts  weiter  ist,  als 
Kleber  in  einem  gewissen  Stadium  der  Umsetzung  seiner  Bestandteile. 

Nach  der  Untersuchung  Proust’ s (Anu.  da  chim,  et  de  phys.  T.  V. 
p.  842)  enthalten  100  T heile  Gerstenmehl 

von  ungekeimter  von  gekeimter  Gerste. 

Gelbes  Harz 1 1 

Gummi 

Zucker  ....... 

Kleber  

Mit  heifsem  Wasser  Kleister-  ( 
bildendes  Stärkmehl 
In  heifisem  Wasser  unlösliches  £ 

Stärkmehl 

Nach  de  Saussure’s  Untersuchung  sind  die  Bestandteile  des  Wei- 
zens : 

Nach  6monatlicher  Berührung 
mit  Wasser  beim  Ausschlufs 
Nach  dem  Keimen.  der  Luft. 

. 65,8  . . . 61,81 

. 7,64 
. 7,91 
. 5,07 
. 2,67 
. 5,6 


...  3 . . . 

. . . . 1 

| . . 32  . . . , 

| . 55  . . . . 

Stärkinehl 
Kleber  . 

Dextrin  . 

Zucker  . 

Albumin 
Kleie 

Kohlensäure,  Essig- 


Vor  dem  Keimen, 
. 72,72  . 

. 14,75  . 


2,44 

1,43 


0,000 


0,000 


0,81 

1,93 

10,79 

8,14 

4,07 

unbestimmte  Mengen. 


Aus  der  blofsen  Ausichfc  dieser  Zahlen  ergiebt  sich,  dafs  der  Kleber 
(das  Pflanzenflbriu)  durch  den  Keimuugsprocefs  sowohl,  wie  durch  die 


Ferment. 


133t 


Berührung  mit  Wasser , in  den  löslichen  Zustand  übergeht;  eine  Modifika- 
tion die  in  der  zweiten  und  dritten  Analyse  als  Albumin  aufgeführt  ist. 

Unter  dem  Namen  Mucin  beschrieb  de  Saussure  eine  Substanz,  die 
in  dem  rohen  Kleber  enthalten  und  von  Pflanzen -Fibrin,  -Albumin  und 
Pflaczeuleim  in  mehreren  Eigenschaften  abwich;  in  unreinem  Zustande 
bleibt  es  aufgelöst  im  Wasser  zurück,  wenn  der  frisch  dargestellte  Kleber 
aus  Weizenmehl  mit  Alkohol  ausgekocht,  die  Auflösung  mit  ihrem  Volum 
Wasser  gemischt  und  bis  zur  Entfernung  alles  Alkohols  im  Wasserbade 
erhitzt  wird;  diese  wässerige  Lösung,  welche  ohne  Wirkung  auf  Pflanzen- 
farben ist,  geht  schnell  in  Fäuloifs  über  und  reagirt  dann  alkalisch;  durch 
Abdampfen  derselben  erhält  man  das  Mucin  in  Gestalt  einer  durchsichtigen 
Masse,  welche  verbrennt  die  Produkte  der  Thiersubstanzen  giebt;  es  löst 
sich  in  Kalilauge  und  zeigt  in  dieser  Lösung  alle  Eigenschaften  des  Pflanzen- 
albumins oder  Pflanzenfibrins ; es  macht  etwa  1 p c.  des  trocknen  Klebers 
(also  % p.  c.  des  Weizenmehls)  aus.  Die  Wirkung  der  Bestandtheile  des  rohen 
Klebers  auf  Amylon  ist,  wie  sich  wegen  ihres  verschiedenen  Grades  von 
Löslichkeit  in  Wasser  voraussehen  liefs , sehr  verschieden.  100  Th.  Amy- 
lon in  Kleister  verwandelt,  geben,  im  Wasserbade  mit  der  gehörigen  Menge 
Wasser  auf  50  bis  70°  10  Stunden  laug  erhalten,  mit  50  Pflanzenleiin 
(dem  in  Alkohol  löslichen  Bestandteil  des  rohen  Klebers)  6 Th.  Dextrin 
und  1%  Th.  Zucker,  mit  50  Mucin  (dem  in  Wasser  löslichen  Bestandteil 
des  Pflanzenleims)  15  Th.  Dextrin  und  22  Th.  Zucker,  mit  50  rohem  Kleber 
16/2  Tb.  Dextrin  und  14x/2  Th.  Zucker.  ( de  Saussure , Bibliot.  univer- 
selle 1833.  Juli.  pag.  200—276.) 

Fäulnifs  des  feuchten  Klebers  (unreinen  Pflanzenfibrins).  Der  aus 
Weizenmehl  dargestellte  frische  Kleber  schwillt  uuter  Wasser  bei  1 0 — 
15°  nach  einigen  Tagen  unter  Gasentwickelung  auf,  und  entwickelt  eine 
reichliche  Menge  kohlensaures  Gas , reines  kohlenstofffreies  Wasserstoff- 
gas und  Schwefelwasserstoff,  er  wird  weicher  und  flüssiger,  fadenziehend; 
das  Wasser,  womit  er  bedeckt  ist,  wird  sehr  sauer  und  enthält  Käsoxid , 
essigsaures,  phosphorsaures  und  kässaures  Ammoniak;  seine  Farbe  ändert 
sich  in  braunrot,  zuletzt  wird  er  schwärzlich,  er  löst  sich  zuletzt  in 
mehr  Wasser  zu  einer  trüben  Flüssigkeit,  welche  sauer  reagirt  und  durch 
Chlor,  Mlueralsäuren , Sublimat  und.  Galläpfelaufgufs  gefällt  wird , Alkalien 
damit  zusammengebracht,  entwickeln  Ammoniak.  (100  Grm.  frischer  Kle- 
ber entwickelten  in  de  Saussure’s  Versuchen  in  5 Wochen  2807  Kubik- 
centimeter  Gas,  was  5/4  Kohlensäure  und  % reines  Wassersfcoffgas  ent- 
hielt.) Siehe  Käsoxid  und  Kässäure. 

Das  Pflanzencasein  fault  unter  Wasser  mit  stinkendem  Käsgeruch  und 
entwickelt  reichlich  Schwefel  wasserstoffgas. 

Ferment , Weinhefe,  Bierhefe.  — Der  in  der  Gährung  des  Weins  sich 
bildende  Absatz,  die  Weinhefe,  ist  grau  oder  gelblichweifs;  uuter  dem 
Microscope  betrachtet  scheint  er  aus  lauter  durchscheinenden  Kügelchen 
zu  bestehen , an  denen  sich  weder  ein  Kern  noch  sonst  ein  Zeichen  von 
Organisation  wahrnehmen  läfst,  zuweilen  siud  sie  perlenschnurartig  an- 
einandergereiht ; sich  selbst  überlassen  fährt  dieser  Absatz  fort,  Kohlen- 
säure zu  entwickeln,  zuletzt  geht  er  in  stinkende  Fäulnifs  über.  Bra- 
connot , welcher  die  Weinhefe  «aus  rot  hem  Weine  untersucht  hat  (Ann.  do 
chim.  et  de  phy-s.  T.  XLVI1.  p.  59),  fand,  dafs  dieser  Absatz  sich  voll- 
ständig in  schwachen  alkalischen  Laugen,  seihst  iu  Kalkwasser  löst,  und 
dafs  er  daraus  durch  alle  Säuren  gallertartig  wieder  gefällt  wird.  Die 
gefällte  Masse  röthet  kaum  Lackmus,  iu  Berührung  mit  kohlensaurem  Kalk 
oder  Bittererde  löst  sie  sich  wieder  vollständig  in  Wasser  und  wird  aus 
dieser  Lösung  durch  Säuren  wieder  unverändert  gefällt.  Io  Wasser  zer- 
t heilt  sie  sich,  ohne  eine  vollständige  Lösung  zu  geben;  damit  gekocht, 
gerinnt  sie  zu  dicken  festen  Flocken,  scheidet  sich  vollständig  von  der 
Flüssigkeit  ab  und  verliert  dadurch  ihre  Löslichkeit  in  schwachen  alkali- 
schen Laugen.  Nur  durch  Kochen  mit  starker  Kalilauge  geht  sie  wieder 


1332 


K ä s o x i d. 


eine  lösliche  Verbindung  damit  ein  und  nimmt  ihre  frühem  Eigenschaften 
wieder  an.  In  schwacher  Ammoniakflüssigkeit  gelöst  und  abgedampft, 
bleibt  eine  braune,  glänzende,  zerbrechliche  Substanz,  die  in  Wasser 
wie  Bassoragummi  aufquillt,  ein  Theil  davon  löst  sich  im  Wasser,  der  un- 
lösliche Theil  geht  mit  Gerbsäure  eine  Verbindung  ein,  ähnlich  wie  Leim, 
er  wird  von  Kalkwasser  uud  Ammoniak  nicht  mehr  aufgenommen. 

Durch  trockne  Destillation  erhält  inan  daraus  Ammoniak,  empyreuma- 
tisches  Oel  und  Schwefelwasserstoff.  In  Säuren  ist  dieser  Bestandtheil  der 
Hefe  nicht  löslich.  Frisch  niedergeschlagen,  ist  sie  ohne  Wirkung  auf  den 
Zucker.  Mit  siedendem  Alkohol  behandelt,  giebt  die  Weinhefe  (von  rothem 
Wein)  eine  kristallinische  wachsartige  Substanz  ab,  und  die  Flüssigkeit 
hält  in  Lösung  einen  rothen  FarbstofF,  sowie  etwas  Gerbsäure  und  eine 
ölartige  Materie.  Trocken  verbrannt,  hinterläfst  sie  36  p.  c.  einer  weifsen 
Asche,  von  der  sich  25  Theile  im  Wasser  lösen.  100  Th.  Weinhefe  ent- 
hielten nach  Br.  Analyse  20  Th.  org.  Substanz,  0,50  wachsähnliches  Fett, 
1,60  salbenähnliches  Oel,  6 phosphors.  Kalk,  60,75  Weinstein,  5,25  wein- 
sauren Kalk,  0,40  weinsaure  Bittererde,  2,80  schwefelsaures  und  phos- 
phorsaures Kali,  2,00  Sand.  (^Braconnot.) 

Die  Bierhefe  zeigt  unter  dem  Microscope  eine  der  Weinhefe  ähnliche 
Beschaffenheit,  eine  chemische  Untersuchung  derselben  ist  sehr  wünschens- 
werth.  Sich  selbst  überlassen,  geht  sie  bald  in  stinkende  Fäulnifs  über; 
ihre  Wirkung  auf  den  Zucker  wird  durch  Auskochen  mit  Wasser,  Berüh- 
rung mit  starkem  Alkohol,  Quecksilbersalzen,  Holzessig,  ätherischen 
Oelen,  schwefliger  Säure  vernichtet. 

Mit  Traubenzucker  in  Berührung,  bewirkt  sie  sehr  rasch  die  Zerlegung 
des  Zuckers.  Rohrzucker  gährt  langsamer  und  verwandelt  sich  vor  dem 
Zerfallen  in  Alkohol  und  Kohlensäure,  in  Traubenzucker  (ff.  Rose'), 

Eine  gegebene  Quantität  Bierhefe  mit  immer  neuem  Zuckerwasser  in 
Berührung  gebracht,  hinterläfst  10  — 15  p.  c.  Rückstand,  welcher  frei  von 
Stickstoff  ist,  ohne  Horugeruch  verbrennt,  und  die  Fähigkeit,  Gährung  zu 
erregen,  völlig  verloren  hat.  Unter  denselben  Umständen  bleibt  bei  An- 
wendung von  Weinhefe  von  rothem  Wein  zuletzt  ein  Rückstand,  welcher 
nach  Braconnot  noch  sehr  reich  an  Stickstoff  ist;  allein  die  Hefe,  welche 
Braconnot  untersuchte,  enthielt  Gerbsäure,  d.  h.  eine  gerbsaure  Verbin- 
dung des  stickstoffhaltigen  Bestandtheils  des  Traubensaftes,  von  dem  sich 
nicht  behaupten  läfst,  dafs  er  die  Eigenschaft,  Gährung  zu  erregen,  jemals 
besafs,  der,  ähnlich  wie  der  Leim,  durch  die  Gerbsäure  seine  Fähigkeit, 
zu  faulen,  verliert  und  unverändert  im  Rückstände  bleiben  mufs,  wenn 
der  die  Gährung  bedingende  Theil  der  Hefe  sich  in  neue  Produkte  umge- 
setzt hat. 

Die  Bierhefe  unterscheidet  sich  zuletzt  von  der  Weinhefe  (aus  rothem 
Wein)  durch  ihre  Löslichkeit  in  Säuren.  ( Thomson .) 

Käsoxid , Kässäure  CAposepedine) ; entdeckt  von  Proust.  Wenn 
man  feuchten  Kleber  mehrere  Monate,  mit  Wasser  bedeckt,  sich  selbst 
iiberläfst,  bis  die  Gasentwickelung  in  Folge  der  vollendeten  Fäulnifs  auf- 
gehört hat,  die  Masse  mit  vielem  Wasser  verdünnt,  von  dem  Ungelösten 
abfiltrirt,  in  der  Wärme  bis  zur  Syrupconsistenz  conceutrirt  und  an  einem 
kühlen  Ort  sich  selbst  überläfst,  so  erhält  man  eine  kristallinische  Masse 
von  widrigem  Käsgeruch  und  Geschmack.  Mit  Alkohol  gemischt , löst  sie 
sich  zum  grofsen  Theil  auf,  unter  Abscheidung  eines  weifsen  Pulvers,  was 
man  durch  Waschen  mit  Alkohol,  sowie  durch  Auflösung  in  Wasser,  Be- 
handlung mit  Thierkohle  und  Kristallisation  oder  Fällung  der  concentrirten 
Flüssigkeit  mit  Alkohol  rein  erhält.  (Prowsf,  Walter  Crurti.) 

Diese  Materie,  welche  von  Proust  den  Namen  Käsoxid  erhalten  hat, 
stellt  glänzend weifse  glimmerartige  Blättchen  dar,  welche  weich  und  fettig 
im  Anfühlen,  durch  kaltes  Wasser  kaum  benetzt  in  heifsem  Wasser  leicht 
gelöst  werden.  Die  kaltgesättigte  Auflösung  enthält  in  15  Theilen  l Theil 
Käsozyd.  Die  Auflösung  ist  geruchlos,  von  einem  schwachen  Geschmack 


Thieralbumin. 


1833 


nach  gebratenem  Fleisch , ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben ; es  löst  sich 
wenig  in  kaltem  Alkohol,  nicht  in  Aether,  leicht  in  alkalischen  Laugen; 
in  einem  Luftstrom  auf  einem  Platinblech  schmilzt  es  und  verflüchtigt  sich 
dem  Anschein  nach  ohne  Zersetzung;  der  Destillation  unterworfen,  wird 
ein  Theil  davon  in  Ammoniak  und  ein  höchst  stinkendes  Oel  zersetzt,  es 
bleibt  ein  Rückstand  von  Kohle.  Zusammensetzung  unbekannt. 

Kässäure.  W7enn  man  die  obenerwähnte  alkoholische  Auflösung,  aus 
welcher  sich  das  Käsoxid  abgesetzt  hat , mit  ihrem  gleichen  Volumen  star- 
ken Weingeist  vermischt,  so  scheidet  sich  eine  syrupartige,  nicht  näher 
untersuchte,  Flüssigkeit  ab,  und  die  darüberstehende  Flüssigkeit  enthält 
essigsaures,  phosphorsaures  Ammoniak,  so  wie  das  Ammoniaksalz  einer 
eigentümlichen  Säure,  welche  Proust  mit  Kässäure  bezeichnet.  Kocht 
man  den  Rückstand,  welcher  nach  Entfernung  des  Alkohols  bleibt,  mit 
überschüssigem  kohlensaurem  Bleioxid,  so  entweicht  kohlensaures  Am» 
moniak,  es  schlägt  sich  unlösliches  phosphorsaures  Bleioxid  nieder,  und 
die  Flüssigkeit  enthält  essig-  und  kässaures  Bleioxid  gelöst.  Das  letz- 
tere, durch  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  getrennt,  liefert  eine  Flüs- 
sigkeit, welche  abgedampft  Kässäure,  in  der  Form  eines  Syrups,  von 
bitterlich  saurem  käsartigem  Geschmack  hinterläfst;  ihre  wässerige  Auf- 
lösung ist  ohne  Wirkung  auf  Platinchlorid,  auf  Kalk-,  Zinn-  und  Blei- 
Salze;  in  Silberauflösung  bringt  sie  einen  weifsen  Niederschlag  hervor, 
der  am  Licht  roth  wird ; Sublimat  wird  ebenfalls  davon  gefällt ; mit  Gall- 
äpfelaufgufs  gemischt,  entsteht  ein  weifser  dicker  Niederschlag.  Die  Käs- 
säure wird  von  Salpetersäure  leicht  zerlegt,  es  entsteht  hierbei  eine  reich- 
liche Menge  Oxalsäure,  Benzoesäure  (?),  zuletzt  Picrinsalpetersäure. 
( Proust  bemerkt,  dafs  sich  hierbei  auch  oxalsaurer  Kalk  bilde,  was  auf 
einen  Kalkgehalt  in  seiner  Säure  hinweist.)  Trocken  erhitzt  zerlegt  sie 
sich  und  liefert  die  Produkte  der  thierischen  Körper.  Diese  Säure  bedarf, 
in  Hinsicht  auf  ihre  Eigenthümlichkeit,  einer  neuen  Untersuchung.  (Siehe 
übrigens  die  Zersetzungsprodukte  des  Käses  durch  Fäulnifs.) 


Schwefel-  und  stickstoffhaltige  Bestandtheile 
des  Thierorganismus. 

- Die  Bestandtheile  des  Thierkörpers,  welche  Schwefel  und  Stickstoff 
enthalten,  finden  sich  hauptsächlich  im  Blute,  in  der  Muskelfaser  und  in 
der  Milch.  Die  Hauptbestandtbeile  des  Blutes  sind  Thieralbumin  und  Thier- 
fibrin, die  Milch  enthält  Thiercasein;  aufser  diesen  mufs  zu  den  schwefel- 
haltigen Thierbestandtheilen  noch  das  Chondrin  (Knorpelleim)  und  der 
Schleim  der  Galle  und  das  Horn  gerechnet  werden. 

Thieralbumin.  Eiweifsstoff'. 

In  reinem  Zustande  ist  das  Thieralbumin  nur  unvollkommen  bekannt; 
die  Eigenschaften,  die  man  ihm  zuschreibt,  beziehen  sich  auf  sein  Ver- 
halten im  Blutserum  und  im  Weifsen  der  Hühnereier. 

Als  reinstes  Thieralbumin  ist  (nach  Pr.  Denis~)  der  Niederschlag  zu 
betrachten,  welcher  entsteht,  wenn  man  Blutserum  oder  Eiweifs  mit  Essig- 
säure genau  neutralisirt  und  mit  sehr  vielem  Wasser  verdünnt;  das  Albu- 
min scheidet  sich  in  Gestalt  von  durchscheinenden,  körnig  gelatinösen 
Flocken  ab,  die,  mit  reinem  Wasser  gewaschen,  ein  kleisterartiges  An- 
sehen haben,  übrigens  frei  von  Säure  und  löslichen  Salzen  sind. 

Albumin  im  Blutserum . Das  Blutserum,  in  gelinder  Wärme  ver- 
dampft, hinterläfst  eine  durchscheinende,  harte,  brüchige  Masse,  welche 
sich  durch  Digestion  wieder  vollständig  in  Wasser  löst.  Gepulvert  und 
auf  einem  Filter  mit  Wasser  gewaschen,  bleibt  ein  gelatinöser  Rückstand, 
der  alle  Eigenschaften  des  obigen  durch  Essigsäure  gefällten  Albumins 


i.m 


Thieralbumin. 


besitzt.  Beide  sind  in  reinem  Wasser  sehr  wenig  löslich,  leicht  hingegen 
in  den  schwächsten  alkalischen  Laugen  und  in  allen  Salzen  mit  alkalischer 
Basis , namentlich  Salpeter-  und  schwefelsaurem  Natron. 

Albumin  im  Eiweifs.  Das  Weifse  im  Hühnerei  besteht  aus  dünnen, 
durchsichtigen,  grofsen  Zellen,  welche  eine  farblose  oder  «chwacli  gelb- 
liche Flüssigkeit,  Eiweifs , einschliefsen , welche  ziemlich  stark  alkalisch 
reagirt.  Mit  vielem  Wasser  geschlagen,  scheiden  sich  in  der  Ruhe  die 
Zellen  in  Gestalt  von  dünnen  durchscheinenden  Häuten  von  der  Auflösung. 
Eine  ähnliche  Trennung  findet  statt  im  Eiweifs,  was  man  einem  starken 
Kältegrad  längere  Zeit  aussetzt.  *) 

Das  in  gelinder  Wärme  eingetrocknete  Eiweifs  ist  gelblich,  durch- 
scheinend, glänzend,  zerreiblich , geschraack-  und  geruchlos.  Mit  kaltem 
Wasser  in  Berührung,  kehrt  es  in  seinen  ursprünglichen  Zustand  einer 
schleimigen  Flüssigkeit  zurück.  Eingeäschert  hinterläfst  es  6 — 7 p.  c. 
Salze  (Kochsalz,  kohlensaures,  phosphorsaures  uud  schwefelsaures  Natron 
und  phosphorsauren  Kalk). 

In  offnem  Feuer  bläht  sich  Eiweifs  auf  unter  Verbreitung  eines  Ge- 
ruches nach  verbrannten  Federn,  unter  Schwärzung  und  Entflammung,  es 
bleibt  eine  schw^erverbrennliche  Kohle. 

Im  luftleeren  Raume  getrocknetes  Eiweifs  (von  Enteneiern)  giebt  an 
Weingeist  (von  0,821  spec.  Gewicht)  Natron,  Kochsalz  und  Fett  ab  (2,2 
p.  c.  von  seinem  Gewicht);  ebenso  löst  Alkohol  aus  trocknem  Blutserum 
Salze  und  Fett  auf,  der  Rückstand  ist  in  beiden  Fällen  nicht  mehr  im 
Wasser  löslich,  sondern  bildet  damit  eine  gallertartige  zähe  Masse,  die 
sich  in  Salzen  mit  alkalischer  Basis  leicht  löst. 

Das  Albumin  erleidet  durch  den  Einflufs  der  Wärme  eine  sehr  merk- 
würdige Veränderung  in  den  Eigenschaften,  die  es  im  Eiweifs  und  Blut- 
serum besitzt.  Für  sich  oder  mit  etwas  Wasser  verdünnt,  gesteht  es  bei 
6*3  bis  73°  zu  einer  festen,  weifsen,  elastischen  Masse,  welche  beim 
Trocknen  gelb,  spröde,  durchscheinend,  horuartig  wird.  Sehr  verdünnte 
Mischungen  von  Wasser  mit  Eiweifs  oder  Blutserum  werden  beim  Erhitzen 
trübe , ohne  Gerinnung ; aber  beim  Entfernen  des  Wassers  durch  Ver- 
dampfen scheidet  sich  geronnenes  Eiweifs  in  Flocken  oder  Häuten  ab.  Zwei 
gleiche  Portionen  des  nämlichen  Eiweifses,  von  welchem  man  die  eine 
Portion  bei  gewöhnlicher  Temperatur  über  Schwefelsäure,  die  andere  nach 
vorbergegangener  Gerinnung  zur  Trockne  gebracht  hat,  hinterlassen  gleich- 
viel Rückstand  ( Chevreul ).  Das  trockne  coagulirte  Eiweifs  nimmt  >m 
Wasser  seine  weiche,  elastische,  undurchsichtige  Beschaffenheit  wieder ‘an. 
(Ein  Theil  getrocknetes  coaguiirtes  Eiweifs  saugt,  in  Wasser  gelegt,  in 
vier  Tagen  5 Th.  Wasser  ein;  frisches  Euteneivveifs  hinterläfst,  im  luft- 
leeren Raume  getrocknet,  13,65  festen  Rückstand.  Chevreul .) 

Das  coagulirte  Eiweifs  ist  in  kaltem  Wasser  unlöslich,  es  löst  sich  in 
siedendem  Wasser  beim  anhaltenden  Kochen  zum  Theil  auf.  Mit  etwras 
Wasser  in  eine  starke  Glasröhre  eingeschlossen  uud  auf  150°  erhitzt,  ent- 
steht eine  klare  Auflösung,  die  beim  Erkalten  nicht  gelatinirt.  (L.  Gmelin , 
Wühler  J 

Das  Albumin  im  Blutserum  und  Eiw  eifs  zeigt  in  Berührung  mit  andern 
Körpern  folgendes  Verhalten. 

Mit  Sauerstoffgas  in  Berührung,  wird  das  Volumen  dieses  Gases  in 
24  Stunden  nicht  merklich  geändert;  bei  Gegenwart  von  Kali  erfolgt  eine 
Absorbtion  des  Gases.  Chlorgas  oder  Chlorwasser  bringen  darin  ein  w7eifses 
Gerinnsel  hervor.  Das  Blutserum,  sowie  Eiweifs,  absorbiren  beträchtliche 
Mengen  kohlensaures  Gas.  Durch  vorsichtigen  Zusatz  von  Essigsäure, 
Salpetersäure,  Schwefelsäure  etc.  läfst  sich  die  alkalische  Reaction  des 


*)  Die  weifsen  Häute,  die  sich  hierbei  ausscheiden,  sind  nach  Couerbe  stick- 
stofffrei (?),  zerreiblich,  in  kochendem  Wasser  nicht  löslich.  Couerbe  be- 
zeichnete  die  Substanz  derselben  mit  dem  Namen  Oonin , 


Tili  er  alb  um  in, 


1335 


mit  Wasser  verdünnten  und  von  der  Zellensubstanz  durch  Filtriren  be- 
freiten Eivveifses  und  Blutserums  hinwegnehmen,  ohne  dafs  eine  Verände- 
rung entsteht.  Wird  diese  Flüssigkeit  mit  vielem  Wasser  vermischt , so 
entsteht  ein  gelatinöser  durchscheinender  Niederschlag,  der,  mit  reinem 
Wasser  gewaschen,  frei  von  Säure  und  löslichen  Salzen  ist;  er  äst  leicht 
löslich  in  Essigsäure  und  Phosphorsäure,  sowie  in  den  schwächsten  alka- 
lischen Laugen ; er  wird  ferner  leicht  in  Auflösungen  von  Salzen  mit  alka- 
lischen Basen  aufgenommen , namentlich  Salpeter-  und  schwefelsaurem  Na- 
tron. Durch  Kochen  mit  Wasser  verliert  er  diese  letztere  Eigenschaft. 
P.  Denis  betrachtet  diesen  Niederschlag  als  reinstes  Albumin , was  seine 
Mischbarkeit  und  Löslichkeit  im  Wasser  der  Gegenwart  von  Natron  oder 
Salzen  mit  alkalischen  Basen  im  Blut  und  Eiweifs  verdankt.  Die  concen- 
trirte  Auflösung  desselben  in  Salpeterwasser  gerinnt  beim  Erhitzen  zu  einer 
festen  Masse. 

Mit  etwas  Wasser  verdünntes  und  filtrirtes  Eiweifs  oder  Blutserum 
läfst  sich  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  ohne  Trübung,  bis  zum  Entstehen 
einer  sauren  Reaction  vermischen.  Die  erhaltene  schwefelsaure  Auflösung 
giebt  beim  Verdampfen  im  leeren  Raum  eine  blafs  citronengelbe  Masse, 
die  sich  mit  Hinterlassung  eines  schleimigen  Schwefelsäure-haltigen  Rück- 
standes löst.  Diese  Auflösung  gerinnt  bei  65°,  sie  wird  durch  Alkohol, 
sowie  durch  überschüssige  Schwefelsäure,  selbst  durch  Essigsäure  gefällt. 
Der  in  diesen  Fällen  gebildete  Niederschlag  enthält  Albumin  in  chemischer 
Verbindung  mit  Schwefelsäure.  Durch  Zusatz  von  überschüssiger  Schwe- 
felsäure zu  Albumin- haltigen  Flüssigkeiten  wird  das  Albumin  nahe  voll- 
ständig in  der  Form  dieser  schwefelsauren  Verbindung  ausgefällt  ( Berze - 
lius)  j die  letztere  kann  durch  Behandlung  mit  kohlensaurem  Ammoniak 
entzogen  werden.  Nach  Hruschauer  entsteht  nur  bei  Mischung  von  con- 
centrirter  Schwefelsäure  mit  Eiweifs  oder  Blutserum  sogleich  eine  Coagu- 
lation,  welche  zum  Theil  dem  Freiwerden  von  Wärme  oder  Wasserent- 
ziehung zuzuschreiben  ist.  Werden  beide  mit  ihrem  einfachen  oder  dop- 
pelten Volum  Wasser  vermischt,  so  entsteht  bei  Zusatz  von  kalter  ver- 
dünnter Schwefelsäure  (1  Theil  Säure  auf  2 bis  4 Theile  Wasser),  auch 
bei  einem  grofsen  Ueberschufs,  kein  Niederschlag,  erst  nach  einigen 
Stunden  tritt  eine  Scheidung  ein,  es  entsteht  ein  weil'ser  flockiger  Nieder- 
schlag, dem  bei  hinreichend  langem  Waschen  die  Säure  entzogen  werden 
kann , ohne  dafs  sein  Volumen  beträchtlich  abnimmt.  Die  Existenz  einer 
chemischen  Verbindung  von  Albumin  mit  Schwefelsäure  ist  hiernach  sehr 
problematisch. 

Fällt  man  Eiweifs  oder  Blutserum  mit  Salzsäure,  so  entsteht  ein  dickes 
weifses  Gerinnsel,  welches,  mit  reinem  Wasser  gewaschen,  sich  voll- 
ständig löst.  Zusatz  von  Säure  bewirkt  in  dieser  Auflösung  aufs  Neue 
eine  Fällung;  wird  sie  mit  kohlensaurem  Ammoniak  versetzt,  so  entsteht 
ein  gelatinöser  Niederschlag,  der,  mit  Wasser  gewaschen,  frei  von  Salz- 
säure ist.  Trocken  mit  Aether  behandelt,  löst  dieser  Fett  daraus  auf. 
f Berzelius .)  Salpetersäure  verhält  sich  ähnlich  wie  Salzsäure.  Der  ent- 
stehende weifse  Niederschlag  erhält  durch  Waschen  eine  schleimige  klei- 
sterartige Beschaffenheit;  Zusatz  von  überschüssiger  Salpetersäure  fällt 
aus  dem  klaren  Waschwasser  weifse  gallertartige  Flocken,  die  bei  länge- 
rer Berührung  mit  concentrirter  Säure  gelb  werden,  ln  Essigsäure  ist  der 
zuerst  durch  Salpetersäure  entstehende  Niederschlag  löslich.  Durch  Fällung 
des  Blutserums  und  Eiweifses  mit  Salzsäure  und  Salpetersäure  scheint  das 
Albumin  eine  besondere  Veränderung  zu  erleiden;  diese  Säuren  sind  in 
ihrer  Wirkung  jedenfalls  sehr  verschieden  von  der  Wirkung  der  Schwefel- 
säure. [Hru  schauer.) 

Essigsäure  und  Phosphorsäure  bringen,  Albuminauflösungen  im  Ueber- 
schufs zugesetzt,  keiue  Fällung  hervor;  die  essigsaure  Lösuug  gerinnt  nicht 
beim  Sieden.  ( Berzelius .) 

Verdünnte  Kali-  und  Natronlauge  mischt  sich  mit  Eiweifs  und  Blut  - 
serum io  allen  Verhältnissen.  Diese  Mischungen  coagulirert  nicht  beim 
Sieden  ; abgedampft  bildet  sich  auf  der  Oberfläche  eine  ziemlich  feste  Haut, 


1336 


Thier  albumiii. 


die  sich  so  oft  erneuert,  als  noch  Albumin  in  Lösung  sich  befindet.  Con- 
centrirte  Kali-  oder  Natronlaugen  bewirken  in  dem  Eiweifs  eine  Gerin-  1 
nung  durch  Wasserentziehung , bei  gelinder  Erwärmung  entsteht  hingegen 
eine  vollkommene  Auflösung,  beim  Kochen  tritt  Zersetzung  ein  (siehe  An- 
hang). Kalk-  und  Barytwasser  lassen  sich  mit  verdünntem  Eiweifs  ohne 
Trübung  mischen. 

Eiweifs  und  Blutserum  geben  (durch  ihren  Gehalt  an  freiem  Alkali) 
mit  Alaun,  mit  vielen  Metallsalzen,  namentlich  Blei-,  Eisen-,  Kupfer-, 
Quecksilber-  und  Silber-Salzen,  Niederschläge,  welche,  mit  Wasser  ge- 
waschen, Verbindungen  von  Albumin  mit  den  Metalloxiden  hinterlassen. 
Wird  das  freie  Alkali  durch  Essigsäure  hinweggeuommen , so  entsteht  im 
Eiweifs  oder  Blutserum  durch  Kupfer-  oder  Bleisalze  keine  Fällung.  Ein 
(Jeberschufs  des  Salzes  oder  von  Albumin  löst  meistens  den  entstandenen 
Niederschlag  wieder  auf;  sie  lösen  sich  ferner  in  ätzenden  Alkalien,  in 
neutralen  Salzen  mit  alkalischer  Basis,  Iodkalium,  phosphorsaurem  Na- 
tron, Blutlaugensalz  und  verdünnten  Säuren. 

Quecksilberchlorid  zeigt  in  einer  Auflösung,  welche  %909  Albumin  ent- 
hält, das  Albumin  durch  einen  weifsen  Niederschlag  noch  an.  (Albumin, 
Milch  etc.  dient  als  Gegenmittel  bei  Quecksilbervergiftungen.) 

Alle  sauren  Auflösungen  des  Albumins  werden  durch  Galläpfeltinktur 
und  Blutlaugensalz  gefällt. 

Galläpfelaufgufs  fällt  das  Eiweifs  und  Blutseram  in  bräunlichgelben , 
zusammenhängenden,  pechartigen  Flocken.  Durch  eine  Auflösung  von 
Kreosot  entsteht  ebenfalls  ein  starker  Niederschlag.  * 

Durch  Zusatz  von  Alkohol  zu  Eiweifs  und  Blutserum  entsteht  ein  star- 
kes Gerinnsel,  der  entstehende  Niederschlag  löst  sich  nicht  in  reinem 
Wasser. 

Weingeistfreier  AöÄer  verdickt  das  Eiweifs  zu  einer  festen  Gallerte, 
ebenso  Terpentinöl.  Das  Blutserum  gerinnt  nicht  durch  Aether. 

üncoagulirtes  Albumin,  mit  Alkohol  gekocht,  dem  man  etwas  Kali- 
lauge zugesetzt  hatte,  löst  sich  zum  grofsen  Theile  auf.  Beim  Erkalten 
scheiden  sich  Flocken  aus , die  sich  im  Wasser  und  Alkohol  wieder  lösen. 
(^Scherer.') 

Verhalten  des  gekochten  Albumins.  Es  ist  völlig  unermittelt,  in  wel- 
chem Zustande  sich  das  Albumin  befindet,  was  in  den  Niederschlägen  ent- 
halten ist,  die  in  dem  Vorhergehenden  beschrieben  worden  sind;  höchst 
wahrscheinlich  ist  es  in  keinem  derselben  von  der  Beschaffenheit,  die  es 
durch  Erhitzen  oder  Sieden  mit  Wasser  erhält.  Die  Gerinnung  durch  Hitze 
findet  statt  in  luftleeren  Gefäfsen,  ohne  Gasentwickelung,  ohne  Vergröfse- 
rung  oder  Verminderung  des  Umfangs.  (Frischgelegte  Eier,  oder  solche, 
die  man  sogleich  nach  dem  Legen  mit  Oel  überzog,  sollen  durch  Hitze 
nur  unvollständig  gerinnen.)  Das  mit  Wasser  wohl  ausgekochte  Eiweifs 
hinterläfst  in  der  Asche  keine  löslichen  alkalischen  Salze,  sondern  nur 
phosphorsauren  und  schwefelsauren  Kalk. 

In  einer  sehr  verdünnten  Mineralsäure , Salzsäure  z.  B. , löst  sich  ge- 
kochtes Eiweifs  bei  70  — 80°,  unter  Zurücklassung  von  w*enig  weifsen 
Flocken , in  einigen  Tagen  auf.  Wird  die  Salzsäure  einige  Stunden  mit 
der  Schleimhaut  des  Labmagens  vom  Kalbe  digerirt,  so  erlangt  sie  die 
Fähigkeit,  gekochtes  Eiweifs  bei  30  — 40°  in  8 — 12  Stunden  aufzulösen. 

Die  Auflösung  in  kochender  concentrirter  Salzsäure  färbt  sich  nach 
einiger  Zeit  schön  blau,  zuweilen  purpurroth. 

In  schwacher  Kalilauge  löst  sich  gekochtes  Eiweifs  leicht  auf^  die 
Auflösung  giebt,  mit  Schwefelsäure  übersättigt,  einen  zarten  weifsen  Nie- 
derschlag, welcher  frei  von  Schwefelsäure  ist. 

Durch  Kochen  einer  concentrirten  alkalischen  Lösung  von  Eiweifs  tritt 
Zersetzung  ein,  die  Flüssigkeit  empfängt  einen  Gehalt  von  Schwefel- 
kalium ; durch  Bleisalze  erhält  man  jetzt  einen  schwarzen  Niederschlag 
von  Schwcfelblei ; Säuren  bewirken  eine  Entwickelung  von  Schwefel- 
wasserstoff und  scheiden  bei  genauer  Neutralisation  einen  gelatinösen  Nie- 
derschlag ab,  der  sich  in  einen»  Ueberschnfs  von  Säure  wieder  löst.  In 


Thierfibrin. 


1837 


Kalkwasser  ist  das  gekochte  Eiweifs  ebenfalls  löslich.  (^Scheele.')  Sich 
selbst  überlassen  fault  das  Blutserum  und  Eiweifs  bei  Zutritt  der  Luft  ziem- 
lich rasch,  es  entsteht  unter  andern  Produkten,  die  nicht  naher  untersucht 
sind,  Schwefelammonium.  Das  gekochte  Eiweifs  widersteht  unter  Wasser 
lange  Zeit  der  Fäulnifs. 

Thierfibrin. 

Das  Thierfibrin  wurde  besonders  von  Fourcrog  Vmquelin , Berze - 

lius  etc.  untersucht;  es  bildet  einen  Bestandteil  des  Blutes,  der  Lymphe 
und  des  Cbylus , und  macht  die  Hauptmasse  der  Muskeln  aus. 

Wenn  frisches  Blut  während  dem  Gerinnen  mit  einem  Stabe  oder  einer 
Ruthe  gepeitscht  und  geschlagen  wird,  so  hängt  sich  das  Fibrin  in  Gestalt 
von  dicken,  aufgequollenen,  elastischen,  weifsen  Fäden  an  dem  Stabe  an. 
Durch  Kneten  in  erneutem  reinem  Wasser  befreit  man  es  von  dem  Blut- 
farbestoff. Man  kann  es  auch  aus  dem  Blutkuchen  gewinnen,  wenn  der- 
selbe in  reine  Leinwand  eingebunden  und  in  einem  Strome  reinen  Wassers 
so  lange  geknetet  und  gewaschen  wird,  bis  das  Wasser  klar  und  farblos 
abfliefsfc.  Zur  weiteren  Reinigung  digerirt  man  das  Fibrin  mit  Alkohol  und 
Aether,  wodurch  fette  Materien  entfernt  werden. 

Im  trocknen  Zustande  stellt  das  Fibrin  eine  sehr  zähe,  harte,  horn- 
artige, durchscheinende,  gelbliche  oder  graue,  geruch-  und  geschmack- 
lose Masse  dar,  welche  in  höherer  Temperatur  schmilzt,  nach  verbrann- 
tem Horn  riecht  und  eine  schwer  einzuäschernde  stickstoffhaltige  Kohle 
hinterläfst.  Vollkommen  verbrannt  bleiben  0,77  bis  2,5  p.  c.  Asche, 
welche  phosphorsauren  Kalk  und  Bittererde  enthält. 

Das  frisch  dargestellte  feuchte  Fibrin  (aus  arteriellem  Blut  der  Kuh) 
enthält  (durch  Austrocknen  im  leeren  Raume  bestimmt)  80,65  p.  c.  Was- 
ser, das  aus  venösem  Blut  78,95  Wasser.  ( Chevreul .) 

Der  trockne  Faserstoff  nimmt  im  Wasser  sein  dreifaches  Gewicht  Was- 
ser wieder  auf,  ohne  übrigens  ganz  sein  früheres  Ansehen  wieder  zu  ge- 
winnen. In  siedendem  Wasser  schrumpft  das  Thierfibrin  ein,  verliert  seine 
elastische  Beschaffenheit  und  wird  weich  und  zerreiblich,  bei  längerem 
Sieden  wird  es  zum  grofseu  Theil  aufgelöst.  Die  Auflösung  schmeckt  nach 
Fleischbrühe,  sie  trocknet  zu  einer  spröden,  gelblichen,  durchsichtigen, 
in  Wasser  wieder  löslichen  Masse  ein,  ohne  zu  gelatiniren. 

Feuchtes  Fibrin,  in  einer  mit  Sauerstoffgas  gefüllten  und  durch  Queck- 
silber gesperrten  Giocke  absorbirt  V10  von  dem  Volumen  des  Gases  und 
verwandelt  das  Rückständige  in  Kohlensäure,  üeberläfst  inan  Fibrin  (von 
venösem  Blut)  mit  Wasser  bedeckt,  sich  selbst,  so  wird  die  Mischung 
nach  einigen  Tagen  schleimig  und  nimmt  den  Geruch  nach  altem  Käse  an, 
es  entstehen  Ammoniaksalze , sie  wird  nach  und  nach  flüssig  und  coagulirfc 
alsdann  ähnlich  wie  Blutserum  beim  Erhitzen,  Zusatz  von  Sublimat  und 
Alkohol.  100  Gramme  feuchtes  Fibrin,  auf  einem  Trichter  mit  Wasser 
bedeckt,  was  man  alle  zwei  bis  drei  Tage  abfliefsen  liefs  und  wieder 
durch  frisches  ersetzte,  verschwindet  in  drei  Monaten  völlig,  nur  eine 
dünne  braune  Schicht  auf  dem  Papier  liinterlassend , die  sich  nicht  ablösen 
liefs.  ( Gay-Lussac  Ann.  d.  chim.  et  de  phys.  IV.  p.  71). 

Muskelöeisch  von  Ochsen  und  ein  Stück  Leber  verhielten  sich  gleich, 
mit  dem  Unterschiede  jedoch , dafs  das  darin  enthaltene  Fett  auf  dem  Filter 
zurückblieb. 

Frisches  Fibrin  aus  venösem  Blut  löst  sich  in  gelinder  Wärme  in  essig- 
saurem Natron  und  Salmiak  ( Berthollet ),  dasselbe  löst  sich  bei  40 50° 

in  einer  kaltgesättigten  Salpeterlösung.  Die  erhaltene  Fibrinlösung  coa- 
gulirfc beim  Kochen  und  wird  durch  Alkohol  und  Sublimat  gefällt,  so  wie 
durch  Essigsäure;  sie  zeigt  mithin  die  Eigenschaften  des  Albumins  (und 
Caseins). 

Das  Fibrin  der  Muskelfaser  kann  durch  Salpeterlösung  ebenfalls  ver- 
flüssigt werden.  Diese  Eigenschaft  geht  dem  Fibrin  aus  arteriellem  Blute, 
Geiger’ $ Pharma cie.  I.  (5 te  Aufi.)  85 


1338 


Thiercasein. 


so  wie  dem  Fibrin  aus  dem  in  entzündlichen  Krankheiten  gelassenen  Blute 
ab.  Durch  Aussetzen  an  die  Luft,  Behandlung  mit  siedendem  Wasser  ver- 
liert auch  das  Fibrin  des  venösen  Blutes  seine  Fälligkeit,  sich  in  Salpeter- 
wasser zu  lösen. 

Gegen  Alkalien  und  Säuren  verhält  sich  das  Fibrin  ähnlich  wie  das 
gekochte  Albumin. 

Mit  Wasserstoffhyperoxid  in  Berührung  bringt  frisches  Thierfibrin  eine 
Zersetzung  unter  lebhafter  Entwickelung  von  Sauerstoffgas  hervor,  durch 
Kochen  oder  Behandlung  mit  Alkohol  verliert  das  Fibrin  diese  Eigenschaft. 

Thiercasein . 

Das  Thiercaseiu  ist  vorzüglich  in  der  Milch  der  Säugethiere  enthalten 
und  der  Schwefel-  und  stickstoffhaltige  Hauptbestandteil  derselben  , wel- 
cher in  dem  Ernäliruugsprocefs  zur  Blutbildung  verwendet  wird. 

Das  Thiercasein  ist  in  reinem  Zustande  unbekannt,  man  kennt  nur 
seine  Verbindungen  mit  Basen  oder  Säuren,  zu  welchen  beiden  es  eine 
ausgezeichnete  Verwandschaft  besitzt.  Die  Widersprüche  in  den  Eigen- 
schaften, die  man  diesem  Körper  zuschreibt,  erklären  sich  aus  der  Ver- 
schiedenheit der  Verbindungen,  die  man  davon  dargestellt  und  irrigerweise 
als  reines  Thiercaseiu  beschrieben  bat. 

Das  reine  Thiercasein  ist  für  sich  im  Wasser  nicht  löslich  und  in  der 
Milch  durch  Kali  io  Auflösung  erhalten,  welches  derselben  eine  schwach 
alkalische  Keaction  ertlieilt.  Alle  Säuren  bringen  bei  vorsichtiger  Neutra- 
lisation des  Alkali’s  in  der  abgerahmten  Milch  keine  Gerinnung  hervor, 
erhitzt  man  aber  nun  zum  Sieden , so  scheidet  sich  das  Casein  in  zähen, 
weifsen,  zusammenklebenden  Flocken  aus.  Bei  einem  Uebcrschufs  von 
Oxal-  und  Weinsäure  löst  sich  der  gebildete  Niederschlag  wieder  auf;  er 
ist  sehr  wenig  löslich  in  verdünnten  oder  mäfsig  concentrirten  Mineral- 
säuren , woher  es  kommt , dafs  in  den  Auflösungen  des  Thiercaseins  in 
Pfianzensäuren  durch  Salzsäure  und  Schwefelsäure  ein  Niederschlag  her- 
vorgebracht wird.  Io  der  mit  Wasser  verdünnten  Milch  bringt  Essigsäure 
einen  Niederschlag  hervor,  der  durch  einen  Ueberschufs  von  Säure  wieder 
verschwindet.  Verdünnte  Phosphorsäure  bringt  in  derMilch  keine  Gerin- 
nung hervor,  diese  erfolgt  sogleich,  wenn  der  kochenden  Milch  einige 
Tropfen  mäfsig  concentriner  Phosphorsäure  zugesetzt  werden.  Das  durch 
überschüssige  Schwefelsäure  in  der  Milch  hervorgebrachte  Coagulum  ent- 
hält eine  gewisse  Menge  Säure  in  chemischer  Verbindung,  die  durch  Wa- 
schen hiuweggenommen  werden  kann.  Dieses  Coagulum  löst  sich  in 
kohlensauren  Alkalien  leicht  tnd  mit  Aufbrausen  auf  und  kann  durch  neuen 
Zusatz  von  verdünnter  Schwefelsäure  wieder  daraus  gefällt  werden.  Der 
Niederschlag,  der  durch  Neutralisation  der  Milch  mit  Schwefelsäure  beim 
Sieden  erhalten  wird,  reagirt  nicht  sauer,  er  hinterläfst  nach  dem  Aus- 
waschen mit  kochendem  Wasser,  Trocknen  und  Verbrennen  eine  alkalische 
Asche,  welche  Kalk,  Gyps  und  phosphorsauren  Kalk  enthält.  Wird  das 
schwefelsaure  Thiercasein  mehrmals  hintereinander  in  einer  alkalischen 
Flüssigkeit  gelöst,  kochend  mit  verdünnter  Schwefelsäure  gefällt  und  in 
heifsem  Wasser  völlig  ausgewaschen  , so  gelingt  es  zuletzt,  ein  schwe- 
felsaures Thiercasein  zu  erhalten,  was  beim  Verbrennen  keine  Asche  mehr 
hinterläfst. 

Das  Schwefelsäure  Thiercasein  ist  in  kaltem  Wasser  schwierig,  in  ko- 
chenden ziemlich  leicht  löslich.  Die  heifse  Auflösung  reagirt  wie  bemerkt 
sauer  und  giebt  bei  vorsichtigem  Zusatz  von  kohlensaurem  Kali  ein  starkes 
weifses  Coagulum  von  Casein,  was  sich  bei  einem  schwachen  Ueberschufs  | 
von  Alkali  vollständig  wieder  löst.  Diese  Erscheinung  dürfte  sich  nicht 
zeigen,  wenn  das  Casein,  wie  man  gewöhnlich  glaubt,  für  sich  im  Wasser 
löslich  wäre. 

Setzt  man  schwefelgaurem  Casein  Barytwasser  in  kleinen  Portionen 
zu,  bis  alle  saure  Reaction  verschwunden  ist,  so  erhält  man  einen  in 
Wasser  unlöslichen  Rückstand.  Digerirt  man  schwefelsaures  Casein  bei 


Thiercasein. 


1339 

gewöhnlicher  Temperatur  mit  Wasser  und  kohlensaurer»  Baryt , so  erhält 
man  eine  Auflösung  von  Casein  «eiche,  zur  Trockne  abgedampft,  eine 
Masse  giebt,  die  JO  — 21  p.  c.  Kohlensäuren  Baryt  nach  dem  Verbrennen 
hinterlafst.  (Vogel,')  Auf  diesem  Wege  kann  demnach  kein  neues  Casein 
dargestellfc  werden.  Vermischt  man  abgerahmte  Milch  mit  ihrem  Reichen 
Volum  Alkohol;  so  entsteht  ein  dicker  weifser  Niederschlag  "vvekTier  eine 
zähe  , alkalische  Asche  nach  dem  Verbrennen  hinterläfst.°  Mit  Weingeist 
in  feuchtem  Zustande  ausgekocht;  löst  sich  eine  beträchtliche  Menne  davon 
auf  und  scheidet  sich  beim  Erkalten  theilweise  in  Flocken  wieder  aus 
Diese  Flocken  bestehen  aus  einer  an  Alkali  reichen  Verbindung  des  Caseins“ 
sie  losen  sich  in  reinem  Wasser.  (Scherer.)  Die  weingeistige  Lösun^ 
des  Caseins  gient , mit  Essigsäure  versetzt ; einen  Niederschlag , der  bp! 
einem  üeberschufs  von  Säure  verschwindet.  Alle  weingeistigen  Lösungen 
von  Casein  hinterlassen  nach  dem  Abdampfen  und  Verbrennen  eine  alkSli- 
reiche  Asche.  (Scherer).  Nach  dem  Auskochen  des  mit  Alkohol  aus  der 
Milch  erhaltenen  Coagulums,  mit  Weingeist ; Waschen  mit  Aetlier  und 
Wasser;  bleibt  der  gröfste  Thei]  des  Caseins  im  Rückstand  und  stellt  in 
trocknem  Zustande  eine  weifse,  undurchsichtige;  geruch-  und  geschmack- 
lose und  in  Wasser  unlösliche  harte  Masse  dar,  welche  nicht  als  reines 
Casem  betrachtet  werden  kann;  da  sie  nach  dem  Verbrennen  10  p c 
Asche  und  namentlich  phosphorsauren  Kalk  hinterläfsC  (Scherer).  Diese 
Masse;  mit  kaustischem  Ammoniak  in  Berührung,  schwillt  wie  Traganfch 
auf  und  bildet  eine  Gallerte  , die  sich  in  mehr  Wasser  vollständig  lösk 
Sie  lost  sich  ferner  mit  Leichtigkeit  in  reinen  und  kohlensauren  fixen  Al- 

Kal  16 II« 

Man  nimmt  gewöhnlich  an,  dafs  das  kohlensaure  Kali,  was  man  nach 
,mpfen  und  Verbrennung  des  Rückstandes  der  Molken  erhält,  in 
der  Milch  in  der  Form  von  milchsaurem  Kali  enthalten  sey,  allein  in  fri- 
scher Milch  kann  keine  Milchsäure  nachgewiesen  werden.  Man  kann  im 
Gegentheile  die  Milch  mit  einer  beträchtlichen  Menge  verdünnter  Schwe- 
felsäure oder  Salzsäure  vermischen,  ohne  dafs  sie  eine  saure  Reaction 
annirnmt.  Wäre  das  Casein  für  sich  in  Wasser  löslich  und  das  Alkali  an 
Milchsäure  gebunden  , so  müfste  ein  jeder  Tropfen  der  zugesetzten  Säure 
ein  Aequivalent  Milchsäure  in  Freiheit  setzen.  (Haidien.) 

Lösliches  Thiercasein.  Mit  diesem  Namen  bezeichnen  wir  mit  Bra 
connot  eine  Verbindung  des  Thiercaseins  mit  Kali,  welche  erhalten  wird 
indem  man  schwefelsaures  Casein  mit  Wasser  zum  Sieden  erhitzt  und  so 
lange  tropfenvveise  kohlensaures  Kali  zusetzt,  bis  sich  alles  vollständig 
zu  einer  schleimigen  Flüssigkeit  gelöst  hat,  welche  trübe  und  unklar  von 
eingemengten  FetttheiJen  ist.  Man  mischt  sie  mit  Alkohol,  bis  ein  schwa- 
cher Niederschlag  gebildet  wird  und  überläfst  sie  der  Ruhe  , wo  sie  sich 
klart.  Den  Absatz  am  Boden  und  an  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  trennt 
man  durch  Filtration  und  dampft  die  erhaltene  klare  Flüssigkeit  zur 
Trockne  ab.  Die  trockne  Masse  stellt  lösliches  Casein  dar,  von  'schwach- 
saurer Reaction,  es  ist  fest,  hart,  unveränderlich  an  der  Luft,  durch- 
sichtig und  dem  reinen  arabischen  Gummi  sehr  ähnlich,  es  löst  sieh  in  kal- 
tem  und  kochendem  Wasser  zu  einer  schleimigen  Flüssigkeit , die  beim 
Abdampfen  auf  der  Oberfläche  eine  Haut  bildet,  welche  eben  so  oft  wieder 
neu  entsteht,  als  man  sie  hinwegnimmt.  (Braconnot.) 

M-, „?äure“  Averha!*eö  sich  ^egen  die  Auflösung  des  Caseins  wie  gegen  die 
Milch  , mit Ausna£rae  der  Phosphorsäure,  durch  welche  keine  Coagulation 
bewirkt  wird.  (Braconnot.)  Die  durch  Säuren  bewirkten  Niederschläge 
losen  sich  m essigsauren  Alkalien  auf.  Alle  Erden-  und  Metalloxide  Bit- 
tererde  und  Zinnoxid  scheiden  aus  der  Auflösung  des  löslichen  Caseins 
das  Casem  ab,  indem  sie  sich  damit  verbinden.  In  einer  ähnlichen  Weise 
verhalten  sich  Metallsalze  oder  Kalk,  Baryt  und  Erdsalze?  “m7n  zu 
??  ??i.AU|fl?SUI1’i.  V?i"  Gypswasser  und  erhitzt  zum  Sieden, 

n t Si‘fh  3 les  Gasem  ia  GestaU  eines  unlöslichen  Coagu- 

lums  ab.  Kohlensaurer  Kalk  oder  schwefelsaurer  Baryt  mit  einer  Auflö- 


18  iO 


Milch. 


sung  von  Casein  erwärmt  und  abgedampft  , gebt  damit  eine  unauflösliche 
Verbindung  ein.  (Braconnot.) 

Alkohol  hat  keine  Wirkung  auf  das  lösliche  Casein,  in  schwachem 
Weingeist  ist  es  hingegen  löslich.  C Braconnot. ) 

Durch  Zusatz  von  Zucker  oder  löslichen  Salzen  mit  alkalischen  Basen 
tritt  ähnlich  wie  bei  den  Seifen  eine  Scheidung  ein,  das  lösliche  Casein 
scheidet  sich  in  Gestalt  einer  körnigen  Masse  ab,  die  in  reinem  Wasser 
wieder  löslich  ist. 

Mit  Gummi  erwärmt  verliert  das  lösliche  Casein  völlig  seine  Löslichkeit, 
was  Braconnot  den  darin  enthaltenen  Kalksalzen  zuschreibt. 

Die  Milch . 

Beim  Abdampfen  der  Milch  in  der  Wärme  an  der  Luft  entsteht  an 
ihrer  Oberfläche  eine  weifse  Haut,  welche  hänweggenommen , sich  wieder 
erneuert.  In  einem  sauerstotffreien  Gase  beobachtet  man  die  Bildung  der- 
selben nicht.  ( Scherer.")  Mit  Alkohol  und  Aether  von  dem  anhängenden 
Fett  befreit  stellt  sie  eine  in  kaltem  und  heifsem  Wasser  unlösliche, 
weiche,  zerreibliche  Masse  dar,  die  beim  Verbrennen  Kalk  und  phosphor- 
sauren Kalk  hinterläfst.  Wird  die  Milch  im  luftleeren  Raum  zur  Trockne 
abgedampft  und  der  Rückstand  mit  einer  Mischung  von  Aether  und  Alkohol 
ausgewaschen,  so  löst  sich  die  Butter  auf.  Durch  weitere  Behandlung  mit 
kaltem  Wasser  werden  die  Salze  und  der  Milchzucker  aufgelöst,  zuletzt 
bleibt  das  Thiercasein  im  unlöslichen  Zustande  zurück.  Dieser  Weg  wird 
gewöhnlich  zur  Analyse  der  Milch  eingeschlagen. 

Ueberläfst  man  die  Milch  der  Einwirkung  der  Luft,  so  erleidet  das 
aufgelöste  Casein  durch  den  Einflufs  des  Sauerstoffs  eine  Veränderung, 
die  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  auf  den  in  der  Milch  enthaltenen 
Milchzucker  überträgt.  Nach  24  Stunden  oder  einigen  Tagen  gerinnt  die 
Milch  ohne  bemerkliehe  Gasentwickelung  zu  einer  zitternden , weifsen, 
gallertartigen  Masse,  die  sich  beim  Erwärmen  zu  dicken  weifsen  Flocken 
zusammenzieht,  welche  iu  einer  gelblichen  Flüssigkeit,  Molken , schwim- 
men. Bei  dieser  Aenderung  in  der  Beschaffenheit  der  Milch  beobachtet 
man  einen  Zeitpunkt,  wo  dieselbe  bei  gewöhnlicher  Temperatur  noch  voll- 
kommen flüssig,  durchaus  keine  äufserlich  wahrnehmbaren  Zeichen  von 
Zersetzung  darbietet,  wo  aber  Coagulation  eiutritt,  sobald  sie  zum  Sieden 
erhitzt  wird,  ln  einem  weiter  fortgeschrittenen  Zustande  findet  man,  dafs 
sie  schon  bei  gelinder  Wärme  zu  einer  zusammenhängenden  Masse  ge- 
rinnt und  eine  saure  Reaction  darbietet.  [Schet'er.}  Diese  Erscheinung 
hängt  offenbar  mit  der  ungleichen  Menge  der  in  diesen  verschiedenen  Sta- 
dien aus  dem  Milchzucker  gebildeten  Milchsäure  zusammen,  und  das  Ge- 
rinnen selbst  mufs  von  der  Gegenwart  des  Milchzuckers  als  abhängig  be- 
trachtet werden. 

Die  saure  Reaction  der  Molken  nimmt  in  offenen  Gefäfsen  bei  fort- 
dauernder Einwirkung  des  abgeschiedenen  Caseins  auf  deu  noch  vorhan- 
denen Milchzucker  zu , bis  derselbe  völlig  verschwunden  ist.  Sättigt  man 
die  freie  Milchsäure  mit  kohlensaurem  Natron  und  fügt  der  Masse  eine 
neue  Quantität  Milchzucker  hinzu,  so  wird  eine  der  zugesetzten  Menge 
correspondirende  Menge  Milchsäure  erzeugt , und  in  dieser  Weise  kann 
durch  abwechselnden  Zusatz  von  Natron  und  Milchzucker  der  letztere  so 
lange  in  Milchsäure  übergeführt  werden,  als  noch  Casein  im  Zustand  der 
Umsetzuug  vorhanden  ist.  ( Fremy .)  Das  durch  Sauerwerden  der  Milch 
gebildete  Coagulum  hinterläfst  nach  dem  Verbrennen  2 p.  c.  nichtalkalische 
Asche.  (Scherer.}  Durch  Zusatz  von  kohlensaureu  Alkalien  läfst  sich 
das  Sauerwerden  der  Milch  vermeiden,  es  wird  ferner  verlangsamt  dureh 
Zusatz  von  Salzen  mit  alkalischer  Basis. 

Erhitzt  man  frisch  gemolkene  Milch  in  einem  gut  verschlossenen  Ge- 
fäfse  iu  siedendem  Wasser,  bis  sie  die  Temperatur  desselben  angenommen 
hat,  so  erhält  sie  sich  eine  unbegränzte  Zeit  ohne  alle  Veränderung.  Mit 
dem  Oeffnen  des  Gefäfses,  d.  h.  mit  dem  Zutritt  der  Luft,  tritt  hingegen 


Milch. 


1341 


die  beschriebene  Veränderung  ein.  Dafs  in  der  That  die  Bildung  der  Milch- 
säure aus  dem  Milchzucker  die  Ursache  des  Gerinnens  der  Milch  ist^  geht 
mit  zweifelloser  Gewifsheit  daraus  hervor,  dafs  thierische  Materien  , die 
im  Zustand  der  Veränderung  begriffen,  den  Milchzucker  für  sich  in  Milch- 
säure zu  verwandeln  vermögen  , die  Gerinnung  der  frischen  Milch  im  ho- 
hen Grade  beschleunigen.  Dies  geschieht  namentlich  schnell  durch  die 
Schleimhaut  des  Magens  junger  Kälber  (Labmagen)  oder  vielmehr  durch 
eine  lösliche  Materie,  die  durch  Zersetzung  desselben  in  Berührung  mit 
Wasser  gebildet  wird. 

Wird  ein  kleines  Stück  der  frischen  oder  eingesalzenen  Schleimhaut 
mit  Wasser  10  Stunden  oder  länger  in  Berührung  gelassen  und  diese  Flüs- 
sigkeit sodann  mit  dem  zweitausendfachen  Volum  frischer  erwärmter  Milch 
gemischt,  so  gerinnt  sie  nach  einer  bis  zwei  Stunden  völlig  ohne  Gas- 
entwickelung zu  einer  zitternden  Gallerte.  Von  dieser  Eigenschaft  wird 
in  der  Käsebereitung  Anwendung  gemacht.  Durch  vorsichtige  Bewegung 
der  geronnenen  Masse  vereinigt  sich  das  Gerinnsel  zu  dichten  Flocken, 
süfser  Käse,  die  keine  saure  Reaction  besitzen  nnd  in  einer  weder  sauren 
noch  alkalischen  Flüssigkeit  schwimmen , süfse  Molken.  Die  siifsen  Mol- 
ken, so  rasch  und  so  vollständig  wie  möglich  von  dem  Coagulum  befreit, 
geben  beim  Abdampfen  und  Kristallisiren  den  unverändert  gebliebenen 
Milchzucker.  Längere  Zeit  mit  dem  süfsen  Käse  in  Berührung , geht  der 
Milchzucker  in  Milchsäure  über. 

Das  nach  Braconnot  dargestellte  lösliche  Casein  wird  durch  die  Schleim- 
haut des  Kalbsmagens  unter  denselben  Umständen  nicht  coagulirt. 

Werden  süfse  oder  saure  Molken  zum  Sieden  erhitzt,  so  entsteht  eine 
neue,  wiewohl  schwache  Gerinnung  durch  Abscheidung  weifser  Flocken, 
die  nach  ihren  Eigenschaften  dem  ThieraJhumin  identisch  sind.  (Zieger.) 
Das  Gewicht  des  frischen  Käse  zu  dem  des  Ziegers  verhält  sich  im  trock- 
nen Zustande  wie  100:  16  — 18.  (Scherer.) 

WTird  die  Milch  nach  der  von  selbst  erfolgenden  Gerinnung  bei  ge- 
wöhnlicher oder  besser  bei  einer  Temperatur  von  24  — 30°  in  einem  ver- 
schlossenen Gefäfse  sich  selbst  überlassen , so  stellt  sich  eine  lebhafte 
Gasentwickelung  ein,  ein  Thei!  des  Milchzuckers  verwandelt  sich  in  Trau- 
benzucker , der  durch  die  Einwirkung  des  sich  zersetzenden  Käse  in  Al- 
kohol und  Kohlensäure  zerfällt.  Bei  der  Destillation  erhält  man  einen  an 
Ammoniak  reichen  nach  Buttersäure  riechenden  Weingeist.  Die  gegohrne 
Milch,  längere  Zeit  der  Luft  ausgesetzt,  giebt  einen  schwachen  Essig, 
der  durch  Zusatz  von  Branntwein  und  längeres  Aussetzen  an  die  Luft  ver- 
stärkt werden  kann.  Zucker,  den  man  in  höheren  Temperaturen  mit  Käse 
gähren  läfst,  liefert  unterWasserstoffgas  und  Kohlensäureentwickelung 
eine  reichliche  Menge  Buttersäure.  ( Pelouxc .) 

In  der  Verwesung  des  Thiercaseins  (in  offenen  Gefäfsen)  wird  nach 
diesen  Beobachtungen  der  Milchzucker  in  Milchsäure  verwandelt , in  dem 
eigentlichen  Fäulnifsprocefs  hingegen  erleidet  er  die  nämlichen  Verände- 
rungen wie  der  Rohrzucker.  In  einer  andern  Zersetzungsweise , welche 
bis  jetzt  nicht  näher  untersucht  ist  , nimmt  die  Milch  eine  schleimige  Be- 
schaffenheit an  und  läfst  sich  in  lange  Fäden  ziehen.  (Langwerden  derMilch.) 

Die  Milch  enthält  neben  Tbiercasein  Milchzucker,  Fett  (Butter)  und 
Salze.  Die  nieht  wechselnden  fixen  Bestandteile  in  der  Milch  der  Kuh 
sind  Kali  und  phosphorsaurer  Kalk,  die  Frauenmilch  ist  reicher  an  Alkali 
und  zwar  an  Natron. 

Berzeliits  fand  in  der  Kuhmilch  Chlorkalium,  phosphorsaures  Alkali, 
phosphorsauren  Kalk,  freien  Kalk,  Bittererde,  nebst  Spuren  von  Eisen- 
oxid. Da  man  in  der  Milch  der  Thiere  und  des  Menschen  viele  Salze  wie- 
der findet , die  sie  durch  den  Mund  zu  sich  genommen  haben,  wie  kohlen- 
saures Natron  , Iodkalium,  Kochsalz  etc.,  so  hat  man  bei  Analjsen  der 
Milch  auf  den  Inhalt  der  Nahrung  an  Salzen  Rücksicht  zu  nehmen, 
( Peligot .) 

Nach  der  Untersuchung  von  Jlaidlen  enthielten  100  Th.  Milch  zweier 

Kühe 


1312 


Milch. 


I. 

II. 

Phosphorsauren  Kalk 

0,281 

0,344 

M 

Bittererde 

0,042 

0,064 

Eisenoxyd 

0,007 

0,097 

Chlorkalium  . 

0,144 

0,183 

Chlornatrium  . 

0,024 

0,034 

Natron  . . . 

0,042 

0,045 

0,490  0,677 

Da  ferner  das  Casein  eine  nicht;  unbeträchtliche  Menge  Schwefel  ent- 
halt, so  ist  es  stets  der  Fall,  dafs  sich  bei  Einäscherung  des  nach  der 
Verdampfung  bleibenden  Rückstandes  eine  gewisse  Menge  schwefelsaures 
Salz  vorfindet,  was  z.  B.  (nach  Berzelius ) in  der  Kuhmilch  fehlt. 

Die  bis  jetzt  angestellten  Analysen  der  Milch  geben  über  die  Menge 
der  in  den  Brüsten  milchgebeuder  Thiere  abgesonderten  festen  Bestandteile  i 
keinen  Aufschlufs.  Der  Wassergehalt  der  Milch  wechselt  mit  der  Nah- 
rung und  dem  Zustand  der  Bewegung  und  Anstrengung,  deuen  sich  das 
Thier  hingeben  mufs,  um  sich  die  Nahrung  zu  verschaffen.  Bei  Stallfütte- 
rung gibt  eine  Kuh  eine  gröfsere  Quantität  Milch,  als  auf  freier  Weide, 
sie  ist  aber  der  procentischen  Zusammensetzung  nach  ärmer  an  festen  Be- 
standteilen und  enthält  mehr  Wasser.  Das  relative  Verhältnis  der  Butter 
und  des  Milchzuckers  zum  Käse  ist  eben  so  wechselnd,  bei  starker  Be- 
wegung ändert  sich  mit  dem  Wassergehalt  das  relative  Verhältnis  der 
Butter  zum  Käse.  Einen  ähnlichen  Einflufs  hat  die  Nahrung  auf  die  Zu- 
sammensetzung der  Milch , eine  an  Stickstoff  reiche  Nahrung  gieht  eine 
an  Käse  reiche  Milch,  Amylon  erhöht  den  Butter-  und  Milchzuckergehalt. 

F.  Simon  erhielt  bei  dem  Abdampfen  einer  frischen  Kuhmilch  85,9  p.  c. 
Wasser  und  14,1  p.  c.  Rückstand,  der  letztere  bestand  aus  7 Casein, 
8,93  Butter,  3,87  Milchzucker  und  Salze.  Boussingault  erhielt  von  100 
Kuhmilch  3 bis  3,4  Casein,  3,5  bis  5,6  Butter,  4,3  bis  5,5  Milchzucker 
und  86,5  bis  88,8  Wasser.  Für  diese  beiden  Analysen  hört  jede  Verglei- 
chung auf. 

Eine  der  besten  Methoden  zur  Analyse  der  Milch  ist  von  Haidien 
(Annalen  der  Pharmazie  T.  XLV.  p.  274)  beschrieben  worden.  Man  be- 
feuchtet gebrannten  Gyps  mit  Wasser,  reibt  die  hartgewordene  Masse  zu 
feinem  Pulver  und  trocknet  alsdann  so  lange  im  Wasserbade  , bis  er  nichts 
mehr  am  Gewicht  verliert.  Man  wiegt  alsdann  eine  gewisse  Quantität 
davon  ab  und  trägt  dieselbe  in  etwa  das  fünffache  Gewicht  Milch  ein, 
die  man  sodann  bis  zum  Sieden  erhitzt.  Das  Ganze  wird  alsdann  zur 
Trockne  im  Wasserbade  eingedampft  und  gewogen,  wenn  kein  Gewichts- 
verlust mehr  bemerkbar  ist.  Zieht  man  das  Gewicht  des  zugesetzten 
Gypses  von  dem  erhaltenen  Gewicht  ab,  so  hat  man  das  Gewicht  aller  in 
der  Milch  enthaltenen  fixen  Bestandtheile  zusammengeuommen.  Die  trockne 
Masse  wird  nun,  was  leiclit  geschieht,  aus  der  Porzellanschalo  heraus- 
genommen, zu  Pulver  zerrieben,  ein  bestimmtes  Gewicht  davon  in  ein 
tarirtes  Glaskölbchen  gebracht  und  mit  Aefcher  so  lange  ausgezogen,  als 
dieser  noch  Butter  aufnimmt,  das  Glaskölbchen  mit  der  Substanz  im  Was- 
eerbade  getrocknet,  gibt  bei  einer  neuen  Wägung  in  dem  Verlust  die  aus- 
gezogene Butter,  die  man  zum  üeberfluss  durch  das  Gewicht  des  Rück- 
standes nach  Verdampfung  des  Aethers  controliren  kann.  Nach  der  Be-  i 
handlung  mit  Aether  wird  der  Rückstand  in  dem  Glaskölbchen  mit  Wein- 
geist von  0,85  erschöpft,  der  Gewichtsverlust  gibt  den  Milchzucker  und 
die  im  Weingeist  löslichen  Salze  der  Milch.  Was  mit  dem  Gj  ps  verbun- 
den bleibt,  ist  Casein  und  enthält  die  unlöslichen  Salze  der  Milch,  durch 
Abdampfen  und  Verbrennen  des  Rückstandes  einer  zweiten  Quantität  der 
nämlichen  Milch,  erhält  man  die  Summe  der  Salze,  die  durch  Wasser  in 
lösliche  und  unlösliche  getrennt  und  bestimmt  werden.  Nach  diesem  Ver- 
fahren gaben  100  Th.  Milch  einer 


Fäulniss  des  Tliiercaseins. 


1843 


Kuh  8 Butter,  4,8  Milchzucker,  5,1  Casein  und  unlösliche  Salze, 

Frauenmilch  3,4  — 4,3  — 3,1  — von  einer  andern  kran- 

ke« Frau 

— 1,3  — 3,2  — 8,7  {Haidien.-) 

Zur  Vergleichung  der  Zusammensetzung  der  Milch  von  verschiedenen 
Thieren  geben  wir  im  Folgenden  einige  Analysen  von  Chevallier  und 
Henry , die  nur  in  so  fern  einen  gewissen  Werth  haben,  als  sie  nach  einer 
und  derselben  Methode  angestellt  sind.  (Die  Milch  wurde  im  Kochen  durch 
Essigsäure  cuagulirt , der  abgeschiedene  Käse  von  der  Butter  durch  Aether 
geschieden,  die  Molken  abgedampft  und  der  trockne  Rückstand  gewogen; 
unter  Salzen  sind  die  feuerbeständigen  Bestandteile  begriffen.) 


Kuh-  Esels-  Frauen-  Ziegen - Schaf- 
milch milch  milch  milch  milch 

Trockner  Käse  . . 4,48  . . 1,88  . . 1,53  . . 4,03  . . 4,50 

Butter  . . r . . ..  3,13  . . 0,11  . . 3,55  . . 3,33  . . 4,30 

Trockner  Milchzucker  4,77  . . 6,08  . . 6,50  . . 5,38  . . 5,00 

Salze 0,60  . . 0,34  . . 0,45  . . 0,58  . . 0,88 

Wasser  87,08  . . 91,65  . . 87,95  . . 86,80  . . 85,63 


Colostrum.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  man  die  in  der  ersten  Zeit 
nach  der  Geburt  abgeschiedene  Flüssigkeit,  welche  durchaus  ihrem  Ver- 
halten und  ihrer  Zusammensetzung  nach  von  der  Milch  verschieden  ist; 
bei  Kühen  ist  sie  dunkelgelb  , dickschleimig  und  enthält  mir  Spuren  von 
Butter,  nicht  durch  Labmagen  coagulirbar.  Beim  Erwärmen  gesteht  sio 
gänzlich  wie  Serum  zu  einer  festen  dem  coagulirten  Serum  ähnlichen 
Masse. 

Zusammensetzung  des  Colostrums  der 

Kuh  Eselin  Ziege 

Chevallier  u.  Henry  BoussingauU 

Albumin  (durch  H;tze  coa- 


gulirbar   15,07  ....  15,1  . . 11,60  . 84,50 

Casein 3,  . . 0,80  . 3,00 

Butter 8,60  ....  8,6  . . 0,56  . 5,30 

Milchzucker Spuren  . . . 3,6  . 4 4,30  . 3,30 

Wasser 80,38  ....  78,4  . . 83,84  . 64,10 

Salze 0,3 


Von  der  Milch  fleischfressender  Thiere  ist  die  Hundemilch  von  Simon, 
untersucht  worden.  Zwei  Analysen  gaben 


Käse 17,40  . . . 14,60 

Butter  ....  16,20  . . . 13,30 

extractartige  Stoffe  2,90  . . . 3,00 

Salze 1,40  ..  . 1,48 

Wasser  ....  65,74  . . . 68,20 

Bemerkenswerth  in  dieser  Milch  ist  die  Abwesenheit  des  Milchzuckers. 


Fäulnifs  des  Thier caseins. 

Die  Veränderungen  , welche  das  reine  Thiercasein  durch  Fäulnifs  er- 
leidet , sind  unbekannt.  Braconnot  überliefs  reines  schwefelsaures  Casein 
mit  Wasser  bedeckt  sich  selbst  und  beobachtete,  dafs  es  sich  zertheilte 
und  zum  grofsen  Theil  in  Wasser  löslich  wurde,  ohne  einen  fauligen  Ge- 
ruch zu  verbreiten , ea*  erhielt  eine  gelbliche  Flüssigkeit  von  salzigem 
Geschmack,  welche  schwefelsaures  Ammoniak,  Casein  und  Käsoxyd 
(aposepedine)  enthielt. 

Gewöhnlicher  frischer  unausgewaschener  weifser  Käse  von  abgerahm- 
ter Kuhmilch,  die  von  selbst  sauer  geworden  war,  den  man  also  nach 
dem , was  man  in  dem  Augenblick  davon  weifs , als  ein  Gemenge  von 
milchsaurem  Casein,  Milchsäure,  Milchzucker  (Alkohol?),  Butter  und 
einer  der  Flüssigkeit  entsprechenden  Menge  Salze  der  Milch  anzusehen 


1344 


Fäulaiss  des  Thier oaseins. 


hat,  geht,  mit  etwas  mehr  als  seinem  gleichen  Volum  Wasser  vermischt, 
in  stinkende  Fäulnifs  über.  Vach  einem  Monat  verändert  sich  die  Masse 
und  man  erhält  beim  Filtriren  eine  wenig  gefärbte,  sauer  reagirende Flüs- 
sigkeit , welche  Bleisalze  nie!* t schwärzt  und  einen  weifsen  im  Wasser 
unlöslichen  Rückstand.  Die  Flüssigkeit  gibt  bei  der  Destillation  ein  äus- 
serst  stinkendes  Oel  und  setzt  beim  Sieden  ein  dem  Eiweifs  ähnliches 
weifses  Coagulum  ab,  der  Rückstand  in  der  Retorte  zu  einem  Syrup  ab- 
gedampft, verbreitet  den  Geruch  nach  Essigsäure  und  gesteht  beim  Erkal- 
ten zu  einer  kristallinischen  Masse,  die,  mit  Weingeist  verdünnt,  eine 
beträchtliche  Menge  Käsoxid  hinterläfst,  während  sich  mehrere  andere 
Substanzen  lösen,  unter  denen  phosphorsaures  Natron-Ammoniak,  so  wie 
eine  ölige  in  Wasser  lösliche  Säure  (Ruttersäure?  Caprin-  oder  Capron- 
säure?)  von  scharfem,  brennendem  Geschmack,  eine  in  Wasser  und  Al- 
kohol lösliche  stickstoffhaltige , und  eine  zweite  in  Alkohol  unlösliche  Sub- 
stanz die  bemerkenswertnesten  sind.  Der  nach  der  Fäulnifs  des  weifsen 
Käse  bleibende  im  Wasser  unlösliche  Rückstand  bestand  aus  Margarin- 
säure , margarinsaurem  Kalk,  Oelsäure  und  einer  braunen  stickstoffhaltigen 
Materie.  C Braconnot .) 

Der  im  Handel  vorkommende  Käse  ist  ein  Product  einer  aliinäligen 
Veränderung  der  in  der  Milch  vorhandenen  im  Wasser  uulöslichen  Stoffe; 
er  besitzt  eine  sehr  ungleiche  Beschaffenheit.  Man  unterscheidet  magern 
und  fetten  und  Rahmkäs.  Der  erstere  ist  aus  abgerahmter,  der  andere 
aus  unabgerahmter  Milch,  der  letztere  aus  Milch  gewonnen,  der  eine  ge- 
wisse Quantität  Rahm  zugesetzt  wurde. 

Die  bei  gleichem  Alter  mehr  oder  weniger  feste  Beschaffenheit  des 
Käse  hängt  von  der  Menge  der  darin  enthaltenen  fetten  ßestandtheile  ab, 
der  an  diesen  reichste  Käse  ist  schmierig,  der  magere  Käse  ist  weich,  ela- 
stisch, mit  einem  gewissen  Grade  von  Zähigkeit.  Mit  dem  Alter  vermin- 
dert sich  die  Festigkeit  aller  Arten  Käse,  sie  werden  weicher,  manche 
schmierig. 

Die  schweizer , holländischen  und  englischen  Käse  werden  aus  unab- 
gerahmter Kuhmilch,  die  besten  französischen  Käse,  von  Roquefort  z.  B., 
aus  Schafmilch,  gewonnen;  die  des  Abends  und  den  nächsten  Morgen  ge- 
sammelte Milch  wird  durch  Lab  zum  Gerinnen  gebracht.  (In  Chedder  dient 
für  200  Litres  Milcb,  die  Flüssigkeit,  die  man  durch  ein  Stück  eingesalzenen 
Labmagen  von  etwa  8 Quadratzoll  Oberfläche  erhält,  das  man  über  Nacht 
in  etwa  einem  Pfunde  Wasser  ein  weicht,  in  Giocester  wird  hierzu  die 
gesättigte  Kochsalzlösung  angewendet,  in  dem  man  den  ganzen  Vorrath 
des  Labmagens  aufbewahrt.)  Man  vermischt  die  Labflüssigkeit  mit  der 
lauwarmen  Milch  , die  damit  nach  einer  oder  zwei  Stunden  zu  einer  zit- 
ternden Gallerte  gerinnt.  Durch  eine  sehr  vorsichtige  Bewegung  wird  die 
Scheidung  der  Molken  vom  Käse  befördert  und  ähnlich  wie  durch  Schlagen 
und  Bewegung  des  gerinnenden  Blutes,  das  sich  in  der  Ruhe  in  der  Form 
eiuer  Gallerte  abscheidende  Fibrin  die  Form  von  zusammenhängenden  Fä- 
den gewinnt,  geschieht  dies  bei  der  unablässigen  Zertheilung  des  gallert- 
artigen Käse;  das  wie  in  Zellen  oder  einem  Schwamm  eingeschlossene 
Wasser  trennt  sich  davon,  der  Käse  gewinnt  die  Form  von  dichten  ela- 
stischen Flocken,  die  noch  härter  und  dichter  werden,  wenn  sie  (wie  in 
Chedder)  mit  einem  Theil  der  zum  Sieden  erhitzten  Molken  augebrüht  werden. 
Für  die  Güte  des  Käse  ist  die  vollständige  Trennung  der  Molken  von  dem  Käse 
eine  Hauptbedingung,  sobald  sie  eiagetreten  ist,  wird  der  Käse  heraus- 
genommen und  einem  steigenden  Druck  in  einer  Schraubenpresse  unter- 
worfen; das  Salzen  des  Käses  hat  die  Entfernung  der  Molken,  oder  wenn 
miau  will,  die  Entfernung  des  Wassers  zum  Zwecke,  der  frische  Käse 
n mmt  kein  Salz  auf,  er  verhält  sich  gegen  Salz  oder  Salzwasser  wie 
andere  thierische  Materien  oder  wie  Seife,  der  im  wasserhaltigen  Zustande 
in  Berührung  mit  Kochsalz  das  Wasser  entzogen  wird.  Vor  dem  Pressen 
wird  in  den  Käsedistricten  bei  Chedder  der  frische  Käse  mit  einem  Theil 
der  zum  Sieden  erhitzten  Molken  nochmals  aufs  sorgfältigste  zertheilt, 
durch  ein  Sieb  von  der  Flüssigkeit  getrennt,  mit  dem  dreifsigsten  oder 


Käse.  Thierschleim, 


1345 


vierzigsten  Theil  Kochsalz  vermischt  und  mehrere  Tage  einem  steigenden 
Drucke  unterworfen.  In  Gloccster  wird  der  frische  Käse  ohne  Zusatz 
von  Salz  sogleich  nach  seiner  Darstellung  in  hölzerne  Formen  geprefst 
und  so  bald  er  eine  zusammenhängende  Beschaffenheit  erhalten  hat,  14 
Tage  und  länger  von  aufsen  mit  Kochsalz  eiugerieben , während  welcher 
Zeit  man  ihn  einem  steigenden  Drucke  unterwirft.  Nach  dieser  Zeit  wird 
der  Käse  bei  gewöhnlicher  Temperatur  an  einem  vor  dem  Luftwechsel 
geschützten , wiewohl  nicht  feuchten  Ort  ein  Jahr  lang  und  länger  sich 
selbst  überlassen,  wo  er  dann  allmälig  den  Geschmack  und  die  Beschaffen- 
heit des  Tafelkäses  annimmt.  Die  englischen  Käse  haben  einen  schwachen, 
durchaus  nicht  stinkenden  Geruch  , sie  sind  nicht  blasig  oder  porös  und 
verdanken  ihren  Geschmack  vorzüglich  den  in  der  Butter  enthaltenen 
flüchtigen  Säuren.  Ist  die  Trennung  der  Molken  von  dem  Käse  unvoll- 
ständig, so  bleibt  eine  bemerkliche  Menge  Milchzucker  in  dem  frischen 
Käse  zurück,  der,  indem  er  in  Gährung  übergeht,  Kohlensäure  entwickelt, 
wodurch  der  Käse  eine  blasige  Beschaffenheit  erhält,  üeberträgt  sich 
diese  Gährung  dem  Thiercasein,  so  erleidet  dies  eine  von  der  in  den  eng- 
lischen Käsen  verschiedene  Veränderung,  er  nimmt  einen  stärkeren  Ge 
schmack  und  einen  stinkenden  Geruch  an.  Wird  dem  Käse  mehr  Salz  zu- 
gesetzt, als  die  Scheidung  von  dem  Wasser  (von  den  Molken)  nöthig 
macht,  so  wird  die  Zersetzung  der  Butter  aufgehalten  und  theil  weise  un- 
terdrückt. Dieser  Art  von  Käsen  (wie  die  holländischen)  geht  der  eigen- 
tümliche aromatische  Geschmack,  der  die  englischen  Käsesorten  charak- 
terisirt,  ab. 

Die  Qualität  des  Käses  oder  der  Unterschied  der  verschiedenen  Käse- 
sorten hängt  von  der  Methode  der  Bereitung  und  Darstellung  und  den  at- 
mosphärischen Bedingungen  während  der  ganzen  Dauer  der  Behandlung 
vorzüglich  ab*).  Die  Milch  der  Kuh  ist  im  Frühling,  Sommer  und  Herbst 
ungleich  in  ihrer  Zusammensetzung,  was  in  den  daraus  bereiteten  Käsen 
keine  in  die  Augen  fallende  Verschiedenheit  hervorbriugt,  der  Unterschied 
ist  wenigstens  nicht  gröfser,  als  wie  der  von  zwei  Käsen,  die  in  dersel- 
ben Gegend  und  Jahreszeit  und  in  zwei  verschiedenen  Häusern  gewonnen 
wurden.  Es  ist  zweifellos , dafs  die  von  den  Thieren  genossenen  nament- 
lich aromatischen  Pflanzen  einen  gewissen  Eiuflufs  auf  den  Geschmack  des 
Käses  ausüben  , (der  Geschmack  des  Allium  canadense  und  Alüum  ursi- 
num  geht  in  die  Milch  und  den  daraus  bereiteten  Käse  über)  allein  dieser 
Einfluss  ist  sehr  untergeordnet.  Strenge  genommen  kann  die  nämliche 
Fläche  in  ungleichen  Zeiten  keine  Käse  liefern,  welche  vollkommen  iden- 
tisch sind,  eben  weil  die  Entwickelung  und  Blüthe  der  Pflanzen,  von  denen 
die  Milch  stammt,  einer  ungleichen  Jahreszeit  angehört,  allein  wie  be- 
merkt, dieser  Einflufs  ertheilt  den  Käsen  keine  characteristischen  Ver- 
schiedenheiten. 

Thierschleim. 

Die  Oberfläche  der  meisten  Kanäle  und  Behälter  von  Flüssigkeiten  im 
thierischen  Körper  sondert  eine  eigentluimliche  Materie  von  schleim-  oder 
gallertartiger  Beschaffenheit  ab , die  man  mit  dem  allgemeinen  Namen 
Thierschleim  bezeichnet.  In  trocknem  Zustande  ist  er  weifs,  fest,  hart  und 


*)  Die  Qualität  des  Roquefort-Käses  hängt  ausschliefslicb  von  den  Räumen  ab, 
in  denen  die  geprefsten  Käse  während  der  Zeit  des  Reifens  aufbewahrt 
werden;  es  sind  diefs  mit  Gebirgsgrotten  oder  Spalten  in  Verbindung  ste- 
hende Keller,  die  durch  Luftströme , welche  aus  den  Spalten  des  Gebirgs 
kommen,  sehr  kühl  (5  bis  6°)  erhalten  werden.  Diese  Keller  haben  je 
nach  der  niedrigen  Temperatur  einen  sehr  ungleichen  Werth.  Girou 
(Aon.  de  chim.  et  de  phys.  T.  XLV.  S.  371)  führt  an,  dafs  ein  Keller, 
dessen  Construction  nicht  über  12ooo  Fcs.  gekostet  hatte,  zu  al5ooo  Fcs. 
verkauft  wurde. 


1346 


Hornsubstanz. 


pulverisirbar ; er  schmilzt  in  der  Wärme  und  zerlegt  sich  unter  einer  reich- 
lichen Entwickelung  von  kohlensasirem  Ammoniak;  er  quillt  im  Wasser, 
ohne  sich  darin  bemerklich  zu  lösen,  zu  einer  weichen,  schlüpfrigen, 
halbflüssigen  Masse  auf;  er  geht  in  diesem  Zustande  leicht  in  stinkende 
Fäuluifs  über.  Nicht  alle  Materien,  die  zu  dem  Thierschleim  gerechnet 
werden  , besitzen  einen  gleichen  chemischen  Charakter.  Der  Nasenschleim 
löst  sich  mit  großer  Leichtigkeit  in  Säuren.  Der  Schleim  der  Gallenblase 
scheidet  sich  beim  Vermischen  der  frischen  Galle  mit  Weingeist  in  Gestalt 
einer  Gallerte  ab.  Durch  Auswaschen  mit  schwachem  Weingeist,  zuletzt 
mit  Aether , bleibt  er  rein  zurück.  In  feuchtem  Zustande  ist  der  Galleu- 
blasenschleim  von  grünlicher  Farbe,  in  trocknem  Zustande  dunkelgefärbt 
( Kemp );  er  quillt  im  Wasser  wieder  gallertartig  auf,  eine  Eigenschaft, 
die  er  durch  Behandlung  mit  Alkohol  verliert,  er  ist  in  Säuren  unlöslich, 
löst  sich  in  Alkalien  und  wird  daraus  bei  der  Neutralisatiou  wieder  gefällt. 

Der  durch  Aether  und  Alkohol  gereinigte  Gallenschleim  ist  von  Kemp 
mit  grofser  Sorgfalt  analysirt  worden,  (siehe  Seite  1351);  er  enthält 
Schwefel  (Kemp).  Bei  einer  Temperatur  von  210°  löst  sich  der  Gallen- 
schleim  in  Wasser  auf. 

Eins  der  besten  Reagentien  auf  Schleim  (bei  Abwesenheit  vou  Albumin 
ist  die  Picrinsalpetersäure , die  ihn  als  hellgelben  Niederschlag  fällt. 
(Kemp.') 

Kocht  man  Gallenschleim  lange  mit  Wasser,  dampft  die  Lösung  zur 
Trockne  ab  und  behandelt  den  Rückstand  mit  Alkohol,  so  bleibt  ein  Kör- 
per, der  im  Wasser  aufquillt,  zuletzt  sich  nahe  vollständig  löst.  Die 
Auflösung  wird  durch  Chlor  und  Säuren,  so  wie  durch  Kalkwasser  und 
viele  Metallsalze  gefällt.  (L.  Gmelin.) 

Hornsubstanz. 

Unter  die  schwefel-  und  stickstoffhaltigen  Bestandteile  der  Thier- 
gebilde gehören:  Die  Oberhaut  der  Thiere,  die  Haare,  Wolle,  Borsten, 
Federn,  Nägel,  Klauen,  Hufe  und  Hörner,  das  Schildpatt,  sowie  höchst 
wahrscheinlich  die  Substanz  der  Badeschwämme. 

Alle  diese  Materien  besitzen  die  gemeinschaftliche  Eigenschaft,  unter 
Ammoniakentwickelung  mit  kaustischer  Kalilauge  in  der  Wärme  eine  Auf- 
lösung zu  liefern,  welche  mit  Essigsäure  neutralisirt  einen  weifsen  gal- 
lertartigen Niederschlag  giebt,  wobei  sich  eine  reichliche  Menge  Schwe- 
felwasserstoff entwickelt.  (Siehe  Protein). 

Bei  der  trocknen  Destillation  liefern  sie  neben  festem,  kohlensauren 
Ammoniak  eine  gewisse  Menge  Schwefelainmonium. 

Sie  geben  an  siedendes  Wasser  und  Alkohol  nur  höchst  geringe  Men- 
gen löslicher  Materien,  au  Aether  etwas  Fett  ab,  sind  in  Mineral-  und 
Pflanzensäuren  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unlöslich,  von  Salpetersäure 
werden  sie  unter  starker  Eutwickeluug  von  salpetriger  Säure  aufgelöst. 

Die  Substanz  der  Haare,  die  nach  dem  Auskochen  derselben  mit 
Wasser,  Alkohol  und  Aether  zuriickbleibt , löst  sich  in  verdünnten  Mi- 
neralsäuren  in  der  Wärme  (Vauquelin),  in  Salpetersäure  unter  Zersetzung, 
in  Chlorgas  verlieren  sie  ihre  Farbe,  werden  weich,  gelb  und  terpentin- 
artig,  sie  geben  nach  dem  Einäschern  1 % p.  c.  Asche,  welche  Eisen, 
Mangan,  Kalksalze  und  Schwefel-  und  Phosphorsäure  nebst  Spuren  von 
Kieselerde  enthält.  Mit  Blei  und  Silberoxid  oder  ihren  Salzen  schwärzen 
sich  die  hellgefärbten  Haare,  indem  sich  an  ihrer  Oberfläche  eine  dünne 
Lage  von  Schwefelblei  oder  Silber  bildet.  Bedeckt  man  die  behaarte  Haut 
einige  Minuten  lang  mit  einem  Brei  von  Kalkliydrat , das  man  mit  Schwe- 
felwasserstoff gesättigt  hat,  so  werden  die  Haare  weich,  breiartig  und 
lassen  sich  mit  einein  gewöhnlichen  Messer  hinwegnelimen.  Die  Epidermis 
wird  in  ähnlicherWeise,  wiewohl  schwächer  verändert,  nach  dem  Trock- 
nen nimmt  sie  eine  harte,  schwielige,  firnifsartige  Beschaffenheit  an.  Mit 
Wasser  einer  hohen  Tfmperatur  ausgesetzt,  lösen  sich  die  Haare  beinahe 
gänzlich  zn  einer  Flüssigkeit  auf,  die  beim  Concentriren  und  Erkalten 


Badeschwämme. 


1347 


nicht  gelatinirt,  sie  enthält  Schwefelwasserstoff  und  wird  durch  concen- 
trirte  Säuren  (nicht  von  den  verdünnten)  von  Chlor  und  Bleiessig  gefällt. 

Das  Horn  enthält  eine  beträchtliche  Menge  Schwefel.  Weifses  oder 
gelbes  Horn  mit  einem  Brei  von  Kalkhydrat  und  Mennige  bedeckt , wird 
schwarz  oder  braun  von  gebildetem  Schwefelblei.  Aus  seiner  alkalischen 
Auflösung  erhält  man  bei  der  Neutralisation  mit  Essigsäure  einen  gelatinö- 
sen Niederschlag , der  die  Zusammensetzung  des  Proteins  besitzt,  bei  wei- 
tem der  gröfste  Theil  der  Hornsubstanz  bleibt  aber  im  löslichen  Zustande 
in  der  Flüssigkeit  zurück.  Aus  einer  stark  concentrirten  Auflösung  von 
Horn  in  Kali  wird  durch  Kalkhydrat  und  Kochsalz  eine  braune  seifen- 
artige Verbindung  (von  Hornkali)  abgeschieden. 

Die  Wolle  verliert  beim  Waschen  Vs  bis  0,45  ihres  Gewichtes.  Was 
das  Wasser  hinwegnimmt,  ist  eine  wahre  Seife,  gebildet  durch  Kali  in 
Verbindung  mit  einer  oder  mehreren  nicht  näher  untersuchten  fetten  Säuren. 
Die  entfettete  Wolle  löst  sich  in  Schwefelsäure,  der  rnan  % ihres  Ge- 
wichtes Wasser  zugesetzt  hat,  zu  einem  gleichartigen  Schleim.  Beim 
langen  Kochen  mit  verdünnter  Säure  entsteht  unter  andern  Producten  eine 
gewisse  Menge  Leucin . 

Die  Badeschwämme  hinterlassen  nach  dem  Einäschern  durchschnittlich 
S1/,  p.  c.  Asche,  welche  Kieselerde,  Schwefel-,  phosphor-  und  kohlen- 
sauren Kalk , so  wie  etwas  lodkaüuin  enthält.  In  Berührung  mit  concen- 
trirter  Schwefelsäure  verlieren  die  Schwämme  ihre  elastische  Beschaffen- 
heit,  sie  gehen  damit  keine  in  Wasser  lösliche  Verbindung  ein.  Salpeter- 
säure löst  einen  Theil  davon  unter  Zersetzung,  was  ungelöst  zurückbleibt, 
stellt  eine  schlüpfrige  weiche,  im  Wasser  unlösliche  Substanz  dar,  welche 
von  Ammoniak  vollständig  mit  gelber,  von  Kali  mit  rother  Farbe  aufge- 
nommen wird.  In  Salzsäure  gekocht  lösen  sich  die  Schwämme  vollständig 
mit  brauner  Farbe.  In  Ammoniak  erleiden  die  Schwämme  keine  Verän- 
derung, in  Kalilauge  hingegen  sind  sie  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur, 
in  Barytwasser  beim  Kochen  vollständig  löslich.  Die  alkalische  Lösung 
giebt , vorsichtig  mit  Essigsäure  neutralisirt , einen  gelatinösen  Nieder- 
schlag, der  bei  üeberschufs  verschwindet,  hierbei  bemerkt  man  eine  Ent- 
wickelung von  Schwefelwasserstoff.  C Posselt.)  Die  mit  Aether,  Alkohol 
verdünnter  Salzsäure  ausgewaschenen  Schwämme  lieferten  bei  100°  ge- 
trocknet in  der  Eleinentaraualyse  folgende  Verhältnisse: 


Posselt 

Kohlenstoff 

49,11 

48,75 

48,74 

Wasserstoff 

6,25 

6,35 

6,26 

Stickstoff 

15,90 

16,40 

16,40 

Sauerstoff  etc. 

25,15 

24,91 

25,00 

Asche 

3,59 

3,59 

3,59 

Wird  die  braune  Auflösung  der  Schwämme  in  Barytwasser  mit  Koh- 
lensäure von  dem  überschüssigen  Baryt  befreit  und  mit  essigsaurem  Blei- 
oxid vermischt,  so  zeigt  sich  eine  geringe  Trübung,  die  Flüssigkeit  davon 
abfiltrirt,  giebt,  nachdem  durch  vorsichtigen  Zusatz  von  Schwefelsäure 
alles  Blei  uud  Baryt  abgeschieden  worden,  beim  Abdampfen  einen  braunen 
Syrup,  der,  mit  Alkohol  behandelt,  sich  in  einen  darin  löslichen  Stoff  und  in 
einen  andern  trennt,  welcher  nicht  davon  aufgenommen  wird.  Der  erstere 
wird  durch  Gallustiuktur  , nicht  durch  Bleiessig  oder  Blutlaugensalz  ge- 
fällt. Bei  Digestion  mit  Bleioxid  löst  sich  davon  eine  beträchtliche 
Menge  auf. 


Das  in  Alkohol  unlösliche  Produkt : 
Posselt 


" ■ um 

Kohlenstoff  46,48 

Wasserstoff  6,40 

Stickstoff  14,81 

•Sauerstoff  32,31 


46,33 

6,17 

14,81 

82,69 


das  lösliche  : 


46,66 

6,27 

5,81 

41,19 


1348  Zusammensetzung*  der  schwefel»  und 

Behandelt  mau  rohe  Seide  nach  einander  mit  kochendem  Wasser,  Al- 
kohol, Aetber  und  Essigsäure,  so  verliert  sie  nahe  die  Hälfte  an  ihrem 
Gewichte  und  es  bleibt  eine  Seidenfaser.  Sie  ist  in  diesem  Zustande  wenig 
glänzend  , weich , sehr  weifs , sie  schmälzt  und  verkohlt  sich  unter  Horn- 
geruch , löst  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  concentrirter  Salzsäure 
und  Schwefelsäure,  in  Phosphorsäure  bei  gelindem  Erwärmen  mit  hellbrau- 
ner Farbe,  das  Aufgelöste  wird  nicht  durch  Wasser,  aber  durch  Gallus- 
tinktur bei  Neutralisation  mit  einem  Alkali  gefällt 3 bei  Ueberschufs  von 
Alkali  löst  sich  der  gebildete  Niederschlag  wieder  auf.  In  Kalilauge  ist 
die  Seidenfaser  beim  Kochen  löslich  und  sie  wird  daraus  durch  Säuren 
wieder  gefällt.  Die  rohe  Seide  enthält  Albumiu  und  Seidenleim,  Fett  und 
Farbstoff,  der  durch  die  erwähnten  Lösungsmittel  getrennt  werden  kann. 
Sie  hiuterläfst  beim  Einäschern  die  gewöhnlichen  Bestandtheile  der  Aschen 
von  Thiersubstanzen. 

Chitin  hat  man  die  äufsere  harte  Bedeckung  der  Käfer  genannt,  ihr 
wahrer  chemischer  Character  ist  nicht  bekannt.  Nach  Odier  wird  alle 
stickstoffhaltige  Substanz  durch  kaustisches  Kali  daraus  aufgelöst  und  es 
bleibt  eine  verkohlbare  stickstofffreie  Schale  zurück.  Nach  Hatchett  löst 
Salzsäure  Knochenerde  daraus  auf  und  es  bleibt  0,26*  eines  kuorpelartigen 
Körpers  zurück. 

Die  Hummerschalen  bestehen  aus  44,76  Thiersubstanz,  49,26  kohlen- 
saurem Kalk,  3,22  phosphorsaurem  Kalk,  1,26  phosphorsaurer  Bittererde, 
1 ,50  Salze  mit  Natron  zur  Basis.  Die  Hummerscheeren  enthalten  62,8 
kohlensau-ren  Kalk,  28,6  Thiersubstanz,  6,0  phosphorsaurea  Kalk , 1,0 
phosphorsaure  ßittererde  und  1,6  Salze.  ( Chevreul J 

Zusammensetzung  der  Schwefel - und  stickstoffhaltigen  Pflanzen - 

Stoffe . 

(Die  Analysen  von  Midder,  Scherer , Jones,  Varrentrapp  und  Will 
sind  nach  dem  Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  76,43  und  75,8  berechnet, 
die  fixen  Bestandtheile  sind  als  Asche  abgezogen. 

Die  Analysen  von  Dumas  sind  nach  dem  Atomgewicht  des  Kohlen- 
stoffs zu  75  berechnet.  Aus  ihrer  Abhandlung  in  den  Comptes  rendus 
de  l’academie  läfst  sich  nicht  entnehmen,  ob  die  fixen  Bestandtheile  in  Ab- 
zug gebracht  sind  oder  nicht.) 


Pflanzencasein. 


er  er*} 

Jones**} 

Will  n. 

Röchle  der***} 

Dumas 

Varrentrapp 

aus 

aus  Bohnen 

aus  Erbse« 

1 Mehl 

54,14 

55,05 

51,41 

52,99  51,15 

54,49 

53,46 

7,16 

7,59 

7,83 

6,99  (>,49 

7,40 

7,13 

15,67 

15,89 

14,48 

14,81  14,01 

14,78 

1 6,04 

22,03 

21,47 

26,28 

25,21  28,35 

23,33 

23,37 

Pflanzenalbumin 

a.  Roggen  a.  Weizen 

a.  Pflanzenleim 

a.  Man  dein 

a.  Mehl 

Jones 

Jones 

Adriani 

Varrentrapp  u.  Will 

Jones 

Dumas 

54,74 

55,01 

54,78 

54,85 

57,03 

53,74 

7,77 

7,23 

7,34 

6,96 

7,53 

7,11 

15,85 

15,92 

16,01 

15,88 

13,45 

15,66 

i 21,64 

21,8 

21,87 

22,39 

21,96 

23,50 

*)  Scherer  in  den  Ann.  de  Pharm.  B.  XL.  p.  1.  184I. 

Jones  ,,  ,,  ,,  ^ Bd.  XL.  p,  65.  1841* 

***)  Der  Kohlenstoff  und  Stickstoff  des  Pflanzencaseins  aus  Bohnen,  Linsen  und 
Erbsen  verhalten  sich  in  Varrentrapp  und  Will  und  Dr*  Roehlcder's  Ana- 


stickstoffhaltigen  Pflanzen-  und  Thierstoffe.  1319 


Pflanzenfibrin 


In  Alkohol  löslicher  Bestandtlieil 

a.  Mehl 

des  Roggenmehls . 

Scherer 

Jones  Dumas 

Heidt 

c 

54,095 

53,83  53,23 

ÖS, 27 

H 

7,308 

7,02  7,01 

7,97 

N 

15,659 

15,58  16,41 

15,83 

0 etc 

. 22,938 

23,56  23,35 

1 9,93 

Pflanzenleim. 

Jones  Boussingault 

C 

55,22 

53,25 

H 

7,43 

7,00 

N 

15,98 

16,40 

Ou.S  21,38 

23,35 

Legumin  ***) 

aus 

aus 

aus 

aus 

iiifsen  Mandeln 

Pflaumenkernen  Aprikosenkernen  weifs.  Senf 

C 

50,94 

50,93 

50,72 

50,83 

H 

6,72 

6,73 

6,65 

6,72 

N 

18,93 

18,64 

18,78 

18,58 

0 

23,41 

23,70 

23,85 

23,87 

Mit  dem  Namen 

Legumin  bezeichnen 

Dumas  und  Cahours  den  stick- 

stoffhaltigen  Bestandteil  der  Kerne  der  Steinfrüchte;  er  unterscheidet  sich 
von  dem  Pflanzencasein  durch  seine  Gerinnbarkeit  in  der  Wärme  und  durch 
seine  Löslichkeit  in  Essigsäure;  Dumas  und  Cahours  hielten  diese  Substanz 
für  identisch  mit  dem  Pflanzencasein  und  geben  auch  an,  darin  18  p.  c. 
Stickstoff  gefunden  zu  haben,  allein  es  ist  neuerdings  von  Rochleder  nach- 
i gewiesen  worden,  dafs  die  Analysen  der  französischen  Chemiker  mit 
! einem  Fehler  in  dem  Stickstoffgehalt  behaftet  sind  und  dass  die  S.  1348 
| angeführten  Analysen  von  Scherer,  Jones,  Will  uxiS  Varrentrapp  in  Be- 
ziehung auf  das  relative  Verhaltnifs  von  Stickstoff  und  Kohlenstoff  (C  : N 
= 8:1)  richtig  sind. 

Zusammensetzung  der  Schwefel-  und  stickstoffhaltigen  Thierstoffe . 
Thieralbumin 

aus  Eigelb  Vitellin  a.  Eiweifs  a,  Blutserum  a.  Gehirn - a.  Hgdrocele 

albumin 


Jones 

Dumas 

Scherer 

Scherer 

Jones 

Scherer 

C 

53,59 

51,60 

55,000 

54,803 

55,50 

54,921 

H 

7,60 

7,22 

7,073 

7,03  t 

7,19 

7,077 

N 

I: 

13,47 

15,03 

15,920 

15,677 

16,31 

15,465 

|25,34 

26,16 

23,007 

22,499 

21,00 

22,537 

P 


lysen  — 8 : 1 , das  nämliche  Yerhältniss  wie  im  Albumin  und  Fibrin 
(siehe  Annalen  der  Pharm.  XLVI.  p.  162.) 

*)  Scherer , Jones  und  Dumas  a.  a.  O.  — Heidt , Ann.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
Bd.  XLV.  1843. 

**)  Dumas  und  Cahours  Comptes  rendus  T.  XV.  S.  976.  1842. 

***)  Roh.  Thomson  s und  Richardson  s Analyse  des  stickstoffhaltigen  Bestand- 
teils der  süssen  Mandeln  (siehe  Seite  684)  stimmt  mit  der  Analyse  des 
nämlichen  Körpers  von  Dumas  so  vollkommen  überein,  dafs  inan  an 
ihrer  Identität  nicht  zweifeln  kann.  Der  einzige  Unterschied  liegt  darin, 
dass  Th . und  R.  den  analysirten  Körper  nicht  bei  140°,  sondern  bei  ioo° 
getrocknet  batten. 

****)  Scherer , Jones  und  Dumas  3,a.  O.  Mulder , Ann.  der  Pharm  Bd.  28.  S.y3.  t838. 


1350 


Zusammensetzung  der  schwefel-  und 


aus 

Congestions- 

abscejs 

aus  Eiter 

aus  hydropischer 
Flüssigkeit 

1 

C 

54,757 

Scherer 

54,382 

54,302 

Mulder 

54,84 

H 

7,171 

6,985 

7,176 

7,09 

N 

15,848 

15,749 

15,717 

15,83 

° # 
S l 

22,224 

22,884 

22,805 

21,23 

0,68 

I>  ) 

0,33 

Dui?ms  und  Cahours 


Serum  des 

Serum  des 

Serum  des 

Serum  des 

aus 

Schafs 

Ochsen 

Kalbs 

Menschen 

Eiweif s 

C 

53,54 

53,40 

53,49 

53,32 

53,37 

H 

7,08 

7,20 

7,27 

7,29 

7,10 

N 

15,82 

15,70 

15,72 

15,70 

15,77 

0 

etc.  23,56 

23,70 

23,59 

23,69 

23,76 

Thier fibr  in. 


Scherer 

Mulder 

45,443 

54,56 

6,997 

6,90 

15,824 

15,72 

22,13 

22,726 

0,33 

0,36 

Dumas  und 

Cahours 

aus 

aus 

aus 

21233EESffiSSZ! 

aus 

aus 

von  einem  v.  einem  4?% 

aus 

Schaf- 

Kalbs- 

Ochsen- 

Pferds- 

Hunde- 

- 2%Monat  Monat  mit 

Men- 

blut 

blut 

blut 

blut 

blut 

mit  Fleisch  Brod  ge- 

schen- 

C 

52,8 

52,5 

52,7 

52,67 

52,74 

genährten  nährten 
Hund  Hund 

52,77  52,57 

blut 

52,78 

H 

7,0 

7,0 

7,0 

7,00 

6,92 

6,95 

7,07 

6,96 

N 

16,5 

16,5 

16,6 

16,63 

16,72 

16,51 

16,55 

16,78 

0 etc.  23,7 

24,0 

23,7 

23,70 

23,62 

23,77 

23,81 

23,48 

Thiercasein 


aus  Milch  aus  Zieger 


Scherer 

Scherer 

C 

54,668 

54,507 

li 

7,302 

6,913 

N 

15,683 

15,670 

Si 

22,347 

22,910 

*)  Scherer , 

Mulder  9 

54,96 

7,15 

15,80 

21,73 

0,36 


7,11 


54,19 

7,17 


53,93 

7,07 


na$  a.  a.  O.  Kemp  9 Ann.  d.  Pharm.  Bd.  XLI1I. 

p.  ix5  1842. 

**)  Durch  Schwefelsäure  gefällt. 

■***)  Aus  einer  schwefelsauren  Auflösung  von  Casein  durch  hohlensaures  Natron 
gefällt. 

****)  Durch  Essigsäure  gefällt. 


stickstoffhaltigen  Thier  st  o ffe, 


1B51 


Bunins  und  Cahours 


aus 

aus 

aus 

aus 

aus 

aus 

Kuhmilch 

Ziegenmilch 

Eselsmilch 

Schafmilch 

Frauenmilch 

Blut 

C 53,50 

53,00 

53,66 

53,52 

53,47 

53,75 

H 7,05 

7,11 

7,14 

7,07 

7,13 

7,09 

N 15,77 

15,78 

16,00 

15,80 

15,83 

15,87 

0 etc.  23,08 

23,51 

23,20 

23,61 

23,57 

23,29 

Thierschleim  aus  der  Galle . 

Kemp. 

C 52,42 

H 7,81 

N 14,54 

S u.  0.  25,23 


llorngebilde. 

Scherer 


Oberhaut  Haare  Bart-  Kopf- 
der  v.Laer *)  haare  haare 
Fufs  sohle 


blonde  braune  schwarze  Büffel - 
horn 


50,894 

6,781 

17,225 

25,100 


6,36 

17,14 

25,85 


51,529  50,652  49,345  50,622 
6,687  6,769  6,576  6,613 

17,936  17,936  17,936  17,936 

23,848  24,643  26,143  24,829 


0, 


Nägel 

Wolle 

berechnet 

C43  ^78  -^14  ( 

C 

51,089 

50,653 

51,718 

H 

6,824 

7,029 

6,860 

N 

16,901 

17,710 

17,469 

° i 
8 ) 

25,188 

24,608 

23,953 

49.935 
6,631 

17.936 

25,498 


51,578 

6,712 

17,284 

24,426 


Federn. 

Scherer 


berechnet 


Fahne 

Spule 

O 

& 

ES 

CO 

C 

50,434 

52,427 

52,457 

H 

7,110 

7,213 

6,958 

N 

17,682 

17,893 

17,719 

0 

24,774 

22,467 

22,866 

Mittlere  Arterienhaut. 


Scherer 
gefunden 
C 53,572 
U 7,026 
N 15,360 
O 24,042 


berechnet 

ca8  h:6n12o10 

53,91 

6,96 

15,60 

23,53 


*)  Die  Haare  entfallen  nach  v,  Laer  ina  Mittel  mehrerer  Versuche  5 pCt. 
Schwefel. 


1352  Protein. 

Zersetzungsprodukte  der  Schwefel - und  stickstoffhaltigen  Be- 
slandtheile  der  Pflanzen  und  Thiere  durch  Alkalien. 

Pflanzenfibrin , Albumin  oder  Casein  oder  die  denselben  correspondi- 
renden  Bestandteile  der  Thiere,  so  wie  das  Horn  nach  Scherer  lösen 
sich  leicht  in  Kalilauge  und  werden,  damit  zum  Sieden  erhitzt,  zerlegt. 
Je  nach  der  Dauer  des  Siedens  erhält  man  verschiedene  Produkte.  Wird 
eine  Portion  der  alkalischen  Flüssigkeit  von  Zeit  zu  Zeit  mit  einer  Säure 
versetzt  und  das  Erhitzen  unterbrochen,  wenn  sich  beim  Zusatz  der  Säure 
Schwefel  wasserstoffgas  entwickelt,  so  entsteht  bei  vorsichtiger  Neutrali- 
sation mit  Essigsäure  ein  gelatinöser  Niederschlag,  den  mau  durch  Wa- 
schen mit  Wasser  von  allen  alkalischen  Salzen  befreit. 

Dieses  Zersetzungsprodukt  hat  von  Mulder,  der  es  entdeckte,  den 
Namen  Protein  erhalten  (von  ■jr^ourfutu  ich  nehme  den  ersten  Platz  ein), 
es  bildet  im  feuchten  Zustande  helldurchscheinende  grauliche  Flocken,  die 
beim  Trocknen  gelblich,  hart  und  spröde  werden;  es  ist  geschmack-  und 
geruchlos,  zieht  mit  Begierde  Wasser  aus  der  Luft  an,  was  es  bei  100° 
wieder  verliert.  Es  schmilzt  in  der  Hitze,  liefert  aminoniakalische  Pro- 
dukte und  hinterläfst  eine  poröse  Kohle,  welche  schwierig  und  ohne  Rück- 
stand verbrennt;  in  Wasser  sinkt  es  zu  Boden,  schwillt  auf  und  nimmt 
das  frühere  gallertartige  Ansehen  wieder  an , es  ist  weder  in  Wasser, 
noch  in  Alkohol,  Aether  oder  flüchtigen  Oelen  löslich.  Durch  anhaltendes 
Sieden  mit  Wasser  wird  ein  Theil  davon  gelöst,  dessen  Eigenschaften 
hierdurch  eine  Veränderung  erleiden.  Essigsäure  und  Phosphorsäure 
lösen  das  Protein  bei  jedem  Concentrationsgrade  auf,  in  den  andern  Mi- 
neralsäuren ist  es,  wenn  sie  verdünnt  sind,  ebenfalls  mit  Leichtigkeit 
löslich  , Zusatz  von  concentrirten  Säuren  fällt  aus  dieser  Lösung  eine 
darin  unlösliche  Verbindung  des  Proteins  mit  der  Säure.  Aus  den  sauren 
Lösungen  wird  das  ProteiD  durch  Blutlaugensalz,  Eisencyanidkalium,  Gerb- 
säure, so  wie  durch  Neutralisation  mit  einem  Alkali  gefällt. 

Von  concentrirter  Salzsäure  wird  es  mit  indigblauer  Farbe  aufgenom- 
men , beim  Kochen  wird  diese  Auflösung  schwarz.  Mit  concentrirter 
Schwefelsäure  entsteht  eine  Gallerte,  die  in  Wasser  sich  zusammenzieht 
und  nach  dem  Auswaschen  mit  Wasser  und  Alkohol,  Lakmus  nicht  röthet 
in  Alkalien  löslich  ist  und  8,34  p.  c.  Schwefelsäure  enthält.  Mulder  nennt 
diesen  Körper  Proteinschwefelsäure. 

Mit  verdünnter  Schwefelsäure  gekocht  wird  das  Protein  purpurfarbig. 

Mit  Alkalien  und  alkalischen  Erden  vereinigt  sich  das  Protein  zu  Ver- 
bindungen , die  sich  im  Wasser  leicht  lösen  und  durch  Alkohol  daraus  ge- 
fällt werden.  Die  mit  Essigsäure  neutralisirte  alkalische  Auflösung  des 
Proteins  giebt  mit  essig-  und  salpetersaurem  Bleioxid  Niederschläge,  welche 
12,45  — 12,08  Bleioxid  enthält;  mit  basischessigsaurem  Bleioxid  erhielt 
Mulder  eine  Verbindung,  welche  30,63  Bleioxid  und  mit  salpetersaurem 
Silberoxid  eine  andere , die  12,63  Silberoxid  enthielt. 

Nach  Midder’s  und  Scherer’s  Analysen  besteht  das  Protein  in  100 
Theilen  (Kohlenstoff  76,437)  aus: 


aus  Pflan- 

aus 

Fibrin 

aus  Albumin 

aus  Kri - 

a.  Horn 

zenfibrin 

Mulder  Scherer 

Midder  Scherer 

stalllinse  Scherer 

Midder 

Scherer 

Kohlenstoff  54,99 

55,44 

54,848 

55,30 

55,160 

55,300 

55,408 

Wasserstoff  6,87 

5,95 

6,959 

6,94 

7,055 

6,940 

7,238 

Stickstoff  15,66 

16,65 

15,847 

16,02 

15,966 

16,216 

15,593 

Sauerstoff  22,48 

21,36 

22,346 

21,34 

21,819 

21,544 

21761 

Midder  berechnet  hierauf  die  Formel  C40 

Hra  N10 

0ia,  Scherer  die 

Formel  C48  H72  Nia  014. 


Protein - bioxid. 


chlorige  Säure, 


1353 


Mulder’ s Formel 

Scherer’s  Formel 

berechnet 

berechnet 

C40  55,29 

C48  55,742 

H61  7,00 

6,827 

N10  16,01 

N1#  16,143 

0lt  21,70 

0I4  21,288 

Wird  Protein  oder  die  Thiersubstanzen,  woraus  man  es  erhält,  in 
starker  Kalilauge  im  Sieden  erhalten , so  lange  sich  Ammoniak  entwickelt, 
die  Flüssigkeit  sodann  mit  Schwefelsäure  neutralisirt,  zur  Trockne  abge- 
dampft und  der  Rückstand  durch  Auskochen  mit  Alkohol  erschöpft,  so 
lösen  sich  davon  drei  Zersetzungsprodukte  auf,  von  welchen  das  eine,  das 
Erythroprotid  beim  Erkalten  des  Alkohols  in  öligen  Tropfen,  ein  zweites 
Leucin  beim  Verdunsten  an  der  Luft  sich  abscheidet,  während  in  der  Mutter- 
lauge ein  dritter  Körper  Protid  nebst  ameisensaurem  Kali  bleibt.  {Mulder). 


Proteinbioxid 


r' 
Scherer 


v.  Laer 


berechnet 
'40  ^62  N10  014 


Proteintritoxid 

Mulder  berechnet 
C40  N10  Oj{ 


C 53,52  53,44  53,36  51,47  51,45 

H 7,17  7,04  6,75  6,60  6,72 

N 14,80  14,51  15,45  15,37  14,90 

O 24,51  25,01  24,44  26,95  26,93 

Proteinbioxid.  Dieser  Körper  bleibt  bei  anhaltendem  Kochen  des  Fibrins 
mit  Wasser  ungelöst  zurück  und  ist  ein  Hauptbestandtheil  der  Speckhaut 
des  Bluts  von  entzündlichen  Krankheiten.  ( Mulder .)  Wenn  man  das  Pro- 
tein durch  eine  Säure  aus  eiaer  Auflösung  von  Haaren  in  verdünnter 
Kalilauge  ausgefällt  hat,  so  entsteht  durch  neuen  Säurezusatz  ein  von 
dem  Protein  in  seiner  Zusammensetzung  verschiedener  Niederschlag,  des- 
sen eigentümliche  Natur  von  v.  Laer  erkannt  wurde.  Es  ist  das  Pro- 
teinbioxid, welches,  an  der  Luft  getrocknet,  eine  schwarze  glänzende 
Masse,  als  Pulver  von  bernsteingelber  Farbe  ist,  unlöslich  in  Wasser 
und  Alkohol;  löslich  in  verdünnten  Säuren,  die  Auflösung  wird  durch 
mehrere  Salze  gefällt,  {v.  Laer.') 

Proteintritoxid , Oxyprotein.  Wird  beim  Kochen  des  Fibrins  und  Al- 
bumins in  Wasser  gelöst  erhalten.  ^Mulder.)  Es  entsteht  ebenfalls,  wenn 
man  proteiachlorige  Säure  in  Ammoniak  löst , unter  Entwickelung  von 
Stickgas.  Aus  der  verdampften  und  in  lieifsein  Wasser  wieder  gelösten 
Masse  schlägt  Alkohol  das  Oxyprotein  nieder.  Die  Flüssigkeit  enthält 
Salmiak.  Es  ist  eine  zerreibliche,  bernsteingelbe  Masse,  löslich  in  Wasser, 
fast  unlöslich  in  Alkohol  und  ganz  unlöslich  in  Aether.  Löslich  in  Alka- 
lien , Schwefel-  und  Salzsäure;  von  Salpetersäure  wird  es  in  Xauthopro- 
teinsäure  verwandelt.  Die  wässerige  Auflösung  wird  durch  Schwefelsäure, 
durch  Galläpfelaufgufs  und  durch  mehrere  Metalloxidsalze  gefällt,  von 
welchen  Niederschlägen  Mulder  das  Kupferoxidsalz,  Schröder  das  Blei - 
und  Silber  salz  untersuchte.  {Mulder.) 


Proteinchlorige  Säure. 

Eine  Auflösung  von  Eiweifs  in  Wasser,  von  Casein  oder  Fibrin  in 
Ammoniak,  gibt,  mit  Chlorgas  übersättigt,  einen  Niederschlag  in  weifsen 
Flocken,  welcher,  ausgewaschen  und  bei  100°  getrocknet,  ein  strohgel- 
bes, zartanzufühlendes  Pulver,  proteinchlorige  Säure,  darstellt,  und  in  Al- 
kohol und  Aether  unlöslich  , fast  unlöslich  in  Wasser  ist.  In  concentrirter 
Schwefelsäure  ist  diese  Substanz  ohne  Schwärzung  löslich,  wird  durch 
Salpetersäure  in  Xanthoproteinsäure  verwandelt,  sie  ist  in  Salzsäure  ohne 
Färbung  löslich.  Bei  Behandlung  mit  Alkalien  wird  das  Chlor  entzogen, 
bei  Anwendung  von  Ammoniak  unter  Entwickelung  von  Stickgas,  die  Sub- 
stanz wird  hierdurch  in  Oxyprotein , Proteintritoxid  verwandelt.  {Mulder.) 

Geiger’ s Pharmacie . I.  (5 ie  Aufl.)  Sß 


1354  Verhalten  «1.  Schwefel-  n.  Stiekafo  ff-halti 


gen 


C*0H62N10OJ2ClaO5 
48,76 
6,16 
14,11 
19,13 
11,84 


Die  Zusammensetzung  der  proteinclilorigea  Säure  ist  folgende: 

berechnet 

aus  Albumin  aus  Fibrin  aus  Casein 
Kohlenstoff  ....  48,54  48,74  49,17 

Wasserstofl  ...  . 6,15  6,06  6,39 

Stickstoff 14,08  ,,  ,, 

Sauerstoff  ....  19,53  ,,  „ 

Chlorige  Säure  CJ203  11,70  11,56  12,27 

Die  proteinchlorige  Säure  bildet  mit  Baryt  eine  salzartige  Verbindung, 
welche  11,51  bis  11,88  Baryt  enthält.  Die  Kupferverbindung  enthält  3,48 
— 3,87  Kupferoxid,  die  Eisenoxidverbiuduug  2,37  Eisenoxid.  ( DIulder .) 

Leucin.  Dieser  Körper  wurde  zuerst  von  Braconnot  durch  die  Ein- 
wirkung der  Schwefelsäure  auf  Muskelfleisch,  Wolle  und  Pflanzcucasein 
erhalten.  Durch  neue  Kristallisation  gereinigt,  stellt  das  Leucin  glänzende, 
farblose  Blättchen  dar,  die  zwischen  den  Zähnen  knirschen;  es  ist  leichter 
wie  Wasser,  geruch-  und  geschmacklos,  ohne  Wirkung  auf  die  Pflanzen- 
farben , fettig  im  Anfühlen.  Bei  170°  sublimirt  es  ohne  Zersetzung;  es 
enthält  kein  chemisch  gebundenes  Wssser,  löst  sich  in  27,7  Th.  Wasser 
bei  17,5°  und  in  62,5  W eingeist  von  0,828  spec.  Gew. , in  kochendem  ist 
es  leichter  löslich;  es  ist  unlöslich  in  Aether  , löslich  in  concentrirter 
Schwefelsäure  und  Salzsäure  ohne  Veränderung.  Mit  Salpetersäure  bildet 
es  bei  gewöhnlicher  Temperatur  Leucinsalpetersäure,  beim  Kochen  damit 
wird  es  verflüchtigt.  Durch  Chlor  wird  es  zerstört;  es  ist  löslicher  in 
kaustischem  Ammoniak  als  in  Wasser.  Wird,  aufser  durch  salpetersaures 
(}uecksilberoxydul , durch  kein  anderes  Metallsalz  gefällt.  100  Leucin 
nehmen  in  trocknem  salzsauren  Gase  um  27,6  — 28,3  am  Gewichte  zu. 

Leucinsalpetersäure.  Die  Auflösung  des  Leucins  in  mäfsig  starker 
Salpetersäure  erstarrt,  ohne  Zeicheu  vou  Gasentwicklung,  zu  einer  kri- 
stallinischen Masse,  die  man  durch  Pressen  zwischen  Druckpapier,  Lösen 
in  Wasser  und  freiwilliges  Verdunsten  in  nadelförmigen  Kristallen  rein 
erhält.  Diese  Verbindung  enthält  gleiche  Atomgewichte  Leucin,  Salpeter- 
säure und  Wasser,  sie  vereinigt  sich  mit  Basen,  indem  das  Wasser  ersetzt 
wird  durch  ein  Aequivalent  Metalloxyd. 

Erythroprotid.  Formel  nach  DIulder  C^H^N^O*.  Brauner  extractarti- 
gor  Körper.  Löslich  in  Wasser. 

Protid.  Formel  nach  DIulder  ClsH18Na04.  Die  Mutterlauge,  aus  der 
das  Leucin  kristallisirt  ist,  giebt  mit  neutralen  Blcisalzen  einen  Niederschlag, 
ein  Erythroprotid-Bleioxid  und  nach  der  Absonderung  desselben  mit  Blei- 
essig einen  zweiten  von  Protid-Bleioxid,  der  mit  Schwefelwasserstoff  zer- 
legt, Protid  in  Auflösung  giebt.  In  trocknem  Zustande  ist  das  Protid  stroh- 
gelb, nicht  kristallinisch,  die  wässrige  Lösung  ist  farblos. 

Nach  DIulders  Formel  des  Proteins  enthält  dieses,  doppelt  genommen, 
bei  Hinzufügung  von  9 At  Wasser  die  Elemente  von  2 At.  Protid  , 2 At. 
Erythroprotid,  3 At.  Leucin,  1 At.  Ameisensäure,  2 At.  Kohlensäure  und 
8 At.  Ammoniak  (NH3).  Da  aber  die  relative  Menge  von  keinem  dieser 


Körper  ausgemittelt  worden  ist , 
Setzung  ungewiss. 


so  bleibt  dieses  Sshema  für  die  Zcr- 


Y erhalten  der  Schwefel - und  Stickstoff -haltigen  Thier-  und 
Pflanzensloffe  gegen  Säuren. 

Uebergiefst  man  frisches  feuchtes  Blutfibrin  mit  Wasser,  welches  */,  con- 
centrirte  Schwefelsäure  enthält,  so  schrumpft  es  zu  einer  unelastischen,  weis- 
sen  Masse  zusammen,  welche  Schwefelsäure  in  chemischer  Verbindung 
enthält.  Wird  die  freie  Säure  durch  Waschen  hinweggenommen  und  der 
Rückstand  in  reines  Wasser  gelegt,  so  quillt  er  zu  einer  Gallerte  auf, 
die  sich  vollständig  in  mehr  Wasser  löst;  diese  Lösung  ist  kaum  sauer 
und  scheidet  sich  durch  Zusatz  von  Säure  wieder  als  weifses  Gerinnsel 
nb , durch  Sublimat,  Blutlaugensalz  und  Gerbstoff  entsteht  in  der  neutralen 


'Thier-  u.  Pflanze n -Stoffe  gegen  Säuren.  135^ 

Flüssigkeit  ebenfalls  ein  starker  Niederschlag.  Gegen  Salzsäure  verhälÄ 
sich  das  Fibrin  ganz  gleich.  CBerzelius').  Das  Verhalten  des  uncoagulir 
ten  Albumins  gegen  Säuren  ist  oben  weitläufig  erwähnt  worden. 

Bouchardat  hat  in  Uebereinstimmung  mit  dem  eben  beschriebenen 
Verhalten  des  Fibrins  gegen  Säuren  gezeigt,  dafs  feuchtes  Fibrin  in 
Wasser,  was  ein  halb  tausendtel  Salzsäure  enthält,  zu  einer  Gallerte 
aufschwillt,  die  sich  nach  und  nach  bis  auf  eine  geringe  Menge  weifser 
Flocken  vollständig  löst.  Die  Auflösung  röthet  kaum  Lackmus,  sie  wird 
durch  überschüssige  Mineralsäuren,  durch  Sublimatlösung,  Galläpfelaufgufs 
und  Blutlaugonsalz  reichlich  gefällt,  beim  vorsichtigen  Abdampfen  bleibt 
eine  feste  Masse  in  dünnen  durchsichtigen,  biegsamen,  schwach  gefärbten 
Häuten  zurück;  die  Auflösung  lenkt  die  Strahlen  des  polarisirten  Lichtes 
links  ab.  Andere  Säuren,  Essigsäure,  Phosphorsäure,  Schwefel-  und  Milch- 
säure haben  auf  Fibrin  eiue  ähnliche  Einwirkung;  sie  hinterlassen  ebenfalls 
eine  nicht  bestimmbare  Menge  weifslicher  Flocken , welche  Bouchardat 
Epidermose  nennt,  weil  er  sie  mit  der  Materie  für  identisch  hält,  welche 
die  Grundlage  der  Epidermis  und  Hornsubstanz  ausmacht,  obwohl  er  we- 
der die  eine,  noch  die  andere  untersucht  hat.  Kleber  (Pflanzenfibrin), 
Serum  und  im  Wasser  vertheiltes  Eiweifs,  was  er  bis  zur  bemerklicben 
sauren  Reaction  mit  Salzsäure  vermischt  hatte,  sowie  eine  Auflösung  yoq 
neutralem  salzsauren  Casein,  verhalten  sich  der  Fibrinlösung  gleich. 

Dafs  die  sauren,  sowie  die  alkalischen  Auflösungen  der  genanntem 
ThierstofFe  gegen  alle  bekannten  Reagentien  ein  ganz  gleiches  Verhalten 
zeigen,  ist  lange  vor  Bouchardat  dargethan  gewesen,  sie  sind  von  Mulder 
als  Verbindungen  eines  in  seiner  Zusammensetzung  stets  gleichen  Stoffes, 
den  er  Protein  nennt,  betrachtet  worden.  Bouchardat , der  zu  dem  näm- 
lichen Schlusseg  elangte,  machte  in  soferu  eine  neue  Entdeckung  aus  seinen 
Beobachtungen,  als  er  diesen  Grundstoff  mit  Albuminose  bezeichnet.  Nach 
Mulder  sind  diese  beiden  Materien  die  Epidermose  und  Albuminose)  nichts 
anderes  als  Proteinbioxid. 

Bouchardat  hat  angegeben  , dafs,  wenn  man  die  Speckhaut,  die  sich 
auf  dem  Blute  der  an  acuter  Pleuopueumanie  oder  acutem  Gliederrheuma- 
! tismus  Leidenden  bildet,  mit  3 — 4 Th.  Wasser  auf  die  Hälfte  einkocht, 
| man  nach  dem  Abseihen  eine  Flüssigkeit  erhält,  die  beim  Erkalten  zu 
! einer  zusammenhängenden  Gallerte  gesteht,  welche  in  der  Auflösung  nicht 
von  Salpetersäure,  wohl  aber  von  Chlor,  Sublimatlösung  und  Gerbsäure 
gefällt  wird.  Er  schliefst  hieraus,  dafs  diese  Speckhaut  Leimsubstanz 
enthalte. 

Mulder  fand,  dafs  sich  Bouchardat  hinsichtlich  des  Leimgehalts  des4 
Entzündungshaut  getäuscht  habe;  er  erklärt  sie  nach  seiner  Analj’se  für 
eine  Verbindung  zweier  Oxide  des  Proteins  (Proteinbioxid  und  Proteintrit«* 
oxid),  die  sich  aus  dem  Fibrin  des  Blutes  unter  Sauerstoffaufnahme  erzeugen. 
Das  in  Wasser  lösliche  Proteintritoxid  ist  von  ß.  für  Leim  gehalten  worden| 
es  bildet  sich  auch  bei  mehrstündigem  Kochen  von  Fibrin  oder  Albumin  mit 
Wasser.  Das  Proteinbioxid  entsteht  auf  diesem  Wege  aus  Fibrin;  es  bleibt 
beim  Kochen  des  letzteren  mit  Wasser  als  unlöslich  und  von  constanter 
Zusammensetzung  zurück. 

üebergiefst  man  Casein  mit  einer  Quantität  schwefelsäurehaltigem 
Wasser,  in  der  es  sich  beim  Sieden  nicht  löst,  und  setzt  dieses  Gemenge 
mehrere  Tage  lang  einer  Temperatur  von  50 — 70°  aus,  so  verschwindet 
alles  schwefelsaure  Casein,  ohne  dass  die  Flüssigkeit  beim  Erkalten  etwas 
absetzt.  Braconnot  beobachtete,  dafs  schwefelsaures  Casein  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  mit  Wasser,  sich  selbst  überlassen,  nach  und  nach  zum 
grofsea  Theil  und  ohne  Fäulnifsgeruch  sich  löst;  er  erhielt  eine  gelbliche 
Flüssigkeit  von  bitterem  Geschmack,  welche  schwefelsaures  Ammoniak, 
etwas  Casein  und  Käsoxid  enthielt. 

Es  ist  schon  früher  bemerkt  worden,  dass  Pflanzen-  und  Thier-Casein, 
-Fibrin  und  -Albumin,  mit  concentrirter  Salzsäure  und  Luft  in  Berührung 


1356 


Xanthoproteinsäure. 


sich  darin  mit  purpurrother  oder  blauer  Farbe  auflosen.  Ganz  besonders 
leicht  bildet  sich  mit  Casein  diese  gefärhtc  Auflösung. 

Bei  Abschluss  der  Luft  lösen  sich  (nach  Mulder ) Fibrin  und  coagulir- 
tes  Albumin  allmälig  in  starker  Salzsäure  zu  einer  strohgelben  Flüssigkeit, 
welche  nuu  mit  Luft  oder  Sauerstoff  in  Berührung,  dieses  Gas  absorbirt, 
während  sie  dunkelbraun,  zuletzt  schwarz  wird.  Es  bildet  sich  hierbei  Sal- 
miak und  eine  schwarze  Substanz,  welche  Kohlenstoff  und  die  Elemente 
des  Wassers  enthält,  und  in  ihren  Eigenschaften  der  Materie  ähnlich  ist, 
die  man  durch  Behandlung  des  Zuckers  mit  Salzsäure  erhält.  Der  nach 
dem  Eintrocknen  der  schwarz  gewordenen  salzsauren  Auflösung  bleibende 
Rückstand  ergab  in  der  Analyse  ( Mulder'}  folgende  Zusammensetzung: 
S8,‘<8  Kohlenstoff,  6,12  Wasserstoff,  11,09  Stickstoff,  22,65  Sauerstoff 
und  21,86  Chlor,  worauf  Mulder  die  Formel  C40  H,8  N10  020  Cl8  berech- 
net. Genauer  entspricht  dieser  Analyse  die  Formel  C48  Nja  H94  024  Cl10. 

Die  Zersetzungsweise  dieser  Thiersubstanzen,  so  wie  die  Produkte, 
welche  sich  hierbei  bilden,  haben  in  so  fern  ein  grofses  Interesse,  als  sie 
zu  Schlüssen  über  die  Bildungsweise  derselben  in  dem  Organismus  der  Pflanzen 
zu  führen  vermögen;  wir  haben  bis  jetzt  keine  Vorstellung  über  die  Art 
und  Weise,  auf  welche  aus  dem  Ammoniak,  aus  der  einzigen  stickstoff- 
haltigen Nahrung  der  wildwachsenden  und  Culturpflanzen , die  stickstoff- 
haltigen Bestandtbeile  derselben  erzeugt  werden.  Die  beschriebene  Zer- 
setzung ist  aber  eine  Spaltung  in  Ammoniak  und  in  einen  stickstofffreien 
Körper,  der  aus  Amylon  und  Zucker  durch  die  nämliche  Säure  gebildet 
wird  , sie  geht  vor  sich  beim  Hinzutritt  von  Sauerstoff. 

Nach  den  von  Mulder  ausgemittelten  Verhältnissen  enthalten  die  durch 
Salzsäure  unter  dem  Einfluss  des  Sauerstoffs  auf  Fibrin  und  Albumin  ge- 
bildeten Produkte  die  Elemente  von 


Protein 

Wasser 

Sauerstoff 

Salzsäure 


C48NI2H720J4  \ ftrockuem  )r  „ n 

H12  ()6  / \ Traubenzucker  a4 

04  \oder  von  < Ammoniak  N2If6 

H10 Clio  C J Salmiak  NjqH4q  Clio 

C43 N12H94 Oa4Cl10  J C C48Ni2H94Oa4Cli0 


Es  kann  mithin  der  organische  Grundstoff  der  Thiersubstauzen  als  ent- 
standen betrachtet  werden,  durch  die  Vereinigung  der  Elemente  des  Zuckers 
und  des  Ammoniaks  und  durch  Austreten  der  Elemente  von  Wasser  und 
Sauerstoff.  Von  der  Salzsäure  des  Salmiaks  abgesehen,  haben  wir 

Zucker  C48  H43  Oa4  ) ( Protein  c48n13h:2o14 

Ammoniak  N12H5<  \ = < Sauerstoff  04 

) v Wasser  a 0 6 

C48  N12 H84 024  — C48N|2Hg4Oa, 

Durch  die  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  Fibrin,  Albumin,  Casein 
erhält  man  unter  andern  Produkten  einen  gelben,  im  Wasser,  Alkohol 
und  Aether  unlöslichen  Körper,  den  Mulder  mit  dem  Namen  Xanthopro- 
teinsäure bezeichnet.  Durch  Auskochen  mit  Wasser  und  Alkohol  wird 
sie  gereinigt.  Sie  ist  oraugegelb,  nicht  kristallinisch,  geschmack-  und 
geruchlos,  sic  röthet  die  Pflanzenfarben,  verkohlt  unter  dem  Geruch  nach 
Horn,  ohne  zu  schmelzen.  Sie  löst  sich  in  concentrirten  Säuren,  Zusatz 
von  Wasser  fällt  aus  dieser  Lösung  eine  Verbindung  der  Xanthoprotein- 
säure mit  der  angewandten  Säure,  die  durch  Waschen  mit  Wasser  zer* 
legt  wird.  Sie  löst  sich  in  Alkalien  mit  dunkelrother  Farbe  und  wird 
daraus  durch  Neutralisation  wieder  gefällt.  Durch  Kochen  in  einer  kau- 
stischen Kalilauge  wird  sie  unter  Ammoniakentwicklung  zerstört.  Die 
bei  130°  getrocknete,  wasserhaltige  Säure  ist  (nach  Mulder')  nach  der 
Formel  C54  H48  Ns  012  -f-  2Aq.  zusammengesetzt,  sie  scheint  keine  Oxi- 
dationsstufe des  Stickstoffs  oder  der  Salpetersäure  zu  enthalten.  Das  Ba- 


Leimsubstanz. 


1H57 


rytsalz  ist  nach  der  Formel  C54  H48  N8  013  -t- j das  Bleisalz  nach  der 
Formel  Ci4  H4B  N8  Oi3  -f-  PbO  zusammengesetzt.  {Mulder ). 

Löst  man  das  Ammoniaksalz  dieser  Säure  in  Wasser  und  sättigt  diese 
Auflösung  mit  Chlor,  so  scheiden  sich  hellgelbe  Flocken  ab,  welche  Mul- 
der als  eine  Verbindung  von  1 At.  chloriger  Säure  (Cl2  Os)  mit  2 At. 
Xanthoproteinsäure  betrachtet.  Durch  Auflösung  dieser  Flocken  in  Ammo- 
niak erhält  man  Salmiak  und  der  Analyse  nach  unverändertes  xanthoprotein- 
sanres  Ammoniak.  Fettfreies,  ausgepresstes  Muskelfleisch  mit  concenrirter 
Schwefelsäure  in  Berührung  wird  gallertartig  und  löst  sich  darin  auf  (ein 
Verhalten,  wodurch  sich  das  Fibrin  der  Muskelfaser  von  dem  Blutfibrin 
unterscheidet).  Diese  Auflösung  Jäfst  sich  mit  Wasser  ohne  Absatz  von 
schwefelsaurem  Fibrin  verdünnen.  Wird  die  mit  ihrem  doppelten  Gewichte 
Wasser  verdünnte  Auflösung  9 Stunden  lang  gekocht,  so  entsteht  schwe- 
felsaures Ammoniak,  und  die  Flüssigkeit  giebt,  mit  Kreide  neutralisirfc 
und  zur  Trockne  verdunstet,  eine  extraktartige  gelbe  Masse,  welche 
Leucin  und  eine  im  Alkohol  leicht  lösliche  Substanz  von  syrupartiger 
Beschaffenheit  enthält.  Wolle  liefert,  auf  die  nämliche  Weise  behandelt, 
ebenfalls  Leucin.  ( Braconnot ).  Leim  giebt  nach  demselben  Verfahren 
Leimzucker  ( Braconnot ) und  eine  süfsschmeckende  Substanz,  die  bei  Zu- 
satz von  Hefe  in  Gährung  geräth  und  Alkohol  und  Kohlensäure  liefert, 
{Gerhardt). 

Leimsubstan%. 

Unter  dieser  allgemeinen  Bezeichnung  begreifen  wir  einen  oder  meh- 
rere Bestandtheile  des  Thierkörpers,  welche  die  Fähigkeit  besitzen,  an 
siedendes  Wasser  eine  Materie  abzugeben,  welche  in  mäfsig  concentrirter 
Lösung  dem  Wasser  eine  mehr  oder  weniger  feste,  gallertartige  Beschaf- 
fenheit ertheilt.  In  vorzüglicher  Menge  sind  sie  enthalten  in  dem  Zellge- 
webe, der  Lederhaut  der  Membranen,  Sehnen,  Bändern,  Knochen,  Knor- 
peln, dem  Hirschhorn. 

Das  Zellgewebe  und  die  Membranen  bestehen  zum  gröfsten  Theil  aus 
Leimsubstanz;  in  dem  Zustand,  in  welchem  sie  darin  vorhanden  ist,  löst 
sie  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nicht  in  Wasser,  verdünnten  Mine- 
ralsäuren, Alkohol,  Aether  und  flüchtigen  Oelen.  Im 'feuchten  Zustande, 
sich  selbst  überlassen,  fault  sie  äufserst  leicht.  Einer  Auflösung  von  Su- 
blimat oder  schwefelsaurem  Eisenoxid  entzieht  die  Leimsubsfcanz  diese 
Salze  und  geht  damit,  indem  sie  dichter  wird,  im  Wasser  unlösliche 
Verbindungen  ein,  welche  die  Fähigkeit  zu  faulen  völlig  verloren  haben. 

In  einer  ähnlichen  Weise  verhält  sich  die  Haut  gegen  eine  Auflösung, 
von  Alaun,  der  man  Kochsalz  zugesetzt  hat}  sie  verbindet  sich  mit  dem 
Thonerdesalz  und  wird  damit  in  der  Luft  und  in  kaltem  Wasser  unveränder- 
lich. (Weifsgerben).  In  siedendem  Wasser  wird  das  Thonerdesalz  auf- 
gelöst und  die  Haut  nimmt  ihre  frühere  Beschaffenheit  und  Eigenschaften 
wieder  an. 

Mit  Gerbsäure  oder  gerbsäurehaltigen  Materien  (Eichenrinde  etc  ) im 
feuchten  Zustande  in  Berührung,  verbindet  sich  die  Leimsubstanz  der  Haut 
allmälilig  mif  der  Gerbsäure.  Sie  verliert  damit  ebenfalls  ihre  Fäulnifs- 
fähigkeit  und  wird  in  Leder  verwandelt.  Eine  Galläpfelinfusion  verliert 
mit  einer  hinlänglichen  Menge  Haut  in  Berührung  ihren  Gerbsäuregehalt 
vollständig.  100  Theile  trocknes  Kalbfell  nehmen,  vollständig  mit  Gerb- 
säure gesättigt,  64  Th.  an  Gewicht  zu. 

Von  dem  eigentlichen  Zellgewebe  der  Haut  unterscheidet  sich  der 
Corpus  capillare  uud  die  Epidermis  oder  Oberhaut.  Der  erstere  liegt  zwi- 
schen der  Oberhaut  und  dem  Zellgewebe  und  besteht  aus  Gefäfsen  und 
Nerven,  und  ist  der  Sitz  des  Gefühls  und  der  Farbe  der  Haut.  Die  Epi- 
dermis nähert  sich  in  ihrem  chemischen  Verhalten  der  Hornsubstanz. 


1358 


Knorpel!  cim.  Knochenleim. 


Das  eigentliche  Zellgewebe  löst  sich  in  der  Wärme  in  verdünnten 
Mineralsäuren  mit  der  gröfsteu  Leichtigkeit  auf  und  erleidet  dadurch  eine 
ähnliche  Veränderung  ^ Wie  beim  Kochen,  es  verwandelt  sich  nämlich  in 
Leim  (Gelatina),  der  seine  Unlöslichkeit  in  kaltem  und  rnüfsig  warmem 
Wasser  verloren  hat. 

Der  Leim,  den  man  durch  anhaltende  Behandlung  mit  siedendem  Was- 
ser aus  Knorpeln  (mit  Ausnahme  der  Faserknorpel),  Cartilagines  iuterarti- 
culares , Knorpel  des  Augenliedes,  Bandscheiben  der  Wirbel,  Cornea  des 
Auges  erhält,  unterscheidet  sich  wesentlich  durch  einige  chemische  Eigen- 
schaften von  dem  Leim  der  Knochen  und  des  Zellgewebes;  diese  Verschie- 
denheit wurde  zuerst  durch  Joh.  Müller  in  einer  meisterhaften  Untersu- 
chung aller  Leimsubstanz  enthaltenden  Bestandtheile  des  Thierkörpers  dar- 
gethan.  ( Pugg . XXXVIII.  S.  305). 

Alle  Knorpel,  Knochen  und  Häute  geben  bei  der  trocknen  Destilla- 
tion eine  gewisse  Quantität  Sckwefclamnionium. 


Knorpelleim . 

Chondrin , entdeckt  von  J.  Müller.  Zusammensetzung  s.  S.  1363. 
Dieser  Leim  wird  durch  12  bis  18stündiges  Kochen  der  Rippen-  und  Gc- 
ieukknorpel , der  Knorpel  des  Kehlkopfes  erhalten. 

Die  Auflösung  ist  wenig  gefärbt  und  gesteht  in  mäfsig  concentrirtem 
Zustande  zu  einer  klaren,  durchscheinenden  Gallerte,  die  zu  einer  durch- 
sichtigen, festen,  harten,  nicht  porösen,  hornartigen  Masse  austrocknet, 
welche  in  kaltem  Wasser  wieder  weich,  biegsam  und  gallertartig  wird, 
und  sich  in  heifsem  wieder  vollständig  löst.  Diese  Lösung  wird  von  Alaun 
und  schwefelsaurer  Thonerde  in  dicken,  weifsen,  compakten  Flocken  voll- 
ständig gefällt,  welche  leicht  zusammenklebeu  5 sie  wird  ferner  durch 
neutrales  und  basisches  essigsaures  Bleioxid  , Zinnchlorür,  schwefelsaures 
Eisenoxid  niedergeschlagen,  sowie  durch  Gerbsäure  haltige  Flüssigkeiten, 
Chlor,  Weingeist,  Platinchlorid  , Quecksilberchlorid.  Durch  alle  Säuren 
ohne  Ausnahme  wird  in  den  Auflösungen  des  Knorpelleims  eine  Färbung 
hervorgebracht;  die  Mineralsäuren  (bis  auf  Arseniksäure,  Kohlensäure,  Flufs« 
säure  und  schweflige  Säure)  lösen,  im  Ueberschuss  zugesetzt,  den  gebildeten 
Niederschlag  wieder  auf;  die  Pflanzensäuren,  so  wie  Arseniksäure  bewirken 
eine  Fällung,  welche  bei  überschüssiger  Säure  nicht  wieder  verschwindet. 
Der  durch  Eisenoxid,  Thonerdesalze  und  Essigsäure  hervorgebrachte  Nie- 
derschlag verschwindet  beim  Zusatz  einer  grofsen  Menge  Kochsalz  oder 
essigsaurern  Kali.  Digerirt  man  die  Knorpel  24  Stunden  lang  mit  ver- 
dünnter Salzsäure,  entfernt  sodann  durch  Waschen  die  freie  Säure,  so 
wird  durch  Kochen  dieser  Körper  eine  Gallerte  gebildet,  welche  vom 
Knorpelleim  sowohl,  wie  vom  Knochenleim  verschieden  ist.  In  abgedampf- 
tem Zustande  ist  dieser  Leim  dunkelgelb,  wenig  klebend,  blättrig  und 
seine  Auflösung  wird  durch  alle,  den  Knorpelleim  charakterisireuden  Rea- 
gentien  nicht  verändert« 


Knochenleim . 

ßyn.:  Cola,  Gelatina.  Identisch  mit  dem  Leim  aus  dem  Zellgewebe. 

§.  268.  Der  gewöhnliche  Tischlerleim  wird  aus  Hautab- 
fällen, Klauen,  Knochen,  Hirschhorn,  Kalbsfüfsen  durch  mehr 
oder  minder  langes  Kochen  mit  Wasser,  bei  gewöhnlicher 
Siedetemperatur  oder  schneller  unter  höherem  Druck  bei  106 
—107°  dargestefit.  Die  geklärte,  heifse,  concentrirte  Auf- 
lösung gesteht  nach  dem  Erkalten  zu  einer  elastischen , zit- 
ternden Gallerte,  die  durch  Dräthe  in  dünne  Scheiben  ge- 


Knochenleim. 


schnitten  und  getrocknet,  die  Form  des  im  Hundei  vorkom- 
menden Leims  erhält.  Dieser  Leim  enthält  in  kaltem  Wasser 
und  in  Alkohol  lösliche  Stoffe,  von  denen  er  befreit  wird, 
wenn  man  ihn  in  kaltem  Wasser  zu  einer  Gallerte  aufquellen 
lässt,  diese  zertheilt  und  in  Leinwand  gebunden  mit  immer 
zu  erneuerndem  warmen  Wasser  in  Berührung  bringt.  So- 
bald das  Wasser  keine  Farbe  mehr  annimmt.  läfst  man  die 
Gallerte  unter  Zusatz  von  etwas  Wasser  in  gelinder  Wanne 
zerfliefsen  und  scheidet  sie  von  den  unlöslichen  Gemeng- 
theilen durch  Filtriren.  Die  durchlaufende  klare  Leimlösung 
vermischt  man  mit  ihrem  gleichen  Volum  Alkohol,  wodurch 
der  reine  Leim  gefällt  wird.  An  vielen  Orten  wird  der  Leim  aus 
Knoclieo  durch  Behandlung  derselben  mit  sehr  verdünnter  Salzsäure  (wel- 
che möglichst  frei  seyn  mufs  von  Schwefelsäure  und  schwelliger  Säure) 
dargestellt , welche  die  Kalksalze  auszieht  und  den  Leim  in  der  Form  der 
Knochen  zurückläfst.  Sobald  diese  eine  weiche,  biegsame,  durchscheinende 
Beschaffenheit  angenommen  haben,  wird  die  Säure  durch  anhaltendes  Wa- 
schen hinvveggenommed  (wodurch  der  Rückstand  die  saure  Heaction  übri- 
gens nie  verliert),  mit  etwas  Wasser  in  der  Wärme  geschmolzen  und  die 
nach  dem  Erkalten  gewonnene  Gallerte  wie  oben  behandelt. 

§.  Der  Leim  stellt  trocken  eine  farblose  oder  gelb- 

liche, in  dünnen  Stücken  durchsichtige,  glasartige,  ziemlich 
harte,  spröde,  elastische  Substanz  dar,  geruch-  und  ge- 
schmacklos, luftbeständig,  schwerer  wie  Wasser,  ohne  Ileac- 
tion  auf  Pflanzenfarben , unlöslich  in  Alkohol  und  Aether  (er 
wird  beim  Erwärmen  weich,  schmilzt  und  verbreitet,  indem 
er  sich  zersetzt,  einen  eigenthümlichen  Geruch  (Leimgeruch]. 
In  trockner  Destillation  liefert  er  eine  reichliche  Menge  festes, 
kohlensaures  Ammoniak  (Hirschhornsalz,  -Geist,  -Del)  unter 
Zurücklassung  einer  schwerverbrennlichen  Kohle,  und  einer 
aus  phosphorsaurem  Kalk  bestehenden  Asche.  In  kaltem 
Wasser  schwillt  der  Leim  auf,  wird  undurchsichtig,  gallert- 
artig, elastisch,  zähe,  ohne  sich  darin  bemerklich  zu  lösen, 
in  der  Wärme  |erfolgt  vollständige  Lösung.  (Ein  Theil  Leim 
giebt  mit  1ÖÖ  Wasser  eine  feste,  zitternde  Gallerte.  Eine 
Leimauflösung  fault  ziemlich  leicht  mit  sehr  unangenehmem 
Geruch.  Die  Produkte  der  Fäulnifs  sind  nicht  untersucht). 
Wird  eine  warme,  concentrirte  Lösung  von  Hausenblase  in 
einem  verschlossenen  Gefäfse  längere  Zeit  der  Siedhitze  aus- 
gesetzt, so  vermindert  sich  nach  und  nach  die  Fähigkeit 
derselben,  nach  dem  Erkalten  gallertartig  zu  gestehen,  bis 
dafs  sie  sie  zuletzt  gänzlich  verliert;  sie  giebt  abgedampft 
einen  blafsbrauneu  Ilückstand,  der  an  der  Lutt  feucht  und 
terpentinartig  wird  und  in  kaltem  Wasser  leicht  löslich  ist. 
Diese  Lösung  giebt,  mit  Alkohol  vermischt,  einen  Nieder- 
schlag, der  mit  Wasser  keine  Gallerte  mehr  liefert,  der 
Alkohol  behält  eine  Materie  gelöst,  die  beim  Verdampfen  eine 
terpentinartige  Masse  liefert,  welche  theilweise  in  absolutem 
Alkohol  löslich,  in  trocknem  Zustande  an  der  Luft  zerfliefs- 


Knoc  benieira. 


i.# 


o 


Hch  ist;  er  wird  durch  Calläpfelaufgufs  vollständig  gefällt. 

t . Die  audern  Leimsorten  verhalten  sich  diesem  ähnlich 

Es  ist  klar,  dafs  je  nach  der  verschiedenen  Dauer  des  Kochens  und  dem 
Zustande  der  Ihiersubstanzen  der  daraus  bereitete  Leim  mehr  oder  weni- 
ger vou  diesen  Produkten  der  Veränderung  der  Leimsubstanz  enthalten 
raufs.  So  lost  sich  der  Leim  von  jungen  Thieren  (Kalbsfüfsen  etc.)  leich- 
ter in  lauwarmem  Wasser  und  die  daraus  bereiteten  Gallerte  ist  minder 
fest,  wie  die  aus  Häuteu , Klauen  und  von  älteren  Säugethieren.  Der 
Leun  aus  geraspeltem  Hirschhorn  gelatinirt  sogleich  beim  Erhalten,  der 
aus  Knochen  erst  den  andern  Tag,  der  Leim  aus  Fischknochen  gelatinirt 
mcht.  (J.  Müller ).  Der  Knochenkuorpel  eines  neugeboruen  Kindes  vor 
der  Ossification  gab  beim  Sieden  mit  Wasser  Chondrin  , eben  so  fand  sich 
Chondrin  in  pathologischen  Knochengeschwülsten.  (J.  Müller ).  Eine  Kno- 
chen-Leimaufldsung  unterscheidet  sich  wesentlich  von  einer  Chondrin- 
losung, insofern  sie  nicht  gefällt  wird  durch  Säuren,  Alaun  und  Bleisalze 
wahrend  sie  gegen  die  andern  Reagentien  ein  gleiches  Verhalten  zeiirt* 
mit  Alkohol  gemischt,  scheidet  sich  aus  einer  mäfsig  concentrirten  Lösun» 
der  Leim  in  Gestalt  einer  weifsen,  zusammenhängenden,  elastischen  Masse 
aus,  die  in  kaltem  Wasser  aufquillt,  ohne  sich  zu  lösen.  Ueber  das  Ver- 
halten des  Chlors  zu  Leim  siehe  Zersetzungsprodukte  durch  Chlor. 

...  10  Tf1rdÜQIlten  S/\uren  ist  der  Leim  in  der  Wärme  leicht  zu  einer 
dünnen  Flüssigkeit  löslich,  ohne  seine  Haupteigenschaften  bemerklich  cin- 
zubufsen.  Durch  anhaltende  Behandlung  mit  mäfsig  concentrirter  Schwe- 
felsäure wird  er  zersetzt  (siehe  Zersetzungsprodukte).  Durch  Salpeter- 
saure  wird  der  Leim  unter  Zersetzung  gelöst.  Eine  der  bemerkenswer- 
thesten  Verbindungen  geht  der  Leim  mit  Gerbsäure  ein,  sie  ist  im  Wasser 
so  schwerlosliclt , dafs  Vj^o  Leim  in  einer  Flüssigkeit  durch  Galläpfelauf- 
gufs  noch  deutlich  gefällt  wird.  In  concentrirteren  Auflösungen  scheidet 
sich  die  gerbsaure  Verbindung  in  mehr  oder  weniger  dichten  käseartigen 
Flocken,  oder  einer  zähen,  weichen,  elastischen,  der  Fäulnifs  nicht  fähi- 
gen  Masse  ab.  Die  Verbindung  ist  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  unlös 
lieh,  löslich  in  der  Warme  in  Kalilauge,  nach  dem  Trocknen  hart  und 
spröde,  von  muschligem  Bruch  und  leicht  pHlverisirbar.  100  Theile  reiner 

1 I Ti  QV«erbKndeil  oSiC«  .»bersGhüssiger  Gerbsäure  aus  Galläpfeln)  mit 

135,138  bis  136,5  Theilen  Gerbsäure.  Gierst  mau  die  Gerbsäure 
Li  Fo I,‘.ei"':lU.  0SU,,Ä  ’ so  e!  hält  ma“  eine  Verbindung,  die  auf  100  Leim 
85,8  Ih.  Gerbsäure  enthält.  (Midder,  H.  m:y).  Alle  der  Eichengerbsäure 
in  ihren  Eigenschaften  nahe  stehende  Materien,  wie  Catechugerbsäure, 
Hämatoxilin  fallen  ebenfalls  die  Leimauflösung.  * 

Die  Leimgallerte  wird  leicht  in  der  Wärme  von  kaustischem  Kali  ge- 
lost und  wesentlich  in  ihren  Eigenschaften  dadurch  verändert.  Sättigt 
mau  die  Auflösung  mit  Essigsäure  und  dampft  zur  Trockne  ab , so  erhält 
man  einen  Rückstand,  der  sich  in  Alkohol  löst.  Durch  anhaltendes  Kochen 
mit  starker  Kalilauge  eutsteht  unter  Ammoniakentwicklung  eine  Reihe 
eigentümlicher  Zersetzungsprodukte. 

Chlorigsaurer  Leim . Leitet  man  Chlorgas  durch  eine  Auflösung  von 
Leim,  so  entsteht,  wenn  die  Flüssigkeit  anfängt  mit  Chlor  gesättigt  zu 
seyn,  um  jede  Gasblase  eine  weifse  Haut,  und’ alier  Leim  ward  zuletzt 
!Di?5stalt  VOn  bießsaraeüj  elastischen,  perhnutterglänzenden,  gelatinösen, 
halbdurchscheinenden  Flocken  oder  Faden  sehr  nahe  vollständig  ausgefällt, 
sie  sind  geschmacklos,  unlöslich  im  Wasser  und  Alkohol,  schwach  sauer, 
unfähig  zu  faulen,  entwickeln  an  der  Luft  mehrere  Tage  lang  Chlor  oder 
Chlorige  Saure,  löslich  in  Alkalien.  In  trockncm  Zustande  ist  dieser  Kör- 
per w*ei!s  und  leicht  pulverisirbar.  Die  feuchte  Masse  enthält  nach  Mulder 
die  Elemente  von  1 At.  Leim  78,6  pCt.  (C15  1I10  N,  0,)  und  1 At.  chlorige 
Saure  («7,4  pCt. ),  die  getrocknete  Substanz  die  Elemente  von  4 At. 
Leim  auf  die  nämliche  Menge  Säure.  Die  Auflösung  der  letzteren  Verbin- 
dung in  Ammoniak  giebt,  zur  Trockne  verdunstet,  eine  Masse,  aus  wel- 
cher Alkohol  Salmiak  nuszieht;  der  Rückstand  giebt,  in  «er  Analyse  die 


Lcimzuoker. 


1861 


Zusammensetzung  des  Leims,  und  in  kochendem  Wasser  gelöst,  eine  Flüs- 
sigkeit,, die  nach  dem  Erkalten  gelatinirt,  so  dafs  er  hiernach  als  unver- 
änderter Leim  betrachtet  werden  mufs. 


Zersetzungsprodukte  des  Leims  mit  kaustischen  Alkalien . 

Beim  anhaltenden  Kochen  einer  Auflösung  von  Leim  in  starker  Kali- 
lauge entwickelt  sich  reichlich  Ammoniak  und  der  Leim  zerfällt  in  ein 
Gemenge  von  4 Th.  Leimzucker  auf  1 Th.  Leucin.  Nach  Boussinqault 
entsteht  hierbei  nur  Leimzucker.  Midder  ncutralisirt,  sobald  sich  in  der 
Behandlung  kein  Ammoniak  mehr  entwickelt,  die  alkalische  Flüssigkeit 
mit  Schwefelsäure,  dampft  zur  Trockne  ab,  erschöpft  den  Rückstand  mit 
Alkohol,  destillirt  den  Alkohol  ab  und  reinigt  das  Gemenge  von  Leim- 
zucker und  Leucin,  welches  zurückbleibt,  durch  Behandlung  mit  Alkohol, 
in  welchem  das  Leucin  etwas  löslicher  ist.  9 

Leimzucker.  — Entdeckt  von  Braconnot.  — Aus  Alkohol  krystallisirt 
• eFi>^eimiZUCker  in  ziemIicl1  deutlichen  Prismen  , aus  schwachem  Alkohol 
in  Rhomben,  die  zwischen  den  Zähnen  knirschen.  Die  Kristalle  sind 
färb-  und  geruchlos,  au  der  Luft  unveränderlich,  von  sehr  süfsem  Ge- 
schmacke.  Sie  verlieren  bei  110°  nichts  an  ihrem  Gewichte  und  zerlegen 
sich  bei  1,8  unter  Ammoniakentwicklung.  Bei  17,5°  löst  sich  der  Leirn- 
zucker  m 4,4  Wasser,  in  930  Th.  Weingeist  von  0,818  spec.  Gew.  nicht 
in  Aether;  die  Losung  ist  ohne  Reaction  auf  Pflanzenfarben.  Mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  bildet  der  Leimzucker  eine  farblose  Lösung,  die 
beim  Erhitzen  sich  schwärzt.  Salpeter-  und  Salzsäure  lösen  ihn  ohne 
v.7a“?,erunÄ5seine  .wässrige  Lösung  wird  durch  kein  Reagens  gefällt, 
mit  Silberoxid,  Bleioxid , Kupferoxid  erwärmt , lösen  sich  diese  Oxide 
auf  und  gehen  Verbindungen  mit  dem  Leimzucksr  ein,  welche  kristalli- 
sirt  erhalten  werden  können. 

Leimzucker -Salpetersäure.  Entdeckt  von  Braconnot.  Darstellung 
wie  Leucin-SaJpetersäure.  Die  Leimzucker- Salpetersäure  kristallisirt  iS 
farblos  durcnsichtigen , etwas  abgeplatteten  Prismen,  die  in  der  Wärme 
schmelzen  und  sich  ohne  Verpuffung  zersetzen.  Sie  ist  in  Wasser  leicht 
löslich,  unlöslich  in  kaltem  und  heifsen  Alkohol,  von  saurem,  hintennach 
sufsliche^  .Geschmacke.  Zink  und  Eisen  lösen  sich  darin  unter  Entwick- 
lung  von  Wasserstoff.  Sie  vereinigt  sich  mit  Basen  zu  mehrentheils  kri- 
stallisirenden,  löslichen  Salzen. 

Zusammensetzung  des  Leimzuckers.  Nach  Mulders  Analysen  wird 
die  Zusammensetzung  des  kristallisirten  Leimzuckers  durch  die  Formel 
°j  -+^Aq.  ausgedrückt.  In  den  Verbindungen  desselben  mit 
Blei°xid  und  den  andern  Oxiden  werden  die  beiden  Wasseratome  ersetzt 
und  vertreten  durch  ihre  Aequivalente  an  Metalloxid.  Die  Bleiverbindung 
ist  nach  wiederholten  Analysen  Mulders  C8  HJ4  N4  Os  -4-2  PbO.  s 

Nach  demselben  Chemiker  enthält  die  Leimzucker- Salpetersäure  die 

S“odeTcC.  t “+"+4^  U“d  3 A"  SaIpete”äure- 

SJl!ZCn  ’ weIche  d»ese  Säure  mit  den  Metalloxiden  bildet,  sind 
lente  an^asen^^  Sa°7'  °dGr  tbeilweise  vertreten  durch  ihre  Aequiva- 


2AH 
2 KO) 


Kalisalz  C8  H14  N4  0,,  N4  Oio 

Silbersalz  C8  H14  N4  05,  N4  0IO  -f-  £ 

Aq&  > 
i0"1~  3 BaO> 
Aq  ) 
3 CuO ) 


Barytsalz  C3  H14  N4  Os,  N.  O, 
Kupfersalz  Cs  H14  N.  Os,  N4  0, 


1362 


Leimzucker. 


Nach  den  Untersuchungen  Boussingaults  ist  der  Lehnzuckcr  nach  der 
Formel  C16  Hso  N„  0JX  4-  3 Aq.  zusammengesetzt,  einer  Formel,  welche 
mit  der  Mulder’schen  der  Anzahl  der  Elemente  nach  identisch  ist,  und  iu 
seiner  Verbindung  mit  Basen  werden  die  drei  Atome  Wasser  vertreten 
durch  4 Atome  Metalloxid. 


Der  Leimzucker  ist  C16H30N8Ön4-  3Aq  zzz  Mulders  Form:  dopp.  genomm. 
DieSilberverbinduDgistC1ÄH30N8Ou-+-4AgOr=:  ,,  ,,  4-lAt.  HaO. 

DieKuj)ferverbinduug„Ci6H5üN8On-f-4CuO  = ,,  ,,  4- 1 At.  — 

Die  ßleiverbinduug  „C16H30N801,-l-4PbO=  ,,  „ 4-1  At*  — * 


Um  den  Unterschied  zwischen  den  Anatysen  beider  Chemiker  hervor- 
zuheben, mufs  hier  bemerkt  werden,  dafs  nach  Mulders  Formel  die  Blei- 
verbindung z.  B.  (C8  H14  N4  Oj  4-  2PbO)  in  100  Th.  enthalten  müfste 
6*4,24  Bleioxid,  nach  Boussingaults  Formel  hingegen  sollte  nur  63,58  Blei- 
oxid erhalten  werden.  Boussinyanlt  selbst  erhielt  aber  64,90  pCt.  Blei- 
oxid, was  also  Mulders  Formel  weit  näher  als  der  soinägen  entspricht. 

Nach  Boussingaults  Formel  der  Leimzuckersalpetersäure  enthält  sie 
im  kristallisirten  Zustande  die  Elemente  von  4 At.  Salpetersäure,  1 At. 
trocknen  Leimzucker  (CJ6  H30  Nß  On)  und  9 Atome  Wasser.  Diese  Säure 
wäre  demnach  entstanden  durch  die  Verbindung  von  1 At.  kristallisirten» 
Leimzucker  und  4 At.  Salpetersäure- Hydrat  unter  Hinzutretung  der  Ele- 
mente von  2 At.  Wasser.  Bei  110°  verliert  diese  Säure  (nach  jB.),  indem 
sie  einen  Stich  ins  Braune  erhält,  41/»  pCt.  Wasser,  was  3 At.  Kristall- 
wasser entspricht. 

Die  Verbindungen  der  Leimzuckersalpetersäure  mit  Basen  sind  nach 
Boussingault  nach  Midders  Formel  dopp.  genommen, 

kristalli-  /'Leimzucker  C16H56N8014  — C16HS6N80I4  J der  im  leeren  Kaum 


sirte 

< Salpetersäure 

n.o*.  - 

N8Oao 

über  S03  Aq.  ge- 

Säure 

( Wasser 

Hi*  06- 

h8  o,S 

trockneten  Säure. 

CI6H48N16O40 — 0I6H3iN16033  4- 7 Aq.  — C16H44N16Oä8 — Ci4Ha8N160J04- 8Aq. 


getr»cUn°.  j CI6HSiN16OäJ-MAq. 

Silbersalz  C16Hi4N160„+4Ag0  = 

Kalisalz  = C,6U,5N16Oiu-H  I 

Kupfersalz.  C,6HS1N160„+^^0'=C,6H!SN16°SÜ-1-  j 


Die  leimzuckersalpetersauren  Salze  können  mit  gleicher  Leichtigkeit 
durch  Auflösung  der  Verbindungen  des  Leimzuckers  mit  Basen  in  Salpeter- 
säure, oder  durch  Auflösung  von  Leimzucker  in  den  correspondirejiden 
salpetersauren  Salzen  (in  salpetersaurem  Siiberoxid  z.  B.)  dargestellt  wer- 
den ^Boussingault) , woraus  jedenfalls  hervorgeht,  dafs  in  dem  Silbersalz 
die  Menge  der  Basis  nicht  mehr  beträgt,  als  wie  nöthig  ist,  um  mit  der 
darin  enthaltenen  Salpetersäure  ein  neutrales  Salz  zu  bilden.  Das  Kali-, 
Silber-  und  Kupfersalz  sind  kristallisirbar. 

Nachstehend  geben  wir  die  vorhandenen  Analysen  von  Leim , Chon- 
drin,  der  Arterienhaut,  so  wie  die  zuverlässigsten  Angaben  über  die  Zu- 
sammensetzung der  Knochen. 


C. 

H. 

O. 


Bausenblase.  Kalbs fufssehnen.  Sclerotica. 
Scherer,  v.  Goudoever.  Scherer.  Scherer. 


50,557 

6,903 

18,790 

23,750 


49,905 

6,725 

» 

yy 


50,432 
7,1 63 
18,370 
24,035 


50,995 

7,075 

18,723 

23,207 


Mulder. 

50,048 

6,560 

18,369 

25,023 


Berechn . 
{'48H8aN)iOj8, 
50,207 
7,001 
18,170 
24,622 


Diese  Formel  ist  durch  spätere  Versuche  von  Verloren  bestätigt  worden* 

i 


Knochen  - An  a I y s e n, 


1363 


Chondrin. 

Kalb  ripp  enknorpel.  Cornea . 


C. 

H. 

N. 

O. 


Scherer. 

50,196 

7,047 

14,908 

27,849 


Scherer. 

49,522 

7,097 

14,399 

28,982 


Mul  der. 
50,607 
6,578 
14,437 
28,378 


Schröder . 
49,57 
6,61 
99 
99 


Berechn. 

c<3h80n12o 

50,745 

6,904 

14,692 

27,659 


1Q< 


Arterienhaut.  Berechn.  Haut  der 


Scherer. 

C48Hr6NI2016. 

Scherer . 

c. 

53,571 

53,91 

50,674 

H. 

7,026 

6,96 

6,608 

N. 

15,360 

15,60 

16,761 

0. 

24,043 

23,53 

25,957 

Ferhältnifs  der  unorgan . zu  den  organ.  Bestandth.  | in  gesunden  Knochen 
von  Erwachsenen , Kindern  und  in  dem  Knochengewebe. 


Femur 
Tibia 
Fibula 
Humerus 
Ulna 
Radius 
Os  temporum 
Vertebrae 
Costa 
Clavicula 
Os  Ilium 
Scapula 
Sternum 
Os  metarsi  der 
grofsen  Zehe 


Rees. 
Erwachsene . 
Unorg.  Best. 

62.49 
60,01 
60,03 
63,02 

60.50 

60.51 
63,50 
57,43 
57,49 


Rees. 


58,79 

54,51 

56,00 


>an.  Best. 

Unorg.  Best. 

Organ.  Best. 

37,51 

57,51 

42,49 

39,99 

56,52 

43,48 

39,98 

56,00 

44,00 

38,98 

58,08 

41,92 

39,50 

57,59 

42,41 

39,49 

56,50 

43,50 

36,50 

55,90 

54,10 

42,58 

99 

) 9 

42,51 

53,75 

46,25 

42,48 

56,75 

43,25 

41,21 

58,50 

41,50 

45,49 

56,60 

43,40 

44,00 

99 

99 

43,47 

99 

99 

Im  Caput  femoris  60,81 
In  einer  Rippe  53,12 


Knochengewebe . 
39,19 
46,88 


Hirnschale 
Humerus,  femur, 
Tibia 

Zeliig.  Gew.  des 
Cap.  tibiae 


Menschenknochen , nach  Sebastian. 


60,00 

40,00 

63,34 

36,66 

66,66 

33,34 

Os  parietale  eiues  Erwachsenen 
„ eines  Kindes  von  3 J. 

Pars  petrosa  ossis  tempor.  eines  Erw. 
Maxilla  inferior  eines  Kindes  von  3 J. 
Sternum  eines  Erwachsenen 
Costa 
Humerus 


Nach  Frerichs. 
Unorg.  Best.  Org.  Best, 


68,5 

66.3 
68,0 
62,8 
64,7 

65.3 


99  99  68,3 

Humerus  u.  ulna  eines  foetus  von  8 Mon.  63,2 
Radius  eines  Erwachsenen  66,3 

„ eines  10jährigen  Knaben  65,5 

Tibia  eines  Erwachsenen  66,2 

^bula  „ „ 66,5 

Cariose  Excrescenzen  einer  andern  fibula61,2 
Os  metasttfirsi  eines  Erwachsenen  65,9 

Patella  „ „ 63,7 

Corpus  vertebr.  lumbor.  eines  Erwachs.  60,5 


31.5 

33.7 

32.0 

37.2 

35.3 

34.7 

31.7 

36.8 

33.7 

34.5 

33.8 

33.5 

38.8 

34.1 

36.3 

89.5 


1364 


Knochen-Analysen. 


V erhältnisse  s wischen  Jcohlensaurem  Kalk  und  phosphorsaurem  Kalk  in 
spongiösen  und  compacten  Knochen y nach  Frerichs . 

Spongiöse  Knochen . Compacte  Knochen . 

I. 

Organ.  Substanzen  38,22 

Phosphors.  Erden  50,24 

Köhlens.  Kalk  11,70 

Verhältnis  der  thierischen  zur  erdigen  Substanz. 


Sehreyer.  H.  Davy. 


Thierische  S. 
Erdige  S. 

Kind. 

47,20 

48,48 

Erwachs. 

20,18 

74,84 

Greise. 

12,2 

84,1 

Kind. 

53 

47 

Erwachs. 

12,2 

48,1 

95,68 

95,02 

96,3 

100 

99,5 

II. 

37,42 

51,38 

10,89 


31,46 

58,70 

10,08 


II. 

30,94 

59,50 

9,46 


Knorpel,  in  Wasser  lösl. 
Gefäfse 

Knorpel , in  Salzs.  lösl. 
Knorpel , in  Salzs.  unlösl. 
Basisch  phosphors.  Kalk 
Ditto  mit  etw.  Fluorcalc 
Fluorcalcium 
Köhlens.  Kalk 
Phosphors.  Bittererde 
Natron,  mit  wenig  Kochsalz 

Natron 

Chlornatrium 

Eisen-,  Mangan-Oxid  u.  Verl. 


Berzelius.  Marclmnd. 

Menschenkn.  Ochsenkn.  Oberschenkelkn.d.M . 


32,17 

1,13 


53,04 

11*80 

1,16 

1,20 


3,85 


1,01 

27,23 

5,03 

52,26 

1,00 

10,21 


0,93 

0,25 

1,05 


100,00  100,00 
Analysen  kranker  Knochen . 
1)  An  Osteomalacie  leidender  Individuen . 


100,00 


Bo  stock. 
Rücken- 
wirbel. 

Knorpel  79,75 

Phosphors.  Kalk  13,60 
,,  Bittererde 
Köhlens.  Kalk 
Schwefels.  Kalk  u. 

Natron 
Fett 

Natr.,Eisen,Mangan 


Proesch.  Bogner. 

Rücken-  Rippen - Schä-  Ra- 
knochen.  del. 

49,77  65,85 


Wirbel. 

74,64 

13,25 


dius. 

63,42 


33,60 


Fe- 

mur. 

69,77 

23,50 


Pa- 

tella. 


0,82 

yy 

0,98 

1,07 

0,97 

0,94 

1,13 

5 ,95 

4,60 

5,40 

6,35 

5,07 

5,03 

4,70 

0,90 

0,40 

yy 

yy 

yy 

yy 

yy 

5,36 

11,63 

yy 

yy 

yy 

yy 

yy 

yy 

yy 

0,85 

1,05 

0,69 

0,64 

100,00  100,00  100,00  100,00  100,00  100,00  100,00 

Mar  chan  d. 


Knorpel  75,22 

Fett  6,12 

Phosphorsaurer  Kalk  12,56 

„ Bittererde  0,93 

Kohlensaurer  Kalk  3,20 

Schwefels.  Kalk,  schwfs.Natr.  0,98 
Fluorcalc.,  Chlornatr.,  Eisen, 
Verlust  1,00 


100,00 


Radius 

Femur. 

Sternum, 

71,26 

72,20 

61,20 

7,50 

7,20 

9,34 

15,11 

14,78 

21,35 

0,78 

0,80 

0,73 

3,15 

3,00 

3,70 

1,00 

1,02 

1,68 

1,20 

1,60 

2,01 

100,00 

100,00 

100,00^ 

1365 


Knochen - Analysen. 

2)  An  Arthritis  leidender  Individuen. 

Oberschenkelkn . Vorderarmkn. 


Thierische  Substanz 

46,82 

45,96 

43,18 

8,50 

0,99 

Phosphors.  Kalkerde 

42,12 

Köhlens.  Kalkerde 

8,24 

Phosphors.  Bittererde 
Fluorcalcium,  Natron,  Chlor- 

1,01 

natr.  u.  Verlust 

2,31 

1,37 

100,00 


100,00 


8)  Concretion  am  Oberschenkelknochen  eines  rhachitischen  Kindes . 


Harnsaures  Natron 
„ Kalk 
Köhlens.  Ammoniak 
Chlornatrium 
Wasser 

Thierische  Substanz 
Verlust 


Marchand, 

34,20 

2,13 

7,86 

14,12 

6,80 

32,53 

2,37 


100,00 

Pyropin  nennt  R.  D.  Thomson  eine  schön  rubinrothe  Substanz,  die 
von  ihm  in  dem  verwesenden  Theil  des  Stofszahnes  eines  Elephanten auf- 
gefiindea  wm-de;  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  wird  aber  darin  weich;  es 
«qmV.?0,  emer  rothen  Asche  und  enthält  nach  2 Analysen  53,3* 
^uerstofflUtleaSt0ff,  7,52  — 7,66  Wasserstoff,  39,15  — 38,84  Stickstoff, 


I erhultnifi  der  anorgan.  Bestandtheile  zu  den 

der  Thiere. 


rganischen  in  den  Knochen 


Röhrenknochen  der  Lacerta  ignana 
Rippen  des  Phyton 
Schale  der  Landschildkröte 
Opercula  des  Schellfisches 
Furcula  einer  Ente 
Penisknochen  einer  Phoca 

v.  Trichecus  rosmarus 
Spiralfortsatz  eines  Delphins 


Sebastian. 

Unorg.  Best.  Organ.  Best. 


60,0 

50.0 

57.5 

60.0 

55.0 

61.6 
56,3 

60.0 


40.0 

50.0 
42,5 

40.0 

45.0 
38,4 
43,7 

40.0 


f erhältnifs  des  phosphors.  Kalks  zum  kohlensauren , nach  Barros. 


Schaaf 

Huhn 

Frosch 

Fisch 


Phosphors. 

Köhlens. 

Auf  100  Th. 

Kalk. 

Kalk. 

phosphors.  Kalk. 

i 95,0 

2,5 

2,03 

80,0 

19,3 

24,12 

88,9 

10,4 

11,70 

»5,3 

2,4 

5,76 

91,9 

5,3 

2,52 

13GG 


Die  Galle. 


Analysen  von  Fischknochen. 

Marchand. 


Cherreul. 

Dumenil. 

Rückenwirbel  Kopf  kn * 

Schädelkn.  des 

Hecht- 

v. Squalus 

eines  grofs< 

Kabeljau. 

knochen. 

cornubicus 

RochenSi 

Thierisehe  Substanz. 

43,94 

37,36 

, 57,07 

78,46 

Phosphors.  Kalk 

47,9G 

55,26 

32,46 

14,20 

Schwefels  Kalk 

... 

. 

1,87 

0,83 

Köhlens.  Kalk 

5.50 

6,16 

2,57 

2,61 

Phosphors.  Bittererde 

2,00 

. . . 

1,03 

Schwefels.  Natron  . 

. 

... 

0,80 

0,70 

Natron  mit  Chlornatr. 

0,60 

1,22 

3,00  CLNa  2,46 

Fluorcalcium,  Kieselerde, 

Thonerde,  Eisen  u. 

Verlust 

... 

1,20 

Fiuorcalcium,  phosphors.  Bit- 

tererde  u.  Verlust 

0,74 

100,00 

100.00 

100,00 

100,00 

Die  Galle . 

Die  in  der  Gallenblase  der  Thiere  abgesonderte,  unter  dem  Namen 
Galle  allgemein  bekannte  Flüssigkeit  besitzt  eine  schwach  alkalische 
Reaction  und  eine  dickliche,  ölartige  Beschaffenheit,  von  einer  rein  gold- 
gelben oder  grüulichgelben  Farbe,  die  an  der  Luft  dunkler  wird , sie 
mischt  sich  mit  Wasser  in  allen  Verhältnissen  zu  einer  wie  Seifen wasser 
schäumenden  Flüssigkeit , und  besitzt  einen  sehr  bittern , hintennach  süfs- 
lichen,  lange  anhaltenden  Geschmack.  Ln  Wasserbade  eingetrochnete  Galle 
löst  sich  leicht  in  Alkohol  mit  schmutzig  dunkeTgriiner , in  durchfallendem 
Lichte  rotlier  Farbe,  unter  Zurücklassung  einer  im  Wasser  gallertartig  auf- 
quellenden stickstoffreichen  Substanz  (Galleublaseuschleim)  auf.  Die  Galle 
läfst  sich  vollkommen  farblos  erhalten,  wenn  sie  in  ihrer  alkoholischen  Auf- 
lösung mit  Beinschwarz  digerirt  wird , sie  kann  ferner  durch  vorsichtigen 
Zusatz  von  Barytwasser  von  dem  Farbstoff,  der  mit  Baryt  eine  unlösliche 
Verbindung  bildet  fßerxeliusj,  befreit  werden,  sie  enthält  Cholsterin,  von 
dem  sie  leicht  befreit  wird,  wenn  eine  mit  Thierkohle  entfärbte  couccn- 
trirtc  Lösung  derselben  in  Alkohol  mit  ihrem  doppelten  Volumen  Aether 
gemischt  wird,  wodurch  die  Galle,  die  in  Aether  nicht  löslich  ist,  sich  in 
der  Form  eines  dicken  Syrups  abscheidet;  das  Cholsterin  bleibt  im  Aether 
gelöst,  es  kristallisirt  daraus  beim  Verdunsten  in  schneeweifsen  Blättchen. 

Die  von  dem  Farbstoff  und  durch  wiederholte  Behandlung  mit  Aether 
von  Fett  befreite  Galle  liefort  eingetrocknet  eine  dem  arabischen  Gummi 
ähnliche,  feste,  pulverisirbare  Masse,  die  ohne  alle  Trübung  und  ohne  Rück- 
stand wieder  in  Wasser  und  wasserfreiem  Alkohol  löslich  ist;  aus  ihrer 
wässrigen  Auflösung  wird  sie  durch  Sättigung  derselben  mit  Kalihydrat  in 
Gestalt  eines  dicken  Syrups  von  Terpentinconsistenz  abgeschieden.  Essig- 
säure uud  Oxalsäure  bringen  in  der  wässrigen  Auflösung  keine  Verände- 
rung hervor,  durch  Zusatz  von  Miueralsäuren  hingegen  entsteht  entweder 
sogleich,  oder  bei  längerem  Stehen  eine  milchige  Trübung,  und  cs  schei- 
det sich  eine  syrupähnliche  Flüssigkeit  ab;  ein  Theil  der  Mineralsäure  fin- 
det sich  mit  Natron  verbunden.  Essigsau: es  Bleioxid  und  salpetersaures 
Silberoxid  fällen  die  Lösung  der  nach  obigem  Verfahren  gereinigten  Galle. 
Eine  Auflösung  von  gereinigter  Galle  wird  durch  Zusatz  von  dreifach- 
basisch-essigsaurem  Bleioxid  vollständig  niedergeschlagen,  so  dafs  nur 
eiue  der  etwas  löslichen  Bleiverbindung  entsprechende  Menge  organischer 
Substanz  in  Lösung  bleibt,  ein  Ueberschufs  des  essigsauren  ßleisalzes  löst 
einen  Theil  des  Niederschlages  wieder  auf  ( Enderlin , J.  L ).  Bis  auf  eine 
gewisse  Menge  Chlorblei  uud  phosphorsaures  Bleioxid  ist  dieser  Nieder- 
schlag in  Alkohol  löslich.  Eine  wässrige  Auflösung  von  Galle  wird  durch 


Die  Galle. 


1567 


neutrales  essigsaures  Bleioxid  sogleich  gefällt,  wahrend  die  Flüssigkeit 
eine  stark  saure  Reaction  anninunt;  eine  mit  Essigsäure  versetzte  Auf- 
lösung vou  Galle  wird  durch  essigsaures  Bleioxid  nicht  gefällt;  die  bei 
der  Fällung  der  Galle  mit  dem  neutralen  Bleisalz  freivverdende  Säure 
hindert  demnach  die  weitere  Fällung  durch  dasselbe  Salz;  wird  die 
Säure  durch  ein  Aikali  genau  neutraiisirt,  so  entsteht  durch  das  neutrale 
Salz  ein  neuer  Niederschlag  und  die  Flüssigkeit  wird  wieder  sauer; 
basisch  essigsaures  Bleioxid  bringt  aus  dem  nämlichen  Grunde  einen  neuen 
Niederschlag  in  der  Gallenlösung  hervor,  welche  durch  das  neutrale  Salz 
ausgefällt  worden  war.  Hat  man  eiue  wässrige  Auflösung  von  Galle 
durch  Bleizucker  gefällt,  so  bleibt  beim  weiteren  Zusatz  von  Bleiessig 
ein  grofser  Theil  der  Galle  in  dem  überschüssigen  Bleizucker  gelöst  und 
kann  durch  Bleisalze  nicht  weiter  daraus  niedergeschlagen  werden  Das 
bei  Anwendung  von  Bleizucker  und  Bleiessig  in  der  Lösung  bleibende 
wurde  von  L.  Grnelin  und  ßerzelius  als  eine  besondere  Substanz  ange- 
sehen und  als  Galleuzucker  oder  Bilin  beschrieben,  obwohl  es  nichts  an- 
deres als  reine,  unter  diesen  Umständen  nicht  weiter  fällbare  Galle  ist. 

Die  rohe  Galle  hinteriässt  nach  dem  Auflösen  in  Alkohol  kein  kohleu- 
saures  Natron  (dem  die  alkalische  Reaction  also  nicht  zuzuschreiben  ist). 
Die  in  Alkohol  gelöste  und  im  luftleeren  Raume  über  Schwefelsäure  ge- 
trocknete, rohe  Galle  hinterlässt  nach  dem  Glühen  einen  mit  Säuren  stark 
aufbrausenden  weifsen  oder  schwach  gelblichen  Rückstand,  welcher  der 
Hauptmasse  nach  aus  kohlensaurem  Natron  besteht;  er  enthält  übrigens 
Spuren  von  Eisen  { [Enderlin ),  pbosphorsaurem  Natron  ( Thenard , Ender- 
lin') und  Kochsalz.  Mit  Schwefelsäure  befeuchtet  und  geglüht,  beträgt 
dieser  Rückstand  16,5  pCt.  von  dem  Gewichte  der  Galle  CDemarcciy). 
Die  von  Fett  und  Farbstoff  (durch  Baryt)  befreite  Galle  liefert  nach  der 
Calciuation  11,7  Asche,  welche  aus  11,16  kohlensaurem  Natron  [sowie 
aus  nachweisbaren  Mengen  von  Kali  (J Enderlin))  und  0,54  Kochsalz  be- 
steht. (Kemp).  Die  Zusammensetzung  der  vom  Farbstoff  und  den  fettea 
Säuren  gereinigten  Galle  ist: 


Kemp. 

Enderlin. 

Theyer 

u.  Schlosser. 

Kohlenstoff 
Wasserstoff 
Stickstoff 
| Sauerstoff 
Natron 
Kochsalz 

58,46 
8,30 
3,70/ 
22,64  \ 
6,53 
0,37 

58,46 

8,81 

25,76 

6,53 

0,54 

59,9 

8,9 

58,28 

9,20 

58,00 

8,09 

58,49  * 59748 
8,48  8,47 

Nach  Abzug  der  fixen  Bestandtheile  erhält  man  für  die  Zusammen- 
setzung des  mit  dem  Natron  verbundenen  Körpers: 


Kohlenstoff  63,7 

Wasserstoff  8,9 

Stickstoff  .3,9 

Sauerstoff  23,5 

Nimmt  man  an,  dafs  das  Natron  als  neutrales  kohlensaures  Natron 
nach  der  Verbrennung  zurückbleibt,  so  enthalten  100  Theile  reine  Gallo 
64,9  Kohlenstoff. 

Aus  der  obigen  Zusammensetzung  der  Galle  geht  hervor,  dafs  sie 
die  Natronverbindung  eines  stickstoffhaltigen  Körpers  ist,  den  man  allen 
Grund  hat,  zur  Classe  der  Säuren  zu  rechnen,  da  ihm  die  Fähigkeit  zu- 
kommt, das  Natron  zu  neutralisirea.  Die  kleinste  Menge  von  Essigsäure 
reicht  hin,  um  die  schwach  alkalische  Reaction,  die  sie  gewöhnlich  besitzt* 
aufzulieben,  in  vielen  Fällen  reagirt  sie  nicht  alkalisch.  Zur  Darstellung 
der  in  der  Galle  enthaltenen  Säure , die  wir  mit  Gallensäure  bezeichnen, 
verfährt  man  am  besten  auf  folgende  Weise. 


ms 


Gallensäure. 


Gallensäure. 

In  einer  Auflösung  von  8 Theilen  trockncr  gereinigter  Galle  in  Alkohol 
löst  man  in  der  Wärme  1 Theil  verwitterter  Oxalsäure  auf,  erhitzt  zum 
Sieden  und  läfst  die  Mischung  10  — 12  Stunden  ruhig  stehen.  Bei  der 
Auflösung  der  Oxalsäure  scheidet  sich  sogleich  ein  weifser  Brei  von  oxal- 
saurem  Natron  in  feinen  Kristallen  ab,  dessen  Menge  beim  Erkalten  noch 
zunimmt.  Sobald  sich  nichts  Kristallinisches  mehr  absetzt,  filtrirt  man  die 
Flüssigkeit  ab,  verdünnt  sie  mit  etwas  Wasser  und  digerirt  sie  mit  koh- 
lensaurem Bleioxid,  bis  alle  Reaction  auf  Oxalsäure  verschwunden  ist. 
Einen  ßlcigehalt  entfernt  man  durch  etwas  Schwefelwasserstoff  und  dampft 
sodann  im  Wasserbade  zur  Trockne  ab.  Man  erhält  den  nämlichen  Kör- 
per, wenn  die  Galle  in  wasserfreiem  Alkohol  gelöst  und  bei  Verminderung 
aller  Erhitzung  mit  irocknem  salzsaurem  Gas  gesättigt  wird.  Alles  Natron 
der  Galle  kann  man  als  völlig  ausgeschieden  betrachten,  wenn  durch  Ver- 
mischung mit  Aether  kein  kristallinischer  Niederschlag  mehr  entsteht.  Nach 
der  Trennung  von  Kochsalz  entfernt  mau  den  gröfsteu  Theil  der  Salzsäure 
durch  Abdampfen  im  Wasserbade,  setzt  etwas  Wasser  zu,  wo  sich  zwei 
Schichten  bilden,  eine  wässrige,  durch  Salzsäure  sehr  saure,  und  ein 
harzartiger  weicher  Absatz  von  Gallensäure,  die  in  der  verdünnten  Mine- 
ralsäure nicht  löslich  ist.  Man  löst  diesen  Absatz  in  Alkohol  und  setzt; 
der  Auflösung  nach  und  nach  so  lange  feingeriebenes  Bleioxid  hinzu,  bis 
die  Flüssigkeit  einen  schwachen  Bleigehalt  zeigt,  den  man  mit  Schwefel- 
wasserstoff entfernt. 

Man  kann  auch  zur  Darstellung  der  Gallensäure  die  gereinigte  Galle 
mit  Bleiessig  niederschlagen , nach  dem  Auswaschen  den  harzartigen  Nie- 
derschlag mit  etwas  kohlensaurem  Natron  zersetzen  und  aus  dem  gebilde- 
ten, gallensauren  Natron  die  Gallensäure  durch  überschüssig  zugesetzte 
Schwefelsäure  fällen.  Durch  Kneten  mit  verdünnter  Schwefelsäure  ent- 
fernt man  alles  anhängende  schwefelsaure  Natron,  löst  sodann  den  harz- 
artigen Absatz  in  reinem  Wasser,  setzt  kohlensaures  Bleioxid  zur  Hiu- 
wegnahme  der  Schwefelsäure  hinzu,  und  scheidet  das  in  Lösung  überge- 
gangene Bleioxid  durch  Schwefelwasserstoff  ab.  ( Berzelius ~).  Demarcay 
wäscht  den  Bleiniederschlag  sorgfältig  aus,  löst  ihn  iu  Alkohol  und 
zersetzt  ihn  in  dieser  Auflösung  durch  Schwefelwasserstoff,  filtrirt  das 
Schwefelblei  ab  und  dampft  die  rückbleibende  Flüssigkeit  zur  Trockne  ab. 

Man  kann  auch  naeh  Demarcay  den  Alkoholextract  der  Galle  in  100 
Theilen  Wasser  lösen  und  unter  Zusatz  von  2 Theilen  Schwefelsäure,  die 
mit  10  Th.  Wasser  verdünnt  ist,  im  Wasserbade  abdampfen,  bis  sich  nach 
einigeu  Stunden  Oeltropfen  auf  der  Oberfläche  zeigen , w'orauf  man  sie 
erkalten  läfst.  Die  Gallensäure  scheidet  sich  in  Gestalt  einer  zähen  Flüs- 
sigkeit ab  , welche  die  Consisteuz  von  Terpentin  besitzt.  Man  nimmt  die 
auf  der  Oberfläche  schwimmende,  gestandene  Masse,  welche  ein  Gemenge 
von  Cholsterin,  Margarinsäure  und  Oelsäure  ist,  und  fährt  mit  dem  Ab- 
dampfen der  sauren,  w'ässrigen  Flüssigkeit  fort,  wo  sich,  w'enn  man  von 
Zeit  zu  Zeit  erkalten  läfst , neue  Quantitäten  Gallensäure  abscheiden. 
Man  fährt  auf  diese  Weise  fort,  bis  die  Flüssigkeit  bis  auf  */4  ihres  ur- 
sprünglichen Volums  gebracht  ist,  sammelt  die  abgeschiedene  Säure,  wäscht 
sie  mit  etwas  verdünnter  Schwefelsäure  aus  und  reinigt  sie  von  der  an- 
hängenden Schwefelsäure,  wie  oben  angegeben  ist. 

Nach  Theyer  und  Schlosser  fällt  man  die  reine  Galle  mit  Bleiessig, 
erhitzt  den  Niederschlag  mit  Wasser  zum  Sieden  und  setzt  allmälig  ver- 
dünnte Schwefelsäure  zu,  bis  der  Niederschlag  seine  pflasterartige  Be- 
schaffenheit verloren  hat.  Man  filtrirt  jetzt  die  Flüssigkeit  und  scheidet 
das  in  LösuDg  gebliebene  Bleioxid  durch  Schwefelwasserstoff. 

Die  nach  diesen  verschiedenen  Methoden  dargestellte  Gallensäure  mufs 
zur  Entfernung  der  eingeinengten  fetten  Säuren  iu  sehr  wenig  Alkohol 
gelöst  und  daraus  durch  Zusatz  von  Aether,  welcher  die  fetten  Säuren 
in  Auflösung  behält,  gefällt  werden.  Im  Wasserbade  oder  im  luftleeren 


G a 1 1 e n s ä u r e. 


1369 


Raume  über  Schwefelsäure  getrocknet,  ist  die  aus  farbstofffreier  Gail« 
dargestellte  Galleusäure  farblos  oder  sehr  schwach  gelblich , von  dem 
Ansehen  von  Gummi,  leicht  pulverisirbar,  von  harzartiger  Beschaffenheit, 
das  Pulver  zieht  an  der  Luft  leicht  Feuchtigkeit  au,  und  backt  zusammen, 
sie  ist  sehr  bitter,  löst  sich  leicht  in  Alkohol,  nicht  in  Aether,  sehr  leicht 
und  in  allen  Verhältnissen  im  Wasser.  Die  Auflösungen  besitzen  eine 
stark  saure  Reaction ; die  wässrige  verdünnte  Auflösung  bleibt  naeh  mehr- 
tägigem Stehen  klar  und  farblos,  sie  wird  durch  Zusatz  von  Essigsäure 
nicht  gefällt;  Zusatz  von  etwas  verdünnter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure 
briugt  darin  eine  milchige  Trübung  hervor,  uud  es  setzt  sich  auf  den 
Wänden  des  Gefäfses  die  aufgelöste  Säure  in  durchsichtigen  ölartigen 
Tropfen  ab;  ein  Ueberschufs  von  Salz-  und  Schwefelsäure  macht  die  Trü- 
buug  augenblicklich  wieder  verschwinden.  Der  Niederschlag,  der  in  einer 
wässrigen  Lösung  durch  Mineralsäuren  entsteht,  löst  sich  leicht  und  voll- 
kommen in  reinem  Wasser. 

Die  Galleusäure  ist  nicht  flüchtig,  auf  Platinblech  erhitzt,  schmilzt 
sie,  bläht  sich  auf,  brennt  mit  stark  rufsender  Flamme,  hiuterläi'st  eine 
voluminöse  Kohle,  welche,  wenn  sie  frei  von  allen  alkalischen  Basen  ist, 
ohne  allen  Rückstaud  verbrennt.  Die  mit  Schwefelsäure  nach  dem  Verfahren 
von  Demarcay  dargesteüte  Säure  hinterlälst  einen  stark  alkalischen  Rückstand. 
W enn  die  Saure  eine  alkalische  Asche  nach  dem  Verbrennen  hinterläfst, 
so  enthält  sie  uuzersetzte  Galle,  welche,  w'euu  sie  durch  Digestion  mit 
Bleioxid  von  der  freien  Säure  befreit  ist,  in  Auflösung  bleibt.  Je  unvoll- 
kommener die  Abscheiduug  des  Natrons  war,  desto  mehr  Galle  bleibt  in 
diesem  Full  in  der  Flüssigkeit  zurück.  Dafs  das  in  Lösung  Bleibende 
wirklich  Galle  ist,  erkennt  man  leicht  daran,  riafs  sie  durch  verdünnte 
Schwefelsäure  ganz  die  nämlichen  Produkte  iiefert,  wie  die  Galle  selbst, 
dafs  sie  durch  basisch  essigsaures  Blei  gefällt  wird,  und  nach  der  Calci- 
natiou  kohieusaures  Natron  hinterläfst. 

lJernarguy  uud  Dumas  haben  durch  die  Analyse  der  nicht  völlig  von 
allen  alkalischen  Basen  befreiten  Galleusäure  folgende  Resultate  erhallen 
(der  Stickstoff  als  Gas  bestimmt): 


L II. 


III.  Dumm. 


Kohlenstoff  63,818 

Wasserstoff  9,054 

Stickstoff  3,349 

Sauerstoff  23,779 


63,707 

63,568 

63,5 

8,821 

8,854 

9,3 

3 255 

3,3 

24,217 

23,9 

Vergleicht  man  diese  Zahlen  mit  denen,  wrelche  Kemp , Theyer, 
Schlosser  und  Enderlin  durch  die  Analyse  der  reinen  Galle,  deren  Stick- 
stoffgehalt  sie  als  Ammoniak  bestimmten,  erhielten,  so  fäfst  sich  nicht  der 
geringste  Zweifel  darüber  hegen , dafs  die  Gallensäure  (Choleiasäure, 
Bilifellinsäure)  der  Ochsengalle  eine  Materie  von  ganz  coustanter  Zusam- 
mensetzung ist,  deuu  die  Analysen  wurden  mit  Galle  und  Gallensäure  in 
ganz  verschiedenen  Zeiten  und  von  verschiedenen  Gegenden  augeslelii, 
dals  ferner  die  Galleusäure  die  nämlichen  Elemente  (bis  auf  den  nach 
einer  unvollkommenen  Methode  bestimmten  Stickstoff  und  eine  au  die  ^teli@ 
des  Natrons  getretene  Menge  Wasser)  in  demselben  Verhältmfs  enthält, 
wie  die  organische  Verbindung  in  der  Galle  selbst. 

Behandelt  man,  wie  in  der  erstbeschriebenen  Methode  angegeben, 
eine  alkoholische  Auflösung  von  reiner  Galle  mit  verwitterter  Oxalsäure, 
filtrirt  das  abgesetzte  oxalsaure  Natron  ab  und  sättigt  die  mit  Wasser 
verdünnte  Flüssigkeit  mit  kohlensaurem  Kalk,  so  erhält  man  ein  schwach 
sauer  reagirendes  Kalksalz  der  Gallensäure,  aus  welchem  sich  durch 
Zusatz  von  kohlensaurem  Natron  aller  Kalk  abscheidet,  während  gallen- 
saures  Natron  in  Auflösnng  bieibt.  Schlägt  inan  gereinigte  Galle  mit  Bleiessig 
nieder,  löst  zur  Abscheidung  des  beigeraischten  Chlorblcis  und  pkosphorsau- 

G&ignr’s  Phnrrtntcie.  /.  ( 5 te  Auß.  ) 


1570 


Galle. 


reü  Bleioxids  den  harzartigen  Niederschlag  in  Alkohol  auf,  dampft  zur  Trockne 
ab  und  digerirt  das  gallensaure  Bleioxid  mit  kohlensawrein  Natron,  so  erhält 
man  ebenfalls  gallensaures  Natron.  Wird  diese  Flüssigkeit  abgedampft 
und  der  Rückstand  in  absolutem  Weingeist  gelöst,  so  bleibt  der  L'eher- 
schufs  von  kohlensaurcm  Natron  zuruck,  das  gallcusaure  Natron  löst 
sich  auf;  in  trockncui  Zustande  ist  dieses  Natronsalz  von  dem  Anselm 
eines  farblosen  Gummis,  oder  eines  schwach  gelblichen  Kolophoniums, 
und  besitzt  alle  Eigenschaften  der  reinen  Galle,  es  reagirt  äufserst  schwach 
alkalisch  , giebt  mit  Essigsäure  und  essigsaurem  Bleioxid  versetzt,  keinen 
Niederschlag;  mit  einer  Auflösung  von  neutralem  essigsaurem  Bleioxid 
vermischt,  entsteht  ein  weifser  harzartiger  Niederschlag,  nach  dessen 
Absonderung  die  Flüssigkeit  eine  saure  Reaction  besitzt,  Zusatz  von  ba- 
sisch essigsaurem  Bleioxid  bewirkt  jetzt  einen  neuen  harzartigen  Nieder- 
schlag. In  Alkohol  gelöst,  wird  durch  eine  weiogeisiige  Auflösung  von 
Bleizucker  oder  Bleicssig  kein  Niederschlag  in  dem  gallensauren  Natron 
hervorgebracht.  Mit  salpetersaurem  Silberoxid  entsteht  ein  weifser,  in 
heifsem  Wasser  löslicher  Niederschlag  , durch  Sättigen  der  wässrigen 
Lösung  mit  Kalihydrat  wird  gallensaures  Natron  in  Gestalt  einer  Flüssig- 
keit von  Terpentinconsistenz  daraus  abgeschieden.  Durch  verdünnte  Mi- 
neralsäure entsteht  eine  Trübung  und  es  setzen  sieb  ölartige  Tropfen  ab, 
die  bei  üeberscliufs  von  Säure  wieder  verschwindet;  der  einzige  Unter- 
schied dieses  Salzes  und  der  Galle  beruht  darauf,  dafs  die  letztere  in  der 
Kälte  durch  Zusatz  von  verdünnten  Mineralsäuren  nicht  getrübt  wird, 
und  erst  bei  gelinder  Digestion  Gallensäure  absetzt , die  übrigen«  in  bei- 
den Fällen  einerlei  Eigenschaften  zeigt.  Das  aus  dem  basisch  gallensau- 
reu Bleioxid  durch  Behandlung  desselben  mit  kohlensaurein  Natron  nach 
dem  beschriebenen  Verfahren  dargestellte  gallcnsaure  Natron  besteht  nach 
Theyer  Schlosset'  aus : 


Diese  Analysen  lassen  sich  als  die  strengsten  Beweise  für  die  Ansicht 
betrachten,  dafs  der  mit  dem  Bleioxide  in  dem  ßleisalz  verbundene  Körper 
bis  auf  das  Natron  alle  Elemente  in  dem  nämlichen  Verhältnifs,  wie  die 
Galle  enthält.  Es  ist  Galle,  in  welcher  das  Natron  vertreteu  ist  durch 
nahe  die  doppelte  (Quantität  Bleioxid.  ( Theyer  §'  Schlosser ).  Es  kann 
nach  diesem  Verhalten  nicht  bezweifelt  werden,  dafs  die  Galle  die  Na- 
tronverbindung  eioer  organischen  Säure  ist,  die  von  der  Basis  absebeidhar 
und  wieder  mit  Natron  zu  einem  der  Galle  vollkommen  gleichen  Salze 
verbindbar  ist. 

Saures  gallensaures  Natron.  Gallenstoff , nach  Hermelins  älterer, 
liili fellins  (iure  mit  einem  Ueberschufs  von  ßilin  nach  seiner  neuesten  An- 
sicht. Befreit  man  eine  Auflösung  von  Galle  in  absolutem  Alkohol  durch 
vorsichtigen  Zusatz  von  Barytwasser  von  dem  Farbstoff,  filtrirt  sodaon 
ab,  und  setzt  der  klaren  Flüssigkeit  Schwefelsäure  zu,  so  scheidet  sich 
der  überschüssige  Baryt  , so  wie  schwefelsaures  Natron  aus.  Wird  die 
freie  Schwefelsäure  durch  etwas  kohlensaures  Bleioxid  und  das  hierbei 
gelöste  Bleioxid  durch  Schwefelwasserstoff  entfernt,  und  die  Flüssigkeit 
abgedampft,  so  bleibt  eiDe  geruchlose,  kaum  gelbliche  Masse,  von  dem  Ge- 
schmack der  Galle,  die  durch  Behandlung  mit  Aether  von  den  eingemeng- 
ten fetten  Säuren  befreit  werden  kann.  Sie  zieht  an  der  Luft  Feuchtig- 
keit an  , löst  sich  leicht  und  in  allen  Verhältnissen  in  Wasser  und  in 
Alkohol,  nicht  in  Aether;  die  wässrige  Auflösung  röthet  Lackmus,  (ßer- 
zelius ).  Nach  der  Calciuation  hinterläfst  sic  unter  allen  Umständen  eine 
stark  alkalische  Asche.  Wird  die  alkoholische  Auflösung  der  reinen  Galle 
genau  Dach  der  Vorschrift  von  Berzelius  durch  Schwefelsäure  vou  deu  da- 


Kohlenstoff 

Wasserstoff 

Stickstoff 

Sauerstoff 

Natron 


59,15  — 60,12 
8,6  — 8,64 


3,33 

21,97 

6,95 


C h o I o i (I  i n s ü u r e. 


1371 


durch  fällbaren  Basen  befreit,  sodann  mit  kohlcnsaurcm  Natron  gesättigt 
eingetrocknet  und  mit  Alkohol  behandelt,  so  löst  dieser  eine  Natron ver 
bindung  auf,  welche  in  ihren  Eigenschaften  identisch  mit  der  reinen  Galle 
ist;  ihre  Auflösung  wird  durch  Essigsäure  und  überschüssige  Salzsäure 
nicht  getrübt;  sie  liefert  11,5  Asche,  welche  11,13  kohlensaures  Natron 
und  0,37  Kochsalz  enthält.  Patron 

Durch  die  Elemeutaranalyse  wurden  erhalte  (Kemp): 

Kohlenstoff  58,80  — 60,38 

Wasserstoff  8,51  — 8,74 

Stickstoff  3,40  — 3,74 

Sauerstoff  \ 

Natron  > 29,39  — 27,14 

Kochsalz  ; 

Die  Zahlen  in  den  obigen  Analysen  beweisen,  dafs  die  reine  Galle 
durch  ihre  Behandlung  mit  Schwefelsäure  keine  andere  Veränderung  er- 
fährt, als  dars  ein  Theil  der  Basis  abgeschieden  wird.  Mit  Natron  wieder 
verbunden,  wird  die  ursprüngliche  Zusammensetzung  wiederhergestellt. 

Behandelt  man  die  wässrige  Auflösung  des  nach  Berzelius  dargestell- 
teo  sauren  gallensauren  Natrons  mit  Bleioxid,  so  bäckt  diels  pflasterartig 
zusammen,  die  frei  vorhandene  Säure  verbindet  sich  mit  dem  Bleioxid 
während  neutrales  gallensaures  Natron,  nämlich  Galle  mit  allen  ihren 
Eigenschaften  gelöst  bleibt;  diefs  geht  daraus  hervor,  dafs  basisch  essig- 
saures Bleioxid  alle  bitterschmeckende  Substanz  vollständig  daraus  fällt 
Berzelius , dem  die  Eigenschaft  der  reinen  Galle  durch  Bleiessig  aus  der 
wässrigen  Auflösung  ausgcfällt  zu  werden  unbekannt  war,  hielt  den  in 
Lösung  bleibenden  Körper  für  eine  eigentümliche  Substanz,  die  er  mit 
Bilin  bezeichnet,  allein  dieses  Bilin  besitzt  keine  Eigenschaft,  die  es  von 
der  reinen  Galle  unterscheidet.  ( Enderlin'). 

Durch  die  Einwirkung  starker  Minoralsäuren  erleidet  der  mit  dem 
Natron  verbundene  organische  Körper,  den  wir  mit  Gallensäure  bezeich- 
net haben,  eine  vollständige  Metamorphose;  es  entsteht  hierbei  Choloidin- 
säure,  die  sich  unauflöslich  abscheidet,  und  es  bleibt  in  der  sauren  Flüs- 
sigkeit Ammoniak  uud  Taurin  gelöst. 

Gallensaures  Bleioxid , basisches.  Der  durch  Bleiessig  in  gereinigter 
Galle  entstehende  weifse  Niederschlag  bäckt  harzartig  in  gelinder  Wärmd 
zusammen  und  läfst  sich  in  warmem  Wasser  wie  ein  Pflaster  malaxireo. 
Bei  Auflösung  in  Alkohol  bleibt  phosphorsaures  Bleioxid  und  Chlorblei 
zurück.  Die  hiervon  befreite  Bleiverbindung  enthält  nach  der  Analvsd 
von  Theyer  & Schlosser:  * * 


Kohlenstoff 

Wasserstoff 

Stickstoff 

Sauerstoff 

Bleioxid 


40,78  40,28 

5.92  5,75 

1.92 
15,24 
30,14 


Das  gallensaurc  Bleioxid  wird  durch  verdünnte  Schwefelsäure  * so 
wie  durch  Schwefelwasserstoff  leicht  zerlegt,  die  an  das  Wasser  tre- 
tende Gallensäure  hindert  die  Abscheidung  des  Schwefelbleis,  sie  er- 
folgt übrigens  leicht  durch  Zusatz  von  etwas  Weingeist.  (Theyer  6r 
Schlosser').  9 * 


Choloidin säure.  Löst  man  1 Th.  reine  Galle  in  5 — 6 Theilen  mäfsi» 
starker  Salzsäure  und  erhält  die  Auflösung  mehrere  Stunden  lang  im  Sie- 
den, so  erfolgt  eine  Zersetzung  der  Gallensäure;  beim  Erkalten  scheidet 
sich  eine  feste  harzartige  Masse  ab,  welche  unlöslich  im  Wasser  ist  und 
durch  Behandlung  mit  heifsem  Wasser  leicht  von  der  anhängenden  Salz- 
säure befreit  werden  kann.  Einen  Fettgehalt  entfernt  man  durch  Auflö- 
sung in  Alkohol,  Vermischung  mit  Aether  und  Zusatz  von  Wasser,  wo 


VS7t 


Galle.  — Taurin.  C’  h o 1 i n r ä u r e. 


der  sich  absebeidende  Acthur  das  Fett  gelöst  behalt.  Nach  der  Scheidung 
des  Aelhcrs  dampft  man  ab  und  wäscht  den  Klickst  and  wiederholt  mit 
Wasser. 

Dieser  Riiekstaud  ist  die  Substanz,  welche  Demarpay  mit  Choloidin- 
sfiure  bezeichnet;  er  besitzt  das  Ansehen  eines  gclbeu  oder  braunen 
Peches,  wird  weich  und  knetbar  iu  der  Wärme  der  Hand,  wird  erst 
über  100°  vollkommen  flüssig,  löst  sieb  leicht  selbst  in  schwachem  Al- 
kohol, nicht  iu  Aetlier  und  sehr  wenig  in  Wasser;  die  weiDgeistige  Auf- 
lösung schmeckt  sehr  bitter,  besitzt  eine  sehr  stark  saure  Keaction  und 
zerlegt  die  kohlensauren  Alkalien  unter  Aufhrauseo;  ihre  VerbinduDgeu 
mit  Alkalien  siod  leicht  löslich,  die  Cboloidinsäure  wird  daraus  durch  alle 
Säurcu  niedergeschlagen.  Die  Choloidiusäure  ist  stickstofffrei.  Nach  der 
von  Demar^ay  augestellten  Analyse  enthält  sic 


I.  II. 


III.  Dumas. 


Kohlenstoff 

73 

Wasserstoff 

9 

Sauerstoff 

26 

,522  73,301 

,577  0,51 1 

,901  27,188 


73,156  73,3 

9,47  7 9,7 

27,367  27,0 


Die  Verbindungen  der  Cboloidinsäure  mit  Zinkoxid,  Maogan-,  Fisenoxi- 
dul,  Blei-  und  Silberoxid  bilden  flockige  Niederschläge,  die  beim  Erhitzen 
körnig  und  bei  80°  weich  werden. 

Taurin  (von  L.  G milin  ent. leckt),  Formel  C4NjH14Oio,  {DemarQay, 
Dumas').  Dieser  Körper  ist  nebeu  Salmiak  und  Kochsalz  in  der  saureu 
Flüssigkeit  enthaiten,  aus  der  sich  die  Cboloidinsäure  abgesetzt  hat.  Duich 
Abdampfen  derselben  kristallisirt  d<3r  gröfste  Theil  des  Kochsalzes  heraus, 
und  es  scheidet  sich  das  Tauriu  leicht  ab,  wenn  man  die  letzten  Mutter- 
laugen mit  ihrem  4 — 5!ächen  V olumen  Alkohol  mischt  und  ruhig  stehen 
läfst.  Beim  Zusatz  von  Alkohol  scheidet  sich  gewöhnlich  das  Tau  riu  iu 
Gestalt  eines  Breies  von  feinen  kristallinischen  Nadeln  ab  , die  man  mit 
Weingeist  auswäscht  und  durch  mehrmalige  Kristallisation  aus  Wasser 
reinigt. 

Das  Taurin  stellt  wasserhelle,  grolse  vierseitige  .Säulen  mit  Abstum- 
pfung der  schärferen  Kauten  zu  sechsseitigen  Säulen  dar,  welche  schwe- 
rer wie  Wasser,  leichter  wie  Vitriolöl  sind,  zwischen  den  Zähucn  kra- 
chen, geruchlos,  von  frischem,  weder  siifsem  noch  salzigem  Gcschmacke, 
ohne  Wirkung  auf  Pflanzenfarben,  luftbeständig  uud  bei  100°  unverän- 
derlich. 

Bei  der  trocknen  Destillation  liefert  das  Tauriu  unter  Bräunung  uud 
Aufblähen  ein  dickes,  braunes,  brenzliches  Oul  und  wenig  farblose  wäss- 
rige Flüssigkeit  von  siifslicli  brenzlichem  Geruch,  Lackmus  röthend,  mit 
Kali  Ammoniak  entwickelnd  lind  Kisenchluriri  röthend  (essigsaures  Ammo- 
niak? L.  Gm.).  Kommt  in  offuem  Feuer  in  dicklichen  Flufs,  entwickelt 
einen  dein  verkohlenden  ledig  ähnlichen  Geruch  und  liinterläfst  eine 
schwammige,  leicht  verbrennliche  Kohle.  Die  Auflösung  des  Taurins  in 
Yitriolöl  läfst.  sich  bis  zum  Sieden  ohne  Zersetzung  und  Schwärzen  ent- 
wickeln; es  ist  nicht  zersetzbar  durch  Kochen  mit  starker  Salpeter- 
säure. 

Das  Taurin  löst  sich  in  I5‘/S  Wasser  bei  15°,  leichter  in  heifsem,  uicht 
in  Alkohol;  in  513  Th  eil  ou  Weingeist  von  36°  B.  bei  12°,  etwas  mehr 
io  letzterem  in  der  Wärme. 

Die  wässrige  Auflösung  zeigt  keine  Art  vou  Wirkung  auf  Mctallsal/e, 
Kali  und  Kalk  entwickeln  daraus  kein  Ammcniak. 

Das  Taurin  enthält  die  Elemente  des  sauren  oxalsauren  Ammoniaks 
2Ca  04 , Nt  Ha  0 -+-  8 Aq. 


*)  Di«  vo»  Dcmartaj  analysirte  Choloiüimaure  enthielt  el*as  Kochsalz. 


Gallen-,  Choloidin-  and  U h ol  i a «Äur  c,  1573 


Verhalten  der  Galle  gegen  Alkalien.  Aus  einer  Auflösung  von  Ochsen- 
galle  in  Wasser  scheidet  sich  heim  Zusatz  von  Kalihydrat  alle  Galle  in  der 
Form  eine«  Syrups  auf  der  Oberfläche  ab,  eia  Verhalten,  in  welchem  di« 
Galle  mit  den  Seifen  Aehnliehkeit  hat. 

Cholinsäure.  Wird  in  einer  Silberschalo  ein  Theil  Galle  mit  2—3 
Th  eilen  Kalihydrat  unter  öfterem  Zusatz  von  kleinen  Quantitäten  Wasser, 
so  lauge  im  Schmelzen  erhalten,  als  man  noch  eiue  Entwicklung  von  Am- 
moniak Vvabrnimmt,  der  Ueherschufs  von  Kali  durch  Wasser  (Zusatz  von 
wenig  Wasser  bildet  eine  Lauge,  in  der  sich  die  gebildete  Seife  nicht 
hist)  hinweggenommen  , die  entstandene  weiche  seifenartige  Masse  in 
Wasser  gelöst  und  mit  Essigsäure  vermischt,  so  wird  die  Flüssigkeit 
milchähnlich  trübe  und  es  scheidet  sich  bei  ruhigem  Stehen  ein  harzarti- 
ger, fester,  grauweifser  , zerreiblicher  Körper  ab,  der  sehr  häufig  in 
dem  Wasser  selbst  eine  kristallinische  Beschaffenheit  annimmt.  Der  Nie- 
derschlag wird  nach  dem  Auswaschen  getrocknet  und  mit  Aether  digerirt, 
welcher  die  Cholinsäure  leicht  löst.  Man  setzt  dem  Aether  etwas  Alkohol 
zu  und  tätet  langsam  an  der  Luft  verdunsten  , wo  sich  die  Cholinsäure  in 
schönen  grofsen  durchsichtigen  Tetraedern  oder  in  feinen  Nadeln  absetzt, 
die  man  durch  neue  Kristallisationen  ganz  farblos  erhält. 

Die  Kristalle  verlieren  an  der  Luft  ihre  Durchsichtigkeit  und  werden 
matt  und  unklar,  sie  sind  in  Alkohol  und  Aether  leicht,  in  Wasser  sehr 
schwierig  löslich.  Die  Auflösungen  röthen  Lackmus,  zerlegen  die  kohlen- 
sauren Alkalien  mit  Aufbrausen  , und  besitzen  einen  bitteru  Geschmack. 
Beim  Erhitzen  an  der  Luft  entzündet  sich  die  Choliosäure  uud  verbrennt 
wie  eine  fette  Säure  unter  Zurücklassung  eines  beträchtlichen  kohligcn 
Rückstandes;  die  Säure  ist  nicht  flüchtig  und  liefert  hei  der  trocknen  De- 
stillation eigen! hiimliche  nicht  näher  untersuchte  Produkte;  sie  enthält 
keinen  Stickstoff. 

Löst  man  die  durch  Schmelzen  der  Galle  mit  Kali  gebildete  Seife  in 
Wasser,  setzt  Essigsäure  zu  und  schüttelt  diese  Mischung  mit  dem  2-3- 
fachen  Volumen  Aether,  so  nimmt  dieser  die  abgeschiedene  Cholinsäure 
aus  der  wässrigen  Flüssigkeit  auf;  beim  allmäligen  Verdunsten  des  Aether» 
setzt  sie  sich  daraus  in  Kristallen  ab.  Man  kann  diefs  als  ein  Mittel  be- 
nutzen, um  aus  der  Menge  des  hierbei  bleibenden,  im  Aether  nicht  lös- 
lichen Rückstandes  den  Fortgang  der  Verwandlung  der  Choleinsäure  ia 
Cholinsäure  bei  der  Darstellung  der  letztem  zu  prüfen. 

Die  Choliosäure  bildet  mit  den  Alkalien  leicht  lösliche  neutrale  und 
saure  Salze,  mit  den  andern  Metalloxiden  schw'erlösliche  Verbindungen. 
Sie  sind  sehr  wenig  untersucht.  Verdünnte  Auflösungen  von  salpetersau- 
rem Silberoxid , Baryt  und  Kalk  werden  durch  lösliche  cholinsaure  Alka- 
lien nicht  niedergeschlagen. 

Nach  Dumas  Analyse  enthalten  100  Theilc  Cholinsäure: 

Kohlenstoff  68,5 

Wasserstoff  9,7 

Sauerstoff  21,8 

Wenn  man,  gestützt  auf  die  Analyse  der  Galle  von  Kemp , Enderlin, 
Theyer  6p  Schlosser,  uud  der  Choleinsäure,  so  wie  ihrer  Zersetzungspro- 
dukte durch  Säuren  uud  Alkalien,  eine  Entwicklung  dieser  Metamorphosen 
versucht,  so  erhält  man  als  den  nächsten  Ausdruck  der  Zusammensetzung 
der  Gallensäure  die  Formel  Cr6  HJ33  N'4  Oja.  Zieht  mau  vou  dieser  Formel 
die  Elemente  ab  von  Taurin  C4  H|Ä  N2  010  l r n m n 
und  Ammoniak  ü 5 i\4  ) * 10  4 1# 

so  gelangt  mau  zur  Formel  der  Cboloidinsäure  €riHmOM. 

Werden  von  den  Elementen  der  Choleinsäure  die  Elemente  von  2 At. 
Kohlensäure  und  2 Aeq.  Ammoniak  hinweggenommen,  so  bleibt  eine  For- 
mel, weiche  mit  der  Zusammensetzung  der  Cholinsäur»  «ehr  nahe  überein- 


1371 


Ci  ft  1 1 e.  — C h o 1 s a u r e.  C h o 1 a n s a u r e. 


stimmt.  Hiernach  berechnet,  wäre  die  theoretische  Zusammensetzung  die- 
ser Körper  folgende: 


Gallensäure. 

Choloidinsäure. 

Cholinsäure. 

Cf6  H,  j,  N,  Oa2. 

CrA», 

Cj*  Hjao  Oie. 

Kohlenstoff 

63,24 

74,4 

68,9 

Wasserstoff 

w ,97 

9,4 

9,2 

Stickstoff 

3,86 

0,0 

10,0 

Sauerstoff 

23,95 

16,2 

21,9 

Bezeichnen  wir  die  Formel  der  Gallensäure  mit  Ch , und  nehmen  wir 
an,  dafs  in  der  Galle  die  doppelte  Anzahl  der  Elemente  der  Gallensäure 
verbunden  ist  mit  3 At.  Natron,  so  .vürde  sie  in  100  Theilen  6,66  pCt. 
Natron  enthalten  müssen;  Kemp  erhielt  6,53  pCt.  Natron,  eine  Uebereiu- 
stimmung,  die  in  dieser  Art  von  Versuchen  kaum  gröfser  seyn  kaun. 

Wenn  nach  Berzelius  bei  der  Metamorphose  der  reinen  Galle  durch 
Salzsäure  die  Einwirkung  der  Säure  unvollständig  ist,  oder  über  den 
Punkt  hinaus  fortgesetzt  wird,  wo  sich  die  Choloidinsäure  abgesetzt  hat, 
so  erzeugen  sich  mehrere  Zwischenprodukte,  welche  sehr  unvollständig 
bekannt  sind. 

Behandelt  man  nämlich  die  durch  Kochen  der  Salzsäure  mit  reiner 
Galle  dargestellte  Materie  (ein  Gemenge  von  uuzersetzter  Gallensäure  mit 
Choloidinsäure)  mit  Weingeist  von  ,84  spec.  Gew.,  so  löst  sich  zuweilen 
nicht  alles  auf,  sondern  es  bleibt  ein  harzähnlicher  Körper,  der  sich  ! 
schwierig  in  kochendein  Alkohol  löst  und  sich  daraus  in  Gestalt  eines 
weifsen  erdigen  Pulvers  absetzt.  Berzelius  nennt  diesen  Körper  Dyslysin 
Cvon  3-9,  schwer  und  Aüov;,  Lösung). 

Sättigt  man  die  alkoholische  Lösung  (dieses  Gemenges)  mit  Ammo- 
niak und  dampft  ab,  so  scheidet  sich  während  der  Verdunstung  eine  harz- 
artige Masse  ab,  von  welcher  noch  mehr  zurückbleibt,  wenn  die  Flüs- 
sigkeit zur  Trockue  verdunstet  und  in  Wasser  wieder  aufgenommen 
wird. 

Die  wässrige  Lösung,  die  man  in  letzterem  Fall  erhält,  giebfc  mit 
Salzsäure  weifse  Flocken,  welche  sich  allmälig  sammeln  und  zu  einem 
festen  Körper  zusammenbacken,  welcher  hart  uud  zerreiblich  ist.  Diese 
Substanz  schmilzt  über  100°  zu  einer  klaren  Masse,  w elche  nach  dem  Er- 
kalten hart  und  durchscheinend,  dem  Colophonium  ähnlich  ist;  init  Wasser 
gekocht,  w ird  sie  darin  pechartig,  weich  und  giebt  eine  trübe,  schwach  bitter 
schmeckende  Lösung,  welche  sauer  reagirt.  Iu  Alkohol  ist  dieser  Körper 
leicht  löslich,  eben  so  in  Alkalien;  ihre  Verbindungen  mit  den  Alkalien  werden 
aus  ihrer  wässrigen  Lösung  durch  kaustische  oder  kohlensaure  Alkalien  voll- 
ständig gefällt,  sie  sind  in  Alkohol  löslich,  mit  Bar3rtsalzen  geben  sie  einen 
weifen  ptlasterähnlichen  Niederschlag.  Diesen  Körper  bezeichnet  Berzelius 
mit  Fellinsäure ; er  scheint  nichts  anderes  als  eine  Verbindung  oder  Ge- 
menge des  folgenden  mit  unveränderter  Gallensäure  zu  seyn. 

Die  oben  erwähnte  harzartige  Masse,  [welche  nach  dem  Verdunsten 
der  ammoniakalischen  Lösung  der  unreinen  Choloidinsäure  der  auflösenden 
W’irkuug  des  Wassers  widersteht,  zersetzt  sich  mit  Salzsäure  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  zu  w eifsen  leichten  Flocken,  w elche,  mit  Wasser  gewa- 
schen, harzartig,  in  heifsem  Wasser  weich  und  knetbar  werden.  Eine  Auflö- 
sung dieser  Substanz  in  Alkohol  giebt  bei  Zusatz  von  Kalilauge  eine  in  Was- 
ser und  Alkohol  lösliche  Verbindung,  welche  Barytsalze  fällt.  Der  einzige 
Unterschied  von  dieser  Substanz,  welche  Berzelius  Cholinsäure  nennt, 
von  der  vorhergehenden  besteht  darin  , dafs  sie  in  kohlensauren  Alkalien 
aufquillt,  ohne  sich  darin  oder  nachher  in  Wasser  zu  lösen. 

Die  gereinigte  Galle  giebt,  mit  Barytwmsser  , sowie  mit  Chlorbarium 
pnd  Ammoniak  vermischt,  keinen  Niederschlag,  zum  Beweis,  dafs  keiner 
der  beiden  eben  beschriebenen  Körper  darin  fertig  gebildet  vorhanden  ist. 


Fellansäure.  Gallen  Farbstoff. 


1375 


Cholsiiure  von  L.  Omelin.  Vertheilt  man  den  Niederschlag,  den  man 
durch  Bleizucker  in  der  wässrigen  Lösung  des  weingeistigeu  Gallenex- 
tractes  erhält,  in  Wasser  und  desiillirtem  Essig,  zersetzt  ihn  durch 
Schwefelwasserstoff  und  dampft  die  Flüssigkeit  ah,  so  erhält  man  feine 
Nadeln  von  Cholsäure,  die  man  durch  neue  Kristallisationen  reinigt.  Aus 
dein  abgeschiedenen  Schwefelblei  erhält  man  noch  mehr  davon,  wenn  es 
mit  Weingeist  ausgekocht,  die  Flüssigkeit  mit  Wasser  versetzt,  von  dem 
sich  abscheidenden  harzigen  Körper  geschieden  und  zur  Kristallisation  ver- 
dampft wird. 

In  gereinigtem  Zustande  stellt  die  Cholsäure  feine  weifse  Nadeln  dar, 
die  beim  Pressen  zwischen  Papier  zu  schwach  seidenglänzeuden  Blättchen 
zusammenkleben,  von  durchdringend  siifsem,  etwas  scharfem  Geschmack. 
Die  Kristalle  löseu  sich  leicht  in  Weingeist,  sehr  schwer  in  kaltem,  leich- 
ter in  heifsem  Wasser , die  Auflösungen  röthen  Lackmus.  Die  Kristalle 
schmelzen  in  höherer  Temperatur  uud  liefern  bei  der  trocknen  Destillation 
dickes  braunes  Oel  und  eine  stark  ammouiakalische  Flüssigkeit;  verbrennt 
an  der  Luft  mit  starkem  Ilorngeruch ; wird  durch  Salpetersäure  und  con- 
centrirte  Schwefelsäure  in  der  Hitze  zersetzt,  lost  sich  in  kaltem  Vitriolöl 
ohne  Farbe  und  wird  durch  Wasser  daraus  wieder  gefällt , sie  bildet  mit 
Natron  ein  kristallisirbares  Salz. 

Nach  L.  Gmelin  fällt  die  Cholsäure  nicht  den  Bleizucker  und  mit  Blei- 
essig giebt  sie  nureine  Trübung;  das  cholsäure  Ammoniak  fällt  nach  From- 
herz  und  Gugert  nicht  die  ßleisalze;  es  ist  demnach  wahrscheinlich,  dafs 
die  Cholsäure  nicht  fertig  gebildet  in  der  Galle  enthalten,  sondern  ein  Zer- 
setzungsprodukt der  Gallensäure  ist ; durch  ihren  Stickstoffgehalt  unter- 
scheidet sie  sich  wesentlich  von  der  Cholinsäure  Demarcags. 

Berzelius  versetzte  eine  Auflösung  des  Alkoholextractes  der  Galle  in 
AVassermit  kohlensaurein  Kali  uud  lief*  einige  Stunden  lang  kochen,  dampfte 
sodann  ab  , bis  sich  durch  Concentratiou  der  Flüssigkeit  auf  ihrer  Ober- 
fläche die  (veränderte)  Galle  wieder  abschied,  gofs  die  farblose  alkalische 
Flüssigkeit  davon  ab,  löste  das  Abgeschiedene  in  AATasser  und  fällte  mit 
Essigsäure,  wo  sich  ein  weifser  Niederschlag  absetzte,  der  eine  glän- 
zende, aus  feinen  Kristallen  zusammengewebte  Masse  darstellte,  die  alle 
Eigenschaften  von  Gmelins  Cholsäure  besafsen. 

Cholansäure.  Eine  durch  langes  Aufbewahren  faul  und  halbflüssig 
gewordene  Galle,  mit  Aether  von  allen  darin  löslichen  Stoffen  befreit, 
sodann  in  Alkohol  gelöst  und  mit  Barytwasser  entfärbt,  lieferte  nach  der 
Entfernung  des  Alkohols  einen  hlafsgelben  Rückstand,  der  sich  in  AVasser 
löste.  Diese  Auflösung  gab,  mit  Essigsäure  versetzt,  einen  pflasterartigen 
Niederschlag,  der  von  kaustischem  Ammoniak  leicht  aufgenommen  wurde. 
Die  aminoniakalische  Lösung  läfst,  mit  100  Theilen  AVasser  verdünnt, 
nach  längerem  Kochen  einen  weifsen  Niederschlag  fallen.  Löst  man  die- 
sen Niederschlag  in  Ammoniak  und  setzt  dieser  Flüssigkeit  Chlorbarium 
hinzu,  so  schlägt  sich  ein  weifses  unlösliches  Barytsalz  nieder,  welches 
mit  kohlensaurem  Natron  gekocht,  kohlensauren  Baryt  und  ein  lösliches 
Natronsalz  liefert.  Durch  Zusatz  von  Salzsäure  zu  der  Auflösung  dieses 
Natronsalzes  erhält  man  einen  weifsen,  flockigen,  nicht  zusammenbackenden 
Körper,  welcher  die  Uauptcigenschaften  der  von  Vemarcay  beschriebenen 
Choloidinsäure  besitzt,  Berzelius  nennt  diese  Substanz  Cholansäure. 

Fellansäure.  Die  Lösung  des  Amnioniaksalzes,  welches  durch  Kochen 
den  weifsen  Niederschlag  falleu  liefs  , giebt  mit  Salzsäure  einen  pflaster- 
artigen  Niederschlag,  der,  mit  Aether  und  AVasser  behandelt,  ein  weifses 
Pulver  zurückläfst,  was  saure  Eigenschaften  besitzt.  Berzelius  bezeich- 
net diese  Substanz  mit  Fellansäitre . Die  ausgezeichnetste  Eigenschaft 
dieser  Fellansäure  ist , dafs  sie  mit  Baryt  ein  Salz  bildet , was  in  kaltem 
AVasser  schwer,  in  heifsem  leichter  auflöslich  ist  und  daraus,  sü  wie  aus 
heifsem  Alkohol  , beim  Erkalten  in  klaren  farblosen  Prismen  ansebiefst. 
Die  Ausdrücke  Bilinsäure , Fellinsäure , Cholinsäure , Fellansäure , Cho - 


137ö 


Gallenstein.  L t t ii  o [ e 1 1 1 u * ä u r e. 


lansuure  beziehen  sich  uicht  auf  eigeothiimliche , wohl  charnkteri«lrfo 
Körper,  sondern  sind  von  Herr-e/ius  nur  gewählt  worden  zur  Bezeichnung 
gewisser  Veränderungen,  welche  die  organische  Substanz  der  Galle  durch 
Zersetzung  erlitten  hat. 

Galltnfarbstoff.  Die  Galle  ist,  frisch  aus  dem  Leihe  des  gesunden 
Thiers  genommen,  goldgelb,  und  wird  an  der  Luft  heim  Abdampfen 
schmulztggrfin.  Eiue  gelbe  Galle,  mit  Salzsäure  versetzt,  wird  an  der 
Luft  sehr  rasch  dunkelgrün.  Hundegalle  bleibt  hei  Berührung  mit  Salz- 
säure, bei  Luftabschluss  braungelb,  bei  Sauer.stoff/utritt  ahsorbirt  die 
Flüssigkeit  ihr  halbes  Volumen  Sauerstoff  und  wird  grün.  (Jj.  Gmelin ). 
Versetzt  man  eine  Auflösung  von  Galle  in  Alkohol  mit  Chlorbarium,  so 
entsteht  ein  schmutzig  dunkelgrüner  Niederschlag,  der  an  Salzsäure  Baryt 
ubgieht,  während  der  Farbstoff  zurückbleibt ; von  diesem  löst  sich  ein 
Theil  in  Alkohol  mit  graubrauner  Farbe,  ein  anderer  bleibt  ungelöst. 
( Iierzelius ).  Die  gelhgriine  oder  schnmtziggrüne  Substanz,  von  welcher 
die  Farbe  der  Galle  abhängig  ist,  läfst  sich,  wie  schon  erwähnt , durch 
einfache  Behandlung  mit  Knochenkohle  hinwegnehmen,  zum  Beweis,  dafs 
sie  zur  Zusammensetzung  der  Natron  Verbindung  nicht  gehört. 

Ein  Gallenstein  von  einem  Ochsen,  der  zum  grofsen  Theil  aus  Gallen- 
farbstoff bestand,  hinterlicfs  nacli  dem  Auskochen  mit  Aether  und  Alkohol 
ein  hclirolhbraunes  Pulver,  das  sich  iu  kaustischem  Kali  mit  hellgelber 
Farbe  löste,  die  au  der  Luft  grünlichbraun  wurde.  Diese  Auflösung  gibt 
mit  Salzsäure  einen  dunkelgrünen  Niederschlag,  der  jetzt  iu  Ammoniak 
leicht  löslich  ist,  eine  Eigenschaft,  die  der  Gallenfarbstoff  vor  der  Be- 
handlung mit  kaustischem  Alkali  nur  in  einem  sehr  geringen  Grade  besitzt. 
Salpetersäure  der  alkalischen  Auflösung  im  Ueberschufs  zugesetzt,  bringt  eine 
für  den  GallenfarbstofF  charakteristische  Erscheinung  hervor;  die  Flüssig- 
keit wird  nämlich  zuerst  grün,  dann  blau,  violett,  roth  und  nach  einiger 
Zeit  gelb,  ohne  etwas  ahzusetzen  Diese  Reaction  zeigt  sich  io  gleicher 
Weise  mit  Blutwasser,  Chylus,  Serum,  Urin,  wenn  sie  in  der  Kränklich 
der  Gelbsucht  eine  gelbe  Farbe  angenommen  haben. 

Gallensteine.  Die  in  der  Gallenblase  sich  findenden  Concretlonen  be- 
stehen aus  GallenfarbstofF  oder  aus  Cholsterin;  die  letzteren  sind  leicht 
erkennbar  au  ihrer  concentrisch- kristallinischen  Beschaffenheit  und  ihrer 
Schmelzbarkeit. 

Lithofellinsäure.  Von  Gäbet  entdeckt.  Unter  dem  Namen  Bezoar 
orientale  war  früher  eine  Concretion  als  Arzneimittel  im  Gebrauch, 
welche  nach  der  gewöhnlichen  Ansicht  zuweilen  iu  dem  Magen  gewisser 
Antilopen  gefunden  wird;  das  ganze  Verhalten  dieser  Rezoare  reiht  sio 
in  die  Classe  der  Gallensteine.  Die  Bczoare  besitzen  eine  bräunlichgrüne 
Farbe  unJ  Wachsglanz,  sie  bestehen  aus  concentrisch  schaligen  Schichten 
von  ungleicher  Dicke,  die  Farbe  derselben  ist  abwechselnd  dunkel  uud 
hell  oliveugrüu,  sie  sind  leicht  zerreihlich;  in  der  Mitte  der  Coucre- 
rion  findet  sich  gewöhnlich  ein  fremder  Körper,  ein  Quarzkorn  oder  ein 
.Stückchen  Pflanzenfaser.  U ähter  untersuchte  einen  Bezoar  von  beträcht- 
licher Gröfse  (er  wog  40  Grammen),  der  in  der  Mitte  einen  braunen 
Kern  hatte  , welcher  nach  dem  Verbrennen  eine  alkalische  Asche  , phos- 
phorsauren und  kohlensauren  Kalk  nebst  Spuren  von  Eisenoxid  hinterliefs. 
Die  eigentliche  Masse  des  Steins  schmilzt  wie  Wachs  , stöfst  in  höherer 
Temperatur  schwach  aromatisch,  nicht  brenzlich  riechende  Dampfe  aus, 
und  verbrennt  mit  rulsender  Flamme,  fast  ohne  Hückstaud.  ln  heifsem 
Alkohol  ist  sie  bis  auf  einen  kleinen  braunen  Rückstand  löslich.  Die  Lo- 
sung von  grünlicher  Farbe  wird  durch  Behandeln  mit  Thierkohle  vollstän- 
dig entfärbt,  säe  giebt,  in  gelinder  Wärme  abgedampft,  sehr  kleine,  klare, 
glanzende,  sechsseitige  Prismen  von  reiner  Lithofellinsäure.  Die  Kristalle 
der  Lithofellinsäure  sind  hart,  pulvcrisirbar,  unlöslich  in  Wasser,  leicht  und 
in  Monge  in  Alkohol,  wenig  in  Aether  löslich.  Sie  schmelzen  bei  205°  und 
erstarren  beim  Erkalten  kristallinisch.  Wird  der  Schmelzpunkt  um  einige 
Grad®  überstiegen , so  erstarrt  sie  zu  einer  klaren  glasigen  Masse,  die 


C e r e b r i n s ä u rc. 


1377 


durch  Reihen  stark  elektrisch  wird  ; diese  amorphe  Lithofellinsäure  schmilzt 
jetzt  zwischen  105  und  110°  zu  eiuer  zähen , fadenz iehendeu  Masse, 
welche,  mit  Alkohol  iu  Berührung  oder  darin  gelöst,  wieder  in  den  kri- 
stallinischen Zustand  übergeht.  Die  Lithofelliusäure  löst  sich  leicht  in  con- 
centrirter  Schwefelsäure,  diese  Auflösung  wird  durch  Wasser  milchig. 
Sie  ist  in  grofser  .Menge  io  concentrirter  Essigsäure  löslich  und  kristallisirt 
daraus  bei  freiwilligem  Verdunsten. 

In  kaustischem  und  kohlensaurem  Ammoniak  löst  sich  die  Lithofellin- 
säure leicht  und  bleibt  heim  Verdunsten  ammoniakfrei  zurück;  die  Lösung 
fällt  die  Kalk-  und  Barytsalze.  In  kaustischem  Kali  löst  sie  sieh  leicht, 
die  gesättigte  Lösung  ist  schwach  alkalisch,  Zusatz  von  Kalihydrat 
scheidet  lithofellinsaures  Kali  in  der  Form  einer  Seife  ab.  Durch  Säuren 
werden  die  alkalischen  Auflösaugen  der  Lithofelliusäure  in  dicken  geronne- 
nen Flocken  gefällt,  die  nach  dem  Trocknen  weifs,  pulverig  und  erdig 
werden. 

Die  gesättigte  Kaliverbindung  giebt  mit  Silbersalzen  einen  Niederschlag, 
der  sich  beim  Waschen  löst.  Eine  weingeistige  Lösung  der  Lithofellin- 
säure giebt  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  und  etwas  Ammoniak  versetzt, 
einen  weifsen  Niederschlag,  der  sich  in  mehr  Weingeist  beim  Erwärmen 
löst,  und  beim  gelinden  Verdampfen  iu  langen,  dünnen,  weifsen  Nadeln 
kristallisirt  {Ettling  fr  Will).  Das  Silbersalz  enihält  nach  Will  fr  Ett- 
ling 85,33  Silberoxid.  Die  Bleiverbindung  enthält  nach  W.  fr  E.  4!)  pCt. 
Bleioxid.  Wähler  erhielt  zwei  Bleisalze,  von  denen  das  eine  32  pCt., 
das  andere  44,45  pCt.  Bleioxid  enthielt.  Die  Zusammensetzung  der  Li- 
thofellinsäure ist: 


Kohlenstoff 

Wasserstoff 

Sauerstoff 


Will  fr  Ettling . 

71 ,19  70 .80  ' 70,23 

10,85  10,78  10,95 

17,96  18,42  18,82 


Wähler. 

70^83'~/x 

10,60 

18,57 


Formel  nach  Will  fr  Ettling  C44  U:6  08;  nach  Wähler  C40  Hro  Or 

•+*  Aq. 

Durch  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  Lithofellinsäure  entsteht  nach 
Gäbet  eine  neue  Säure. 


Die  Gehirn  - und  Nerven  - Substanz. 

Das  Rückenmark,  so  wie  die  Gehirnmasse  bestehen  aus  einer  eiweifs- 
artigen  Materie,  die  eine  grofse  Menge  Wasser  enthält  und  mehrere  ei- 
genthümliche  fette  Substanzen.  Der  Wassergehalt  beträgt  nahe  an  80 
pCt  , das  Gehirualbumin  etwa  7 pCt.  ( Fremy ). 

Behandelt  man  kleingeschnittenes  frisches  Gehirn  oder  Rückenmark 
mehrmals  hinter  einander  mit  siedendem  Alkohol,  sodann  bis  zur  Erschö- 
pfung zuerst  mit  kaltem,  dann  mit  kochendem  Aether,  so  bleibt  Gehirn- 
aibumin  zurück,  während  Cholsterin,  Cerebrinsäure , Oleophosphorsäure, 
Olein,  Margariu  und  Spuren  von  fetten  Säuren  iu  Auflösung  bleiben, 
( Fremy'). 

Cerebrinsäure.  Von  Fremy  entdeckt.  Wird  die  durch  Behandlung 
des  Gehirns  mit  Aether  erhaltene  Flüssigkeit  abgedampft  und  der  klebrige 
Rückstand  mit  Aether  in  der  Kälte  vertheilt  , so  bleibt  eine  weifse  Sub- 
stanz zum  grofsen  Theil  ungelöst,  welche  Cerebrinsäure,  Oleophosphor- 
säure, Natron  und  phosphorsauren  Kalk  enthält.  Man  nimmt  diesen  Rück- 
stand in  siedendem  Alkohol  auf,  dem  man  etwas  Schwefelsäure  zugesetzt 
hat,  filtrirt  und  läfst  erkalten,  wo  Cerebrinsäure  kristallisirt,  der  man 
durch  Waschen  mit  kaltem  Aether  die  anhängeude  Oleophosphorsäure  ent- 
zieht. {Fremy ).  Nach  einem  andern  Verfahren  wird  die  Gehirnmasse  so 


1378 


Oleopliospliorsäure. 


gut  wie  möglich  von  den  Membranen  getrennt.,  in  kleine  Stücke  zerschnit- 
ten und  mit  der  20fachen  Menge  einer  schwachen  kaustischen  Kalilauge 
in  gelinder  Wärme  digerirt,  bis  die  Masse  sich  in  einen  homogenen  Brei 
vertheilt  hat.  In  der  Ituhe  scheidet  sich  die  Mischung  in  eineu  weifsen, 
äufserst  feinen  Niederschlag  und  in  eine  klare  alkalische  Flüssigkeit,  die 
man  durch  Decantation  entfernt.  Man  giefst  zürn  Zweitenmal  reines  Was- 
ser auf,  läfst  den  Niederschlag  in  der  Ruhe  sich  setzen,  zieht  das  darüber 
stehende  Wasser  ab  und  erhitzt  ihn  nun  ohne  weiteres  Waschen  in  der 
Flüssigkeit  unter  Zusatz  von  Weinsäure  zum  Sieden.  Der  auf  die  Ober- 
fläche der  Flüssigkeit  sich  begebende  weifse  Niederschlag  wird  von  der 
darunter  schwimmenden  klaren  Flüssigkeit  getrennt,  mit  kochendem  Was- 
ser durch  Decantation  gewaschen  , auf  einem  reinen  porösen  Ziegelstein 
verbreitet  und  getrocknet.  Die  trockne  Masse  wird  mit  Aether  gewaschen, 
welche  eine  Menge  Cholsterin  auflöst  und  der  Rückstand  in  siedendem 
Alkohol  umkristallisirt.  (R.  D.  Thumsuii). 


Die  Cerebrinsäure  ist  weifs,  von  körnig  kristallinischem  Ansehen, 
völlig  löslich  in  siedendem  Alkohol,  sehr  schwerlöslich  in  kaltem,  leichter 
in  siedendem  Wasser;  in  siedendem  Wasser  quillt  sie  auf  zu  eiuer  Masse, 
ähnlich  dem  Stärkekleister,  ohne  sich  übrigens  bemerklich  zu  lösen.  In 
einer  Temperatur,  die  ihrem  Zersetzungspunkte  sehr  nahe  liegt,  kommt 
sie  zum  Schmelzen,  sie  verbrennt  mit  einem  ganz  eigentümlichen  Geruch 
und  läfst  eine  schwer  verbrennliche  Kohle  von  stark  saurer  Reaktion. 
Beim  Erhitzen  mit  Salpetersäure  wird  sie  langsam  , durch  Schwefelsäure 
rasch  unter  Schwärzung  zersetzt. 

Nach  Fremy's  und  R.  D.  Thomsoti's  Analyse  enthält  die  Cerebrinsäure 
in  100  Theilen: 


Fremy. 

Thomson  *). 

Kohlenstoff 

06,7 

67,04 

Wasserstoff 

10,6 

10,85 

Stickstoff 

2,3 

2,24 

Phosphor 

0,9 

0,46 

Sauerstoff 

19,5 

19,41 

Die  Cerebrinsäure  verbindet  sich  mit  allen  Basen  zu  eigentümlichen 
Salzen,  die  sich  von  allen  andern  Salzen,  die  durch  organische  Säuren 
gebildet  werden,  durch  ihre  grofse  Unlöslichkeit  in  Wasser  auszeichnen. 

Erhitzt  man  die  Cerebrinsäure  mit  verdüunter  Kali-  oder  Natronlauge, 
so  verbindet  sie  sich  damit,  ohne  dafs  sich  das  gebildete  Salz  auflöst. 
Setzt  man  einer  heifsen  weingeistigeu  Auflösung  d*er  Cerebrinsäure  eine 
Auflösung  von  Kalihydrat  in  Alkohol  zu , so  entsteht  sogleich  ein  iu 
Alkohol  beinahe  unlöslicher  weifser  Niederschlag. 

Kalk,  Baryt  und  Strontian  verbinden  sich  direkt  mit  dieser  Saure  und 
uehmen  ihr  die  Fähigkeit,  mit  Wasser  gallertartig  aufzuquellen.  ( Fremy ). 
Die  Barytverbindung  gab  in  der  Analyse  7,8  pCt.  Baryt.  ( Fremy ). 

Oleopliospliorsäure.  Die  nach  dem  Verfahren  von  Fremy  erhaltene 
ätherische  Flüssigkeit,  aus  welcher  sich  die  Cerebrinsäure  abgesetzt  hat, 
behält  eine  klebrige  Substanz  in  Auflösung,  welche  (oft  uatronbaltige) 
Oleopliospliorsäure  ist. 

Zur  Darstellung  dieser  Säure  behandelt  mau  den  Rückstand  , den  der 
Aether  nach  dem  Verdampfen  hinterläfst,  mit  einer  Saure,  um  das  Na- 
tron zu  entzieheu,  sodann  mit  siedendem  Alkohol,  welcher  die  Oleophos- 
phorsäure  nach  dem  Erkalten  fallen  läfst.  (.Frewiy). 

Die  Oleopliospliorsäure  ist  bis  jetzt  nicht  iu  reinem  Zustande  erhalten 
worden,  sie  enthält  ein  flüssiges  Oel , Cerebrolein , Cholsterin  und  Spuren 
von  Cerebrinsäure;  sic  ist  gewöhnlich  gelb,  ölartig,  klebrig,  unlöslich  in 


f)  Diese  Analyse  wurde  in  dem  Laboratorium  zu  Ciefsen  angcslellt. 


Magensaft. 


137D 


Wasser,  in  siedendem  etwas  schleimartig  aufquellend,  sie  ist  unlöslich  in 
kaltem,  löslich  in  lieifsem,  so  wie  in  Aether.  Sie  bildet  mit  den  Alkalien 
seifenartige  Verbindungen,  ganz,  ähnlich  den  Materien,  die  man  aus  Ge- 
hirn direct  durch  Aether  ausziehen  kann.  An  der  Luft  verbrennt,  binter- 
läfst  sie  eine  stark  saure  (durch  Phosphorsaure)  Kohle.  {Frerny ). 

Die  merkwürdigste  Eigenschaft  der  OJeophosphorsäure  besteht  darin, 
dafs  sie,  mit  Wasser  oder  Alkohol  eine  Zeitlang  im  Sieden  erhalten,  in 
ein  klares  flüssiges  Oel,  Cerebroleiu,  und  in  Phosphorsäure  zerfällt,  die 
sich  im  Wasser  löst. 

Durch  überschüssige  Alkalien  wird  die  Oleophosphorsäure  in  phos- 
pborsaures,  cerebroleinsaures  Alkali  und  in  Glyceryloxid  zerlegt.  Der 
Phosphorsäuregehalt  dieser  Säure  schwankte  bei  der  Analyse  zwischen 
1,9  — 2 pCt. 

Cerebrolein.  Das  beim  Sieden  der  Oleophosphorsäure  mit  Wasser  sielt 
abscheidende  Cerebroleiu  wird  durch  kalten  Alkohol,  welcher  Cercbrin- 
säure  und  Cholsterin  zuriickläfst,  gereinigt.  Beim  Verdampfen  des  AK 
kohols  bleibt  es  in  reinem  Zustande  zurück.  Das  Cercbrolein  ist  flüssig, 
fett  anzufühlen,  gelb;  es  brennt  mit  weifscr  leuchtender  Flamme,  ohne 
kohligen  Rückstand  zu  hinterlassen.  Durch  Verseifung  mit  Alkalien  wird 
es  in  eine  weiche  Seife  und  in  Glyceryloxid  zerlegt. 

Seiner  Zusammensetzung  nach  (79,5  Kohlenstoff,  11,9  Wasserstoff 
und  8,6  Sauerstoff,  Fremy)  ist  es  identisch  mit  dem  Olein  aus  Menschen- 
fett. 

Das  Gehirncholsterin  ist  identisch  in  allen  seinen  Eigenschaften  und 
seiner  Zusammensetzung  mit  dem  Cholsterin  der  Galle  und  des  Eigelbes. 
Kocht  man  den  ätherischen  Auszug  des  Gehirus  (den  Rückstand,  der  nach 
Verdampfung  des  Aethers  bleibt)  mit  einer  Auflösung  von  Kalihydrat  in 
Alkohol,  und  filtrirt,  so  scheidet  sich  nach  dem  Erkalten  des  Alkohols 
ein  Gemenge  von  Cholsterin  mit  Cerebrin  und  phosphorsaurem  Kali  ab, 
aus  dem  man  durch  Aether  alles  Cholsterin  ausziehen  und  beim  Verdam- 
pfen desselben  kristallisirt  erhalten  kann. 

Die  durch  directe  Behandlung  des  Ochsen-  oder  Menschenhirns  mit 
siedendem  Alkohol  nach  dem  Erkalten  sich  absetzende  Substanz  liefert 
nach  dem  Pressen  zwischen  Papier  und  wiederholter  Kristallisation  aus 
Alkohol  grofse  weifse  perlglänzende  Blättchen,  minder  durchsichtig  wie 
Cholsterin,  die  bei  136°  schmelzen  und  im  Wasserbade  5,4  pCt.  Wasser 
verlieren , und  nach  dem  Verpuffen  mit  Salpeter  phosphorsaures  Kali  lie- 
fern. Aus  der  heifsen  alkoholischen  Lösung  löst  sich  zuerst  ein  auf  dem 
Boden  anklebendes  zartes,  weifses  Pulver  ab,  welches  in  der  Wärme 
wie  Wachs  zusammenklebt  und  in  höherer  Temperatur  (bei  150°)  schmilzt 
und  mit  dem  Geruch  nach  Bienenwachs  verbrennt  ( Gehirnwachs  von  L. 
Gmelin');  es  hinterläfst  eine  phosphorsäurehaltige  Kohle.  Diese  Substan- 
zen sind  höchst  wahrscheinlich  Gemenge  von  cerebrinsauren  Alkalien  mit 
Cholsterin.  Doch  hat  R.  T.  Thomson  neben  dem  Cholsterin  eine  Substanz 
aus  dem  Gehirn  erhalten , die  in  schönen , oft  % Zoll  langen , platten 
Prismen  kristallisirt  und  in  der  Annlyse  81,9 — 81,51  Kohlenstoff,  13,3  — 
12,03  Wasserstoff  und  5,8 — 6,47  Sauerstoff  lieferte  eine  Zusammen- 
setzung , welche  wesentlich  von  der  des  Cholsterins  abweicht. 

Das  Gehirn  enthält  zuletzt  geringe  Mengen  Oel  und  Margarinsäure, 
im  Zustande  der  Fäulnifs  verschwindet  alle  Oelophosphorsäure.  {Fremy, 
in  den  Anti,  der  Chem.  u.  Ph.  Bd.  40.  S.  SO). 

Magensaft.  Die  im  Munde  zerkleinerte  und  mit  Speichel  und  Schleim 
gemischte  Speise  gelangt  in  den  Magen,  wo  sich  ihr  Magensaft  beimischt. 
Der  durch  Erbrechen  gesunder  Menschen  oder  in  dem  Magen  Hingerichte- 
ter sich  vorfindende  Magensaft  stellt  eine  farblose  oder  schwach  gelbliche, 
meistens  schwach  trübe  Flüssigkeit  dar,  von  entschieden  saurer  Reaction. 
Diese  Flüssigkeit  enthält  freie  Essigsäure  und  Salzsäure  und  Chlormetalle 


1380 


.Speichei. 


C Pront , L.  Gmslin,  Enderl  in)  t in  drei  Fallen  nach  folgendem  Verhält- 
nifs  (Pr out): 


II. 

11. 

III. 

Freie  Salzsäure 

0,  6 

0,05 

0,05 

Au  Ammoniak  gebundene  Salzsäure 

, t 

. 

. 0,16 

lu  der  Form  von  Chlorkalium  oder  -Natrium 

0,13 

0,13 

0,12 

firacuitnot  fand  ferner  in  dem  Magensaft  eines  Hundes  ein  Eisenoxid- 
salz , Chlorcalcium  , ein  scharfes  farbloses  Del , eine  im  Wasser  uud  Al- 
kohol lösliche,  durch  Gerbsäure  fällbare,  so  wie  eine  in  verdünnten  Säu- 
ren lösliche  und  eine  andere  in  Alkohol  unlösliche  organische  Materie, 
so  wie  Schleim  und  phosphorsauren  Kalk. 

Durch  die  Bewegung  des  Magens  und  die  auflösende  Wirkung  des 
Magensaftes  und  Speichels  auf  die  Nahrung  entsteht  eine  vveifse  breiartige 
saure  Masse,  Chymus,  S/jeisebrei.  Nach  dem  Genüsse  von  rohem  Eiweifs 
ist  der  Mageninhalt  sehr  schwach  sauer,  bei  gekochtem  Eiweifs,  Fibrin, 
Pflanzenkleber  und  frischem  Käs  röthet  er  Lackmus  uud  die  Stucke  zeigen 
sich  erweicht.  Bei  Milch  enthält  der  Magen  geronneoeu  Käs  und  eiDe  sehr 
saure  Flüssigkeit.  Bei  Knochen  ist  die  Flüssigkeit  sehr  sauer,  enthält  rei- 
nen und  phwsphorsauren  Kalk  gelöst,  und  liefert  bei  der  Destillation  Essig- 
säure und  Salzsäure.  Bei  Amj  lon  h ilt  der  Magen  ungelöste  Stärkemehl- 
klumpen,  so  wie  eine  Flüssigkeit,  welche  Iod  nicht  bläut  und  welche 
Zucker  enthält.  Bei  Butter  ist  die  Flüssigkeit  sehr  sauer.  (L.  Gmelin  $r 
Tiedemann 

Die  in  dem  Magen  vorhandene  freie  Salzsäure  hat  an  seiner  auflösen- 
den Kraft  einen  entschiedenen  Antheil.  Während  der  Verdauung  löst 
sich  die  innere  Haut  des  Magens,  das  Epithelium,  ab,  und  geht  in 
Auflösung  über;  der  Magensaft  empfängt  hierdurch  im  Zustand  der  Um- 
setzung und  Veränderung  befindliche  Substanz,  durch  deren  Gegenwart 
die  auflösende  Kraft  des  Magensaftes  erhöht  wird.  Der  frische  Mageusaft 
übt  bei  35  — 37°  (der  Körperwärme)  aufserhalb  des  Körpers  auf  die  Spei- 
sen die  nämliche  auflösende  Wirkung  aus , wie  in  dem  Magen  selbst. 
Speiseu  in  durchlöcherten  Röhren  von  Silber  und  Gold  eingeschlossen, 
werden  im  Magen  ebeu  so  gut  verdaut,  wie  in  Berührung  mit  den  Wän- 
den des  Magens. 

Macht  man  Wasser  durch  Zusatz  von  etwas  Salzsäure  schwach  sauer, 
und  läfst  es  mit  einem  Stückchen  Magenschleimhaut  24  Stunden  in  Berüh- 
rung, so  erlangt  diese  Flüssigkeit  jetzt  das  Vermögen,  gekochtes  Eiweifs, 
Fleisch,  Pflanzenkleber  in  weit  kürzerer  Zeit  auf/.ulöseu  , als  wie  die 
Salzsäure  für  sich  gethan  haben  würde.  Gekochtes  Eiweifs  löst  sich  in 
dein  erwähnten  , durch  Salzsänrc  schwach  sauer  gemachten  Wasser  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  in  inelirern  Wochen  nicht  auf,  auf  70  — 80°  er- 
wärmt, erfolgt  hingegen  nach  3 — 4 Tagen  vollständige  Lösung.  Die 
nämliche  mit  der  Magenschleimhaut  in  Digestion  gesetzte  schwache  Salz- 
säure löst  bei  einer  Temperatur  von  30  — -I00  schon  nach  8 — 12  Stunden 
das  gekochte  Eiweifs  auf;  nach  zwei  bis  drei  Stunden  schon  wird  es  an 
den  Rändern  durchscheinend,  schmierig,  breiartig  und  giebt  zuletzt  eine 
vollkommene,  durch  Felttheilchen  etwas  trübe  Auflösung. 

Auf  Pflanzenkleber,  gekochtes  Fleisch  wirkt  diese  Flüssigkeit  in  glei- 
cher Weise  auflösend  ; die  beschleunigende  Wirkung  empfängt  die  Salz- 
säure durch  eine  im  Zustand  der  Umsetzung  begriffene  Substanz,  die  sich 
aus  der  Substanz  der  Schleimhäute  und  Membranen  durch  eine  beginnende 
Fäulnifs  oder  Verwesung  erzeugt  und  die  hierbei  ähnlich  wirkt,  wie  die 
Hefe  hei  der  Gährung  des  Zuckers,  oder  wie  das  Lab  bei  dem  Gerinnen 
der  Milch.  Durch  Erhitzen  zum  Sieden,  Zusatz  von  Alkohol,  Quecksilber- 
safze  , schweflige  Säure,  brenzliche  Oele  wird  die  beschleunigende  Wir- 
kung in  der  Auflösung  aufgehoben  , und  alle  diese  Substanzen  stören , in 
den  gesunden  thierischen  Körper  gebracht,  die  Verdauung  in  gauz  ahn- 


Speichel. 


381 


lieber  Weise.  M$u  hat  zu r Erklärung  der  Wirkung  des  Magensaftes  zu 
einem  eignen  Verdauungsstoff,  den  man  mit  Pepsin  bczeichnete , seine 
Zuflucht  genommen,  allein  die  Eigenthiimlichkeit  des  Pepsins  ist  bis  jetzt 
nicht  dargethaa. 

Au  der  Verdauung  nimmt  bei  mehreren  Thierklassen  der  Speichel; 
theils  durch  die  Substanzen;  die  er  enthält;  theils  durch  die  Luft  (den 
Sauerstoff),  die  er,  schaumartig  einschliefsend,  dem  Magen  zufuhrt,  einen 
gewissen  Anthcil.  Der  Speichel  wird  durch  eigene  Drusen  in  der  Mund- 
höhle, namentlich  bei  der  Bewegung  der  Kauwerkzeuge,  abgesondert. 

Speichel.  Sammelt  man  den  Speichel  in  einem  hohen  schmalen  Glas- 
gefäfs,  so  trennt  er  sich  in  zwei  Schichten,  von  denen  die  obere  aus 
einer  klaren,  farblosen,  schleimigen  Flüssigkeit  besteht,  die  untere  enthalt 
eine  wefise  undurchsichtige  Materie  im  aufgeschlammten  Zustande.  Mit 
Wasser  vertheilt,  entsteht  ein  Niederschlag,  ähnlich  der  Knocheuerde,  die 
sich  aber  vermittelst  eines  Glasstabes  als  ein  zusammenhängender  Schleim 
zu  erkennen  giebt.  Nach  dem  Eintrocknen  hinterlassen  100  Th.  Speichel 
weniger  wie  1 pCt.  eines  farblosen,  gummiähnlichen,  durchsichtigen  Rück- 
standes, aus  welchem  Alkohol  Chlormetalle  und  eine  animalische  Substanz 
auflöst.  Der  in  Alkohol  unlösliche  Th  eil  ist  schwach  alkalisch  , von  Na- 
tron , was  sich  durch  Zusatz  von  Essigsäure  nach  dem  Wiedereintrocknen 
vermittelst  Alkohol  ausziehen  läfst.  Der  so  ausgezogene  Rückstand  be- 
steht aus  Schleim  und  einem  eignen  t hierischen  Stoff',  dem  Speichelstuff 
welcher  die  Hauptmasse  davon  ausmacht.  Der  SpeichelstofF  löst  sich  in 
Wasser  zu  einer  schleimigen  klaren  Flüssigkeit,  die  beim  Kochen  nicht 
getrübt  wird  und  durch  Galläpfeliufusion,  Quecksilberchlorid,  Bleiessäg  und 
durch  Mineralsäuren  nicht  gefällt  wird  , was  ihn  von  andern  thierischen 
Stoffen  wesentlich  unterscheidet.  Mit  kaltem  Wasser  in  Berührung,  wird 
der  Speichelstoff  zuerst  weifs,  undurchsichtig  und  schleimig,  und  hinter— 
läfst  nach  der  Auflösung  einen  undurchsichtigen  , w eifsen,  trüben  Schleim, 
der  im  Wasser  ganz  unlöslich,  durch  Essigsäure  und  Mineralsäuren  zum 
Gerinnen  gebracht  wird;  er  enthält  eine  bedeutende  Menge  Knochenerde, 
welche  durch  die  erwähnten  Säuren  nicht  ausgezogen  wird.  In  kaustischen 
Alkalien  ist  dieser  Schleim  löslich  und  aus  diesen  Lösungen  fällbar  durch 
Säuren. 

Die  Asche  eines  beim  Tabakrauchen  von  Tiedemann  und  L.  Gmelin 
gesammelten  Speichels  , wrelcher  der  beigemischten  brenzlicheu  Besiand- 
theile  des  Rauches  wegen  in  Hinsicht  auf  seine  andern  Bestandtheiie  den 
normalen  Zustand  nicht  besafs  #),  enthält  viel  phosphorsaures,  etwas 
schwefelsaures  und  kohlensaures  Alkali.  Treviranus  beobachtete,  dafs 
der  Speichel  mit  Eiseuoxirisalzen  eine  tief  dunkelrothe  Flüssigkeit  bildet. 
Tiedemann  und  L.  Gmelin  zeigten  darauf,  dafs  das  Alkoholextract  vou 
eingetrocknetem  Speichel,  mit  etwas  Phosphorsäure  destilürt,  eiue  Flüssig- 
keit liefert,  welcher  die  das  Eisenoxidsalz  röthende  Eigenschaft  aDgehört; 
mit  einer  Mischung  von  Eisenvitriol  mit  Kupfervitriol  gab  sie  einen  w eifsen 
Niederschlag,  unterZusatz  von  chlorsaurem  Kali  und  etwas  Salzsäure  erwärmt, 
gab  sie  mit  Barytsalzen  einen  Niederschlag  von  Schwefelsäuren)  Baryt.  Nach 
diesen  Versuchen  scheint  der  Speichel  einen  Gehalt  von  Schwefelcyan-Alkali 
zu  enthalten.  Speichel,  der  von  einer  Person  mit  einer  offenen  Speichelfistel 
erhalten  worden  war,  besafs  in  C.  G.  Mitscherlichs  Versuchen  eiu  spec. 
Gewicht  von  1 ,00dl  bis  1,0088;  er  liinterliefs  nach  dem  Eintrocknen  1,47 
bis  1,6*3  pCt.  Rückstand;  beim  Filtriren  hinterliefs  er  % bis  *3  Tausendtel 
einer  schleimigen  Substanz;  die  klare  abfiltrirte  Flüssigkeit  wurde  durch 
Alkohol  und  Gerbsäure  in  der  Kalte  getrübt,  die  Trübung  verschwand 
beim  Erhitzen  und  stellte  sich  beim  Erkalten  wieder  ein;  Alkalien  bewirk - 


*)  Treibt  man  den  Tabaksdampf  aus  dem  Munde  durch  ein  fest  vorgehaUenes 
reines  weifses  I. innenzeug,  so  färbt  sich  dieses  gelbbraun;  dar  Dampf  selbst 
tothält  nach  Zeise  s Untersuchung  Butiersäure . 


1382 


Excrc  mente.  — riarn. 


ten  keine  Fällung;  durch  Säuren  entstand  ein  l/l0  pCt.  betragender  Nie- 
derschlag. Von  68‘/j  Gran  Speichel  erhielt  Mitscherlich  1,121  Rückstand, 
von  welchem  0,281  weder  von  Wasser  noch  Alkohol,  0,352  von  Was- 
ser, nicht  von  Alkohol , und  0,192  von  Wasser  aufgenommen  wurden. 
100  Theile  dieses  alkalisch  reagirenden  Speichels  wurden  durch  Zusatz 
von  verdünnter  Schwefelsäure  neutralisirt  und  dazu  an  wasserfreier  Schwe- 
folsäure  verbraucht  in  eiuem  Versuche  0,169,  in  einem  zweiten  0,223 
Grm.,  woraas  folgt,  dafs  der  Natrongehalt  dieses  Speichels  0,153  bis 
0,174  eines  Procentes  von  seinem  Gewicht  betrug.  100  Thele  Speichel 
lieferten  0,180  Chlorcalcium,  0,095  Kali,  0,188  Natron,  0,017  phos- 
phorsauren Kalk,  0,015  Kieselerde  (?). 

Per  aus  dem  Speichel  sich  absetzende  sogenannte  Weinstein  der  Zähne 
gab  in  einer  Analyse  1,0  Speichelstoff,  12,5  Speichelschleim,  79  phos- 
phorsaure Erdsalze,  7,5  Thierstoff,  in  Salzsäure  löslich. 

Die  steinigen  Concretionen  aus  den  Speichelgängen  von  Pferden  und 
Eseln  sind  von  Lassaiyne , Henry  und  Caventou  analysirt  worden  , sie 
enthielten : 


Vom  Esel , 

Pferd , 

Pferd. 

Caventou . 

Lassaiyne. 

Henry. 

Kohlensaurer  Kalk 

91,6 

84 

85,52 

Kohlensäure  Bittererde 

, 4 

• • • 

7,56 

Phosphorsaurer  Kalk 

4,8 

3 

4,40 

Thierischer  Stoff 

3,6 

9 

|a,43 

Wasser  . 

• 

. 3 

Im  Verhältnisse,  als  die  Speisen  im  Magen  gelöst  oder  fein  vertheilt 
werden  , treten  sie  als  Speisebrei  in  das  Duodenum,  wo  sich  ihnen  Bauch- 
speichel, pankreatischer  Saft,  Galle,  Darrasaft  und  Darmschleim  beimischt. 

Der  pankreatische  Saft  wird  von  einer  seitwärts  und  zum  Theil  hinter 
dem  Magen , zwischen  der  Milz  und  dem  Duodenum  liegenden  grofsen 
Drüse,  dem  Pancreas,  abgesondert.  Der  pankreatische  Saft  besafs  in 
Tiedemanns  und  Gmelins  Versuchen,  von  einem  Hunde  gesammelt,  die 
Beschaffenheit  eines  dünnen  Eiweilses,  er  liefs  sich  in  dünne  Fäden  ziehen, 
war  klar,  bläulich  weifs  opalisirend , Lackmus  schwach  röthend,  und 
schmeckte  schwach,  aber  deutlich  salzig,  er  gerann  beim  Erhitzen  und 
hinterliefs  8,72  pCt.  festen  Rückstand,  aus  dem  Alkohol  3,68  einer  Ma- 
terie auszog,  die  mit  Chlorwasser  rosenroth  wurde.  Vom  Rückstand 
nach  der  Behandlung  mit  Alkohol  lösten  sich  1,53  Theile  im  Wasser,  und 
diese  Auflösung  verhielt  sich  wie  ein  Gemenge  von  Speichelstoff  mit  einem 
dem  Casein  in  vielen  Eigenschaften  übereinstimmenden  Körper  Eiugeäschert, 
hinterliefs  der  Rückstand  (100  Saft,  0,722  Asche)  kohlensaures,  schw  efel- 
saures  und  phosphorsaures  Natron  mit  Spuren  von  Kali,  Kochsalz,  koh- 
lensaurem uud  etwas  phosphorsauren  Kalk.  ( Tiedemann  und  L.  Gmelin ). 

Auf  dem  Wege  durch  den  Dünndarm  wrerden  durch  dessen  Aufsau- 
gungsgefäfse  aus  dem  schon  wesentlich  veränderten  Speisebrei  die  in  der 
Flüssigkeit  gelösten  Theile  nebst  dem  fein  suspendirten  Fett  als  Cfn/lus , 
Nahruugssaft,  anfgesaugt,  während  die  unlöslichen  Theile  weiter  gehen. 

Der  Chylus  wird  von  den  Milchgefärsen  theils  gerade  in  die  Unter- 
leibsvenen geführt,  um  sich  hier  dem  venösen  Blute  beizumischen,  theils 
wird  er  durch  verschiedene  Drüsen  hindurchgeführt,  in  denen  sich  aus 
dem  Arterieublute  Farbstoff,  Fibrin  und  Alkali  zumischen  , so  dafs  seine 
saure  Reaction  in  eine  alkalische  übergeht ; hierauf  mischt  er  sich  im  Ductus 
thoracicus  mit  der  Lymphe  uud  endlich  in  der  Vena  cava  mit  dem  venösen 
Blut. 

In  den  zwei  ersten  Mägen  der  Wiederkäuer  ist  die  Masse  alkalisch, 
in  dem  vierten  sauer.  Bei  Fleischfressern  bleibt  im  ganzen  Verlaufe  der 
Verdauung  der  Darminhalt  sauer. 


Harn* 


1383 


Die  unverdaubareu , nicht  löslichen  oder  nicht  aufsaugbaren  Theile  der 
genossenen  Nahrung  werden  nebst  stinkend  riechenden  Secretionen  der 
Eingeweide  in  der  Form  von  festen  Excreinenten  ausgelecrt. 

Während  des  Verdauungsprocesses  entwickeln  sich  aus  der  Masse, 
welche  durch  die  Eingeweide  geht,  Gasarten,  deren  absolute  und  relative 
Menge  je  nach  der  Natur  der  Speisen  und  dein  Gesundheitszustände  wech- 
seln. Magen  die  sammelte  das  Gas  aus  dem  Darmkaual  von  Hingerichteten, 
das  aus  dem  dünnen  Darm  bestand  nach  der  Untersuchung  von  Chevreitl 
aus  Kohlensäure , Wasser  Stoff  gas  und  Stichgas , das  aus  dem  Blinddarm, 
dem  Colon  und  Rectum  aus  Kohlensäure , Wasserstoff,  Kohlenwasserstoff 
und  Stickgas.  Häufig  finden  sich  diesen  Gasen  Schwefelwasserstoffgas 
beigemischt.  Pflüger  fand  in  den  Gedärmen  von  an  der  Trommelsucht 
gestorbenem  Rindvieh  Kohlenoxidgas . 

Excremente.  Unter  diesem  Namen  begreift  man  gewöhnlich  nicht  nur 
die  Stoffe,  welche  durch  den  Mastdarm,  sondern  auch  die,  welche  in 
der  Form  von  Harn  aus  dem  Körper  treten.  Bei  den  Vögeln  mischen  sich 
an  einer  Stelle  nah  am  Ausgange  des  Mastdarms  aus  der  sogenannten 
Cloake  die  von  den  Harnorganen  abgesonderten  Stoffe  zu;  bei  diesen,  so 
wie  bei  vielen  anderen  Thieren,  treten  also  Faeces  und  Harn  aus  einer 
und  derselben  Oeffnung  aus  dem  Körper. 

Die  organischen  Bestandtheile  der  Faeces  des  Menschen  und  der  hohem 
Thierklassen  sind  als  chemische  Verbindungen  wechselnd  und  so  wenig 
charakterisirt , dafs  dasjenige,  was  wir  darüber  wissen,  nicht  werth  ist, 
beschrieben  zu  werden.  Der  Natur  des  Verdauungsprocesses  nach  können 
sie  nur  wenig  im  Wasser  lösliche  Bestandtheile  enthalten , weil  sie  vor 
ihrem  Austreten  durch  den  ganzen  Aufsaugungsapparat  der  Eingeweide 
davon  befreit  werden.  An  Alkohol  geben  sie  fette,  wachs-  oder  harz- 
ähnliche Substanzen  ab,  welche  theils  von  dem  Körper,  theils  von  den 
Speisen  stammen.  Der  in  Alkohol,  Aether  und  siedendem  Wasser,  schwa- 
chen Säuren  und  Alkalien  unlösliche  Hauptbestandteil  der  Faeces  der 
Wiederkäuer  besteht  aus  Holzfaser. 

Unter  den  organischen  Materien  des  Harns  der  Thiere  finden  sich  als 
nie  fehlende  Bestandtheile  entweder  Harnstoff  oder  Harnsäure  allein,  oder 
beide  zusammen,  der  Harn  des  Rindviehs,  Pferdes,  Kameels  und  des 
Elephanten  enthält  Harnsäure;  der  Harn  der  fleischfressenden  vierfüfsigen 
Thiere  ist  sauer  und  enthält  hauptsächlich  Harnstoff,  in  dem  Harn  der 
Vögel  ist  die  Harnsäure  vorherrschend.  Der  Harn  des  Menschen  ent- 
hält Harnsäure  und  Harnstoff;  in  Krankheiten,  namentlich  in  Fiebern, 
steigt  die  Menge  der  abgesonderten  Harnsäure;  als  häufig  vorkommender 
Bestandtheil  des  Menschenharns  mufs  noch  die  Oxalsäure  hier  erwähnt 
werden,  welche  als  oxalsaurer  Kalk  sich  nach  dem  Erkalten  kristallinisch 
absetzt.  Mit  Ammoniak  vermischt,  giebt  der  Menschenharn  einen  Nieder- 
schlag, der  zum  Theil  aus  harnsaurem  Ammoniak,  theils  aus  phosphor- 
saurem Kalk  bestellt. 

In  einem  reinen  Glasgefäfse  aufgefangen,  hält  sich  der  Urin  des  ge- 
sunden Menschen  viele  Wochen,  oft  Monate  lang,  ohne  die  geringste 
Veränderung,  mit  einem  faulenden  Körper  in  Berührung,  ändert  er  seine 
Beschaffenheit  schon  nach  0 — 8 Stunden  gänzlich;  es  entsteht  ein  weifser 
Niederschlag  von  derselben  Beschaffenheit,  wie  der  durch  Ammoniak  darin 
erhalten  wird,  aller  Harnstoff  verwandelt  sich  in  doppelt  kohlensaures’ 
Ammoniak. 

Der  frische  Harn,  mit  Salzsäure  der  Destillation  unterworfen,  liefert 
eine  sehr  schwach  saure  Flüssigkeit,  welche  Benzoesäure  enthält.  Harn, 
in  welchem  durch  Fäulnifs  aller  Harnstoff  in  kohlensaures  Ammoniak  über- 
gegangeu  ist,  liefert  nach  der  Verflüchtigung  des  kohlensauren  Ammoniaks, 
mit  Salzsäure  destillirt,  eine  grofse  Menge  einer  flüchtigen  Säure,  welche 
die  gröfste  Aehnlichkeit  mit  Buttersäure  besitzt. 

Durch  starken  Frost  concentrirter  Harn  giebt,  mit  Aether  geschüttelt, 
an  diesen  eine  eigenthümliche  organische  Substanz  ab,  welche  man  rein 


1384 


H a r n. 


erhalt,  wenn  der  Aetlier  verdampft,  der  Rückstand  mit  Wasser  von  allen 
löslichen  Stoffen  befreit,  sodann  in  kaustischem  Kali  gelöst  und  mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  gemischt  wird , wo  sich  diese  Substanz , welche 
Scharling  entdeckt  und  ümichmyloxid  genannt  hat,  in  braunen  Flocken 
abscheidet.  Diese  Flockeu  lösen  sich  leicht  in  Aether  und  scheiden  sich 
beim  Verdampfen  ln  der  Form  eines  Harzes  ab,  welches  in  siedendem 
Wasser  zu  einem  bräunlichgelben  Oele  schmilzt,  und  in  Weingeist  und 
wässerigen  Alkalien  leicht  löslich  ist.  Die  weingeistige  Lösung  reagirt 
sauer. 

Beim  Erhitzen  für  sich  schmilzt  das  Omichmyloxid,  verbreitet  den  Ge- 
ruch nach  altem  Harn,  es  entzündet  sich  an  der  Luft,  brennt  wie  Harz, 
mit  leuchtender  Flamme  uud  läfst  eine  Spur  Asche.  Die  Zusammensetzung 
ist  nicht  ermittelt.  Durch  Destillation  der  Mutterlauge  des  salpetersauren 
Harnstoffs  erhält  man  eine  chlorhaltige  Säure,  weiche  nach  der  Formel 
Cj^H^CliO*,  so  wie  einen  grüngelben,  ölartigen  Körper  (C^HgCJ^C^NjOj), 
von  denen  Scharling  glaubt,  dafs  sie  aus  dem  Omichmyloxid  entstehen, 
er  bezeichnet  die  erstere,  welche  isomer  mit  Chlorsalicylsäure  ist,  mit 
Chloromichmylsäure , den  andern  mit  Nitro -Chloromichmyl.  Bemerkens- 
wert ist  übrigens  die  Erfahrung  vou  Scharling , dafs  Uriuextract  mit  Sal- 
petersäure,  bis  zur  Verkohlung  des  Rückstandes  destillirt,  Benzoesäure 
liefert  ; auch  erhielt  er  bei  der  gleichen  Behandlung  des  Omichmyloxids  mit 
Salpetersäure  in  der  Vorlage  einige  blättrige  Kristalle,  die  sich  gegen 
Eisenoxidsalze  wie  Benzoesäure  verhielten. 


Ure  beobachtete  zuerst,  dafs  Benzoesäure,  die  man  Abends  zu  sich 
nimmt,  in  dem  Morgenurin  wieder  erhalten  wird,  und  zwar  au  Natrou 
gebuuden,  in  der  Form  von  hippursaurem  Nation.  Durch  Zusatz  vou 
Salzsäure  wird  sie  daraus  in  feinen  Nadeln  gefüllt,  diese  Beobachtung  ist 
von  Keller  und  Enderlin  bestätigt  worden.  Der  Uebergang  der  Benzoe- 
säure in  Hippursäure  geht  im  Körper  ohne  alle  Unbequemlichkeit  vor  sich. 

Genaue  Untersuchungen  von  Enderlin  haben  dargethau,  dafs  frischer 
Urin  keine  Milchsäure  enthält,  die  saure  Reactiou  desselben  kanu  defshalb 
nur  der  frei  vorhandenen  Harnsäure  oder  saurem  phosphorsaurem  Natrou 
zugeschrieben  werden,  was  mau  nach  der  Fäuluifs  des  Urins  in  der  Form 
des  bekannten  . mikrokosmischen  Salzes  (phosphorsauren  Natron-  Ammo- 
niaks) kristallisirt  daraus  darstelleu  kann. 


Gewöhnliches  phosphorsaures  Natron,  P204-j-2^^p  was  bekanntlich 

eine  alkalische  Reaction  besitzt,  löst  Hippursäure  mit  grofser  Leichtigkeit, 
so  wie  eine  Menge  Harnsäure  auf,  uud  nimmt  durch  das  Hiuzutrcteu  die- 
ser Substanzen  eine  stark  saure  Reactiou  au. 


Was  die  anorganischen  Bestandteile  des  Harns  und  der  Faeces  be- 
trifft, so  sind  diese  ihrer  Natur  uud  ihren  relativen  Verhältnissen  nach 
abhängig  von  dem  Gehalt  derselben  in  der  genossenen  Nahrung. 


Wenn  wrir  das  Futter  eines  Thieres  oder  die  Speise  des  Menschen  zu 
Asche  verbrennen,  uud  diese  mit  Wasser  behandeln,  so  erhalten  wir  eine 
Auflösung  , welche  die  löslichen  Salze  dieser  Asche  und  einen  Rückstand, 
welcher  die  unlöslichen  Bestandteile  derselben  enthält.  Im  Allgemeinen 
enthält  der  Urin  alle  löslichen  , die  Faeces  enthalten  die  unlöslichen 
A sch eifbestaue teile  der  Speise,  dem  Gewicht  nach  in  dem  nämlichen 
Verhältnisse,  in  welchem  sie  genossen  wurde.  Je  nach  dem  Gehalt  der 
Speise  au  löslichen  oder  unlöslichen  Salzen  uud  Miueralbestandlheilen 
wechseln  die  Salze  des  Urins  und  die  der  Faeces.  Die  Speise  der  fleisch- 
fressenden Thiere  giebt  eine  Asche,  welche  kein  kohlensaures  Alkali, 
sondern  nur  phosphorsaure  Alkalien  , phosphorsauren  Kalk  und  Bittererde 
enthält,  daher  denn  diese  und  keine  andern  in  dem  Urin  uud  den  Faeces 
Vorkommen.  Die  Speise  der  grasfressenden  Thiere  enthält  organische 
Säuren  gebunden  an  Natron  und  Kali , die  in  dem  Lebeusprocefs  als  koh- 
lensaure Salze  in  dem  Urin  wieder  erscheinen.  Eine  Analyse  des  Harns 


H n rn. 


1385 


und  der  Faeces  in  Beziehung  auf  die  Salze  , die  er  enthält,  ist  demnach 
überflüssig,  wenn  man  die  Natur  und  die  Quantität  der  Aschenbestandtheile. 
der  Speise  kennt.  Bei  einem  erwachsenen  Thiere  kann  durch  die  Excre- 
mente  nicht  mehr  an  Salzen  abgehen,  als  was  zugeführt  worden  ist,  nur 
bei  einem  jungen  , im  Zunehmen  begriffenen  Thier  bleibt  täglich  eine  ge- 
wisse Menge  phosphorsaurer  Kalk  in  den  Knochen  und  phosphorsaure  Al- 
kalien im  Blute  zurück. 

An  Bodenbestandtheilen 
verzehrt  ein  Pferd 
Unzen 

15  Pfd.  Heu  geben  18,61  \ 

4,54  Pfd.  Hafer  2,46  S 21,49 

im  Getränk®  0,42  ) 


eine  Kuh 


6,67) 

20,20 


1,6 


in  SO  Pfd.  Kartoffeln 
in  Heu 
in  Getränk 

Pferdeharn. 

Vauquelin. 

kohlensaurer  Kalk  11 
kohlensaures  Natron  9 
hippursaures  Natron  24 
Chlorkalium  9 


28,47  Unzen 


wird  in  den  Excrementen  des 
Pferdes  wiedererhalten 
Unzen 

im  Harn  3,51  ) 29,45 

in  den  Faeces  18,36)  Unzen 

2T,87~~ 

12,29) 

16,36;  29,45 
1,80' 

Pferdekoth 
Jackson. 


im  Harn 
in  den  Faeces 
in  der  Milch 


phosphorsaurer  Kalk 
kohlensaurer  Kalk 
phosphorsaure  Bittererde 
Kieselerde 


5,0 

18,75 


40 


Harnstoff 

Wasser 

7 

940 

1000 

100,00 

Kuhharn  enthält 

Brande. 

Kuhkot  h 
Haidien. 

Chlorkalium  und  Salmiak  15 

phosphorsaurer  Kalk 

10,9 

schwefclsaures  Kali 

6 

phosphorsaure  Bittererde 

10 

kohlensaures  Kali 

4 

phosphorsaures  Eisenoxid 

8,5 

kohlensauren  Kalk 

S 

Kalk 

1,5 

Harnstoff 

4 

Gyps 

3,1 

Wasser 

650 

Chlorkaliuni,  Kupfer 

Kieselerde 

Verlust 

Spuren 

63,7 

1,3 

100,0 

Nach  der  Analyse  von  Berzelius  enthalten : 

1000  Th.  Men-  100  Th. Urin- 


3 


Harnstoff 

freie  Milchsäure  ?)  x 

milchsaures  Ammmoniak  C?)( 
Fleisch  -Extract 
Extractivstoffe 
Harnsäure 
Harnblasenschleim 
schwefelsaures  Kali 
schwefelsaures  Natron 
phosphorsaures  Natron 
zweifach  - phosphorsaures  Ammonia 
Kochsalz 
Salmiak 

phosphorsaure  Bittererde  und  Kalk 

Kieselerde 

Wasser 


schenharn. 

rückstand. 

30,10 

44,39 

17,14 

25,58 

1,00 

1,49 

0,32 

0,48 

3,71 

5,54 

3,16 

4,72 

2,94 

4,39 

k 1,65 

2,46 

4,45 

6,64 

1,50 

2,23 

1,00 

1,49 

0,03 

0,05 

933,00 

100,00 

Geigert  Pharmncie.  I,  (Sie  Au) !.) 


88 


Harnsteine. 


1386 


1000  Th.eile  Menscheukoth  ( Berzelius ) hinteiiicfsen  150  Asche,  wel- 
che bestehen  aus 

b 


phosphorsaurem 

Kalk 

) 

phosphorsaurer  Bittcrcrde 

f 100 

Spur  Gyps 

s 

schwefelsaurem  Natrou 

) 

schwefelsaurem 

Kall 

9 

phosphorsaurem  Natron 

$ 

kohlensaurem  Natron 

8 

Kieselerde 

16 

Kohle  und  Verlust 

18 

150 

Guano  (eine  Sorte 

Guano 

Nachtüjallenkoth 

von 

Liverpool). 

von  Lima. 

Bartels. 

Völkel. 

Braconnot. 

Salmiak 

G,500 

4,2 

0,2 

oxalsaurcs  Ammoniak 

13,351 

10,6 

harnsaures  Ammoniak 

6,250 

9,0 

51,7  mit  Kali 

phosphorsaures  Ammoniak 

6,250 

6,0 

0,8  mit  Kali 

wachsähnliche  Materie 

0,600 

schwefelsaures  Kali 

4,227 

5,5 

3,3 

sohwefelsaures  Natron 

1,119 

3,8 

phosphorsaures  Natron 

5,291 

pbospliorsaure  Ammoniakkalkerde  4,196 

2,0 

0,2 

Kochsalz 

0,100 

0,8 

phosphorsaurer  Kalk 

9,940 

14,3 

4,3 

oxalsaurcr  Kalk 

16,360 

7,0 

Thonerde 

0,104 

in  Salpetersäure  unlöslicher  ( 

5 SOO 

4 7 

Hückstand  ] 

Verlust  (Wasser,  Ammoniak,  uu 

- 

bestimmte,  organische  Materie  22,718 

82,3 

37,7 

100,000 


Harnsteine.  Die  am  häufigsten  vorkonmieuden  Harnsteine  sind  die, 
welche  aus  Harnsäure  bestehen  ; sie  sind  in  Alkalien  löslich  und  diese 
Auflösungen  geben  mit  Säuren  einen  gelatinösen  Niederschlag,  der  sich 
beim  Stehen  und  Erwärmen  in  feine,  weifse,  glänzende  Kristalle  verwan- 
delt, welche,  in  Salpetersäure  gelöst,  beim  Verdampfen  bis  zur  Trockne 
einen  purpurrothen  Fleck  hinterlassen,  die  conceütrirle  Auflösung  dersel- 
ben in  verdünnter  Salpetersäure  giebt,  mit  Ammoniak  sehr  vorsichtig 
ueutralisirt  oder  mit  kohlensaurem  Ammoniak  erwärmt,  eine  tief  purpur- 
rotho  Flüssigkeit,  aus  der  sich  bei  richtigen  Verhältnissen  Kristalle  von 
Muroxid  absetzen.  Diese  Art  von  Harnsteinen  verflüchtigt  sich  vor  dein 
Lötbrohr.  ohne  zu  schmelzen.  Die  Harnsteine,  welche  aus  harnsaurem 
Annnouiak  bestehen,  entwickeln  bei  der  Auflösung  in  Kalilauge  Ammoniak. 

Aus  Knochenerde  bestehen  viele  Harnsteine,  sie  sind  nicht  flüchtig  iin 
Feuer,  lösen  sich  leicht  ohne  Aufbrausen  in  verdünnten  Säuren  und  diese 
Auflösung  liefert,  wenn  sie  mit  Kiscnchlorid  und  Ammoniak  versetzt  wird, 
pliosphorsaures  Eisenoxid  , während  aller  Kalk  in  der  abfiltrirteu  Flüssig- 
keit bleibt,  in  welcher  er  durch  oxalsaures  Ammoniak  leicht  erkennbar  ist. 

Viele  Harnsteine,  namentlich  bei  Schweinen  und  Eseln,  so  wie  die 
Darnistoine,  die  sich  bei  Pferden  finden,  bestehen  aus  phosphorsaurertt 
Bitterer  de-  Ammoniak ; sie  siud  au  ihrer  leichten  Löslichkeit  in  Essigsäure 
leicht  erkennbar.  Mit  Eisenchlorid  und  Ammoniak  wie  die  vorherbcschric- 
benou  bchaudelt,  bleibt  alle  Bittererde  in  Auflösung;  sie  ist  leicht  dadurch 


Lymphe.  Blut. 


1387 


unterscheidbar  vom  Kalk , dafs  sie,  mit  Salmiak  und  kehlen  sau  rem  Am- 
moniak versetzt,  keinen  Niederschlag  giebt,  wahrend  phosphorsaures 
Ammoniak  oder  Natron  hinzugefügt,  phosphorsaurcs  Bittererde-Ammoniak 
daraus  niederschlagt.  Die  schmelzbaren  Harnsteine  sind  meistens  Ge-" 
menge  der  beiden  vorherbeschriebenen. 

Oxalsaurer  Kalk  ist  ein  seltnerer  Bestandteil  der  Harnsteine  5 maß 
erkennt  ihn  daran,  dafs  der  Stein,  fein  gepulvert,  mit  concentrirter 
Schwefelsäure  in  einer  Glasröhre  erwärmt,  ein  mit  blauer  Flamme  bren- 
nendes Gas  entwickelt,  dafs  er  sich  in  Salpetersäure  ohne  Aufbrauseß 
löst  und  durch  Ammoniak  in  dieser  Auflösung  ein  weifser  Niederschlag 
entsteht,  der,  nach  dem  schwachen  Glühen  mit  Säure»  übergosseu,  unter 
starkem  Aufbrausen  Kohlensäure  entwickelt. 

Harnsteine,  die  aus  Cystin  bestehen,  sind  sehr  selten.  Sie  losen  sich 
leicht  und  vollkommen  in  kaustischer  Kalilauge.  Diese  Auflösung  wird, 
wenn  man  sie  mit  einigen  Tropfen  essigsaurem  Bleioxid  versetzt  und  dann 
zum  Sieden  erhitzt , schwarz  wie  Diute.  An  dieser  schwarzen  Farbe, 
welche  von  Schwefelblei  herrührt,  lassen  sich  diese  Steine  leicht  von 
allen  unterscheiden.  Die  aus  Xanthin  bestehenden  Steine  sind  die  selten- 
sten (siehe  Xanthicoxid). 

Lymphe.  Die  Lymphe  ist  eine  klare,  schwach  gelbliche,  etwas  opa- 
lisirende  Flüssigkeit  von  schwach  salzigem  Geschmacke.  Aus  den  Gefäfseß 
gelassen,  scheidet  sich  Fibrin  in  Gestalt  einer  klaren,  farblosen,  zitternden 
Gallerte  daraus  ab,  die  sich  nach  und  nach  zusammenzieht,  indem  sich  eine 
gelbliche  Flüssigkeit  davon  trennt,  welche  beim  Erwärmen  wie  ein  dün- 
nes Blutserum  gerinnt.  Das  in  den  Analysen  ermittelte  relative  Verhält* 
nifs  ihrer  Bestandtheile  ist  folgendes: 


J/ymphe 

von  einem  Pferde.  vom  Menschen. 

Lassaigne.  L.  Gmelin.  Marchand  u.  Colber (f- 


Wasser 

92,50 

96,10 

96,926 

Fibrin 

0,330 

0,25 

0,520 

Albumin 

5,730 

2,75 

0,434 

Fett 

Kochsalz 

Chlorkalium  , 

Natron  / 

0,264 

phosphorsaurer  Kalk/ 
phosphors.  Natron  \ 
unbestimmte  organi- 
sche Substanzen  - 

> 1,434 
Das  Blut. 

0,90 

1,656 

Das  Blut  des  Menschen,  der  Säugethiere  und  Vögel  stellt  eine  dick-^ 
liehe,  schwach  klebrige,  rothe,  undurchsichtige  Flüssigkeit  dar,  von 
1,0527  bis  1,057  spec.  Gewicht  bei  15°,  von  salzigem,  fadem  Geschmack» 
und  schwachem , eigentümliche».  Gerüche.  Unter  dem  Mikroskope  be- 
trachtet, besteht  es  aus  kleinen,  sehr  zahlreichen  rundlichen  Körperchen 
(globuli  sanguinis) , die  in  einer  wasserhellea  oder  schwach  gelblichen 
Flüssigkeit  (Blutflüssigkeit,  liquor  sanguinis,  plasraa,  sefUfi*).  schwimmen. 
Die  Blutkörperchen  stellen  platte,  kleine  Scheiben  dar,  an  nerre«  man 
einen  minder  durchsichtigen  Theil,  den  Rand,  walirnimmt,  unter  dem  Ver-- 
gröfserungsglase  sind  sie  blafs  durchsichtig,  nicht  roth,  sondern  nur  etwas 
dunkler,  als  das  sie  umgehende  Medium.  Neben  diesen  Blutkörperchen 
beobachtet  man  in  der  Blutflüssigkeit,  wiewohl  in  geringerer  Anzahl  deut- 
lich begränzte,  rundliche,  unregelmäfsige,  zuweilen  längliche  Körperchen 
von  körnigem  Ansehen , die  man  als  Lymphkörperchen  bezeichnet  hat. 

Aus  der  Circulation  genommen,  erleidet  das  Blut  binnen  kurzer  Zeit 
eine  Veränderung , es  gerinnt.  Das  geronnene  Blut  stellt  anfänglich  cia^ 


«369 


Blut.  — Blutkörperchen. 


gallertartige  Masse  dar,  die  sich  nach  und  nach  zusammenzieht,  sie  trennt 
sich  in  eine  Flüssigkeit  von  schwach  gelblicher,  zuweilen  grünlicher  Farbe., 
das  Blutwasser , Blutserum , Serum , meistens  klar  oder  schwach  getrübt, 
-milchig-,  von  alkalischer  Heactiou  und  salzigem  Gcschmacke. 

Bei  Blut  von  gesunden  Individuen  tritt  das  Gerinnen  unter  allen  Um- 
ständen ein.,  gleichgültig,  ob  es  in  der  Temperatur,  die  es  im  lebenden 
Körper  besafs , bei  gewöhnlicher  oder  in  höherer  Temperatur,  im  lufter- 
füllten  -oder  im  luftleeren  -Raume  sich  selbst  iiherlassen  wird. 

Vermischt  man  ungeronnenes  Blut  mit  reinem  Wasser,  so  ändern  die 
Blutkörperchen  schnell  ihre  Form  und  lösen  sich  scheinbar  zu  einer  rothen 
Flüssigkeit,  welche  übrigens  in  Masse  niemals  klar  und  durchsichtig  ist; 
im  Serum  des  geronnenen  Blutes  halten  sie  sich  hingegen  unverändert, 
sie  behalten  -ebenfalls  ihre  Form  , wenn  man  das  Blut  mit  gewissen  Salz- 
auflösungen vermischt.  Vermischt  man  Blut  mit  dem  acht  lachen  Volum 
einer  gesättigten  Auflösung  von  Glaubersalz,  so  wird  das  Gerinnen  auf- 
gehalten.  Die  Flüssigkeit  trennt  sich  in  einen  Absatz,  der  die  ungeänder- 
ten  Blutkörperchen  enthält,  und  in  eine  klare  darüber  schwimmende  Flüs- 
sigkeit, die  man  davon  abfiltriren  kann. 

Die  nähere  Betrachtung  der  Hauptbestandtheile  des  Blutes  giebt  über 
dieses  Verhalten  Aufschlufs.  Die  Hauptbestandtheile  des  Blutes  sind  Fibrin 
und  Albumin;  beide  befinden  sich  im  lebenden  Körper  in  Auflösung.  In 
dieser  Flüssigkeit  schwimmen  im  geschlämmten  Zustande  die  Blutkörper- 
chen , denen  es  seine  Farbe  verdankt. 

Das  Gerinnen  des  Blutes  beruht  auf  einer  Abscheidung  des  Fibrins, 
es  trennt  sich  von  der  Flüssigkeit  in  Gestalt  einer  Gallerte  oder  eines 
Netzwerks  von  unendlich  feinen,  farblosen,  undurchsichtigen  Fäden,  welche 
die  Blutkörperchen  einschliefsen , diefs  ist  der  Blutkuchen. 

Wenn  das  Blut  vor  dem  Gerinnen  gepeitscht  und  geschlagen  wird,  so 
bildet  sich  kein  Blutkuchen,  obwohl  die  Abscheidug  des  Fibrins  iu  keiner 
Weise  hierdurch  aufgehalten  wird,  allein  die  feineu  Faden  desselben  wer- 
den zerrissen  und  zertheilt,  sie  werden  gehindert,  sich  zu  einem  Netz- 
werke zu  vereinigen  , sie  kleben  zu  gröberen  , elastischen,  weichen  Mas- 
sen zusammen,  während  die  Blutkörperchen  in  dem  Serum  schwimmend 
bleiben. 

Die  Ursache  des  Gerinnens  kann  demnach  auf  diesem  mechanischen 
Wege  hinweggenommen  und  das  Fibrin  dargestellt  werden. 

Blutkörperchen.  Beim  Vermischen  des  venösen  Blutes  mit  dem  acht- 
fachen Volum  einer  couccntrirten  Lösung  von  Glaubersalz  behalten,  wie 
schon  früher  bemerkt,  die  Blutkörperchen  ihre  Form  und  Beschaffenheit, 
das  Fibrin  des  venösen  Blutes  scheidet  sich  nicht  ab  , es  bleibt  in  Auf- 
lösung. 

Nach  der  gewöhnlichen  Vorstellung  bestehen  die  Blutkörperchen  aus 
einer  durchsichtigen,  dünnen,  ungefärbten  Hülle , welche  eine  in  Wasser 
leichtlösliche  Materie  einschliefst,  die  den  Farbstoff  des  Blutes  ent- 
hält. Wenn  man  das  Verhalten  der  Salze  , gegen  thierische  Substanzen 
überhaupt  ins  Auge  fafst,  so  kann  man  über  die  Wirkung,  welche  das 
reine  Wasser  auf  die  Blutkörperchen  ausübt,  nicht  zweifelhaft  sejn ; man 
weifs,  dafs  viele  £alze  wasserhaltigen  Thierstoffen  das  Wasser  entziehen, 
dafs  Salz  Auflösungen  von  Tnierstoffen  nicht  aufgeuommen  werden. 

Die  Blutkörperchen  schwimmen  in  einer  salzhaltigen  Flüssigkeit,  dem 
hierum ; zwischen  dem  inneren  flüssigen  und  löslichen  Theile  derselben 
und  dem  Serum  findet  ein  solches  Gleichgewichtsverhältnifs  statt,  in  Be- 
ziehung auf  ihren  Wassergehalt,  dafs  sich  beide  gegenseitig  kein  Wasser 
eutziehen. 

Durch  Zusatz  von  Wasser  wird  dieses  Verhältnifs  geändert,  der  in- 
nere lösliche  Thetl  der  Blutkörperchen  nimmt  nämlich  ebenfalls  von  diesem 
Wasser  auf,  wodurch  sein  Volumen  zunimmt;  eine  Folge  desselben  ist 
-das  Zerr  ei  Isen  der  äufsereu  Hülle,  der  eingeschlossene  Theil  tritt  aus  und 


Blut.  — Globulia. 


1389 


mischt  sich  mit  der  Flüssigkeit',  aber  nach  24'  Stunden  kanu  man  die  zer- 
rissenen Hüllen,  wiewohl  in  der  Form  zusammengezogen  und  verändert, 
in  dem  mit  Wasser  gemischten  Blute  noch  wahrnehmen.  (JoA.  Müller ). 

Aus  einer  Auflösung  von  Glaubersalz  oder  andern  Salzen,  selbst 
Zuckerauflösung,  nehmen  offenbar  die  Blutkörperchen  kein  Wasser  auf, 
sie  verhalten  sich  gegen  sie  , wie  das  Serum. 

Aus  dem  mit  seinem  achtfachen  Volum  Glaubersalzlösung  gemischten'. 
Blut  setzen  sich  die  Blutkörperchen  in  Gestalt  eines  rothen  Bodensatzes 
nieder,  der  in  der  Flüssigkeit  im  reflectirten  Licht  einen  pcrlmutterarligen* 
Glanz  zeigt.  Die  darüber  schwimmende  Flüssigkeit  ist  klar , farblos  oder 
röthlich,  sie  verhält  sich  genau  wie  Serum.  Das  Fibrin  , dessen  Abscliei- 
dung  durch  das  Glaubersalz  verhindert  wurde,  scheint  in  den  löslichen 
Zustand  übergegangeu  zu  seyn,  wo  es  alle  Eigenschaften  mit  dem  Albu- 
min theilt. 

Durch  ein  Filter  von  der  Flüssigkeit  getrennt,  stellen  die  Blutkörper- 
chen eine  au  der  Oberfläche  hellrothe,  nach  innen  dunkelrothe,  plastische 
Masse  von  Honigconsistenz  dar.  ( Lecemu ). 

Als  ihre  Hauptbestandteile  lassen  sich  darin  Fibrin  und  Albumin,  das 
letztere  in  Verbindung  nwt  dem  Farbstoff  des  Bluts,  nach  weisen. 

Als  Bestandtheil  der  Blutkörperchen  giebt  sich  das  Fibrin  leicht  io  dem 
Absätze  zu  erkennen,  wenn  er  mit  eiuer  Kochsalz-  oder  Glaubersalz- 
lösung zerrieben  und  heftig  geschüttelt  wird,  es  entsteht  in  diesem  Falle 
eine  trübe,  bl utrothe  Flüssigkeit,  die  bei  ruhigem  Stehen  eine  weifte,  häu- 
tige Materie  absetzt,  welche  identisch  ist  mit  Fibrin.  Eine  concentrirte 
Auflösung  von  Chlorcalcium  entzieht  den  Blutkörperchen  das  Wasser  und1 
macht  sie  zusammenschrumpfen  , wird  aber  diese  scheinbar  unlöslich  ge- 
wordene Masse  mit  reinem  Wässer  ausgewaschen  , so  schwillt  sie  zuerst 
zu  einer  dem  Johannisbeergelee  ähnlichen  Gallerte  auf,  die  sich  iu  mehr 
Wasser  löst.  Aus  dieser  Lösung  setzt  sich  in  der  Ruhe  Fibrin  in  weifseu 
Häuten  ab.  Die  über  dem  ausgeschiedenen  Fibrin  stehenden  Flüssigkeiten 
gerinnen  in  der  Hitze  und  verhalten  sich  in  Beziehung  auf  ihren  Albumin- 
gehalt  ganz  wie  das  Serum.  CLecamiJ, 

Der  Fibringehalt  der  Blutkörperchen  läftt  sich  mich  einem  andern  von 
Pr.  Penis  angegebenen  Verfahren  noch  leichter  darthun.  Prefst  mau  uäm- 
lich  Blutkuchen  von  venösem  BJute  in  einer  feinen  Leinwand  aus,  so  bleibt 
das  Fibrin  in  dem  Tuche  zurück,  uud  durch  die  Poren  desselben  flieftt 
ein  Gemenge  von  Serum  mit  Blutkörperchen  aus.  Läfst  man  diese  dicke, 
braunrothe  Flüssigkeit  zum  viertenmale  durch  feine  Leiuwaud  gehen,  um 
alles  eingemengte  Fibrin  zurückzuhalten  , und  setzt  ihr  eioen  Üeberschufs 
vou  gepulvertem  Salpeter  zu,  so  wrird  sie  nach  12  bis  14  Stuuden  dick 
und  gallertartig  , später  schleimig.  Bindet  man  in  diesen»  Zeitpunkte  die 
Masse  in  reine  Leinwand  ein  und  hängt  sie  dann  4 Stuuden  lang  iu  reines 
Wasser,  so  dafs  sich  der  flüssig  gebliebene  Tlieil  rasch  von  dem  gallert- 
artigen trenni , so  bleibt  Fibrin  im  aufgequollenen  Zustaude  in  dem  Tuche 
zurück.  Im  Wasser  zertheilt  es  sich  zu  gallertartigen  Fäden,  die  sich 
mit  einem  Glasstabe  im  farblosen  Zustaude  herausnehineu  lassen.  Bei  län- 
gerer Berührung  mit  Salpeter  verschwindet  dieses  Fibrin  vollständig  und 
wird  aufgelöst,  was  zu  beweisen  scheint,  dafs  es  einerlei  Beschaffenheit 
mit  dem  sich  von  selbst  aus  dem  venösen  Blute  ausscheideuden  Fibrin  be- 
sitzt. iPenis ). 

Berzelius  hat  mit  Globulin  einen  Bestandtheil  des-  Bluts  bezeichnet, 
der  in  seinen  Eigenschaften  von  dem  Albumin  sich  dadurch  unterscheiden 
soll,  dafs  er  in  Salzlösungen  von  einer  gewissen  Coucentration  unlöslich 
ist,  und  beim  Erhitzen  zu.  einer  körnigen  Masse  gerinnt.  Um’ eine  klare 
Ansicht  über  die  Existenz  oder  Nichtexistenz  des  Globulins  zu  naben,  inufs 
hervorgehobeD  werden.,  dafs  Berzelius  den  Absatz  aus  dem  Blute,  dessen 
Gerinnung  man  durch  Salzlösungen  gehindert  hat , für  diesen  besondern 
Bestandtheil  hält,  allein  es  läfst  sich  durch  ein  Mikroskep  dartiiuo,  dafs 


1390 


Blut,  — Blutrot  b. 


dieser  Absatz  aus  unveränderten  Blutkörperchen  besteht,  deren  Unlöslichkeit 
durch  ihre  Form  und  die  erwähnte  Eigenschaft  der  Salzauflösungen  be- 
dingt ist.  Mischt  man  die  Blutkörperchen  (den  rothen  Absatz  aus  den» 
Gemenge  von  Blut  und  Glaubersalz)  mit  Wasser,  so  entsteht  eine  dunkel- 
rothe  Auflösung,  welche  beim  Sättigen  mit  Kochsalz  oder  Glaubersalz 
keine  in  Wasser  lösliche  Materie  absetzt.  Wäre  Globulin  mit  den  Eigen- 
schaften , die  man  ihm  zuschreibt,  in  dieser  Auflösung  vorhanden,  so 
müfstc  Glaubersalz  seine  Abscheidung  bewirken,  was  nicht  der  Fall  ist. 

Illutroth . Als  ein  den  Blutkörperchen  eigentümlicher  Bestandteil 
muss  die  Materie  angesehen  werden  , vou  welcher  das  Blut  seine  rothe 
Farbe  erhält.  Man  kennt  diesen  rothen  Farbestoff  in  reinem  Zustande 
nicht;  er  ist  so  leicht  veränderlich,  dafs  alle  Bemühungen  ihn  darzustellen 
bis  jetzt  ohne  Erfolg  geblieben  sind. 

Das  Wasser,  womit  man  frischen  Blutkuchen  ausgewaschen  hat,  ent- 
hält den  rothen  Farbestoff  des  Bluts  in  Auflösung.  In  dieser  Flüssigkeit 
läfsfc  sich  die  Gegenwart  von  Albumin  leicht  darthun.  Sie  gerinnt  in  der 
Wärme  zu  einer  körnigen  Masse,  gibt  mit  Essigsäure  und  dann  mit  viel 
Wasser  vermischt  einen  Niederschlag  von  unlöslichem  Albumin  und  wird 
durch  Säuren,  Quecksilbersalze,  Gerbesäure,  Kreosot  genau  wie  das 
Si‘rum  gefällt,  mit  dem  Unterschiede  jedoch , dafs  alle  diese  Niederschläge 
gefärbt  sind.  Der  rothe  Farhestoff  ist  offenbar  in  den  Blutkörperchen  in 
chemischer  Verbindung  mit  dem  Albumin  enthalten,  in  welchem  er  diesem 
'in  gllen  Verbindungen,  die  es  mit  andern  Körpern  eiugeht,  folgt.  Das 
Albumin-KIutroth  ist  mit  Salzauflösungen  mischbar  ohne  Fällung,  durch 
Säuren  und  Alkalien  wird  es  in  seinem  Verhalten  wesentlich  verändert, 
indem  es  in  Berührung  damit  seine  rothe  Farbe  sowohl,  wie  alle  seine 
übrigen  Eigenschaften  einbiifst. 

Frisch  aus  dem  Blutkucben  dargestellt  ist  die  Verbindung  des  Albu- 
mins mit  dem  rothen  Farbestoff  des  Bluts  dunkclroth,  diese  Farbe  wird 
fast  schivarzroth,  wenn  sie  in  verschlossenen  Gefäfsen  aufbewahrt  wird. 
Mit  Sauerstoffgas  oder  Luft  in  Berührung,  wird  sie  heller  rotb , ohne  aber 
nur  entfernt  der  des  arteriellen  Blutes  ähnlich  zu  werden.  Kohlcnsäure- 
gas  und  schwefligsaurea  Gas  färben  die  Auflösung  schwarzroth  , beinahe 
braun 5 Stickoxidulgas  purpurroth ; Alkohol  und  Säuren  machen  sie  zu 
einer  braunen  Masse  gerinnen  ; Alkalien  färben  sie  ebenfalls  braun  , ohne 
einen  Niederschlag  zu  bewirken.  Durch  Schwefel Wasserstoff  oder  Schwe- 
folkalium  wird  sie  anfänglich  grün  , zuletzt  schwarz.  Kochsalz  und  an- 
dere Salze  machen  die  Auflösung  etwas  heller  roth;  Salze  mit  alkalischer 
Basis  bringen  darin  keinen  Niederschlag  hervor.  Das  Albumin  ist  ati  und 
für  sich  farblos,  alle  eben  erwähnten  Farbeveränderungen  beziehen  sich 
offenbar  nur  auf  den  damit  verbundenen  Farbestoff,  dessen  Farbenwechsel 
von  einer  Zersetzung  oder  darauf  beruht,  dafs  er  eine  neue  Verbindung 
eingeht;  dies  bezieht  sich  namentlich  auf  die  Kohlensäure  uud  das  Stick- 
oxidulgaff. 

Leitet  man  durch  die  Auflösung  (von  Albmnin-Blutroth)  einen  Strom 
Chlorgas,  so  entsteht  anfänglich  ein  braunes  Coaguliun  , was  bei  fortge- 
setztem Einleiten  von  Chlor  seiue  Farbe  in  grau  ändert.  Die  über  dem 
Niederschlage  stehende  Flüssigkeit  ist  gelhlich,  sie  enthält  aufser  Phos- 
phorsäure, Alkalien,  Kalk,  einen  Bestandteil , der  in  dem  reinen  Fibrin 
und  Albumin  gänzlich  fehlt  , und  dies  ist  eine  beträchtliche  Menge  Eisen, 
was  sich  durch  Blutlaugensalz  und  die  gewöhnlichen  Reagenlien  entdecken 
läfsfc. 

Die  Gegenwart  des  Eisens  in  der  Asche  vom  Blute  ist  schon  sehr 
lange  bekannt,  als  Bestandteil  der  Blutkörperchen  wurde  es  erst  später 
erkannt. 

Durch  diesen  Eiscugehalt  unterscheidet  sich  der  Farbestoff  des  Biets 
von  allen  übrigen  Bestaudtlieilen  des  Thierkörpers;  es  gibt  aufser  dem 
Blutroth  keinen,  welcher  Eisen  enthält,  und  kann  ein  Eisengehalt  irgend- 
wo nachgewiesen  werden , wie  in  der  Muskelfaser  , so  ist  derselbe  ab- 
fjäpgjg  von  der  Gegenwart  vou  ßiutroth.  Nur  Haaro  und  Moru , die  keine 


Blut, 


Albnmin-Blutroth. 


1391 


Rolle  in  dem  lebenden  Körper  mehr  spielen,  gehen  in  ihrer  Asche  einen 
Eisengehalt  zu  erkennen.  Das  Eisen  findet  sich  als  Bestandteil  aller  Thiere, 
welche  rothes  Blut  haben,  seine  Gegenwart  kann  in  der  thierischen  Oeko- 
nomie  nicht  zufällig  seyn  , und  sicher  nimmt  es  in  den  Processen  der  Er- 
nährung und  Respiration  einen  wichtigen  Platz  ein. 

Das  Albumin-Blutroth,  in  gelinder  Wärme  eingetrocknet,  stellt  eine 
feste,  schwarzrothe  Masse  dar,  im  Bruche  glasig  glänzend,  leicht  in  Pul- 
ver zu  verwandeln,  was  sich  in  Wasser  wieder  löst.  Mit  Alkohol  und 
Aetäer  digerirt  lösen  beide  aus  dem  Albumio-BIutrolh  geringe  Quantitäten 
von  fetten  Substanzen  auf;  dureb  Erwärmen  auf  60°  fängt  die  Auflösung 
des  Albumin-Blutroths  an,  sich  zu  trüben,  bei  66,5  erfolgt  vollständige 
Gerinnung;  es  entsteht  eine  wenig  zusammenhängende  Masse  von  rother 
Farbe,  die  bei  80°  sich  von  dem  gröfsten  Theile  der  Flüssigkeit  vollstän- 
dig treunt,  die  letztere  ist  gelb  gefärbt.  Das  gekochte  Albumin-Blutroth 
wird  beim  Trocknen  schwarzroth,  beim  Pulvern  wird  es  heller  roth,  es  ist 
im  kalten  und  warmen  Wasser  unlöslich;  leicht  löslich  hingegen  in  ätzen- 
den, fixen  Alkalien.  Wird  das  gekochte  Albumin-Blutroth  noch  feucht  in 
verdünnter  Kalilauge  bis  zur  Sättigung  aufgelöst  und  abgedampft,  so  coa- 
gulirt  diese  Auflösung  beim  Verdampfen,  eine  Eigenschaft,  die  dem  Albu- 
min für  sich  abgeht.  Die  von  dem  Coagulum  abfiltrirte  Flüssigkeit  ist  grün 
gefärbt  wie  Galle.  (Berzelius.) 

Die  wässrige  Auflösung  von  Albumin-Blutroth  gerinnt  durch  Zusatz 
von  Alkohol,  das  entstandene  rothbraune  Coagulum  hat  seine  Löslichkeit 
im  Wasser  vollständig  verloren.  Anhaltend  mit  Alkohol  ausgekocht,  löst 
diese?  eine  geringe  Menge  einer  Materie  daraus  auf,  die  nach  der  Entfer- 
nung des  Alkohols  als  braunes  im  Wasser  und  alburninhaltigen  Flüssig- 
keiten unlösliches  Pulver  zuriickbleibfc.  Getrocknetes  Albumin-Blutroth 
hinterläfst  eiue  gelbgefärbte  Asche,  welche  von  Kalbsblut  2,2  Proc.  (Mi- 
chaelis'), von  Menschenblut  1,3  Proc.  (^Berzelius'),  von  Ochsenblut  1 Proc. 
beträgt.  Diese  Asche  bestand  nach  der  Analyse  von  Berzelius: 

Asche  des  Albumin-Blutroths 


Kohlensaures  Natron  .... 
Fhospborsaurer  Kalk  .... 

Kalk 

Basisch-phosphorsaures  Eisenoxid 
Eisenoxid 

Kohlensäure  und  Verlust  . . . 


Menschenblut 



Ochse  ob  lut 

. 0,230 

— 

. 0,077 

0,060 

. 0,155 

0,200 

. 0,077 

0,075 

. 0,384 

0,500 

n n-r?  Kohlensaures  und  „ 

• °’0'7  phosphors.  Alkali  0’1CS 

1,000  1,000 

Man  beobachtet  leicht,  dafs  die  relativen  Verhältnisse  in  den  anorga- 
nischen Bestandteilen  des  Albumin-Blutroths  ungleich  sind;  das  Albumin- 
Blutroth  von  Ochsenblut  ist  reicher  an  Eisen  und  ärmer  an  Alkalien,  als 
das  vom  Menschenblute. 

Wenn  man  eingetrockuetes  Blut  oder  Albumin-Blutroth  zu  feinem  Pul- 
ver verreibt  und  nach  und  nach  mit  concentrirter  Schwefelsäure  befeuchtet, 
so  erhält  man  eine  weiche,  teigartige  Masse,  welche,  an  der  Luft  stehend, 
Feuchtigkeit  anzieht  und  zu  einer  roth en  Gallerte  aufquillt.  Geschieht  das 
Befeuchten  mit  concentrirter  Schwefelsäure  bei  Vermeidung  aller  Erhitzung, 
so  bemerkt  mau  keine  Erscheinung , die  auf  eine  Zersetzung  schliefsen 
liefse,  namentlich  keine  Entwickelung  von  schwefliger  Säure.  Der  ent- 
standene Brei  ist  dunkelbraunroth.  Die  durch  Anziehen  von  Feuchtigkeit 
gebildete  Gallerte  besitzt  dieselbe  Farbe ; wird  sie  mit  reinem  Wasser 
nach  und  nach  zerrieben  , so  schrumpft  sie  zu  einer  schwarzrothen , zer- 
reiblichen Masse  ein , die  in  einer  farblosen , \vasserhellen  Flüssigkeit 
schwimmt;  diese  Flüssigkeit,  welche  deu  gröfsten  Theil  der  Schwefelsäure 
enthält,  gibt,  mit  Ammoniak  und  Alkalien  versetzt,  gelbe  Niederschläge 
von  Eisenoxidhydrat;  durch  ßlutlaugeosalz  entsteh*  ein  Niederschlag  von 


1392 


Blut. 


H&matoain. 


Berlinerblau  u.  s.  \v.  der  unlösliche  Rückstand  mit  reinem  Wasser  gewa- 
schen; färbt  dieses  nach  Entfernung  der  überschüssigen  Säure  dunkelruth, 
ohne  sich  vollkommen  auf/- ul  Ösen ; seine  Farbe  wird  übrigens  durch  das 
Waschen  heller.  Nach  dem  Glühen  des  bis  zum  Gefärbtwerden  des  Was- 
sers ausgewaschenen  und  getrockneten  Rückstandes  bleibt  eine  Asche, 
die  an  manchen  Stelleu  weifs , au  andern  gelblichweifs  ist.  Die  gelblich- 
weifse  Farbe  dieser  Asche  rührt  von  der  unvollkommenen  Ausziehung  des 
Eisens  her,  vorzüglich  davon,  dafs  einzelne  Theile  des  mit  Schwefelsäure 
durchtränkten  Blutes  keine  gallertartige  Beschaffenheit  angenommen  hatten, 
und  bei  Zusatz  von  Wasser  zu  der  aufgequollenen  Masse  beim  Einschruin- 
pfen  mit  eingeschlossen  wurden.  Aus  diesem  Verhalten  geht  hervor,  dafs 
sich  das  Eisen  des  Blutfarbstoffes  vollkommen,  und  zwar  als  Oxid,  aus- 
ziehen  läfsfc,  ohne  dafs  mit  diesem  Austreten  sich  seine  Farbe  merklicher 
ändert. 

Sanson  hat  durch  Behandlung  des,  von  seinem  Eisengehalte  durch 
Schwefelsäure  auf  obige  Weise  befreiten  Blutes  mit  kochendem  Alkohol, 
nachdem  zuvor  der  Rückstand  bis  zum  Röthen  des  Wassers  gewaschen 
worden  war,  eine  dunkelrothe  Auflösung  erhalten,  die  mit  Ammoniak 
neutralisirt , nach  dem  Verdampfen  des  Alkohols  eine  Materie  hiuterliefs, 
die  sich  in  allen  Verhältnissen  in  Alkohol  mit  rother,  in  schwachen  alka- 
lischen Laugen  mit  blutrother,  in  sauren  Flüssigkeiten  mit  rosenrother 
Farbe  löste  , und  die  nach  dem  Einäschern  keine  gefärbte  Asche  hiufcer- 
liel's.  Dieser  Farbestoff  löst  sich  ebenfalls  in  Aether  und  selbst  in  borax- 
sauren und  kohlensauren  Alkalien  mit  lebhaft  rother  Farbe.  Dieses  Ver- 
halten ist  in  einigen  Beziehungen  dem  des  eigentlichen  Blutfarbestoffs  ähn- 
lich, so  hat  z.  B.  L.  Gmelin  beobachtet,  dafs,  wenn  Blnt  mit  sehr  viel 
Alkohol  vermischt  und  gekocht  wird,  alsdann  der  Alkohol  roth  gefärbt 
und  der  Rückstand  grau  ist;  und  Hünefeld  hat  beobachtet,  dafs  unter 
gewissen  Umständen,  die  nicht  näher  erörtert  sind,  das  Albumin  - Blutroth 
seine  Farbe  an  Aether  abgiebt.  Dieser  rothe  eisenfreie  Körper  ist  offenbar 
ein  Produkt  der  Einwirkung  der  Schwefelsäure  auf  den  Blutfarbestoff,  und 
in  dem  Zustande,  wie  ihn  Sanson  erhielt,  nicht  iu  dem  Blute  enthalten. 

Jedenfalls  geht  aus  dem  ganzen  Verfahren  zu  seiner  Darstellung  her- 
vor, dafs  concentrirte  Säuren  dem  Blutfarbestoff  alles  Eisenoxid  zu  ent- 
ziehen vermögen,  unter  Zurücklassung  von  verändertem  Albumin. 

Ein  anderes  Zersetzungsprodukt,  welches  alles  Eisen  des  Blutfarbestoffs 
enthält,  ist  von  Lecanu  dargcstelit  und  als  Hämatosin  beschrieben  worden. 
Man  erhält  es,  wenn  geschlagenes  Blut  durch  Zusatz  von  verdünnter 
Schwefelsäure  coagulirt , und  das  braune  Coagulum  mit  Alkohol  angerührt 
und  mehrmals  ausgeprefst  wird,  utn  das  Wasser  zu  entfernen,  sodaun 
mit  Alkohol,  dem  etwas  Schwefelsäure  zugesetzt  worden,  wiederholt  so 
lange  ausgekocht  wird,  als  sich  dieser  noch  färbt;  es  bleibt  ein  grauer 
Rückstand,  der  alle  Eigenschaften  von  schwefelsaurem  Albumin  besitzt, 
zurück.  Wird  der  braimroth  gefärbte,  weingeistige  Auszug  mit  Ammoniak  in 
schwachem  Ueberschufs  versetzt,  so  eut, steht  ein  Niederschlag  von  scliwe- 
felsaurem  Ammopialc  und  Albumin,  den  mau  von  der  Flüssigkeit  durch 
Filtriren  trenut;  die  davon  ablaufende  Flüssigkeit  giebt,  zur  Trockne  ab- 
gedampft, eine  braune  Masse,  der  man  durch  Behandlung  mit  Wasser, 
sodann  mit  Alkohol  , zuletzt  mit  Aether  alle  darin  löslichen  Theile  ent- 
zieht. Es  bleibt  nach  dieser  Behandlung  ein  Rückstand,  den  man  zur 
weiteren  Reinigung  in  anmioniakhaltigem  Alkohol  löst.  Man  filtrirt  aufs 
Neue  und  verdampft  die  Flüssigkeit  zur  Trockne  , wo  nach  Behandlung 
mit  Wasser,  Lecanu's  Hämatosin  in  reinem  Zustande  bleibt.  Dieses  Zer- 
setzungsprodukt ist  fast  gerueb-  lind  geschmacklos,  braun,  von  der  Farbe 
des  Schnupftabaks,  in  Stücken  von  Metallglanz  wie  Rotbgültigerz,  in 
Wasser,  Alkohol,  Aether  uud  Terpentinöl  unlöslich,  in  Alkalien  mit 
braunrother , nach  Lecanu  blutrother  Farbe  löslich.  Alkohol,  welcher 
Mineralsäuren  enthält,  löst  das  Hämatosin  mit  braunrother  Farbe;  aus 
diesen  Auflösungen  wird  es  durch  Wasser  gefällt.  Durch  Zusatz  von 


Blnt.  • — Blutfarbstoff. 


1393 


Glaubersalz  wird  es  in  gewöhnlichem  Alkohol  löslich.  Durch  Chlor  wird 
es  zersetzt,  es  bleiben  weifse  , unlösliche  Flocken,  und  die  überstellende 
Flüssigkeit  enthält  Eisen.  Beim  Einäschern  bleibt  rothes  Eisenoxid,  wel- 
ches frei  von  Phosphorsäure  ist. 

Die  Abwesenheit  der  Phosphorsäure  in  diesem  eisenhaltigen  Zesetzungs- 
produkte  des  ßluifarbestoffs  hat  man  bemerkenswert!!  gefunden,  allein  sie 
rührt  von  der  Methode  der  Darstellung  her-  Beim  Fällen  von  Blut,  wel- 
ches reich  an  phosphorsauren  Salzen  ist,  mit  verdünnter  Schwefelsäure, 
wird  alle  Phosphorsäure  ausgeschieden , indem  die  Schwefelsäure  ihren 
Platz  einnimmt;  das  ausgewaschene  Coagulum  enthält  keine  Phosphorsäuro 
mehr,  und  in  den  daraus  dargestellten  Präparaten  imifs  sie  ebenfalls  feh- 
len. Nach  LecamCs  Verfahren  erhält  man  aus  dem  menschlichen  Blute 
ein  Hämatosin,  welches  nach  dem  Einäschern  10  pCt.  Eisenoxid  hiuter- 
läi’st , das  aus  Ochsenbiut  hinterläfst  13,85  und  12,b*7  pCt.,  das  aus  Hüh- 
nerblut 8,34  Eisenoxid  j w^as  offenbar  beweist,  dafs  es  ein  in  seiner  Zu- 
sammensetzung höchst  abweichendes  Produkt  ist,  dessen  Eigenschaften, 
aus  dem  Blute  verschiedener  Thierarten  dargestelit,  übrigens  im  Wesent- 
lichen identisch  sind.  C Lecanu ).  Da  nun  das  Hamatisin  aus  Hühnerblut 
Vs?,  das  Mensckenblut  l/\  weniger  Eisenoxid  enthält,  als  das  aus  Ochsen- 
blut, so  hat  wo  hl  dieser  Bestandteil  auf  die  wesentlichen  Eigenschaften 
des  Hämatosins  keinen  bedingenden  Einfluß. 

Das  Verhalten  des  getrockneten  Blutes  oder  Albumin  -Blutrüths  gegen 
concentrirte  Schwefelsäure,  welche  Eisenoxid  daraus  aufnimmt,  so  wie 
das  Verhalten  des  Bluts  gegen  Schwefelwasserstoff  und  lösliche  Schwefel- 
metalle läfst  keinen  Zweifel  über  den  Zustand,  in  welchem  das  Eisen  in 
dem  Farbestoff  des  Blutes  enthalten  ist.  Man  kennt  in  den  alkalischen 
Eisencyaniden  gewisse  Verbindungen  des  Eisens,  In  denen  es  ein  anderes 
Verhalten  z«iigt,  als  in  dem  Zustande  von  Oxid,  Chlorid,  Jodid  u.  s.  w. 
Das  Eisen  ist  offenbar  in  dem  Chlorid  und  Jodid  in  dem  nämlichen  Zu- 
stande enthalten,  als  im  Eisenoxid;  w-ir  können  eine  in  die  audere  mit 
groi'ser  Leichtigkeit  überführen;  diese  Verbindungen  (das  Oxid,  Chlorid, 
Jodid  und  Bromid)  wrerden  durch  lösliche  Schwefelmetalle  in  Schwefel- 
eisen verwandelt.  Das  Eisen  in  den  Cyanverbindungen  wird  durch  kein 
Reagens  angezeigt,  Kali,  Natron  u.  s.  w.  bringen  darin  keinen  Nieder- 
schlag hervor,  lösliche  Schvvefelmetalle  verwandeln  es  nicht  in  Schwefel- 
eiseu. 

Der  Blutfarbestoff  enthält  Eisenoxid,  denn  mit  löslichen  Schw^efelmc- 
tallen  oder  in  dem  Blute  mit  Schwefelwasserstoff  zusammengebracht,  wird 
es  schwarzgrüo , zuletzt  schwarz,  es  entsteht  Schwefeleiseu.  Dieses 
Verhalten  zeigen  alle  Verbindungen  des  Eisens,  die  in  ihrer  Constitution 
den  Eisenoxiden  ähnlich  sind.  Wäre  es  in  einem  den  Ferrocyaniden  ähn- 
lichen Zustande  im  Blute  enthalten,  so  würden  lösliche  Schwefelmetalle 
nicht  die  geringste  Wirkung  darauf  äufsero.  Das  Verhalten  des  rotlien 
Farbestoffs  im  Blut  gegen  Alkalien,  Blutlaugensalz  und  Gallustinciur,  wel- 
che keine  den  gewöhnlichen  Eisenreactionen  ähnliche  Erscheinung  im  Blute 
hervorbringen,  erklärt  sich  leicht  dadurch,  dafs  in  einer  alkalischen  Flüs- 
sigkeit das  Eisen  weder  durch  Gallustinctur  noch  durch  ßlutlaugensalz 
angezeigt  wird;  das  Blut  ist  aber  eine  alkalische  Flüssigkeit.  Ferner 
xveifs  man,  dafs,  wie  G.  Rose  gezeigt  hat,  das  Eisenoxid  in  alkalischen 
Flüssigkeiten,  welche  organische  Materien  enthalten,  leicht  löslich  ist, 
und  durch  Alkali  also  aus  dem  Blute  in  keiner  Weise  ein  Niederschlag 
von  Fäsenoxid  entstehen  kann.  Was  die  Chemiker  eigentlich  darunter 
verstehen,  dafs  sie  annehmen,  das  Eisen  sey  im  Blute  als  metallisches 
Eisen  enthalten  , ist  um  so  schwerer  zu  begreifen , da  man  wohl  fragen 
kann,  in  welchem  Zustande  man  sich  denn  das  Eisen  im  Eisenoxide 
denkt? 

Wie  erwöhnt , ist  der  reine  Farbestoff  des  Bluts  bis  jetzt  nicht  isolirt 
worden , und  die  Keuntuifs  seiner  Zersetzungsprodukte  von  sehr  geringem 
luteresse. 


13S>4 


Din  t. 


Aus  dem  menschlichen  Blute  erhielt  Lecanu  im  Durchschnitt  3,27  pCt. 
seines  Häroatosins.  Nach  demselben  Chemiker  enthalten  1000  Blut  127,997 
Albumin  - Blutroth  (Blutkörperchen),  welche  nach  ßerzelius  0,555  pCt., 
im  Ganzen  also  0,69  Eisenoxid  enthalten.  Da  nun  das  IJämatosin  10  pCt. 
Eisenoxid  beim  Verbrennen  hinterläfst,  so  sollten  2,27  Th.  0,227  Eisen- 
oxid liefern,  die  in  1000  Tlile.  Blut  oder  in  127,9.97  Albumin- Blutroth 
enthalten  sejn  müssen;  diefs  ist  nur  Vj  der  Quantität,  die  das  letztere 
wirklich  enthält;  es  geht  daraus  hervonr,  dafs  V5  von  dem  Eisen  in  dem 
FarbestofF  des  Bluts  bei  der  Darstellung  des  Iiärnatosins  aufser  Verbindung 
treten  und  eutfernt  werden.  In  der  That  läfst  sich  in  der  sauren  Flüssig- 
keit, nach  derFälluug  des  Bluts  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  Eiseu  mit 
den  gewöhnlichen  Reagentieu  in  beträchtlicher  Menge  nachweisen. 

Aufser  den  genannten  Bestandtheilen  enthält  das  Blut  fette  Materien, 
die  aus  eingetrocknetem  Serum,  Fibrin  und  Albumin-ßlutroth  durch  Acther 
und  Alkohol  leicht  ausziehbar  sind.  Eine  von  diesen  fetten  Substanzen  ist 
Gallenfett,  Cholsterin;  es  finden  sich  ferner  darin  fette  Säuren , theils 
frei,  theils  mit  alkalischen  Basen  vereinigt,  und  ein  in  seinem  Verhalten 
eigentümliches  Fett,  was  Lecanu  mit  Serolin  bezeichnet. 

Das  Hämatin  aus  Ochsenblut,  von  Lecanu , enthält  nach  der  Analyse 
von  Mulder: 


Hämatin  in  100  Theilen. 


Kohlenstoff 

66,49 

65,91 

Stickstoff 

10,54 

10,54 

Wasserstoff 

5,30 

5,37 

Sauerstoff 

11,01 

11,75 

Eisen 

6,66 

6,58 

Mulder  berechnet  hieraus  die  Formel  C*4  H*4  N6  06  Fe , welche  mit 
Protein  in  keine  Beziehung  gebracht  werden  kann. 

Aus  dem  Blute  entsteht  in  dem  Ernährungsprocesse  die  Substanz  der 
Zellen  und  Gewebe  , das  Fibrin  und  die  Nervensuhstanz  ; es  ist  von  In- 
teresse, seine  Zusammensetzung  mit  der  des  Muskelfleiscbes  zu  verglei- 
chen , in  weichem  wir  seine  Bestandteile , und  zwar  in  einem  ähnlichen 
Verhältnisse  wiederfinden  müssen.  Man  kann  das  Muskelfleisch  als  Blut 
betrachten,  was  eine  höhere  organisirte  Form  angenommen  hat.  In  der 
That  hat  die  Analyse  ergeben,  dafs  die  Zusammensetzung  der  Muskelfaser 
vom  Ochsen  nicht  mehr  von  der  des  Ochsenblutes  abweicht,  als  zwei 
Analysen  vom  Blute  allein,  oder  vom  Muskelfleische  unter  einander  ab- 
wcichen. 


Ochsenblut  in  100  Theilen.  Ochsenfleisch. 


(Dr.  Play  fair.7)  ( Böckmann .)  QPlayfair.)  Cßöckmann.) 


Kohlenstoff 

51,950 

51,965 

51,83 

Wasserstoff 

7,165 

7,330 

7,56 

Stickstoff 

17,172 

17,173 

17,15 

Sauerstoff 

19,295 

19,115 

1.9,23 

Asche 

4,418 

4,413 

4,2S 

51,993 

7,590 

17,160 

19,127 

4,230 


Es  wurde  zu  diesen  Analysen  fettfreie  Muskelfaser  gewählt,  welche 
bei  100°  bis  zur  Entfernung  ailer  Feuchtigkeit  getrocknet  war. 


Das  Blut  war  ein  Gemenge  von  arteriellem  und  venösem  Blute,  so  wie 
es  beim  Schlachten  erhalten  wird  : man  liefs  es  frisch  in  kleinen  Portioneu 
in  einem  erwärmten  silbernen  Gefälse  eintrocknen  , wo  es  sich  Dach  eini- 
gen Minuten  in  Gestalt  einer  glänzenden,  brüchigen  , uncoagulirten  Masse 
umvvandeltc , die  sich  leicht  zum  feinsten  Pulver  rcibeu  liefs.  In  dieseu 
Analysen  ist  der  Stickstoff  nach  der  qualitativen  Methode  bestimmt,  nach 
der  man  einerlei  Vcrhältnifs  Kohlensäure  und  Stickgas  (1  : 7)  erhielt« 


Blut. 


1395 


Nach  der  quantitativen  Methode  ist  der  Stickstoffgehalt  etwas  grolser, 
was  aber  auf  die  Schlüsse,  die  man  daraus  ziehen  kann,  ohne  den  ge- 
ringsten Einflufs  ist. 

Serum.  Blutkuchen. 

Nach  Lecanu  enthalten  1000  Blut  867,51  132,49 

Nach  Prevost  und  Dumas  870,8  129,2 

Nach  Beiden  im  Mittel  enthalten  1000  Blut  869,1547  130,8453 

1000  Theile  menschliches  Blut  enthalten  ferner: 

/ 790,3707  Wasser. 

V / phosphorhaltiges  Fett,  Cholsterin,  Serolin , freie 

889,1547  \ \OeI-  und  Margarinsaure,  Kochsalz,  Chlorkalium , 

Serum  J 10  9800  ? kohlens.  Natron,  kohlens.  Kalk,  Bitter^ 

enthalten  j 9 Serde,  phospliors.  Natron,  Kalk,  Schwefels.  Kali, 
j /milchs.  Natron,  Salz  mit  fixen  und  flüchtigen  Fett« 

[ C säuren. 

67,8040  Albumin. 

( 2,9480  Fibrin. 

130,8453  \ (Fett, alka 

Blutku-  < 2,2700  Hämatosin  (veränderter  Blutfarbestoff). \ jischeErd 

dien  ent- / 125,6273  Albumin  und  Fibrin  der  Blutkörperchen.^ sa]ze  ent 
halten  v ( haltend. 


100,0000  1000,0000 


Nach  Lecanu  ist  der  Wassergehalt  in  dem  Blute  des  Mannes  ge- 
ringer, als  in  weiblichen  Individuen,  das  Albumin  des  Serums  ist  iu  dem 
Blute  beider  sehr  nahe  gleich;  die  Menge  des  Blutkucheus  (trocken)  ist 
im  männlichen  Blute  gröfser,  wie  im  weiblichen.  In  Zahlen  ausgedrückt, 
sind  diese  Verhältnisse  nahe  die  folgenden: 


Im  männlichen  Blute , 
Maximum.  Minimum. 


im  weiblichen  Blute. 


Maximum.  Minimum. 


Wassergehalt  805,263  778,625 

Albumin  im  Serum  78,270  57,890 

ÜIutkuchen(trockner)148,450  1 15,850 


853,135  790,394 

74,740  59,159 

128,999  68,349 


Mittel -Wassergehalt  791,944  821,764 

,,  Albumin  68,080  66,949 

„ Blutkuchen  132,150  99,169 


Der  Wassergehalt  in  dem  Blut  von  lymphatischen  Individuen  ist  grös- 
ser, als  bei  sanguinischen,  das  Verhältnis  des  Albumins  im  Serum  ist  in 
beiden  das  nämliche,  das  Blut  von  sanguinischen  enthält  mehr  ßlutkuchen 
(Albumin,  Fibrin,  Farbestoff  der  Blutkörperchen  zusammengenommen), 
als  das  Blut  von  lymphatischen. 

.Alle  Bestimmungen  von  Lecanu  beziehen  sich  auf  venöses  Blut. 


In  dem  Blut  lymphatischer , sanguinischer  Individuen , 


Männliches , weibliches , 


Wassergehalt  800,566  803,710 

Albumin  im  Serum  71,7015  68,660 

Blutkuchen  136,497  126,174 


männliches , weibliches. 


786,584 
75,850 
1 1 6,667 


793,007 

71,261 

117,300 


Nach  Denis  ist  das  Foetal-Biut  reich  an  Blutkörperchen,  seine  Zu- 
sammensetzung ist  der  des  Blutes  der  Placenta  gleich  , bis  zum  5ten  Mo- 
nat uimmt  der  Wassergehalt  zu,  von  da  bis  zum  40sfcen  Jahr  nimmt  er 
wieder  ab.  Von  dem  40 — 70sten  Jahr  an  wächst  der  Wassergehalt  wie- 
der. Io  gleichen  Mengen  Blut  vom  ^monatlichen  Foeius,  40-  und  70jah- 


1390 


li  luf, 


rigeu  Individuen  sind  die  beiden  ersteren , wenn  ihr  Gehalt  an  Blutkör- 
perchen verglichen  wird,  mit  dein  des  Koetus  vor  dem  öten  Mouat  und 
dem  Blut  eines  Individuums  nach  dein  40sten  Jahr,  reicher  an  Blutkörper- 
chen. Der  Albumingehalt  iin  Serum  scheint  keinem  Wechsel  zu  unter- 
liegen. 

In  Beziehung  auf  die  Nahrung  ist  der  Wassergehalt  gröfser  bei  schlecht 
genährten  Individuen  , der  Gehalt  an  fester  Substanz  demnach  gröfser  in 
dein  Blut  von  gut  genährten. 


Bestimmte,  constante  Unterschiede  des  venösen  von  dem  arteriellen 
Blute,  in  Beziehung  auf  sein  spccifisches  Gewicht,  Wärmecapacität , Ge- 
rinnbarkeit, sind  nicht,  beobachtet  wordeu;  Wasser  und  Fibringehalt  sind 
hingegen  in  beiden  ungleich. 


Das  veuöse  Blut  enthält  mehr  Wasser,  wie  das  arterielle,  das  letz- 
tere ist  reicher  an  Blutkörperchen. 

Pferdeblut. 

Wasser.  Feste  Substanz. 


Arterielles  Blut  aus  der  Aorta 
,,  ,,  aus  der  Carotis 


U: 

i. 

ii. 


785,50 

795,67 

804,55 


214,50 

204,32 


Das  arterielle  Blut  enthält  mehr  Fibrin,  als  das  venöse. 


Venöses.  Arterielles. 

I.  1000  Blut  geben  ( Lecanu ) Fibrin  5,12  10,69 

II.  ,,  ,,  ,,  ,,  4,59  5,20 

Das  arterielle  Blut  enthält  mehr  Blutkuchen  (Fibrin,  Blutfarbestoff 
und  Albumin  in  den  Blutkörperchen),  als  das  venöse. 


1000  Blut  enthalten 
arterielles  venöses 


Blutkörperchen 


aus  der  Aorta , Carotis , untern  Hohlvene , Jugularts. 


122,68 


106,759 


1 1 1 ,00 


Das  Blut  enthält  Gase,  darunter  Kohlensäure,  Sauerstoff  und  Stick- 
stoff, die  durch  die  Luftpumpe  ausgeschieden  werden  können,  oder  welche 
einem  Strome  von  Wasserstoffgas,  was  man  durchleitet,  folgen.  (Magnus). 

Das  arterielle  Hlut  enthält,  mehr  durch  die  Luftpumpe  ausscheidbare 
Kohlensäure  , als  das  venöse , überhaupt  ist  es  an  Gasen  reicher. 

1000  Vol.  Pferdeblut  geben  nach  Magnus 

aus  venösem , aus  arteriellem  Blute . 


Kohlensäure  47  Vol.  70,2 

Sauerstoff  12  ,,  25,0 

Stickstoff  7 ,,  9,9 

1000  Vol.  Kalbs -Blut: 
Kohlensäure  55,6  Vol.  71,0 

Sauerstoff  9,6  ,,  28,1 

Stickgas  6,4  ,,  18,1 


Der  Sauerstoffgehalt  des  Blutes  erscheint  höchst  problematisch , wenn 
man  erwägt,  dafs  das  Fibrin  die  Fähigkeit  besitzt,  Sauerstoff  einzuneh- 
men und  diesen  Sauerstoff  in  Kohlensäure  zu  verwandeln  , und  der  Blut- 
farbcstoff  ausgezeichnet  ist  durch  die  Leichtigkeit,  mit  der  er  den  atmo- 
sphärischen SauerstofT  aufnimmt.  Wenn  das  venöse  Blut  Sauerstoff  in 
freiem,  unverbundenem  Zustande  enthält,  so  begreift  mau  nicht,  wie  durch 
Uinzuführung  von  mehr  Sauerstoff  seine  Farbe  sich  ändern  , wie  dieser  in 
Verbindung  treten  kann,  während  der  darin  vorhandene  keine  Verbiuduug 
mit  seineu  Bcstaudtheilen  einzugehen  scheint. 


E r n n li  r u n g’  s p r o c e s s. 


1397 


Der  Ernähnmgsproceß  der  Pflanzen  und  Thier e . 

Die  Pflanzen  sind,  in  Hinsicht  auf  die  Quelle,  aus  welcher  ihre  Be- 
standteile entspringen,  ausschließlich  auf  die  anorganische  Natur  ange- 
wiesen , und  zwar  ist  es  die  Kohlensäure  und  das  Ammoniak  der  At- 
mosphäre, durch  welche  sie  mit  Kohlenstoff  und  Stickstoff , und  das 
Wasser,  durch  welches  sie  mit  Wasserstoff,  so  wie  Schwefelsäure,  durch 
welche  sie  mit  Schwefel  versehen  werden.  Kohlensäure  , Ammoniak  und 
Wasser  sind  aber  nicht  die  einzigen  Bedingungen  des  Wachsthums  und 
der  Ernährung  der  Vegetahilien , sie  bedürfen  zur  Bildung  der  Blätter, 
Stengel,  der  Wurzeln  und  Früchte  noch  einer  gewissen  Menge  minera- 
lischer Stoffe,  die  wir  als  nie  fehlende  Bestandtheile  darin  finden;  diese 
sind  namentlich  phosphorsaurc  Alkalien  und  Erden,  so  wie  Eisenoxid,  die 
Hauptbestandteile  der  Saamen , so  wie  Alkalien  und  alkalische  Erden, 
die  in  der  Form  von  Salzen  mit  organischen  Säuren  verbunden  in  deu 
Pflanzen  Vorkommen.  Diese  Bestandtheile  bleiben  nach  dem  Verbrenneu 
der  Pflanze  als  Asche  zurück,  io  welcher  sich  stets  noch  eine  gewisse 
Menge  schwefelsaurer  Alkalien  finden , deren  Schwefelsäure  durch  die 
Oxidation  des  Schwefels  der  Schwefel-  und  Stickstoff- haltigen  Pflanzen- 
bestaudtheile  beim  Einäschern  gebildet  wurde.  In  einem  Boden , w orin 
Alkalien,  alkalische  Erden,  phosphorsaure  und  Schwefelsäure  Salze  fehlen, 
gedeihen  die  Pflanzen  nicht,  fehlen  die  phosphorsauren  Salze , so  bilden 
sich  die  Saamen  nicht  aus. 

Iw  dem  Keimungsprocefs  wird  Sauerstoff  absorbirt  und  eine  gewisse 
Menge  Kohlensäure  gebildet,  keimeude  Saamen  auf  blaues  Lackmuspapier 
gelegt,  färben  es  roth,  eine  Wirkung,  welche  nach  Bequerel  von  Essig- 
säure herrührt.  Das  Amylon  wird  während  dem  Keimungsprocefs  in  Zucker 
und  Gummi  verwandelt,  die  schwefel-  und  stickstoffhaltigen  Bestandtheile 
der  Saamen,  in  sofern  sie  unlöslich  waren,  werden  löslich;  beide  werden 
zur  Ausbildung  der  Wurzelfäsern  uud  ersten  Blätter  verbraucht,  die  wei- 
tere Entwicklung  der  Pflanze  hängt  ab  von  der  Aufnahme  von  Nahrung 
durch  die  auf  Kosten  der  bestandtheile  des  Saamens  gebildeten  Organe  der 
Ernährung. 

Die  Blätter  und  Wurzeln  nehmen  Kohlensäure  aus  der  Luft  und  dem 
Boden  auf,  welche  unter  Mitwirkung  des  Sonnenlichtes  eine  Zerlegung 
erfährt.  Der  Kohlenstoff  der  Kohlensäure  bleibt  in  der  Pflanze  zurück, 
während  ihr  Sauerstoff  gasförmig  abgeschieden  wird. 

Aufser  dem  Ammoniak,  einem  Bestandtheil  der  Atmosphäre,  kennt 
man  keine  andere  Quelle,  welche  den  Pflanzen  Stickstoff  liefert,  es  wird 
mit  der  Kohlensäure  aufgesaugt  und  geht  mit  ihrem  Kohlenstoff,  so  wie 
mit  Schwefel  aus  zerlegter  Schwefelsäure  zu  einem  Bestandtheil  des  vege- 
tabilischen Albumins,  Fibrins,  Caseins,  des  schwefelhaltigen  Bestandtheils 
der  Cruciferen  etc.  oder  ohne  die  Mitwirkung  des  Schwefels  in  Caffein, 
Asparagin  etc.  über. 

An  allen  diesen  Bildungen  nimmt  das  Wasser  entweder  durch  seine 
Bestandtheile,  Wasserstoff  und  Sauerstoff,  oder  in  sofern  Antheil,  als  es 
die  nothwendigen  Bewegungen  in  der  Pflanze  (Saftcirculation)  vermittelt, 
oder  dadurch,  dafs  es  Alkalien,  alkalische  Erden,  phosphorsaure  Salze 
und  Kieselerde  aus  dem  Boden  zuführt. 

Der  üebergang  der  Kohlensäure  in  einen  Bestandtheil  der  Pflanze 
scheint  nicht  sprungweise  zu  geschehen  , es  ist  im  Gegeutheil  wahrschein- 
lich, dafs  die  Alkalien  und  alkalischen  Erden  notwendig  sind,  um  diesen 
Uebergaug  zu  vermitteln  , dafs  die  organischen  Säuren,  die  wir  damit 
vereinigt  finden,  die  Zwischenglieder  dieses  Uebergangs  sind,  in  der  Art, 
dafs  sich  aus  der  Kohlensäure  beim  Hinzutreten  der  Bestandtheile  des 
Wassers  Oxalsäure,  Weinsäure,  Aepfelsäuro  etc.,  zuletzt  Zucker,  Amy- 
lon  und  Holzfaser  bildet. 

Aus  der  Kenntnifs  der  Nabruug,  welche  die  Pflanzen  bedürfen,  ent- 
springen einige  für  die  Agricultur  wichtige  Regeln. 


1398 


K r n & b r u n g e p r o e c e s. 


1)  Durch  Zufuhr  von  verwesenden  Vegetabilien  wird  da«  Wachsthum 
der  Pflanzen  beschleunigt,  ihr  Kohleustoffertrag  gesteigert,  insofern  durch 
sie  in  dem  Boden  eine  Quelle  von  Kohlensäure  gegeben  wird.  Um  eine 
den  Pflanzen  nützliche  Wirkung  auszuüben,  dürfen  diese  verwesenden 
Stoffe  nur  ia  einem  gewissen  Verhältnisse  im  Boden  vorhanden  seyn.  Ist 
ihre  Quantität  zu  grofs,  so  wird  die  Luft  im  Boden  ihres  Sauerstoffs  voll- 
ständig beraubt,  die  Wurzeln  faulen  und  die  Pflanze  stirbt  ab. 

2)  Durch  Zufuhr  von  verwesenden  Schwefel-  und  Stickstoff- haltigen 
(animalischen)  Körpern  schafft  mau  im  Boden  eine  Quelle  von  Ammoniak, 
welche  nebst  der  gleichzeitig  sich  bildenden  Kohlensäure  zur  Beschleuni- 
gung der  Entwickelung  der  Pflanze  und  Vergrofserung  ihrer  Masse  au 
Schwefel-  und  Stickstoff- haltigen  Bestandteilen  beiträgt. 

3)  Da  der  Uebergang  des  Kohlenstoffs  der  Kohlensäure  zu  einem  Be- 
standteile der  Pflanze  vermittelt  wird  durch  die  Alkalien  oder  alkalischen  : 
Erden,  da  ferner  ohne  liiuzufuhr  von  phosphorsauren  Salzen  sich  keine 
Saamen  und  damit  keiue  ihrer  Stickstoff-  und  Schwefel -haltigen  Bestand- 
teile bilden,  so  ist  klar,  dafs  mit  aller  Zufuhr  von  Kohlensäure  und  Am-* 
inoniak  das  Gedeihen  der  Pflanzen  nur  dann  beschleunigt  und  gefördert 
wird,  wenn  die  hierzu  nötigen  Mineralbestandtheile  gleichzeitig  ge-  , 
geben  sind. 

Ein  fruchtbarer  Boden  enthält  alle  zur  Entwickelung  und  zum  Ge- 
deihen der  Culturpflauzen  nötigen  Mineralbestandtheile;  fehlen  in  dem 
Boden  kieselsaure  Alkalien,  so  ist  er  unfruchtbar  für  die  Gramineen, 
welche  kieseisaures  Alkali  zur  Bildung  des  Halms  bedürfen;  ist  er  arm 
au  Alkalien,  so  gedeihen  Rüben,  Kartoffeln  u.  s.  w.  nicht.  Die  Legumi- 
nosen, Erbsen,  Klee  bedürfen  des  Kalkes  u.  s.  w.  Für  die  Gewinnung 
von  Saamen  (Getreide,  Erbsen,  Bohnen)  mufs  der  Boden  eine  reichliche 
Menge  phosphorsaurer  Salze  enthalten ; die  krautartigen  Pflanzen  uud 
Wurzelgewächse,  überhaupt  alle  die,  welche  man  in  der  Agricultur  nicht 
zum  Saamentragen  kommen  läfst , haben  die  geringste  Menge  phosphor- 
saurer  Salze  nötig. 

Da  den  Kohlenstoff  und  Stickstoff  der  Pflanzen  aus  der  Kohlensäure 
und  dem  Ammoniak  der  Atmosphäre  stammt,  welche  alle  Pflanzen  umgieht 
und  allgegenwärtig  ist,  da  ferner  die  Atmosphäre  in  beständiger  Bewe-  i 
gung  uud  überall  und  au  allen  Orten  gleich  reich  an  diesen  Nahrungs- 
stoffen ist,  so  ist  klar,  dafs  die  Fruchtbarkeit  des  Bodens  in  geradem 
Verhältnifs  steht,  nicht  zu  seinem  Gehalte  an  Kohlenstoff-  oder  Stickstoff- 
reicher Nahrung,  die  den  Pflanzen  niemals  fehlen  kann,  sondern  zu  den. 
im  Boden  vorhandenen  , mineralischen  Nahrungsstoffen. 

Hieraus  erklärt  sich  der  Nutzen  der  Asche  der  Holzpflanzen  , so  wie 
die  Wirkung,  welche  die  Excremente  der  Thiere  uud  Menschen  auf  die 
Fruchtbarkeit  der  Felder  ausüben. 

Die  Pflanzeuaschen  enthalten  die  mineralischen  Nahrungsmittel  der 
wildwachsenden  Pflanzen,  uud  da  diese  in  ihrer  Qualität  gleich  und  nur 
in  ihrem  relativen  Verhältnisse  verschieden  sind  von  den  mineralischen 
Nahrungsmitteln  , welche  die  Culturpflauzen  aus  dem  Boden  bedürfen,  so 
ist  klar,  dafs  wir  mit  der  Zufuhr  von  Asche  oinem  unfruchtbaren  Boden 
die  Bedingungen  geben,  von  denen  das  Gede/heu  der  Culturpflanzeu  ab- 
hängig ist.  Der  Boden  empfängt  hierdurch  das  Vormögen,  Kohlenstoff  und 
Stickstoff  aus  der  Luft  auf  soiue  Oberfläche  in  der  Form  von  Pflanzen 
zu  condensireu  , ein  Vermögen,  was  er  nicht  besitzt,  wenn  die  den  Pflan- 
zen m'ithigen  Bodenbestandthcile  fehlen. 

Da  nun  zuletzt  die  Exeremeute  der  Thiere  und  Menschen,  der  Harn 
and  die  Faeces  zusawmengeuommen,  betrachtet  werden  können  als  die 
mehr  oder  w eniger  vollkommen  verbrannte  Asche  der  genossenen  Speise, 
da  ferner  diese  Speise  aus  Pflanzen  besteht,  oder  aus  Theileu  von  Tliie- 
ren,  die  ebenfalls  von  Pflanzen  staimneu , so  ist  klar,  dafs  wir  in  dem 
Urin  und  den  festen  Excremcnten  dom  Felde  zurückgeben , was  wir  ihm 


der  PfUnzer.  find  Thiere. 


1399 


in  den  geernteten  Früchten  genommen  haben.  Das  gestörte  Gleichgewicht; 
in  der  Zusammensetzung  des  Feldes  wird  durch  den  Dünger  wieder  her- 
gestellt. Ist  der  Ersatz  unvollkommen,  so  nimmt  die  Fruchtbarkeit  des 
Feldes  ab;  Führen  wir  mehr  hinzu,  so  verbessern  wir  den  Boden. 

Die  Stickstoff-  und  Schwefel -haltigen  Bestandteile  der  Pflanzen  sind 
identisch  mit  den  Blutbestandtheileu , sie  sind  in  dem  Saamen  und  dem 
Satte  stets  begleitet  von  Alkalien  und  phosphorsauren  Salzen,  welche  zur 
Erzeugung  des  Blutes  unentbehrlich  sind.  Durch  die  vitale  Thätißkeit ’ira 
Thiere  verwandeln  sich  diese  Bestandteile  der  Pflanzen  in  Blut  aus  dem 
die  übrigen  Gebilde  des  Thieres  sich  entwickeln.  9 

Das  Tlüerleben  unterscheidet  sieh  in  chemischer  Hinsicht  von  dem 
Pflanzenleben,  in  sofern  es  abhängig  ist  von  einer  unaufhörlichen  Einsau- 
gung von  Sauerstoff,  welcher  in  der  Form  von  Wasser  und  Kohlensäure 
wieder  aus  dem  Körper  tritt.  M ährend  in  der  Pflanze  Wasser  und  Kohlen- 
säure absorbirt  und  SauerstofF  ausgesclncden  Averden. 

In  den  Thieren  gehen  unausgesetzt  zwei  Processe  vor  sich,  der  Re- 
spirations-  oder  Zerstörungsprocefs  und  der  Ernährungs-  oder  Bildungs- 
procefs;  von  dem  Gleichgewicht  zwischen  beiden  hängt  die  Gesundheit  ab. 

Durch  die  Verbindung  des  Sauerstoffs  mit  den  Bestandteilen  der  Spei- 
sen oder  den  Bestandteilen  des  Körpers  wird  die  tierische  Wärme  er- 
zeugt. In  dem  Nutritionsprocefs  wird  der  tägliche  Abgang,  den  der  Körner 
erlitten  hat , wieder  ersetzt.  1 

Die  Nahrung  der  fleischfressenden  Thiere  besteht  aus  Proteinverbin- 
dungen (Fleisch  und  Blut)  und  Fett , ihre  Nahrung  verwandelt  sich  in 
Blut,  aus  dem  sie  stammt,  und  es  sind  bei  dieser  Thierklasse  die  Produkte 
der  Organe,  welche  eine  Umsetzung  oder  Veränderung  erlitten  haben 
welche  zur  Verbindung  mit  dem  Sauerstoff,  zur  Erzeugung  der  tierischen 
Warme,  zum  Widerstande  gegen  die  Einwirkung  der  Luft  dienen. 

Aufser  den  Produkten  der  Umsetzung  der  Organe  dienen  bei  den  pflan- 
zenfressenden Thieren  Zucker,  Gummi,  Amylou,'  die  zur  BlulbWdune  nicht 
dienen  können,  da  sie  keinen  Stickstoff  und  Schwefel  enthalten,  ebenfalls 
als  Respiratiüosmittel.  3 

Die  von  den  Thieren  genossene  Nahrung  nimmt  im  Körper  des  Thieres 
oder  nach  seinem  Tode  die  Form  von  Sauerstoffverbindungen  an,  aller 
Kohlenstoff  und  Wasserstoff  und  Stickstoff  kehrt  in  den  Processen  der 
Respiration,  der  Fäulnifs  und  Verwesung  in  die  Form  von  Kohlensäure 
UÜJ  AmmoQiakl.K1urö12k.  Nach  dem  Tode  des  Thieres  nehmen  seine 
Elemente  die  ursprüngliche  Form  wieder  an,  in  der  sie  einer  neuen  Ge- 
neration von  Pflanzen,  und  durch  diese,  von  Thieren,  zur  Nahrung  dienen. 

7elchc  das  Thier  geniefst,  erleidet  in  seinem  Leibe  die 
nämlichen  Veränderungen,  wie  wenn  sie  in  einem  Ofen  verbrannt  worden 
wäre.  Durch  die  Lunge  und  Haut  treten  Kohlensäure  und  Wasser  die 
letzten  Produkte  der  Verbrennung,  durch  den  Harn  und  die  Faeces  tritt 
der  Rauch,  Rufs  und  die  Asche  aus.  us 

Die  Quantität  der  zu  geuiefseuden  Speise  hängt  von  der  Men»e  des 
m einer  gegebenen  Zeit  aufgenommenen  und  ausgeathmeten  Sauerstoffs  ab. 
und  hiernach  richtet  sich  die  Menge  der  freigewordenen  Wärme  In  dem 
Harnstoff  haben  wir  Stickstoff  und  Kohlenstoff  in  dem  Verhällnifs,  wie  ioi 
doppelt  kohlensaureu  Ammoniak,  in  dem  harnsauren  Ammoniak  ist  Stick- 
stoff und  Kohlenstoff  m dem  Verhältnis,  wie  hu  neutralen  kohlensauren 
Ammoniak  zugegen.  Das  Allantoin,  der  stickstoffhaltige  Bestandteil  des 

Harnstoffs  ^ ^ die  EIemeßte  der  Harnsäure ' und  des 

Galle  und  harnsaures  Ammoniak  enthalten  die  Elemente  des  Blutes 
und  der  Muskelfaser.  Addirt  man  die  Hälfte  der  Elemente  der  Galle 
v>76  -^4  Hjöa  092  zu  der  Tonne!  des  harnsauren  Ammoniaks  GNU  O 
SO  hat  mau  C„  M.,Hfl  0lr , ciao  Ferne!,  welche sehr  nahe ‘äto’akS-' 
mensetzung  des  getrockneten  Mutes  ausdriiekf.  Daher  deuu  die  Meinung, 


1400 


Tabelle  über  \V  e i n g-  e i a t g*  e h a 1 1. 


dafs  der  Stickstoff  der  Bestaudtheüe  des  Harns  (Harnstoff  kann  durch 
Hin/.ufiihrung  von  Sauerstoff  aus  Harnsäure  entstehen)  ursprünglich  Be- 
standtheil  der  thierischen  Gebilde  war,  und  dafs  die  Galle  die  andern 
Elemente  der  umgesetzten  Gebilde  enthält;  da  uun  die  Galle  in  den  Faeces 
der  fleischfressenden  Thiere  nicht  nachweisbar  ist,  sondern  in  Gasform 
aus  dem  Körper  tritt,  so  will  diefs  nichts  anderes  sagen,  als  dafs  sie  oder 
ihr  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  zur  Respiration  dient,  ganz  ähnlich,  wie 
diefs  mit  Bestimmtheit  von  dem  Fett  behauptet  werden  kann,  was,  wenn 
die  Zufuhr  von  Respirationsmilteln  fehlt,  nun  ebenfalls  ausgealhmet  wird. 
(Ueber  diese  Verhältnisse  siehe  das  Nähere:  Organische  Chemie  iu  ihrer 
Anwendung  auf  Agricultur,  Physiologie  und  Pathologie  von  J.  Liebig. 
Braunschweig  , bei  Vieweg). 


Tabelle 

über  den  Gehalt  des  wässerigen  Weingeistes  an  reinem  Weingeist , 

von  Meifsner . 

Spec.  Gewicht  des  wässerigen  Weingeistes,  wenn  er  in  100  enthält: 


Weingeist 

: dem  Gewicht  nach  : 

dem 

Maafs  nach : 

bei  20°. 

bei  17,5°. 

bei  20° 

. bei  17,5 

100 

0,791 

0,793 

0,791 

0,793 

95 

0,805 

0,801 

0,809 

0,811 

90 

0,818 

0,822 

0,824 

0,828 

85 

0,831 

0,835 

0,839 

0,843 

80 

0,843 

0,847 

0,854 

0,857 

75 

0,856 

0,859 

0,867 

0,869 

70 

0,868 

0,870 

0,880 

0,883 

65 

0,880 

0,883 

0,893 

0,896 

60 

0,892 

0,895 

0,906 

0,907 

55 

0,904 

0,906 

0,917 

0,919 

50 

0,915 

0,917 

0,928 

0,930 

45 

0,926 

0,928 

0,938 

0,940 

40 

0,937 

0,939 

0,947 

0,949 

35 

0,947 

0,948 

0,955 

0,958 

30 

0,955 

0,958 

0,963 

0,964 

25 

0,963 

0,965 

0,969 

0,970 

20 

0,970 

0,971 

0,975 

0,976 

15 

0,977 

0,977 

0,981 

0,980 

10 

0,984 

0,983 

0,987 

0,986 

5 

0,902 

6,991 

0,993 

0,993 

0 

1,000 

1,000 

1,000 

1,000 

i 4-O.i 


Erklärung  der  Kupfertafeln. 


Tafel  I. 

Fig.  1.  Eine  der  S.  126  erwähnten  Beindorf sehen  Mensuren  von 
feinem  englischen  Zinn,  aus  einem  Stück  gegossen;  mit  vorspringendem 
Fuss,  flach  ausgehöhltem  Boden,  ohne  alle  scharfe  Kanten,  und  genau 
kalibrirt  mit  eingegossenen  vorspringenden  Strichen  und  Zahlen. 

Fig.  2.  ist  der  S.  133  beschriebene  Filtrirapparat  von  Berzelius; 
a.  a sind  die  Filtrirröhren,  letalere  ungefähr  in  halber  natürlicher  Grösse ; 
b ist  der  Trichter  mit  dem  Filter,  c die  Flasche,  welche  die  zu  filtri- 
rende  oder  zum  Aussüssen  bestimmte  Flüssigkeit  enthält  und  in  welche 
die  Filtrirröhre  mittelst  eines  durchbohrten  Korks  gepasst  ist;  d die 
Flasche  zum  Auffangen  des  Filtrats,  e ein  Stativ,  um  Trichter  und  Flasche 
gehörig  reguliren  zu  können.  Die  Spitze  der  Filtrirröhre  muss  immer 
untergetaucht,  und  die  Seitenöffnung  nicht  zu  hoch  gestellt  seyn,  dass 
das  Nachfliessen  aufhört,  ehe  der- Trichter  ganz  voll  ist. 

Fig.  3.  ist  die  S.  133  beschriebene  ähnliche,  von  Schee f er  ab- 
geänderte, Filtrirröhre  a,  welche  anstatt  der  Seitenöffnung  mit  aufwärts 
gebogener  Röhre  ein  2tes  gekrümmtes  Röhrchen  b enthält ; beide  sind 
in  einen  doppelt  durchbohrten  Kork  gepasst,  und  leisten  so  das 
Nämliche. 

Fig.  4.  ist  die  ebendaselbst  beschriebene  Vorrichtung  zum  Filtriren 
und  Aussüssen  von  Gay-Lussac ; a ist  die  \Voulfische  Flasche  mit  2* 
Röhren,  von  welchen  die  eine  b als  Heber  wirkt,  und  die  andere  gerade 
c zum  Reguliren  des  Nachfliessens  dient ; d ist  der  Filtrirtrichter.  Die 
Flüssigkeiten  laufen  so  immer  gleichförmig,  die  Höhe  des  Niveau’s  mag 
seyn,  welche  sie  will. 

Fig.  5.  ist  der  S.  134  beschriebene  Filtrir-  und  Aussüss- Apparat 
von  Schindler ; a ist  die  Flasche,  Krug  u.  s.  w.  mit  abgesprengtem 
Boden,  welche  die  zu  filtrirende  Flüssigkeit  enthält,  und  unten  mit  Fil— 
trirpapier,  das  aussen  mit  Leinwand  umgeben  und  mit  Bindfaden  fest 
um  das  Gefäss  gespannt  ist,  hinreichend  geschlossen;  b ist  der  Trichter, 
in  welchen  das  Gefäss  gesetzt  wird,  c ein  Brettchen  mit  einer  Oeffnung 
in  der  Mitte  als  Unterlage,  und  d die  Flasche  zum  Auffangen  der  Flüs- 
sigkeit. 

Geiger’ s Pharrnacie.  /.  * ( 5 ie  Aufl. ) S9 

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« # 

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• * * 


1406 


Fig.  6.  ist  ein  Trichter  mit  doppelten  Wandungen,  die  einen  hoh- 
len verschlossenen  Rauin  zwischen  sich  lassen,  welcher  mit  heissein 
Wasser  durch  eine  verschliessbare  Oeffnung  gefüllt  wird,  das  durch 
einen  unten  zur  Seite  angebrachten  Hahn  abgelassen  werden  kann.  Er 
ist  noch  mit  einem,  jedoch  nicht  ganz  luftdicht  schlicssenden  Deckel 
versehen.  Dient  zum  Filtriren  von  dickflüssigem  oder  festem  Fett  (Ri- 
cinus-, Croton-Oel,  Cacaobutter)  u.  s.  w. 

Fig.  7.  ist  die  S.  134  beschriebene  Beindorfscha  Decoclen-Presse ; 
a der  Hebel,  welcher  den  beweglichen  Stempel  b enthält,  c der  Stuhl, 
in  dem  der  Trichter  d steckt,  in  welchen  der  Durchschlag  e passt. 

Fig.  8.  A.  Die  S.  146  erwähnte  Fuchsische  Weingeistlampe: 
a ist  der  zinnerne  Behälter  für  Weingeist,  b ein  messingener  Stöpsel 
mit  messingener  Hülle,  der  auf  einer  Seite  so  durchbohrt  ist,  dass  die 
atmosphärische  Luft  durch  diese  Oeffnung  und  eine  Rinne  an  der  Hülle 
mit  der  Röhre  c cornmunicirt,  wenn  der  GrifT  des  Stöpsels  mit  der  Breite 
parallel  gegen  den  hohlen  doppelten  Cylinder  d steht,  in  jeder  andern 
Richtung  sie  aber  abschliesst;  der  Cylinder  d enthält  einen  Archandschen 
Docht,  und  kann  mit  einem  Deckel  verschlossen  werden.  Diese  Lampe 
kann  man  überall  hin  unter  kleine  Oefen,  Abrauchschalen,  Retorten  u. 
s.  w.  richten ; sie  ist  bequem  beim  Nachfüllen,  und  spart  sehr  an  Wein- 
geist, da  der  Behälter  vom  brennenden  Docht  entfernt,  folglich  nicht 
von  der  Flamme  erhitzt  werden  kann. 

Fig.  8.  B.  ist  die  ebendaselbst  erwähnte  Lampe  mit  doppeltem 
Luftzug.  A stellt  die  Lampe  mit  allen  Theilen  im  Profil  vor,  a ist  der 
messingene  Behälter  mit  Weingeist,  bei  b ist  eine  mit  einem  Glasfenster 
verschlossene  Oeffnung,  um  den  Stand  des  Weingeistes  zu  beobachten, 
c ist  die  verschliessbare  Oeffnung  zum  Nachfüllen,  d der  doppelte  hohle 
Cylinder  von  Messing,  welcher  den  weiten  Argandschen  Docht  enthält, 
der  mittelst  eines  gezähnten  Rades  und  einer  gezähnten  Stange,  die  unten 
eine  Querstange  hat,  die  den  Docht  mittelst  eines  Ringes  fasst,  höher 
und  niederer  gestellt  werden  kann ; e ist  ein  Schornstein  von  Schwarz- 
blech, welcher  zur  Beförderung  des  Zugs  und  um  die  Hitze  zusammen- 
zuhaltcn,  dient;  f ein  Platintiegel,  der  auf  einem  Triangel  von  Eisen- 
drath ruht,  und  durch  den  mit  einer  Schraube  versehenen  Ring  g an 
der  Messingstange  h des  hölzernen  Stativs  k höher  und  niederer  gestellt 
werden  kann;  i ist  eine  2to  Stange,  mittelst  deren  man  die  Lampe 
höher  und  niederer  stellen  und  der  Stange  h nähern  oder  von  derselben 
entfernen  kann,  eben  so  lässt  sich  die  Stange  des  Ringes  g verlängern 
und  verkürzen.  Diese  Lampe  giebt  im  Verhältniss  eine  sehr  starke 
Hitze,  so  dass  man  Glasmasse  u.  s.  w.  darin  schmelzen  kann.  Die  Ver- 
bindungsstangen u.  s.  w.  mössen  aber  möglichst  dünn  gearbeitet  seyn, 
damit  sie  nicht  zu  viele  Wärme  ableiten.  B zeigt  die  Lampe  im  Aufriss 
und  C im  Grundriss. 

Fig.  9.  A.  ist  die  ebendaselbst  angeführte,  von  Oechsle  in  Pforz- 
heim verfertigte  Löthlampe  von  Messing;  a ist  ein  Behälter,  in  welchen 
Oel  (auch  Weingeist)  gegossen  wird ; er  hat  oben  drei  Ocffnungen. 
Pie  2 äussem  enthalten  bewegliche  hohle  Zapfen  mit  baumwollenen 


U07 


Dochten,  die  dritte  dient  zum  Einfüllen  (auch  kann  der  Behälter  oben 
offen  seyn;  man  legt  dann  an  seinen  beiden  Enden  Dochte  hinein  und 
giesst  ihn  mit  Talg  voll) ; b ist  ein  2ter  messingener  cylindrischer,  oben 
und  unten  flach  gewölbter  Behälter,  der  mittelst  einer  Hülse  an  dein 
Messingstab  c hängt  und  durch  eine  Stellschraube  höher  und  niederer 
gerichtet  werden  kann.  In  einen  oben  befindlichen  hohlen  Zapfen  passt 
genau  ein  hohler  stumpfer  Kegel  mit  der  fast  Sförmig  gebogenen  Röhre 
d,  die  sich  in  eine  feine,  mittelst  einer  Schraube  bewegliche  Spitze 
endigt.  Beim  Gebrauch  der  Lampe  wird  der  Behälter  b mit  Weingeist 
etwa  zu  s/4  angefüllt;  beide  Dochte  zündet  man  an  und  richtet  die 
Spitze  der  Röhre  in  die  vordere  Flamme ; die  durch  die  hintere  Flamme 
erhitzten  Weingeistdämpfe  in  dem  Behälter  b bilden  beim  Durchströmen 
durch  die  Flamme  des  Dochts  eine  intensive  Löthrohrflamme. 

Fig.  9.  B.  ist  das  Löthrohr  von  Gähn;  a die  Weingeist-  oder 
Oel- Lampe,  b die  conische  Messingröhre  zum  Blasen,  welche  in  einen 
hohlen  Cylinder  c sich  erweitert,  in  dem  sich  die  Feuchtigkeit  ansam* 
mmelt;  dieser  hat  zur  Seite  einen  kleinen  Cylinder  mit  einer  Schrauben« 
mutter,  in  welche  hohle  Spitzen  d mit  verschieden  feiner  Oeffnung  ge- 
schraubt werden  können. 

Fig.  10.  ist  die  S.  158.  beschriebene  Realsche  Presse  mit  2 Zy- 
lindern; a der  Cylinder  zum  Beschicken,  b ein  hohler  Zapfen  zum  Ab- 
lassen der  Flüssigkeit,  c der  hohle  Zapfen,  welcher  die  Röhre  ff  enthält, 
dd  die  beiden  Durchschläge,  e der  2te  Cylinder  mit  Einschnitten,  in 
welche  die  Haken  an  dem  Cylinder  a zum  Feststellen  gepasst  werden. 
Man  kann  so  viel  und  wenig  in  derselben  Maschine  ausziehen.  g ist 
ein  Heber,  dessen  kürzerer  Schenkel  in  das  Gefäss  h,  das  die  Ex- 
tractionsflüssigkeit enthält,  und  dessen  längerer  Schenkel  in  die  Röhre 
eingesenkt  wird.  Die  Flüssigkeit  bringt  man  durch  Anziehen,  wie  dort 
angezeigt  ist,  zum  Laufen. 

Fig.  11.  ist  die  ebendaselbst  beschriebene  Realsche  Presse  deö 
Herrn  Beindorf  a der  Cylinder  mit  dem  Hahn  b,  dem  Trichter  ci 
der  mit  seinen  Haken  an  den  vorspringenden  untern  Rand  des  Cylinders 
passt,  um  alles  festzuhalten,  wenn  er  beschickt  ist,  ferner  der  Wulst  d) 
mit  welcher  er  in  den  beweglichen  Deckel  / des  Stuhls  e festgestellt 
wird;  g ist  der  Theil  des  Deckels,  welcher  herausgezogen  werden  kann, 
um  den  Cylinder  herauszunehmen;  h deutet  den  Drücker  an,  den  man 
zurückdrückt , um  den  Deckel  umwenden  zu  können ; ü ist  die  trichter- 
förmig sich  erweiternde  Druckröhre,  welche  mit  einer  Schraube  in  die 
Mutter  des  mit  dem  Cylinder  fest  verbundenen  Deckels  passt;  kkk  sind 
die  zinnernen  Durchschläge,  von  welchen  die  2 untern  so  auf  einander 
passen,  dass  ein  Wollenlappen,  Fliesspapier  u.  s.  w.  dazwischen  gelegt 
werden  kann;  llll  sind  Ringe  von  Zinn,  um  den  leeren  Raum  auszu- 
füllen. Der  Haken  h,  zur  Seite  rechts,  dient  zum  leichtern  Einlegen 
und  Herausnehmen  der  Durchschläge. 

Fig.  12.  ist  der  S.  170  — 173  — 177  erwähnte  grössere  Bein - 
dorfsche  Koch-,  Abdampf-  und  Destillir- Apparat  mit  einer  Dörre. 
A,  A,  A ist  der  Ofen,  welcher  sowohl  vorn,  wo  die  Einfeuerung  a 


14-08 


und  das  Aschenloch  b ist,  als  oben  mit  einer  gusseisernen  Platte  bedeckt 
ist.  Er  enthält  einen  länglichen,  abgerundeten,  kupfernen,  verzinnten 
Kessel  B mit  einer  mit  einem  Halm  g versehenen  Abzugsrohre  und 
einem  fest  angelötheten  Deckel  aus  dick  mit  Zinn  belegtem  Gusseisen, 
der  runde  Oelfnungen  vou  verschiedener  Weite  hat,  mit  angenieteten 
Hülsen  von  Zinn,  in  welche  die  Büchsen  von  Zinn  hhh,hl , oder  Stein- 
gut h2  mit  einem  zinnernen  Ring  passen;  in  die  grösste  passt  eine  ; 
Abrauchschale  m von  Zinn  oder  m2  von  Steingut,  die  auch  mit  Deckeln 
versehen  seyn  können,  und  dann  zum  Ausziehen  dienen.  Eine  kleine 
Oelfnung  enthält  die  bis  auf  ein  Paar  Zoll  vom  Boden  des  Kessels  rei- 
chende, an  beiden  Enden  offene  Blechröhre  /,  welche  den  Stand  des 
Wassers  im  Kessel  anzeigt;  so  lange  sie  keine  Dämpfe  entwickelt,  ist 
sie  untergetaucht,  so  wie  sie  aber  starke  Dämpfe  entwickelt,  ist  das 
Wasser  unter  ihrem  untern  Ende  und  es  muss  alsbald  nachgefüllt  wer- 
den. Durch  die  zinnernen  Röhren  nn  communicirt  dieser  Kessel  mit 
einem  ganz  gleichen  (7,  welcher  blos  durch  die  sich  aus  dem  Kessel  B 
entwickelnden  Dämpfe,  wenn  die  Hahnen  der  Röhren  so  gestellt  sind, 
dass  sie  die  Communication  zulassen,  erhitzt  wird.  Dieser  enthält  neben 
den  Büchsen  hhh  die  zinnerne  Destillirblase  Z>,  welche  einen  zweiten 
durchlöcherten,  aus  2 Hälften  bestehenden  Boden  von  Zinn  <7 <7  hat,  der 
leicht  herausgenommen  werden  kann,  und  oben  zur  Seite  eine  Oeffnung 
hat,  durch  welche  eine  gekrümmte  zinnerne  Röhre  p aus  dem  ersten 
Dampfkessel  bis  unter  den  durchlöcherten  Boden  reicht.  Diese  Vorrich- 
tung dient,  wenn  wässerige  Destillate  oder  ätherische  Oele  bereitet 
werden;  der  Kessel  bleibt  in  dem  Fall  leer  von  Wasser,  die  zerklei- 
nerte Substanz  legt  man  trocken  auf  den  durchlöcherten  Boden,  die 
Wasserdämpfe  aus  dem  Kessel  B durchdringen  sie  so  nnd  destilliren  mit 
ätherischen  Theilen  beladen  über  (S.  170).  Es  versteht  sich,  dass  in 
diesem  Fall  die  Communication  der  Dämpfe  nach  andern  Seiten  durch 
Schliessen  der  Hahnen,  Einsetzen  aller  Büchsen,  Kessel  u.  s.  w.  gehin- 
dert werde.  Werden  geistige  Flüssigkeiten  destillirt,  so  fällt  diese  Vor- 
richtung weg;  der  durchlöcherte  Boden  wird  herausgenommen,  das  zu 
Destillirende  in  den  Kessel  gefüllt,  die  Röhre  entfernt  und  die  OefFnun- 
gen  wie  bei  i mit  Zapfen  verschlossen.  Die  Wasserdämpfe  erhitzen 
von  Aussen  die  Flüssigkeit  und  sie  destillirt  schnell  über.  Mit  der  De- 
stillirblase ist  das  Kühlfass  E verbunden,  welches  den  S.  166  beschrie- 
benen, etwas  abgeänderten  Schräder  scheu  Kühlapparat  enthält;  die  3 
Kühlröhren  rrr  münden  unten  in  die  gemeinschaftliche  Ausflussrohre. 
Da  alle  Theile  so  gut  in  einander  passen,  dass  kein  Lutum  nöthig  ist,  f 
so  destillirt  man  sehr  leicht,  und  es  kann,  obgleich  die  Blase  klein  ist,  I 
in  kurzer  Zeit  eine  bedeutende  Menge  destillirt  werden.  Das  sich  im 
Kessel  C ansammelnde  Wasser  kann  von  Zeit  zu  Zeit  durch  den  Hahn 
g abgelassen  und  (wenn  es  rein  ist)  als  destillirtes  benutzt  werden. 
Die  grossem  Oeffnungen  beider  Kessel  können  übrigens  auch  dazu  die- 
nen, einen  dicken  zinnernen  Ring  mit  4 Oeffnungen  zu  Infundirbüchsen 
aufzunehmen.  (Die  Blase  kann,  mit  einem  Deckel  verschlossen,  auch 
als  Extractionskessel  gebraucht  werden).  Beide  Kessel  sind  ferner  durch 
die  beiden  mit  Hahnen  versehenen  Röhren  00  mit  dem  kupfernen,  gut 


1409 


verzinnten  Wärme-  und  Abdampf- Behälter  F verbunden,  welcher  ähn- 
liche bereits  oben  mit  mm  bezeichnete  Extractions-  nnd  Abdampf- 
Schalen,  so  wie  kleinere  Schälchen,  um  Pflaster  zu  erweichen  u.  s.  w. 
(wohl  auch  Infundirbüchsen)  enthält.  Er  hat  ein  drittes  Rohr  ss , das 
durch  das  Küklfass  geht,  um  die  sich  condensirenden  Dämpfe  als  destii- 
lirtes  Wasser  zu  benutzen.  — G G ist  die  mit  diesem  Apparat  verbun- 
dene Dörre.  Sie  wird  durch  eine  Luftheitzung  erwärmt,  c c sind  Kanäle 
von  Gusseisen,  deren  Wände  durch  das  Feuer  im  Feuerraum  erhitzt 
werden;  sie  vereinigen  sich  bei  d in  einen  gemeinschaftlichen  Kanal,  der 
sich  bei  e in  die  Dörre  öffnet , und  so  diese  mit  trockener  warmer  Luft 
erhitzt.  Um  die  Dünste  abzuleiten,  muss  man  oben  am  Deckel  oder 
oben  an  der  Thüre  der  Dörre  eine  verschliessbare  Oeffnung  anbringen. 
fff  ist  der  Rauchfang,  welcher  ebenfalls  in  einer  Blechröhre  durch  die 
Dörre  zum  Erwärmen  geleitet  werden  kann.  Die  zu  erwärmenden  Sub- 
ganzen werden  entweder  auf  die  den  Boden  ausmachende  Eisenplatte 
oder  auf  Horden  u.  s.  w.  ausgebreitet  auf  die  Latten  tttttttttttt 
stestellt. 

Tafel  II. 

Fig.  13.  ist  ein  ähnlicher  (S.  154  erwähnter)  Koch-  und  Destillir- 
Apparat  im  Kleinen.  A ein  Lampenofen  von  Messingblech  mit  einem 
Schieber  an  der  Einfeuerung,  wo  die  Fuchsische  Weingeistlampe  unter- 
gestellt wird.  Der  Ofen  ist  innen  mit  Schwarzblech  gefüttert  und  der 
Raum  mit  Asche  ausgefüllt.  Oben  am  Rande  sind  Luftlöcher  angebracht. 
Er  enthält  eine  Destillirblase  B in  Form  einer  Infundirbüchse  (die  auch 
als  solche  benutzt  werden  kann),  deren  untere  Hälfte  von  Kupfer,  innen 
verzinnt  ist  und  mit  ihrem  vorspringenden  Rand  auf  dem  Boden  aufliegt. 
Der  obere  Theil  ist  von  Zinn  und  hat  einen  beweglichen  durchlöcherten 
zinnernen  Boden,  der  auf  dem  Rand  des  untern  etwas  engem  Theils 
aufliegt.  Die  Substanzen  zum  Destilliren  werden,  nachdem  der  untere 
Theil  der  Blase  zum  Theil  mit  Flüssigkeit  erfüllt  ist,  trocken  auf  den- 
selben gelegt.  Eine  zur  Seite  angebrachte  verschliessbare  Röhre  dient 
zum  Nachfüllen.  Der  Kühlapparat  C ist  dem  grossen  ganz  ähnlich.  — . 
In  den  Ofen  passen  auch  die  Infundir-  und  Koch -Büchsen  DD,  von 
welchen  die  untere  wieder  von  Kupfer  und  stark  verzinnt  ist,  die  obere 
in  dieselbe  eingesenkte  aber  von  Zinn ; sie  hat  an  ihrer  vorspringenden 
Wulst  eine  kleine  Oeffnung  zum  Entweichen  der  Dämpfe.  Man  kann 
also  mit  diesem  Apparat  theils  destilliren,  theils  auf  offenem  Feuer  oder 
im  Wasserbad  kochen  und  infundiren.  Zur  grossem  Bequemlichkeit  sind 
die  einzelnen  Theile  mit  hölzernen  Handhaben  versehen. 

Fig.  14.  ist  eine  Romershausensche  Presse  von  Hrn.  Beindorf 
(S.  162).  a das  hölzerne  Gestelle,  welches  den  cylindrischen  Behälter 
b von  Zinn  enthält,  der  unten  den  messingenen  Hahn  c zum  Ablassen 
der  Flüssigkeit  hat  und  zur  Seite  oben  eine  kleine  mit  einem  messinge- 
nen Zäpfchen  d verschliessbare  Oeffnung.  Die  zinnernen  Beschickungs- 
Cylinder  ee  von  verschiedener  Grösse  passen  mit  ihren  Schrauben  in 
die  am  obern  Theil  des  Behälters  befindliche  Schraubenmutter,  eben  so 


1410 


die  Evacuationspnmpe  /*,  welche  noch  mit  einem  Cylinder  von  Zinn  oder 
Holz  umgeben  ist.  ggg  sind  zinnerne  Durchschlage,  wie  bei  der  Real- 
schen  Presse.  Durch  diese  Vorrichtung  sind  die  Auszüge  von  der  Pumpe 
getrennt  und  können  so  nicht  verunreinigt  werden.  Alle  Tlieile  der 
Maschine  schliessen  luftdicht  und  sind  leicht  zu  reinigen.  Beim  Ablassen 
der  Flüssigkeit  muss  e*st  die  kleine  Oeffnung  d und  dann  der  Hahn 
geöffnet  werden. 

Fig.  15.  ist  der  S.  175  beschriebene  gläserne  Destillationsapparat 
mit  tubulirter  Retorte  a und  Vorlage  b,  welche  eine  heberförmig  gebo- 
gene Röhre  c enthält,  deren  Enden  sowohl  fast  auf  den  Grund  der  Vor- 
lage, als  auch  auf  den  Grund  der  Vorlegeflasche  reichen. 

Fig.  16.  a und  b,  ist  der  ebendaselbst  erwähnte  Destillirapparat. 

Fig.  17.  ist  der  S.  182  beschriebene  Liebigsche  Röhrenapparat 
zur  Absorption  der  Gasarten;  a das  Entwickelungsgefäss  (tubulirte  Re- 
torte) mit  der  Röhre  b , welche  zum  Nachgiessen  von  Säuren  u.  s.  w. 
dient,  und  da  sie  untergetaucht  ist,  nichts  entweichen  lässt.  Sie  kann 
mittelst  Kautschukröhren  so  befestigt  werden,  dass  sie  beweglich  ist, 
und  zugleich  zum  Umrühren  dient.  Der  Retortenhals  ist  mit  einer  mit 
Chlorcalcium  gefüllten  horizontalen  Röhre  c in  Verbindung,  zum  Austrock- 
nen der  Gasarten;  d ist  die  zweischenkelige  Röhre,  welche  die  Absorp- 
tionsflüssigkeit enthält.  Der  vordere  Thcil  des  erweiterten  langen  Mit- 
telstücks steht  tiefer  als  der  äussere ; er  ist  durch  einen  aufwärts  stei- 
genden Schenkel  mit  der  Röhre,  die  Chlorcalcium  enthält,  durch  den 
andern  mit  der  Woulfeschen  Röhre  £,  deren  mittlerer  Theil  ebenfalls 
steigt , diese  ferner  mit  der  zweihalsigen  Flasche  f,  der  zweischenkeligen 
Röhre  g und  der  Flasche  h in  Verbindung.  Ein  Stativ  i hält  den  Ap- 
parat fest;  der  Ofen  k dient  zum  Entwickeln  der  Gasarten  und  der  Ofen 
l zum  Erwärmen  der  absorbirenden  Flüssigkeit,  wenn  es  nöthig  ist. 
Man  sieht , dass  so  nur  ganz  trockene  Gasarten  in  die  Flüssigkeit  'ge- 
langen, die  beim  Durchströmen  durch  die  lange  Röhre  leicht  absorbirt 
werden.  Die  sich  etwa  verflüchtigenden  Dünste  condensiren  sich  zum 
Theil  in  der  Röhre  e und  fliessen  wieder  zurück,  was  sich  nicht  con- 
densirt,  wird  in  den  Flaschen  f und  h aufgefangen. 

Fig.  18.  ist  ein  ähnlicher,  aber  weit  einfacherer  Apparat  zur  Ent- 
wickelung und  Absorption  der  Gasarten;  a ist  die  tubulirte  Retorte  mit 
der  Röhre  b\  c die  gekrümmte  mittelst  Kautschukröhren  mit  dem  Re- 
tortenhals und  der  Röhre  d verbundene  Glasröhre;  e die  unten  ver- 
schlossene Röhre,  welche  die  Absorptionsflüssigkeit  enthält.  Das  Gas 
muss  durch  die  2 bis  2ya  Fuss  lange,  mit  Flüssigkeit  grösstentheils 
angefüllte  geneigte  Röhre  streichen  und  wird  so  möglichst  vollständig 
absorbirt.  Dieser  Apparat  findet  vorzüglich  seine  Anwendung  zur  Be- 
reitung von  Salmiakgeist,  wässerigem  Chlor,  Salzsäure  u.  s.  w.  Die 
offene  Röhre  b dient  zugleich  als  Sicherheitsröhre.  Entsteht  durch  starke 
Absorption  oder  Erkältung  ein  luftverdünnter  Raum,  so  tritt  durch  die 
untere  Oeffnung  Luft  in  die  Retorte  und  stellt  so  das  Gleichgewicht  her. 

Fig.  19.  ist  die  S.  186  beschriebene  Form  zum  Höllenstein  und 
Aetzstein;  a die  2 genau  auf  einander  passenden  Messingplatten  mit 


1411 


ihren  Rinnen  b (deren  jedoch  mekr  als  6 im  Verhältnis  zur  Grösse  der 
Platten  seyn  sollen).  Mittelst  der  angeschraubten  Zange  c werden  die 
Platten  geöffnet  und  geschlossen.  Zum  besseren  Schliessen  schiebt  man 
den  durchbrochenen  Ring  d vor  und  drückt  die  mit  einem  hölzernen 
Griff  versehene  Klammer  e von  Stahl  fest  in  das  entgegengesetzte  Ende 
dss  Plattenpaars. 

Fig.  20.  ist  die  S.  743  beschriebene  Vorrichtung  zur  Schnell- 
Essigbereitung ; A ist  das  aufrecht  stehende  Fass,  welches  mit  ausge- 
kochten und  mit  Essig  angesäuerten  Hobelspänen  a gefüllt  ist,  bbb  sind 
mit  aufwärts  gebogenen  Glasröhrchen  versehene  Oeffnungen,  um  Luft 
zutreten  zu  lassen,  c ist  ein  Thermometer  zur  Beobachtung  der  Tem- 
peratur; B der  cylindrische  Behälter  mit  seinem  siebförmig  durchlöcher- 
ten Boden,  welcher  das  zu  säuernde  Gut  enthält  und  mit  einem  Deckel 
nur  lose  bedeckt  wird.  In  den  feinen  Löchern  sind  kleine  Stückchen 
Bindfaden  eee,  die  oben  einen  Knoten  haben,  so  dass  die  Flüssigkeit 
nur  langsam  durchtröpfelt  und  sich  auf  den  Hobelspänen  verbreitet. 
dd  sind  weitere  Oeffnungen,  in  welchen  Glasröhren  stecken,  deren 
oberes  Ende  über  das  Niveau  der  Flüssigkeit  reichen  muss ; durch  diese 
Röhren  entweicht  die  ihres  Sauerstoff  beraubte  Luft,  während  immer 
frische  durch  die  untern  Oeffnungen  b eindringt  und  das  Gut  säuert. 
C ist  ein  kleines  Fässchen , in  welches  die  unten  sich  sammelnde  Flüs- 
sigkeit (Essig)  durch  die  Sförmig  gebogene  Röhre  abfliesst. 


V erbesserungen. 


S.  60  Z.  von  unten  1.  davon  6t  deren 

S.  78  Z.  2 v.  u.  1.  886,92  st.  866 

S.  81  Z.  12  u.  i3  1 Phosphorchlorid  u.  Wasser  giebt  Phosphorsäura  u.  Salzsäure, 
st.  Phosphorsäure  u.  Salzsäure  giebt  Phosphorchlorid  u.  Wasser.  — - Eben  so 
sind  auch  die  Formeln  umzudrehen. 

S.  196  Z.  12  v.  o.  1.  Eisenchlorid  st.  Eisenschlorid. 

S.  235  Z.  6 v.  u.  setze  hinzu:  Ueber  die  Sauerstoffverbindungen  des  Chlor’s  siehe 
noch  Gay-Lussac  Ann.  d.  Chem.  u Pharm.  Bd.  43.  S.  1 53  u.  Millon  Bd.  46. 
S.  28». 

S.  236  Z 7 v.  oben  1 unterchlorigsaures  st.  unterchloriges. 

S.  236  Z.  1 1 v.  u.  I.  unterchlorigsaures  st.  unterchlorigsaures. 

S.  23g  Z.  4 v.  u.  1.  Schwefelsäure  st.  Schwefelsäure. 

S.  239  Z.  1 v.  u streiche  man  „Kieselerde  •• 

S-  240  Z.  25  v.  u-  streiche  man  „Chlorwasserstoffsäure.“ 

S.  256  Z 8 v.  oh.  1 schiefe  st.  sieh. 

S.  288  Z.  1 v.  ob.  setze  nach  löst:  „in  Verbindung  mit  Salzsäure.“ 

S.  3oi  Z.  27  v.  o.  setze  nach  Retorte  — „welche  Phosphor  enthält.“ 

S.  307  Columnen  Titel  1.  arsenige  Saure  st.  arsenenige  Säure. 

S.  319  Z.  5 v.  u.  1.  statt  2 At  Wasserstoff  — 4 At.  (2  Aeq.)  Wasserstoff. 

S.  3 ao  Z.  23  v.  u.  st.  1 At.  Wasserstoff  l.  2 At  (1  Aeq  ) W'asserstoff.  — Diese  Be- 
richtigung erstreckt  sich  auf  alle  weiter  unten  angeführten  Kohlenwasserstoff- 
Verbindnngen  , welche  eine  dem  ölbildenden  Gase  gleiche  procentische  Zu- 
sammensetzung haben. 

S.  338  Z.  ti  v.  u setze  nach  Apparat:  „mit  Schwefelsäure.“ 

S.  476  Z.  18  v.  oben  1.  man  Sb2  Ss,  3 NaO  22  Aq.  als  Formel  des  Antimonpyro- 
sulfid  - Natriums. 

S.  564  ist  als  Formel  des  weifsen  Präcipitats  die  S.  565  von  Kane  gegebene  zu  setzen. 

S.  640  Z.  14  V.  u.  streiche  man  „Schwefelwasserstoffsäure  oder.“ 

S.  652  Z.  2 v.  oben  ist  die  Zusammensetzung  des  Melamins,  statt  der  des  Ammelins 
angegeben. 

S.  665  Z.  9 v.  o.  1.  Alloxantin  st.  Alloxautin. 

S.671  Z.  16  v.  u.  1 »,196  st.  1,106. 

S.  763  Z.  14  v.  o.  1.  Kupferoxid  st.  Bleioxid. 

S.  771  Z.  8 r.  u.  1.  Chlorgas  st.  Chlorkalk. 

S.  774  Z.  5.  v.  u 1.  Acetylchloriir  st  Acetylchlorid. 

S.  780  Z.  6 v.  o.  1.  1800  st.  180. 

S.  832  Z.  4 v.  u.  streiche  „von  Seidenglanz.“ 

S.  852  Z.  5 v.  oben  1.  16  At.  st.  i5  At. ; ebenso  ist  in  der  Formel  3 Aq.  statt  Aq.  zu 
lesen. 

S.  855  Z.  i5  v.  u.  lies  „der“  statt  oer. 

S.  939  Z.  4 v.  u.  1.  Myristinsäure  st.  Myricinsäure. 

S.  940  Z.  4 — 6 u.  i3  1.  Myristin  st  Myricin. 

S.  1084  Z.  i2v.  o.  1.  Wachses  st.  Wassers. 


Register 


zu 

/ 

Ph.  L.  Geiger’s 

Handbuch  der  Pharmacie, 


Erster  Band. 


Fünfte  Auflage. 


a.  '•  " 


Register 


Ac 

Ac 

Ac 

Seite. 

Seite. 

Seite. 

Aalquappeufett 

1014 

Acetyl-Platinchlorür- 

Acidum  fungicum  1032 

Abdampfung 

163 

Aminoniak  779 

— hydriodieum 

256 

Abgiessen 

136  Acetyl-Platinchlorür- 

— hydrobromicum 

250 

Abkochung 

153 

Chlorkalium  779 

— hydrochloric.  fu- 

Abrus  praecat..  Süsst.1265  Acetylplatin  - Platin- 

mans 

241 

Absqhäumen 

134 

Chlorid  777 

— hydrochloricum 

240 

Absintliium 

1100  Acetylsäure  740 

— hydrocyanicum 

625 

Abstossung 

8 

— Unterschwefels.  777 

— liydrofluoricum 

259 

Absud- Aufguss 

154 

— Wasserstoff  774 

— hydrothionicum 

277 

Abziehen 

176 

Acide  caproique  922 

— hypochlorosum 

235 

Acacia,  Oel  von 

1058 

— ellagique  * 860 

— hyponitricum 

219 

Acajouharz 

1081 

— mechloique  1117 

— hypophosphori- 

Aceta  medicata 

152 

— pectique  1260 

cum 

294 

Acetal 

737 

— phospho  - berga- 

— hypophosphoro- 

Acetas  ammoniae  di- 

mique  1046 

sum 

293 

lutus 

750 

— sulfoadipique  989 

— hyposulphuricum  267 

Acetas  cupricus 

761 

Acidum  apocrenicum  1274 

— hyposulfurosum 

265 

— Italiens 

751 

— arsenicicum  308 

— • iodicum 

254 

— natricus  seu  So- 

— auricum  590 

— jodohydrargyric 

567 

dae 

757 

— benzoicum  668 

— melliticum 

617 

— oxydi  cupri 

761 

— benzoylicum  668 

— muriaticum 

240 

— oxydi  ferri  liqliid.  756 

— boleticum  1032 

— muriaticum  dil. 

241 

— plumbicus 

758 

— boracicum  332 

— muriatic.  fumans 

241 

— potassae  seukali 

— boricum  332 

— muriaticum  hyper 

- 

cus  liquidus 

752 

— borussicuin  625 

oxygenat. 

238 

Aceton 

779 

— bromieum  249 

— muriaticum  oxy- 

— Zersetzungsprod. 

— bromohydrargy- 

genatum 

231 

durch  Chlor 

785 

ric.  566 

— nitricum 

220 

Acetyl 

734 

— carbonosum  609 

— nitro  sum 

219 

Acetylbromür 

775 

— caincicum  1031 

— oxalicum 

609 

— Bromwasserst.  777 

Acetylchorid  775 

Acetylchlorür  774 

— Chlorwasserstoff 
Acetylige  Säure 
Acetyliodür  - Jodwas- 
serstoff 

Aeetyloxyehlorid 
Acetyloxid  - Ammo- 
niumoxyd 
Acetyloxydhydrat 


— chloricum  238 

— chlor,  oxygenat.  239 


— pecticum 

— perchloricuni 


1260 

239 

255 


775 

ric 

562 

— phosphoricum 

291 

739 

— chlorosum 

237 

— pyrolignosum 

744 

— chloroxicarboni- 

— quercitannicum 

851 

777 

cum 

614 

— Sacchari 

609 

766 

— citricum 

865 

— sebacicum 

969 

— cramericum 

1032 

— silicicum 

336 

736 

— ■ crenicum 

1273 

— stannicum 

498 

734 

— fluoricum 

259 

— stibicum 

458 

1* 


4 Ac 

Ae 

Ac 

Seite. 

Seite. 

Seite. 

Acidum  stibiosum 

457 

Aethionsäure 

729  Aethylox3Td  margarin- 

— sulphuricum 

268  Aethiops  antimon. 

577 

saures  943 

— sulpkuric.  dilut. 

273 

— graphitae 

314 

— milchsaures  816 

— sulphurosum 

265 

— martialis 

515 

— myristinsaures  940 

— tartaricum 

876 

— mineralis 

568 

— neutrales  camph.  926 

— uvicum 

654 

— narcotic. 

568 

— ölsaures  964 

— valerianicum 

930 

— graphit. 

551 

— oenanthsaures  934 

— vegeto  - sulphu- 

—  alcalisat 

— 

— oxalsaures  721 

ricum 

1267 

— sacharat 

— 

— Oxamid,oxalsaur.  723 

— zooticum 

625  Aethyl 

696 

— pyrocitrouens.  875 

Ackers  äure 

1272  Aethylbroinür 

707 

— pyrochleimsaures  809 

Aconitin 

1219 

Aetliylchlorür 

706 

— pjTOweinsaures  905 

Aconitinsalze 

1220  Aethylcyaniir 

709 

Aethyloxyd,  salpetrig- 

Aconitium 

1219  Aethyliodür 

707 

saures  717 

Aconitsäure 

871 

Aethyloxyd 

696  Aethyloxydsalze  710 

Aconitsaure  Salze 

872  Aethyloxyd,  äpfels. 

912 

Aethyloxyd,  saur.  cya- 

Acrolein 

982 

— ameisensaures 

830 

nursaur.  725 

Adeps  Ceti 

1013 

— Aetherol,  schwe- 

Aethyloxyd, saures 

• — suilla 

1024 

felsaures 

728 

schwefelsaures  712 

Adhaesion 

35 

— ammoniumoxyd, 

Aethyloxyd,  Silber- 

Adipinsäure 

975 

weinsteinsaures 

879 

oxyd.  campkors.  926 

Aepfelsäure 

910 

— baldriansaures 

931 

— saures,  camphors.  925 

Aequivalente 

56 

— baryt,  oxalsau- 

Aethyloxyd,  saures 

Aerostatik 

29 

res 

723 

oxalsaures  722 

Aerugo 

762 

— phosphorsaures 

717 

— saur.,  phospliors.  717 

Aeschenfett 

1014 

— schwefelsaures 

716 

— Silberoxyd  trau- 

Aes 

537 

— traubensaures 

909 

bensaures  909 

— ustum 

543 

— bernsteinsaures 

960 

— schleimsaures  807 

Aesculin 

1098 

— bisulfocarbonat 

723 

— talgsaures  946 

Aesculinsäure 

1112 

— bleioxyd,  schwe- 

— saures,  traubens.  909 

Aethal 

839 

saures 

716 

— und  Arsens.  717 

Aethalsäure 

942 

— chloracetylsaures  771 

— veratrumsaur.  935 

Aether 

696 

— citronsaures 

867 

— weinsaures  879 

— aceticus 

748 

— cocinsaures 

939 

Aethyl-schwefelcyan.  709 

— ammoniacatus 

700 

— dopp.  kohlenschw.  723 

Aethylselenür  709 

— Constitution  dess. 

— elaidinsaures 

971 

Aethylsulfid  709 

u.  seiner  Verbind. 

788 

Aethyloxid,  essigsau- 

Aethylsulfur 707 

— hydrochloricus 

706 

res 

748 

— Schwefelblei  709 

— iodatus 

700  Aethyloxyd,  fettsaur. 

970 

— Schwefelgold  709 

— muriaticus 

— nitricus 

— phosphoratus 

— sulphuricus 
Aetherhaltige  essigs. 

Eisentinct. 

Aetherin 
Aetherol,  ätherschwe- 
felsaures  728 

Aetheroxamid  723 


706  Aethyloxydhydrat 
717  Aethyloxydkali,  koh- 
699  lensaures 
696  Aethyloxydhydrat, 
koklenschwefel- 
756  saures 

729  Aethyloxydkali,  oxal- 
saures 


700 


721 


— Schwefelqueck- 
silber 

— Schwefelwasser- 


709 


— schwefelsaures 

— tiaubeusaures 


Aetherphosphorsäure  717  Aethyloxydkalk, 


Aethersäuren  699 

Aetherschwefelsäure  711 
Aetherschwefelsaures 
Aetherol  728 

Aetherweingeist,  eisen- 
chloridhaltiger  704 
Aether,  Zersetzungs- 
producte  d.  Chlor  766 


schwefelsaures 
Aethyloxyd,  kohlen- 
saures 

— korksaures 

— Kupferoxyd,  cam- 
pliersaures 


stolf 

Aetzkali,  trocknes 
724  Aetzstein 
Affinität 
724  Agedoil 
716  Agitakel 
909  Agtstein 
Ahornsäure 
716  Alabaster 
Alantin 
721  Alaun 

955  Alaun,  gebrannter 
Alaunmehl 

926  Alaun,  römischer 


- Kupferoxydul, kok-  Alaun,  rother 
lenschwefelsaures  724  Alaunerde 


708 

350 

350 

11 

1157 

151 

961 

1038 

424 

1251 

381 

382 
381 

381 

382 
340 


Al 


Am 


Am 


Seite. 

Alaunerdekali  380 

Alaimerdesalze  341 

Alaunerde  phosphors.  344 

— Salpeters.  342 

— Schwefelsäure  343 

— schwefs.  basische  344 
Alaun  schiefer,  Prod. 

der  Destillation  1310 
Albumin  i.  Blutserum  1333 

— Eiweis  s 1334 

Albumin,  gekochtes  1336 
Albumin  - blutroth  1389 
Albuminose  1355 

Alcaligen  213 

Alchornin  1119 

Aldehyd  734 

— Ammoniak  736 

Aldehydharz  738 

Aldehydsäure  739 

Alembrothsalz  564 

Alismin  1119 

Alizzari  1092 

Algarothpulver  460 

Alkalien  39 

— bleisuare  511 

— erdige  197 

Alkali,  flüchtiges  225 
Alkalien,  organ.  1159 

— platinsaure  598 

— reine  197 

Alkali  minerale  aerat.  395 
Alcali  miner.  caustic  384 
Alkali  minerale  phos.  392 

— vegetab.  aeratum  374 

— vegetabile  crystall  377 
— •vegetab.  siccum  350 

Alkaloide  „ 1159 

Alkanna,roth.  Färbst, 
der  orientalisch.  1091 

— rother  Farbstoff 

der  falsch.  1091 

Alkaraza  94 

Alkargen  787 

Alkarsin  785 

Alkohol  700 

Alkoholate  703 

Alcohol  und  Jod  773 
— Produkte  der  Zer- 
setzung von  unge- 
gewisser  Constitut.  774 
Alcohol,  Zersetzungspr. 

durch  Chlor  768 

Allantoin  656 

Allantois  säure  656 

Alloxan  656 

Alloxansäure  658 

— Salze  658 


Alloxantin 

— dimorphes 
Aloe 

— caballina 

— hepatica 

— soccotrina 
Aloebitter,  künstlich. 
Aloe,  Zersetzungspr. 

d.  Salpeters. 
Aloeresinsäure 
Aloetinsäure 
Alpha  orcein 
Althäwurzelschleim, 
Zus. 

Althäin 
Althionsäure 
Alu  men 

— romanun 

— rubrum 

— ustiirn 
Alumina 

— acetica 

— sulphurica 
Aluminium 
Aluminit 
Alumium 
Amalgame 
Amanitin 
Amarythrin 
Ambra  flava 
Ambrein 
Ambreinsäure 
Ameisensäure 
Ameisensäure  Salze 
Amid 

Amidon 

Ammelid 

Ammeiin 

Ammelinsalze 

Ammeiin,  Salpeters. 

Ammouia 

— pura  liquida 
Ammoniak 
Ammoniakalaun 

Ammoniak,  Salze 
— Salze,  Constitut. 

— wässriges 

— haltiger  Aether 

— ameisensaures 

— neutrales  äpfel- 
saures 

— saures,  äpfels. 

— benzoes. 

— bernsteinsaures 

— blausaures 

— boraxs.,  doppelt 


Seite,  Seite. 

663  Ammoniak,  boraxs. 

664  einfach  334 

1153  — bromsaures  251 

1154  — camphorsaures  925 

1154  — capronsaures  922 

1154  — carbonicum  325 

1154  Ainmoniae  Carbonas 

liquidus  326 

1154  — carbonas  pyro- 

1155  oleosus  325 

1155  Ammonium  carbonic. 

1127  pyro-oleos  325 

Ammoniak,  citrons.  867 
1262  — chloracetyls.  771 

1157  — chlorsaures  246 

732  — chrvsolepins.  1157 


351 

— cyan 

619 

381 

— cyanurs. 

625 

382 

— eisenblaus. 

634 

382 

— neutrales  essigs. 

750 

340 

— neutrales  flüssig. 

754 

essigs. 

750 

343 

— saur.  essigs. 

749 

340 

— ferrocyanwasser- 

344 

stoffs. 

634 

340 

— fettsaures 

970 

577 

— flussboraxs. 

259 

1118 

— fluss.  basisches 

259 

1126 

— fluss.  neutrales 

259 

961 

— fluss.  saures 

259 

1026 

— galluss,  saur. 

857 

1026 

— goldsaures 

591 

828 

— honigsteins. 

618 

830 

— hydrobroms. 

251 

225 

— hydrothions. 

283 

1244 

— ■ doppelt  hydroth. 

281 

652 

— • flüss.  hydrothions.  282 

652 

— klees.  neutr. 

611 

652 

— klees.  saures 

612 

652 

— kohlens.  einfach 

325 

225 

— kohlens.  anderth. 

326 

227 

— kohlens.  doppelt 

328 

225 

— kohl,  flüss.  brenz.  326 

344 

— kohl,  wässriges 

325 

381 

— kohl,  wasserfr. 

328 

229 

— korksaures 

956 

230 

— meconsaures 

847 

227 

— methaphosphors. 

301 

700 

— milchsaures 

816 

830  Ammoniacum  muriat.  245 

Ammoniac  mur.  mart.  523 

911 

Ammoniak,  oxalurs. 

660 

— — phtals.  1305 

669  — phosphorigs,  301 

959  — phosphors.  301 

628  — doppeltphosphors.301 

334  — purpurs.  665 


6 


Am 


An 


An 


Seite. 

Ammoniak,  p3'rocitro-  Anilin 
nens.  875  Anilin 

— pyrophosphors.  301  Anilin,  oxalsaure 

— Quecksilberoxyd,  — salzsaures 
gefällt,  bas.  salzs.  564  Anilsäure 

— saiicyligsaur.  687  Animeharz 

— Salpeters.  231  Anisöl 

— salzsaures  245  Anschaffung 

— salzs.  gereinigtes  245  Antalogen 

— schleimsaures  807  Anthracen 

Ammoniae  subcarbon.  325  Anthracenuse 
Ammoniak,  Schwefels.  285  Anthranilsäure 

— schwefelblaus. 

— Schwefels,  was- 
serfreies 285  Antimon 

— schwefligsaures  284  Antimonchlorid 

— schwefelwasserst.  285  Antimonchlorür  was 

Ammoniae  Subcarbo-  serfreies 

nas  liq.  328  — wasserhaltiges 

Ammoniacum  succin.  959  — Antimonoxid 

Ammoniak,  thionurs.  661  Antimonige  Säure 

— unterchlorigs.  246  — — salzs. 

— weinsaures  879  Antimonjodiir 


Seite. 

1147 


Seite. 

Antimonium  vitrificat.  455 


1166  Antimonocher 
1166  Antimonoxyd 
1166  Antimonoxyd 
1144  — braunrothes 

1075  Antimonoxydsalze  456 
1049  Antimonoxyd  - Blei- 

126  oxyd  weius. 

252  Antimonoxyd-Kali, 

1310  äpfelsaures 
1310  Antimonoxyd,  gerb- 
1147  saures 


458 

454 

457 

475 


901 


915 


646  Anthrauilsaure  Salze  1147  Antimonoxyd-Kali, 
Antiarin  1107  citrons. 

452  — traubens. 


853 

869 

909 

895 


463  — weins. 

— weins.  neutrales  897 

460  Antimonoxyd-Natron, 

461  liydrothions.  schwe- 

461  felhaltiges  476 

457  Antimonoxyd,  salpe- 

462  ters.  basisches  459 

463  — salpetersaur.  ein- 


Ammoniakum 

225 

Antimonkalium 

479 

faches 

459 

Ammonias  cupric. 

541 

Antimonoxidul 

455 

— salzsaures 

460 

Ammonium 

225  Antimonperchlorid 

463 

— salzs.  basisches 

460 

— Amalgam 

229 

— persulfid 

468 

— schwefelsaures 

Ammoniumoxyd  Öls. 

964 

— persulfid-Calcium  477 

basisches 

470 

— picrinsalpeters. 

1145 

— persulfid-Natrium  476 

— weinsaures 

895 

— schwefelsaures 

285 

— rohes 

463 

Anziehung 

8 

— talgsaures 

946 

Antimonsäure 

458 

Apatit 

425 

Ammoniumquecksil- 

Antimonsäurehydrat 

458 

Apirin 

1234 

berchlorid,  bas. 

564 

Antimonsilber 

587 

Aposepedine 

1332 

Ammonium  platinchl. 

599 

Antimonsuboxid 

454 

Aposepedine 

1343 

Ammoniuretum,  Auri 

591 

Antimonsulfid 

468 

Apotheke,  Einrich- 

Ampelin 

1311 

Antimonsulfür 

463 

tung 

123 

Ampelinsäure  1311  — auf  nassem  Wege  465  Apothekerkunst  1 

Ampelit  1310  — Antimonoxid  465  Apothekerpflichten  2 

Amygdalin  681  Antimonsuperchlorid  463  Apothekerstand  2 

Amj-gdalinsäure  682  Antimonsuperchlorür  462  Apparat,  pneumati- 


Amyl 

841 

Antimonium 

452 

scher 

183 

Amylbromür 

842  Antimon,  bisulpliurat. 

— Woulfischer 

181 

Amyliodür 

842 

ppt. 

468 

Aqua 

207 

Amyloid 

1254 

Antimonium  chlorat. 

460 

— Ammoniae 

227 

Amyloxydliydrat 

841 

— crudum 

463 

— antimiasmatica 

542 

Amyloxydhydrat,  Zer 

— diaphoret  ablut 

471 

— antimiasmatica 

Setzungsprodukte 

843 

— diaph.  non  ablut. 

452 

comp.  Köchlini 

578 

Amyloxid  baldrians. 

982 

— et  Calcium  sulph. 

477 

— Barytae 

405 

Amyloxyd-bar3*t, 

— muriat  oxyd. 

460 

— Binelli 

1285 

schwefelsaures 

843 

— oxydatum 

454 

— Calcariae 

416 

Amyloxyd,  Schwefels.  842  Antimonium  oxidatum  454 

Aqua  Calcis 

416 

Amyloxyd-kali,  schw.  843 

— ox3Tdatum  fusc. 

475 

— Fortis 

220 

Amylum 

1244 

— oxydat.  subnitric.  459 

— Luciae 

963 

Anchusasäure 

1091 

— subinuriat-oxyd. 

460 

— Magnesiae 

435 

Anemonin 

1064 

Antimonium  sub-sul- 

— Naphae 

1040 

Anemoninsäure 

1064 

phuric. 

470 

— ophthalmica 

150 

Anemonsäure 

1065 

— sulphuratum 

463 

— ox3*genata 

211 

Ar 


As 


Az 


Seite. 

Aqua  oxymuriatica  234 

— phagadenica  563 

— strumalis  323 

— cohobatae  178 

— destillatae  178 

Aquila  alba  initigata  889 
Aquileja  vulg.,  blauer 

Farbstoff  1096 

Arabin  1256 

— Zus.  1262 

Arabisches  Gummi  1257 
Araeometer,  Baumes  25 

— Cartier’s  25 

— Gay-Lussac’s  25 

— Nicholson’sches  29 

Araeometer- Spindeln  25 
Arbre  du  Lancon,  Oel 

aus  dem  Harze  d.  1059 
Arcanum  duplicatum  369 

— Tartari  751 

Argentan  537 

Argentum  578 

— • foliatum  580 

— nitricum  582 

— oxydat.  580 

— sulphuric.  586 

— vivum  549 

Argilla  340 

Aricin  1187 

— • Schwefels.  1187 
Aricinsalze  1187 

Armentum  album  510 
Arnica  montana,  Harz 
von  1080 

Arnicin  1119 

Aronöl  1062 

Arrowroot  1245 

Arsen  ' 302 

Arsenantimon  471 

Arsenblumen  303 

Arsenbromür  310 

Arsenbutter  309 

Arsencalcium  426 

Arsenchloriir  309 

Arsenfluorür  310 

Arsengold  593 

Arsenicum  302 

— album  303 

Arsenige  Säure  302 

— amorphe  304 

— dimorphe  304 

— Entdeckungs- 
mittel 306 

— porcellanartige  304 

— glasartige  304 

Arsenigsaures  Kup- 
feroxyd 547 


oxyd 

Arsensaures  Silber- 
oxyd 
Arsenik 
Arsenjodür 
Arsenkalium 
Arsenkupfer 
Arsenleber 
Arsenmetalle 
Arsennatrium 
Arsenoxyd,  salzs. 
Arsenrubin 

— spiessglanzhal- 
tiger 

Arsensäure 
Arsensäure  und  Ae- 
thyloxyd 

Arsensaures  Eisen- 
oxydul 
Arsensilber 
Arsensolution,  Fow- 
ler’s 

Arsensubsulfür 
Arsensulfid 
Arsenspiessglanz 
Arsen,  weisser 
Ars  emvas  s er  s t off 
Arterienhaut,  Zus. 

— mittlere,  Zus. 
Arthanitin 
Arznei-Begriff 
Arzneimittel- Aufbe- 
wahrung 

Arzneimittel-Begriff 
Arzneimittel-Zube- 
reitung 
Asarin 
Asarit 
Asbolin 
Aschblei 
Asclepin 
Asparagin 
Asparaginsäure 
Asparagins.  Salze 
Asparamid 
Asparamsäure 
Aspartsäure 
Asphalt 
Asphaltene 
Atmosphäre,  electr. 
Atome 

Atomgewichte,  An- 
wendung dersel- 
ben 

Atropasäure 

Atropin 


Seite. 

Seite. 

Atropin 

1213 

587 

— Salpeters. 

1212 

— salzs. 

1212 

587 

— Schwefels. 

1213 

302 

Atropinsalze 

1212 

310 

Atropin,  weinsaur. 

1213 

372 

Atropium 

1208 

547 

Attraction 

8 

372 

Auf brausen 

180 

312 

Auflösung 

12 

395 

Auflösung 

180 

309 

Aufguss-Absud 

154 

310 

Aufguss,  geistiger 

152 

— heisser 

153 

471 

— kalter 

152 

308 

— wässriger 

152 

— weiniger 

152 

717 

Aufthauen 

92 

Auge 

483 

530 

Augenstein 

541 

587 

Augenwasser 

150 

Auras  ammonicus 

591 

373 

Aurikelcamphor 

1065 

310 

Auripigment 

311 

311 

Aurochloras  chloro- 

471 

natricus 

594 

303 

Aurum 

588 

309 

Aurum  ammoniatum 

591 

1351 

— fulminans 

591 

1351 

— mosaicum 

501 

1114 

— muriatic. 

592 

2 

— muriat.  natronat.  594 

— oxy  datum 

590 

126 

Ausdehnung 

8 

1 

Auslaugen 

152 

Auspressen 

134 

128 

Aus  süssen 

152 

1063 

Austerschalen 

427 

1063 

Ausziehung 

152 

1316 

Axungia  Anseris 

1024 

478 

— • Asciae 

1014 

1119 

— Canis 

1024 

1157 

— Equi 

1024 

1158 

— Leporis 

1024 

1159 

— medullae  Bovis 

1023 

1157 

— pedum  Tauri 

1021 

1158 

— Porci 

1024 

1158 

Azadirin 

1233 

1314 

Azobenzid 

677 

1314 

Azobenzoid 

681 

106 

Azobenzoyl 

679 

66 

Azoleinsäure 

977 

Azolitmin 

1127 

Azomarsäure 

1073 

79 

Azot 

213 

1033 

Axotide  benzoylique 

679 

1208 

Azulminsäure 

1274 

8 Ba  Ba  Be 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

T> 

Baryt  kohlensaurer 

412 

Beharrungsvermögen 

i 16 

D 

Baryt-Kali,  weins. 

888 

Beifussöl 

1056 

Baccilli 

139 

Baryt,  margarins. 

944 

Beinschwarz 

321 

Badeschwämme,  Anal. 

— meconsaurer 

848 

Benzamid 

672 

1347 

— methionsaurer 

732 

Benzhydramid 

678 

Badeschwammkohle 

322 

Barytmethyloxyd, 

Benzil 

680 

Baldrianöl 

1054 

weinsaures 

888 

Benzilsäure 

680 

Baldriansäure 

930 

Baryt,  milchsaurer 

816 

Benzimid 

679 

Ballon 

174 

— myristinsaurer 

940 

Benzin 

676 

Balsama  artifieialia 

151 

— naphtalinunter- 

Benzoeäther 

725 

Balsame,  Aufbewah- 

schwefelsaur. 

1300 

Benzoeblumen 

668 

rung 

128 

Barytnatron,  weins. 

888 

Benzoeharz 

1075 

Baisamum  nucistae 

1022 

Baryt,  ölsaurer 

967 

Benzoesäure 

668 

— sulphuris  anisa- 

— phosphorigs. 

412 

Benzoesäureäther 

725 

tum 

988 

— phosphorsaurer 

412 

Benzoesaure  Salze 

669 

— sulphuris  tere- 

— phcrinsalpeters. 

1145 

Beuzoeschwefelsäure  673 

binthinatum 

988 

— pyrocitrons. 

875 

Benzoeunterschwefel 

Barium 

403 

— salicyligs. 

688 

säure 

675 

— chloratum 

407 

Barytsalpeter 

406 

Benzoeunterschwefel 

- 

— chlorür 

407 

Baryt,  salpetersaur. 

406 

saure  Salze 

675 

Bariumhyperoxyd 

406 

Barytsalze 

405 

Benzoin 

679 

Bariumhyperoxyd- 

Baryt, salzsaurer 

407 

Benzoinamid 

680 

hydrat 

406 

— salzs.  iiberoxy- 

Benzol 

676 

Bariumjodür 

409 

dirt. 

408 

Benzon 

678 

Bariumoxyd 

403 

Barytseife 

1010 

Benzoyl 

667 

Barium  oxydat. 

403 

Barytschwefelleber 

410 

— Laurent’s 

680 

— sulphuratum 

409 

Baryt,  Schwefels. 

411 

Benzoylbromid 

671 

Bariumsulplnir 

409 

— sulfobenzidunter 

- 

Benzoylchlorid 

671 

Barometer,  Gefäss- 

31 

schwefelsaurer 

677 

Benzoylcyanid 

672 

— Heber- 

31 

— salzsaurer 

949 

Benzoyljodid 

672 

Baryt 

403 

— überjodsaurer 

409 

Benzoylsäure 

668 

— aconitsaurer 

873 

— unterschwefels. 

411 

Benzoylsulfid 

672 

— äpfelsaurer 

912 

— unterschwefligs. 

411 

Benzoy  lwasserstoff 

671 

— alhionsaurer 

732 

— unterjodigsaurer 

■ 409 

— ameisensaurer 

673 

Barjt-Aethyloxyd, 

— tliionursaurer 

662 

— blausäurehal- 

weinsaures 

887 

Barytwasser 

405 

tiger 

1042 

Baryt,  alloxansaur. 

658 

Baryt,  weins. 

887 

— benzoesaurer 

673 

— ameisensaurer 

831 

Baryta 

403 

— Darst. 

683 

— baldriansaurer 

932 

— acetica 

754 

Berberin 

1238 

— benzoeunter- 

—  carbonica 

412 

Berlinerblau 

636 

schwefelsaurer 

675 

— chlorica 

408 

Berlinerblausäure 

625 

— boraxsaurer 

413 

— jodica 

409 

Bergamotteucampher  1046 

— buttersaurer 

921 

— muriatica 

407 

Bergamottöl 

1046 

— camphorsaurer 

925 

— muriat.  liyper- 

Bergapten 

1046 

— chinasaurer 

919 

oxygenata 

408 

Bergblau 

548 

— capronsaurer 

922 

— nitrica 

406 

Berggrün 

548 

— chlorsaurer 

408 

— pura  liquida 

405 

Bergtheer 

1314 

— chrysamins. 

1156 

— sulphurata 

410 

Bernstein 

961 

— chrysolepins. 

1157 

— sulphurica 

411 

Bernsteinbitumen 

962 

— citronsaurer 

868 

Basen 

39 

Bernsteinöl 

963 

— elaidinsaurer 

971 

Basen,  Begriff 

192 

Bernsteinsäure 

956 

Baryterde 

403 

Basische  Salze 

194 

Bertramwurzharz 

1080 

Baryt,  essigsaurer 

753 

Basilienöl 

1054 

Beryllerde 

345 

Barythydrat 

404 

Bassorin 

1259 

Beryllerde,  benzoes. 

670 

Baryt,  jodsaurer 

404 

— Zus. 

1262 

Beryllium 

345 

— isaethions. 

Baumwachs 

1029 

Beryllsalze 

345 

— karbolsaurer 

1294 

Bebeerin 

1233 

Beschlag 

188 

Bi 


Bl 


Bl 


9 


Seite.  Seite.  Seite. 


Bestandteile,  ent- 
ferntere 

38 

Bitrartas  kalicus  c. 
aqua 

Bleioxyd- Alkalien 
880  Bleioxyd,  ameisens. 

511 

832 

— nähere 

38 

Bittererde 

429 

— anemoninsaures 

1064 

Bestuscheffs  Nerven 

— aconitsaure 

873 

— anderthalb  bas. 

tinct. 

704 

— äpfelsaure 

913 

essigsaures 

759 

Betaorcein 

1127 

— camphorsaure 

925 

— anilsaures 

1144 

Betulinharz 

1075 

— essigsaure 

754 

— baldriansaures 

932 

Beugung  des  Lichtes 

100 

— meconsaure 

848 

— bas.  arseniks. 

509 

Bewegung 

16 

— milchsaure 

817 

— benzoesaures 

670 

— gleichförmige 

16 

Bittererde-Kali,  wein- 

—  benzoeunter- 

—  beschleunigte 

16 

saures 

890 

schwefelsaures 

675 

— Grösse  ders. 

17 

Bittererde,  kleesaure 

614 

— braunrothes 

506 

• — zusammenge- 

—  kohlensaure 

435 

— buttersaures 

922 

setzte 

17 

— ölsaure 

967 

— chinasaures 

919 

Bibergeilharz 

1079 

— weinsaure 

890 

— chlorisatinsaur. 

1139 

Biberneilharz 

1080 

Bittererde  -Natron, 

— chromsaures 

511 

Bibergeilöl 

1059 

weinsaures 

890 

— chrysammins. 

1156 

Bibromisatin 

1140 

Bittermandelöl 

1041 

— citrons.  dreibas. 

869 

Bi-Boras  natric.  c.  aq 

. 399 

Bittermandelöl 

671 

— citrons.  überbas. 

869 

Bi-carbonas  Kalicus 

377 

Bittermandelwasser 

682 

— citrons.  zweibas.  869 

— Potassae 

377 

Bittersalz 

432 

— cyansaures 

621 

— natricus  c.  aq. 

398 

Bitterspath 

437 

— elaidinsaures 

971 

— Sodae  c.  aq. 

398 

Bitterstoff 

1099 

— essigsaures 

757 

Bichloretum  cupricum 

Bitterwasser,  künst- 

—  essigs.  drittel 

760 

c.  aqua 

542 

liches 

434 

— essigs.  neutral. 

758 

— hydrargyri 

562 

— natürliches 

434 

— essigs.  sechstel 

761 

Bichlorisatin 

1139 

Black’s  graues  Queck 

- 

— gallussaur.,  ein- 

Bichlorisatinsäure 

1139 

silberoxydul 

576 

basisches 

857 

Bichlorisatyd 

1140 

Blätter-Einsammlung 
Blanc  d’Espagne 

127 

^ — gallussaures, 

Bier 

1327 

481 

zweibasisches 

857 

Bienenharz 

1030 

Blanchinin 

1187 

— gelbes 

503 

Bierhefe 

1331 

Blasenofen 

144 

— gerbsaures 

853 

Bierwürze 

1326 

Blasenoxyd 

667 

— honigsteinsaur. 

618 

Bilifellinsäure 

1370 

Blasentang,  verkohl- 

Bleioxydkali, weins. 

894 

Bilin 

1367 

ter 

323  Bleioxyd,  karbols. 

1294 

Bilinsäure 

1375 

Blattgelb 

1091 

— kieselsaures 

511 

Binltrite  d’Anthrace- 

Blattgrün 

1097 

— kohlensaures 

509 

nese 

1310 

Blattsilber 

580 

— margarinsaures 

944 

Bioxalas  kalicus 

612 

— falsches 

496 

— meconsaures 

848 

Bisam,  künstlicher 

963 

Blau,  sächsisches 

1151 

— naphtalinunter- 

Bisamharz 

1080 

— TumbulEs 

641 

schwefelsaures 

1300 

Birkenblätter,  gelber 

Blauliolzroth 

1095 

— ölsaures 

967 

Farbstoff 

1089 

Blausäure 

625 

— phocensaures 

923 

Birkeuöl 

1057 

Blau  Stoff 

323 

— picrinsalpeters. 

1145 

Bismuthum 

478 

Blei 

502 

— phosphors. 

508 

— oxydatum 

479 

Bleiasche 

503 

— pyrocitrons. 

875 

— oxydatum  album 

481 

Bleichlorid 

507 

— pyroweinsaur. 

906 

— subnitsicum 

481 

Bleigelb 

504 

— rothes 

505 

Bissen 

140 

Blei,  gebranntes 

507 

— salicyligsaures 

688 

Bisuccinamid 

958 

Bleiglas 

503 

— salpetersaures 

506 

Bisulphas  kalicus 

371 

Bleihyperoxyd 

506 

— salpetrigsaures 

506 

Bisulfuret.  hydrarg. 

Bleihyperoxydul 

506 

— schwefelsaures 

507 

nigr. 

568 

Bleijodid 

507 

— talgsaures 

949 

Bisulfuret.  hydrarg. 

Bleikalk 

503 

— tliionursaures 

662 

rubr. 

570 

Bleimercaptid 

709 

— traubens.  * 

909 

— Stanni 

501 

Bleioxyd,  aconitsaur. 

873 

— weinsaures 

894 

— Stibii 

468 

— äpfelsaures 

914  Bleipflaster 

1017 

10 


Br 


Br 


Ca 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

Bleisaure  Alkalien 

511  Brassica  oleracea 

Bromsalicylsäure 

689 

Bleiseife 

1010  rubra,  blauerFarb- 

Bromsäure 

249 

Bleivitriol 

507  Stoff  darin 

1096 

Bromschwefel,  einf. 

286 

Bleiweiss 

509  Braunkohle,  Zus. 

1268 

— halb 

286 

Bleiweisspflaster 

1019  — Prod.  der  trock. 

Bromsilber 

586 

Bleizucker 

758  Destillation 

1291 

Bromsilicium 

338 

Bleichkalk 

419  Braunkohlen,  Zer- 

Bromstärkmehl 

1251 

Bleiclipulver,  natron- 

setzungsprod.  darin 

Bromwasserstoff- 

haltiges 

387  vorkomm.  Pflanz,  d. 

äther 

707 

— - englisches 

419  Alkalien 

1270 

Bromwasserstoff- 

Bleichflüssigkeit 

387  Braunkohlenöl 

1291 

säure 

250 

— kalihaltige 

358  Braunit 

448 

Bronze 

549 

Bleichsäure 

231  Braunspath 

437 

Brot 

1328 

Bleichwasser 

234  Braunstein 

448 

Brucin 

1228 

Blubber 

1013  Braunsteinkönig 

446 

— jodwasserstoff- 

Blumen-Einsammlung 127  Braunsteinmetall 

446 

saures 

1230 

Blut 

1387  Brausepulver 

399 

— oxalsaur. 

1230 

Blutkohle 

321  Breaöl 

1058 

— phosphorsaur. 

1230  ! 

Blutkuchen 

1318  Brechung  d.  Lichtes 

100 

— salpetersaur. 

1230  | 

Blutkuchen 

1388  Brechbecher 

454 

ßrncinsalze 

1229  1 

Blutlauge 

635  Brechöl 

1013 

Brucin,  salzsaures 

1229 

Blutroth 

1390  Brechweinstein 

898 

— schwefelsaures 

1230 

Blutserum 

1388  Brennen 

185 

Brunolsäure 

1298 

Blutwasser 

1388  Brennstahl 

531 

Bryonin 

1106 

Blutwasser 

1318  Brom 

247 

Buenin 

1119 

Bockstalg 

1023  Bromal 

772 

Büffelhorn 

1351 

Boletsäure 

1032  Bromalkalien 

249 

Bund 

126 

Boli 

140  Bromarsen 

310 

Bukkoöl 

1059 

Boloretin 

1314  Broinarsin 

787 

Burgunderpech 

1073  1 

Bor 

331  Brombenzoesäure 

675 

Butter 

1023 

Boracit 

437  Brcmbenzoes.  Salze 

676 

Butterarten 

1021 

Boracium 

331  Brombenzoyl 

671 

Buttersäure  920.  921 

Boras  Sodae 

399  Bromcyan 

644 

Buttersäuren 

920 

Borax 

399  Brometum  liydrargy 

Butyron 

922 

— gebrannter 

400  rioum 

566  Butyrum  antimonii 

460 

Boraxglas 

400  — hydrargyrosum 

565 

— Cacao 

1022 

— octaedrischer 

400  — Kalii 

361 

— Stanni 

500 

— • raffinirter 

399  Bromjod  im  Maximum  258 

— vaccinum 

1023 

— roher 

399  — im  Minimum 

258 

ßuxin 

1234 

— usta 

400  Bromjodhydrat 

258 

p 

— veneta 

399  Bromisatin 

1140 

V. 

— wasserleerer 

400  Bromkalium 

361 

Cacaobutter 

1022 

Boraxsäure 

332  Bromkalk 

421 

Cadetsche  Flüssigk. 

785 

— krystallisirte 

333  Bromkohlenstoff,  fest.  329 

Cadmia  fornacum 

485 

Boraxsaures  Oueck- 

— flüssiger 

329 

Cämentation 

185 

silberoxydul 

576  Brommetalle 

252 

Cämentirstahl 

531 

Boraxweinstein 

886  — bromquecksilber- 

Cämentwasser 

537 

Boron 

331  saure 

567 

Caffeebohnen 

1242  \ 

Boronoxyd 

332  Bromnapthalase 

1307 

Caffein 

1240 

Boronsäure 

332  Bromnaplitalise 

1307 

Caincabitter 

1031  i 

Borsäure 

332  Bromnatrium 

389 

Caincauium 

1031  i 

Bougies 

142  Bromphenissäure 

1295 

Caincasäure 

1031 

Brandharz 

1290  Bromquecksilber, 

Cajeputöl 

1047 

Brandöl 

1290  doppelt 

566 

Calcaria 

415 

Branntwein 

700  Bromquecks.  einfach  566 

Calcaria  acetica 

754 

Branntweinbrennerei  1327  Bromquecksilber- 

— carbonica 

427 

Brasiliu 

1095  säure 

566 

— chlorata 

419 

Ca 

Ce 

Ch 

11 

Seite. 

Seite. 

Seite. 

Calcaria  extincta 

416 

Carapin 

1232 

Centaurin 

1100 

— hydrata 

416 

Carbo 

312 

Centralkräfte 

18 

— hydrochlorica 

418 

Carbobenzid 

678 

Centrifugalkraft 

18 

— hypo-jodosa 

421 

Carbonas  barytae 

412 

Centripetalkraft 

18 

— jo data 

421 

— baryticus 

412 

Cera 

1027 

— jodica 

422 

— calcicus 

427 

— citrina 

1027 

— muriatica  sicca 

417 

— cupricus 

548 

— viridis 

763 

— nitrica 

417 

— ferrosus 

532 

Cerain 

1028 

— oxymuria- 

— kalicus 

374 

Cerainsäure 

1030 

tica 

419 

— Lixiviae 

374 

Cerasin 

1259 

— phosphorica 

425 

— Magnesiae  c.  hy- 

Cerata 

151 

— puva  liquida 

46 

drate  Magnesiae 

435 

Cerebrinsaure 

1377 

— sulphurata 

422 

— natricus  c.  aqua 

395 

Cerebrolein 

1378 

— sulphurato-sti- 

Carbonas  zincicus 

491 

Cereoli 

142 

biata 

477 

Carbo  animalis 

321 

Cerin 

1028 

— sulphurica 

424 

— sanguinis 

321 

Cerium 

438 

Calcinatio 

185 

— Spongiae 

322 

Ceriumchlorid 

439 

Calcium 

414 

Carbolsaures  Kali 

1293 

Ceriumchlorür 

439 

— chloratum  kry  st. 

417 

Carbonisatio 

187 

Ceriumoxyd 

439 

• — fluoratum 

422 

Cardamomenöl 

1048 

Ceriumoxydsalze 

439 

— jodatum 

421 

Car  min 

1152 

Ceriumoxydul 

439 

— oxy  datum 

415 

— Bereitungsart 

1152 

Ceriumoxydulsalze 

439 

— sulphuratum 

422 

— blauer  1133.1134 

Ceroxydul,  ameissaur.832 

Calciumoxyd 

415 

Carminstoff 

1152 

Ceroxydul,  Schwefels.  439 

Calciumhyperoxyd 

417 

Carotin 

1086 

Ceroxydul,  weinsaur.  890 

Calendulin 

1322 

Carthäuserpulver 

466 

Cerosin 

1030 

Calmusöl 

1049 

Carthagena-  China, 

Cerussa 

509 

Calomel 

559 

Pflanzenbase  darin  1188 

— antimonii 

470 

Calorimotor,  Hare’s 

112 

Carthamin 

1092 

— citrina 

504 

Calx  antimouii  alba 

471 

Carthaminsäure 

1092 

Cetaceum 

1025 

— antimonii  c.  sul- 

Caryophyllin 

938 

Ceten 

841 

phure,  HofFm. 

477 

Cascarillin 

1119 

Cetin 

1024 

— Marcasitae 

479 

Cascarillöl 

1055 

Cetrarin 

1103 

— usta 

415 

Casein,  Thier- 

1338 

Cetyl 

839 

— viva 

. 415 

Cassave 

1245 

Cetylchlorür 

840 

— Zinci 

484 

Cassiaöl 

692 

Cetyoxyd-kali,  schwe- 

Camphen 

1037 

Cassiin 

1119 

felsaures 

840 

Camphilen 

1037 

Cassius’s  Purpur 

594 

Cetylsäure 

942 

Camphor 

929 

Casslergelb 

507 

Chabertsöl 

1038 

— künstlicher 

1037 

Castin 

1234 

Chaerophyllin 

1235 

Camphoröl 

928 

Castorin 

1026 

Chalybs 

531 

Camphorsäurc 

924 

Castoreum-Resinoid 

1079 

Chamäleon  mineral. 

449 

— wasserfreie 

926 

Castoroil 

980 

Charta  cerata 

142 

Camphron 

930 

Catechin 

863 

Chelerythrin,  schwe 

- 

Candelae  fumales 

142 

Catechu 

863 

felsaures 

1201 

Canellin 

1119 

Cathartin 

1107 

Chelerythrin 

1200 

Caniramin 

1228 

Causticum  antimo- 

— chelidons. 

1201 

Cantharidencamphor  1065 

niale 

460 

— phosphors. 

1201 

Cantharidin 

1065 

— lunare 

582 

Chelidonin 

1199 

Caprinsäure  920.  922 

Cautchen 

1068 

— phosphors. 

1200 

Capronsäure  920.  922 

Cauterium  potentiale 

! 350 

— Salpeters. 

1200 

Capsicin  1080.  1233 

Cautschin 

1068 

— salzsaures 

1200 

Caput  mortuum  Vi- 

Cautschuc 

1066 

— schwefelsaures 

1200 

trioli 

518 

Cedriret 

1284 

Chelidonsäure 

1031 

Caragheenschleim, 

Cedroöl 

1040 

Chelidonsaur.  Chele 

Zus. 

1262 

Cellulose 

1266 

rythrin 

1201 

Caramel 

802 

Cendres  bleues 

548 

Chelidoxanthin 

1090 

12 


Ch 


Ch 


Ch 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

Chemie  unorganische  192 

— doppelt 

463  Chlorige  Säure 

237 

Chemie  der  einfachen 

— einfach 

460  Chlorindatmit 

1143 

Radicale 

192 

Chlorarsen 

309  Chlorindin 

1140 

— der  zusammen- 

Chlorarsin 

786  Chlorindopten,gechl.  1 1 42 

gesetzten  Radicale  192 

Chloras  baryticus 

408  Chlorindoptensäure 

1143 

— organische 

192 

— calcicus 

421  Chlorine 

231 

Chermesroth 

1152 

— kalicus 

358  Chlorine,  dreifach  oxy- 

Chica 

1092 

— potassae 

358  genirte 

237 

China  nova,  Pflanzb.  1188 

Chlorbariuin 

407  Chlorinsäure,  oxyg. 

239 

Chinas  t off 

1173 

Chlorbenzid 

678  Chlorisatin 

1138 

Chinasäure 

917 

Chlorbenzol 

678  Chlorisatinsäure 

1139 

Chinasaur.  Chinin 

1180  Chlorbenzoyl 

67 1 Chlorisatyd 

1140 

— Cinchonin 

1184 

Chlorblei 

507  Chlorisatydsäure 

1140 

Chiniuin 

1173 

Chlorboron 

334  Chlorjod  im  Maximo 

258 

Chinin 

1173 

Chlorbrom 

252  Chlorjod  im  Minimo 

258 

Chinaharz 

1173  Chlorbromnaphtalosel307  Chlorkali 

358 

Chininsalze 

1173 

Chlorcalcium 

417  Chlorkalium 

355 

Chinin  chinasaures 

1180 

— basisches 

419  Chlorkalk 

419 

Chinin  chlorsaures 

1177 

— krystallisirtes 

417  Chlorkohlenoxyd 

614 

Chinin  citronens. 

1180  Chlorcamphen 

1036  Chlorkohlensäure 

614 

Chinin  - Eisenoxydul, 

Chlorcautschin 

1068  Chlorkohlens.  Aether  725 

blaus. 

1179 

Chlorchrom 

445  Chlorkohlenst.  ändert. 329 

— eisenblaus. 

1179 

Chlorcyan 

643  — einfach 

328 

— essigsaures 

1180  Chlorcyanaether 

773  — halb 

328 

— galluss. 

1180  Chlorcyauwasser- 

Chlorkupfer  einfach 

541 

— jodwasserstoff. 

1177 

stoffsäure 

623  Chlormagnium 

431 

— jodsaures 

1177 

Chloreisen,  anderthalb  52 1 Chlormangan 

451 

— klees. 

1180 

— einfach 

520  Chlormenthen 

1052 

— phosphors. 

1179 

Chloretlieral 

776  Chlormetalle 

246 

— salzsaures 

1177 

Chloretum  ammonii 

245  Chlormethylaether 

837 

— Schwefels,  bas. 

1178 

Chloretum  auri  cum 

Chlormolybdän 

443 

— Schwefels,  einf. 

1179 

Chloreto  natrii 

594  Chlornatrium 

386 

— unterschwefels. 

Chloretum  auricum 

592  Chlornatron 

387 

— weinsaures 

1180 

— barii  c.  aq. 

407  Chloruaphtalase, 

Chinoidin 

1185 

— Calcii 

417  salzsaure 

1306 

Chinovabitter 

1113 

— cupricum 

542  Chlornaphtalase 

1306 

Chinovasäure 

1033 

— ferricum 

521  Chlornaphtalese 

1306 

Chinoyl 

919 

— ferric.  cum  Chlo- 

Chlornaphtal., salzs. 

1306 

Chitin 

1348 

reto  ammonico 

523  Chlornaphtalis 

1306 

Chiococcin 

1222 

— ferrosuin 

520  Chlornaphtalos 

1307 

Chlor 

231 

— hydrargyricum 

562  Chlornaphtalinsäure  1307 

— wässriges 

234 

— hydrargyrosum 

559  Chloroeinnose 

694 

Chloracetylsäure 

770 

— Kalii 

355  Chlorometer 

235 

Chloracetyls.  Salze 

771 

— Kalicum 

355  Chlorometer 

419 

Chloral 

768 

— Natri 

387  Chloromichmyls. 

1383 

Chloral,  unlösliches 

769 

— Natrii 

386  Chlorophenis,  salzs. 

1295 

Chloralhydrat 

769 

— natricum 

386  Chlorophyll 

1097 

Chloralumium 

343 

— Sodae 

386  Chloroxyd 

235 

— wasserhaltiges 

343 

Chlorgold 

592  Chloroxydul 

235 

Chlorammonium 

245  Chlorgoldsaures  Na- 

Chlorpheness&ure 

1295 

Chloranilam 

1141 

triumchlorid 

594  Chlorphenis 

1295 

Chloranilammon 

1141 

Chlorhaltige  Unter- 

Chlorphenissäure 

1295 

Chloranil 

1140 

salpeters. 

244  Chlorphosph.ini  Maxi 

- 

Chloranilsäure 

1144 

Chlorhydrat,  festes 

234  mum 

301 

Chloranlhracenuse 

1310 

Chlorid 

39  Chlorphosphor  im  Mi- 

Chlorantimon,  auderth.460 

Chloridum  stibicum 

463  niinuin 

301 

— wässriges  andh. 

462 

Chlorid  um  stibiosum 

462  Chlorphosphorstickst.  301 

Ch 


Ci 


Co 


13 


Seite. 

Chlorprotoxyd  235 

Chlorquecksilber,einf.  562 
Chlorquecksilber,  dop.  562 
Chlorqueeksilber 
— quecksilberoxyd  563 


Chlorquecksilbers.  562 
Chlors  alicyliinid  689 
Chlorsalicylsäure  688 
Chlor  salze  197 

Chlorsäure  238 

— oxydirte  239 

Chlorsaures  Kali  358 

— Chinin  1177 

— Chinchonin  1183 

Chlorscheel  442 

Chlors  chwefel,  einf. 

— halb  256 

Chlorsilber  585 

Chlorsilberammoniak  585 
Chlorsilicium  338 

Chlorspiroyl  688 

Chlorstickstoff  244 

Chlorstrontium  414 

Chlortantal  441 

Chlor  titan  440 

Chlortitan  — Ammo- 
niak 440 

Chloruran  446 

Chlorvalerisinsäure  932 
Chlorvalerosinsäure  933 
Chlorvanadin  444 

Chlonvasser  234 

Chlorwasserstoffaeth.  706 
Chlorwasserstoflf- 
Chlorhelenin  1063 
Chlorwasserstoffs. 

Anilin  1166 

Chlorwasserstoffs.  240 
Chlorinwismuth  482 

Chlorzink  488 

Chlorzinn,  doppelt  500 
Chlorzinn,  einfach  500 
Chocoladebereitung  139 
Cholansäure  1374 

Choleiusäure  1368 

Cholinsäure  1372 

Cholsäure  1374 

Choloidinsäure  1371 
Cholsterin  1025 

Cholsterinsäure  1026 
Chondrin  1358 

Chrom  444 

Chromchlorid  445 

Chromchlorid,  chrom- 
saures 445 

Chromchlorür  445 

Chromgelb  511 


Seite. 

Chromoxjrd  444 

Chromoxyd,  braunes  445 

— ölsaures  967 

— weinsaures  895 

Chromoxydhydrat  445 
Chromoxydkali,  klees.  614 
Chromox.  Kali  Aveins.  895 
Chromoxydsalze  445 
Chromsäure  445 

Chroms aur.  Bleioxyd  5 1 1 
Chromsaur.  Silberox.  587 
Chrys  amminsäure  1155 
Chrys amminsäure  u. 

Ammoniak  1156 

Chrysammins.  Baryt  1156 

— Bleioxyd  — 

— Kali  — 

— Kalk  — 

— Kupferoxyd  — 

— Natron  — 

— Silberoxyd  — 

— Zinkoxyd  — 

Chrysammins.  Salze  1155 
Chrys  anilsäure  1146 
Chrysen  1290 

Chrysenase,  nitrite  de  1 290 
Chrysocolla  Plinii  399 
Chrysolepinsäure  1156 
Chrysolepinsaures  Am- 
moniak 1157 


— Baryt 

— 

— Kali 

— 

— Natron 

— 

— Silberoxyd 

— 

Chrysolith 

437 

Chylus 

1382 

Chymus 

1379 

Cinchonin 

1181 

— chinins  aur. 

1184 

— chlorsaures 

1183 

— essigsaures 

1184 

— gallussaures 

1184 

— jodsaur. 

1183 

— Jodwasserstoffs 

1183 

— kleesaur. 

1184 

— phosphors. 

— 

— salpetersaur. 

— 

— salzsaur. 

1183 

— Schwefels. 

1184 

— weins  aur. 

1184 

Cinchoninsalze 

1183 

Cinchonium 

1181 

Cicutin 

1168 

Cicutin 

1234 

Cineres  clavellati  cal- 
cinati  374 

— clavellati  crudi  — 


Cinis  antimonii 

Seite. 

457 

Cinis  bismuthi 

479 

— Pluinbi 

503 

— Stanni 

498 

— Zinci 

484 

Cinnabaris 

571 

dinnamein 

694 

Cinnamyl 

692 

Cinnamylsäure 

693 

— Salze 

— 

CinnamylwassertofF 

693 

— salpetersaurer 

694 

Circulirfeuer 

145 

Cissampelin 

1236 

Citren 

1040 

Citrilen 

1040 

Citronenöl 

1039 

Citronensäure 

865 

Citronensäure,  Zersetz. 

d.  Wärme 

870 

Citronensaur.  Chinin  1180 

Citronens.  Morphin 

1194 

Citronensäure  Salze 

866 

Citronyl 

1040 

Citryl 

1040 

Clysma 

151 

Coagulatio 

185 

Cobaltum 

535 

— crystallisatum 

302 

Coccusroth 

1152 

Cochenille,  Farbstoff 

der 

1152 

Cocinsäure 

938 

Cocogninsäure 

1032 

Cocosbutter 

1022 

Codein 

1195 

Codeinsalze 

1196 

Codeinum 

1195 

Coeruleumberolinense  636 

Coerulin 

1133 

Cohäsionskraft 

9 

Cohobiren 

178 

Colatorium 

132 

Colchicin 

1217 

Colchicinsalze 

1219 

Colchicium 

1217 

Colcothar 

518 

Coliren 

132 

Colla 

1358 

Colletiin 

1119 

Collutorium 

150 

Collyrium 

150 

Colocynthin 

1106 

Colopholsäure 

1072 

Colophon,  Alphaharz 
des 

1072 

— Beta-Harz,  des 

— 

14 


Cr 


cy 


Da 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

Colophon.,  krystall.  Harz 

Crocus  veneris 

539  Cyanjodid 

644 

des 

1072 

Crotonin 

1233  Cyankalium 

629 

— nicht  kris.  llarz  d.  1072 

Crotonöl 

1013  Cyankobalt 

631 

Colophouium 

1074 

Crotonsäure 

924  Cyanmetalle 

324 

— alb  n in 

— 

Crozophora  tinctoria 

, Cyannatrium 

633 

— commune 

— 

blr.  Farbestoff, 

1097  Cyanogen 

323 

— succini 

962 

Crucibula 

186  Cyanpalladium 

630 

Coloquinthenbitter 

1 106 

Cryophor WoUaston’s  93  Cyanquecksilber 

632 

Color  indicus 

1 1 IS 

Crystallisatio 

163  Cyansäure 

618 

Colostrum 

1343 

Cubebin 

1117  Cyansäureäther 

725 

Columbin 

1109 

Cubebenöl 

1041  Cyansilber 

612 

Columbium 

111 

Culilabanöl 

1045  Cyansulfid 

645 

Columbium 

1109 

Cuminsäure 

936  Cyansulfidwasserstoff  645 

Compressionsfeuer- 

Cumyl 

936  Cyanursäure 

624 

zeuge 

98 

Cuprum 

537  Cyanursäure,  unlösl. 

625 

Concretionen  aus  den 

— ammoniacale 

546  Cyanwasserstoffsäure  625 

Speichelgängeu  von 

Cuprum  ammoniat. 

541  Cyanwasserstoffsäure- 

Pferden 

1381 

— ammoniato  mur. 

542  äther 

709 

Condita  139 

Confectiones  139 

Coniin  1168 

— essigsaures  11 71 

— salpetersaures  1171 

— salzsaures  — 

— weinsaures  — • 

Couiinsalze 
Coniinsäure 
Conquassare 
Conservae 


— bisulphurat. 

— muriat.  oxydat. 

— nitric. 

— oxy  datum 

— oxydulat. 

— sulphuratum 


543  Cyanwasserstoffsaure 


542  Strychnin 
541  Cyanzink 
539  Cyclamin 
538  Cynapin 

543  Cypressenöl 


1170 

1032 


— sulphur.  arnmon.  546  Cjstin 


— sulphur.  oxyd. 

— us  tum 
130  Curara 
139  Curarin 


544  Cysticoxyd 
543  Cytisin 
1231 
1230 


1227 

631 

1114 

1234 

1057 

1385 

667 

1107 


D. 


Conserven 

139  Curcumagelb 

1085  Dadyl 

1037 

Contusio 

130  Curcumin 

1085  Dahlienöl 

1057 

Convolvulin 

1236  Cusco-Cinchonin 

1187  Dahlin 

1251 

Convolvulus  arvensis,  Cusparin 

1232  Dammarharz 

1078 

Harz  davon 

1079  Cuve  de  pastel 

1150  Dammerde, Zersetzungs- 

Copaivabalsamöl 

1041  Cyamelid 

625  prod.  darin  vorkom- 

Copaivaharz 

1074  Cyan 

323  inende  Pflanzenüber- 

Copal 

1079  Cyan 

618  reste  d.  Alkalien 

1270 

Copalfirnisse 

1080  Cyan  u.  Ammoniak 

647  Dampf 

15 

Corianderöl 

1051  Cyan  u.  Schwefelwas 

Dampfbäder 

146 

Coriarin 

1119  serstoff 

653  Dampfkochung 

155 

Cornea,  Zus. 

1363  Cyan  u.  Wasser,  Zers.  647  Daphnin 

1104 

Cornin 

1105  Cyan,  Doppelverb,  mit  Daphnin 

1232 

Cornu  Cervi  ustum  al-  Metall. 

633  Darrmalz 

1326 

bum 

425  Cyanammonium 

628  Datiscagelb 

1089 

Corpus  pro  balsamo  Cyanargen 

788  Datiscin 

1119 

sulphuris 

988  Cyanarsin 

787  Daturin 

1205 

Corticin 

1119  Cyanbeuzoyl 

672  Daturin,  Schwefels. 

1 207 

Corydalin 

1231  Cyanbrojnid 

644  Daturinsalze 

1207 

Cosmeticum  Clavii 

481  Cyanchlorid 

643  Daturium 

1205 

Courbarillöl 

1059  Cyaneisen 

631  Decantatio 

136 

Cremor 

183  Cyaneisenkalium 

635  Decantirgefässe 

136 

Cremor  tartari  solubil.  886  Cyaneisennatrium 

636  üecocto  infusum 

154 

Creta 

427  Cyanetum  hydrargy 

Decoctum 

153 

Cribra 

131  rieum 

632  Decrepitatio 

185 

Crocus  antimonii 

475  Cyanetum  kalii 

629  Dehnbarkeit 

10 

Crocus  martis 

518  Cyangold 

633  Deliquescentia 

148 

Crocus  metallorum 

475  Cyanilsäure 

649  Delphinin 

1220 

Dy 


Ei 


El 


15 


Delphinium  1 220 

Delphinsäure  923 

Dcfectur  189 

Desoxydirung 
Despumatio  134 

Desrosne’sches  Salz  1148 
Destillatio  172 

Destillation,  trockne  181 
Destillationsprod.  des 
Alaunschiefers  1310 

Destillationsprod.  der 
Braunkohlen  1291 

Destillationsprod.  des 
Holzes  1274 

Destillationsprod.  der 
Steinkohlen  1291 

Destilliren  176 

Destillirblase  172 

Detonnatio  187 

Dextrin  1249 

Dextrin,  Zus.  1253 

Dextrinbaryt  1249 

Deutoxid  205 

Diachylon- Pflaster  1017 
Dialursäure  664 

Diamant  313 

Diana  578 

Diastase  1325 

Dichtigkeit  3 

Dicksäfte  167 

Digestio  152 

Digestion  152 

Digestivsalz  355 

Digitalin  1235 

Dilapsio  185 

Dillöl  1041 

Diosmin  1119 

Dissolutio  180 

Dogfishoil  1014 

Dolomit  437 

Doppelsalz  369 

Doppelsalze  194 

— neutr.  d.  Aethylox.  711 
Doppelspath,  isländ.  427 
Dostenöl  1053 

Dostenöl,  cretisches  1053 
Dracenin  1078 

Drachenblut  1091 

Drachen  blutharz  1078 

Draco  mitigatus  559 

Druckerfirniss  1012 

Dumasin  781 

Durchschlag  129 

Durchseihen  132 

Dyslysin  1373 

E. 

Eau  de  Javelle  358 


Seite. 

963 


Eau  de  Luce 
Ebene  schiefe 
Ebur  ustuin  nigrum 
2^5  Ecclegma 

EfFervescentia 
Edulcoratio 
Eichengerbsäure 
Eichengerbs.  Strych 
nin 


tes,  Zus. 

Eichenrindebitter 
Eieröl 

Eihaut,  innere,  Zus. 
Einäscherung 
Einsalzen 
Einspritzung 
Einweichung 
Eisen 

Eisen  u.  Kalium 
Eisenalaun 
Eisenbisulfuret 
Eisenblausäure 
Eisenblausaur.  Chi- 
nin 

Eisenblumen 
Eisenchloridl.  äth. 
Eisenchlorid 
— Chlorammonium 
Eisenchlorür 
Eisencyanid 
Eisencyankalium 
Eisencyanür 
— Cyanid 
— * Cyanid 
Eisenextract 
Eisenjodid 
Eisenjodür 
Eisenkugeln 
Eisenmohr 
Eisenöl 
Eisenoxyd 

Eisenoxyd- Ammoniak, 
salzs.  523 

Eisenoxyd,  äpfelsaur.  913 
Eisenoxyd,  arsens. 

— berizoes. 

— essigsaures 

— gerbsaures 

— jodsaur. 

— • meconsaures 

— ölsaures 

— phosphorsaures 

— salpetersaures. 

— salz  saures 

— schwefelsaures 
Eisenoxydhydrat 


.Seite- 

Eisenoxydkali,  kohlen  s. 


20 

m.  Überschuss.  Kali 

534 

321 

Eisenoxydkali,  weins. 

891 

150 

Eisenoxydsalze 

519 

180 

Eisenoxydul 

514 

152 

— arseniksaures 

530 

851 

— benzoesaures 

670 

— blausaures 

631 

1228 

— blau  saures 

636 

— essigsaures 

756 

1268 

— gerbsaures 

853 

1102 

— jodsaures 

525 

1021 

— kohlensaures 

532 

1363 

— meconsaures 

848 

188 

— milchsaures 

817 

143 

— phosphorsaures 

580 

151 

Eisenoxydul,  salpet. 

520 

152 

— salzsaures 

520 

512 

— schwefelsaures 

528 

534 

— weinsaures 

891 

534 

— Chinin,  blaus. 

1179 

527 

Eisenoxydulkali 

634 

blaus. 

635 

— weins. 

891 

1179 

Eisenoxydulhydrat 

514 

521 

Eisenoxyduloxyd 

515 

700 

Eisenoxydul,  arsens. 

530 

521  — oxyd,  phosphors.  530 

523  Eisenoxyduloxydhydr.517 
520  Eisenoxyduloxydsalzeöl 7 
631  Eisenoxydulsalze  515 

635  Eisenoxydulzinkoxyd, 

631  blausaures  640 

631  Eisenpersulfid  527 

636  Eisensafran  518 

913  Eisensalze,  kieseis.  533 
525  Eisenseife  1010  u.  1020 

524  Eisensesquisulfuret  527 

891  Eisensulfid  527 

515  Eisensulfür  525 

522  Eisensulfuret  525 

518  Eisentinctur  Ludwig’s  893 

— salzsaure  521 

— Stahls  534 

— tartarisirte  893 

531  Eisenuntersulfuret  525 
670  Eisenvitriol  528 

756  Eisenweinstein  891 

853  Eisessig  745 

525  EiweisstofF  1333 

848  Elaen  998 

967  Elaeosacchara  137 

530  Ellagallussäure  860 

520  Elaidinsäure  965  u.  970 

521  Elaidinsäure,  Zerset- 

529  zung  durch  Kali  978 
518  Eialdehyd  738 


16 


Er 


Ex 


Fe 


Seite. 

Elasticität  1) 

Elaterin  1105 

Elayl  774 

Electricität  104 

— entgegengesetzte  106 

— negative  106 

— positive  106 

Electrisirmaschine  105 
Electroden  116 

Electrolyt  116 

Electroinagnetismus  121 
Electrophor  108 

Electrum  961 

Electrometer  Volta’s  117 
Electuaria  140 

Elemente  chemische  37 
Eleiniharz  1075 

Elemiöl  1039 

Elfenbein,  schwarz- 

gebranntes  321 

Elixir  153 

Elixiria  153 

Elixivatio  152 

Elutriatio  132 

Email  499 

Emetin  1221 

Emetine  color<5e  1222 
Emetium  1221 

Emplastrumalb.  eoct.  1019 

— anglicum  143 

— Cerussae  1019 

— Diachylon  1017 

— hydrargyri  1020 

— Lyfchargyri  1017 

— plumbi  1017 

— de  spermate  ra- 

narum  1019 

Empois  1046 

Emulsin  683 

Emulsin  1321 

Emulsio  amygdalarum  1 49 
Emulsion  148 

Enallochrom  1098 

Enema  151 

Ens  Veneris  543 

Entbindungsmoment  46 
Entwicklungsflaschen  183 
Enzianbitter  1100 

Epidermose  1355 

Erde  glasachtige  336 
Erden  197 

Erdharz,  elastisches  13J5 
Erdpech  1314 

Ergotin  1111 

Ernährungsprocess  d. 

Pflanzen  u.  Thiere  1397 
Erythrilin  1125 


Seite. 

Erythrilinbitter  1125 

Erythrin  1119,  1124 

Erythrische  Säure  656 

Erythrogen  1153 

Erythroleinsäure  1127 

Erythrolein  1127 

Erythrolitmin  1128 

Erythronium  443 

Erythrophyll  1096 

Erythroprotid  1354 

Esdragonöl  1056 

EselskiirbLssbitter  1105 

Esenbeckin  1235 

Essenzen  152 

Essentiae  152 

Essenz,  flüchtige  1082 

Essigäther  748 

Essige,  medicinische  152 
Essiggeist,  versiisster  749 
Essignaphta  748 

Essigsäure  740 

— Zersetzungsprod.  779 

— Atropin  1213 

— Chinin  1180 

— Cinchonin  1184 

— Coniin  1171 

— Morphin  1194 

— Strychnin  1228 

— Salze  747 

— Zersetzungsprod.  779 

Euchlorine  235 

Eudiometer  215 

— von  Achard  215 

— von  Brunner  216 

— - Berthollet  215 

— - Davy  215 

— - Döbereiner  216 

— - Fontana  215 

— - Reboul  215 

— - Scheele  215 

— - Gay  Lussac  216 

— - Saussure  216 

Volta  216 

Eugenin  938 

Eupatorin  1235 

Euphorbiin  1235 

Euphorbiumharz  1075 

Eupion  1288 

Evaporatio  1 63 

Evonynim  1119 

Excreinente  1382 

Expressio  134 

Extracte  166  u.  168 

— einfache  168 

— heiss  ausgezogne  168 

— kalt  ausgezogene  168 

— wässrige  168 


Seite. 

Extracte,  wässrige  1099 

— weingeistig  1099 

— weinige  1 68 

— Zusammengesetz.  168 

Extractio  152 

Extractivstoff  1099 

— bitterer  1099 

— milde  bitterer  1099 

— des  Opium  1111 

— narkotisch,  bit- 
terer 1099 

— scharf  bittrer  1099 
Extractivstoff,  süsser  1 264 
Extracta  calide  par.  168 

— composita  168 

— frigide  parata  168 

— Garayana  168 

— simplicia  168 

Extractura  ferri  poma- 

tum  et  eydoniatum  913 

F 

Faecula  1244 

Faecula  aronis  1254 

— iridis  1254 

Fällung  183 

Fällungsmittel  183 

Fäulniss  von  Schwe- 
fel- und  stickstoff- 
haltigen Pflanzen- 
stoffen 1329 

Fäulnissprocess  der 
Pflanzen  1268 

Fagiu  1119 

Fallkrautblumenharz  1080 
Falllinie  19 

Farbe,  rotlie  der  Blu- 
men 1096 

Farbenbild  101 

Farbenzerstreuung  101 
Farbstoffe  1084 

— Bleichen  der  1084 

— blauer  1096 

— gelber  1085 

— grüner  1097 

— rother  1091 

— rother  d.  Blätter 

im  Herbst  1096 

Farrenkrautwurzelöl  1 02 1 
Fasciculus  1 26 

Faser,  stärkmehlart.  1254 
Fasergyps  425 

Faul  bäum,  gelbe  Rinde 
vom  1086 

Fayence  344 

Federharz  1066 

Federn,  Zus.  1351 


Fe 


Fl 


Ga 


17 


Seite. 

Feile 

132 

Fellansäure 

1375 

Fenchelöl 

1050 

Ferment 

1331 

Fermentatio 

187 

Fernambuckholzöl 

1057 

Fernambuckroth 

1095 

Ferridcyan 

640 

Ferridcyaneisen 

641 

Ferridcyankalium 

641 

Ferridcyamnetalle 

640 

Ferridcyanwasserst. 

säure 

640 

Ferro  cy  an 

634 

Ferrocyanammonium 

634 

Ferrocyanbarium 

636 

Ferro  cyanblei 

636 

Ferrocyaneisen 

636 

Ferrocyanid  d.  Eisens 

bas. 

639 

Ferrocyanide  634 

, 635 

Ferrocyankalium 

635 

— Calcium 

639 

— Eisen 

639 

— Ferrocyanideisen  639 

— Ferrocyanzink 

640 

F errocyankupfer 

636 

Ferrocyannatrium 

636 

Ferrocyanquecksilber  636 

Ferrocyaniire  634,  635 

— mit  2 bas.  Metall. 

639 

Ferrocyanverbiudung, 
Constit.  642,  643. 
F err o cy  anwas  s er  s toff- 
säure  634 

Ferro  cyanzink  636 

Ferrum  512 

— bisulphuratum  527 

— carbonicum  518 

— carbonic.  oxydul.  532 

— carb.saccharat.  533 

— chloratum  520 

— hydrocyanicum 
oxydo  - oxydulat  636 

—^jodatum  525 

— muriat.  oxydat.  521 

— muriat  oxydul.  520 

— nitr.  oxydat  520 

— nitricum  oxydulat  520 

— oxydatumfuscum  518 

— oxydo -oxydulat.  515 

— oxydulatum  514 

— oxydul.  nigrum  515 

— sesiquchlorat  521 

— sulphuratum.  525 

— sulphur.  oxydat.  529 

— sulphur.  oxydulat.  528 


Seite. 

Fettarten  980 

Fette,  feste  1021 

Fette  weiche  1021 

Fette  Körper  Wirkung 
der  Wärme  982 

Fettsäure  969 

Feuerluft  198 

Feuerzeug  Döberei- 
ner’s  208 

Fibrin,  - Thier  1337 

Fichtelit  1313 

Fichtenharz  1073 

Fichtenrinde,  Hauptb.  1268 
Filtriren  133 

Filtrirkorb  133 

Filtrirmaschine  Ro- 
mershausen’s  133 

Fingervoll  126 

Firnisse,  fette  1081 

Fischleimsüss  1265 

Fischthran  1013 

Fish  oil  1013 

Flasche  Florentiner  177 

Flatterruss  1316 

Flavinschwefelsäure  1134 
Flechten  Einsanunl.  128 

Flechtenbitter  1102 

Flechtenstärkmehl  1251 

Fleischerhaltendes 

Princip  1279 

Fliegengift  302 

Florentiner  Lack  1152 

Flores  180 

— Antimonii  455 

— Bismuthi  480 

— Benzoes  668 

— Cupri  539 

— Salis  ammon.  dep.  245 

— Salis  Amm.  mart.  523 

— Salis  Amm.  Vener.  543 

— Sulphuris  261 

— Sulphuris  loti  261 

— viride  aeris  761 

— Zinci  484 

Flüchtigkeit  11 

Flüssigkeit,  Boyles 

rauchende  283 

— Labarraque’s  387 

— natronhaltige  387 

Fluor  258 

Fluor  albus  375 

Fluor  niger  375 

Fluorarsen  310 

Fluorarsin  787 

Fluorboron  335 

Fluor  - Boron  Ammon.  259 
Fluorcalcium  422 


Fluoretum  Calcii 

Seite. 

422 

Fluoridum  hydricum 

259 

Fluorine 

258 

Fluorkalium 

366 

— Fluorwasserstoffs.  366 

Fluormetalle 

259 

Fluornatrium 

390 

Fluorsalze 

197 

Fluorsiliciumgas 

338 

Fluorsilicium-Kalium  380 

— metalle 

339 

— Natrium 

401 

Fluorwasserstoffsäure259 

Fluss  schneller, 
Baumö’s 

354 

Fluss,  wässriger 

44 

Flufs  säure 

259 

Flusspath 

422 

Flusspathsäure 

259 

Fomentatio 

150 

Formeln 

79 

Formomethylal 

827 

Formyl  mit  Chlor 

833 

Formylchlorid 

835 

Formylbromid 

836 

Formyljodid 

836 

Formylsäure 

828 

Formylsulfid 

836 

Fotum 

150 

Fraxinin 

1115 

Fraueneis 

424 

Frischstahl 

531 

Froschlaichpflaster 

1019 

Früchte  Elnsamml. 

128 

Fruchtmark 

167 

Fuligo  splendens 

1316 

Fumaramid 

917 

Fumarin 

1233 

Fnmarsäure 

916 

Fungin 

1322 

Fusio 

186 

Fusssohle-Oberhaut, 

Zus. 

1351 

G. 

Gadolinerde 

438 

Gährung 

187 

— schleimige 

813 

— weingeistige 

811 

Gänsefett 

1024 

Galambutter 

1023 

Galbanumöl 

1056 

Galeerenofen 

146 

Galena 

507 

Galeopsis  villosa, 
Harz  von 

1080 

Galgantöl 

1048 

2 


Geiger’s  Handb.  1.  Band,  5te  Auflage.. 


18 


(Je 


Go 


Go 


Seite. 

Galipot  1073 

Galilzenstein,  weisser  489 
Gallitzenstein,  blauer  544 
Gallaepfel,  gelberFarb- 


stotT  darin 

1089 

GäUäpfeltinctur 

860 

Galle 

1368 

Gallenfett 

1025 

Gallensäure 

1368 

Gallensteine 

1375 

Gallerte 

172 

Gallussäure 

855 

— Zersetzung  durch 

Wärme 

557 

Gallussaure  Salze 

856 

Galluss.  Chinin 

1180 

Galluss  Cinchonin 

1184 

Galmei,  künstlicher 

491 

Galvanismus 

110 

— Theorie  u.  Gesch.  118 

Galvan.  Kette  1 1 0 u.  1 1 2 

Gargarisma 

150 

Gase 

15 

Gasentwicklung 

183 

Gas  ölbildendes 

320 

— 

774 

Gas,  ölerzeugendes 

320 

Gebläse  Neumannisch.201 

Gehirn 

1376 

Gehirncholsterin 

1378 

Gehirnwachs 

1378 

Gein 

1270 

Geinsäure 

1270 

Geist,  abgezogener 

179 

Geist,  wilder 

315 

Gelatina 

172 

Gelatina 

1358 

Gelbholzgelb 

1088 

Gelöe 

172 

Genievre 

1038 

Genista  tinctoria,  gel 

ber  Farbstoff 

1089 

Gentianin 

1100 

Geräthschaften 

143 

Geraniin 

1119 

Gerbestoff 

851 

Gerbsäure 

851 

— u.  Basen 

852 

— Zersetzungsprod.  853 

— Zersetzungsprod. 
durch  Wärme  857 

Gerinnung  185 

Gerstenmehl,  Anal.  1330 
Geschrei  des  Zinns  496 
Gesetz,  Mariottisches  33 
Getreidebranntwein  1328 
Getreideöl  1 328 


Gewicht  Apotheker- 

Seite. 

125 

— absolutes 

9 

— Civil 

128 

— französisches 

125 

— Medicinal 

125 

— spccifisches  9 u.  24 

Giesspuckel 

186 

Gilla  Theophrasti 

489 

Gift 

2 

Giftmehl 

303 

Giflschrank 

125 

Gin 

1038 

Gips 

424 

Gips,  gebrannter 

424 

Glacies  mariae 

424 

Glätte 

503 

Glanzmangan 

448 

Glanzruss 

1316 

Glas 

379 

Glas 

428 

Glaubersalz 

391 

Glaucin 

1201 

— salzsaur. 

1201 

— schwefelsaures 

1202 

Glaucopicrin 

1202 

— phosphors. 

1202 

— salzs. 

1202 

— Schwefels. 

1202 

Gliadin 

1323 

Globuli  martiales 

891 

Globuli,  Sanguinis 

1387 

Globulin 

1389 

Glockengut 

549 

Glucinerde  weinsaure  890 

Glucinsäure 

sni 

Glühung 

185 

Glutinunterschwefels  1301 

Glyceryl 

844 

Glyceryloxyd 

844 

— buttersaures 

921 

— citrons. 

867 

— elaidins.  971  u.  1000 

— margarinsaures 

943 

— myristins. 

940 

— ölsaures 

965 

— palmitinsaures 

941 

— saures,  talgsaures  947 

— Schwefels,  saur. 

845 

Glyceryloxydhydrat 

844 

Glyceryloxydkalk 

Schwefels. 

845 

Glycinerde 

345 

Glycinerdesalze 

345 

Glycion 

1264 

Glycium 

345 

Gljcyrhizin 

1264 

God  oil 

1014 

Seite. 

Gold  588 

Goldamoniür  591 

Goldchlorid  592 

— Chlornatrium  594 

Goldchlorür  593 

Gold  cyanid  633 

Goldglätte  503 

Goldoxyd  590 

— salzsaures  592 

— Ammoniak  591 

Goldoxydhydrat  590 

Goldoxyd-Natron, 

salzsaures  591 

Goldoxydsalze  590 

Goldpurpur  594 

Goldsäure  590 

Goldsalz,  Figuier’s, 

Gozzy’s  590 

— philosophisches  371 

Goldsaures  Ammoniak  59 1 
Goldsaure  Salze  591 

Goldscheidewasser  244 

Goldschwefel  468 

Goldsuboxyd  589 

Gramme  125 

Granatin  1119 

Granuliren  132 

Graphit  313 

Graubraunsteinerz  448 

Grün,  Scheel’sches  547 

Grüner  Grünspan  763 

Grünspan  548 

— destillirter  761 

Guacin  1119 

Guajacin  1113 

Guajacin  1077 

Guajakharz  1076 

Guajakseife  1077 

Guano  1384 

Guaranin  1240 

Guiana-Oel  1045 

Gummi  1256 

— Aufbewahrung  128 
— Copal  1079 

— durch  Schleim- 

gährung  erzeugt  1259 

— elastisches  1066 

— elasticum  1066 

Gummiharze,  Aufbew.  128 
Gummi,  in  kaltem 

Wasser  löslich  1259 

— Guttae,  gelbes 
Harz  von  1086 

Gummilackharz  1077 

Gummi,  schleimiges 
lösl.  1258 

Gurgelwasser  150 


Ha 

Ho 

Hy 

19 

Seite. 

Seite. 

Seite. 

Gusseisen 

531 

Hebel,  doppelarmigei 

• 19 

Hornsubstanz 

1346 

Gussstahl 

531 

— einarmiger 

19 

Hüttenrauch 

303 

Guttae 

150 

— gleicharmiger 

19 

Huile  des  petites 

1013 

Guttulae  alb.  Wardii 

559 

— ungleicharmiger 

19 

graines 

1041 

Gypsuin 

424 

Heber 

30 

Huile  de  poisson 

101 

Gypsum  ustum 

424 

— gewöhnlicher 

136 

Huile  phosphor^e 

989 

Haare 

1346 

— pharmaceut. 

136 

Humin 

1270 

— Zus. 

1351 

Hedwigiaöl 

1057 

Hydrogen 

206 

Hämatin 

1095 

Heilmittel,  Begriff 

1 

Hydrogenium 

206 

Hämatosin 

1392 

Helm 

174 

Hydroleinsäure 

990 

Hämatoxylin 

1095 

Helenen 

1063 

Hydromargarinsäure 

990 

Härte 

10 

Helenin 

1063 

Hydromargaritin- 

Hahnemann’s  aufl. 

Helenin 

1251 

säure 

990 

Quecksilber 

557 

Hepar  antimonii 

473 

Hydrostatik 

20 

Halbbromquecksilber  566 

— sulphuris  alka- 

Hydrosulphuretum 

Halbleiter 

105 

linum 

366 

ammoniae  liqu. 

281 

Haihydrate 

194 

— sulphuris  calca- 

— oxyduli  Stibii 

466 

Halogen 

231 

reuni 

422 

— oxyduli  Stibii  sul- 

Haloide 

197 

— sulphuris  salinum  366 

phuratum 

468 

Haloidsalze 

197 

— sulphuris  vola- 

Hydrothionigsaures 

Hammeltalg 

1023 

tile 

283 

Ammoniak 

283 

Hammerschlag 

514 

Hepatische  Luft 

277 

Hydro  thionsäure 

277 

HandvoU 

126 

Hesperidin 

1105 

— flüssige 

275 

Hanföl 

1012 

Heveen 

1168 

— gasförmige 

275 

Harmala 

1240 

Hippursälire 

674 

— Scheidungsmittel  279 

— phosphors. 

1240 

Hippursaure  Salze 

674 

Hydrothionsaures  Am- 

Harmalaroth 

1240 

Hir  einsäure 

923 

moniak 

281 

Harmalin 

1240 

Hirschhorngeist 

326 

festes 

281 

Harmonika,  chemi- 

—  bernsteinsäure- 

 flüssiges 

281 

sche 

209 

haltiger 

959 

Hygrometrie 

215 

Harn 

1382 

Hirschhornsalz 

325 

Hyoscyamin 

1203 

Harnbenzoesäure 

674 

Hirschhorn,  weissge- 

Hyoscyaminsalze 

1205 

Harnoxyd 

667 

branntes 

425 

Hyoscyamium 

1203 

Harnphosphor 

289 

Hirschtalg 

1023 

Hypericumroth 

1091 

Harnröhrekerzen 

142 

Höllenstein 

582 

Hyperoxyd 

205 

Harnsäure 

654 

Hoffmann’s  Tropfen 

704 

Ilyperoxydirte  Salz- 

Harnsteine 

1386 

Hollunderblrtthöl 

1058 

säure 

238 

Harnstoff 

619 

Hölzer,  Einsammlung  127 

Hypochloris  kalicus 

358 

— kleesaurer 

621 

Holzessigsäure 

745 

— natricus 

387 

— milchsaurer 

815 

Holz,  faules 

1268 

Hypophosphorige 

Harnzucker 

795 

t — Prod.  d.  trock. 

Säure 

293 

Hartharze 

1070 

Destillat. 

1274 

Hyposchweflige  Säure  265 

Harze 

1068 

Holzartiges  Stärk- 

Hyssopin 

1119 

— Aufbewahrung 

128 

mehl 

1254 

Hyssopöl 

1054 

Harz,  Destillations  - 

Holzfaser 

1265 

Huminsäure 

1270 

producte 

1082 

Holzgeist 

818 

Hummerschalen 

1348 

— elastisches 

1066 

Holzgeist 

1274 

Humus 

1270 

Harz-Firnisse 

1C81 

Holzsäure 

744 

Humusextract 

1272 

Harzgoldsuboxyd 

1077 

Holzschwefelsäure 

1267 

Humussäure 

1270 

Harzsalben 

151 

Honig 

149 

Hundsfett 

1024 

Harzseifen 

1071 

Honigstein 

617 

Hydracetyl 

774 

Harz,  weisses 

1073 

Honigsteinsäure 

617 

Hydralogen 

240 

Hasenfett 

1024 

Hopfenbitter 

1110 

Hydrargyrum 

549 

Hatchetin 

1312 

Hopfenöl 

1062 

— ammoniato  - inu- 

Hausenblase,  Zus. 

1362 

Hordein 

1253 

riat.  oxydat.  praec. 

. 564 

Haustus 

150 

Horngebilde,  Zus. 

1351 

— ammoniato -nitr. 

Hebel 

19 

Hornsilber 

585 

oxydulat.  bas. 

557 

2* 


i 


20 


In 


r Jo 


Jll 


Seite. 

Hydrargyrum  bibroma- 


tum  566 

— bhhloratum  562 

— borussicum  632 

— bromatum  566 

— chloratum  550 

— cyanatum  632 

— jodatum  567 

— muriat.  corros.  562 

— muriat.  mite  559 

— muriat.  praecipit.  564 

— nitric.  oxydat.  556 

— uitric.  oxydulat.  554 

— oxydat.  rubr.  552 

— oxydulat.  551 

— oxydulat.  nigr.  557 

— phosphor.  575 

— stibiato-sulphur.  577 

— sulphurat.  nigr.  568 

llydras  baryticus  404 

— kalicus  fusus  350 

— kalicus  siccus  350 

— magnesicus  430 

— natricus  siccus  384 

— Potassae  fusus  350 

Hydrat  194 

Hydriod  säure  256 

— wässrige  257 

Hydriodinsäure  256 

Hydrobenzamid  678 

Hydrobenzoinamid  680 

Hydrobromige  Säure  251 
Hydrobromsäure  250 

— wässrige  251 

Hydrochloras  annnon. 

cum  Oxydo  hydrar- 
gyrico  564 

— baryticus  407 

— calcicus  4 1 8 

Hydrochlorsäure  240 

Hydro  cyans  äure  625 

I. 

Jalappenharz  1078 

Jalappin  1079 

Jamaicin  1237 

Jamespowder  457 

Japonsäure  864 

Jasmincamphor  1058 

Jasminöl  1058 

Jatrophaöl  1013 

Jatrophasäure  924 

Javellisches  Wasser  358 
Idrialin  1312 

Jervin  1230 

Ilicin  1104 

Imperatorin  1115 


Seite. 

Imponderabilien 

85 

Incandescentia 

185 

Incineratio 

188 

Incoercibilien 

85 

Indig,  blauer,  Oxyda 

- 

tionsprodukte 

1137 

— Einwirkung  von 

Chlor  auf 

1142 

— Zersetzungspro- 

dukte  d.  Salpeters. 

1144 

Indigblau 

1150 

— Zersetzungspro- 

dukte  d.  Alkalien 

1145 

Indigbraun 

1149 

Indigo,  blauer 

1130 

— desoxydirter 

1130 

— gemeiner 

1148 

— gemeiner,  Be- 

standtheile 

1149 

— gemeiner,  Dar- 

Stellung 

1148 

Indig-Küpen 

1150 

Indigo,  löslicher 

1134 

— soluble 

1134 

— weisser 

1130 

— Zusammensetz. 

1131 

Indigptlanzenleini 

1149 

lndigpurpur 

1133 

Indigroth 

1149 

— desoxydirtes 

1150 

Indigsäure 

1144 

Indig-Schwefel- 

säuren 

1132 

— Zusammensetz. 

1135 

Indigunterschwefel- 

säure 

1133 

lnfusodecoctum 

154 

lnfusum  calidum 

153 

— frigidum 

152 

Injectio 

151 

Inulin 

1251 

Jod 

252 

Jodarsin 

787 

Jodarsen 

310 

Jodas  baryticus 

409 

— calcicus 

422 

Jodbarium 

409 

Jodbenzoyl 

672 

Jodblei 

507 

Jodcalcium 

421 

— doppelt 

421 

Jodcyan 

644 

Jodeisen,  einfach 

525 

Jodetum  calcii 

<12 1 

— ferrosum 

524 

— hydrargyric. 

567 

— hydrargyros. 

567 

Jodetum  kalicum 

Seile. 

362 

— kalii 

362 

Jodine 

252 

Jodinewasserstoff- 

säure 

256 

Jodkalium 

362 

— doppelt 

365 

Jodkalk 

421 

Jodlösung,  äth. 

700 

Jodmetalle 

258 

— jodquecksilber- 

saure 

568 

Jodnatrium 

389 

Jodquecksilber,  dopp.  567 

— einfach 

567 

— Lösung,  äth. 

700 

Jodqueeksilbersäure 

567 

Jodsalicylsäure 

689 

Jodsäure 

254 

Jodsaures  Chinin 

1177 

— Cinchonin 

1183 

— Eisenoxyd 

525 

— Eisenoxydul 

525 

— Strychnin 

1227 

Jodschwefel 

286 

Jodsilber 

586 

Jodstärkmehl 

1250 

Jodstickstoff 

258 

Jodtinctur 

702 

Jodwasserstoffäther 

707 

Jodwasserstoffsäure 

256 

Jodwasserstoffsaures 

Brucin 

1230 

— Chinin 

1177 

— Cinchonin 

1183 

— Strychnin 

1227 

Johanniskrautroth 

1091 

Iridium 

599 

Iridiumoxydul 

600 

Iridiumoxyd 

— 

lridiumsesquioxj’d 

— 

Iridiumsesquioxydul 

— 

Iris  germanica,  blauer 

Farbstoff  darin 

1096 

Isatyd 

1138 

lsäthionsäure 

729 

lsäthionsäurehydral 

731 

I satin 

1137 

Isatinsäure 

1137 

Isatinsäurehydrat 

1137 

Isotnerie 

82 

Isomorphie 

75 

Isopöl 

1054 

Judenpech 

1314 

Julapium 

150 

Julep 

150 

Jungferntrichter 

136 

Ka 


Ka 


Ka 


21 


Seite.  Seite.  Seite. 


Juniperilen  1038  Kali,  harnsaures  655  Kali,  sclnvefelblausau- 


Jupiter 

495  Kalihydrat,  trocknes 

350 

res 

616 

Juwelierroth 

518 

Kali,  hydriodsaures 

362 

— schwefelsaures 

369 

K. 

— hydriodinsaures 

362 

Kali,  schwefelsaure 

— hydriodsaures  jo- 

Alaunerde-,  bas. 

382 

Kaddigöl 

1039 

dinhaltiges 

365 

Kali,  schwefelsaures 

Kadeöl 

1039 

— hydrochlorins. 

355 

dopp. 

371 

Kadmium 

492 

— hydrothionsaures 

saures 

371 

Kadmiumoxyd 

493 

saures 

369 

— schwefligsaures 

369 

— kohlensaures 

495 

— hyperchlorsaures  360 

— talgsaures 

948 

— salpetersaures 

494 

— Jodwasserstoffs. 

362 

Kalitinctur 

703 

— sehwefelsaures 

495 

— jodsaures 

365 

Kali,  titansaur.  saur. 

440 

Kadmiumoxydsalze 

494 

— karbolsaures  1293 

— trockn.  salzsaur. 

355 

Kälte 

98 

— kieselsaures 

379 

— iiberchlorsaures 

360 

Kämpferid 

1118 

— klees.  einf. 

612 

— unterbromigsaur. 

362 

Käse 

1344 

zweif. 

612 

— unterchlorigsaur. 

358 

Käseoxyd 

1332 

vierf. 

613 

— unterjodigsaures 

365 

Käsesäure 

1332 

■ — kohlens.  ausWein 

— unterphosphorigs.  372 

Kaffeegerbsäure 

1032 

stein 

375 

— unterschwefligs. 

369 

Kaffeesäure 

1032 

aus  Pottasche 

374 

— wässriges  flüssi- 

Kali 

349 

— — anderthalb 

378 

ges 

350 

— äpfelsaures 

911 

— - — basisch 

374 

— wein  saur.  saures 

880 

K ali-  ae  thyloxy  d, 

doppelt 

377 

— aceticum 

751 

weinsaures 

883 

einfach 

374 

— aluminoso-sul- 

Kalialaun 

381 

neutral. 

377 

phuricum 

381 

Kali,  am  eisensaures 

831 

reines 

375 

— arsenicosum 

372 

Kaliammonium  oxyd, 

säuerliches 

377 

— bi-carbonicum 

377 

weinsaures 

882 

— krokons. 

616 

— bioxalicmn 

612 

Kali,  antimon-  u.  anti- 

— krystallisirtes 

349 

— bisulphuricum 

371 

monigsaures 

471 

— mangansaures 

449 

— borussicum 

629 

— arsenigsaures 

372 

— margarinsaures 

944 

— carbonic.  acidul. 

377 

Kali-arsenige  Säure, 

— meconsaures 

847 

perfecte  satur.  377 

weinsaure 

884 

Kalimetall 

347 

— causticum  fusum 

350 

Kali,  arsensaur.  dopp.  373  Kalime thyloxy d,  wein 

siccum 

350 

— baldriansaures 

932 

saures 

883 

— chloratum 

358 

— benzoesaures 

669 

Kali,  milchsaures 

816 

— chloricum 

358 

— blausaures 

629 

— mildes 

374 

— ferrohydrocya- 

— boraxsaures  neu 

- 

— myristinsaures 

940 

nicum 

635 

trales 

379 

— myronsaures 

1061 

— ferrotartaricum 

891 

saures 

379 

— ölsaures 

966 

— hydratum  siccum 

350 

Kaliboraxsäure,  wein 

— oxychlorinsaures  358 

— hydriodinicum 

362 

saure 

884 

— oxy  chlors  au  res 

360 

— hydriodicum 

362 

Kali,  bromsaures 

362 

— oxydirt  chlorsaur 

.360 

— hydrochloricum 

355 

— camphorsaures 

925 

— oxyhalogenirtes 

358 

— hydrocyanicum 

629 

— capronsaures 

922 

— phocensaures 

923 

— hypochlorosuni 

358 

— cetylsaures 

942 

— pliosphorigsaures  372 

— muriaticum 

355 

— chloracetylsaures77l 

— phosphorsaures 

372 

hyperoxygena 

— ehloranilsaures 

1141 

— picrinsalpeters. 

1145 

tum 

358 

— chlorindoptens. 

1143 

— pyrocitronens. 

875 

oxyhalogenat. 

358 

— chlorisatins. 

1139 

— roccelsaures 

935 

— nitricum 

354 

— chrysammins. 

1156 

— rhodizonsaures 

617 

— oxalicum 

612 

— chrysolepinsaur.  1157 

— salicyligsaures 

688 

— oxychloricum 

360 

— citronsaures 

867 

— salpetersaures 

354 

— oxychlorinicum 

358 

— cyansaures 

621 

— salpetrigsaures 

353 

— quadroxalicum 

613 

— cyanursaures 

625 

Kalisalze 

350 

— silicicum 

379 

— essigsaures 

751 

Kali,  salzsauresüber 

— stibiato-tartaric. 

898 

— fettsaures 

970 

oxydirtes 

358 

— subcarbonicum 

374 

B* 


22  Ka  Ki  Ko 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

Kali,  sulphuratiim 

366 

Kalk,  lebendiger 

415 

Kesselstein 

428 

— sulphuricum 

369 

— magerer 

415 

Kienöl 

1038 

aciduin 

371 

— margarinsaurer 

944 

Kienruss 

1316 

— tartaricura 

881 

— meconsaurer 

848 

Kiesel 

336 

Kalium 

347 

Kalkmilch 

416 

Kieselerde 

336 

— bromatum 

361 

Kalk,  milchsaurer 

816 

Kieselerdekali 

379 

Kaliumbromiir 

361 

Kalkuatron,  weins. 

890  Kieselfeuchtigkeit 

379 

Kalium  chloratum 

355 

Kalk,  ölsaurer 

967 

Kiesellluorkalium 

380 

Kaliumchlorfir 

355 

— phocensaurer 

923 

Kieselfluorwasserstoff- 

Kalium  cyanatnm 

629 

— phosphorigs. 

425 

säure 

338 

Kaliumeis  ency  an  i\  r 

635 

— phosphorsaurer 

425 

Kieselsäure 

336 

Kalium  ferrocyanat. 

635 

anderthalb 

426  Kieselsäurehydrat 

337 

Kaliumgoldchlorid 

594 

basischer 

425 

Kieselsäurekali,  fluss- 

Kaliumhyperoxyd 

353 

dopp. 

426 

saures 

380 

Kalium  jodatum 

362 

einf. 

426 

Kieselsäure  Eisen- 

Kaliumjodur 

362 

neutral. 

425 

salze 

533 

Kaliumoxyd 

349 

saurer 

425 

Kieselsaures  Bleioxyd  511 

Kaliumoxydul 

349 

— pyrocitrons. 

875 

Kinin 

1173 

Kaliumsuperjodid 

365 

— roccelsaurer 

935 

Kirschlorbeeröl 

1042 

Kaliu  mplatinchlorid 

599 

• — salicyligs. 

688 

Kirschlorbeerwasser 

682 

Kalium,  Schweflungs- 

Kalksalze 

417 

Kitt 

18S 

s tufen 

366 

Kalk,  salzsaurer 

417 

Klären 

13-1 

Kaliumsuboxyd 

349 

oxydirter 

419 

Klaprothium 
Klaproth’s  Eisentinct 

492 

Kaliu  ms ulfhydrat 

369 

— salpetersaurer 

417 

. 75f 

Kaliumsulfocyanid 

646 

— schwefelsaurer 

424 

Kleber  1331. 

1323 

Kalium  sulphuratum 

365 

Kalkseife 

1010 

Kleesäure 

601 

Kalk 

415 

Kalk,  thionursaurer 

662 

Kleesaur.  Chinin 

1 18( 

— aconitsaurer 

873 

— unterbromigs. 

421 

— Cinchonin 

1184 

— äpfels  neutraler 

913 

— unterchlorigs. 

419 

Kleesalz 

612 

saurer 

912 

— unterjodigs. 

421 

Kleister 

124( 

— äthionsaurer 

732 

— unterpliosphorigs.  425 

Kleistische  Flaschen 

io- 

— ameisensaurer 

831 

Kalkwasser 

416 

Klystier 

151 

— arsenigsaurer 

426 

Kalk,  weins. 

889  Knallgas 

201 

— arsensaurer 

426 

Kamillenöl 

1055 

Knallgold 

591 

— baldriansaurer 

932 

Kammfett 

1024 

Knallquecksilber, 

Proust’s 

— benzoesaurer 

669  Kapellenofen 

144 

551 

— buttersaurer 

921 

Kapnomor 

1288 

Knallsäure 

621 

— boraxsaurer 

428 

Karatirung 

595 

Knallsilber,  Berthol- 

— bromsaurer 

421 

Karbolsäure 

1291 

let’s 

58< 

— chlorsaurer 

421 

— Zersetzung  durch 

Knoblauchöl 

1062 

— chinasaurer 

918 

Chlor  u.  Brom 

1294 

Knochen,  Analysen 

1361 

— chrysammins. 

1156 

Karbolsaurer  Baryt 

1294 

Knochenasche 

421 

— citronsaurer 

868 

Karbolsaures  Blei- 

Knochenerde 

42: 

Kalkerde 

415 

oxjd 

1294 

Knochenleim 

135g 

Kalk,  essigsaurer 

751 

Karbolsaurer  Kalk 

1294 

Knochensäure 

29' 

— fetter 

415 

Karbolsaure  Salze 

1293 

Knorpelleim 

135g 

— gebrannter 

415 

Karbolschwefelsäure  1294 

Kobalt 

53! 

— gelöschter 

416 

K ar  toffe  1 b rann  t w ein 

1327 

Kobaltcyanidblei 

641 

Kalkhydrat 

416 

Katalyse 

83 

Kobaltcyanidkalium 

641 

Kalk,  hydraulischer 

415 

Kautschuk 

1066 

Kobaltcyanidsilber 

64! 

— hydrochlorins. 

418 

— Destillations- 

Kobaltcyauidverbin- 

— jodsaurer 

422 

produkte 

1067 

dungen 

64 

Kalkkali,  weinsaures 

889  Kehrsalpeter 

417 

— Constit. 

64.' 

Kalk,  karbolsaurer 

1294 

Kermes  mineralis 

466 

Kobaltcyanidwasser 

- 

— kieselsaurer 

428 

— oxydfreier 

465 

Stoff 

64‘i 

— kleesaurer 

613 

Kernseife 

1007 

Kobaltcyaniir 

63 

— kohlensaurer 

427 

Keule 

130 

Kobaltoxj'd 

531 

Ko 


Kii 


23 


Ku 


Kobaltoxyd,  essigs. 

Seite. 

757 

Kobaltoxydul 

535 

— weinsaures 

893 

Kobaltoxydulkali, 

weinsaures 

893 

Kochen 

94 

Kochsalzsäure 

240 

Kochsalz 

386 

König  d.  Metalle 

588 

Königsgelb 

311 

Königswasser 

244 

Körnerlack 

1077 

Körper,  amorphe 

42 

— Begriff 

7 

— durchsichtige 

99 

— einfache 

37 

— feste 

8 

— feuerbeständige 

93 

— feuerfeste 

93 

— flüssige 

8 

— heteromorphe 

42 

— isomorphe  42.  75 

— katalytische 

83 

— luftförmige 

8 

— undurchsichtige 

99 

Kohle 

312 

— thierische 

321 

Kohlenblei 

509 

Kohlenmangan 

452 

Kohlenoxyd 

609 

Kohlenoxydgas 

314 

Kohlenoxydkalium 

616 

Kohlensäure 

315 

— feste 

316 

— flüssige 

316 

Kohlensäureäther 

721 

Kohlensaures  Blei- 

oxyd 

509 

— Eisenoxydul 

532 

— Kadmiumoxyd 

495 

— Kupferoxyd 

548 

— Morphin 

1194 

— Quecksilberoxy- 

dul  u.  - oxyd 

576 

— Silberoxyd 

587 

— Strychnin 

1228 

— Wismuthoxyd 

482 

— Zinkoxyd 

491 

Kohlenstoff 

312 

— reiner 

313 

Kohlenstoffchlorid 

779 

Kohlenstickstoff- 

säure 

1144 

Kohlenwasserstoff, 
doppelt  verdichte- 

ter 

987 

— einfacher 

319 

Seite. 

Kohlenwasserstoff 
fester  319 

— gasförmiger  319 

Kohlenwasserstoff, 

halb  319 

Kohlenwasserstoff  im 
Minimum  320 

— tropfbarfliissiger  319 

— vierfach  verdich- 
teter 988 

Kohlenwasserstoffgas 
im  Maximum  319 

— oxydirtes  314 

Kohlige  Säure  609 

Koliligsaures  Gas  314 

Kokkelkernbitter  1108 

Kokkulin  1108 

Kolben  174 

Komensäure  849 

Komensaure  Salze  849 
Korksäure  955 

Korksubstanz  1268 

Krapaöl  1023 

Krapabutter  1023 

Kräfte  8 

Kräuter,  Einsamm- 
lung 127 

Kräuterkammer  124 

Kraftmehl  1244 

Kramersäure  1032 

Krapp,  ächter  1092 

Krapp braun  1093 

Krappgelb  1093 

Krapplack  1095 

Krapporange  1093 

Krapppurpur  1092 

Krapproth  1092.  1093 
Krausemünzöl  1052 

Kreide  * 427 

Kreide  säure  315 

Krebssteine  427 

Kreosot  1279 

Kreosotkali,  schwe- 
felsaures 1285 

Kreosotwasser  1282 

Kreuzbeerensaft  1097 

Kriel’s  schlafmachend. 

Pulver  568 

Krokonsäure  616 

Krummholzöl  1038 

Krystallelectricität  109 
Kry  stallin  1166 

Krystallisation  40 

Krystallisation  163 

Krystallisations- 

wasser  44 

Kügelchen  138 


Kiihiapparate 

Seit« . 

173 

Kümmelöl 

1050 

Küpe,  kalte 

1151 

— Waid-lndig- 

1150 

— warme 

1150 

Kürbiskernöl 

1013 

Kuhharn 

1384 

Kuhkoth 

1384 

Kugel-Copal 

1079 

Kupfer 

537 

— gebranntes 

543 

Kupferammoniak 

541 

Kupferoxydammoniak, 

salzsaures 

542 

Kupferasche 

539 

Kupferbisulfuret 

543 

Kupferblumen 

539 

Kupferchlorid 

542 

Kupferchlorid- Chlor 

ammonium 

542 

Kupferchlorür 

541 

Kupferglas 

543 

Kupferglanz 

543 

Kupferhammerschlag  539 
Kupferindig  553 

Kupferlasur  548 

Kupferjodiir  543 

Kupferoxyd  539 

— aconitsaures  874 

— äpfelsaures  914 

— althionsaures  732 

— arsensaures  547 

— citrons.  überbas.  869 

— essigsaures  und 
arsenigsaures  764 

anderthalb  bas.  763 

dreifach  bas.  763 

neutral.  761 

zweifach  bas.  752 

— buttersaures  922 

— chinasaures  919 

— chrysammins.  1156 

— Eisenoxydul, 
schwefelsaures  549 

Kupferoxydhydrat  540 
Kupferoxydkali, 

schwefelsaures  548 

— weinsaures  894 

Kupferoxyd,  knalls.  623 

— kohlensaures  548 

— ölsaures  967 

— phosphorsaures  547 

— picrinsalpeters.  1145 
Kupferoxydsalze  540 
Kupferoxyd,  salzsaur.  542 

— salpetersaures  541 

— schwefelsaures  544 


24 


Le 


Li 


Seile. 

Kupferoxyd  sulfoben- 
zidunterschwefels.  677 

— überbas.  essigs.  763 

— weinsaures  894 

Kupferoxydul  538 

Kupferoxydulhydrat  539 
Kupferoxydulsalze  539 
Kupferoxydul,  schwef- 
ligsaures 544 

Kupferrauch  489 

Kupferrost  548 

Kupfersalmiak  546 

Kupfersalmiakblumen  543 
Kupferseife  101 U 

Kupferspiritus  740.745 
Kupfersulfid  543 

Kupfersulfocyaniir  647 
Kupfersulfür  543 

Kupfersulfuret  543 

Kupfertinctur,  flüoht.  541 
Kupfervitriol  544 

— eisenhaltiger  549 

Kupferwasser  538 

Kyanol  1296 

— oxalsaures  1297 

— salpetersaures  1297 

— salzsaures  1297 


Laurin 

Lavendelöl 

Lebensluft 

Lebensinerkur 

Leberthran 


Laboratorium 
Lac  Sulphuris 
— Terrae 
Lack 

Lackfirniss 


123 

262 

435 

1081 

1081 


Lack,  florentiner  1152 

Lackmus  1126 

Laekroth  1152 

Lactucarium  1110 

Lactucasäure  1111 

Lactucasäure  1032 

Lactucin  1110 

Ladanum  1078 

Lamotte’s  Goldtropfen  704 
Lampenofen  146 

Lampenruss  1316 

Lana  philosophica  485 

Lapathin  1105 

Lapides  cancror.  ppt.  428 
Lapis  causticus  350 

— de  tribus  471 

— divinus  541 

— infernalis  582 

Lattigbifter  1110 

Latwergen  140 

Läufer  130 

Laugensalz,  trockn. 

flüchtiges  325 


Seite. 

1045 
1053 
198 
460 
1014 

Lecanorin  1119.1120 
Lecksaft  150 

Lederharz  1066 

Leere,  Toricellische  31 

Legumin  1319 

Lugumin,  Zus.  1349 

Leichtes  Weinöl  729 

Leidner  Flaschen  107 

Leim  1357 

— chlorigsaurer  1360 

— gerbsaurer  1360 

Leimsubstanz  1357 

Leimzucker  1361 

Leimzuckersalpeter- 
säure 1361 

Leinöl  1012 

Leinsamenschleim  1258 

— Zus.  1262 

Leiocome  1250 

Leiter  105 

— bipolare  105 

— unipolare  105 

Lepidium  latifolium, 

Oel  davon  1062 

Letten  344 

Leuchtstein,  Bononi- 
scher  411 

Leucin  1354 

Leucinsalpetersäure  1 354 
Leukol  1296 

Leuter  176 

Libav’s  rauchender 
Geist  500 

Lichen  parietinus,  gel- 
ber Farbstoff  darin  1089 
Licht  99 

— Durchgang  durch 
Medien  103 

Lichtentwickl.  durch 
cliem.  Thätigkeit  102 
Lichtentw.  d.  organ. 

Thätigkeit  102 

Lichtentwickl,  durch 
Reiben  102 

Lichtentw.  d.  Stoss  102 
Lichtentw.  d.  Wärme  102 
Lignin  1265 

Lignon  1275 

Lignon  838 

Ligustrin  1119 

Liläcbitter  1 104 

Limatura  132 


Limeltenöl 

Liinonin 

Linetus 

Lindenblüthöl 


Seite. 

1046 

1235 

150 

1058 


Liniment,  flüchtiges  229 
Linimentum  volatile  229 
Lipinsäure  975 

Liquor  151 

— acetatis  ammonici  750 

— ammoniaci  acetici750 

— — caustiei227 
Liq.  ammoniaci  pyroo- 

leosi  326 

Liquor  ammonii  ani- 
satus  229 

— ammon.  carbon. 

aquosus  328 

— ammonii  hjdro- 

thionici  281 

— ammonii  succinici  959 

— ammonii  vinos.  229 

— Ammon,  vin.  702 

— anod.  mart.  704 

— anod.  min.  Hoffm.  704 

— anodinus  vegetab.749 

— antarthritic.  1038 
— Chloreti  Stibii  460 
— Cornu  Cervi  suc- 

cinatus  959 

— Cupri  ammon.  mur.  543 

— cupri  mur.  merc.  577 

— eisenh.  schmerz- 
stillend. 704 

— ferri  mur.  oxydati522 

— fumans  Boyli  283 

— hydratis  Kalici  350 

— hydratis  natrici  384 

— Kali  autici  752 

— Kali  acet.  350 

— Minderen  750 

— Mustelae  fluviat. 

hepaticus  1014 

— Natri  caustici  384 

— saponis  stibiati  1017 

— Silicii  379 

— Stibii  muriat.  460 

— stypticus  Lofi  522 
— Succinatis  ammon.  959 
. — terrae  foliataeTar- 

tari  752 

Liriodendrin  1102 

Lithargyrum  503 

Lithion  402 

Lithium  402 

Lithion,  benzoesaur.  669 
Lithion-Kali,  wein- 
saures 887 


Ma 


Ma 


Ma 


25 


Seit«. 

Seite. 

Seit«. 

Lithion-natron,  weins.  887  Maceratio 

152 

Mandelmilch 

148 

Litliionsalze 

402  Magensaft 

1379 

Mandelöl 

1020 

Litliion,  Schwefels. 

403  Magisteriuni 

183 

Mandelsäure 

673 

— weins  aur. 

887  — marcasitae  481 

, 482 

Mandelsaure  Salze 

673 

Lithofellinsäure 

1376  — Opii 

1188 

Mandiocca 

1245 

Litus  oris 

150  — Pluinbi 

509 

Mannheimergold 

549 

Lixivia  pura 

350  — Saturni 

507 

Mangan 

446 

Lixivium  caust. 

350  — Saturni  Carollii 

507 

Manganchlorid 

451 

— saponarium 

384  Magnesia 

429 

Manganchlorür 

451 

— sodae 

384  — ameisensaure 

832 

Manganesium  oxyd. 

Lizzari 

1092  — Ammoniak  pliosph.  434 

nativum 

448 

Löffelkrautöl 

1062  — pyrophosphors. 

405 

Manganesium 

446 

Lösungen,  geistige 

150  — alba 

435 

Manganglanz 

452 

Lösung  totale 

147  — kohlensaure 

435 

Manganhyperoxyd 

448 

Löthlampe 

146  — benzoesaure 

669 

Manganhyperoxyd- 

Löthrohr 

146  — boraxs. 

437 

hydrat 

449 

Looch 

140  — carbonica 

435 

Manganit 

448 

Loorbeeröl 

1021  — chlorsaure 

432 

Manganoxyd 

448 

— ätherisches 

1045  — gebrannte 

429 

Manganoxydhydrat 

448 

Lotio 

150  — kieselsaure 

437 

Manganoxydkali, 

Lotura 

150  — leichte  lockere 

435 

weinsaures 

891 

Luft,  alkalische 

225  — * phosphorigs. 

434 

Manganoxyd,  schwär 

— atmosphärische 

214  — pyrocitronens. 

875 

zes 

448 

— brennbare 

206  — phosphors. 

434 

Manganoxidul 

447 

— dephlogistisirte 

198  — salis  amari 

435 

— äpfelsaures 

911 

— Druck  der 

29  — salicyligsaure 

688 

— benzoes. 

670 

— fixe 

315  — Salpeters. 

431 

— camphors. 

925 

Luftgütemesser 

215  — Salze 

431 

— citrons. 

869 

Luft,  inflammable 

206  — Schwefels. 

432 

— essigs. 

755 

Luftkalk 

415  — schwere  sandart.  435 

■. — klees. 

614 

Luft,  künstliche 

315  — sulphurica 

432 

— kohlens. 

452 

Luftmalz 

1326  — unterchlorigs. 

432 

— pyrocitronens. 

876 

Luft-Mörtel 

428  — unterphosphorigs. 

- — Schwefels. 

452 

Luft  nitrose 

228  — usta 

429 

— unterschwefels. 

452 

Luftpresse  Rommersh.  157  — vitriariorum 

448 

— weins. 

891 

Luftpumpe 

32  Magnesiahydrat 

430 

— Ammoniak,  schw.  452 

Luftsäure 

315  Magnesia-Kali 

437 

Manganoxydulhydrat 

; 447 

Luft,  schwerbrennb. 

319  — Kalk,  kohlens. 

437 

Manganoxydul-Kali 

— urinöse 

225  — Natriumchlorür 

437 

Schwefels. 

452 

— verdorbne 

213  — Natron  kohlens. 

437 

— weinsaures 

891 

Luftzünder 

373  Magnesium 

429 

Manganoxydul  Natron 

Lumen  philosophicum  209  Magnesium 

446 

Schwefels. 

452 

Luna 

578  Magnium 

429 

Manganoxydulsalze 

447 

Lupulin 

1062  Magniumoxyd 

429 

Mangansäure 

449 

Lupulin 

1110  Magnet,  arsenikalisch.  471 

Mangansuperoxyd 

448 

Lupulit 

1110  Magnetismus 

119 

Manganum 

446 

Lupus  metallorum 

463  Magnetnadel 

119 

— hyperoxydatum 

448 

Lustgas 

217  — Abweichung 

119 

Manica  Hippocratis 

132 

Luteolin 

1088  — Declination 

119 

Manipulus 

126 

Lutter 

176  — Inclination 

120 

Manna  metallor. 

559 

Lycopus  europaeus, 

— Neigung 

120 

Mannit 

813 

Harz  von 

1080  Maiblumenaroma 

1058 

Manometer 

33 

Lymphe 

1387  Majoranöl 

1052 

Margarinsäure  942  u.  950 

M. 

Malachit 

548 

Margaritinsäure 

979 

Maleinsäure  91 1 u.  91 5 

Margaron 

952 

Maase 

126  Malva  sylvestris,  bl. 

Margarylsäure 

950 

Maase  englische 

126  Farbstoff 

1096 

Marienglas 

424 

26  Me 


Markasit 

Seite. 

478 

Marmor,  weisser 

427 

Mars 

512 

Marumeamphor 

1054 

Massa  ad  fornacem 

142 

Masse 

8 

Massikot 

503 

Massoyöl 

1Ö65 

Massoycamphor 

1065 

Mastioin 

1078 

Mastix 

1078 

Mate 

167 

Materialkammer 

123 

Materia  perlata 

458 

Materie  Begriff 

7 

Materie,  fette 

1082 

Materien  primitive 

85 

Mauersalpeter 

517 

Maulbeerbaumsäure 

1033 

Mavacure 

1231 

Meccabalsam,Harz  d.  1075 

Mechloinsäure 

1117 

Mechlorsäure 

1119 

Mechoacanna,  Harzv.  1077 

Meconin 

1116 

Meconinsalpeters. 

1117 

Meconsäure 

846 

— und  Metalloxyde 

847 

— Morphin 

1195 

Medizinische  Seife 

1016 

Medulliu 

1268 

Meerrettigöl 

1062 

Meersalz 

386 

Meersalzsäure 

240 

Meerschaum 

437 

Meerzwiebelbitter 

1106 

Mehl 

1329 

Meisterlauge 

350 

Mel 

149 

Melam 

650 

Melamin 

651 

— ameisensaures 

651 

— ameisensaures 

830 

— essigsaures 

651 

— oxals. 

651 

— phospliors. 

651 

— Salpeters. 

651 

Melaminsalze 

651 

Melampyrin 

1116 

Melasinsäure 

802 

Melinum 

492 

Mellissenöl 

1052 

Mellon 

648 

Mellon 

324 

Mellonkalium 

649 

Mellonmetalle 

649 

Mellomvasserstoffs. 

648 

Me 


Seite. 

Mellon,  Zers.  d.  Kali 

650 

Menakan 

439 

Menispermin 

1239 

Menispermin 

1108 

Menispermsäure 

1033 

Mennige 

505 

Menschenharn 

1384 

Menschenkoth 

1385 

Mensuren 

126 

Mentha  viridis,  äther. 

Oel  von 

1052 

Menthen 

1052 

Menyanthin 

1100 

Mercaptan 

708 

Mercurialis  annua, 

bl.  Farbstoff 

1097 

— perennis,  blauer 

Färbst. 

1097 

Mercurius 

549 

Mercur.  cinereus 

Blackii 

576 

Mercur.  cosmetic. 

564 

— dulcis 

559 

— gummös. 

551 

— Moscati 

551 

— nitrosus 

555 

— nitrosus 

556 

— nitros.  Seil. 

557 

— praecipit.  alb. 

564 

— praecipit.  ruber 

552 

— praep.  per  se 

552 

— praec.  niger  Saun- 

deri 

565 

— solub.  Hahnem. 

557 

— solub.  Fh.  Suec. 

551 

— sublim,  corros. 

573 

— violaceus 

573 

Mesit 

1276 

— v.  Reichenbach 

1278 

Mesiten 

1277 

Mesitilaldehyd 

784 

Mesitylclilorid 

782 

Mesitylen,  Zersetzungs- 

prod.  durch  Chlor 

782 

Mesityljodid 

782 

Mesityloxyd 

782 

Mesityloxyd-Platin- 

chlorür 

782 

Mesitilschwefelsäure  783 

Mesitilunterphospho- 

rige  Säure 

784 

Messing 

549 

Mesoxalsäure 

658 

Metaceton 

802 

Metaceton 

782 

Metagallussäure 

859 

Metaldehyd 

739 

Me 


Seile. 

Metall,  leichtflüssiges 

512 

.Metallbäume 

185 

Metalle 

38 

Metalle 

346 

— d.  erdig.  Alkalien  347 

— d.  reinen  Alkalien  346 

— edle 

347 

— leichte 

346 

— schwere 

347 

— unedle 

347 

Metalloide 

38 

Metallpraecipitation 

184 

Metallsafran 

475 

Metamargarins.  990 

u.  ff. 

Metanaphtalin 

1084 

Metapectinsäure 

1261 

Metaphosphorsäure 

297 

Metaphosphors.  Sil- 

beroxyd 

587 

Methionsäure 

732 

Methol 

1277 

Methyl 

817 

— seine  Zersetzungs- 


producte 

826 

— und  Haloide 

819 

Methyloxyd  und  Sal- 

petersäure 

822 

Methychlorür 

819 

Methylcyanür 

820 

Methyfluorür 

820 

Methyljodür 

819 

Methyloxyd 

817 

— ameisensaures 

831 

— Ammoniumoxyd, 

Schwefels. 

822 

— Baryt,  Schwefels.  822 

traubens. 

909 

— bleioxyd,  schw. 

822 

— benzoesaurer 

824 

— chlorkohlensaur. 

825 

— citronensaures 

867 

— dopp.  cyanurs. 

824 

— doppelt  kohlen- 

schwefelsaures 

824 

— elaidinsaures 

971 

— essigsaures 

824 

Methyloxydhydrat 

818 

— Verhalten  zu  Chlor  837  1 

— Verhalten  zu  Chlor 

und  Cyan. 

838  t 

— Verhalt,  zu  Jod  u. 

Salpeters. 

837  j 

Metliyloxyd-Kali, 

schwcfelsaures 

822 

— traubensaures. 

909 

Methyloxyd,  korks. 

956 

— ölsaures 

965 

Mo 

Mu 

Na 

27 

Seite. 

Seite. 

Seite. 

Methyloxyd,  oxals. 

823 

Molybdänoxydhydrat 

; 442 

Murias  Hydrarg.  mitis  559 

— oxamid,  oxalsaur.  823  Molybdänoxydkali 

— ferrosus 

520 

— phosphorsaures 

822 

weinsaures 

894 

— hydrarg.  corrosiv.  562 

— salpetersaures 

823 

Molybdänoxyd,  molyb- 

— Kali 

355 

Methyloxydsalze 

820 

dänsaures 

442 

— Lixiviae 

355 

— Verhalten  zu  Chlor 837  Molybdänoxydsalze 

442 

Oxydi  hydrarg.  ammo- 

Methyloxyd  saures 

Molybdänoxyd,  weins.  894 

niacal. 

564 

traubensaures 

909  Molybdänoxydul 

442 

— oxydul.  Stibii  liqui- 

— schleimsaures 

825  Molybdänoxydulhydr.  442 

dus 

460 

— Schwefels,  neutr. 

820  Molybdänoxydulkali 

— Potassae 

355 

— Schwefels,  saur. 

821 

weinsaures 

894 

Murine 

247 

— talgsaures 

946  Molybdänsäure 

442 

Musivgold 

501 

— weins.,  saur. 

879 

— weinsaure 

894 

Muskatblüthenöl 

1048 

— Zersetzungspr.  d. 

— Kali  weinsaures 

894 

Muskatbutter 

1022 

Haloide 

836  Molybdänsuperchlorid  443 

Muskatnussöl 

1048 

Methylsulfür 

820 

Moire  metallique 

535 

Mutterlauge 

44 

— Schwefelwasserst.  820 

Mond  der  Metalle 

578 

Mykomelinsäure 

659 

Metoleinsäure  990  u.  ff. 

Monohydrate  de  Saba- 

Myricin 

1027 

Middletonit 

1312 

dillin 

1217 

Myriospermin 

695 

Milch 

1340 

Morin 

1088 

Myristin  939,  940 

— Analyse 

1342 

— weisses 

1088 

Myristinsäure 

939 

Milchsäure 

814  Morphin 

1188 

Myronsäure 

1061 

Milchsäure  Salze 

816 

— citronsaures 

1194 

Myrosyn 

1060 

Milchzucker-Bleioxyd  806 

— essigsaures 

1194 

Myroxilin 

695 

— Oxydationsprod. 

807 

— kohlensaures 

1194 

Myrrhe,  Harz  der 

1080 

Milchzucker 

805 

— meconsaures 

1195 

Myrrhenöl 

1056 

Minderers  Geist 

750 

— phosphorsaures 

1194 

N.  < 

Mineralalkali 

384 

— salpetersaures 

1194 

— phosphorsaures 

392  Morphinsalze 

1193 

Nachgährung 

1324 

— mildes  luftsaures  395  Morphin,  salzsaurer 

1194 

Nägel,  Zusam. 

1351 

Mineral  ge  ist 

315 

— schwefelsaures 

1194 

Nahrungssaft 

1382 

Mineralgrün 

548 

— weinsaures 

1195 

Naphta 

1315 

Mineralkermes 

466  Morphium 

1188 

Naphta  acetica 

748 

Mineralkrystall 

354 

Morsellen 

138 

— muriatica 

706 

Mineralpurpur 

594 

Morsuli 

138 

— nitrica 

717 

Mineral-Turpith 

575 

Mortarium 

130 

— vitrioli 

696 

Minium 

505 

Mosander’s  Salze 

643 

Naphtalidam 

1308 

Mischungsgewichte 

55 

Moschus  artificialis 

963 

— phosphors. 

1308 

Mischungen  kaltmach.  92 

Moosbitter,  isländ. 
Moose  Einsammlung 

1103 

— Schwefels. 

1308 

Mittelsalz,  arsenika- 

128 

Naphtalin 

1299 

lisches  Macquer’s 

373 

Moosstärkmehl 

1252 

— u.  s.Verb.,Constit.  1 309 

Mittelsalze 

197 

Mostgas 

315 

— Verh.  zu  fetten 

Misspickel 

530 

Mucilago 

148 

Körpern 

1310 

Mitisgriin 

764 

Mucil.  s.  Cydonior 

1258 

— Verh.  zu  Salpe- 

Mixtur 

150 

— Lini 

1258 

tersäure 

1302 

Mixtura 

150  Mucin  1323, 

1331 

— Verh.  zu  Schwef.  1300 

Mudesige  Säure 

1274 

Mudarin 

1106 

— Verh.  zu  wasserfr. 

Mörser 

130 

Mumificirend.  Princ. 

1279 

Schwefelsäure 

1301 

Mörtel  hydraulischer 

428 

Mundwasser 

150 

— Zers.  d.  Chlor 

1306 

Mohnöl 

1013 

Murexan 

666 

— unterschwefels. 

1300 

Mohr,  mineral. 

568 

Murexid 

665 

— unterschwefels. 

— vegetabilischer 

323 

Murias  Ammoniae 

245 

Bary t 

1300 

Mohrenkopf 

174 

— ammonico-cupric.  542 

— unterschwefels. 

Molybdän 

442 

— ammon.  cum.  Ses- 

Salze 

1300 

Molybdänchlorid 

443 

quichloreto  ferri 

523 

Naphtein 

1315 

Molybdänchloriir 

443 

— barytae 

407 

Naphtin,  untcrschwe- 

Molybdänoxyd 

442 

— ferricus 

521 

felsaures 

1301 

Seite. 


Naphtinunterschw. 


Salze 

1301 

Naphtoleinsäure 

1310 

Narcein 

1197 

Narcissen,  gelb.  Farb- 

stoff darin 

1089 

Narcitin 

1106 

Nasse  Bähung 

150 

Natrium 

382 

Natriumbronnir 

389 

Natrium  chloratum 

386 

Natriumeisencyanür 

636 

Natriumfluorür 

390 

Natriumhyperoxyd 

383 

Natriumjodiir 

389 

Natriumoxyd 

383 

Natriumsuboxyd 

383 

Natriumsulfür 

390 

Natrium  sulfuratum 

390 

— sulplmrato  stibiat- 

crystall.  476 

Natron  383 

— äpfelsaures  911 
— Aetliyloxyd,  weins.  885 

— ätzendes  384 

Natronalaon  401 

Natron,  ameisensaures  831 

— ammoniakphosph.395 

— arsensaures  395 

— arsens.  saures  395 

— baldriansaures  932 

— benzoesaures  669 

— boraxs.  neutrales  400 

— boraxsaures,  saur.  399 

— bromsaures  389 

— camphorsaures  925 

— capronsaures  922 

— cetylsaures  942 

— chlorsaures  388 

— chrysammins.  1156 

— chrysolepinsaur.  1157 
— - citronsaures  867 
• — citrons.  einbas.  868 

— citrons.  zweibas.  868 

— essigsaures  752 

— fettsaures  970 

Natronflüssigkeit  ätz.  384 
Natron  flusskieseis.  401 
Natronglas  401 

Natron,  harnsatires  655 
Natronhydrat,  trockn.  338 
Natron  jodsaures  390 
Natron- Kali,  weinsau- 
res 885 

Natron-Kali,  weins.  mit 
Boraxsäure -Kali  886 
Natron,  kleesaures  613 


Seile. 

— kohlens.  anderth.  398 

— kohlens.  basisch  395 

— kohlens.  doppelt.  398 

— kohlens.  einfach  395 

— kohlens.  neutrales  398 

— kohlens.  säuerl.  398 


— meconsaures  847 

Natronmetall  382 

Natron,  metaphosphor.  394 

— milchsaures,  816 

— ölsaures  967 

— phocensaures  923 

— phosphorsaures  393 

— phosphors.  saures  394 

— phosphor,  wasser- 
leeres 394 

— picrinsalpeters.  1145 

— pyrocitrons.  875 

— salicyligs.  688 

— salpetersaures  385 

Natronsalze  385 

Natron,  salzsaures  386 


— saur.  gallensaur.  1370 
Natronschwefelleber  390 
Natron,  schwefligsaur.  391 

— schwefelsaures  391 

— Schwefels,  saures  392 

— Schwefels,  wasser- 


leeres 391 

— talgsaures  949 

• — überjodsaures  390 

— unterbromigs.  389 


— unterchlorigsaur.  387 

— unterjodigs.  bas.  389 

— unterschwefels.  391 

— unterschwefligs.  391 


— wasserleeres  397 

— weinsaures  884 

• — zerfallenes  397 

Natronium  382 

Natrum,  ammoniato- 
phosphoricum  395 

— bi-carbonicum  398 

— boracicuni  399 

— carbonicum  395 

— carbonio.  perfecte 

saturat  398 

— carbonic.  acidul.  398 

— chloratum  387 

— chloricum  388 

— hydratum  siccum  384 

— hydochloricum  386 

— hypochlorosum  387 

— jodic.  390 

— h3perjodicum  390 
- — muriaticum  386 

— nitricum  385 


Seite. 

Natrum  phosphoricum  393 

— subcarbonicum  395 

— sulphurato-hydro- 
thionic.  antimomat.  476 


— sulphuricum  391 

— sulphuric.  dilaps.  391 

— sulphuric.  siceat.  391 

Neapelgelb  512 

Nelkenöl  1044 

Nelkensäure  936 

Neroliöl  1040 

Nervensubstanz  1376 

Neusilber  537 

Neulralisiren  180 

Neutralsalze  197 

Nieotianin  1064 

Nicotin  1166 

Niccolum  536 

Nickel  536 

Nickeloxyd,  essigs.  757 

— Kali,  weinsaures  893 

— ölsaures  967 

— weinsaures  893 

Nichtleiter  105 

Nichts,  weisses  485 

Niederschlag  183 

Niederschlagung  45 

Niederschlagung  183 

— von  selbst  erfolg.  183 

Niesswurzharz  1080 

Nix  antimonii  455 

Nitras  ammonic.  cum 

Oxydo  hydrargyric.  557 
Nitras  argenticus  582 

— baryticus  406 

— cupricus  541 

— hydrargyricus  556 

— hydrargyrosus  555 

— Kalicus  354 

— Lixiviae  354 

— natricus  385 

— plumbi  506 

■ — Potassae  354 

— sodae  385 

Nitrite  d’Anthrace- 

nase  1310 

— d’Anthracenise  1310 

— d’Anthracenose  1310 

Nitrobenzit  677 

Nitrogenium  213 

Nitrobenzoyl  679 

Nitrohelenin  1063 

Nitrolin  1272 

Nitroineconinsäure  1117 

Nitronaphtalase,  Verh. 

zu  Schwefelwasser- 
stoff 1308 


01 


01 


01 


29 


Seite. 

Seile. 

Seite. 

Nitronaphtalase 

1303 

Oelsäure,  Zers.  d.  Kali  978 

Oleum  Foeniculi 

1050 

Nitronaphtalese 

1303 

Oelzucker 

137 

— Galangae 

1048 

Nitronaphtaleise 

1303 

Oenanthsäure 

933 

— Geranii  rosei 

1047 

Nitronaphtalise 

1303 

Oenanthsäure 

978 

— juniperi  empyreu 

i- 

Nitronaphtale 

1303 

Ofenbruch,  grauer 

485 

matic. 

1039 

Nitronaphtalesins. 

1303 

Ofenlack 

142 

— de  Kerva 

980 

Nitronnaphtaleisins. 

1304 

Offa  Helmontii 

328 

— laurinum  aether.  1045 

Nitronaphtalese, Verh.  zu 

Officin 

124 

unguin. 

1021 

Schwefelwasserstif.  1309 

Olea  cocta 

153 

— Lauro-Cerasi 

1042 

Nitronaphtalisins. 

1304 

— expressa 

135 

— Lavendulae 

1053 

Nitronaphalsäure 

1304 

— infusa 

154 

— ligni  juniperi 

1039 

Nitrophenissäure 

1295 

Oleen 

997 

— ligni  Rhodii 

1047 

Nitrophenussäure 

1295 

Olein 

965 

• — Limettae 

1046 

Nitrosalicylsäure 

689  Oleophosphorsäure 

1378 

— Lini 

1012 

Nitroschwefelsäure 

281 

Oleum  Absinthii 

1055 

— lini  sulphuratum 

988 

Nitrostyrol 

1039 

— amygdalarum 

1020 

— Macis 

1048 

Nitrosinapylharz 

1060 

■ — • Anethi 

1049 

— majoranae 

1052 

Nitrum 

354 

— Anisi 

1049 

— Martis 

522 

— antimoniatum 

353- 

— Anisi  stellati 

1049 

— Melissae 

1052 

— antimon.  inspiss. 

472 

— an.  sulphuratum 

988 

— Menthae  crispae 

1052 

— Argenti 

582 

— Anthos 

1053 

— Menthae  piperitae  1051 

— crudum 

354 

— Antimonii 

460 

— Menth.  Pulegium  1052 

— cubicum 

385 

— Armoraciae 

1062 

— millefolii 

1055 

— depuratuin 

354 

— Asciae 

1014 

— Mustelae  fluvia- 

— fi  x UM) 

374 

— baccar.  juniperi 

1038 

tilis  hepatic. 

1014 

— rhomboidale 

385 

— Badiani 

1049 

— Myricae  Gale 

1059 

— tabulatu  m 

354 

— bals.  Copaivae 

1041 

— Naphae 

1040 

— oxymuriaticum 

387 

— Basilici  aether. 

1054 

— neröli 

1040 

Nussöl 

1012 

— Bergamottae 

1046 

— Neroli  bigarra 

1041 

0. 

— Betulae  albae 

1057 

— Nucistae 

1022 

— Cacao 

1022 

— Nucistae  aether. 

1048 

Obergährung 

1324 

— Cajeputi 

1047 

— nuc.  Juglandium  1012 

Ochsenblut,  zusam. 

1394 

— Calami 

1049 

— Origani  cretici 

1053 

Ochsenfleisch,  Zus. 

1394 

— Chamomillae 

1055 

— Origani  vulgaris  1053 

Ochsengalle 

1366 

— cardamomi 

1048 

— Ovorum 

1021 

Ochsenfüsse 

1021 

— Carvi 

1050 

— Palmae  Christi 

980 

Ochsenmarkfett 

1023 

— Caryophyllorum  1044 

— fol.  et  nucl.  Per- 

Ochsentalg 

1023 

— Cascarillae 

1055 

sicorum 

1042 

Oefen,  pharmazeut. 

144 

— Cassiae  cinnam. 

1042 

— Petroselini 

1050 

Oelbildendes  Gas 

774 

— de  Cedrat 

1040 

— Phellandriiaquat.1050 

Oele,  ätherische 

177 

— de  Cedro 

1040 

— Philadelphi  coron.  1058 

— Aetherische 

1033 

— Chaberti 

1038 

— philosophorum 

985 

— ausgepresste 

135 

— Cicinum 

1013 

— phosphoratum 

989 

— des  Ölbild.  Gases 

775 

— Cinnamomi  ceyl.  1039 

— Pini  rubrum 

1038 

— fette  981,  1014  u.  ff. 

— Citri 

1039 

— Portugallo 

1046 

— gekochte 

154 

— Cochleariae 

1062 

— radic.  Filic.  Maris  1021 

— der  holländischen 

— Cort.  Aurantior. 

1040 

— Ricini 

980 

Chemiker 

775 

— Crotonis 

1013 

— Rosarum 

1047 

— infundirte 

154 

— Cucurbitae 

1013 

— Rutae 

1055 

— nicht  trockn.  1014  u.  ff. 

— Cumini 

1051 

— Sabinae 

1039 

— Reinigung 

1015 

— Cypressus 

1057 

— Salviae 

1054 

— Schwefels,  äth. 

1059 

— destill.  amygd. 

— Sassafras 

1045 

— trocknende  981.  1010 

amar. 

1042 

— seminis  Cinae 

1056 

Oelfirniss  1011.1081 

— Euphorbiae  Lath.  1013 

— Serpentariae 

1057 

Oelgas 

985 

— Fici  infernalis 

1013 

— Serpylli 

1054 

Oelsäure  963  u 

. 968 

— flor.  aurantior. 

1040 

— Sinapis  aether. 

1059 

— Oxydationsprod. 

973 

— Flor.  Sambuci 

1058 

— siticum 

1328 

30 


Ox 


Pa 


Pf 


Seile. 

Oleum  Spicae  1053 

— Succini  963 

— Tanaceti  1056 

— templinum  1038 

— terebinthinae  1036 

— Tiliae  1056 

— Thujae  1057 

— Thymi  1054 

— valerianae  1054 

— vitrioli  268 

— Vitrioli  dulce  696 

Olibanumöl  1056 

Olivenöl  1116 

Olivil  1118 

Olivin  1118 

Olivit  1118 

Omichmyloxyd  1383 

Oonin  1334 

Operationen,  ehern.  143 

• — mechanische  129 

— pharmazeutische  129 

Operment  311 

Opermentküpe  1151 

Opian  1198 

Opiate  140 

Opiumextract  1111 

Opiumharz  1153 

Opium-Mark  1111 

Opodeldoc  704 

Orangenblütlienöl  1040 

Orcein  1121 

Orcin  1119.  1121 

Orcin-Bleioxyd  1122 

— Silberoxyd  1122 

Organische  Basen  1159 

Orleangelb  1086 

Orseille  1126 

Osmium  600 

Osmiumoxyde  600 

Oxaläther  721 

Oxalas  kalicus  612 

— Potassae  612 

Oxalium  612 

Oxalsäure  609 

Oxalsaur.  Anilin  1 1 6 

— Brucin  1230 

- — Kyanol  1297 

— Strychnin  1228 

Oxalursäure  660 

Oxalursaure  Salze  1166 

Oxamethau  723 

Oxamethylan  823 

Oxamid  615 

Oxichlornaphtalen.  1308 

Oxichlornaphtalose  1308 

Oxichlorocarbonate 

d’oxide  demethylene  825 


Seite. 

39 

205 

186 

186 

205 

205 


Oxid 
Oxid 
Oxidatio 
Oxidation 
Oxidoid 
Oxydul 
Oxydulum  et  oxidum 
Stibii  455 

Oxydulum  ferricum  514 

— Hydrargyri  salin.  557 
Oxidum  aluminicum  340 

— argenticum  580 

— auricum  590 

— baryticum  403 

— bismuthicum  479 

— Cadmii  493 

— caleicum  415 

— carbonicum  314 

— cupricum  539 

— cuprosum  538 

— ferricum  518 

— ferroso-ferricum  515 

— ferrosum  514 

— hydrargyricum  552 

— hydrargyric.  cum 
Chloreto  ammonico  564 

— hydragyrosum  551 

— magnesicum  429 

— Magnesii  429 

— Magnii  429 

— plumbicum  503 

— stannicum  498 

— stannosum  497 

— stibicum  457 

— Zinci  484 

Oxyacanthin  1237 

Oxychloras  Kalicus  360 
Oxygen  198 

Oxygenium  198 

Oxyiodinsäure  254 

Oxymel  aeruginis  763 
Oxysulphuretum  stib.  465 
Ozokerit  1313 

P. 

Palladium  599 

Palladiumoxyd,  weins.  901 
Palmbutter  1022 

Palmin  1002 

Palminsäure  1003 

Palmitin  941 

Palmitinsäure  941 

Palmöl  1022 

Palmwachsharz  1078 
Panacea  mercurial.  559 
Papp  1246 

Pappelknospenharz  1080 


Seite. 

Pappelöl  1057 

Parabansäure  659 

Parachlornaphtalase  1306 
Paracyan  324 

Paracyan  648 

Para  cyansäure  648 

Paraffin  1287 

Paramenispermin  1234 

Paramorphin  1196 

Paranaphtalin  1310 

Para-Zinnoxyd  499 

Parillinsäure  1113 

Pariglin  1113 

Pariserblau  636 

Pastae  166 

Pastel  vat  1150 

Pasten  166 

Pastilli  138 

Pech  1073 

— schwarzes  1074 

— weisses  1074 

Pectin  1260 

— Zusam.  1262 

Pectinsäure  1260 

— Zusam.  1263 

Pectinsäure  Salze  1261 

Pelosin  1236 

Pendel  19 

Perchlornaphtalese  1306 
Pereirin  1236 

Perlmaterie  458 

Perseverantia  16 

Persio  1126 

Persulfid  262 

Petersilienöl  1050 

Petrolene  1315 

Petroleum  1315 

Perubalsam,  Harz  im  1075 
Perubalsamöl  694 

Peruvin  695 

Peucedanin  1114 

Peucyl  1037 

Peucylen  1037 

Pfannenstein  428 

Pfeifenstrauchöl  1058 

Pfeffermünzöl  1051 

PfefFeröl  1041 

Pferdeharn,  Zus.  1384 

Pferdekotli,  Zus.  1384 

Pferdeschmalz  1024 

Pfirsich-Blätter  und 

Kern-Oel  1042 

Pflanzen,  Ernährungs- 
process  1397 

— Zersetz,  durch 
Fäulnissu.  Verwes.  1268 
Pflanzenalbumin  1318 


Ph 

Ph 

PI 

31 

Seite. 

Seite. 

Seite. 

Pflanzenalbumin  Zus. 

,1348  Phosphor,  Brandt’sch.  289  Phytochloraiuon 

1097 

Pflanzenbasen 

1159  Phosphorbromid 

203 

Picamar 

1286 

Pflanzencasein 

1319  Phosphorbromiir 

302  Pichurimcampkor 

1045 

— Zus. 

1348  Phosphorcalcium 
1318  Phosphor  Canton’s 

425 

Picliurimöl 

1045 

Pflanzeneiweiss 

423 

Picrinsalpetersäure 

1144 

Pflanzenfaser 

1265  Phosphorchlorid 

301 

Picrinsalpetersaures 

Pflanzenfibrin 

1318  Phosphorchlorür 

301 

Ammoniumoxyd 

1145 

— Zus. 

1349  Phosphoreisen 

530 

— Baryt 

1145 

Pflanzenlaugensalz, 

Pliosphorfeurzeuge 

292 

— Bleioxyd 

1145 

ätzendes 

350  Phosphorgold 

593 

— Kali 

1145 

Pflanzenlaugens.,  luft-  — Homberg’s 

419 

— Kupferoxyd 

1145 

volles 

374  Phosphorhydrat 

292 

— Natron 

1145 

Pflanzenleim 

1323  Phosphorige  Säure 

293 

— Quecksilberoxy- 

—  Zus. 

1349  Phosphorjodid 

302 

dul 

1145 

Pflanzensäfte 

1322  Phosphorjodür 

302 

— Strontian 

1145 

Pflanzensäfte,  ausge- 

Phosphorkali 

372 

Picrinsalpetersäure 

presste 

135  Phosphorkalium 

372 

Salze 

1145 

— schwefelhaltige 

1317  Phosphor,  Kunkel’- 

Picrinsäure 

1144 

— Schwefel-  u.  stick-  scher 

289 

Picrolichenin 

1102 

stoffhaltige,  zus. 

1348  Phosphorlösung,  äth. 

699 

Picrotoxin 

1108 

Pflaster 

1004  Phosphormagnium 

434 

Pigmentum  indicum 

1184 

— englisches 

143  Phosphornatrium 

392 

Pillen 

140 

— gemengte 

152  Phosphoroxyd 

293 

Pillulae 

140 

— Leim- 

143  Phosphorsäure 

294 

Pimaron 

1073 

— weissgekochtes 

1019  — Hydrate 

296 

Pimarsäure 

1073 

Pharmacie,  Begriff 

1 — wässrige 

296 

Piinarsäure,  amor. 

1073 

— chemischer  Theil 

191  Phosphors.  Bleioxyd 

508 

— hydrat 

1073 

— Geschichte 

3 — Coniin 

1230 

Pimelinsäure 

974 

— Hiilfswissenschaft.  7 — Chelerythrin 

1201 

Pimpinellwurzelöl 

1051 

— practische 

123  — Chelidonin 

1200 

Pinhoenöl 

1023 

Phenschwefelsäure 

1291  — Cinchonin 

1184 

Pininsäure 

1072 

Phenyl 

1291  — Eisenoxyd 

530  Pineytalg 

1023 

Phenylhydrat 

1292  — Eisenoxydul 

530 

Pinselsaft 

150 

Phenylverbindungen  1291  — Glaucopicrin 

1202 

Piotinige  Säure 

996 

Phyllirin 

1115  — Harmala 

4240 

Piotinsäure 

996 

Philosophenöl 

Phogiston 

Phloretin 

Phloretinsäure 

Phloridzein 

Phloridzin 

Phloridzin 

Phocensäure 

Phoenicin 


985 

202 

1229 

1129 

1128 

691 

1129 


— Kupferoxyd 

— Morphin 

— Naphtalidam 


547  Piperin 


1238 


1194  Piper  nigrum,  Harz  v.  1080 
1308  Pipette 


Quecksilber-oxy-  Pistillum 


dul  und  Oxyd 
— Silberoxyd 
— Strychnin 
923  Phosphorsilber 
1133  FhosphorstickstofF 


Phoenicinschwefels.  1 135  Phosphorits 


Phosgen 


614  Phosphorwasserstoff, 


575  Pitoyin 
586  Pittakall 
1227  Pix  alba 
586  Pix  burgundica 
300  Pix  navalis 
389  — nigra 
Plasma 


136 

130 

1187 

1289 

1074 

1073 

1074 
1074 
1387 


Phosphatige  Säure 
Phosplias  hydrarg. 

— natricus 

— sodae 
Phosphor 

Phosphorammoniak 
Phosphorarsen 
Phosphor,  balduini- 
scher 

Phosphöi’barium 

Phosphorblei 


294  fester  299  Platin 

575  Phosphorwasserstoff-  Platina 


392  gas 

372  — selbstentzündl. 
289  — hydriodsaures 

301  Phtalimid 
312  Phtalsäure 

Phtals.  Ammoniak 
417  — Silberoxyd 
412  Phylloretin 
508  Phyteumacola 


299  — del  Pinto 

300  Platinchlorid 
300  Platinchlorür 

1305  Platinmohr 
1305  Platinoxyd 
1305  Platin  oxydsalze 
1305  Platinoxydul 
1313  Platiusalmiak 
1260  Platinschwamm 


595 

595 

595 
598 
598 

596 
598 
598 

598 

599 
595 


32 


Pr 


Pu 


Ou 


Seite. 

Platinschwarz  596 

Platinsnboxyd  596 

Plumbagin  1114 

Plumbum  502 

— aceticum  778 

— chloratum  507 

— hyperoxydatum  506 

— hyperoxydulatum  506 

— jodatum  507 

— nitricum  506 

— oxydatum  citrin.  503 

— phosphorio.  508 

— sulfuratum  507 

— sulphuricum  507 

— ustum  507 

Pluran  600 

Plutonium  403 

Pol  negativer  115 

— positiver  115 

Pole,  magnetische  119 

Poleyöl  1052 

Polin  600 

Politur  1081 

Polychroit  1089 

Polychrom  1098 

Polychromsäure  1154 

P olygalin  1113 

Polygala  säure  1113 

Pomeranzenbitter  1105 

— von  Widnmann  1105 

Pomeranzenblüthenöl  1040 
Pomeranzenschalenöl  1040 
Pommade  phosphoröe  989 
Pompholyx  485 

Populin  1102 


Seite. 

Präpariren  131 

Präparirstein  130 

Presse,  hydraulische, 
Brahma’s  22 

— Decocten-  134 

— Platten-  134 

— Real’sche  157 

— Schalen-  134 

— Schrauben-  134 

Preussisclie  Säure  625 

Primelcamphor  1065 

Primulin  1119 

Princip,  mumificiren- 

des  1279 

— fleischerhaltendes  1279 

Principium  amarum  1099 

Probezinn  512 

Propolis  1030 

Proportionslehre  53 

Protein  1352 

Proteinschwefels.  1352 

Protid  1354 

Protoxyd  205 

Prussin  643 

Prussineisenkalium  643 

Prussineisenkaliumcal- 

cium  643 

Prussineisenwasser- 
stoff  643 

Prussinwasserstoff- 

säure  643 

Pseudoerythrin  1124 

Pseudomorphin  1196 

Pseudotoxin  1260 

Psychrometer  Au&. 


Seite. 

Purpurschwefelsäure  1 1 33 

— 1135 

Pteleylchlorid  785 

Pteleyljodid  785 

PjTen  1290 

Pyrenase,  nitrite  de  1290 
Pyrethrin  1119 

Pyrmesonstein  471 

Pyrocitronensäure  874 
P3rrocitronens.  Salze  875 
Pyrogallussäure  858 
Pyrogalluss.  Salze  858 
Pyrolusit  448 

Pyromarsänre  1073 

Pyroineconsäure  850 
Pyrometer  88 

Pyrophor  373 

Pyrophore  202 

Pyrophosphorsäure  297 
Pyrophosphors.  Silber- 
oxyd 587 

Pyropin  1365 

Pyrrhopin  1200 

Pyrrol  1296 

Fyrosclileimsäure  808 
Pyroschleims.  Salze  809 
Pyrothonid  1316 

Pyroweinsäure,  feste,  906 

— flüssige  904 

Pyroxylic  Spirit  1274 

Q. 

Quadroxalas  kalicus  6 1 3 
Quassiacamphor  1065 
217  Quassiin  1110 


Populus  nigra,  Ha  rzv.  1080 

Puder 

1245  Quecksilber 

549 

Porcellan 

344 

Pugillus 

126  — versüsstes 

559 

— Reaurmur’sches 

401 

Pulpa 

167  Quecksilberbromid 

566 

Porcellanerde 

344 

Pulver 

130  Quecksilberbroinür 

565 

Potphyroxin 

1112 

Pulver,  englisches 

460  Quecksilberchlorid 

562 

Potschcamphor 

1054 

Pulver,  ganz  feines 

131  — dreifach  bas. 

563 

Potschöl 

1054 

— gemengte 

137  — oxyd. 

563 

Polassa  pura  liquida 

350 

Pulver,  gröbliches 

131  Quecksilberchlorid 

559 

Potassa  pura 

350 

Pulvis 

130  Ouecksilberjodür 

567 

Pottasche 

374 

— Algarotlii 

460  Quecksilbercyanid 

632 

Pottasche,  amerikan. 

374 

— anglicus 

460  Quecksilberjodid 

567 

— ^calcinirte 

374 

— antimonialis 

457  Quecksilbermercaptid  709 

— rohe 

374 

— Carthusianorum 

466  Quecksilbennohr,  durch 

Potassium 

347 

— compositus 

137  Schmelzen 

569 

Potenzen 

83 

• — grossus 

131  Quecksilberoxyd 

552 

Potio  Riveri 

317 

— hypnot.  Krieli 

568  Quecksilberoxydsalze  554 

Pounxa 

399 

— strumalis 

323  Quecksilberoxjd, 

874 

Praecipitatio 

183 

— subtilissinius 

131  aconits. 

— spontama 

183 

Purgirpilleniinmerwäh-  — ameisensaures 

832 

Praecipitation 

45 

rende 

454  — blausaures 

632 

Präcipitation 

183 

Purpurinschwefels. 

1134  — baldriansaures 

932 

Präcipitatum 

183  Purpursäure 

666  — essigsaures 

765 

Ra 

Rh 

Sa 

33 

Seite. 

Seite. 

Seite. 

Quecksilberoxyd,  sal 

- 556  Ranzigwerden 

982  Rhodium 

599 

petersaures. 

Rasura 

130  Rhodiumoxyd  u.-oxy 

- 

— salzsaures 

562  Radulminhalt 

8 dul 

599 

— schwefelsaures 

574  Rauschgelb 

311  Rhodizonsäure 

616 

— weinsaures 

901  Rautenöl 

1055  Ricinsäuren 

979 

Quecksilberoxyd- 

Realgar 

310  Ricinusöl 

980 

Ammoniak,  Salpeters.  559  Keceptirtisch 

125  Rinden,  Einsammlung  127 

• — salzsaures 

564  Receptur 

189  Roccellsäure 

935 

Quecksilberoxydul 

551  Reduction 

187  Röhrenapparat,  Lie- 

Quecksilberoxydul- 

Reduction 

205  big’s 

182 

salze 

552  Reflektion  des  Lichtes  100  Röhre,  Welter’sche 

177 

Quecksilberoxydul, 

Regulus  Antimonii 

452  Römisch.  Kamillenöl 

1055 

ameisens. 

832  — — -jovialis 

502  — Kümmelöl 

1051 

— essigs. 

764  martialis 

452  Röstung 

187 

— Black’s  graues 

576  martial. 

534  Roheisen 

531 

— boraxs. 

576  medicinalis 

476  Rohstahl 

531 

— knalls. 

622  — Arsenici 

302  Rohrzucker 

791 

— u.  - Oxyd,kohlens.  576  Reibschale 

130  — Verbindungen  dess. 

• — Picrinsalpeters. 

1145  Reibung 

20  mit  Basen 

793 

. — u.  - Oxyd,  phos- 

Remanens 

131  — Zersetzungsprod.  799 

phorsaures 

575  Repulsion 

8 Roob 

167 

- — Salpeters. 

554  Resina  alba 

1073  Rosengeraniumöl 

1047 

— salzsaures 

559  — Bals.  Copaivae 

1074  Rosenholzöl 

1047 

— weinsaures 

901  — Cautschuc 

1066  Rosenöl 

1047 

Quecksilberoxydul- 

— Cupri 

541  Rosmarin 

1054 

Ammoniak,  basisch.  — elastica 

1066  Rosmarincamphor 

1054 

salpetersaures 

557  — Guajaci 

1076  Rosmarinöl 

1053 

Quecksilberpräcipitat,  — Jalappae 

1078  Rosolsäure 

1298 

rother 

552  — Pini 

1073  Rossschwefel 

260 

— weisser 

564  Resinae 

1068  Roth,  englisches 

518 

Quecksilberseife 

1020  Resineon 

1073  Rotulae 

138 

Quecksilbersulfür 

568  Resinon 

1073  Rubinsäure 

864 

Quecksilbersulfid 

568  Retinaphta 

1082  Rubinschwefel 

310 

- — rothes 

570  Retinasphalt 

1311  Rufinschwefelsäure 

1134 

Quecksilber  Vitriol 

574  Retinit 

1311  Ruhe 

16 

Quellsäure 

1273  Retinol 

1083  Rumicin 

1087 

Quellsatzsäure 

1274  Retinsäure 

1311  Russ 

1316 

Ouellsaure  Salze 

1273  Retisteren 

1084  Ruthenium 

600 

Quendelöl 

1054  Retinyl 

1083  Rutilin 

691 

Quercitrin 

1088  Retorte 

174  q 

Quereitrongelb 

1088  Reverberirofen 

144 

Quercitronsäure 

1088  Revivication 

187  Saamen,  Einsammlung  128 

Quinin 

1173  Rhabarbarin 

1087  Sabadillin  1215.  1217 

Ouinquesulphuretum 

Rhabarberbitter 

1087  Sabadillsäure 

924 

~ Kalii 

366  Rhabarbergelb 

1087  Sacharate 

793 

Quintessenz 

153  Rhabarbersäure 

1087  Sacharum  Saturni 

758 

Quittenkernschleim 

1258  Rhabarberstoff 

1087  Sachulmin 

800 

Quittenschleim 

152  Rhamnusbitter  1107.  1191  Sachulminsäure 

800 

— Zus. 

1262  Rhamnus  cathartica, 

Sadebaumöl 

1039 

Radical 

40  blr.  Farbstoff 

1097  Sächsisches  Blau 

1151 

— zusammengesetzt.  40  Rhamnusgelb 

1089  Sättigungscapacität 

193 

Radicale,  zusammen 

Raphanus  sativus,  blr.  Säuerlinge 

317 

gesetzte 

192  Farbstoff 

1096  Säule,  Zambonische 

118 

Radicale,  zusammen 

Rhaponticin 

1087  Säuren,  Begriff 

152 

gesetzte 

601  Rhein 

1087  Säure,  arsenige 

302 

Räucherkerz. 

142  Rheinfarrnbitter 

1100  — chlorige 

237 

Rahm 

183  Rheinfarrnöl 

1056  — hydrobromige 

251 

Geiger’s  Qandb.  1 Band,  5te  Auflage.  3 


34  Sa  Sa  Sa 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

Säure,  hydrothionige 

Sal  urinae  nativum 

395  Salpeters  Brucin 

1230 

flüssige 

275 

— vegetabile 

881  — Chelidonin 

1200 

gasförmige 

275 

Salia  essentialia 

168  — Cinchonin 

1184 

— hypophosphorige 

293 

Sal  narcoticuin  vitrioli  332  — Coniin 

1171 

— hyposchw  eilige 

265 

— sedativuin  Hom- 

— Eisenoxyd 

520 

• — Nomenklatur 

21)5 

bergi 

332  — Eisenoxyd-Ammo- 

— org.  Theorie 

604 

— volatile  Saiis  Am 

niak 

523 

— phosphatige 

294 

moniaci 

325  — Eisenoxydul 

520 

— phosphorige 

293 

cornuCervisic 

— Kadmiumoxyd 

494 

— salpetrige 

219 

cum 

325  — Kyanol 

1297 

— salzige 

240 

Salep 

1259  — Morphin 

1194 

■ — schweflige 

265 

Salbeiöl 

1054  — Silberoxyd 

582 

— selenige 

287 

Salben 

151  — Silberoxyd- Am  - 

— tellurige 

288 

— gemengte 

1 5 1 moniak 

584 

— unterchlorige 

235 

Salicin 

690  — Strjchnin 

1227 

• wässrige 

236 

Salicyl 

685  — Quecksilberoxyd 

l 556 

— untersalpetrige 

219 

Salicylchlorid 

688  — Quecksilberoxy- 

— unterschwellige 

265 

Salicylige  Säure 

686  dul 

554 

— unlerjodige 

254 

Salicyligsaure  Salze 

687  — Zinkoxyd 

487 

— unterphosphorige  293 

Salicylimid 

687  — Zinnoxyd 

499 

- — Voghesische 

908 

Salicylsäure 

686  — Zinnoxjdul 

499 

Saflorgelb 

1089 

Salicylsäure 

688  Salpetersalzsäure 

244 

Saflorroth 

1092 

Salicylwasser- 

Salpeterstoff 

213 

Safranöl 

1046 

stolf  685.  682  Salpeterturpith 

557 

Saftgrün 

1097 

Salmiak 

245  Salpetrige  Säure 

219 

Sagapenöl 

1056 

— braunschwpiger 

245  Salpetrigsaures  Blei 

Sago 

1245 

— fixer 

417  oxyd 

506 

Sal  acetosellae 

612 

— Glauber’s  geheim.  285  Salseparin 

1113 

— Alkali  volatile 

— sublimirter 

245  Salze 

39 

sic  cum 

325 

Salmiakblumen,  ein- 

—  äpfelsaure 

911 

— amarum 

432 

fache 

245  — alaunerdesaure 

342 

— aramoniacum 

245 

— eisenhaltige 

523  — alkalische 

39 

aegypt. 

245 

Salmiakgeist,  ätzend. 

227  — anthranilsaure 

1147 

depur. 

245 

— weiniger 

702  — antimonsaure 

458 

fix  um 

417 

— wässriger 

328  — arsenigsaure 

305 

secret.  Glau- 

Salpeter 

354  — arsensaure 

30S 

ben 

285 

Salpeteräther 

717  — asparaginsaure 

1159 

— anglicum 

432 

Salpeterätherwein- 

—  baldriansaure 

931 

— armoniacum 

245 

geist 

720  — Begriff 

192 

— auri  philosophic. 

371 

Salpeter,  cubischer 

385  — bernsleinsaure 

959 

— catharticum 

432 

Salpetergas 

218  — bromsaure 

25U 

— culinare 

386 

— dephlogisticirtes 

217  — buttersaure 

921 

— de  duobus 

369 

Salpetergeist 

220  — camphorsaure 

925 

— digestivum  Sylvii  355 

— versüsster 

720  — capronsaure 

922 

— essentiale  tartari  876 

— getäfelter 

354  — chinasaure 

918 

— febrifugum  Sylvii  355 

Salpeterluft 

213  — chlorsaure 

239 

— Geminae 

386 

Salpeternaphta 

717  — chromsaure 

445 

— marinum 

386 

Salpeter,  prismati- 

—  chrysammins. 

1155 

— martis 

528 

scher 

354  — eoeinsaure 

939 

— microcosmicum 

395 

— rhomboidaler 

385  Salz,  Desrosne’sches 

1 198 

— mirabile  Glaube ri  391 

Salpetersäurehydrat 

221  — Ebsamer 

432 

perlatum 

392 

Salpetersäure,  rau- 

Salze, elaidinsaure 

971 

— polychrestum  Gla- 

chende 

223  Salz,  englisches 

432 

seri 

369 

— rothe 

221  Salze,  fettsaure 

969 

Lemerianum 

369 

— salpetrige 

219  — fumarsaure 

917 

Parisiense 

369 

— unvollkommne 

219  — hydriodsaure 

257 

• — tartari 

374 

Salpeters.  Atropin 

1212  — hydrobroinigs. 

251 

Sa 

Sa 

Sc 

35 

Seite. 

Seite. 

Seite. 

Salze,  hydrobroms. 

251 

Salzsäure,  oxydirte 

231  Sambucus  nigra,  blauer 

— jodsaure 

255 

wässrige 

234  Farbstoff’. 

1096 

— karbolsaure 

1293 

— oxygenirte 

231  Sandarac 

1078 

— kieselsaure 

337 

— rauchende 

241  Sandarach 

310 

— kohlensaure 

317 

— vollkommene 

231  Sandbäder 

146 

— maleinsaure 

915 

— wässrige 

241  Sandelroth 

1091 

— mangansaure 

449 

Salzsaures  Atropin 

1212  Sanquinarin 

1233 

— margarinsaure 

944 

— Brucin 

1229  Sautalin 

1091 

— molybdänsaure 

442 

— Chelidonin 

1200  Santonin 

1100 

— korksaure 

955 

— Chinin,  bas. 

1177  Scammonium,  Harz 

— naphtinunter- 

neutr. 

1 1 77  von 

1079 

scbwefelsaure 

1301 

— Chlorbromnaphta-  Schafgarbenöl 

1055 

— naphtalinunter- 

läse 

1307  Schall 

34 

schwefelsaure 

130 

— Chlornaplitalase  1306  Schatten 

99 

— neutrale 

39 

— Chlornaphtalese  1306  Stheel 

441 

— neutrale 

194 

— Cinchonin 

1183  Scheeloxyd 

441 

— ölsaure 

964 

— Coniin 

1171  Scheelsäure 

441 

— oenanthsaure 

934 

— Glaucin 

1201  Seheel’sches  Grün 

547 

— picrinsalpeters. 

1145 

— Glaucopicrin 

1202  Scheererit 

1312 

■ — phooensaure 

923 

— Kupferoxyd-Am- 

Scheidekolben 

174 

— phospbors. 

298 

moniak 

542  Scheidetrichter 

136 

— pyroweins.  905.  907 

— Kyanol 

1297  Scheidewasser 

223 

— quellsaure 

1273 

— Morphin 

1194  Scheidung  durch  die 

— pyropliosphors. 

298 

— Quecksilberoxyd 

562  Quart 

588 

Salze,  salpetersaure 

225 

— Quecksilberoxy- 

Schellack 

1077 

— saure 

39 

dul 

559  Scherbenkobalt 

302 

— saure 

194 

— Quecksilberoxyd 

Schieferweiss 

510 

— sclieelsaure 

441 

Ammoniak 

564  Schierlingsstoff 

1168 

— Schwefelsäure 

274 

— Strychnin 

1226  Schiffspech 

1074 

— schwefligsaure 

267  Sapo 

167  Schiffstheer,  trockn. 

1082 

Salz,  Seidschützer 

432 

— aceti 

744  Schillerstoff 

1098 

— Seidlitzer 

432 

— medicatus 

1016  Schlämmen 

132 

Salze,  talgsaure 

945 

— guajacinus 

1077  Schlagweite  der  Elec 

— tantalsaure 

441 

— stibiatus  vel  anti 

tricität 

106 

— tartralsaure 

903 

moniatus 

1017  Schlangenwurzelöl, 

— tartrelsaure 

904  Saponin 

1112  virginisches 

1057 

— traubensaure 

908  Saponinsäure 

1112  Schleim 

148 

— übermangansaure  451 

Sarcocollin 

1265  — Zus. 

1258 

— unterschwefligs. 

265 

Sassafrasöl 

1045  — Thier- 

1345 

— unterbromigsaure  249 

Sassolin 

332  Schleimige  Gährung 

813 

— unterchlorigsaure. 237 

Satzmehl 

1244  Schleimiges  Gummi 

1258 

— unterphospliors. 

299 

Saturnus 

502  Schleimsäure 

807 

— unterschwefels. 

268 

Sauerkleesalz 

612  — modificirte 

808 

• — vanadinsaure 

444 

Sauerkleesäure 

609  Schleimsaure  Salze 

807 

— vanadinigsaure 

443 

Sauerstoff 

198  Schmelz 

499 

Salz  der  Weisheit 

564 

Sauerstoffbasen 

58  Schmelzen 

92 

Salze,  Zircouerd- 

339 

Sauerstoffchlorschwe 

186 

Salzäther,  leichter 

706 

felkohlenstoff 

331  Schmelzpunct 

15 

— schwerer 

771 

Sauerstoffmesser 

215  — 

92 

Salzlösungen 

148 

Sauerstoffsäuren 

58  Schmelztiegel 

186 

Salznaphta,  leichte 

706 

Sauerstoffsalze 

193  Schmiedeisen 

513 

Salzsäure 

240  Sauerstoff,  tropfbar!!. 

211  Schmierseife 

1005 

— dephlogistisirte 

231 

Sauerstoffverbindun- 

Schminkläppchen, 

gemeine 

241 

gen,  Nomenklatur 

blaue 

1097 

— hyperoxydirte 

238 

der  s. 

205  Schnellloth 

512 

Salzsäure-Üyper- 

Saunder’s,  sclrwarzes 

Schobelt’scher  Liquor  530 

oxydul 

231 

Quecksilberoxydul 

565  Schöllsäure 
3* 

1031 

'l 


36 


Sc 


Sc 


Sc 


Seite. 


Schriftmetall  512 

Schwaden,  feuriger  319 

Schwämme,  Einsamm- 
lung  i«8 

Schwamm,  präparir- 
ter  143 

Schwammsäure  1032 

Schwammzucker  809 

Schwefel  «60 

Schwefeläther  696 

Schwefeläther -Wein- 
geist 704 

Schwefelalkohol  329 

Schwefelalumium  3^3 

Schwefelammonium, 
einfach.  281 

— im  Maximum  283 

— Scheidungsmittel  284 

Schwefelantimon,  an- 
derthalbfach. 468 

— calcium  477 

— doppelt.  468 

— einfach.  463 

— füniTach.  468 

• — gewöhnliches  463 

Schwefelantimon-Na- 
trium krystall.  476 

Schwefelantimon-Nie- 
derschlag, doppelt.  468 
Schwefelantimon- 

Quecksilber  577 

Schwefelantimon,  drit- 
tehalbfach. 468 

Schwefelarsen,  einf.  312 

• — fünffach.  312 

— gelber  311 

— rother  310 

Schwefelarsensalze  312 

Schwefelbalsam  988 

Schwefelbarium  409 

— schwefelwasser- 
stoffsaures 411 

Schwefelbaryt  410 

Schwefelbenzoyl  672 

Schwefelblausäure  645 

Schwefelblei  507 

Schwefelblumen  261 

— gewaschene  261 

Schwefelboron  335 

Schwefelcalcium  422 

— schwefelwasser- 
stoffsaures 423 

— wässriges  423 

Schwefelchrom  445 

Schwefelcyan  645 

Schwefelcyan- Ammo- 
nium 646 


Seite. 

Schwefelcyanblei  617 

Schwefelcyankalium  646 
Schwefelcyankupfer  647 
Schwefelcyanmetalle  646 
Schwefelcyansilber  647 
Schwefelcyanwasser- 
stoffsäure 645 

Schwefele  yanwasser- 
stoffs.  Stry  chnin  1227 
Schwefelcyanwasser- 
stoff- Schwefelwas- 


serstoff 651 

Schwefeleisen,  achtel  525 

— anderthalb  527 

— doppelt  527 

— einfach  525 

Schwefelgeist,  flüch- 
tiger 265 

Beguin’s  283 

Schwefel,  gereinigter  261 
Schwefelgold  593 

Schwefelkadmium  494 

Schwefelkali  366 

Schwefelkalium  366 

Schwefelkalium- 
Schwefelwasser- 
stoff  369 

Schwefelkalk  422 

Schwefelkohlenstoff  329 
Schwefelkupfer,  einf.  543 

— dopp.  543 

Schwefelleber  367 

• — alkalinische  366 

— flüchtige  283 

— kalkerdige  422 

Schwefelleberluft  «71 

Schwefelinagnium  432 

— wässriges  432 

Schwefelmangan  452 

Schwefelmilch  262 

Schwefelmolybdän  443 

Schwefelmolybdän- 
salze 443 

Schwefelnatrium  390 

Schwefelnatron  390 

Schwefelniederschlag  262 
Schwefeloxyd  «65 

Schwefelquecksilber, 
amorph.  568 

— schwarzes  568 

— einf.  568 

— dopp.  570 

— rothes  570 

Schwefelrubin,  Be- 
guin’s 1036 

Schwefelsäure  268 

— englische  269 


Seite. 


Schwefelsäurehydrate  2 7 1 
Schwefelsäure,  Nord- 


häuser 

269 

— rauchende 

269 

— untersalpetrigs. 

280 

— verdünnte 

273 

— wasserfreie 

269 

Schwefels.  Atropin 

1213 

— Aricin 

1187 

— Bleioxyd 

507 

— Brucin 

1230 

— Chelerythrin 

1201 

— Cbelidonin 

1200 

— Chinin,  bas. 

1178 

— Cinchonin 

1184 

— Daturin 

1207 

— Eisenoxyd 

529 

— Eisenoxydul 

528 

— Glaucin 

1202 

— Glaucopicrin 

1202 

— Kadmiumoxyd 

495 

— Kreosotkali 

1285 

— Kupferoxyd 

544 

— Kupferoxyd-Am- 

moniak, bas. 

546 

— Kupferoxyd-Eisen- 

oxydul 

549 

— Kupferoxydkali 

548 

— Morphin 

1194 

— Naphtalidam 

1308 

— Quecksilberoxyd 

[ 574 

— Silberoxjd 

586 

— Strychnin 

1227 

— Wismut  hoxyd 

482 

— Zinkoxyd 

488 

bas. 

491 

— Zinnoxydul 

501 

Schwefelsalz,  Stahl’s  369 

Schwefelsalze 

196 

— 

262 

Schwefelscheel 

442 

Schwefelsilber 

586 

Schwefelsilicium 

339 

Schwefelspiessglanz 

463 

Schwefelstickstoff 

281 

Schwefel,  sublimirter  261 

Schwefeltantal 

441 

Schwefeltitan 

440 

Schwefeluran 

446 

Schwefel  vanadin 

444 

Schwefelwasserstoff 

277 

Schwefelwasserstoff 

äther 

707 

Schwefelwasserstoff- 

Ammoniak 

281 

— 

282 

Schwefelwasserstoffs.  277 


Se 

Si 

Sp 

37 

Seite. 

Seite' 

Seite. 

Schwefelwasserstoff 

Senföl,  flüchtiges 

1059 

Silberoxyd  mecons. 

848 

Schwefelammonium  282 

Sennesblätterbitter 

1107 

- — myristins. 

940 

Schwefelwisimith 

482 

Sepium,  Harz  von 

1079 

— oxalurs. 

660 

Schwefelyttrium 

438 

Serratula  tinctoria,  gel- 

— palmins. 

1003 

Schwefelzink 

488 

ber  Farbstoff, 

1089 

— phosphors. 

586 

Schwefelzinn 

501 

Serolin 

1394 

— phtals. 

1305 

— dopp. 

501 

Serum 

1318 

— pyroweins. 

906 

Schwellige  Sälire 

265 

— 

1387 

— salicyligs. 

688 

wässrige 

267 

Serpentarin 

1119 

■ — Salpeters. 

592 

Schwefligsaures  Kup 

- 

Serpentin 

437 

Silberoxydsalze 

581 

feroxydul 

544 

Sesquisnlphuretum 

Silberoxyd,  Schwefels.  586 

Schweineschmalz 

1024 

Stibii 

463 

— traubens. 

909 

Schweinfurtergrön 

764 

Sevenbaumöl 

1039 

— weins. 

901 

Schwere 

9 

Sevum 

1023 

Silbersalpeter 

582 

Schwererde 

403 

— bovinum 

1023 

Silicia 

336 

• — kohlensaure 

412 

— cervinum 

1023 

Silicium 

335 

— salzsaure 

407 

— hircinum 

1023 

— kalium 

379 

Schwerpunct 

19 

— ovillum 

1023 

Similor 

549 

Schwerspath 

411 

Sicherheitslampe, 

Sinammin 

1171 

Schüttgelb 

1088 

Davy’s 

201 

Sinapin 

1062 

Schusterpech 

1073 

Sicherheitsröhre,  Wel 

Sinapolin 

1171 

Sclerotica,  Zus. 

1362 

ter’sche 

181 

— 

1060 

Spangrün 

762 

Sieb 

131 

Smilacin 

1113 

Scillitin 

1106 

Sieden 

94 

Soda 

395 

Scordiumbitter 

1104 

Siedepunct 

94 

— alicantische 

396 

Scutellarin 

1119 

SHber 

578 

— cruda 

395 

Sealoil 

1014 

Silberglätte 

503 

— rohe 

395 

Secundenpeudel 

19 

Silberglättpflaster 

1017 

— hispanica 

396 

Sedativsalz 

332 

Silberhyperoxyd 

581 

— alicäntina 

396 

Sedlitz-Powder 

399 

Silberoxyd 

580 

— pura 

384 

Seeeiche,  verkohlte 

323 

— aeonits. 

874 

Sodawasser 

399 

Seehundsthran 

1014 

— alloxansaures 

658 

Soda-Water 

317 

Seekalbthran 

1014 

Silberoxyd- Ammo- 

Sodium 

382 

Seide 

1348 

niak,  salpetcrs. 

584 

Sol  - 

588 

Seidelbastbitter 

1104 

Silberoxyd,  arsenig- 

u. 

Solanin 

1213 

Seidelbastharz 

1081 

arsensaures 

587 

Solaninsäure 

1033 

Seidenwurmsäure 

1033 

— äpfelsaures 

915 

Solanium 

1213 

Seife  1004  ff.  1016 

— ameisens. 

833 

Solut.  Jodeti  Hydr.  in 

Seifen,  feste  harte 

Silberoxyd-Antimon- 

Aethere 

700 

1005.  1007 

oxyd,  weins. 

901 

Sonne  der  Metalle 

588 

Seifenkraut-Satz- 

Silberoxyd, baldrian 

- 

Spaniolitmin 

1127 

mehl 

1253 

saures 

932 

Spannung  der  Dämpfe  94 

Seifenleim  1005.  1017 

— benzoesaures 

670 

— der  Electricität 

107 

Seifensiederlauge 

384 

— camphors. 

926 

Sparadrap 

142 

Seifenspiritus 

704 

— chinasaures 

919 

Spartiin 

1119 

Seihetuch 

132 

— chloracetylsaures  771 

Spathum  fluor. 

422 

Selen 

286 

— chromsaures 

587 

— ponderosum 

411 

Selenium 

286 

— chrysammins. 

1156 

Spathsäure 

259 

Selenoxyd 

287 

— chrysolepins. 

1157 

Species 

137 

Selenige  Säure 

287 

— cocins. 

939 

— ad  cataplasmata 

, 137 

Selensäure 

287 

— cyans. 

621 

— ad  fomentum 

137 

Selenit 

424 

— cyanurs 

625 

— zu  Bähungen 

137 

Selterswasser 

399 

— elaidins. 

971 

— zu  Umschlägen 

137 

Senega,  Harz  von 

1080 

— essigs. 

766 

Specifisches  Gewicht 

Senegin 

1113 

— fettsaures 

970 

der  Dämpfe 

95 

Senfölammoniak 

1060 

— knaUs. 

623 

Speckstein 

437 

— 

1171 

— kohlens. 

587 

Speichel 

1380 

38 


S,» 


Speichelstoff 
Speisebrei 
Sperma  Ceti 
Spiauter 
Spicköl 
Spiegel 
Spiegelmetali 
Spiessglanz 
Spiessglanzasche 


St 

St 

Saite. 

Seite. 

Seite. 

1381 

Spirit,  fumans  Libavii  500 

Stannum  sulfuratum 

501 

1379 

— Minderer!  750 

Slaphisain 

1221 

1025 

— inuriatico  aethe- 

Status nascens 

46 

483 

reus  771 

Steingut 

344 

1053 

— nitri  acidus  220 

Stearin 

947 

100 

— nitri  dulcis  720 

Stearopten 

1034 

549 

— nitrico-aeth.  720 

Stechpalmenbitter 

1104 

452 

— Salis  ammoniac. 

Steinkohlen,  Prod.  d. 

457  aquos 


328  trockn.  Destillation  1291 


* 9 v/u.  va»u  vi  ui.  nii. 

Spiessglanzblumen  455  Ammoniaci  cau-  Steinkohlentheeröl,  Z 


Spiessglanzbutter  460 

Spiessglanzglas  455 

Spiessglanzkalk,  Hoff- 
mann’s  477 

Spiessglanzkönig  452 

— medicinischer  476 

Spiessglanzleber  473 

— antimonoxydfreie  473 

— antimonoxydhal- 
tige 473 

— antimonige  Säure 

haltende  473 

— kalkerdige  477 

— natronhaltige  476 

Spiessglanzmohr  577 

Spiessglanzöl  460 

Spiessglanzoxyd,  sal 

peters.  bas. 

— verglastes 

— schwefelhaltiges 

hydrothionsaures  468 

Spiessglanzoxydul  455 

— Schwefels,  bas. 
Spiessglanzoxydul  fl  iis 


241 

704 


459 

455 


470 


sticus 

vin. 

communis 

fumans  Glau- 
ben 

— saponis 

— sulph.  aeth.  mart.  704 

— sulphurico-aeth.  704 

— sulphuris  per  cam- 

panum  265 

volat.  Beguini  283 

— terebinthinae 

— vini  aeth. 

mart. 

— Vitrioli 
Spiroylsäure 
Spir03  lwasserstoff- 

säure 

Spitzbeutel 
Spongia  cerata 
praeparata 


227  d.  Salpetersäure  1295 
702  Steinöl  1315 

241  Steinsalz  386 

Steinzeug  344 

Stempel  130 

Sternanisöl  1049 

Stibium  452 

Stibium  oxyd a tum  457 

— oxidatum  album 

abutum  47 1 

— oxydulatum  455 

— sesq  ui  chloratum  460 

— sulphuratum  nigr.  463 


1036 
704 

704  Stickgas  oxidirtes 
273  — oxidulirtes 
689  Stickoxid 
Stickoxydul 
686  Stickstoff 
132  Stinkasantöl 

142  Stockfischthran 

143  Stocklack 


sigkeit,  salzsaure  460  Sprödigkeit 
Spiessglanzsafran  475  Stabeisen 
Spiessglanzsalpeter  353  Stäbchen 

— eingedickter  472  Stärke 
Spiessglanzschwefel  468 

— rother  466 

Spiessglanz,  schweiss- 

treibendes  gewasche- 
nes 471 

Spiessglanzseife  1016 
Spiessglanztinctur, 
scharfe  oder  tar- 
tarisirte  703 

Spiessglas  452 

Spiegelin  1119 

Spiraea  ulmaria,  äthe- 
risches Oel  690 

Spiraeain  1090 

Spiritus  abstractus  179 

— acetic.  aethereus  749 

— aromaticus  179 

— Cornu  Cervi  326 
Cervi  succinat.  959 


Spongiae  combustae  322  Stöckchen 
Sprengeisen 
Springkörneröl 


217 

217 

218 
217 
313 

1062 
1014 
1077 
139 

174  Stoffe,  ätherische  85 
1013  Stoff  säurezeugender  198 
10  Stopfwachs  1030 

513  Storax,  Harz  im  1075 
139  Sto raxöl  1039 

1245  Strahlenbrechung  don.  101 


Stärkezucker 

795 

. O ■ 

btramonm 

1207 

Stärk  mehl 

1244  Streupulver 

140 

— Zusam. 

1253 

Strontian 

413 

Stärkmehlart.  Faser 

1254 

Strontianerde 

413 

Stärkmehl,  holzartig. 

1254  Strontiauhydrat 

413 

— Yerh.  zu  heissem 

Strontian,  ameisens. 
— camphorsaurer 

831 

Wasser 

1246 

925 

— Vertu  zu  Säuren 

1247 

— capronsaurer 

922 

Stahl 

531 

— essigsaurer 

754 

Stahl’s  alkal.  Eisen- 

— jodsaurer 

414 

tinctur 

534 

— Kali,  weinsaurer 

888 

Stahlkugeln 

891 

— kohlensaurer 

414 

Stahlwasser 

533 

— margarinsaurer 

944 

Stahlweinstein 

891 

— natron  weinsaures  888 

Stangenschwefel 

260 

— ölsaurer 

967 

Stanniol 

496 

— phocensaurer 

923 

Stannum 

495 

— picrinsalpeters. 

1145 

— indicum 

483 

— P3'rocitronens. 

875 

— oxydatum 

498 

— salpetersaurer 

414 

Su 


Su 


Ta 


39 


Seite. 

Strontian,  Schwefels.  414 
Strontianseife  1010 

Strontian,  weinsaur.  888 

Strontium  413 

Strychnin  1223 

Strychninsalze  1226 

Strychnin  jo dsaur.  1227 
— Cyanwasserstoffs.  1 227 
eichengerbsaur.  1228 

— essigsaures  1228 

. — Jodwasserstoffs.  1227 

— kohlensaures  1228 

— oxalsaures  1228 

— phosphorsaures  1227 

— schwefelcyanwas- 

serstoffsaueres  1227 

. — salpetersaures  1227 

— salzsaures  1226 

— Schwefels.  1227 

. — weinsaur.  1228 

Strychnium  12-23 

Stückgut  549 

Styracin  1076 

Styracon  1076 

Styrol  1039 

Styrol  1076 

Styroloxyd  1039 

Subacetas  cupricus  762 
Subcarbonas  natricus  395 
— Sodae  395 

— Potassae  374 

Suberin  1268 

Sublimat,  ätzender  562 
Sublimate  180 

Sublimatio  180 

Sublimation  180 

Subnitras  bismuthicus  481 
Sub-nitras  Stibicus  459 
Suboxyd  205 

Subphosphas  calcicus  425 
Substanzen,  eingem.  139 

— überzuckerte  139 

Sub-sulphas  Stibicus  470 
Succi  expressi  135 

— inspissati  167 

Succinamid  958 

Succinas  Ammoniae 

liquidus  959 

Succinon  960 

Succinum  961 

Succisteren  1312 

Süsserde  345 

Süsserdesalze  345 

Süssholzzucker  1264 

Süssstoff  v.Abrus  prae- 
cator.'  1265 

— des  Engelsüss  1265 


Seite. 

Sulfhydrate  de  sulfure 
de  methylene  820 

Sulfid  39 

Sulfid  262 

Sulfobenzid  677 

Sulfisatin  1 1 40 

Sulfisatyd  H40 

Sulfobenzid-unter- 

scliwefelsäure  677 

Sulfocarbonate  d’oxyde 
de  methylene  824 

Sulfo  chlorisaty  d 1 1 40 

Sulfodraconsäure  1056 

Sulfocyanide  646 

Sulfo  cyanüre  646 

Sulfonaphtalid  1302 

Sulfonaphtalin  1302 

Sulfosinapin  1062 

Sulfür  262 

Sulfurete  262 

Sulpharsin  "<87 

Sulphas  aluminae  343 

Alum.  et  Potassae  381 

— aluminic  o -K  alicu  s 38 1 

. — aluminicus  343 

— argentic.  586 

- — barytae  411 

— bary  ticus  411 

— cadmicus  495 

— Calcariae  424 

— calcicus  424 

— biammonico  - cu- 

pricum  546 

— Cupri  544 

— ferrico-kalicus  534 

— ferricus  529 

— ferrosus  528 

— hydrargyric.  574 

— Kalicus  369 

— Lixiviae  369 

— magnesiae  432 

— magnesicus  432 

— natricus  391 

— Potassae  369 

— Sodae  391 

— zincicus  489 

Sulfidum  arsenicum  312 
Sulphidum  arseniosum311 
Sulfidum  carbonicum  329 
Sulphidum  hypoarse- 

niosum  310 

— hypostibiosum  463 

— stibicum  468 

— stibiosum  468 

Sulphostibias  calcic.  477 
Sulpho-Stibias  na- 
tricus c.  aq.  476 


Seite. 

Sulphur  260 

— aurat.  Antim.  3ia 

ppt.  468 

— auratum  liquidum  1017 

— caballinum  260 

— citriuum  260 

— depuratam  261 

— stibiat.  aurantiac.  468 

— stibiat.  rubeum  466 

— sublimatum  261 

Sulphuretum  barii  410 

Sulfuretum  Calcii  422 

Sulphuretum  carbonei  239 

— Cupri  543 

— ferrosum  525 

— hydragyric.  568 

— Stanni  501 

— stibicum  463 

— Stibii  c.  Calcio  477 
— Stib.  et  Natriie. 

aq- 

— Stibii  rubeum  466 
Sumpf  luft  319 

Superoxydum  mang.  448 
Surinamin  1237 

Sylvinsäure  1072 

Synaptas  638 

Synaptas  1321 

Syringa  vulgaris, 

Oel  von  1058 

Syringabitter  1104 

Syrupe  149 

. T. 


Tablettes 

Tabulae 

Täfelchen 

Takamahaka 

Talcium 

Talg 

Talg,  reiner 
Talgarten 


138 

139 
139 

1078 

429 

1023 

947 

1021 


Talgsäure  942  u.  950 
Talk  437 

Talkerde  429 

Talkerde  429 

citronsaure  869 

— kohlensaure  435 

Tanacetin  H00 

Tanacetsäure  1033 

Tangentialkraft  18 

Tanghincamphor  1065 

Tanghinin  Hl® 

Tanghincamphor  1065 

Tannenrinde,  Hauptb.  1268 
Tannenzapfenöl  1083 

Tanningenium  851 


40 


Te 


Th 


Ti 


Seite. 

Tantal  441 

Tantalige  Säure  441 

Tantaloxidsalze  441 

Tantalsäure  441 

Tautalsäurehydrat  441 

Tantalsäure -Kali, 
weinsaures  894 

Tapioeea  1245 

Taraxacin  1119 

Tartarisirter  Wein- 
stein 881 

Tartarus  880 

— ammoniatus  882 

^ — boraxatus  886 

— chalybeatus  891 

— ferratus  891 

— solubilis  881 

— solubilis  ammon.  882 


Thebain 
Thee 
Thein 

Theobromin 
Theeöl 
Theespecies 
Theorie 

— atoinistische 

— Stahl’s  phlogis 

tische  202 

Thernioelectricität  121 

Thermomagnetismus  121 
Thermometer  Celsius’*  88 


Seite. 

1 196 
1243 
1240 
1240 
1058 
137 

64 

65 


Seite. 

186 

1345 

332 

152 
1 50 

153 


— tartarisatus  881 

— vitriolatus  369 

— vitriolisatus  acid.  371 

Tartralsäure  903 

Tartras  Kalico-ammo- 

nicus  c.  aqua  882 

— Kalico-ferricus  891 

— Kalico-stibicus  898 

— Kalicus  881 

— Kalicus  acidulus  880 

— potassae  881 


Fahrenheit’s 
— Röaumur’s 
Thieröl 

Thiere,  Ernährungs- 
process 
Thieralbumin 
Thieralbumin 
Thiercasein 

— lösliches 
— Fäulniss 
— Zus. 

Thierfibrin 
— Zus. 

Thierkohle 

Thierschleim 

— Zus. 


potassae  acidulus  880  Thierstoffe,  Schwefel 
haltige 


88 

88 

709 

1397 

1333 

1349 

1338 

1339 
1343 

1350 
1337 

1350 
321 

1345 

1351 


— potassae  et  am 

moniae 

882 

— potassae  boraxat.  886 

— Potassae  et  oxidi 

Ferri 

891 

Tartrelsäure 

903 

Taurin 

1372 

Tausendgüldenkraut 

bitter 

1100 

Tekoretin 

1313 

Telerythrin 

1126 

Tellur 

288 

Teilurige  Säure 
Tellursäure 

288 

288 

Tenakel 

132 

Tereben 

1037 

Terebilen 

1037 

1074 

1081 

1036 

1037 


Terpentin 
Terpentin-Firniss 
Terpentinöl 
Terpentinsäure 
Terra  foliata  Tartari  751  Thorit 

— foliata  tart.  cri- 
stallisabilis 

— muriatica 

— ponderosa 


1317 

— Schwefel,  u. stick- 
stoffhaltige, Zus.  1349 

Thionursäure  661 

Thionursaure  Salze  661 

Thiosinnamin  1171 

Thonerde  340 

— ameisensaure  832 

— benzoesaur.  670 

— eitronsaure  869 

— essigsaure  754 

— gerbsaure  853 

— honigsteinsaure  618 

— Kali,  weinsaures  891 

— salzsaure  343 

— schwefelsaure  343 

— weinsaure  890 

Thonsilicat,  wasserh.  344 
Thorium 
Thorerdehydrat 
Thorerde-Salze 


Thujaöl 
752  Thymianöl 
429  Tiegel,  hessische 
403  — Passauer 


salita  407  — Ypser 


34b 

345 

345 

345 

1057 

1054 

186 

186 

186 


TigiUa 
Tikkur 
Tincal 
Tincturae 
Tincturen 
— einfache 

— zusammengesetzte  153 

— acetatis  ferri. 

Phar.  Edinb.etDubl.756 

— Antim.  aciis.  s. 

tart.  703 

— Antimonii  Jacobi  1017 

— ferri  acetici  aeth.  756 

— ferri  muriat.  521 

— gallarum  860 

— guajaci  ammon.  1077 

— guaj.  Simplex  1077 

— iodi  702 

— Kalina  703 

— Martisadstringens.  756 
— Mart,  alcal.  Stahls.  534 
— Marlis  pomata  et 

cydoniata  914 

— Martis  tartarisata 
Ludovic.  893 

— Moschi  artificialis  963 

— sal.  Tartari  703 

— tonico-nerv.  Best.  704 

— Vener.  volat.  541 

Tinte,  sympathetische  535 
Tischler-Firniss  1081 

Titan  439 

Titanoxid  440 

Titanchlorid,  wässri- 
ges 440 

Titanoxidsalze  440 

Titansäure  440 

Titansäurehydrat  440 

Titansäure,  weinsaure  894 
Tödten  d.  Quecksilbers  550 
Töpfergeschirr  344 

Töpferthon  344 

Tomback  549 

Tonkastearopten  1048 

Torfharz  1080 

Torfsäure  1272 

TorfjZersetzungspro- 
ducte  darin  vork. 
Pflanzenüberreste  d. 

Alkal.  1270 

Torrefactio  187 

Tostio  187 

Toulouron  Oel  1014 

Tournesol,  blaue  1097 

Trägheit  der  Masse  16 
Tränk chen  150 

Tragantschleim,  zus.  1262 


Ur 

Seite. 

Traganthstoff  1259 

Traganthsyrup  1259 

Traubenkrautöl  1057 

Traubensäure  908 

Traubenzucker  794 

— Zersetzungsprod.  799 
Tremellin  1119 

Trinitrite  d’anthrac.  1310 
Trisulphuretum  Kalii  366 
Tritoxid  205 

Troschisci  138 

Trogapparat  113 

Tropfen  150 

Tropfgläser  126 

Tropfstein  428 

Tubulat-Retorte  174 

Tubulus  174 

Tulpenbaumbitter  1102 
Tungsteinmetall  441 

TurnbuH’s  Blau  641 

Turpethum,  Harz  von  1079 
— minerale.  574 

Turpith,  mineral.  574 

Tutia  485 

u. 

üeberbromsäure  250 

Ueberchlorsäure  239 

Ueberjodsäure  255 

Uebertnangansäure  459 

Ueberschwefelcyan- 
wasserstoffsäure  650 

Ulmin  1270 

Ulminsäure  1270 

Ultramarin,  künstlich.  402 
Unterchlorige  Säure  235 
Untergährung  1324 

Unterjodige  Säure  254 
Untermargarylsäure  950 
Unterphosphorsäure  293 
Unterphosphorige  S.  294 
Unterpicrotoxinsäure  1109 
Unterpiotinige  Säure  996 
Untersalpetersäure, 
chlorhaltige  244 

Untersalpetrige  Säure  219 
Untersalpetrigsaure 
Schwefelsäure  280 
Unterschwefelsäure  267 
Unterschwefelsaures 
Chinin  1179 


Ve 


Uranchlorid 

Uranchlorür 

Uranoxyd 

Uranoxydhydrat 

Uranoxydhydrat 

Uranoxydsalze 

Uranoxydul 

Uranoxydulhydrat 

Uranoxydulsalze 

Urarin 

Urethan 

Uril 

Urilsäure 

Urinküpe 

Ustio 

Y. 


Seite. 

446 

446 

446 

446 

446 

446 

446 

446 

446 

1231 

726 

654 

654 

1151 

185 


Unterschwellige  Säure  265 
Unschlitt  1023 

Uramil  662 

Uramilsäure  662 

Uramilsaure  Salze  663 
Uran  445 


Vaccinium  Myrtillus, 
bl.  Farbstoff  1096 

Valerianaldehyd  932 

Valeriansäure  930 

Valeron  933 

Vanadin  443 

Vanadinchlorid  444 

Vanadinoxyd  443 

— weinsaures  895 

Vanadinoxydhydrat  443 
\anadin0x3dsalze  443 
Vanadinsäure  444 

\anadinschwefelsalze  444 
Vanadinsuboxid  443 
Vanadinsuperchlorid  444 
Vanadinsuperchlorid- 
ammoniak 444 

Vanillacampkor  1065 
Varech  Soda  396 

Variolarin  1123 

Venus  537 

Veratrin  1215 

Veratrumsäure  935 

Veratrium  1215 

Verbindungbin.  38 

Verbindungen,  isom.  82 
Verbrennen,  Bedin- 
gungen des  200 

— langsames  200 

— rasches  200 

— Theorien  über  d.  202 

Verbrennlichkeit  202 

Verbrennung  12 

Verdampfung,  längs.  93 

— rasche  93 

Verdunstung  93 

Verkalken  185 

Verknistern  42 

Verkohlung  187 

Verprasselung  185 


Vi  41 

’ Seite. 

Verpuffen  187 

Verquickungen  577 

Verseifung  980 

Vert  degris  762 

Verwandtschaft,  che- 
mische 1 1 

— prädisponirende  47 
Verwandtschaftsgrade  47 
Verwesungsprocess  der 

Pflanzen  1268 

Verwittern  44 

— 185 

Verzinnen  143 

Vesica  172 

Vina  medicata  153 

Viola  odorata,  blauer 

Farbstoff,  1096 

Violenwurzharz  1080 

Violin  1223 

Viride  aeris  762 

Vis  inertiae  16 

Visetgelb  1088 

Vitellin,  Zus.  1349 

Vitus  vinifera,  blauer 
Farbstoff  1096 

Vitriol,  blauer  544 

— grüner  528 

— weisser  489 

Vitriolgeist  273 

Vitriolküpe  1151 

Vitriolnaphta  696 

Vitriolöl  * 268 

Vitriolsalz,  narcotisch.  332 
Vitriolum  coeruleum  544 

— de  Cypro  544 

— Haitis  528 

— plumbi  507 

— Veneris  544 

Vifrum  379 

— antimonii  455 

— plumbi  503 

Voltaische  Säule  112 
Volumen  8 

Vorlage  174 


\v. 


Wachholderholzöl, 

brenzliches 

Wachholderöl 

Wachs 

— amerikanisches 

— der  Bienen 

— fossiles 

— japanisches 

— der  Kohlblätter 


1039 

1038 

1027 

1030 

1027 

1313 

1029 

1029 


42  Wa  We  XI 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

Wachs  der  Myrica  ceri- 

Wasserstoffsulfid- 

Weissgerben 

1357 

fera  1029.1030 

Schwefelammonium  282 

Weissgold 

595 

Wachspapier 

142 

Waugelb 

1088 

Weisskupfer 

537 

Wachspflaster 

152 

Weichharze 

1070 



547 

Wachssalbeu 

151 

Weichheit 

10 

Weizen,  Zus. 

1330 

Wachsschwamm 

142 

Weichmangan 

448 

Welter’s  Bitter 

1144 

Wärme 

86 

Weine,  medicinische 

153 

Wermutlibitler 

1100 

— abstossende 

86 

Weinen 

176 

Wermuthöl 

1055 

— Austjehnimg  durch  87 

Weinhefe 

1331 

Whale  Oil 

1014 

W ärmecapacität 

91 

Weingährung 

811 

Wiederbelebung 

187 

VV  arme,  Lnstehung  der  86 

Weingeist,  ätherhal- 

Widerstand der  Medie  20 

— freie 

14 

tiger 

704 

Wiegemesser 

129 

— Freiwerden  der  91.  96 

— aromatischer 

179 

Wienergrün 

764 

— geleitete 

86 

— essigätherhaltiger  749 

Wienerweiss 

424 

— Gleichgewichts- 

Weingeist-Firniss 

1081 

Windöfen 

144 

streben 

89 

Weingeist,  höchst 

Wismuth 

478 

Wärmeleiter 

87 

rectif. 

700 

Winterrindenöl 

1057 

Wärme,  relative 

90 

Weinöl 

727 

Wismuthasche 

479 

— specifische 

90 

Weinölcampher 

729 

Wismuthblumen 

480 

— strahlende 

86 

— schwefelsäurehal- 

Wismuthbutter 

482 

— Verschwinden  der  86 

tiges 

728 

Wis  m u th  hype  r oxy  d 

480 

W age 

125 

Weinsäure 

876 

Wismuthkalk 

479 

— hydrostatische 

24 

— wasserfreie 

904 

Wismuthoxyd 

479 

Waidküpe 

1150 

— Zersetzungspro- 

— bas.  Salpeters. 

481 

Wallfischthran 

1014 

duct  der 

907 

— kohlens. 

482 

Wallnussbitter 

1105 

Weinsaures  Atropin 

1213 

— Schwefels. 

482 

Wallrath 

1025 

— Chinin 

1180 

— weins. 

894 

Wallrathfett 

1024 

— Cinchonin 

1184 

Wismuthoxydhydrat 

480 

Wandflechtenöl 

1057 

— Coniin 

1171 

Wismuthoxydsalze 

480 

Ward’s  Tropfen, 

— Kali,  neutr. 

881 

Wismuthweiss 

481 

weisse 

559 

— Morphin 

1194 

Witherit 

412 

Waschmittel 

150 

Weinsäure  Salze 

878 

Wolframmetall 

441 

Waschwasser 

150 

Weinsaures  Strych- 

Wolfsfussöl 

1054 

Wasser 

207 

nin 

1228 

Wolle,  philosophisch 

e 485 

— cohobirtes 

178 

Weinschwefelsäure 

711 

— Zus. 

1351 

— destillirtes  176.  178 

Weinstein 

880 

Würze 

1326 

— kohlensaures 

317 

— ammoniakhaltiger 

Wurmsaamenbitter 

1100 

— oxydirtes 

211 

löslicher 

882 

Wurmsaamenöl 

1056 

— reines 

210 

— auflöslioher 

881 

Wurzelmesser 

129 

Wasserbäder 

146 

— löslicher 

884 

Wurzeln,  Finsamni- 

Wasserbase 

206 

— vitriolisirter 

369 

lung 

126 

Wasserblei 

442 

übersaurer 

371 

Wasserfenchelöl 

1050 

— der  Zähne 

1381 

Y 

WasserpfefTeröl 

1062 

Weinsteinerde,  geblät- 

A, 

Wasserglas 

380 

terte 

751 

Xanticoxyd 

667 

Wassersäure 

198 

— krystallisirbare 

Xanthin 

1093 

Wassersilber 

549 

geblätterte 

752 

Xanthogenöl 

724 

Wasserstein 

428 

Weinsteinrahm,  aullös- 

Xanthogensäure 

723 

Wasserstoff 

206 

lieber 

886 

Xanthophyll 

1091 

Wasserstofleisen- 

Weinsteinsalz 

374 

Xanthoproteinsäure 

1356 

cyanür 

634 

— wesentliches 

876 

Xylit 

838 

Wasserstoff  hyper- 

Weinsteinsalztinctur 

703 

Xylit 

1275 

oxyd 

211 

Weiss,  spanisches  481 

i.482 

Xylitharz 

1277 

Wasserstoffsäuren 

39 

Weissbiere 

1330 

Xylitnaphta 

1277 

— 

601 

Weissblech 

534 

Xylitöl 

1277 

WasserstofTschwefel 

275 

Weissfeuer,  indiani- 

Xyloidin 

1247 

Wasserstoffsulfid 

277 

sches 

211 

Xyloretin 

1314 

Zi 

Zi 

Zu 

43 

Seite. 

Seite.  1 

Seite. 

Yttererde 

438  Zinkblumen 

484  Zinnoxyd  Salpeters. 

499 

— benzosaure 

670  Zinkbutter 

488  Zinnoxydhydrat 

498 

— Schwefelsäure 

438  Zinkcarbonat 

491  Zinnoxydsalze 

498 

— Weinsäure 

890  Zinkcyanür 

631  Zinnoxydul 

497 

Yttererdehydrat 

438  Zinkeisencyanür 

640  — salpetersaures 

499 

Yttererdesalze 

438  Zink  Superoxid 

487  — schwefelsaures 

501 

Ytterit 

438  Zinkkalk 

484  — weinsaures 

893 

Yttrium 

438  Zinkoxyd 

484  Zinnoxydulhydrat 

497 

Yttrocerit 

438  — äpfelsaures 

914  Zinnoxydulsalze 

497 

Z. 

— blausaures 

631  Zinnpersulfid 

501 

Zähigkeit 

10  — chrysammins. 

1156  Zinnsäure 

498 

Zanthopicrin 

1107  — essigsaures 

755  Zinnsalz 

500 

Zedorin 

1119  — kleesaures 

614  Zinnsesquioxyd 

498 

Zellen-Appar.  Hare’s 

182  • — knallsaures 

623  Zinnsesquioxydul 

498 

Zeltchen 

138  — kohlensaures 

491  Zinnsesquisulfuret 

501 

Zerfliessen 

148  — milchsaures 

816  Zinnsulfid 

501 

Zergehen 

148  — ölsaures 

967  Zinnsulfür 

501 

Zerlassen 

92,  — salpetersaures 

487  Zinrsüifurat 

501 

Zerquetschen 

130  — salzsaures 

488  Zirconerde 

3J9 

Zersetzung,  partielle 

48  — Schwefels. 

488  — benzoesaur. 

fcfÖ 

— totale 

48  — thionursaures 

662  — weinsaure 

8S1 

— auf  nassem  Wege  49  — weinsaures 

893  Zirconerdesalze 

339 

— auf  trocknem  W. 

49  — schwefelsaures 

488  Zirconium 

339 

Zerstossen 

130  — Schwefels,  bas. 

491  Zittwerwurzelöl 

1049 

Zimmtöl 

692  — haryt,  knalls. 

623  Zucker 

791 

— Alphaharz 

1043  — Kali,  weinsaur. 

893  — geschmackloser 

819 

— Betaharz 

1043  Zinkoxydsalze 

487  — Vorkommen  und 

— Ceylanisches 

1042  Zinkstuhl 

483  Bildung 

810 

— gemeines 

1042  Zinn 

495  Zuckerarten,  Ueber- 

Zimmtsäure 

093  Zinnasche 

498  sicht  d.  Verbindung 

Zimmtsäureäther 

095  Zinnbisulfuret 

501  u.  Zersetzung 

804 

Zincum 

483  Zinnblumen 

498  Zuckerbaryt 

794 

— aceticum 

755  Zinnbutter 

500  Zuckerbleioxyd,  bas. 

794 

— cyanatum 

031  Zinnchlorid 

500  Zuckerkalk 

793 

— ferrohydrocyanic.  640  — ’ Ammoniak 

500  Zuckersäure 

60S 

— liydrocyanicum 

031  Zinnchlorur 

500  Zuckersäure 

803 

— oxydatum 

484  Zinncomposition 

500  Zuckersaure  Salze 

803 

— sulphuricum 

488  Zinnfolie 

496  Zuckerschwefelsäure 

798 

Zink 

483  Zinnober 

570  Zündhölzchen 

360 

Zinkäther 

488  Zinnoxyd 

498  Zündpulver 

360 

Zinkasche 

484  — anderthalb 

498  Zurückwerf.  d.  Lichts 

100 

I®  — 


In  der  akadein.  Verlagshandlung  von  C.  F.  Winter  In  Heidelberg  Ist  erschienen 
und  in  allen  Buchhandlungen  zu  haben: 

MMLEI 

DER 

CHEMIE  ixd  PHARM. 

HER AU SGEGEREN  VON 

FRIEDRICH  WÜHLER  und  JUSTUS  LIEBIG. 

ZWÖLF  JAHRGÄNGE  1832  - 1843. 

Preis  des  Jahrgangs  von  12  Heften  Kthlr.  7.  — oder  fl.  12.  36  kr. 

Diese  Annalen,  eine  Quelle  der  trefflichsten  chemischen  und  pharmacentischen 
Arbeiten,  verdienen  in  die  Hände  eines  jeden  Chemikers  und  Pharmaceuten 
zu  kommen,  der  sich  gründlich  über  den  Stand  und  die  Fortschritte  der  Wissen- 
schaft unterrichten  will.  Ausser  den  Aufsätzen  der  Herausgeber  enthalten  sie 
eine  Reihe  von  Abhandlungen  der  besten  Schriftsteller  — (wir  nennen  hier  nur 
BERZEL1US,  FARADAY,  DÖBEREINER,  PELOUZE,  MALAGÜT1,  GREGORY,  TUR- 
NER, WACKENRODER,  MART1US,  BUFF,  NEES  VON  ESENBECK,  LEOPOLD  GME- 
IIN,  etc.)  - — gleich  wichtig  für  Wissenschaft  und  Praxis.  Die  Anerkennung, 
velche  der  Zeitschrift  zu  Theil  wurde,  eine  Anerkennung,  welche  sich  auch 
curch  das  Hinzutreten  so  vieler  ausgezeichneter  Mitarbeiter  kund  gab,  verpflich- 
tet die  Redaction,  die  grösste  Thätigkeit  lind  Umsicht  derselben  zu  widmen. 

Wir  dürfen  voraussetzen,  dass  es  dem  chemischen  Publikum  bekannt  ist, 
wie  zahlreich  die  Forschungen  und  Entdeckungen  der  Heran  sgebe  r WÖIILER 
u nd  LIEBIG  s ind,  we  lc  he  mim  e r zu  erst  in  den Ann  alen  p u blicirt  we  r- 
den;  wir  wrollen  nur  hier  einige  Aufsätze  Anderer  aufführen,  w elche  geeignet 
seyn  dürften,  einen  Begriff  von  dem  reichen  Schatze  der  trefflichsten  Arbeiten 
zu  geben,  welche  diese  Zeitschrift  zieren. 

BERZELIUS,  über  Milchsäure.  — Ueber  Cyaneisen  und  Eisencyanblei.  — 
Analyse  der  Chabasie.  — Schreiben  an  Liebig  über  die  Citronsäure.  — Ueber 
Aqua  Binelli.  — Ueber  die  Zusammensetzung  organischer  Körper,  des  Aethers, 
Holzgeistes;  derWeinschwefelsäure.  — Ueberrationelle  und  empirische  Formeln. — 
Ueber  zwei  organische  Säuren,  welche  in  Mineralwässern  Vorkommen,  die  Quell- 
säure und  Quellsatzsäure.  — Analyse  der  Bohumilitzer  Eisenmasse.  — Bestand- 
teile der  Meteorsteine.  — Ueber  das  Tellur  — Ueber  Zinnsesquioxyd.  — Neue 
Säure.  — Brenztraubensäure.  — Sättigungsvermögen  der  Borsäure.  — Ueber 
Meteorsteine.  — Ueber  Faradays  neues  Schwefelantimon  und  Antimonoxyd.  — 
Ueber  die  Zusammensetzung  des  Aethers  und  seiner  Verbindung  im  Gaszustand. 
— Ueber  die  gelbeFarbe  der  Blätter  imHerbste. — Ueber  den  rothen  Farbstoff  der 
Beeren  und  Blätter  im  Herbste.  — Ueber  Aether-  und  Naphtalinschwefelsäure. — 
Arsenikproben.  — Ueber  einige  Säuren,  die  mit  Schwefelsäure  aus  organischen 
Substanzen  gebildet  werden.  — Ueber  citronsaures  Natron,  den  Brechweinstein, 
den  Zucker  und  das  Stärkmehl.  — Ueber  das  Atomgewicht  des  Kohlenstoffs.  — 
Ueber  einige  Fragen  des  Tages  in  der  organischen  Chemie.  — Ueber  die  Substi- 
tutionstheorie.  — Ueber  Kupfer  und  Zinn  in  vulkanischen  Quellen.  — Ueber  die 
durch  Chlor  aus  Anthyloxydsalzen  entstehenden  Verbindungen.  — Ueber  das 
Lanthan.  — Methode  zur  Untersuchung  von  Stahl,  Stab  - und  Gusseisen.  — Un- 
tersuchung der  Galle.  — Analyse  des  Saidschützer  Bitterwassers.  — Ueber  Du- 
mas’s Substitutions- und  Typentheorie.  — Ueber  das  Blattgrün  (Chlorophyll). — 
Ueber  platinhaltige  Salzbasen.  — Scheid,  d.  Chlormagnesiums  v.  Chlorkalium 
und  Chlornatrium.  — Scheid,  d.  Zinks  von  Nickel  oder  Kobalt.  — Bestimmung 
von  Wolframsäure  und  Antimonsäure. 


BOUSSINGAULT,  Anatyse  der  Thermen  der  Cordilleren;  des  Hio  Vinagre.  — 
Analyse  einer  natürlichen  Thonerde.  — Analyse  schwefelsaurer  Alannerde. — Ana- 
lyse einer  mineralischen  Substanz  aus  heissen  Quellen.— Analyse  von  molybdän- 
saurem Bleioxyd.  — Ueber  Bleisuboxyd.  — Analyse  der  Brenzschleimsäure.  — 
Analyse  des  Palmwachses.  — Wirkung  des  Salzsäuregases  auf  Silber  bei  löhe- 
rer  Temperatur  und  Scheidung  desselben  von  Gold.  — Heber  die  Phosphorsälire 
in  natürlichen  Verbindungen.  — Ueber  Korksäure.  — Chemische  Untersuchung 
des  Pisangs  und  des  Pisangsaftes.  — Ueber  den  Cacao.  — Ueber  den  im  Vieh- 
futter enthaltenen  Stickstoff.  — Ueber  die  Zusammensetzung  der  Erdharze.  — 
Analyse  bituminöser  Substanzen.  — Zus.  der  Luft  im  Schnee.  — Ueber  Leim- 
zucker und  Leimzuckersalpetersäure.  — (und  DUMAS)  Zus.  der  Atmosphäre. 

BUFF,  Einfluss  der  Adhäsion  auf  das  Kochen  des  Wassers.  - — Ueber  Fhos- 
phorwasserstoffgas  — (und  PFORT)  Anwendung  der  heissen  Luft  in  der  Esen- 
hiitterei.  — Abdampfen  flüssiger  Körper  mittelst  durchgeleiteter  Luft.  — Anlei- 
tung zur  Beurtheilung  der  Verhältnisse  der  Schornsteine.  — Ueber  volta  - elec- 
trische  Quantität  und  Intensität.  — Ueber  den  Einfluss  von  Zwischenplatten  in 
der  electrischen  Säule.  — Zustand  unserer  Kenntnisse  der  strahlenden  Wärme. — 
Ueber  die  trockne  electrisclie  Säule.  — Einfluss  des  Contacts  und  der  Oxydation 
auf  electrische  Ströme.  — Stärke  galvanisch  electr.  Erregung  zwischen  Metall- 
flächen und  Flüssigkeiten.  — Veränderlicher  Einfluss  der  Capillarität  beim  Baro- 
meter. 

BUNSEN,  Analyse  von  Allophan.  — Verbindungen  von  Doppelcyanüren  mit 
Ammoniak.  — Schmelzbarkeit  des  Iridium.  — Ueber  Alkarsin.  — Ueber  Alkar- 
sin und  die  daraus  entstehenden  Verbindungen.  — Spannkraft  einiger  conden- 
sirter  Gase.  — Ueber  die  Hochofengase.  — Unters,  über  die  Kakodylreihe.  — 
Stickstoffbestimmung.  — Neue  Construction  der  galvanischen  Säule.  • — 

DÖBEREINER,  Bereitung  des  Platinmohr.  — Wirkung  des  Ammoniaks,  des 
salzsauren  und  kohlensauren  Gases  auf  Platinschwamm  und  Iridiumstaub.  — 
Ueber  Zersetzung  des  oxychlorsauren  Kalis.  — Ueber  künstliche  Nebelbildung 
durch  sehr  schwache  Temperaturverminderung  der  mit  permanent  elastischen 
Flüssigkeiten  vermischten  unbeständigen  Gase.  — Wirkung  der  Oxalsäure  auf 
den  Zucker.  — Ueber  Bildung  von  Schwefels,  und  Essigsäurehydrat  mit  Hülfe 
des  Platinmohrs  und  über  Runges  electr.  Kette.  — Neue  Bereitungsart  des  Blei- 
zuckers. — Ueber  Darstellung  und  medicinische  Anwendung  der  Ameisensäure. 

— Ueber  chemische  Thätigkeit  des  Lichts.  — Ueber  einen  Trockenapparat  für 
Gase  und  das  thonsaure  Kali  als  Beitze.  — Leuchtendes  Verbrennen  des  Knall- 
gases unter  Druck.  — Ueber  Hydrothionäther.  — Reagenz  auf  Salpetersäure. — 
Darstellung  der  Gallussäure.  — Ueber  platinsaures  Natron.  — Bildung  von  Es- 
sigsäure. — Ueber  Platin.  — Verbrennung  des  Aethers.  — Ueber  chemische  und 
physikalische  Eigenschaften  des  Platins.  — Ueber  Osmium  -Irid,  platius.  Kalk 
und  platins.  Natron.  — Zersetzungsprodukte  des  Zuckers  durch  Schwefelsäure 
und  Manganhyperoxyd.  — Zur  mechanischen  Chemie.  — Heitzkraft  des  Wassers. 

— Bemerkung  über  Mesit.  — Leichte  Darstellung  von  Platinschwarz.  — Ueber 
einige  neue  Platinverbindungen.  — Zur  Chemie  des  Platins  in  wissenschaftlicher 
und  technischer  Beziehung.  — Ueber  Platinsalmiak.  — Zersetzung  der  Kohlen- 
säure durch  Alkalimetalle.  — Ueber  Knochenkohle.  — Neue  Methode  der  Ana- 
lyse des  Platinerzes.  • — Darstellung  von  Platinmohr  und  Palladium.  — Analyse 
des  Corydalins  und  Imperatorins. 

DUMAS,  Bestimmung  des  specifischen  Gewichts  des  Phosphordampfes.  — 
Ueber  die  Verbindungendes  Chlors  mit  Schwefel.  — Ueber  Zusammensetzung  des 
PhosphorwasserstofFgases.  — Ueber  Mennige. — Ueber  Kohlenwasserstoffe.  — Be- 
richt über  die  Abhandlung  von  Pelouze  über  Phosphorweinsäure.  — Ueber  die 
vegetabilischen  Substanzen,  welche  sich  dem  Kampfer  nähern  und  einige  äthe- 
rische Oele.  Ueber  die  Zusammensetzung  der  Pyrocitronensäure.  — Ueber 
den  künstlichen  Kampfer  des  Terpentinöls  und  Citronenöls.  — Organisch- che- 


mische  Untersuchungen  (Nelkenöl,  Indigo,  Kohlenstickstoffsäure).  — Ueber  Chlor- 
kohlenoxjdäther,  Urethan,  Oxaläther,  Oxamethan,  Oxamid.  — Ueber  Kartoffel- 
fuselöl. — Analyse  der  kristallinischen  Körper  aus  Iris  florentina,  Inula  Hele- 
nium,  des  Oels  aus  schwarzem  Pfeffer,  Wachholderöl,  Limonenöl,  01.  Sabiuae, 
01.  de  Cedro.  — Wirkung  des  Chlors  auf  Alkohol  (Chloroform).  — Ueber  die 
Natir  des  Indigs  und  die  Zusammensetzung  einiger  Verbindungen  desselben.  — 
Ueber  Formomeothial. — Dichtigkeit  des  Essigsäure -Dampfes. — Ueber  Orcin. — 
Uebe*  Cadet’s  rauchende  Flüssigkeit.  — Ueber  die  Nelkensäure.  — Bestimmung 
der  spec.  Wärme  organischer  Körper.  — Bestimmung  ihrer  Dampfdichte.  — Ueber 
das  ätherische  Oel  der  Blülhen  von  Spiraea  Ulmaria.  — Ueber  Chloressigsäure, 
die  Constitution  organischer  Körper  und  über  Substitutionstheorie.  — Constitu- 
tion der  Essigsäure  und  Chloressigsäure.  — Verhalten  des  Chlors  gegen  CH 
aus  essigsauren  Salzen.  — Ueber  das  Gesetz  der  Substitution  und  der  Typen 
(Jste  Abhandlung). — Ueber  Cerosin. — Ueber  Picrinsäure. — (und  BOUSSINGAULT, 
Zus.  der  Atmosphäre.  — (DULONG,  ROBIQUET  und  CIIEVREUL,)  Bericht  über 
mehrere  Abhandlungen  von  Payen  und  Persoz,  Couverchel,  Guörin-Varry  und 
Lastaigne  über  Stärke.  — (und  PEL1G0T),  Zusammensetzung  des  Zimmtöls; 
über  Zimmtöl;  über  Holzgeist,  ein  neuer  Alkohol;  über  das  Zimmtöl,  die 
Hippursäure  und  die  Fettsäure;  über  das  Terpentinöl;  über  den  Holzgcist 
und  die  verschiedenartigen  (Methylen-)  Verbindungen,  welche  er  bildet; 
über  die  Natur  des  Aethals;  über  die  chemischen  Typen  (lllte  Abhandl.) 

— (PELIGOT  und  PATEN),  Erwiederung  auf  Berzelius  Bemerkungen  über  Ci- 
tronsäure  u.  s.  w.  — (und  PELOUZE),  Analyse  des  Senföls;  Bericht  über  De- 
marcay’s  Untersuchung  der  Galle. — (und  STASS),  über  die  chemischen  Typen 
(Ilte  Abhandlung).  — Atomgew.  des  Kohlenstoffs.  — Organ.  Analyse. 

FARAD AY.,  über  die  Verbindung  der  Gase  durch  Metalle  und  starre  Körper. 
— Ueber  Galvanismus.  — Ueber  die  zweckmässigste  Construction  der  voltaischen 
Säule.  — Einerleiheiten  der  Elektricitäten  von  verschiedenem  Ursprünge  nach- 
gewiesen. — Allgemeines  Gesetz  der  Leitung. — Ueber  Magnetismus  der  Metalle. 

— Galvanismus.  — Ueber  Electricität. 

FREMY,  über  Aesculiusäure.  — Destillation  von  Zucker,  Harz  und  Kampfer 
mit  Kalk,  Entstehung  von  Retinein  und  Retincon.  — Neue  Weinsäuren.  — Ueber 
die  Wirkung  der  Schwefelsäure  auf  die  Oele,  — Ueber  Ilydrostearinsäure.  — 
Ueber  Metamargarinsäure.  — Ueber  Hydrooleinsäure.  — Ueber  Oleen  und  Eläeu. 

— Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  fette  Körper.  — Ueber  das  Verhalten  der 
Wein  - und  Paraweinsäure  in  der  Wärme.  — Ueber  die  Balsame. — Umwandlung 
von  Zucker  u.  s.  w.  in  Milchsäure.  — Ueber  Pectin  und  Pectinsäure.  — Ueber 
die  Säure  des  Palmöls.  — Unters,  über  das  Gehirn.  — Ueber  Eisensäure.  — (und 
BOUTRON)  über  Milchgährung. 

GMELIN,  L.,  über  Eau  auticholerique  von  Duboc.  — Bildung  von  Ameisen- 
säure. — Analyse  eines  Lungensteins.  — Ueber  einige  Verbindungen  des  Melons. 

— Analyse  des  Badsinters  von  Ems.  — Ueber  Mercurialspeichel.  — Ueber  den 
Holzgeist.  — Untersuchung  eines  nach  Magenkrampf  gelassenen  Harns. — Wein- 
geistgehalt des  Heidelberger  Biers.  — Jodgehalt  des  Leberthrans.  — Untersu- 
chung der  Flüssigkeit  einer  Froschgeschwulst. — Ueber  Kupfergehalt  einer  Manna. 

— Ueber  krokons.  Kupferoxyd.  — Ueber  Atomzahl.  — (und  T1EDEMANN). 
Versuche  mit  Mitscherlich  über  das  Blut. 

GRAHAM,  lsomerie  der  Phosphorsäure.  — Ueber  entzündliches  Phosphor- 
wasserstoffgas. — Verhalten  des  Wassers  in  einigen  Salzen.  — Ueber  Zinnoxj'de. 

— Wasser  als  Bestandtheil  der  Salze.  — Ueber  Natron  - Alaun.  — Untersuchun- 
gen über  die  Constitution  der  kleesauren,  salpetersauren,  phosphorsauren  und 
schwefelsauren  Salze  in  der  Chlorure.  — Mittel  gegen  die  Wirkung  der  Kohlen- 
säure in  Kohlenminen.  — S.  auch  Christison. 

GREGORY,  W.,  Analyse  einer  Substanz  von  den  Produkten  des  Ausbruchs 
des  Vesuvs  von  1830.  — Ueber  eine  neue  Methode  zur  Abscheidung  des  Mor- 
phiums aus  Opium.  — Darstellung  des  übermangansauren  Kalis.  — Des  Meth- 
ylen -Mercaptans. — Darstellung  und  Reinigung  der  Destillationsprodukte  orga- 


nischer  Körper.  — Verfahren  zur  Analyse  des  Opiums. — Ueber  das  Pyroranthin. 

— Ueber  eine  neue  Classe  von  Salzen. — Ueber  die  Darstellung  der  Meconsäure. 

— Ueber  einige  Produkte  aus  der  Harnsäure. 

JONES,  B.,  über  Zus.  von  Pflanzenfibrin,  Albumin  u.  s w. 

KANE,  R.,  Wirkung  der  Salzsäure  auf  schwef  eisaure  Salze,  insbesondere 
auf  schwefelsaures  Kupferoxyd. — Zusammensetzung  des  Thebains.  — Beiträge 
zur  Geschichte  des  Holzgeistes  und  seiner  Verbindungen.  — Ueber  die  Einwirkung 
des  Ammoniaks  auf  die  Chlor  - und  Sauerstoffverbiudung  des  Quecksilbers.  — 
Doppelsalze  aus  Zinn  - und  Platinchloriir.  — Darstellung  und  Eigenschaften  der 
Salze  der  Schwefelmethylensäure.  — Ueber  einen  neuen  Alkohol.  — Ueber 
Chloriod. — Zusammensetzung  einiger  Quecksilberverbindungen  und  Ammoniak- 
doppelsalze» — Ueber  Dumasin.  — Analyse  einiger  ätherischen  Oele.  — Zusam- 
mensetzung des  weissen schmelzbaren Präcipitats.  — Verbindung  von  Ferrocyan- 
kalium  und  Cyanquecksilber.  — Ueber  Farbstoffe.  — Unters,  der  OrseiUe  und 
Lacmus. 

KOPP,  medic.  Anwendung  der  China,  des  Chinins  und  des  kohlens.  Eisens. 

— Der  Berger  Leberthran  jodhaltig.  — Vorausbestimmung  des  spezifischen  Ge- 
wichts mancher  chemisch.  Verbindungen.  — Ueber  Löslichkeit.  — Volumeno- 
meter. — Cohäsion  einiger  Flüssigkeiten.  — Zersetzung  des  Mercaptans  durch 
Salpetersäure.  — Ueber  Atomvolum,  Isomorphismus  und  spec.  Gewicht.  — Mo- 
dificat.  der  mittl.  Eigenschaft  etc.  Anzeige.  — Ueber  das  Verhältnis  zwischen 
Atomgew.  und  spec.  Gew.  — Ueber  ungleiche  Mischung  von  Metallegiruugen. 

— Dichtigk.  des  Kadmiumamalgams.  — Löslichkeit  von  Kochsalz  in  Weingeist. 

LAURENT,  A.,  über  Naphthalin,  — Ueber  eine  neue  Bereitungsart  des  Naph- 
thalins. — Analyse  desselben.  — Ueber  die  Verbindungen  des  Naphthalins  mit 
Chlor.  — Ueber  Chlor  und  Bromkohlenwasserstoffe.  — Ueber  bituminösen  Schie- 
fer und  Paraffin.  — Ueber  Benzoyl  und  Benzimid.  — Notiz  über  die  Chlor-, 
Brom  - und  Jodverbindungen  des  Aldehyds.  — Ueber  Naphthalinsäure  und  ihre 
Verbindungen.  — Ausschliessung  der  Alkali- Süicate.  — Ueber  Hydrobenzamid. 

— Ueber  die  Kamphorsäure.  — • Ueber  die  Wirkung  des  Chlor  auf  die  Flüssigkeit 
der  holländischen  Chemiker  und  einige  Aether.  — Ueber  Chlorplienis,  Qhloro- 
phenisin  und  Chloropkenesensäure.  — Ueber  das  Oel  der  bituminösen  Schiefer, 
Eupion,  Ampelin  und  Ampelinsäure.  — Ueber  Oel  u.  Elaidinsäure  u.  die  damit  ge- 
bildeten Aetherarten.  — Produkte  der  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  Oel- 
säure.  — Ueber  einige  Stickstoff  Verbindungen  des  Benzo3rls.  — Produkte  der 
Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Benzoylwasserstoff.  — Ueber  die  borax- 
sauren  Salze  von  Kali  und  Natron  und  wolframsaures  Wolframoxyd- Kali.  — ■ 
Ueber  Pimar-  Pyromar  und  Azomarsäure.  — Ueber  Anthracen.  — Ueber  Chlor- 
naphthalinsäure etc.  — Ueber  neue  Stickstoff  - und  schwefelhaltige  Benzoyl- 
verbind.  — (und  LEPLAY).  ihre  Cämentationstheorie,  Degen. 

MAGNUS,  über  Schwefelsäurebildung.  — Ueber  Weinschwefelsäure  und  ihren 
Einfluss  bei  der  Aetherbildung;  über  Aethion  und  Isäthionsäure.  — Ueher  Car- 
bylsulphat  und  Aethionsäure.  — Die  Gase  im  Blute.  — (und  AMMERMÜLLER), 
über  Ueberjodsäure. 

MALAGUT1,  Darstellung  von  Kupferoxydul.  — Kupferoxydul.  — Ueber  Pa- 
raschleimsäure. — Einwirkung  verdünnter  Säuren  auf  den  gemeinen  Zucker.  — 
Ueber  den  Citronensäure-Aether.  — Ueber  Kamphorsäure. — Ueber  Ozockerit.  — 
Wirkung  des  Chlors  auf  die  Sauerstoffsäure  - Aether.  — Ueber  die  Aether  von 
Pyrogensäuren  und  Einwirkung  des  Chlors  auf  Brenzschleimäther.  — Ueber  die 
Einwirkung  des  Chlors  auf  ätherartige  Substanzen  und  über  Methylal.  — Ueber 
Formomethylal.  — Ueber  Cliloroxaläther  und  seine  Verb. 

MARTIUS,  T.  W.  C.,  über  Boraxweinstein. — Bereitung  des  Brechweinsteius. 

— Ueber  Grana  Paradisi.  — • Grundriss  der  Pharmakognosie  des  Pflanzenreichs. 

— Bereitung  von  Calomel. — Ueber  das  persische  Gummi. — Ueber  Gallae  pista- 
cinae»  — Ueber  die  verschiedenen  Sorten  des  Opiums.  — Analyse  des  Eiters.  — 
Ueber  den  Campherbauni.  — Erwiederung  gegen  Dr.  Pauli.  — Analyse  des  Gua- 
ranins.  — Pharmakognostisch  - pharmaceutische  Sammlung. 


MARTIUS,  C.  F.  Ph.  von,  l’ebersieht  der  Klassen,  Ordnungen  und  Familien 
des  Gewächsreichs. 

MULDER,  über  die  Zusammensetzung  der  Herbstfäden.  — Fuselöl. — Analyse 
des  Fibrins  und  Albumins.  — Zusammensetzung  des  Fibrins,  Albumins,  Leucins, 
Leimzucker  etc.  — lieber  Inulin  und  isländische  Moosstärke.  — Zusammen- 
setzung des  Pectins  und  der  Fectinsäure.  — Zusammensetzung  des  Pflanzen- 
schleims. — Analyse  des  Upas  Antiar.  — Untersuchung  des  chinesischen  und 
javanischen  Thees.  — r Zusammensetzung  des  Chondrins.  — Zusammensetzung 
dgs  Salicins.  — DesPhloriTlzins.  — Stearopten  des  Majoranöls. — Des  Citrouöls. 
— - des  BergamottÖls.  — Macisöls.  — Kampferöl.  — Ueber  die  Zusammensetzung 
mehrer  Stearoptene  und  Oele.  — Zusammensetzung  der  gerbsauren  Gallerte.  — 
Ueber  die  Verbindungen  des  Proteins.  — Farbestoff  des  Blutes.  — Untersuchung 
der  Harze  im  Torf.  — Verbindung  von  Chlor  mit  Gallerte.  — Ueber  Rutilin.  — 
Ueber  kohlensaures  Bleioxyd  und  Bleioxydhjdrat. — UeberProtein  des  Krystall- 
körpers  — Ueber  Zimmt  und  Cassiaöl  — Ueber  Nitrobenzinsäure.  — Verhalten 
thierischer  Substanzen  gegen  Chlor.  — Ueber  die  humusartigen  Materien. — Ueber 
den  Eisenbaum. 

OTTO,  J.,  über  das  Solanin.  — Reaction  auf  Phosphorsäure.  — Analyse  des 
phosphorsauren  Bittererde  Ammoniaks.  — Ueber  phosphorsaures  Manganoxydul- 
Ainmoniak.  — Ueber  phosphorsaure,  arseniksaure  und  paraphosphorsaure  Doppel- 
salze. — Ueber  Ceroxydul.  — Ueber  Valerianälher.  — Vermischte  Notizen.  — 
Dichtigkeit  des  Baldrianätherdampfes.  — Ueber  Sinapin.  — Zusammensetzung 
des  Salicins.  — Ueber  Fabrikation  von  chlorsaurem  Kali. 

PELOUZE,  J.,  über  die  Zersetzung  der  Blausäure  und  Cyanverbindungen  in 
Ameisensäure  und  Ammoniak. — Ueber  Darstellung  des  künstlich  krystallisirten 
kohlensauren  Kalkes,  und  zwei  Verbindungen  desselben  mit  Wasser.  — Ueber 
rothes  Phosphoroxyd  und  Pliosphorhydrat.  — Ueber  den  Einfluss  des  Wassers  bei 
chemischen  Reactiouen.  — Ueber  das  Asparagin.  — Ueber  die  gegenseitige  Ein- 
wirkung der  Phosphorsäure  und  des  Alkohols.  — Ueber  Darstellung  und  Zusam- 
mensetzung des  Gerbstoffs.  — Theorie  der  Pyrogensäure.  — Ueber  Gerb-  und 
Gallussäure.  — Verhalten  der  Aepfelsäure  in  höherer  Temperatur.  — Zusammen- 
setzung der  Gerbsäure.  — Neuer  Cyanäther.  — Destillationsprodukte  der  Wein- 
und  Paraweinsäure,  und  der  organischen  Säuren  überhaupt.  — Ueber  Nitroschwe- 
felsäure  und  deren  Verbindungen. — Ueber  das  Glycerin.  — Ueber  die  wahre  Zu- 
sammensetzung der  Hippursäure.  — Neue  Verbindung  des  Cyans  mit  Eisen.  — ■ 
Ueber  die  Produkte  der  Einwirkung  der  concent.  Salpetersäure  auf  Stärkmehl  u. 
Holzfaser.  — Ueber  das  Substitutionsgesetz.  — Verb,  des  Ammoniaks  zu  den 
Verb,  des  Stickstoffs  mit  Sauerstoff.  — Ueber  festen  und  flüssigen  Borneocamphor. 

— (und  BOUDET),  über  die  fetten  Körper.  — (und  BOUTRON  C1IARLARD),  über 
Asparagin  und  Asparaginsäure.  — (und  DUMAS),  Analyse  des  ätherischen  Oels 
des  schwarzen  Senfes  mit  Dumas.  — (und  GAY-LUSSAC),  über  die  Zusammen- 
setzung des  Salicins. — (und  J L1EBIG),  Oenanthsäureäther,  Ursache  des  eigen- 
tlüimlichen  Geruchs  der  Weine.  — Ueber  Honigs  teinsäure.  — Ueber  Schleimsäure 
und  Schleimsäureäther.  — Ueber  Xanthogensäure.  — (und  J.  LIEB1G),  über  Stea- 
rin. — Ueber  Constitution  des  Zuckers.  — Ueber  Mannit.  — Ueber  Essiggeist.  — 
Ueber  benzolsauren  Benzoylwasserstoff.  — (undMILLON),  Verhalten  des  Baryts 
gegen  Alkohol.  — (und  RICIIARDSON),  Zersetzung  des  Cyans  durch  Wasser. 

REDTENBACHKR,  Analyse  des  methionsauren  Baryts. — Ueber  Zusammen- 
setzung und  Destillationsprodukte  der  Talgsäure.  — Untersuchung  der  Fett- 
säure. — (und  LIEBIG),  Atoingew.  des  Kohlenstoffs. 

ROSE,  A.,  Verbindung  von  Schwefelsäurehydrat  mit  Stickoxyd.  — Darstel- 
lung von  Antimonoxyd.  ROSE,G.,  über  gediegen  Gold.  — Ueber  Osmium-Iridium. 

— Ueber  gediegen  Iridium.  — Ueber  Rhodizit.  — Ueber  Grünstem  und  Grün- 
steinporphyr.  — Ueber  Krystallelectricität  etc. 


HANDBUCH 

DER 

PHARMACIE 

ZUM 

GEBRAUCHE  BEI  VORLESUNGEN 

UND  ZUM 

SELBSTUNTERRICHTE  FÜR  ÄRZTE,  APOTHEKER 
UND  DRÖGUISTEN 

VON 

PHIfclPP  LORENZ  GEIGER 


ZWEITER  BAND, 

welcher  die  pharma ceutische  Mineralogie,  Botanik  und  Zoologie 

enthält. 


Zweite  Auflage, 

neu  bearbeitet 
von 

D'.  TH.  FH.  Ii.  MIES  FON  ESEIBECH, 

Professor  an  der  Universität  zu  Bonn, 

D'.  JOB.  HEIHrmCH  MEMBACH, 

Professor  an  der  Universität  zu  Heidelberg, 
und 

CliHIOB  MAÜQMRT. 

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Erste  Abtheilung. 

P har  maceu  tische  Mineralogie. 

Mit  2 lithographirten  Tafeln. 

Älit  Grofsherzoglicli  Badischem  Privilegium  gegen  Nachdruck 
uud  Nachdruckverkauf. 


HEIDELBERG,  1838. 

In  der  akademischen  Verlagshandlung  von  C.  F.  WINTER, 
WIEN,  bei  C.  GEROI.I). 


PHABMACEUTISCHE 


MINERALOGIE 

VON 

PHIL  LOBHZ  «SffilOE». 


Zweite  Auflage, 

neu  bearbeitet 


von 


D.  CLA9IOK  ffiAROVART, 


VT*1*1  * # 


doll 


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Mit  2 lithographirten  Tafeln. 


Mit  Grofslierzoglich  Badischem  Privilegium  gegen  Nachdruck 
und  Naclidruckverkauf. 


HEIDELBERG,  1838. 

In  der  akademischen  Verlagshandlung  von  0.  F.  WINTER? 
WIEN,  bei  C,  GEROLD 


• ••  ' 


' 


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VORREDE 


Indem  ich  die  Aufforderung;  des  Herrn  Verlegers  , diese 
neue  Auflage  des  zweiten  Theiles  des  (feiger sehen  Handbuches 
der  Pharmacie  gemeinschaftlich  mit  meinem  verehrten  Freunde, 
dem  Professor  Th.  Fr.  Lud.  Nees  von  Escnbeck , zu  besorgen, 
bereitwillig  aufiiahm,  glaubten  wir  Beide  den  Manen  des  ver- 
storbenen Geigers  durch  diese  Arbeit  einen  Tribut  unserer  auf- 
richtigen Liebe  und  Verehrung  zu  zollen  und  begannen  rüstig 
das  Werk  mit  dem  eifrigen  Streben , auch  den  Anforderungen 
der  Wissenschaft  nach  Kräften  zu  genügen. 

Wir  theilten  die  Arbeit  so,  dass  Nees  von  Esenheck  die 
Bearbeitung  der  pharmaceutischen  Botanik  und  ich  die  der  phar- 
maceutisehen  Mineralogie  und  Zoologie  übernahm.  Doch  lag  es 
nicht  im  Plane  der  Vorsehung,  dass  wir  Beide  uns  auch  der 
Vollendung  des  Begonnenen  freuen  sollten , denn  indem  ich  das 
Vergnügen  habe,  hiermit  dem  pharmaceutischem  Publikum  den 
ersten  Theil  dieses  Bandes , oder  die  pharmaceutische  Mineralo- 
gie, zu  übergeben,  habe  ich  den  Verlust  meines  verehrten 
Freundes  und  Mitarbeiters  an  diesem  Werke  zu  bedauern,  den 
mir  und  der  Wissenschaft  der  unerbittliche  Tod  am  12.  Dezember 
vorigen  Jahres  viel  zu  früh  entriss. 

Seit  der  ersten  Auflage  dieses  Buches  ist  mehr  denn  ein 
Decennium  verstrichen  und  man  wird  sich  daher  nicht  wundem, 
wenn  die  vorliegende  neue  Bearbeitung  sich  von  der  ersten  auf- 
fallend unterscheidet;  doch  wird  es  nothig  sein,  dass  ich  mich 
über  meine  Gründe  zu  dieser  gänzlichen  Umarbeitung  der  Mi- 
neralogie mit  w enigen  Worten  erkläre. 


IV 


Vorrede. 


Eine  pharmaceutische  Mineralogie  unterscheidet  sich  we- 
sentlich von  einer  pharmaceutischen  Zoologie  oder  Botanik  da- 
durch , dass  sie  nur  wenige  Gattungen  oder  Arten  enthält , die 
so,  wie  die  Natur  sie  liefert,  in  die  Hände  des  Pharmaceuten 
kommen;  fast  alle  erleiden  vorher  von  dem  Hüttenmaune  und 
Fabrikanten  eine  völlige  Umgestaltung  oder  Bearbeitung.  Daher 
existirt  eine  mineralogisch -pharmaceutische  Waarenkunde  eigent- 
lich gar  nicht.  Was  ist  demnach  der  Zweck  einer  pharma- 
ceutischen Mineralogie?  Ich  suchte  im  Vorliegenden 
diese  Frage  dadurch  zu  lösen,  dass  ich  dem  angehenden  Phar- 
maceuten über  die  verschiedenen  Mineralien , welche  oft  berg- 
männisch gewonnen  werden  und  hüttenmännisch  bearbeitet,  das 
Material  zu  vielen  seiner  Präparate , zu  seinen  Gefässen  u.  s.  w. 
liefern,  theils  noch  jetzt  oder  in  frühem  Zeiten  für  sich  als 
Arzneimittel  Anwendung  fanden , Belehrung  ertheilte ; sowohl 
hinsichtlich  ihrer  Eigenschaften,*  ihrer  systematischen  Anordnung, 
als  ihres  Vorkommens  in  der  Natur,  und  besonders,  indem  ich 
ihm  Anleitung  gab , diese  Mineralien  selbstständig  erkennen , 
unterscheiden  und  bestimmen  zu  können.  Mit  diesem  Haupt- 
zwecke glaubte  ich  auch  Zugleich  noch  einen  Nebenzweck  ver- 
binden zu  dürfen. 

Der  junge  Pharniaceut  findet  zum  Studium  der  Naturge- 
schichte sehr  leicht  eine  Anregung  bei  seinem  täglichen  Um- 
gänge mit  den  Naturkörpern  selbst  und  so  sieht  man  häufig , 
dass  einer  der  drei  Zweige  der  Naturgeschichte  mit  besonderer 
Liebe  von  ihm  cultivirt  wird.  Auffallend  aber  ist  es,  dass  ge- 
wöhnlich die  Botanik  oder  einzelne  Abtheilungen  der  Zoologie 
hierzu  gewählt  werden. 

Fragen  wir  nach  der  Ursache  dieser  Erscheinung,  so  wer- 
den wir  veranlasst,  diese  in  den  besonderen  Schwierigkeiten  zu 
finden,  welche  bei  der  Bestimmung  der  Mineralien  vorherrschen, 
wenn  dem  Anfänger  nicht  das  Glück  einer  mündlichen  Beleh- 
rung oder  die  Benutzung  grösserer  Mineralien-Sammlungen  zu 
Theil  wird,  denn  jeder  mit  dem  Gegenstände  Vertraute  wird 
ringestehen , dass  ausser  dem  krystallographischen  Theile  der 
Mincralienbcschreibung , der  Natur  der  Sache  nach , der  übrige 


Vorrede. 


V 


stereometrische  und  physikalische  beim  Selbststudium  stets  etwas 
schwankend  bleiben  muss.  — Um  aber  mit  Hülfe  der  krystallo- 
graphisclien  Kennzeichen  ein  Mineral  zu  bestimmen , sind  Kennt- 
nisse erforderlich,  die  sehr  selten  beim  angehenden  Apotheker 
gefunden  werden,  wenn  er  sich  auch  im  Besitze  von  Mineralien- 
Exemplaren  befinden  sollte,  welche  die  Anwendung  dieser  Kennt- 
nisse erlauben. 

Um  den  obigen  Nebenzweck  dieser  pharmaceuti sehen  Mine- 
ralogie, dem  angehenden  Apotheker  das  Selbstbestimmen  der 
Mineralien  zu  erleichtern , oder  vielmehr  möglich  zu  machen , 
zu  erreichen,  schien  es  mir  nothwendig,  dem  chemischen  Ver- 
halten der  Mineralien  mehr  Aufmerksamkeit  zu  schenken,  als 
dies  gewöhnlich  in  den  Handbüchern  der  Mineralogie  der  Fall  ist, 
da  eben  dieses  über  die  Natur  des  Minerals,  wenigstens  vereint 
mit  den  andern  Kennzeichen,  einen  sichern  Aufschluss  giebt, 
und  ich  voraussetzen  muss,  dass  jeder  Apotheker  mit  den  hierzu 
nöthigen  chemischen  Manipulationen  vertraut  sei,  oder  leicht 
vertraut  werden  könne. 

Von  diesem  Gesichtspunkte  ausgehend  und  um  dem  Anfänger 
einen  vollständigen  systematischen  Ueberblick  des  Mineralreichs, 
so  wie  einen  Anhaltspunkt  zur  Ordnung  seiner  Sammlung,  ge- 
ben zu  können , nahm  ich , wie  der  seelige  Geiger , die  Mehr- 
zahl der  bis  jetzt  bekannten  Mineralien  auf,  wenn  sie  auch 
nicht  specielles  Interesse  für  die  pharmaceutische  Praxis  hatten, 
zeichnete  diese  jedoch  im  Buche  durch  Petitschrift  aus.  Denn , 
wie  Geiger  in  seiner  Vorrede  zur  ersten  Auflage  sagt : „jedes 
„genau  bestimmte  Mineral  nach  dessen  Charakteristik  und  Ana- 
lyse , ja  seihst  das  Wesentliche  der  Geognosie , muss  der  aus- 
gebildete  Apotheker  kennen,  wäre  es  auch  nur,  weil  er  von 
„Einzelnen  w ie  von  Behörden  so  oft  als  Chemiker  über  Gegen- 
stände der  Mineralogie  um  Rath  gefragt  wird.“ 

Den  obigen  Ansichten  folgend , konnte  ich  ferner  für  vor- 
liegendes Werk  nur  ein  sogenanntes  chemisches  Mineral-System 
wählen , muss  jedoch  bekennen , dass  mir  das  Geiger’ sclie  nicht 
mehr  zeitgemäss  erschien.  Ich  bestimmte  mich  daher  für  das 
veränderte  von  Berzelius , w elches  die  Anw  endung  der  so  w ich- 
tigen  Lehre  vom  Isomorphismus  am  erfolgreichsten  zulässt;'  . 


VI 


Vorrede. 


Dem  chemischen  Bestände  der  Mineralien  widmete  ich  eben- 
falls eine  ganz  besondere  Aufmerksamkeit,  sowohl  in  der  Angabe 
der  Zusammensetzung  nach  Procenten,  als  der  daraus  berech- 
neten chemischen  Formeln. 

Eine  sehr  schöne  Gabe  zu  dieser  neuen  Auflage  wird  man 
gewiss  in  dem  Kapitel  ,.Krystalloyraphieu  finden,  welches  in 
der  ersten  Auflage  fehlte  und  dem  chemischen  Theile  ein  verleibt 
war.  Meine  ergebenste  Bitte  an  den  Bearbeiter  der  neuesten 
Auflage  des  ersten  Theiles,  Herrn  Professor  Justus  Liebig  in 
Giesen , mir  diesen  Artikel  für  die  Mineralogie,  worauf  er  am 
mehrsten  Bezug  habe,  zu  überlassen,  hatte  derselbe  die  Güte 
insofern  zu  erfüllen , als  er  mir  erlaubte , die  für  den  ersten 
Band  von  Herrn  Dr.  Friedr.  Moldenhauer  in  Darmstadt  bear- 
beitete Krystallographie  in  vorliegendem  zw  eiten  Bande  abdrucken 
zu  lassen,  wofür  ich  beiden  Herrn  hier  öffentlich  meinen  ver- 
bindlichsten Dank  abstatte;  Eben  so  bereitwillig  ging  der  Herr 
Verleger  auf  meinen  Vorschlag  ein , zur  Erläuterung  der  Kry- 
stallographie ein  Paar  Tafeln  Krystallfiguren  nach  den  Zeich- 
nungen Moldenhauer’s  anfertigen  zu  lassen,  die  gewiss  den 
Zweck  des  Werkes  zu  erfüllen,  sehr  geeignet  sind. 

Was  meine  eigene  Arbeit  anbetrifft,  so  kann  ich  nur  erwäh- 
nen, dass  ich  mich  bestrebte  auf  dem  gegebenen  Raume  möglichst 
viel  zu  liefern , ohne  der  Deutlichkeit  zu  nahe  zu  treten.  Ich 
bediente  mich  daher  mancher  Abkürzungen , die  ich  am  Fusse 
dieses  erklären  w erde,  und  zur  Erläuterung  der  chemischen  Ver- 
hältnisse der  chemischen  Zeichen,  wie  sie  allgemein  angenom- 
men sind.  Durchstrichene  Zeichen,  oder  Punkte  und  Striche 
über  den  Zeichen , vermied  ich , nach  dem  Vorgänge  von  Liebig 
und  Poygendorff  in  ihrem  Handw  örterbuche  der  Chemie,  deren 
Art  und  Weise,  die  einzelnen  Zeichen  zu  verbinden,  ich  mir 
zur  Norm  nahm , ausgenommen , dass  ich  die  isomorphen  Be- 
standtkeile  durch  Kommata  getrennt  in  f ] brachte.  Ich  hätte 
gewünscht  hierin  ganz  dem  Verfahren  Liebiy's  im  chemischen 
Theile  dieses  Merkes  folgen  zu  können,  allein  es  waren  schon 
mehrere  Bogen  dieser  Abtheilung  gedruckt , als  mir  das  zw  eite 
Heft  der  phannaceutischen  Chemie  zukam.  und  jetzt  erst  diese 
kleine  Abweichung  bekannt  wurde. 


Vorrede. 


VII 


Was  die  Zeit  inzwischen  neues  lehrte,  habe  icli  sorgfältig 
gesammelt  und  untergebracht  und  gestehe  es  gern  , dass  mir 
die  Werke  eines  Mohs , Breithaupt , von  Leonhard , Glocker , 
lloffmann , Beudant , Blum,  G.  Rose,  von  Kohell,  Walchner , 
Plattner , Berzelius , treue  Führer  waren , denen  ich  mich  ohne 
Anstand  vertraute.  Wenn  etwas  Gutes  durch  meine  Arbeit 
gestiftet  w ird  , so  gebührt  diesen  Männern  der  grösste  Theil 
des  Verdienstes,  ich  aber  bitte  dem,  wras  ich  dem  Buche  wrar, 
eine  nachsichtige  Beurtheilung  nicht  zu  versagen , und  w erde  es 
als  den  grössten  Lohn  für  meine  Arbeit  ansehen,  wenn  sie 
recht  vielen  meiner  jungen  Fachgenossen  nicht  ohne  Nutzen 
sein  sollte. 

Bonn , im  Februar  1838. 


Br.  Clamor  Marquart. 


ABKÜRZUNGEN. 


*5 


A.  d.  K.  fc»  An  den  Kanten. 
Arfv.  = Arfvedson. 

Berth.  = Berthier. 

Berz.  — Berzelius. 

Br.  = Bruch. 

Bestdth.  = Bestandtheile. 

Er  dm.  = Erdmann. 

Ghlt.  = Gehalt. 

Gm.  =±=  Gmelin. 

H.  = Härte. 

Hoffm.  — Hoflmann. 

Klapr.  = Klaproth. 

Kryst.  = Krystalle. 


Krystf.  = Krystallform. 

Kryst.  M.  — Kristallinische  Masse. 
Kryststm.  = Krystallsystem. 
Nordensk.  — Nordenskiöld. 

Sp.  G.  = Specifisches  Gewiclit. 
i Strom.  = Stromeyer. 

Text.  = Textur. 

Trolle-W.  = Trolle- Wachtmeister. 
Thoms.  = Thomson. 

Vauq.  = Vauquelin. 
v.  Bonsd.  = von  Bonsdorf. 

V.  d.  L.  = Vor  dem  Lothrohre. 


DRUCKFEHLER 


Pag. 

» 


» 
3» 
J > 
J3 
31 
33 
33 


3) 

33 

33 

33 


4 Z. 

88  „ 

104 


11  v.  u.  lies  Mineralogie  statt  Mneralogie. 

Ivo  füge  hinzu  nach  Myargirit:  Schmelzbarkeit 
==  1,5. 

11  v.  u.  lies  Eisenoxytl-Zinkoxytl  st.  Eisenoxyd, 
Zinkoxyd. 


108 

126 

128 

139 

152 

165 

175 

183 

201 

202 

223 

235 

311 


15  v.  u. 


16  st.  17, 


8 v.  o.  „ Picrolith  st.  Pierolith. 

21  v-  u.  füge  hinzu  nach  schmelzend:  (3). 

11  v.  o.  lies  Halloyt  st.  llalloisit. 

6 v.  u.  „ 3[KO,  NaO]  st.  3(Ko,NaO). 
Seitenzahl  lies  165  st.  591- 
14  v.  u.  lies  Granat  st  Granit. 

20  v.  o.  „ titan-  st.  Titan- 

9 v.  u.  „ Haibaryt  st.  Halbbaryt. 

21  v.  u.  „ Haibaryt  st.  Halbbaryt. 

5 v u.  füge  hinzu  1. 

3 v*  o.  lies  Rhombenoctaeders  st.  Rhomboeders. 


22  v.  o. 


Ackererde  st.  Ackerde. 


4 


INHALTS  - VERZEICHNIS. 


.±y-\,  ■ mv-rvaiiii 

• V t i } T.O;.  f?:i' 

‘£t0‘  Jnmtdojjdhn 


Allgemeine  Einleitung  in  die  Naturgeschichte 

Einleitung  in  die  Mineralogie 

Begriff  und  Eintheilung  der  Mineralogie.  Hülfs- 
mittel.  Zweck  der  pharmaceutischen  Mineralogie 
Oryktognosie 

Erster  Theil. 

Vorbereitungslehre  .... 

Erster  Abschnitt 

fiennzeichenlehre  .... 

I.  Stereometrische  Kennzeichen 

Von  der  regelmässigen  Gesta  der 
Terminologie  . 

Flächen  . 

Kanten 
Ecken 
Axen 

Symmetriegesetz  bei  den  Krystallen 
Einfache  und  zusammengesetzte  Gestalten 
Bezeichnung  der  einfachen  und  zusammengesetzten 
Formen 

Homoedrie  und  Hemiedrie 
Bestimmung  der  Neigungswinkel  an  den  Krystallen 
Krystailsysteme 
Von  den  einfachen  Gestaltender  verschiedenen  Systeme 
I.  Regelmässiges  System 
A.  Homo edri sehe  Formen  .... 

Würfel  (Hexaeder)  ..... 
Zwölfflächner  (Dodecaeder) 

Achtflächner  (Octaeder)  .... 
Viermalsechsflächner  (Tetrakishexaeder)  . 
Vierundzwanzigflächner  (Ikositetraeder)  , 
Dreimalachtflächner  (Triakisoctaeder) 


Pag* 

1 

7 

7 

9 


9 

9 

9 

10 

10 

10 

11 

11 

11 

19 

12 

14 

14 

15 

16 
16 
16 
16 
16 
17 
17 
17 
17 


X 


Iiihahs-VerzeicJiniss. 


Achtundvierzigflächner  (Sechsmalachtflächner,  Hexa- 
kisoctaeder)  ....... 

B.  Ilemiedrische  Formen  ...... 

Halbachtflächner  (Hemioctaeder , Tetraeder)  . 

Halb  Vierundzwanzigflächner  (Hemiikositetraeder,  Py- 
ramidentetraeder) . . 

H a 1 b d reirna  1 ach t fl a cb n e r (Hemitriakisoctaeder) 
Haibach  tundvicrzigfläcbner  (Halbsechsmalachtfläch- 
nei*,  Hemibexakisoctaeder)  ..... 

Halbviermalsecbsfläcbner  (Hemitetrakishexaeder,  Pen- 
tagondodecaeder)  ....... 

Halbachtmaisecbsfläcbner  (Hemioctokishexaeder) 

II.  Zwei-  und  einaxiges  System  ..... 

A.  Homoedrische  Formen 

Die  zwei  zur  Hauptaxe  scnkrecbten  und  zu  den  übri- 
gen Axen  parallelen  Flächen  . . . . . 

Die  vier  zur  Hauptaxe  und  zu  einer  der  Nebenaxen 
parallelen;  zur  andern  Nebenaxe  aber  senkrech- 
ten Flächen  ....... 

Quadratachtflächner  (Quadratoctaeder)  . 

Die  vier  zu  den  beiden  Nebenaxen  geneigten  und 
zur  Hauptaxe  parallelen  Flächen 
Quadratachtflächner , deren  Flächen  alle  drei  Axen 
schneiden  ........ 

Die  acht  zur  Hauptaxe  parallelen  und  zu  den  zwei 
Nebenaxen  ungleich  geneigten  Flächen 
Zweimalachtflächner  (Dioctaeder)  . 

B.  Ilemiedrische  Formen 

Halbquadratachtflächner  (zwei-  u.  einaxige  Tetraeder) 

III.  Ein-  und  einaxiges  System  . 

A.  Homoedrische  Formen 

Die  zwei  zur  Hauptaxe  senkrechten  und  zu  den 

Nebenaxen  parallelen  Flächen  .... 

Die  zwei  zur  ersten  Nebenaxe  senkrechten  und  zu 
den  übrigen  Axen  parallelen  Flächen  . 

Die  zwei  zur  zweiten  Nebenaxe  senkrechten  und  zu 
den  übrigen  Axen  parallelen  Flächen  . 

Die  vier  zur  Hauptaxe  und  zur  ersten  Nebenaxe  ge- 
neigten , zur  zweiten  Nebenaxe  aber  parallelen 
Flächen  . . . . 

Die  vier  zur  Hauptaxe  und  zur  zweiten  Nebenaxe 
geneigten,  zur  ersten  Nebenaxe  aber  parallelen 
Flächen  »......• 

Die  vier  zu  den  beiden  Nebenaxen  geneigten,  zur 
Hauptaxe  aber  parallelen  Flächen 
Rhombenachtflächner  (Rhoinbenoctaeder) 

B.  Ilemiedrische  Formen 

Halbrhombenachtflächner  (ein-  u.  einaxige  Tetraeder) 


18 

18 

18 

18 

19 

19 

19 

20 

20 

21 

21 

21 

21 

21 

21 

22 

22 

22 

22 

22 

22 

22 

23 

23 

23 

23 

23 

23 

23 

23 


Iniialts- V erzeiclmiss. 


XI 


IV.  Drei-  und  einaxiges  System 

A.  Hemoedrische  Formen 

Die  zwei  zur  Hauptaxe  senkrechten  und  zu  den  Ne- 

henaxen  parallelen  Flächen  ..... 

Die  sechs  zu  zwei  Nehenaxen  gleiclnnässig  geneigten, 
zur  dritten  Nebenaxe  und  zur  Hauptaxe  aber  pa- 
rallelen Flächen  ....... 

Zweimalsechsflächner  (sechsseitige  Doppelpyramiden, 
Hexagondodecaeder)  ...... 

Die  sechs  Flächen,  welche  die  drei  Nehenaxen  schnei- 
den, die  eine  davon  aber  noch  einmal  so  stark 
als  die  beiden  übrigen , und  zur  Hauptaxe  paral- 
lel sind 

Die  zwölf  Flächen,  welche  die  drei  Nehenaxen  un- 
gleich schneiden  und  zur  Hauptaxe  parallel  sind 

Die  Zweimalsechsflächner  zweiter  Stellung 

Die  Zweimalzwölfflächner  (Didodecaeder) 

B.  Hemiedrische  Gestalten 

Die  Halhzweimalsechsflächner  (Hemidodecaeder , 

Rhomboeder)  ....... 

Die  Halhzweimalzwölfflächner  (Hemididodecaeder , 
Skalenoeder)  ....... 

V.  Zwei-  und  eingliedriges  System  .... 

Die  zwei  zur  Hauptaxe  geneigten  und  zu  den  Ne- 
henaxen parallelen  Flächen  ..... 

Die  zwei  zur  ersten  Nebenaxe  geneigten , zur  Haupt- 
axe und  zweiten  Nebenaxe  aber  parallelen  Flächen 

Die  zwei  zur  zweiten  Nebenaxe  senkrechten  und  zu 
den  übrigen  Axen  parallelen  Flächen  . . ■. 

Die  vier  Flächen,  welche  zur  Hauptaxe  und  zur 
ersten  Nebenaxe  geneigt,  zur  zweiten  Nebenaxe 
aber  parallel  sind  ...... 

Die  vier  Flächen,  welche  zur  Hauptaxe  und  zur 
zweiten  Nebenaxe  geneigt  und  zur  ersten  Neben- 
axe parallel  sind  ...... 

Die  vier  Flächen , welche  zu  den  beiden  Nehenaxen 
geneigt  und  zur  Hauptaxe  parallel  sind 

Die  acht  Flächen,  welche  alle  drei  Axen  schneiden 

VI.  Ein-  und  eingliedriges  System  .... 

Von  den  zusammengesetzten  Gestalten  der  verschie- 
denen Systeme  ....... 

Mobs  und  Haüy’s  Methode  die  Krystalle  zu  be- 
schreiben ........ 

Von  der  Gestalt  der  mineralischen  Massen 
II.  Physikalische  Kennzeichen  ...... 

1.  Cohäsions -Verhältnisse  . . . 

2.  Eigenschwere  ....... 

3.  Optische  Eigenschaften  ..... 


24 

24 

24 

24 

24 

24 

25 

25 

25 

25 

25 

25 

26 

26 

26 

26 

26 

26 

27 

27 

27 

27 

29 

34 

36 

36 

38 

38 


XII 


Inhalts- Verzeichniss. 


4.  Phosphorescenz  . . . . . : . .4.5 

5.  Electricitäl  ........  43 

5.  Magnetismus  .......  44 

7.  Empirische  Kennzeichen  . . . , 44 

III.  Chemische  Kennzeichen 45 

Zweiter  Abschnitt. 

Systematik  und  Nomenclatur 47 

Dritter  Abschnitt. 

Geschichte  und  Litteratur 48 

Zweiter  Theil. 

Charakteristik  der  Mineralien 53 

ERSTE  KLASSE. 


Mineralien,  zusammengesetzt  nach  dem  Prin- 
cipe für  die  Zusammensetzung  der  unor- 


ganischen Natur  , . . . . . t 53 

Erste  Ordnung. 

Electropositive  Metalle 53 

Gruppe  I.  Eisen  53 

1.  Gediegen  Eisen  . . ....  53 

Anhang  Meteorsteine  ......  54 

Gruppe  II.  Blei  54 

1.  Gediegen  Blei  54 

Gruppe  III.  Wismuth  . ...  55 

1.  Gediegen  Wismuth  .....  t 55 

Gruppe  IV.  Kupfer  ...  56 

1.  Gediegen  Kupfer  . . ....  56 

Gruppe  V.  Silber 56 

1.  Gediegen  Silber  . . . . . . . 56 

Gruppe  VI.  Quecksilber 57 

1.  Gediegen  Quecksilber  ......  57 

2.  Natürliches  Amalgam  . .....  57 

Gruppe  VII.  Palladium .......  58 

1.  Gediegen  Palladium  ......  58 

Gruppe  VIII.  Platin  . . 58 

1.  Gediegen  Platin  .......  58 

Gruppe  IX.  Iridium 59 

1.  Gediegen  Iridium  ......  59 

2.  Osmiridium  ........  59 

3.  Iridosmium  ..  w .....  59 

Gruppe  X.  Gold 60 

1.  Gediegen  Gold  .......  60 

Anhang  Silbergold  ......  60 


Inhalts- V erzeicliniss. 


X1X1 


Zweite  Ordnung. 

Eleetronegative  brennbare  Körper  und  deren  nicht  oxy- 

dirte  Verbindungen 6T 

Gruppe  I.  Tellur  und  Tellurmetalle  . . . .61 

1.  Gediegen  Tellur . .61 

2.  Tellurwismuth  . . . . . . .,61 

3.  Tellurblei  . . . . . . , 62 

r 4.  Weisstellurerz  .......  62 

5.  Schrifterz  ........  62 

Gruppe  II.  Antimon  und  Antimonmetalle  . . .63 

1.  Gediegen  Antimon  ......  63 

2.  Antimonnickel  .......  63 

3.  Antimonsilber  .......  63 

Gruppe  III.  Arsenik  und  Arsenikmetalle  ...  64 

1.  Gediegen  Arsenik  ......  64 

2.  Arsenikeisen  . . . . . . . 65 

3.  Nickel  kies  ........  66 

4.  Arseniknickel  . . . . ..  ..  66 

5.  Speiscobalt  .........  66 

6.  Arsenikspiesglanz  ......  67 

Gruppe  IV.  Selen  und  Selenmetalle  ....  68 

1.  Selenblei  ........  68 

2.  Selenkupfer  .......  68 

3.  Selenbleikupfer  68 

4.  Eukairit  . . . . . . .69 

5.  Selensilberblei  .......  69 

6.  Selenquecksilber  . . . . . . .69 

7.  Selenquecksilberblei  . . . ...  69 

Gruppe  V.  Schwefel  und  Schwefelmetalle  . . .70 

Erste  Abtheilung:  Schwefel, 70 

1.  Schwefel  . . . . . . .70 

2.  Selenschwefel  , . . . . .70 

Zweite  Abtheilung:  Schwefel  und  electropositive  Me- 
talle   .*.71 

3.  Manganglanz  . , . . . . .71 

4.  Blende  . . . . . . . .72 

5.  Voltzit  ...  .....  72 

6.  Magnetkies  . . . . . . . .72 

7.  Eisenkies  . . . . . . . .73 

8.  Speerkies  . .......  74 

9.  Cobaltkies  ........  74 

10.  Haarkies  . ....  ...  74 

11.  Kupferglanz  ......  - 75 

12.  Kupferindig  . ...  ...  75 

13.  Kupferkies  ........  76 

14.  Buntkupfererz  » . . . , . .76 

15.  Bleiglajiz  . . . . . . , . 7t> 


4 


XIV 


Inhal  ts-Verzeicluiiss 


und 


16.  WiAnuthglanz  . 

17.  Kupfer wisinutlierz 

18.  Nadelerz 

19.  Zinnkies 

20.  Silbcrglanz 

21.  Sternbergit 

22.  Wisinuthsilbererz 

23.  Silberkupferglanz 

24.  Zinnober  . 

Anhang:  Lebererz 

Dritte  Abtheilung : Schwefel  und  electron 

25.  Molybd  änglanz 

26.  Antimonglanz 

27.  Antimonblende 

28.  Auripigment 

29.  Realgar  .... 

Vierte  Ahtheilung : Unterantimonicht- 

schweflige  Verbindungen 
A.  Einfache. 

30.  Zinkenit 

31.  Miargyrit  . 

32.  Kupfer-Antimonglanz 

33.  Jamesonit  . 

34.  Plagionit  . 

35.  Berthierit  . 

36.  Federerz  . 

37.  Rothgültigerz 

38.  Sprödglaserz 
ß.  Doppelte. 

39.  Bournonit 

40.  Polybasit  . 

41.  Falderz  .... 

Fünfte  Abtheilung  : Antimon-  und  Arsen 

Metalle 

42.  Arsenikkies 

43.  Glanzcobalt 

44.  Nickelglanz 
Gruppe  VI.  Kohlenstoff 

1.  Diamant 

2.  Graphit 

3.  Anthracit 


Oxydirte  Körper 

Gruppe  I.  Oxyde  der 
ren  Hydrate 

1.  Talk  hyd  rat  . 

2.  Zinkoxyd 


tegative  Metall 


arsenicht- 


tschwefel 


Dritte  Ordnung. 

electropositiven  Metalle  und  de- 


77 

78 
78 
78 

78 

79 
79 

79 

80 
80 
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84 

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88 

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90 

91 

91 

92 
92 

92 

93 

94 


94 


94 

95 
95 


Inhalts- Verzeichnis* 


XV 


3*  Hausmannit  . . . . . ; . 96 

4.  Braunit  .....  ..  . . . 96 

5.  Pyrolusit  ........  97 

6.  Manganit  . . . . . . . . 99 

7.  Psilomelan  . . . . . . . 100 

8.  Wad 100 

9.  Erdcobalt  . . . . . . . 101 

10.  Rotbeisenerz  . . . . . . .101 

11.  Magneteisenerz  . . . . . . . 103 

12.  Frankiinit  . . . . , . . 104 

13.  Beudantit  . . . . . . . 105 

14.  Brauneisenerz  .......  105 

15.  Rothkupferz  .......  107 

Anhang : Ziegelerz  . . . . . .108 

16.  Rupferschwärze .......  108 

17.  Bleiglätte 108 

18.  Mennig  . . . . . . . 109 

19.  Wismuthocker  ......  . 109 

20.  Zinnerz  ........  109 

21.  Uranpecherz  . . . . . . .110 

22.  Uranocker  . . . . . . .111 

Gruppe  II.  Thonerde  und  Aluminate  . . . .111 

1.  Korund  . . . . . . . .111 

2.  Diaspor  . . . . . . . .113 

3.  Gibbsit  .......  . 1 13 

4.  Spinell  . . . . . . .113 

5.  Gahnit  . . . . . . . .114 

6.  Bleigummi  . . . . , ' . .115 

Gruppe  III.  Kieselerde  und  Kieselerdehydrat  . .115 

1.  Quarz .115 

2.  Opal .119 

Anhang:  Polirschiefer  .....  122 

Tripel 122 

Gruppe  IV.  Silicate  von  einer  Basis  . . . . 123 

1.  Wollastonit  . . . . . . . 123 

2.  Okenit . .124 

3.  Speckstein  . . . . . . . .124 

4.  Meerschaum  . . . . ....  125 

5.  Picrosmin  . . . . . ...  . 125 

6.  Pyrallolith  .....  4 . 125 

7.  Ophit 126 

8.  Chrysolith  . . . . . . .126 

9.  Kieselzinkerz  . . . . ...  127 

10.  Rother  Mangank;esel  . . .. . I .81^  • 128 

11.  Schwarzer  Mangankiesel  . . P . . 128 

12.  Cererit . .129 

13.  Sideroschisolith  .......  129 

14.  Dioptas  .........  130 


XVI 


lnhalts-Verzeichniss. 


15.  Kieselkupfer 

130 

16.'  Zirkon 

131 

17.  Thorit  .... 

132 

18.  Cvanit  f 

132 

19.  Chiastolith  ..... 

132 

20.  Andalusit  ..... 

133 

21.  Silliinanit  . . . 

133 

22.  Wörtliit  ..... 

133 

23.  Kaolin  ..... 

134 

24.  Cimoiit  ...... 

135 

25.  Thon  ..... 

135 

26.  Bol 

136 

27.  Steinmark  .... 

137 

28.  Bildstein  ..... 

138 

29.  Halloisit 

139 

30.  Pholerit  ..... 

139 

31.  Ber^seife  ..... 

139 

32.  Kollyrit 

140 

Gruppe  V.  Silicate  mit  mehrern  Basen 

140 

1.  Abth. : Silicate  von  einem  Alcali  oder 

einer  alcali- 

sehen  Erde  und  Silicat  von  Thonerde  , 

vereinigt 

mit  Krystallwasser  (Zeolithe) 

140 

1.  Apophyllit  .... 

140 

2.  Pectolith  ..... 

141 

3.  Mesotyp  ..... 

141 

4.  Chabasit  ..... 

142 

5.  Analcim  ..... 

142 

6.  Thompsonit  .... 

143 

7.  Desmin 

143 

8.  Epistilbit  ..... 

143 

9.  Heulandit  ..... 

144 

10.  Brewsterit  .... 

144 

11.  Laumontit  ..... 

144 

12.  Harmotom  . . . , 

145 

13.  Brevicit  ..... 

145 

14.  Prehnit  ..... 

145 

% Abth.  : Silicate  von  Alcalien  oder  alcalischen  Erdeu 

mit  Silicaten  von  Thonerde,  ohne 

chemisch  ere- 

bund enes  Wasser  (feldspathartitfe  Mineralien) 

146 

lö.  r eldspatn 

147 

16.  Albit  . . . . 

148 

17.  Periklin  .... 

148 

18.  Petalit  .... 

149 

19.  Triphan  .... 

149 

20.  Oligoklas  , , , 

149 

21.  Leucit  , 

150 

22,  Labrador  . , , , 4 

150 

Inhalts- Verzeichnis^. 


XVII 


23.  Riakolith  * 

24.  Latrobit 

25.  Wernerit  , 

26.  Porzellanspath 

27.  Hurnboldtilit 
28*  Nephelin 

29,  Couzeranit 

30,  Anorthit 

Anhang  zu  den  feldspathart igen  Mineralien 
Obsidian 
Bimstein 
Perlstein 
Pechstein 

Abth. : Silicate  von  Kali  oder  Lithion  mit  Silica- 
ten von  Talkerde,  Eisenoxydid,  Manganoxydul 
und  Thonerde  (glimmerartige  Mineralien) 

31,  Zweiaxiger  Glimmer 


Einaxiger 


Lithionglimmer 


32. 

33. 

34.  Talk  . 
Chlorit 
Pinit  . 


Glimmer 


Margarit 


einem  Alcali  und  Eisenoxyd 


35. 

36. 

37. 

38.  Fahlunit 

39.  Pyrophyllit 

40.  Nephrit 

41.  Saussurit 

4.  Abth. : Silicate  von 

42.  Akmit 

43.  Grünerde 

44.  Krokydolith 

5.  Abth.:  Silicate  von  Kalk-  und  Talkerde,  in  denen 

die  alcalischen  Erden  mehr  oder  weniger  vollstän- 
dig durch  Eisenoxydul  und  Manganoxydul , die 
Kieselerde  aber  zuweilen  durch  Thonerde  ersetzt 
zu  sein  pflegt 

45.  Hornblende  .....  * • 

46.  Augit  ........ 

Anhang  zu  den  Gattungen  Hornblende  und  Augit: 

Asbest  . . , . , , . . 

47.  Schillerspath  ....... 

48.  Lievrit 

49.  Cronstedtit  .....  . 

6.  Abth. : Silicate  von  Kalk-  und  Talkerde  mit  Thon- 

erde   

pO.  Epidot  . , ... 

51.  Vesuvian  ........ 

52.  Granat  ........ 


150 

151 

151 

152 
152 

152 

153 
153 

153 

154 
154 
154 


155 

155 

156 

157 

157 

158 

159 
159 

159 

160 
160 
160 
161 
161 
161 
162 


162 

163 

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166 

168 

168 

168 

169 

169 

170 
170 


XX 


lühalts-Ve  rzeiclmiss. 


9.  Euckroit  . . . . * . . *221 

10.  Erinit 222 

11.  Kupferschaum  . . . . r.  . . 222 

12.  Linsenerz  . 222 

Gruppe  XVI.  Phorphorsaure  Salze  ...  223 

1.  Phosphorsaure  Yttererde  .....  223 

2.  Triplit 224 

3.  lletepozit  224 

4.  Hureaulit  .......  . 224 

5.  Triphylin  ........  225 

6.  Griineisenstein  .......  225 

7.  Eisenblau 225 

8.  Karphosiderit  .......  226 

Anhang  zu  den  phosphorsaureii  Eisenoxyden  : 

Raseneisenstein  ......  226 

9.  Prismatisches  phosphorsaures  Rupfer  . . 227 

10.  Libetbenit 228 

11.  Wavellit  . . . . . • . .228 

Anhang : Kalait  .....  . . 229 

12.  Lazulith 229 

13.  Amblygonit  .....  • 230 

14.  Wagnerit  ........  230 

15.  Uranglimmer  . . . . • v . 230 

16.  Kakoxen  . . . . . ♦ .231 

17.  W isüuithhlendc  . . . . » . 231 

18.  Sordawalitli  .....  . 232 

Gruppe  XVII.  Schwefelsäure  Salze  . . . . -32 

1.  Glaubersalz  . . 233 

2.  Thenardit  . ......  234 

3.  Glauberit  ........  234 

4.  Schwefelsaures  Kali  ....  . 235 

5.  Mascagnin  .......  235 

6.  Schwerspath  .....  . 235 

7.  Coelestin  ........  237 

8.  Anhydrit  ........  239 

9.  Gyps 240 

10.  Bittersalz  ...  ....  242 

11.  Polybalit  ........  243 

12.  Zinkvitriol  .......  243 

13.  Eisenvitriol  243 

14.  Botryogcn ...  .....  244 

15.  Neutrales  schwefelsaures  Eisenoxyd  • . • 244 

16.  Basisches  schwefelsaures  Eisenoxyd  . . • 245 

17.  Eisensinter  .......  245 

18.  Kupfervitriol  .......  246 

19.  Brochantit 246 

20.  Cobaltvitriol  . . 247 

21.  Bleivitriol  247 


Inhal  ts-Verzeichniss. 


XXI 


22.  Schwefelkohlensaures  Bleioxyd  ....  248 

23.  Alaun 249 

Anhang : 1.  Ammoniak-Alaun  ....  249 

2.  Mangan-Magnesia-Alaun  . . . 249 

24.  Alaunstein , ■ . . 250 

25.  Aluminit 250 

26.  Neutrale  schwefelsaure  Thonerde  . . ,251 

27.  Johannit  . . . . • . . .251 

Gruppe  XVIII.  Silicate  von  Natron,  Kalk  und  Thon- 
erde, vereinigt  mit  Sulphaten  . . . .251 

1.  Haiiyn  ........  252 

2,  Lasurstein  ........  253 

Gruppe  XIX.  Salpetersaure  Salze  ....  253 

1.  Kali-Salpeter 253 

2.  Natron-Salpeter  ......  254 

3.  Kalk-Salpeter  .......  254 


Vierte  Ordnung . 


Verbindungen  von  Salzbildern  255 

Gruppe  I.  Chlormetalle  255 

1.  Steinsalz  ........  255 

2.  Salmiak  .......  * 256 

3.  Cotunnit  ........  257 

4.  Bleierz  von  Mendip  ......  257 

5.  Atakamit  . . . , . . . . 257 

6.  Silberhornerz  .......  258 

7.  Quecksilberhornerz  . . . . . . 259 

Gruppe  II.  Silicate  mit  Chlormetallen  . . , . 259 

1.  Sodalith  . . . ...  . 259 

2.  Pvrosmalith  ......  . 260 

3.  Eudialyt  ........  260 

Gruppe  III.  Phosphate  und  Arseniate  mit  Chlormetallen  261 

1.  Apatit 261 

2.  Pyromorphit  .......  263 

3.  Arseniksaures  Blei  .....  264 

4.  Vanadin-Bleispath  .....  264 

5.  Hedyphan 265 

Gruppe  IV.  Carbonate  mit  Chlormetallen  . . . 265 

1.  Blei-Hornerz  .......  265 

Gruppe  V.  Jodmetalle 265 

1.  Jod-Silber  ........  265 

Gruppe  VI.  Fluormetalle  . , . . . 266 

1.  Flussspath  ........  266 

2.  Yttrocerit  ........  268 

3.  Neutrales  Fluorcerium  .....  268 

4.  Basisches  Fluorcerium  ....  268 

5.  Fluorcerium  mit  Fluoryttrium  ....  269 


XXII 


Inhalte- Verzeichntes. 


6.  Kryolith  ....  v ...  269 

7.  Fluellit  ...  ....  269 

Gruppe  VII.  Silicate  mit  Fluormetallen  . . . 269 

1.  Chondrodit  ....  • 269 

2.  Topas  ........  . 270 


ZWEITE  KLASSE. 

Mineralien,  zusammengesetzt  nach  dem  Prin- 
cipe für  die  Zusammensetzung  der  orga- 


nischen Natur  . . . • • . • 272 

Gruppe  I.  Wenig  veränderte  organische  Stoffe  . . 272 

1.  Torf  ........  . 272 

2.  Braunkohle  .......  . 273 

Gruppe  II.  Fossile  Harze .276 

1.  Bernstein  .......  . 276 

2.  Elaterit  .......  . 277 

3.  Retinit  ........  . 278 

Gruppe  III.  Fossile  Fette 278 

1.  Hatchetin  .......  • 278 

2.  Scheererit  .......  . 279 

3.  Ozokerit  .......  . 279 

Gruppe  IV.  Fossile  Oele 280 

1.  Erdöl 280 

Gruppe  V.  Bitumen 281 

1.  Asphalt  .......  . 281 

Gruppe  VT.  Scliwarzkolilen 282 

1.  Schwarzkohle  ......  . 282 

Gruppe  VII.  Salze 284 

1.  Ilumboldtit  . . . . . . . . 285 

2.  Honigstein  ........  285 

Petro graphischer  Anhang 286 

I.  Ordnung  : Krystallinische  Gesteine  ....  287 

Gruppe  I.  Quarzgesteine 287 

1.  Quarz  ...  .....  287 

2.  Kieselschiefer  .......  288 

3.  Wetzschiefer  .......  288 

4.  Jaspis  .........  288 

5.  Hornstein  ....••••  288 

6.  Hornfcls  ........  288 

Gruppe  II.  Feldspathgesteine  .....  288 

7.  Weissstein  . ......  288 

8.  Granit  ........  289 

9.  Syenit 290 

10.  Gneis  290 

11.  Feldstein 291 

12.  Klingstein 291 


Inhalts- Verzeichnis«  ■ 


xxm 


13.  Trachyt  ........  292 

14.  Peclistein  ...  ....  292 

15.  Perlstein  ........  292 

16.  Obsidian  ........  292 

17.  Bimstein  ........  292 

Gruppe  IIS.  Glimmergesteine 293 

18.  Glimmerschiefer  . . . ...  293 

19.  Chloritschiefer  .......  293 

20.  Talkschiefer  . . . ♦ . . . 293 

Gruppe  IV.  Hornblendegesteine  .....  294 

21.  Hornblendegestein  . . . . ♦ 294 

22.  Grünstein  .......  294 

23.  Hypersthenfels  . . . . . . ♦ 295 

24.  Gabbro  295 

25.  Eklogit  . ...  . . . . .295 

Gruppe  V.  Serpentingesteine  .....  296 

26.  Serpentinfels  . ♦ . , - 296 

27.  Ophit . • 296 

28.  Schillerfels 296 

Gruppe  VI.  Augitgesteine  . . . . . . 296 

29.  Serpentinfels  ......  . 296 

30.  Basalt  .......  . 297 

31.  Dolerit  .......  . 297 

32.  Basanit  ........  297 

Gruppe  VH.  Leucitgesteine  . ; . 298 

33.  Leucomelan  . . . . . . 298 

Gruppe  VIII.  Thongesteine 298 

34.  Thonstein  .......  . 298 

35.  Thonschiefer  .......  298 

36.  Schalstein  . . . . . . . 299 

Gruppe  IX.  Kalkgesteine  300 

37.  Kalkstein  . . . . . . . . 300 

38.  Dolomit  ........  303 

39.  Mergel  . . . . . ^ . . .303 

Gruppe  X.  Gypsgesteine  ......  304 

40.  Gyps  ........  304 

41.  Anhydrit  ...  .....  304 

Gruppe  XI.  Salzgesteine 304 

42.  Steinsalz  . . . . 4 . . , 304 

43.  Alaunfels  ....  ...  304 

Gruppe' XII.  Eisengesteine 304 

44.  Magneteisenstein  ......  304 

45.  Eisenschiefer  .......  304 

Gruppe  XUI.  Kohlen 305 

46.  Anthracit  ........  305 

47.  Schwarzkohle  ....  ...  305 

48.  Braunkohle  ....  . 305 


XXIV 


Itihalks-Verzeichniss. 


2.  Abth.  : Niclit  krystallinische  Gesteine  . 

A.  Conglutinate  .... 
Gruppe  I.  Sandsteine  . 

49.  Quarzsandstein  . 

50.  Thonsandstein  . 

51.  Kalksandstein 

52.  Mergelsandstein 
Gruppe  II.  Conglomerate 

53.  Kiesel-Conglomerat  , 

54.  Kalk-Conglomerat 

55.  Augit-Conglomerat 

56.  Eisen-Conglomerat 

57.  Birnstein-Conglomerat  . 

58.  Basalt-Conglomerat  . 

59.  Trachyt-Conglomerat  . 

60.  Klingstein-Conglomerat  . 

61.  Vulkanischer  Tuff  ♦ . 

52.  Peperin  .... 

63.  Granit-Conglomerat  . , 

64.  Eisenthon-Conglomerat  . 

65.  Porphyr-Conglomerat 

66.  Grauwacke  . . 

67.  Nagelfluh  . 

68.  Muschel-Conglomerat 

69.  Knojchen-Conglomerat 

B.  Congregate  .... 
Gruppe  I.  Erden  .... 

70.  Ackererde 
Gruppe  II.  Thone 

71.  Porzellanerde 

72.  Thon  .... 

73.  Klebschiefer  . 

74.  Polirschiefer 
Gruppe  III.  Sand 

75.  Quarzsand 

76.  Eisensand  . 

Gruppe  IV.  Gruss 

77.  Granit- Gruss 

78.  Gneiss-Gruss 

79.  Basanit- Gruss 

80.  Bimstein-Gruss  . 

Gruppe  V.  Torf  . 

81.  Torf  .... 


lieber  einige  allgemeine  geognostisch 
Geologische  Hypothese 


Begriffe 


. 305 
. 305 
. 305 
. 305 
. 305 
. 305 
. 305 
. 306 
. 306 
. 306 
. 306 
. 306 
. 306 
. 307 
. 307 
. 307 
. 308 
. 308 
. 308 
. 309 
4 309 
. 309 
. 310 
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. 311 
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! 314 

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314 

314 

* 314 

* 314 
; 314 

. 315 
. 319 


ALLGEMEINE  EINLEITUNG  IN  DIE 
NATURGESCHICHTE. 

§.  1.  W enn  wir  unter  Natur  im  engem  Sinne  den 
Inbegriff  des  sinnlich  Wahrnehmbaren  oder  die  natürliche  Kör- 
per weit  unsers  Planeten  verstehen , insofern  sie  durch  das 
Zuthun  des  Menschen  oder  die  Kunst  nicht  verändert  ist,  so 
werden  wir  veranlasst,  diese  Naturkörper  in  zwei  grosse 
Klassen  zu  trennen,  die  wir  als  leblose  und  lebende  unter- 
scheiden und  bezeichnen. 

Anmerkung.  Wir  behandeln  so  die  natürlichen  Körper  gleichsam  im 
Gegensätze  zu  den  künstlichen,  da  man  im  weitern  Sinne  unter  Natur 
Alles  begreift,  was  ist  und  von  den  Sinnen  wahrgenommen  wird.  Unter 
„ Natur  einer  Sache“  verstellt  man  auch  speciell  ihre  Eigenschaften  und 
Kräfte. 

§.  2.  Die  Untersuchung  und  Beantwortung  der  Frage  : 
„was  Leben  sei?“  die  Idee  oder  der  Grund  des  Lebens , ist 
der  Gegenstand  vielseitigen  Nachdenkens  gewesen.  Es  liegt 
aber  wohl  in  der  Natur  der  Frage,  dass  die  Lösung  derselben 
| stets  viel  zu  wünschen  übrig  lasse  und  das  Endresultat  aller 
dieser  Forschungen  wird  immer  sein , dass  wir  unter  Leben  die 
eigenthümliche  Form  des  Daseins  der  gesummten  Natur  ver- 
stehen, deren  Grund  Gott  ist . 

§.  3.  Von  dieser  Idee  des  Lebens  unterscheiden  wir  die 
Erscheinungen  des  Lebens , die  eben  so  mannigfaltig  sind, 
als  Naturformen  und  Naturthätigkeiten  beobachtet  w erden  können. 

Geigers  Pharmacia.  11.  1.  (2 te  Auß.)  1 


o 


Allgemeine  Einleitung. 


§.  4.  Nach  den  Erscheinungen  des  Lebens  nennen  wir  jene 
Körper,  b e 1 e b t oder  lebend,  die  den  Vrund,  ihrer  Existenz 
in  sich  selbst  tragen,  welche  fähig  sind , Nahrungsstoffe  in 
sich  aufzunehmen , durch  Verarbeitung  derselben  von  Innen 
nach  Aussen  sich  selbstthätig  zu  gestalten  und  das  Vermögen 
besitzen , sich  eine  Zeitlang  gegen  die  Aussenwelt  zu  behaupten, 
ein  Wesen  ihrer  Art  zu  erzeugen,  aber  nach  einer  mehr  oder 
minder  begrenzten  Zeit  durch  den  Tod  zerstört  werden. 

Anmerkung . Auch  der  regelmässige  Wechsel  von  Ruhe  und  Thütig- 
keit,  der  an  kosmische  Perioden  geknüpft  ist  und  den  wir  Schlaf  und 
Wachen  nennen,  herrscht  durch  die  ganze  Natur,  soweit  das  Leben  selbst, 
denn  wo  Leben  waltet,  lauert  der  Tod,  und  des  Todes  nur  milderer 
Eruder  ist  der  Schlaf. 

§.  5.  Die  leblosen  Körper  verdanken  ihre  Entstehung 
und  ihren  Fortbestand  einer  Thätigkeit,  die  nicht  in  ihnen 
selbst  liegt ; sie  nehmen  keine  Nahrung  zu  sich  und  wachsen 
nur , indem  sie  sich  durch  Anlagerung  von  Aussen  vcrgrössern. 

Anmerkung.  Obgleich,  wie  überall  in  der  Natur,  auch  zwischen  die- 
sen beiden  grossen  Reichen  der  natürlichen  Wesen  die  scharfen  Grenzen 
unseren  Sinnen  verschwinden,  so  wird  dennoch  hier  selbst  die  empiri- 
sche Unterscheidung  am  wenigsten  Schwierigkeiten  finden. 

§.  6.  Jene  Lebens-Erscheinungen  äussern  sich  durch  , hin- 
sichtlich ihrer  Form, 'Lage  und  Function,  ungleichartige  Theile 
des  Körpers,  Organe,  deren  Verbindung  zu  einem  belebten 
harmonischen  Ganzen  wir  auch  Organismus  oder  organi- 
schen Körper  nennen  im  Gegensätze  zu  den  leblosen,  denen 
diese  Organe  fehlen , deren  Theile  eine  gleichartige  Masse  bil- 
den, und  die  daher  auch  anorganische  oder  unorgani- 
sche Körper  genannt  werden.  Die  unorganischen  Körper  kön- 
nen dem  zu  folge  in  die  kleinsten  Partikelchen  ohne  Zerstörung 
ihres  Wesens  gctheilt  werden ; die  organischen  hingegen  werden 
zerstört,  wenn  man  die  Organe  von  einander  trennt. 

§.  7.  Die  organischen  Körper  theilen  w ir  ferner  ein  in 
Pfl  anzer;  und  Thiere.  Die  ersteren  bilden  die  niedere,  die 
letztem  die  höhere  Stufe  der  organischen  Körperwelt,  beide 


3 


Allgemeine  Einleitung. 

aber  grenzen  so  aneinander  und  bilden  so  allmählige  Uebergänge 
in  einander,  dass  es  zu  den  schwierigsten  Aufgaben  des  Natur- 
forschers gehört,  eine  feste  Definition  dieser  beiden  Reiche  der 
organischen  Körperwelt  zu  geben , wenn  er  von  diesen  Grenz- 
undUebergangspunkten  ausgeht,  während  der  Unterschied  leicht 
in  die  Augen  fällt,  wenn  wir  die  höher  entwickelten  Formen  des 
Thier-  und  Pflanzenreichs  vor  Augen  haben. 

Anmerkung.  Bei  diesen  Uebergangsgebilden  der  beiden  organischen 
Wesen-Reihen,  oder  bei  den  microscopischen  Gebilden,  über  deren 
Stellung  man  im  Zweifel  war,  entschied  schon  häufig  die  Chemie.  Wir 
erinnern  z.  B.  an  den  rothen  Schnee,  dessen  Farbstoff  man  wegen  Mangel 
des  Stickstoffs  als  eine  Alge  erkannte. 

§.  8.  Im  Allgemeinen  erscheint  uns  die  Pflanze  als  ein  be- 
lebtes organisches  Wesen,  das  mit  einem  Theile  seines  Körpers 
an  den  Boden  befestigt,  der  freien  willkührlichen  Bewegung  be- 
raubt ist  und  ohne  Bewusstsein  die  tiefem  Functionen  des  Le- 
bens, Ernährung  und  Fortpflanzung  ausübt.  Sie  nehmen  ferner 
ihre  Nahrung,  die  aus  unorganischen  Stoffen  besteht,  an  allen 
Theilen  des  Körpers  auf  und  entfalten  neue  Theile  desselben  in 
sprossender  Entwickelung , so  lange  sie  leben.  Das  Thier  hin- 
gegen ist  vermögend  sich  selbst  oder  wenigstens  einzelne  Theile 
seines  Körpers  willkührlich  von  einem  Orte  zum  andern  zu  be- 
' wegen , besitzt  Bewusstsein  und  Empfindung , nimmt  seine 
Nahrung,  die  aus  organischen  Stoffen  besteht,  durch  eine  Oeff- 
nung , in  den  Körper  auf,  die  wir  Mund  nennen,  und  besitzt 
einen  Magen  als  Central-Organ  der  Verdauung,  welcher  den 
Pflanzen  fehlt.  Die  Entwickelung  neuer  Theile  ist  bei  dem 
Thiere  sehr  beschränkt  und  meist  nur  auf  Organe  zu  beziehen, 
die  ihm  zur  Bedeckung  oder  Vertheidigung  dienen,  während  die 
Pflanze  neue  Theile  zu  entwickeln  vermag,  die  als  neue  Indivi- 
duen zu  betrachten  sind,  so  dass  jede  der  vollkommeneren  Pflan- 
zen als  ein  Aggregat  vieler  Individuen  erscheint,  (wie  dies  sich 
am  deutlichsten  hei  unsern  dicotyledonischen  Bäumen  zeigt). 

§.  9.  Die  w issenschaftliche  Kenntniss  der  Natur  im  Allge- 
meinen, die  Natur  wissen  Schaft,  zerfällt  in  die  Natur- 


4 


Allgemeine  Einleitung. 


V 


lehre,  insofern  sie  sich  mit  den  allgemeinen  Eigenschaften  der 
Körper,  mit  den  Ursachen  und  Gesetzen  der  Ruhe  und  Bewe- 
gung der  Körper  (Physik) , oder  mit  der  iiineru  Beschaffenheit 
derselben,  mit  ihren  Bestandteilen  beschäftigt  (Chemie),  und 
in  die  Naturgeschichte,  wenn  sie  sich  mit  den  Erscheinun- 
gen der  einzelnen  Naturkörper  im  Raume,  mit  der  Betrachtung 
und  Unterscheidung  ihrer  äussern  Form  und  des  inneren  Baues 
(Naturbeschreibung) , oder  mit  den  Erscheinungen  und  Gesetzen 
des  Lebens  in  der  Entwicklung  dieser  Wesen  beschäftigt  (Phy- 
siologie oder  Biologie). 

§.  10.  Die  Naturgeschichte  selbst  zerfällt  wie  die  Natur- 
körper in  drei  Zweige,  deren  einer,  die  M neralogie,  die 
unorganischen  Körper  oder  die  Mineralien , behandelt , während 
die  Botanik  und  Zoologie  die  organischen  Körper,  und 
zwar  erstere  die  Pflanzen  und  letztere  die  Thier e zum  Gegen- 
stände ihrer  Untersuchung  hat. 

Anmerkung.  Die  Petrefaktenkunde  kann  als  ein  Theil  der 
Naturbeschreibung  mit  eben  so  vielem  Rechte  der  Mineralogie  als  der 
Zoologie  und  Botanik  angereihet  werden.  Ihr  Gegenstand  sind  dem  Tode 
verfallene  organische  Gebilde,  deren  Substanz  mit  Beibehaltung  ber  Form 
mehr  oder  weniger  durch  anorganische  Masse  verdrängt,  oft  aber  noch 
vollständig  erhalten  wurde. 


♦ 


ERSTER  THEIL. 


Pharmaceutische  Mineralog 


' 


■ 

■ 


■ 

. 

* • 


EINLEITUNG. 


Begriff'  und  Eintheilung  der  Mineralogie.  Hülfsmittel. 

Zweck  der  pharmaceutischen  Mineralogie. 

§.  11.  Im  Vorhergehenden  lernten  wir  die  natürlichen  Kör- 
per eintheilen  in  organische  oder  lebende  und  anorga- 
nische ( unorganische ) oder  leblose.  Mit  den  natürlich 
vorkommenden  anorganischen  Körpern,  welche  den  festen  Theil 
unserer  Erde  bilden,  beschäftigt  sich  die  Mineralogie,  die 
wir  (§.  10.)  als  einen  Theil  der  Naturgeschichte  be- 
zeichneten. 

Anmerkung.  Von  diesen  organischen  Körpern  sind  hei  der  mittlcrn 
Temperatur  unseres  Luftkreises  zwei  (Quecksilber  und  Erdöl)  stets 
flüssig.  — Die  tropfbaren  und  luftartigen  Flüssigkeiten  (Wasser,  Luft), 
welche  unsern  Erdball  umgeben  und  theilweise  durchdringen  , ohne 
einen  constituirenden  Theil  seiner  Masse  auszumachen , nennt  man 
Atmosphärilien.  Mit  ihnen  beschäftigt  sich  die  Atniosphärologie. 

§.  12.  Wir  nennen  jene  anorganischen  Körper  Minera- 
lien oder  Fossilien.  Sie  sind  entweder  einfache  — sicht- 
lich nicht  gemengte  — oder  gemengte.  Die  einfachen 
Mineralien  können  chemische  Elemente  sein  oder  Verbindungen 
derselben  zu  einem  Ganzen,  an  dem  das  Auge  weder  im  Innern 
noch  auf  der  Oberfläche  ein  Zusammengesetztsein  wahrnimmt. 
{gemengte  Miner alien  sind  alle,  in  denen  zwei  oder  mehrere  die- 
ser sichtlich  nicht  gemengten  Mineralien  mit  einander  so  ver- 
einigt sind , dass  das  Auge  die  einzelnen  Tiieile  unterscheidet 
und  häufig  mechanische  Mittel  sie  treimen  können. 

§.  13.  Demnach  zerfällt  die  Mineralogie  in  zwei  Haupt- 
(heile:  1.  0 ry ktogn o s i e , welche  sich  mit  den  individuellen, 
sichtlich  nicht  gemengten  Fossilien  beschäftigt  und  sie  nach 
allen  Beziehungen  kennen,  nach  äussern  und  innern  Eigenschaf- 
ten unterscheiden  und  die  Unterschiedenen  wissenschaftlich  ord- 
nen lehrt,  und  2.  Geognosie,  welche  die  Betrachtung  der 
gemengten  Mineralien-Massen  zum  Gegenstände  hat  , und 
zwar  die  Verhältnisse  der  einfachen  Mineralien  zu  einander,  die 
Beschaffenheit  der  Gebirgs -Gesteine , Fels  arten,  ihre  Structur 
und  Lagerung  keimen  lehrt,  sich  mit  Erforschung  der  Form, 


8 


Einleitung. 


Structur  und  Lagerung  der  Gehirgsmassen  beschäftigt,  oder 
kurz  über  den  Zustand  der  Erdrinde,  wie  sie  jetzt  ist,  Auf- 
schluss giebt.  (GebirgS-G  esteine , Gebirys arten , Felsarten , 
werden  einfache  und  gemengte  Mineralien  genannt,  wenn  sie 
grosse  Massen  (Gebirgsmassen)  der  Erdrinde  bilden.  Nur 
wenige  einfache  Mineralien  treten  als  Gesteine  auf  und  dann 
gewöhnlich  im  minder  reinen  Zustande.) 

§.  14.  Die  Wissenschaft,  welche  die  Lösung  der  Frage 
versucht:  „wie  ist  unser  Erdball  entstanden?“  nennen  wir  Geo- 
logie; die  Umwälzungen  und  Veränderungen  zu  erforschen , 
welche  die  Erde  in  den  ältesten  und  neuesten  Zeiten  erlitt, 
steht  hiermit  in  genauester  Verbindung,  aber  der  Sache  nach 
können  sich  alle  diese  Untersuchungen  nur  auf  die  Erdrinde 
beschränken. 

§.  15.  Die  Behauptungen  der  Geologie  müssen  immer  Hy- 
pothesen bleiben;  wir  dürfen  jene  als  die  wahrscheinlichsten 
nehmen,  die  sich  auf  die  meisten  geognostischen  Thatsachen 
stützen.  Die  Geognosie  fordert  ihrerseits  wiederum  eine  genaue 
Kenntniss  der  einfachen  Mineralien,  oder  das  Studium  der 
Oryktognosie. 

§.  16.  Hülfs Wissenschaften  jener  beiden  Haupt  theile  der 
Mineralogie  sind  Physik,  Chemie,  Mathematik,  Zoologie,  Bota- 
nik, Petrefaktenkmide  imd  Erdbeschreibung.  Die  sogenannten 
Zweige  der  Mineralogie  z.  B.  angewandte,  chemische  u.  s.  w. 
Mineralogie  sind  Theile  der  Technologie,  Chemie  u.  s.  w.  Das 
Studium  der  Mineralogie  erfordert  ausser  jenen  Kenntnissen  auch 
noch  gewisse  Hülfsmittel,  als:  Mineraliensammlungen,  Sammlun- 
gen von  Krystallmodellen  aus  Holz  oder  Pappe*),  verschiedene 
Instrumente  zum  Messen  der  Krystallwinkel  (Goniometer),  zum 
Bestimmen  des  spec.  Gewichts  (Areometer  oder  hydrostatische 
Wagen),  zu  chemischen  Untersttchungen  (Reagentien  und  vor 
allen  einen  Löthrohrapparat). 

§.  17.  Der  Zweck  einer  phannaceutischen  Mineralogie  kann 
nur  der  sein,  dem  Apotheker  einen  allgemeinen  Ueberblick  der 
Oryktognosie  mit  besonderer  Rücksicht  auf  jene  Mineralien  zu 
geben,  die  für  sich  oder  nach  weiterer  Bearbeitung,  der  aus- 
übenden Pbarmacie  als  Material  bei  ihren  Arbeiten  dienen.  Zur 
bessern  Verständigung  über  das  Vorkommen  der  einfachen  Mi- 
neralien wird  es  auch  nützlich  sein,  eine  Andeutung  der  herr- 
schendsten geologischen  Theorie  und  eine  kurze  Charakteristik 
der  Felsarten  auf  die  Oryktognosie  folgen  zu  lassen. 


*)  Beide  liefert  von  besonderer  Zweckmässigkeit  zu  verschiedenen 
Preisen  das  Heidelberger  Mineralien- Comptoir  und  die  Handlung 
von  Kranz  fcc  Comp,  in  Berlin. 


ORY  KTOGNOSIE. 

Erster  Theil : E'orbereitungslehre. 

§.  18.  Dieser  erste  Theil  zerfällt  in  die  Kennzeichen- 
lehre,  welche  die  einzelnen  Mineralien  erkennen  und  beschreiben, 
in  Systematik  und  Nomenclatur,  welche  dieselben  ord- 
nen und  benennen  lehrt  und  in  Geschichte  der  Wissenschaft 
und  ihre  Litt  erat ur. 

ERSTER  ABSCHNITT. 

Kennzeichenlehre. 

§.  19.  Kennzeichen  der  Mineralien  nennt  man  alle 
Eigenschaften  und  Verhältnisse,  welche  beim  Erkennen  derselben 
und  bei  ihrer  gegenseitigen  Unterscheidung  dienlich  sind.  Sie  sind 
entweder  von  der  Masse  oder  von  der  Substanz  hergenom- 
men. Die  Masse  wird  betrachtet  in  Bezug  auf  ihre  Gestalt 
(stereometrische  Kennzeichen)  oder  auf  ihr  Verhalten 
gegen  andere  Dinge , die  auf  sie  ein  wirken , ohne  ihre  Substanz 
zu  verändern  (physikalische  Kennzeichen).  Die  Sub- 
stanz kami  nur  erforscht  werden  durcli  Zerlegung  in  ihre  Ele- 
mente oder  Bestandteile  (chemische  Kennzeichen). 

I.  Stereometrische  Kennzeichen. 

Von  der  regelmässigen  Gestalt  der  Mineralien . 

§.  20.  Obgleich  die  eigentlichen  Individuen  des  Mineral- 
reichs stets  von  Ebenen  symmetrisch  begrenzt  sind,  d.  h.  in 
regelmässiger  Gestalt  sich  bieten;  so  kommen  diese  Individuen 
doch  meist  so  klein,  und  dann  zu  Haufwerken  der  verschieden- 
sten Art  vereinigt  vor,  dass  das  Einzelne  nicht  zu  erkennen  ist. 
Die  gleichsam  gesonderten  imd  bestimmbaren  Einzelwesen,  die 
von  Ebenen  begrenzt  auftretenden  Gegenstände  des  Mineral- 
reichs, werden  deshalb  Jcrystallisirte  Mineralien  oder  Kry stalle 
genannt,  während  die  Hautwerke  von,  ihrer  Gestalt  nach  nicht 
bestimmbaren,  Individuen  mineralische  Massen  oder  zusam - 
mengesetzte  Mineralien  genannt  wrerden.  — 

§.  21.  Die  wissenschaftliche  Darlegung  der  Unterschiede  an 
Krystallen , hinsichtlich  ihrer  Form , w ird  Kry  Stallbeschreibung 
(Krystallographie)  genannt.  — Wie  jeder  Theil  der  Naturge- 
schichte, zerfällt  auch  die  Krystallographie,  in  die  Terminologie 
und  in  die  Anwendung  demselben,  oder  in  die  eigentliche  Kry - 
Stallbeschreibung  (in  die  Charakteristik  der  Krystaile). 


I 


10  Stereometrische  Kennzeichen. 

Terminologie. 

§.  22.  An  den  Krystallen  bemerkt  man  Flachen,  Kan- 
ten und  Ecken.  Die  Neigung  der  Flächen  nämlich  nennt  man 
hauten , und  Ecken  die  Punkte,  in  welchen  sich  3 und  mehrere 
Flächen  berühren. 

§.  23.  Um  die  Gleichwertigkeit  oder  Verschiedenheit  die- 
ser Theile  an  einem  oder  mehreren  Krystallen  nachweisen  zu 
können,  nimmt  man  noch  zu  Linien  seine  Zuflucht,  die  man 
durch  den  Mittelpunkt  einer  Krystallgestalt  annimmt.  Eine  solche 
Linie  muss  immer  die  Eigenschaft  besitzen  , dass  sich  die  Ge- 
stalt daran  wie  um  eine  Axe  drehen  lässt,  weshalb  sie  auch 
eine  Axe  des  Krystalls  genannt  wird. 

Flächen . 

§.  21.  Bei  weitem  nicht  alle  möglichen  Flächen  kommen 
an  den  Krystal  1 gestalten  vor,  sondern  nur:  1)  alle  Arten  Drei- 
ecke■,  mit  Ausnahme  der  rechtw  inkligen ; 2)  Parallelogramme 
und  symmetrische  Trapezoide ; 3)  eine  gewisse  Art  Fünfecke 
(vier-  und  einseitige),  nie  das  regelmässige ; 4)  Sechs - und 
Mehr  ecke , stets  mit  parallelen  Seiten. 

§.  25.  Flächen  einer  und  derselben  Gestalt  sind  gleich- 
werthig  (identisch),  wenn  sie  einerlei  Lage  zum  Mittelpunkt 
des  Krystalls , oder  zu  wenigstens  drei,  nicht  in  einer  Ebene 
liegenden  Axen  des  Krystalls  haben.  Ist  mit  dieser  gleich- 
wertigen Lage,  zugleich  auch  eine  gleiche  Entfernung  vom 
Mittelpunkte  der  Gestalt  verbunden , w as  an  natürlichen  Kry- 
stallen jedoch  sehr  selten  der  Fall  ist;  dann  sind  die  krystallo- 
graphisch-identischen  Flächen  auch  geometrisch  einander  gleich 
und  ähnlich.  Bei  der  Beschreibung,  beim  Zeichnen  und  Mo- 
delliren der  Krystalle  wird,  des  bessern  Erfassens  wegen,  und 
weil  doch  auch  die  Natur  gleichsam  nach  solchem  Ziele  hinar- 
beitet , der  letztere  Fall  angenommen , d.  h.  mit  der  krystallo- 
graphischen  Eiuerleiheit.  der  Flächen,  zugleich  auch  die  geome- 
trische Aelmlichkeit  und  Gleichheit  vorausgesetzt. 

Kanten. 

§.  26.  Nach  der  Neigung  der  Flächen , die  sich  in  einer 
Kante  schneiden,  unterscheidet  man  stumpfe,  wenn  sie  sich 
unter  stumpfen  Winkeln  und  scharfe  Kanten,  wenn  sie  sich  unter 
spitzen  Winkeln  schneiden.  — Kanten  eines  Krystalls  sind  gleich 
(gleicliw  ertliig),  w enn  sie  von  gleichw  erthigen , sich  unter  glei- 
chen Winkeln  schneidenden  Flächen  erzeugt  sind.  In  Bezug  zur 
aufrechten  Stellung  einer  Axe  des  Krystalls  unterscheidet  man 
noch  ; 

§.  27,  1)  Endkanten  (Axcnkaiiten),  wenn  sie  der  aufrecht 


Krystallographie. 


11 


stehenden  Axe  anlicgen  oder  ihr  parallel  sind , und  2)  Seiten- 
oder  Randkanten,  wenn  sie  der  aufrechtstchenden  Axe  nicht 
anliegen. 

Ecken. 

§.  28.  Nach  der  Zahl  der  Flächen,  die  sich  in  einer  Ecke 
des  Krystalls  berühren,  hat  man:  drei-,  vier-,  sechs-  . . . 
flächige  Ecken.  Sind  die  Kanten,  die  in  einer  Ecke  zusam- 
menstossen , alle  gleich,  so  wird  die  Ecke  regelmässig,  und 
wenn  sie  nur  abwechselnd  einander  gleich  sind  , symmetrisch 
genannt.  Für  jeden  andern  Fall  heisst  die  Ecke  u n re  g e 1- 
mässig.  — Gleich w er thig  sind  Ecken  eines  Krystalls, 
wenn  die  Kanten , die  darin  zusammenstossen , gegenseitig 
gleich  sind.  — 

§.  29.  In  Bezug  zu  einer  aufrecht  stehenden  Axe  hat  man 
noch  : Endecken , wenn  die  betreffende  Axe  in  ihnen  endigt  und 
Seiten-  oder  Randecken , wenn  sie  der  vertikal  gedachten  Axe 
nicht  anliegen. 

Axen. 

§.  30.  Aus  jedem  Punkte  auf  der  Oberfläche  eines  Krystalls 
lässt  sich  eine  Linie,  durch  den  Mittelpunkt  der  Gestalt  gehend, 
annehmen,  d.  h.  es  sind  in  einem  Krystalle  fast  unendlich  viele 
Axen  möglich.  Behufs  der  Krystallbeschreibung  hat  man  jedoch 
nur  auf  solche  Axen  Rücksicht  zu  nehmen , die  entweder  von 
dem  Mittelpunkte  gegenüber  liegender  Flächen,  oder  von  dem 
Mittelpunkte  gegenüberliegender  Kanten,  oder  endlich  von  gegen- 
überliegenden Ecken  ausgehen.  Hiernach  hat  man : krystallo- 
graphische  Fläch  enaxen,  Kanten  axen  und  Eckenaxen. 

§.  31.  An  einer  Gestalt  sind  von  diesen  krystallographi-  * 
sehen  Axen  diejenigen  gleich,  d.  h.  mit  einanderzu  ver- 
wechseln, die  in  identischen  Theilen,  also  in  gleichen  Flächen, 
Kanten  oder  Ecken , endigen.  — Ist  eiye  krystallographische 
Axe  grösser  oder  kleiner  als  alle  übrigen  und  wird  sie,  für  die 
Beschreibung  des  Krystalls , aufrechtstehend  (vertikal)  ge- 
dacht , so  erhält  sie  den  Namen  Hauptaxe.  Alle  übrigen 
werden  dann  Neben  axen  genannt. 

Symmetriegesetz  bei  den  KrystaUen. 

§.  32.  Nur  mit  gesetzmässiger  Ausnahme  findet  man  an 
jeder  Kry  stall  gestalt  gegenüber  liegende  Flächen  , Kauten  und 
Ecken  , die  einander  gleich  sind , oder  mit  einander  ver- 
wechselt werden  können , so  dass  vermittelst  einer  Ebene 
(eines  Schnittes),  die  durch  den  Mittelpunkt  der  Gestalt  geht, 
jeder  Krystall  sich  in  zwei  g 1 e i c h w e r th  i g e und,  für  den  glück- 


12 


Stereometrische  Kennzeichen. 


liehen  Fall,  dass  die  krvstallographisch-identischen  Theile  gleich 
weit  vom  Mittelpunkte  entfernt  sind , auch  geometrisch  gleiche 
und  ähnliche  Hälften  theilen  lässt.  — Dieses  Symmetrie- 
(Ebenmaass-)  Gesetz  hebt  die  Krystallgestalten , als  eine  in  sich 
bestehende  Abtheilung  von  Körpern,  aus  der  allgemeinen  Stereo- 
metrie heraus  und  macht  es  zulässig,  einen  andern  Weg  zu  ih- 
rer Betrachtung  einzuschlageil , als  dies  für  die  Stereometrie 
sonst  möglich  ist. 

Einfache  und  zusammengesetzte  Gestalten. 

§.  33.  Eine  Krystall gestalt  ist  entweder  von  lauter  gleich- 
ircrthigen  oder  von  verschiedenen  Flächen  begrenzt.  Im  erstem 
Falle  heisst  die  Form  eine  einfache  und  für  den  letztem  eine 
Zusammengesetz t e.  Vergrössert  man  bei  einer  zusammenge- 
setzten Form,  z.  B.  in  der  Zeichnung,  die  gl eichwerthigen  Flächen, 
bis  sie  die  übrigen  überragen  und  für  sich  einen  Raum  um- 
schliessen , so  erhält  man,  namentlich  im  letztem  Falle,  für  jede 
Flächenart  eine  Gestalt,  die  jetzt  von  lauter  gleichartigen  Flä- 
chen begrenzt,  und  also  eine  einfache  Gestalt  ist.  Zuweilen 
lässt  sich  auf  diese  Weise  eine  zusammengesetzte  Gestalt  in  so 
viel  einfache  Formen  zerlegen,  als  verschiedenwerthige  Flächen 
an  ihr  wahrgenommen  werden;  häufiger  jedoch  umscliliessen  die 
gl  eichwerthigen  Flächen  einer  zusammengesetzten  Gestalt,  für  sich, 
keinen  Raum  völlig,  ja  sie  bestehen  zuweilen  nur  aus  einander 
parallelen  Flächen.  Man  nennt  sie  dann  zusammen  gehörige 
Flächen,  wiewohl  ihr  Werth  in  der  zusammengesetzten  Ge- 
stalt ganz  denjenigen  Flächen  gleich  ist,  die  für  sich  einen  Raum 
begrenzen  können.  Jede  zusammengesetzte  Gestalt , lässt  sich 
somit,  als  einen  Inbegriff  von  einfachen  Formen  oder  zusammen- 
gehörigen Flächen , d.  i.  als  eine  Comhination , von , für  sich 
einen  Raum  völlig  oder  nicht  völlig  umschliessenden , einfachen 
Gestalte^  betrachten. 

Bezeichnung  der  einfachen  und  zusammengesetzten  Formen. 

§.  34.  Da  man  die  zusammengesetzten  Gestalten  als  Inbe- 
griffe von  einfachen  Formen  oder  zusammengehörigen  Flächen, 
diese  letzteren  aber  als  Inbegriffe  von  Flächen  betrachtet,  die 
eine  gleiche  Lage  zu  dem  Mittelpunkt  einer  Gestalt  haben,  so 
hängt  die  Bezeichnung  der  Krystalle  nur  allein  von  der  Er- 
mittlung der  Lage  der  betreffenden  Flächen  ab.  Mit  der  An- 
gabe der  Lage  einer  Fläche,  muss  dann  auch  immer  eine  ein- 
fache Gestalt  selbst  bezeichnet  und  mit  der  Bezeichnung  der 
verschiedenen  einfachen  Gestalten,  die  in  einer  Comhination  vor- 
handen sind,  die  der  zusammengesetzten  Gestalt  gegeben  sein, 

§.  35.  Wie  schon  erwähnt,  wird  die  Lage  einer  Fläche 
zum  Mittelpunkte  des  Krystalls , aus  der  Lage  tzu  mindestens 


Krystallographie, 


13 


drei  nicht  in  einer  Ebene  liegenden  Axen  des  Krystalls  ermittelt. 
Es  seien  in  Fig.  2.  aa',  bb',  cc'  die  drei  zur  Ermittlung  der  Lage 
der  Flächen  zum  Mittelpunkt  der  Gestalt  gewählten  Axen ; so  ist 
leicht  einzusehen,  dass  die  Fläche  ac  (D)  die  Axe  aa'  hei  a 
und  die  Axe  cc'  bei  c schneidet , zur  Axe  bb'  aber  parallel  ist ; 
so  dass  die  Fläche  ab  die  Axe  aa'  bei  a die  Axe  bb'  bei  b 
schneidet  und  zur  Axe  cc'  parallel  ist;  so  die  Fläche  cb,  dass 
sie  die  Axe  bb'  bei  b , die  Axe  cc'  bei  c schneidet  und  zur  Axe 
aa'  parallel  ist  u.  s.  w.  Setzt  man  nun  die  Länge  der  Axen 
von  m (vom  Mittelpunkte)  bis  zu  a oder  ma  = a,  mb  = b, 
me  = c,  so  schneidet  die  Fläche  D die  Axen  in  dem  Verhält- 
nisse von  a : x b : c ; die  Fläche  ab  dieselben  in  dem  Verhält- 
nisse von  a : b : qo  c und  die  Fläche  bc  in  den  von  x a : b : c. 
Es  kann  daher  (a  : x b : c)  das  Seichen  sein  für  die  Fläche 
D,  (a  : b : x : c)  das  Zeichen  für  die  Fläche  ab  und  (cc  a : 
b : c)  das  Zeichen  für  die  Fläche  bc.  Da  nun  aber  die  Axen 
untereinander  gleich  sind,  was  man  aus  einer  Messung  der  Nei- 
gungswinkel der  Flächen  finden  kann,  so  muss  auch  a = b = c 
sein  und  folglich  auch  (a  : ao  b : c)  = (a  : b : oo  c)  = (qo 
a : b : c)  = a : a : qo  a).  Hieraus  sieht  man,  dass  die  Ge- 
stalt eine  einfache  ist,  indem  die  Flächen  eine  identische  Lage 
zum  Mittelpunkte  haben,  und  diese  also  durch  (a  : a : x a)  aus- 
gedrückt werden  kann.  Es  seien  weiter  in  Fig.  4 aa' , bb',  cc' 
die  drei  krystallographischen  Axen,  so  hat  die  Fläche  aqr  die 
Lage,  dass  sie  die  Axe  a und  die  Axe  c schneidet,  letztere  je- 
doch erst,  wenn  die  Axe  c und  die  Fläche  verlängert  werden; 
zu  bb'  ist  sie  parallel.  Ist  nun  ma  = a,  mb  = b und  drückt 
man  die  in  der  Richtung  von  m c verlängerte  Axe  durch  n c 
aus , so  schneidet  die  Fläche  aqr  die  drei  Axen  in  dem  Verhält- 
nisse von  a : x b : n c.  Aehnliche  Ausdrücke  wird  man  für 
die  übrigen  Flächen  finden , und  da  auch  hier  wieder  die  Axen 
gleich  sind , so  muss  der  Körper  durch  (a  : na:  x a)_  ausge- 
drückt werden. 

§.  36.  In  den  meisten  Fällen  reicht  zur  Bestimmung  der 
Lage  einer  Fläche  und  respective  Bezeichnung  einer  Gestalt  die 
Annahme  von  drei  krystallographisciien  Axen  aus,  und  dabei 
können  nur,  wenn  man  das  Verhältniss  der  Axen-Enden,  vom 
Mittelpunkte  aus  gerechnet,  durch  a : b : c ausdrückt,  folgende 
drei  Fälle  Vorkommen  : 1)  die  Fläche  schneidet  eine  Axe  und 
ist  zu  allen  übrigen  parallel ; 2)  sie  schneidet  zwei  Axen  und 
ist  zu  der  dritten  parallel ; oder  3)  sie  schneidet  alle  drei  Axen. 
Den  ersten  Fall  kann  man  allgemein  durch  (a  : x b : x c), 
den  zweiten  durch  (a  : nb  : ® c) , und  den  dritten  durch  (a  : 
mb  : n c)  ausdrücken  und  mit  diesen  Ausdrücken  also  auch  die 
betreffenden  Gestalten  bezeichnen.  Dies  Verhältniss  der  Axen, 
so  wie  die  ihnen  etwa  zukommenden  Loefficienten,  bestimmt  man 
stets,  mit  Hülfe  der  Trigonometrie , aus  der  Neigung  der  Flä- 
chen zu  einander.* 


li 


Stereometrische  Kennzeichen. 


Homoedrie  und  Ilcmicdrie. 

§.  37.  Das  Symmetriegesetz  der  Krystalle  erfordert  es, 
dass  eine  Flächenart  so  oft  an  einer  KrystalJ gestalt  vorkomme, 
als  Lagen  von  Flächen  derselben  Art  um  den  Mittelpunkt  des 
Krystalls  möglich  sind.  Diese  Gesetzmässigkeit  findet  jedoch  , 
namentlich  bei  einfachen  Gestalten  eine  Ausnahme,  die  sich, 
wenn  man  die  abwechselnden  Flächen,  Flächengruppen  u.  s.  w. 
für  sich  an  ihnen  vergrössert,  bis  sie  sich  gegenseitig  schnei- 
den, in  zwei,  sich  wie  rechts  und  links  verhaltende  gleiche  und 
ähnliche  Formen  zerlegen  lassen.  Gestalten  der  letztem  Art, 
die  also , gegen  die  Formen , von  welchen  sie  abstammen, 
nur  die  Hälfte  der  Flächen  aufzuweisen  haben,  nennt  man  he- 
mied rische  Formen  (Hälft-Flächner),  während  man  die,  deren 
Flächen  vollzählig  sind , ho moed rische  nennt. 

Bestimmung  der  Neigungswinkel  an  den  Krystallen . 

§.  38.  Die  Bestimmung  der  Neigung  der  Flächen  zu  ein- 
ander , d.  i.  die  Ermittlung  der  Neigungs-Winkel  oder 
Kantengrösse,  ist  für  die  trigonometrische  Bestimmung  des 
Axenverhältnisses  und  ihrer  Lage  unumgänglich  nöthig.  Diese 
Neigmig  der  Flächen  wird  mittelst  eigner  Instrumente  gemessen, 
die  man  Winkelmesser  (Goniometer)  nennt.  Es  sind  davon 
zwei  im  Gebrauch,  nämlich  das  Anlege-Goniometer  von 
Jlauy  und  das  Reflexion s- Goniometer  von  Wollaston. 

§.  39.  Das  erstere  besteht  in  zwei  Linialen,  wovon  das 
eine  die  Sehne  eines  getheilten  Halbkreises  darstellt,  während 
das  andere  sich , im  Mittelpunkte  des  Kreises  , wenigstens  tun 
180°  drehen  lässt.  Beim  Messen  einer  Kantengrösse  legt  man 
das  eine  Linial  fest  an  die  eine  Fläche  an  luid  drehet  das  an- 
dere bis  es  an  der  zweiten  Fläche  ebenfalls  anliegt.  Am  Halb- 
kreise liest  man  dann , an  der  Stelle  nämlich , wo  die  Seite  des 
beweglichen  und  verlängerten  Linials  steht,  die  Grade  ab,  die 
dann  die  Neigung  der  beiden  Flächen  unmittelbar  abgeben.  Es 
versteht  sich  hierbei  von  selbst,  dass  die  Schenkel  der  beiden 
Liuiale,  indem  sie  den  Flächen  anliegen,  senkrecht  zu  der  zu 
messenden  Kante  sind.  — Dieses  Anlege-Goniometer  gewährt 
nur  eine,  höchstens  bis  zu  V2  Grad  gehende  Genauigkeit.  — 

§.  40.  Das  Goniometer  von  Wollaston  stützt  sich  darauf, 
dass  die  Flächen  der  natürlichen  Krystalle  glänzend  und  spie- 
gelnd sind.  Das  Instrument  hat  nun  die  Einrichtung  , dass  an 
einer  horizontalen  Axe  der  Krystall  so  befestigt  werden  kann, 
dass  die  zu  messende  Kante,  parallel  der  Axe  des  Instrumentes  ; 
ist.  Mittelst  der  Axe  lässt  sich  zugleich  ein  in  Graden  und 
Minuten  getheilter  Kreis  bewegen.  Lässt  man  nun  auf  der  einen 
Fläche  ein  Bild,  z.  B.  ein  Fenster  auf  eine  bestimmte  Weise 


Kristallographie. 


15 


sich  abspiegeln , und  drehet  man  dann  an  der  Axe,  bis  das 
Bild  sich  ebenso  auf  der  andern  Fläche  spiegelt,  so  muss  die 
Bewegung , die  man  mittelst  eines  Nonius  am  Instrumente  nach 
Graden  und  Minuten  ablesen  kann,  der  Nebenwinkel  des 
Neigungswinkels  der  beiden  Flächen  sein.  Dieses  Goniometer 
gewährt,  bei  einiger  Hebung,  eine  ausreichende  Genauigkeit, 
um  aus  den  erhaltenen  Resultaten  die  trigonometrischen  Bestim- 
mungen der  Axen  etc.  vornehmen  zu  können. 

Kristallsysteme . 

§.  41.  Untersucht  man  die  einfachen,  wie  die  zusammen- 
gesetzten Gestalten,  auf  die  Axen,  die  mindestens  angenommen 
werden  müssen , um  die  Lagen  der  Flächen  zum  Mittelpunkte 
des  Kry stalls  darnach  angeben  zu  können,  so  findet  man,  dass 
drei,  höchstens  vier  Axen,  die  nicht  in  einer  Ebene  liegen,  hierzu 
ausreichen , w obei  nur  folgende  sechs  Fälle , theoretisch , wie 
der  Erfahrung  gemäss , möglich  sind : 

I.  Drei  Axen,  alle  senkrecht  zu  einander  und  gleichverthig. 

II.  Drei  Axen,  alle  senkrecht  zu  einander,  aber  nur  zwei 
gleiclrwerthig , die  dritte  grösser  oder  kleiner;  oder  eine 
Hauptaxe  und  zw  ei  zu  derselben  senkrechte,  gleichw  erthige 
Nebenaxen. 

III.  Drei  Axen,  alle  senkrecht,  aber  alle  ungleich;  oder  eine 
Hauptaxe  und  zwei  zu  ihr,  wie  untereinander  selbst,  senk- 
rechte , aber  ungleiche  Nebenaxen. 

IV.  Vier  Axen , eine  Hauptaxe  und  drei  zu  derselben  senkrechte, 
unter  sich  aber  unter  Winkeln  von  60°  geneigte,  gleicii- 
w erthige  Nebenaxen. 

V.  Drei  Axen,  eine  Hauptaxe  und  zwrei  Nebenaxen;  die  letz- 
tem sind  senkrecht  zu  einander,  während  nur  eine  davon 
senkrecht  und  die  andere  unter  schiefem  Winkel  zur  Haupt- 
axe geneigt  ist. 

VI.  Drei  Axen;  alle  ungleichwerthig  und  alle  unter  verschiede- 
nen schiefen  Winkeln  zu  einander  geneigt. 

§.  42.  Da  die  Erfahrung  nun  zur  Genüge  gelehrt  hat, 
dass  Mineralien,  die  zu  einer  Mineralgattung  gehören,  stets 
nur  in  Gestalten  auftreten,  an  denen  völlige  Uebereinstimmung  der 
krystallographischen  Axen  vorhanden  ist : so  hat  man  sämmt- 
liche  Krystalle  für  Grösse,  Länge  und  Anzahl  der  an  ihnen 
anzunehmenden  Axen  in , den  obigen  Fällen  entsprechende , 
sechs  Abtheilungen  gebracht,  w ovon  von  Weiss  zuerst  jede  ein 
Krystallsystem  genannt  worden  ist,  die,  nach  Weiss  und  in 
obiger  Ordnung,  wie  folgt,  bezeichnet  worden  sind. 

I.  Regelmässiges  Krystallsystem. 

II.  Zwei-  und  einaxiges  Krystallsystem. 

III.  Ein-  und  einaxiges  Krystallsystem. 


16 


Stcreometrische  Keimzeichen. 


IV.  Drei-  und  einaxiges  jirystal  1 system. 

V.  Zwei-  und  eingliedriges  Kryst  all  System. 

VI.  Ein-  und  einglied  ri  ge s Kry  stallsystem. 

§.  43.  Nur  das  regelmässige  System  schliesst  jedes  beson- 
dere Verhältniss  der  Axen  aus;  die  übrigen  Systeme  hingegen 
stellen,  wegen  der  Ungleichwerthigkeit  von  wenigstens  einer 
Axe  gegen  die  übrigen,  Inbegriffe  von  so  viel  besondern  Axen- 
verhältnissen  dar,  als  Verschiedenheiten  der  Axen  untereinander 
statt  finden  können.  Wie  die  Erfahrung  gelehrt  hat,  treten  je- 
doch immer  nur  solche  einfache  Gestalten  miteinander  in  Com- 
bination,  die  sich  auf  ein  bestimmtes  Axenverhältniss  zurück- 
führen lassen,  d.  i.  von  einem  Axengrundverhältnisse  nur  durch 
einfache  und  rationale , ganze  oder  gebrochene  Vorzahlen  für 
die  betreffenden  Axen  abweichen. 

§.  44.  Indem  wir  jetzt  nun  zur  Beschreibung  der  Krystalle 
übergehen , w ollen  wir  die  einfachen  Gestalten  , geschlossene , 
wie  nicht  geschlossene,  (die  zusammengehörigen  Flächen)  sy- 
stemsweise aufzählen  und  hiernach  zu  der  Anwendung  auf  die 
zusammengesetzten  Formen  übergehen. 

Von  den  einfachen  Gestalten  der  verschiedenen  Systeme. 

I.  Regelmässiges  System . 

§.  45.  An  den  hierher  gehörigen  Gestalten  lassen  sicli  drei 
zu  einander  senkrechte  und  gleiche  Axen  aulfinden.  Die  Flä- 
chen sind  entweder  syimnetrisch- vollzählig  vorhanden , d.  h.  an 
jeder  Gestalt  finden  sich  so  viel  Flächen,  als  an  derselben  in  der 
gleichen  Lage  zu  den  Axen  möglich  sind  (homoedrische  For- 
men),  oder  nur  die  halbe  Anzahl , indem  entweder  die  abwech- 
selnden Flächen , oder  gewisse  Flächen  gruppen  an  den  liomoe- 
drischen  Gestalten , durch  die  andere  Hälfte  der  Flächen  ver- 
drängt worden  sind  (hemiedrisclie  Formen).  Die  Namen  der 
Formen  werden  aus  der  Zahl  und  der  Gruppinmg  der  Flächen 
gebildet.  Selten  gebraucht  man  aus  der  Stereometrie  stammende 
Benennungen.  Bei  der  Beschreibung  (wie  in  den  Zeichnungen) 
stellt  man  eine  Axe  senkrecht  und  die  zweite  dem  Beobachter 
zugekehrt. 

A.  Homoedrische  Formen . 

§.  46.  1)  Der  Würfel  (Hexaeder).  Fig.  1.  Er  hat  G 

Flächen,  12  Kanten  und  8 Ecken.  Die  Flächen  sind  Quadrate, 
die  eine  Axe  schneiden  und  zu  den  übrigen  parallel  sind;  ihr 
Zeichen  oder  das  der  Gestalt  ist  somit  = a . oo  a : oo  a.  Die 
Kanten  sind  rechtwinklich ; die  Ecken  dreiflächig,  regelmässig. 

§.  47.  Der  Zwölfflächner  (Dodecaeder).  Fig.  2.  Er  hat 
12  Flächen , 24  Kanten  und  14  Ecken.  Die  Flächen  sind  Rhom- 


Krystallographie. 


17 


ben,  die  zwei  Axen  gleichmässig  schneiden  und  zur  dritten  pa- 
rallel sind;  das  Zeichen  desselben  ist  daher  =s=  a : a : x a. 
‘Die  Kanten  sind  gleich  und  messen  120°.  Die  Ecken  sind 
zweierlei  Art : 6 vierfiächige  und  8 dreiflächige,  alle  regelmässig. 

§.  48.  3)  Der  Achtflächner  (Octaeder).  Fig.  3.  Er  hat 
8 Flächen,  12  Kanten  und  6 Ecken.  Die  Flächen  sind  gleich- 
seitige Dreiecke,  die  alle  drei  Axen  gleichmässig  schneiden. 
Das  Zeichen  der  Gestalt  ist  daher  = a : a : a.  Die  Kanten 
sind  alle  gleich,  109°  28'  messend.  Die  Ecken  sind  gleich, 
vierflächig  und  regelmässig. 

§.  49.  4)  Die  Viermalsechsflächner  (Tetrakishexaeder). 
4.  Sie  haben  24  Flächen , 36  Kanten  und  14  Ecken.  Die 
Flächen  sind  gleichschenkliche  Dreiecke , die  zwei  Axen , die 
eine  stärker  als  die  andere,  schneiden  und  zur  dritten  Axe  pa- 
rallel sind.  Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  = a : n a : x a. 
(Das  der  Fig.  4 ist  = (a  : 2 a : x a).  Die  Kanten  sind  zweier- 
lei Art:  12  längere,  F,  und  24  kürzere,  G.  Die  Ecken  sind 
ebenfalls  von  zweierlei  Art : 6 vierflächige,  regelmässige  und  8 
sechsflächige,  symmetrische.  Man  kennt  vier  Arten  Viermal- 
sechsflächner , deren  Zeichen  sind : 

1)  a : 3/2  a : x 


Fig. 


a; 

2)  a : 2 a : x a ; 

3)  a : 5/2  a : x a und 

4)  a : 3 a : oo  a. 

Die  Flächen  neigen  sich 


bei  der  Isten  Art  unter 
„ „ 2ten  „ ,, 

3 *.  ..  .. 


Die 


Fig. 


F. 

157°  23' 
1430  8' 
1330  36' 
1260  52' 
Vierundzwanzigflächner 


in  den  Kanten 
G. 

1330  49' 
143°  8' 
1490  33' 
1540  9' 
(Ikositetraeder). 


§.  50.  5) 

5 und  6.  Sie  haben  24  Flächen,  48  Kanten  und  26  Ecken. 
Die  Flächen  sind  symmetrische  Trapezoide,  die  drei  Axen  schnei- 
den, die  eine  aber  stärker,  als  die  beiden  übrigen.  Ihr  allge- 
meines Zeichen  ist  daher  = a : na  : na  (=  Va  a : a : a). 
Die  Kanten  sind  von  zweierlei  Art:  24  längere,  D,  und  24 
kürzere , F.  Die  Ecken  sind  dreierlei  Art : 6 vierflächige , re- 
gelmässige, 12  vierflächige,  symmetrische  und  8 dreiflächige 
regelmässige.  Man  kennt  bis  jetzt  zwei  Arten  Vierundzwanzig- 
flächner , nämlich  das  Leucitoeder  Fig.  5.  = a : 2a  : 2a  und 
das  Leucitoid  Fig.  6.  = a : 3 a : 3 a.  Die  Neigung  der 
Flächen  ist  in  den  Kanten 

D.  F. 

bei  der  Isten  Art  = 131°  49'  14 6°  27' 

„ „ 2ten  ..  = . . . 144°  54'  129°  31' 

§.  51.  6)  Die  Dreimalachtflächner  (Triakisoctaeder).  Fig.  7. 
Sie  haben  24  Flächen,  36  Kanten  und  14  Ecken.  Die  Flächen 

Geigers  Pharrnacie . 11  1.  (2 le  Aufi.)  2 


18 


Stereometrische  Kennzeichen. 


sind  gl  eich  schenk  liehe  Dreiecke,  die  drei  Axen  schneiden, 
zwei  aber  stärker  als  die  dritte ; ihr  allgemeines  Zeichen  ist 
daher  = a : a : n a.  Die  Kanten  sind  zweierlei  Art : 12  län- 
gere, D,  und  24  kürzere,  G.  Die  Ecken  sind  ebenfalls  zweier- 
lei Art : 6 achtflächige , symmetrische  und  8 dreiflächige , regel- 
mässige. Man  kennt  bis  jetzt  zwei  Arten  von  Dreimalacht- 
flächnern, deren  Zeichen  sind  : 1)  a : a : 2 a und  2)  a : a : 3 a. 
Die  Neigung  der  Flächen  ist  in  den  Kanten 

D.  G. 

bei  der  lsten  Art  = , . . 141°  3'  *52°  44/ 

n n 2t™  » = . . . 1530  28'  1420  8' 

§•  52.  7)  Die  Achtundvierzigflächner  (Sechsmalachtfläch - 
11er,  Hexakisoctaeder).  Fig.  8.  Sie  haben  48  Flächen,  72  Kan- 
ten und  26  Ecken.  Die  Flächen  sind  ungleichschenkliche  Drei- 
ecke, die  die  drei  Axen,  aber  sämmtlich  migleich,  schneiden. 
Ihr  allgemeines  Zeichen  muss  daher  sein  = a : m a : n a.  Die 
Kanten  sind  dreierlei  Art : 24  längere , D , 24  mittlere , F und 
24  kürzere,  G.  Die  Ecken  sind  ebenfalls  dreierlei  Art:  6 acht- 
flächige, symmetrische,  8 sechsflächige,  symmetrische  und  12 
vierflächige  , symmetrische.  Man  kennt  fünf  Arten  von  fol- 
genden Zeichen:  1)  2a  : 3a  : 6a;  2)  3a  : 4a  : 12a-  3) 
a : 2 a : 4 a ; 4)  3 a : 7 a : 21  a und  5)  15  a : 33  a : 55  a. 
Die  Neigung  der  Flächen  ist  in  den  Kanten 


bei  der  lsten  Art 

— 

D. 

1490  o' 

F 

158°  13' 

G. 

1580  13' 

77  77  2ten 

77 

= 

157°  23' 

164«  3' 

1470  48' 

77  77  ^ „ 

77 

1540  47' 

1440  3/ 

1620  15' 

77  77  4 „ 

77 

= 

1650  2' 

136°  47' 

1580  47' 

77  77  & 77 

77 

= 

1520  17' 

1400  9' 

1660  57' 

B. 

Hemiedrisclie  Formen . 

§.  53.  1)  Der  Halbochtflächner  (Xlemioctaeder,  Tetraeder), 
rig.  9 und  10.  Er  hat  4 Flächen.  0 Kanten  und  4 Ecken.  Die 


Flächen  sind  gleichseitige  Dreiecke 


und  entsprechen  den  ab- 


Fig. 


wechselnden  Flächen  (den  Flächen  0 oder  den  Flächen  0 
3.)  des  Achtflächners.  Der  normalen  Stellung  des  Achtflächners 
(big.  3.)  entsprechen  daher  (wie  bei  allen  der  Hemiedrie  fähi- 
gen Gestalten)  2 Halbachtflächner  (Fig.  9.  und  10.),  die  nur  in 
der  Stellung  verschieden  sind  und  durch  r 1 , (a  : a : a) 
Fig.  9.  und  l y2  (a  : a : a)  Fig.  10.  unterschieden  oder  be- 
werden  können.  Die  Kanten  sind  gleich  und  messen 
70  32  . Die  Ecken  sind  dreiflächig  und  gleich. 

§.  54.  2)  Die  ilalbvierundzwanziyfläclmer  (Hemiikosite- 
traeder,  Pyramidentetraeder).  Fig.  11.  Sie  haben  12  Flächen, 
iS  Kanten  und  8 Ecken.  Die  Flächen  sind  gleichschenkliche 
Dreiecke,  die  den  Flächen  der  abwechselnden  dreiflächigen  re- 
gelmässigen Ecken  eines  Vierundzwanzigflächners  entsprechen. 


Krystallographie. 


19 

Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  % (a  : na  : n a).  Die  Kan- 
ten sind  zweierlei  Art:  12  schärfere  und  längere,  X,  und  12 
stumpfere  und  kürzere,  F.  Die  Ecken  sind  ebenfalls  zweierlei 
Art:  4 dreiflächige,  regelmässige  und  4 vierflächige , symmetri- 
sche. Man  hat  zwei  Arten  von  Pyramidentetraedern  beobachtet, 
deren  Zeichen  sind  : 1)  y3  (a : 2 a : 2 a)  und  2)  */2  (a : 3 a : 3 a) 
Die  Neigung  der  Flächen  ist  in  den  Kanten 

X.  F. 

bei  der  lsten  Art  = . . 109»  28'  146«  27' 

„ „ 2ten  „ = . . . 1290  31'  1290  31' 

§.  55.  3)  Die  Halbdreimalachiflächner  (Hemitriakisoctae- 
der).  Fig.  12.  Sie  haben  12  Flächen , 24  Kanten  und  10  Ecken. 
Die  Flächen  sind  symmetrische  Trapezoide , die  den  Flächen  der 
abwechselnden  dreiflächigen  Ecken  eines  Dreimalachtflächners 
entsprechen.  Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  y3  (a  : a : na). 
Die  Kanten  sind  zweierlei  Art : 12  schärfere  und  längere , X , 
und  12  stumpfere  und  kürzere , G.  Die  Ecken  sind  zweierlei 
Art : 4 dreiflächige , regelmässige  und  6 vierflächige , symmetri- 
sche. Man  kennt  nur  eine  Art,  deren  Zeichen  — y3  (a  : a : 2 a) 
ist.  Die  Flächen  neigen  sich  bei  denselben 

in  den  Kanten 
X.  G. 

unter 90°  152°  44' 

§.  56.  4)  Die  HalbacMundvierzufflächner  (Halbsechsmal- 
aclitflächner , Hemihexakisoctaeder).  Fig.  13.  Sie  haben  24 
Flächen,  36  Kanten  und  14  Ecken.  Die  Flächen  sind  ungleich- 
schenkliche  Dreiecke,  und  entsprechen  den  Flächen  der  abwech- 
selnden sechsflächigen  Ecken  eines  Achtundvierzigflächners.  Ihr 
allgemeines  Zeichen  ist  also  = J/2  (a  : m a : n a).  Die  Kanten 
sind  zweierlei  Art:  12  schärfere,  X,  12  längere,  stumpfere,  F, 
und  12  kürzere,  stumpfere,  G.  Die  Ecken  sind  ebenfalls  dreierlei 
Art:  4 sechsflächige,  symmetrische,  die  dem  Mittelpunkte  der 
Flächen,  6 vierflächige,  symmetrische,  die  dem  Mittelpunkte  der 
Kanten  und  4 sechsflächige , symmetrische , die  den  Ecken  des 
Tetraeders  entsprechen.  Man  kennt  zwei  Arten,  die  folgende 
Zeichen  haben  : 1)  r/i  (2  a : 3 a : 6 a)  und  2)  y2  (3  a :5a : 15a). 
Die  Neigung  der  Flächen  ist 

in  den  Kanten 

X.  F.  G. 

bei  der  lsten  Art  = lioo  55'  158°  13'  158»  13' 

„ „ 2ten  = 1220  53'  152°  20'  1520  20' 

§.  57.  5)  Die  Halbviermalsechsflächner  (Hemitetrakis- 
hexaeder,  oder  Pentagondodecaeder).  Fig.  14.  Sie  haben  12 
Flächen,  36  Kanten  und  20  Ecken.  Die  Flächen  sind  symme- 
trische (vier-  und  einseitige)  Fünfecke/  welche  die  abwechselnden 
und  für  sich  vergrösserten  Flächen  eines  Viermalsechsflächners 
darstellen.  Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  = y2(a: na : ® a). 


20 


Stereometrische  Kennzeichen. 


Die  Kanten  sind  von  zweierlei  Art:  0,  Y,  die  den  Flächen  des 
Würfels,  und  24,  Z,  wovon  je  drei  den  Flächen  des  Achtfläch- 
ners entsprechen.  Die  Ecken  sind  ebenfalls  zweierlei  Art : 12 
dreiflächige,  unregelmässige , und  8 dreiflächige,  regelmässige. 
Es  kommen  mehrere  Halbviermalsechsfläckner  vor,  wovon  die 
bekanntesten  folgende  Zeichen  haben:  1)  */2  (a  : 2a  : x a); 
2)  */a  (a  : Vj  a : x a)  und  3)  >/*  (a  V2  a : x a).  Die  Nei- 
gung der  Flächen  ist  in  den  Kanten 

Y.  Z. 

hei  der  lsten  Art  = . . 126°  52'  1130  35' 

„ „ 2ten  „ = . . 1120  37'  117°  29' 

n n 3 » „ = . . 1060  16'  118°  41' 

§•  58.  6)  Die  Ilalbachtmalsechsflächner  (Hemioctokishex- 
aedeij.  big.  15.  Sie  haben  24  Flächen,  48  Kanten  und  26 
Ecken.  Die  Flächen  sind  frapezoide  mit  dreierlei  Seiten,  wo- 
von die  gleichen  Seiten  aneinander  stossen.  Sie  entsprechen  den 
abwechselnden  Flächen  der  symmetrischen  sechsflächigen  Ecken 
eines  Achtundvierzigflächners,  jedoch  in  der  einen  Gruppe  dieser 
Flächen  den  rechtsliegenden,  und  in  der  andern  den  linkslie^en- 
den.  Ihr  allgemeines  Zeichen  würde  daher  sein  : l/2  (a  :111a:  na); 
um  sie  aber  von  den  Halbachtundvierzigflächnern  zu  unter- 
scheiden , setzt  Rose  noch  vor  diesen  Ausdruck  das  Zeichen  1. 
Die  Kanten  sind  dreierlei  Art:  12  kürzere,  Y,  wovon  je  zwei 
einer  Würfelfläche,  12  längere,  V,  die  den  Flächen  des  Penta- 
gondodecaeders  und  24  mittlere,  Z,  die  den  Octaederflächen  ent- 
sprechen. Die  Ecken  sind  ebenfalls  dreierlei  : 6 vierflächige, 
symmetrische,  12  vierflächige,  unregelmässige,  und  8 dreiflächige’ 
regelmässige.  Man  kennt  bis  jetzt  drei  Arten  von  Halbachtmalsechs- 
flächnern, deren  Zeichen  folgende  sind:  1)  J % (2  a :3a  :6a); 

2)  J V2  (2  a : 4 a : 8 a)  und  3)  + ’/j  (a  : 5 a : 15  a).  Die 
Neierunff  der  Flächen  derselben  ist  r 


bei  der  lsten  Art  = 


2ten 
3 „ 


V. 

1490  0' 

1540  46' 
16()o  32' 


in 


den  Kanten 
Y. 

1150  23' 
1280  15' 
1180  59' 


Z. 

1410  47' 
1310  49' 
1310  5' 


II.  Zwei-  und  einnxiges  System. 


§.  59.  An  allen  in  dieses  System  gehörigen  Gestalten , 
lassen  sich  drei  zu  einander  senkrechte  Axen  wahrnehmen , wo- 
von  c*lie  ‘iher  grösser  oder  kleiner,  als  die  beiden  übrigen 
d.  h.  denselben  luigleich  ist.  Diese,  an  allen  Formen  nur  ein- 
mal voi kommende  Axe , wird  als  die  Honptaxe  angesehen,  wo- 
durch die  beiden  gleichwertigen  zu  Nebenaxcn  werden.  Die 
lfauptaxe  erhält  das  Zeichen  c und  jede  der  beiden  Nebenaxen 
das  Zeichen  a.  W egen  der  Ungleichheit  der  Ilauptaxe  gegen 


Rrystallographie. 


21 


die  Nebenaxen , ist  die  Fläche  (c  : x a : x a)  nicht  identisch 
mit  den  Flächen  (oo  c : a : x a),*  (x  c : x a:a)  und  ebenso 
(c  : a : 2a),  (c  : 2a  : a)  nicht  identisch  mit  (2  c : a : a)  u. 
s.  w.  Daher  können  die  einfachen  Gestalten  dieses  Systems,  so 
wie  die  aller  Systeme  hauptaxiger  Formen  nicht  nur  nicht  so 
flächenreich  sein,  als  die  des  regelmässigen  Systems,  sondern 
sie  müssen  auch  einfache  Gestalten  mit  enthalten,  die  für  sich 
den  Raum  nicht  völlig  umschliessen.  Weiter  darf  man  nicht 
vergessen,  dass  das  mit  c : a : a ausgedrückte  Axenverhältniss 
durchaus  allgemein  ist,  d.  h.  es  ist  bei  jeder  dadurch  bezeich- 
neten  Gestalt,  zuvor  noch  der  Werth  oder  das  Verhältniss  zwi- 
schen c und  a zu  ermitteln. 

Ä.  Nomoedrische  Formen. 

§.  60.  1)  Die  zwei  zur  Hauptaxe  senkrechten  und  zu 
den  übrigen  Axen  parallelen  Flächen  = c : x a : x a. 
Fig.  27.  c. 

§.  61.  2)  Die  vier  zur  Hauptaxe  und  zu  einer  der 
Nebenaxen  parallelen,  zur  andern  Nebenaxe  aber  senkrech- 
ten Flächen  — x c : x a : a.  Fig.  27.  a;  a,  . . . 

Beide  Flächenarten  stellen,  zu  einer  Combinationsgestalt 
vereinigt,  eine  quadratische  Säule  dar,  bei  der  die  Nebenaxen 
in  den  Mittelpunkt  der  Seitenflächen  fallen.  Fig.  27. 

§.  62.  3)  Die  Quadratachtflächner  (Quadratoctaeder).  Fig. 
28.  Sie  haben  8 Flächen,  12  Kanten  und  6 Ecken.  Die  Flächen 
sind  gleiciischenkliche  Dreiecke,  die  die  Hauptaxe  und  eine  der 
Nebenaxen  schneiden , während  sie  zur  zweiten  Nebenaxe  pa- 
rallel sind.  Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  = e : a : x a. 
Die  Kanten  sind  zweierlei  Art  : 8 Endkanten  und  4 Seitenkan- 
ten. Die  Ecken  sind  ebenfalls  zweierlei : 2 Endecken  und  4 
Seitenecken. 

Es  kommen  sehr  viele  Quadratachtflächner  vor,  die  sich  in  dev 
Neigung  der  Flächen,  d.  i.  in  dem  Verhältnisse  der  Hauptaxe 
zur  Nebenaxe  unterscheiden.  Je  nachdem  die  Hauptaxe  grösser 
oder  kleiner  ist,  als  die  Nebenaxen,  unterscheidet  man  noch 
spitze  oder  stumpfe  Quadratachtfläehner. 

§.  63.  4)  Die  vier  zu  den  beiden  Nebenaxen  geneigten 
und  zur  Hauptaxe  parallelen  Flächen . Fig.  29.  g,  g.  . = 
x c : a : a.  Sie  stellen  die  Seitenflächen  einer  quadratischen 
Säule  dar , die  nur , indem  die  Nebenaxen  in  den  Mittelpunkt 
der  Kanten  fallen,  in  der  Stellung  von  den  unter  2)  bezeichne- 
ten  Flächen  verschieden  sind. 

§.  64.  5)  Die  Quadratachtfläehner , deren  Flächen  aUe 
drei  Axen  schneiden , und  deren  Zeichen  somit  = c : a : a 


22 


Stereometrische  Kennzeichen. 


ist.  Fig.  30.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  vorhergehenden 
Quadratachtflächnern  nur  in  der  Stellung. 

§.  65.  6)  Die  acht  zur  Hauptaxe  parallelen  und  zu  den 
zwei  Nebenaxen  ungleich  geneigten  Flächen.  — cc  c : a : n a. 
Sie  stellen  die  Seitenflächen  einer  achtseitigen  Säule  dar,  deren 
Kanten  nur  abwechselnd  gleich  sind.  Fig.  31.  2g... 

§.  66.  7)  Die  Zw  eimalacht fläckncr  (Dioctaeder).  Fig.  32. 
Sie  haben  16  Flächen , 24  Kanten  und  10  Ecken.  Die  Flächen 
sind  ungleichsckenkliche  Dreiecke , die  die  Hauptaxe  und  die 
beiden  Nebenaxen,  die  letztere  jedoch  ungleich  schneiden.  Ihr 
allgemeines  Zeichen  ist  daher  = c : a : n a.  Die  Kanten  sind 
dreierlei  Art : 16  nur  abwechselnd  gleiche  Endkanten  und  8 
gleiche  Seitenkanten.  Die  Ecken  sind  ebenfalls  dreierlei  Art: 
2 Endecken  und  zweierlei  abwechselnd  gleiche  Seitenecken. 

Zweimalachtflächner  hat  man  bis  jetzt,  für  sich,  nicht 
beobachtet  und  in  Verbindung  mit  andern  Gestalten  kommen  sie 
ebenfalls  nur  selten  vor. 

B.  Hemiedrische  Formen. 

§.  67.  In  diesem  Systeme  kommen  nur  Halbquadralaclit- 
flächner  (zwrei-  und  einaxige  Tetraeder)  als  hemiedrische  Ge- 
stalten vor.  Sie  entstehen  den  Halbaehtflächncrn  des  regel- 
mässigen Systems  ähnlich,  nämlich  indem  sich  die  abwechseln- 
den Flächen  eines  Quadratachtflächners  so  w eit  vergrössern,  bis 
sie  für  sich  einen  Raum  lunschliessen.  Ihr  allgemeines  Zeichen 
ist  daher  r oder  1 */2  (c  : a : a)  (oder  ya  (c  : a : x a). 

Sie  haben  4 Flächen , 6 Kanten  und  4 Ecken.  Die  Flächen  sind 
gleichschenkliche  Dreiecke.  Die  Kanten  sind  von  zw  eierlei  Art. 
Die  Ecken  sind  gleich. 

III.  Ein-  und  einaxiges  Sgstem. 

§.  68.  Die  hierher  gehörigen  Gestalten  zeichnen  sich  durch 
drei  zu  einander  senkrechte , aber  ungleiche  Axen  aus.  Eine 
von  diesen  Axen  wählt  man  zur  Hauptaxe  (die,  mit  welcher 
die  natürlichen  Krystalle  aufgewachsen  erscheinen),  wodurch  die 
übrigen  dann  zu  Nebenaxen  w erden,  wovon  wieder  die  eine  als 
erste  und  die  andere  als  zweite  Nebenaxe  unterschieden  w erden 
muss.  Die  Hauptaxe  erhält  das  Zeichen  c , die  erste  Nebenaxe 
das  Zeichen  b und  die  zweite  wird  durch  a ausgedrückt.  — 
Wegen  der  Verschiedenheit  sämmtlicher  Axen  ist  in  diesem 
Systeme  nur  eine  Art  der  einfachen  Gestalten  möglich  und  alle 
übrigen  sind  zusammengehörige  Flächen. 

A.  Ilomoedfische  Formen. 

§■  69.  I)  Die  zwei  zur  Hauptaxe  senkrechten  und  zu 


Krystallographie. 


23 


den  Nebenaxen  parallelen  Flächen  (die  Endflächen)  =» 
c : ob  i>  : x a.  Fig.  35.  c. 

§.  70.  2)  Die  zwei  zur  ersten  Nebenaxe  senkrechten 
und  zu  den  übrigen  Axen  parallelen  Flächen  (die  vordem 
Seitenflächen)  - oc  c : 1)  : oo  a,  Fig.  35.  b. 

§.  71.  3)  Die  zwei  zur  ziveiten  Nebenaxe  senkrechten 
und  zu  den  übrigen  Axen  parallelen  Flächen  (die  rechts  und 
links  liegenden  Seitenflächen)  = x c : x b : a.  Fig.  35.  a. 

Diese  drei  Arten  von  zusammengehörigen  Flächen  geben, 
zu  einer  Gestalt  vereinigt,  eine  rektanguläre  Säule  ab.  Fig.  35. 

§.  72.  4)  Die  vier  zur  Hauptaxe  und  zur  ersten  Nebenaxe 
geneigten , zur  zweiten  Nebenaxe  aber  parallelen  Flächen 
(die  Seitenflächen  einer,  der  ersten  Nebenaxe  anliegenden  hori- 
zontalen rhombischen  Säule)  = c : b : x a.  Fig.  37.  d. 

§.  73.  5)  Die  vier  zur  Hauptaxe  und  zur  zip  eiten  Ne- 
benaxe geneigten , zur  ersten  Nebenaxe  aber  parallelen  Flä- 
chen (die  Seitenflächen  einer,  der  zweiten  Nebenaxe  anliegen- 
den horizontalen  rhombischen  Säule).  Fig.  37.  f. 

Die  Combinationsgestalt  aus  den  letzten  beiden  Flächen- 
arten,  stellt  einen  rektangulären  Achtflächner  darr  der  von 
zweierlei  gleichschenkliclien  Dreiecken  begrenzt  ist.  Fig.  37.. 

§.  74.  6)  Die  vier  zu  den  beiden  Nebenaxen  geneigten , 
zur  Hauptaxe  aber  parallelen  Flächen  (die  Seitenflächen  einer 
geraden  rhombischen  Säule)  = x c : h : a.  Fig.  36.  g. 

§.  75.  7)  Die  Rhombenachtflächner  (Rhombenoctaeder). 
Fig.  38.  Sie  haben  8 Flächen  7.  12  Kanten  und  6 Ecken.  Die 
Flächen  sind  ungleichschenklichc  Dreiecke , die  sämmtliche  Axen 
schneiden.  Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  = c : b : a (oder 
m c : n b : p a).  Die  Kanten  sind  von  dreierlei  Art : 4 stum- 
pfere und  schärfere  Endkanten  und  4 gleiche  Seitenkanten.  Die 
Ecken  sind  ebenfalls  von  dreierlei  Art:  2 Endecken und  zweier- 
lei abwechselnd  gleiche  Seitenecken.  — Es  kommen  sehr  viele 
Rhombenachtflächner  vor,  die  sich  nach  den  Neigungswinkeln 
ihrer  Flächen  oder  nach  dem  Verhältniss  ihrer  Axen  von  einan- 
der unterscheiden. 

B.  Hemiedrische  Formen . 

§.  76.  Auch  in  diesem  Systeme  kommen  nur  Halbrhom - 
benachtflächner  (ein-  und  einaxige  Tetraeder)  als  hemiedrische 
Gestalten  vor,  die,  den  Halbactflächnern  des  regelmässigen  Sy- 
stems ähnlich,  durch  die  vorzugsweise  Vergrösserung  der  ab- 
wechselnden Flächen  eines  Rliombeiiachtflächners  entstehen 


24 


Stereoinetrischc  Kennzeichen. 


IV.  Brei-  und  einaxiges  System. 

§.  77.  Die  Gestalten  dieser  Abtheilung  von  Kristallen 
zeichnen  sich  darin  aus , dass  an  ihnen  vier  Axen  angenommen 
werden  müssen,  wovon  die  eine,  die  Hauptaxe,  grösser  oder 
kleiner  ist,  als  die  drei  zu  ihr  senkrechten,  sich  unter  Winkeln 
von  60°  schneidenden,  und  unter  einander  völlig  gleichwerthi- 
gen  Nebenaxen.  Die  Hauptaxe  erhalt  das  Zeichen  c;  jede  der 
Nebenaxen  wird  durch  a ausgedrückt.  In  diesem  Systeme  kom- 
men mehrere  geschlossene  (einfache)  Gestalten  vor,  die,  wegen 
der  Gleichheit  der  Nebenaxen , viel  AeJmliches  haben  mit  den 
Formen  des  zwei-  und  einaxigen  Systems. 

A.  Homoedrische  Gestalten. 

§.  78.  I)  Die  zwei  zur  Hauptaxe  senkrechten  und.  zu 
den  Nebenaxen  parallelen  Flächen  (die  zwei  Endflächen).  = 
c : oo  a : oo  a : oo  a.  Fig.  40.  c. 

§.  79.  2)  Bie  sechs  zu  zivei  Nebenaxen  gleichmässig 
geneigten , zur  dritten  Nebenaxe  und  zur  Hauptaxe  aber  pa- 
rallelen Flächen  (die  Seitenflächen  einer  sechsseitigen  Säule). 
= oo  c : a : a : oo  a.  Fig.  40.  g. 

Die  beiden  vorstehenden  Flächenarten  geben,  zu  einer  Ge- 
stalt vereinigt,  eine  sechsseitige  Säule,  bei  der  die  Nebenaxen 
in  den  Mittelpunkt  der  Seitenkanten  fallen.  Fig.  40. 

§.  80.  3)  Die  Zweimalsechsflächner  (die  sechsseitigen 
Doppelpyramiden,  Hexagondodecaeder).  Fig.  41.  Sie  haben  12 
Flächen,  8 Ecken  und  18  Kanten.  Die  Flächen  sind  gleich- 
schenklige Dreiecke,  die  die  Hauptaxe  und  zwei  Nebenaxen 
schneiden,  während  sie  zur  dritten  Nebenaxe  parallel  sind.  Ihr 
Zeichen  ist  daher  = c : a : a : oo  a.  Die  Kanten  sind  zweier- 
lei: 12  End  k anten  und  6 Seitenkant  en.  Die  Ecken  sind  eben- 
falls zweierlei : 2 Endecken  und  6 Seitenecken. 

Von  diesen  Zweimalsechsflächnern  kommen  viele  vor,  die 
sich  in  der  Neigung  der  Flächen  und  also  im  Verhältnisse  der 
Hauptaxe  zu  den  Nebenaxen  verschieden  zeigen. 

§.  81.  4)  Bie  sechs  Flächen , welche  die  drei  Neben- 
axen schneiden , die  eine  davon  aber  noch  einmal  so  stark . 
als  die  beiden  übrigen , und,  zur  Hauptaxe  parallel  sind 
(die  Seitenflächen  einer  sechsseitigen  Säule,  bei  der  die  Neben- 
axen in  den  Mittelpunkt  der  Flächen  fallen).  Ihr  Zeichen  ist 
daher  = co  c : 2 a : a : 2 a.  Fig.  42.  a.  Diese  Seiten- 
flächen geben,  mit  c : oo  a : x a : oo  a vereinigt,  eine  sechs- 
seitige Säule  ab,  w eiche  von  der  obigen  (Fig.  40.)  nur  in  der 
Lage  der  Flächen  zu  den  Nebenaxen,  d.  i.  in  der  Stellung 
verschieden  ist.  Fig.  12.  a. 


Krystallographie. 


25 


§.  82.  5)  Die  zwölf  Flächen , welche  die  drei  Neben- 
axen  ungleich  schneiden  und  zur  Hauptaxe  parallel  sind 
(die  Seitenflächen  einer  zwölfseitigen  Säule)  = 
x c : a : m a : n a. 

Vereinigt  mit  c : x a : x a : x a gehen  diese  Flächen 
eine  mit  zweierlei  abwechselnd  gleichen  Endkanten  versehene 
zwölfseitige  Säule  ah. 

§.83.  6)  Die  Zweimalsechsflächner  zweiter  Stellung * 
Sie  sind  von  den  obigen  Zweimalsechsiiächnern  nur  in  der  Lage 
der  Flächen  zu  den  Neben axen , d.  i.  in  der  Stellung,  verschie- 
den. Die  Flächen  schneiden  nämlich  die  Hauptaxe  und  die  drei 
Nebenaxen;  von  den  letztem  die  eine  jedoch  noch  einmal  so 
stark,  als  die  beiden  übrigen.  Ihr  Zeichen  ist  somit  = 
c : 2 a : a : 2 a. 

§.  84.  7)  Die  Zweimalzwölfflächner  (Didodecaeder).  Fig. 
43.  Sie  haben  24  Flächen,  36  kanten  und  14  Ecken.  Die 
Flächen  sind  ungleichschenkliche  Dreiecke,  die  zu  allen  vier 
Axen,  zu  den  Nebenaxen  jedoch  in  ungleichen  Verhältnissen, 
geneigt  sind.  Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  = c : a : in  a : n a. 
Die  Kanten  sind  dreierlei  Art:  2 nur  abwechselnd  gleiche  End- 
kanten und  12  gleiche  Seitenkanten.  Die  Ecken  sind  dreierlei 
Art  : 2 Endecken  und  12  nur  abwechselnd  gleiche  Seiten- 
ecken. 

Diese  Zweimal  Zwölfflächner  kommen,  wie  die  Zweimalacht- 
flächuer,  nur  an  zusammengesetzten  Gestalten,  und  selbst  dann 
nur  selten  vor. 

B.  Hemiedrische  Gestalten . 

§.  85.  1)  Die  Halbzweimalsechsflächner  (Hemidodecaeder, 
Rhomboeder).  Fig.  44.  Sie  haben  6 Flächen,  12  Kanten  und 
8 Ecken.  Die  Flächen  sind  Rhomben,  die  den  abwechselnden 
Flächen  eines  Zweimalsechsflächners  = c : a : a : x a ent- 
sprechen. Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  = V2  (c : a:  a : x a). 
Die  Kanten  sind  zwr  eierlei  Art  : 6 Endkanten  und  6 Seiten- 
kanten. Die  Ecken  sind  ebenfalls  zweierlei  Art:  2 Endecken 
und  6 Seitenecken. 

Die  Rhomboeder  kommen  sehr  häufig  vor.  Sie  unterschei- 
den sich  voneinander,  wie  die  Zweimalsechsflächner,  von  denen 
sie  abstammen.  Im  Allgemeinen  unterscheidet  man  noch  stumpfe 
und  spitze  Rhomboeder,  je  nachdem  die  Hauptaxe  kleiner  oder 
grösser  ist,  als  die  Nebenaxen. 

§.  86.  2)  Die  lialbzweimalzwölfflächner  (Ilemididodecae- 

der , Skalenoeder).  Fig.  45.  Sie  lieben  12  Flächen , 18  Kanten 
und  8 Ecken.  Die  Flächen  sind  ungleichschenkliche  Drei- 
ecke, welche  den  abwechselnden  Flächen  eines  Zweimalzw  ölf- 


26 


Stereometrische  Kennzeichen. 


flächners  entsprechen.  Ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  = 
yi  (c  : a :111a:  11  a).  Die  Kanten  sind  dreierlei  Art : 6 Seiten- 
kanten und  12  nur  abwechselnd  gleiche  Endkanten.  Die  Ecken 
sind  auch  zweierlei  Art : 2 Endecken  und  6 Seitenecken. 

Auch  diese  Skalenoeder  kommen  häufig  vor  und  sind,  ähn- 
lich den  Rhomboedern , nach  ihrer  Abstammung  oder  dem  Ver- 
hältnisse der  Hauptaxe  zu  den  Nebenaxen  verschieden. 

V.  Zwei-  und  eingliedriges  System. 

§.  87.  Die  Gestalten  dieses  Systems  haben  drei  Axen,  die 
alle  ungleich  sind , nämlich  eine  Hauptaxe ,.  eine  dazu  unter 
schiefem  Winkel  geneigte  (erste)  Nebenaxe  und  eine  zur  Haupt- 
axe, wie  zu  der  ersten  Nebenaxe  senkrechte  zweite  Nebenaxe. 
Die  Hauptaxe  erhält  das  Zeichen  c,  die  erste  Nebenaxe  das 
Zeichen  b und  die  zweite  das  Zeichen  a.  Ausser  dem  Längen- 
verhältniss  der  Axen , muss  auch  der  Winkel  berücksichtigt 
werden,  unter  welchem  die  erste  Nebenaxe  zu  der  Hauptaxe  ge- 
neigt ist.  Man  drückt  ihn  durch  d — 90  ° , d.  i. , durch  die 
Abweichung  vom  rechten  Winkel  aus , und  bestimmt  ihn , auf 
trigonometrischem  Wege,  aus  der  Neigung  der  Flächen  der 
Gestalten.  — Wegen  der  Ungleichheit  derAxe  und  der  schiefen 
Neigung  der  einen  Axe7  kommen  in  diesem  Systeme  mir  die 
folgenden,  für  sich  nicht  gesclilossenen  Gestalten  (nur  zusammen- 
gehörige Flächen)  vor. 

§.  88.  1)  Die  zwei  zur  Hauptaxe  geneigten  und  zu  den 
Nebenaxen  parallelen  Flächen  (die  Endflächen)  = 
c : ao  b : x a. 

§.  89.  2)  Die  ztvei  zur  ersten  Nebenaxe  geneigten,  zur 
Hauptaxe  und  zweiten  Nebenaxe  aber  parallelen  Flächen 
(die  vordere  und  hintere  Seitenfläche)  = x c : b : x a. 

§.  90.  3)  Die  zwei  zur  zweiten  Nebenaxe  senkrechten 
und  zu  den  übrigen  Axen  parallelen  Flächen  (die  rechte  und 
die  linke  Seitenfläche)  = x c : x b : a. 

Diese  drei  Flächenarten  bilden,  zusammen  vereinigt,  eine 
schiefe  rektanguläre  Säule.  Fig.  47. 

§.  91.  4)  Die  vier  Flächen , welche  zur  Hauptaxe  und 
zur  ersten  Nebenaxe  geneigt , zur  zweiten  Nebenaxe  aber 
parallel  sind.  = c : b : x a.  Sie  geben  die  Seitenflächen 
einer  horizontalen  rhomhoidischen  Säule  ab , bei  der  also  nur  die 
parallelen  Flächen  gleich  sind. 

§.  92.  5)  Die  vier  Flächen , welche  zur  Hauptaxe  und 
zur  zweiten  Nebenaxe  geneigt  und  zur  ersten  Nebenaxe  pa- 
rallel sind.  = c : x b : a.  Sie  geben  die  Seitenflächen  eines 
mehr  oder  weniger  horizontalen  rhombischen  Prismas  ab.  Ver- 


Krystallographie.  27 

einigt  liefern  die  Flächenarten  4)  und  5)  eine  Art  Rectangulär- 
octaeder.  Fig.  48. 

§.  93.  6)  Die  vier  Flächen , welche  zu  den  beiden 
Nebenaxen  geneigt  und  zur  Ilauptaxe  parallel  sind.  = 
go  c : b : a.  Sie  steilen  die  Seitenflächen  einer  vertikalen , rhombi- 
schen Säule  dar.  Fig.  49.  g.  Vereinigt  mit  den  Endflächen 
giebt  diese  Flächenart  eine  schiefe  rhombische  Säule . Fig.  49. 

§.  94.  ?)  Die  acht  Flächen , welche  alle  drei  Axen 
schneiden  — c : b : a.  Sie  geben  ein  zwei-  und  eingliedriges 
Octaeder  ab , das  aus  zweierlei  ungleichschenklichen  Dreiecken 
zusammengesetzt  ist.  Fig.  50. 

VI.  Ein-  und  eingliedriges  System. 

§.  95.  Die  hierher  gehörigen  Gestalten  zeichnen  sich  darin 
aus , dass  keine  zu  einander  senkrechte  Axen  angenommen  wer- 
den können.  Alle  Axen  sind  an  ihnen  unter  schiefen  Winkeln 
geneigt.  Ferner  sind  sie  daran  noch  zu  erkennen,  dass  nur  die 
einander  parallelen  Flächen  gleich  sind  und  dass  also  an  jeder 
Form  nicht  mehr  als  zwei  identische  Flächen  aufgefunden  wer- 
den können.  — Die  Axen  und  Flächen  werden  wie  im  zwei- 
und  eingliedrigen  System  bestimmt  und  bezeichnet. 

Von  den  zusammengesetzten  Gestalten  der  verschiedenen 

Systeme. 

§.  96.  Die  meisten  der  einfachen  Formen  des  regelmässi- 
gen, zwei-  und  einaxigen  und  drei-  und  einaxigen  Systems 
kommen,  als  natürliche  Krystalle,  nicht  selten  für  sich  vor.  Bei 
weitem  die  meisten  natürlichen  Krystalle  sind  aber  Combina- 
tionsgestalten.  Die  Flächen  der  einfachen  Formen  erschei- 
nen in  der  Combination  natürlich  gegenseitig  verändert;  die 
Lage  ihrer  Flächen  zum  Mittelpunkte,  oder  zu  den  krystallo- 
graphischen  Axen,  bleibt  aber  dieselbe  und  an  ihr  sind  immer 
die  verschiedenen  einfachen  Gestalten  einer  Combination  zu  er- 
kennen, so  wie  es  sich  denn  von  selbst  versteht,  dass  an  einer 
zusammengesetzten  Gestalt  die  Axen,  welche  das  System  be- 
zeichnen, sich  aufflnden  lassen  müssen. 

§.  97.  In  der  Regel  herrscht  an  einer  Combination  eine 
der  einfachen  Gestalten,  eine  der  einfachem,  aus  zusammenge- 
hörigen Flächen  zusammengesetzte  Gestalt  vor,  so  dass  die 
Flächen  der  übrigen  nur  als  Ah  stumpf ungs- , Zuschärfungs - 
und  Zuspitzung s flächen  der  Kanten  und  Ecken  der  vorherr- 
schenden Gestalt  auftreten,  was  die  Ermittlung  der  Lage  der 
Axen  sehr  erleichtert.  Für  solche  Fälle  nennt  man  die  vor- 
herrschende Gestalt  die  Grundgestalt , nach  der  dann  auch,  bei 


28 


Stereometrische  Kennzeichen. 


den  hauptaxigen  Formen,  die  Bestimmung  des  Axenverhältnisses 
vorgenommen  wird. 

§.  98.  Aus  theoretischem  Gesichtspunkte  ist  nirgends  ein 
Grund  vorhanden , w arum , innerhalb  der  Grenzen  eines  Systems, 
nicht  alle  einfache  Gestalten,  zu  zusammengesetzten  Gestalten 
vereinigt,  Vorkommen  könnten.  Dennoch  hat  die  Beobachtung 
gezeigt,  dass,  für  eine  Mineralgattung  oft  nur  gewisse  einfache 
Formen  und  zusammengehörige  Flächen  in  Combination  treten. 
Man  hat  dies  den  Combinations-Charaliter  der  betreffenden  Mi- 
neralgattung genannt.  So  erscheinen , beim  regelmässigen  Sy- 
steme , immer  nur  zu  zusammengesetzten  Formen  vereinigt : 

1)  Die  sieben  komoedrischen  Gestalten. 

2)  Der  Würfel , der  Zwölfflächner,  die  Viermalsechsfläcimer 
und  die  Hälftflächner  mit  geneigten  Flächen  (die  Tetraedrischen 
Hälftflächner). 

3)  Der  Achtflächner  , der  Zwölfflächner , die  Dr eimal acht- 
flächner,  die  Vierundzwanzigflächner  und  die  Hälftflächner  mit 
parallelen  Flächen  (die  Pentagondodecaeder  und  die  Halbacht- 
malseciisflächner). 

§.  99.  Bei  den  übrigen  Systemen  (den  Systemen  mit  haupt- 
axigen  Gestalten)  können  zwar  diejenigen,  ungleichnamigen , 
nie  ähnlichen,  Formen  miteinandej  zu  zusammengesetzte  Ge- 
stalten Vorkommen,  die  von  einem  bestimmten  Axen Verhältnisse 
nur  in  einfachen  und  rationalen  Werthen  ab  weichen ; allein  die 
Erfahrung  hat  auch  hier  gelehrt , dass  die  Combinationen  einer 
Mineralgattung  oft  nur  aus  gewissen  Arten  von  einfachen  For- 
men oder  zusammengehörigen  Flächen  gebildet  sind. 

§.  100.  Zur  nähern  Erläuterung  der  Beschreibung  von 
Combinationsgestalten , wird  es  jetzt  genügen,  einige  Gestalten 
der  verschiedenen  Systeme  zu  bezeichnen.  Fig.  16 — 26  sind 
zusammengesetzte  Gestalten  des  regelmässigen  Systems,  näm- 
lich Fig.  16 — 23  homoedrische  und  Fig.  24 — 26  hemiedrische. 
Fig.  16  ist  — (a  : oo  a : oo  a)  (a  : a : a),  also  die  Combina- 
tion des  Würfels  (a)  mit  dem  Achtflächner  (o),  wobei  die  Wür- 
felflächen vorherrschen.  Fig.  1 7 ist  dieselbe  Gestalt,  nur  herrscht 
keine  der  Fiächenarten  besonders  vor.  Fig.  18  ist  ebenfalls 
eine  Combination  aus  dem  Würfel  und  dem  Achtflächner,  doch 
herrschen  hier  die  Flächen  des  Letztem  vor.  Fig,  19  ist  = 
(a  : a : x a)  (a  : a : a) , also  die  Combination  aus  dein  Zwölf- 
flächner und  dem  Achtflächner,  wobei  die  Flächen  des  Zwölffläch- 
ners vorherrschen.  Fig.  20  ist  — (a  : a : a)  (a  : a : oo  a),  wobei  die 
Flächen  des  Achtflächners  vorherrschen.  Fig.  21  ist  = (a  : x a : x a) 
(a  : a : oo  a),  wobei  die  Würfelflächen  vorherrschen.  Fig.  22 
ist  = (a  : a : oo  a)  (a  : 2 a : 2 a) , d.  i.  eine  Combination  aus 
dem  Zwölfflächner  und  einem  Vierundzwanzigflächner  (a  : 2 a : 2 a), 


Krystallographie. 


29 


an  der  die  Flächen  des  Zwölfflächners  vorwalten.  Fig.  23  ist 
= (a  : x a : x a)  (a  : 2 a : 2 a) , an  der  die  Flächen  des 
Würfels  vorherrschen  (der  Würfel  mit  dreifach  zugespitzten 
Ecken).  Fig.  24  ist  = (a  : a : x a)  (a : x a : <x  a)  J/2  (a : a : a) 
mit  vorherrschenden  Bodecaeder  - Flächen.  Fig.  25  ist  =s= 
(a  : x a : x a)  (a  : a : x a)  (a  : a : a)  mit  vorherrschenden 
Würfelflächen.  Fig.  26  = (a  : qo  a : x a)  l/2  (a  : a : a)  mit 
vorherrsch  enden  W ürfelflächen. 

§.  101.  Fig.  33  und  34  sind  zwei  zusammengesetzte  For- 
men des  zwei-  und  einaxigen  Systems.  Fig.  33  ist  = (c  : a : a) 
(n  c : a : a)  (p  c : a : x a) , wo  (c  : a : a)  = o und  (nc:a:a) 
= q u.  s.  w.  ist;  d.  h.  es  ist  die  Gestalt  eine  Combination 
aus  einem  Achtflächner  (=  o),  hei  dem  die  Nebenaxen  in  die 
Seitenecken  fallen,  und  aus  einem  Achtflächner  (=  q)  derselben 
Stellung,  bei  dem  die  Hauptaxe  um  den  Faktor  n grösser  ist, 
und  endlich  aus  einem  Achtflächner  (—  r),  bei  dem  die  Neben- 
axen in  den  Mittelpunkt  der  Seitenkanten  fallen  und  die  Haupt- 
axe , gegen  die  des  ersten  Achtflächners  um  pmal  grösser  ist.  Das 
Verhältniss  von  c : a und  die  Faktoren  n und  p müssen  aus  der 
Neigung  der  Flächen  auf  trigonometrischem  Wege  bestimmt  wer- 
den. Fig.  34  ist  = (c  : a : a)  (c  : a : qo  a)  (c  : <x  a : x a). 

§.  102.  Fig.  38  a und  39  sind  Combinationen  des  ein-  und 
einaxigen  Systems.  Fig.  38  a ist  = (c  : b : a)  (x  c : n b : a) 
(x  c : b : p a),  wobei  (c  : b : a)  — den  Flächen  o, 
(xc:nb:a)  = den  Flächen  g'  und  (x  c:b:p  a)  — den  Flächen 
g ist.  Fig.  39  ist  — (c  : x b : a)  (c  : b : x a)  (c  : x b : a) 

(c  : b : a)  (x  c : b : a)  (x  c : b : x a)  (x  c : <x>  b : a). 

§.  103.  Fig.  46  ist  eine  Combination  des  drei-  und  einaxi- 
gen Systems  = (c  : a : a : xa)  (x  c : a : a : xa). 

§.  104.  Fig.  51  ist  eine  zusammengesetzte  Gestalt  des 
zwei-  und  eingliedrigen  Systems  und  = (c  : x b : x a) 
(x  c : b : x a)  (x  c : x b : a)  (x  c : b : a)  (c  : b : a). 

§.  105.  Fig.  52  ist  eine  Combination  des  ein-  und  einglie- 

drigen Systems  und  = (c  : x b : x a)  (x  c : b : a) 
(x  c : x b : a)  (c  : b : a)  (n  c : x b : a) , nämlich  c = 
(c  : x b : x a) , g und  g'  = (x  c : b : a) , wovon  nur  die 
parallelen  Flächen  einander  gleich  sind,  a = (x  c : x b : a), 
o =s  (c  : b : a) , d = (nc  : x b : a). 

Mohs  und  Jlaüy’s  Methode  die  Krystalle  zu  beschreiben. 

§.  106.  Mohs  hat,  gleich  Weiss,  die  Krystallgestalten , 
nach  ihren  krystallographischen  Axen,  in  sechs  Abtheilungen 
gebracht , wovon  er  ebenfalls  jede  ein  Kri  stallsystem  nennt , 
und  die  wir  hier  gleich,  durch  die  IFms’schen  Benennungen 
erläutert,  aufzähien  wollen. 


30 


St  ereoinetrische  Kennzeichen. 


1)  Tessulares  System  — regelmässiges  System  nach  YV. 

2)  Rhomboedrisches  System  = drei-  «nd  einaxiges  System 
nach  W. 

3)  Pyramidales  System  = zwei-  und  einaxiges  System  nach  YV. 

4)  Prismatisches  oder  orthotypes  System  = ein-  imd  ein- 
axiges System  nach  YV. 

5)  Hemiprismatisciies  oder  hemiorthotypes  System  — zwei- 
und  eingliedriges  System  nach  YV. 

6)  Tetärtoprismatisches  oder  hemian-  und  anorthotypes 
System  = ein-  und  eingliedriges  System  nach  YYr. 

§.  107.  Jedem  dieser  Systeme  liegt  eine  der  ihm  ange- 
liörigen  einfachen  Form  zum  Grunde,  die  von  Mohs  als  die 
Grundgeslalt  desselben  betrachtet  wird  und  nach  der  dann  auch 
das  System  benannt  worden  ist.  Durch  eigenthümliche , jedoch 
nicht  für  alle  Systeme  gleiche,  Verfahrungsarten,  leitet  er  aus 
einer  solchen  Grund  gestalt  die  übrigen  einfachen  Gestalten  und 
zusamrn gehörigen  Flächen  ab  und  betrachtet  dann  ebenfalls  die 
zusammengesetzten  Gestalten  als  Combinationen  aus  den  ein- 
fachen Formen. 

§.  108.  Die  Grundgestalt  des  tessularen  Systems  ist  der 
Würfel.  Durch  bewegliche  Ebenen,  die  bald  den  Kanten,  bald 
den  Ecken  der  Grundgestalt  anliegen,  entwickelt  er  die  übrigen 
einfachen  Formen  dieses  Systems.  Die  Hälftflächner  lässt  er 
ebenfalls,  aus  den  homoedrischen  Formen,  durch  vorzugsweise 
Vergrösserung  der  abwechselnden  Flächen  etc.  entstehen.  Die 
Zeichen  der  einfachen  Gestalten  bildet  er,  so  weit  dies  thun- 
lich,  aus  den  Anfangsbuchstaben  der  Benennung.  So  ist 

H (Hexaeder)  = (a  : x a : oo  a). 

D (Dodecaeder)  = (a  : a : oo  a). 

0 (Octaeder)  = (a  : a : a). 

An  (Die  hexaed rischen  Trigonal-Ikositetraeder)  = 
a : n a : x a). 

Bn  (Die  octaedrischen  Trigonal-Ikositetraeder)  = (a:a:na). 

Cn  (Die  zweikantigen  Tetragonal  - Ikositetraeder)  = 

(a  : n a : n a). 

Tn  (Die  Tetrakontaoktaeder)  ==  (a  : m a : n a). 

§.  109.  Die  Hälftflächner  bezeichnet  Mohs  ebenfalls  da- 
durch, dass  er  die  Zahl  2 dem  Zeichen  der  betreffenden  ho- 
moedrischen Form  als  Divisor  zugesellt ; so  ist  das  Zeichen  des 
Tetraeders  = 0,  das  der  Pentagondodecaeder  An  u.  s.  w. 

' 2 % 

Das  besondere  Zeichen  des  Vierundzwanzigflächners  (a:2a  :2  a) 
ist  nach  Mohs  =*=  Al,  nämlich  das  der  ersten  Art  oder 
Varietät  unter  den  vorkommenden  Vierundzwanzigflächnern 


Krystallographie. 


31 


u.  s.  w.  — Die  Combinationsgestalt  Fig.  23  wird  nach  Mohs 
also  bezeichnet  durch  : H + Al  = H.  Al.  Die  Fig.  21  durch 

H.  D.  0 u.  s.  w. 

~ 

§.  110.  Dem  rhomboedrischen  Systeme  liegt  ein  Rhomboe- 
der zum  Grunde.  Dieses  Grundrhomboeder , bei  dem  das  Ver- 
hältniss  der  Hauptaxe  zu  einer  der  Nebenaxen  (der  Hauptaxe 
zur  horizontalen  Projection)  bekannt  sein  muss , bezeichnet  Molis 
mit  R.  Durch  Auflegen  von  Flächen  auf  die  Endkanten  des 
Grundrhomboeders , die  so  gross  sein  müssen , dass  sie  sich  ge- 
genseitig schneiden,  entsteht  ein  neues  Rhomboeder,  dessen 
Hauptaxe  bei  gleichbleibender  Horizont alprojection,  sich  zu  der 
Hauptaxe  des  Grundrhomboeders,  wie  ft  : 1 verhält.  Das  Grund- 
rhomboeder selbst  kann  nur  auf  dieselbe  Weise  von  einem  Rhom- 
boeder abgeleitet  gedacht  werden,  dessen  Axe  ebenfalls  noch  einmal 
so  gross  sein  muss,  als  die  von  R.  Hierdurch  erhält  man  eine 
vom  Grundrhomboeder  oder  R.  ausgehende,  ab-  und  ansteigende 
Reihe  von  Rhomboedern,  deren  Axen,  bei  gleichen  Nebenaxen, 
wie  die  Potenzen  der  Zahl  2 fallen  und  steigen.  Ist  R nun  = 
R 2°,  R + 1 = R21,  R22  = R + 2,  R 2~ 1 = R — 1, 
R i 2 — R — 2 u.  s.  w. , so  kann  eine  solche  Reihe  von  Rhom- 
boedern , wie  folgt , bezeichnet  werden  : 

R — x . R — 2,  R — 1,  R,  R + l,  R+2 R+x. 

R , oder  das  Grundrhomboeder  ist  in  dieser  Reihe  ft  (c:  a:a:a), 

R •+•  1 ist  dann  -=  Vq  (2  c : a : a : x a). 

R+2  = y2  (4  c : a : a : x ,a)  u.  s.  w.  ? und 

R + x = (x  c : a : a : x a)  oder  =*=  x c : 2 a : a : 2 a). 

Weiter  muss  sein  R — 1 — ft  (ft  c : a : a : x a), 

R — 2 = ft  (ft  c : a : a : x a)  u.  s.  w. , und 

R — x n=  (c  : x a : x a : x a). 

§.  111.  Auch  die  Zweimalsechsflächner  leitet  Mohs  durch 
ein  eigentümliches  Verfahren  aus  den  Rhomboedern  ab,  so 
dass  sich  für  jedes  Rhomboeder  der  obigen  Reihe  ein  Zwei- 
malsechsflächner entwickeln  lässt,  in  welchem  die  Hauptaxe,  bei 
unveränderter  Horizontalprojection , um  ft  kleiner  erscheint,  als 
die  des  betreffenden  Rhomboeders.  Die  Zweimalsechsflächner 
nennt  Mohs  Pyramiden , und  bezeichnet  die  dem  Grundrhom- 
boeder entsprechende  Pyramide  mit  P. ; P + 1 ist  dann  die  Py- 
ramide, die  dem  Rhomboeder  R + 1 entspricht,  P — 1 die 
Pyramide  des  Rhomboeders  R — 1 u.  s.  w.,  so  dass  P + x 
wieder  die  Seitenflächen  einer  sechsseitigen  Säule  und  P — x 
die  Endfläche  derselben  darstellt.  P ist  hiernach  also  = 
(ft  c : a : a : x a) , P * 1 ==  c : a : a : x a),  P — 1 =*= 

3 

(JL  c : a : a : x a)  u.  s.  w. 

3.2 

§.  112.  Zur  Darstellung  eines  Skalenoeders  muss,  nach 
der  Mohs' sehen  Methode,  die  Axe  eines  Rhomboeders  sich  durch 


32 


Stereometrische  Kennzeichen. 


einen  Faktor,  der  grösser  als  1 ist,  verlängern,  wobei  eben- 
falls die  Korizontalprojection  unverändert  bleibt.  Das  Zeichen 
eines  Skalenoeders  ist,  je  nach  dem  Rhomboeder  der  Reihe,  von 
welchem  es  abstammt  = (P  ^ n)  “,  wobei  der  rechts  oberhalb  der 
Klammer  durch  m repräsentirte  Werth,  den  Faktor  für  die  Ver- 
längerung der  Axe  des  betreffenden  Rhomboeders  ausdrückt. 
(P)m  ist  hiernach  = yi  (m  c : pa  : q a : r a)  u.  s.  w.  Die 
Zweimalzwölffläcimer  betrachtet  Mohs  als  Zusammensetzungen 
aus  zwei  Skalenoeder , mid  ihr  allgemeines  Zeichen  ist  daher  = 
2 (P  ■+■  n)  m u.  s.  w. 

§.  113.  Beim  pyramidalen  Systeme  gilt  ein  Quadratachtflächner 
(eine  Pyramide  dieses  Systems)  als  Grundgestalt.  Sie  wird  mit 
P bezeichnet.  Durch  dasselbe  Verfahren,  wie  bei  der  Grund- 
gestalt des  rhomb oedrischen  Systems,  nämlich  durch’s  Auflegen 
berührender  Ebenen  auf  die  Endkanten  dieser  Grundpyramide 
und  Vergrösserung  derselben,  bis  sie  sich  gegenseitig  schneiden, 
entsteht  eine  stumpfere  Pyramide,  deren  Axe,  bei  gleicher  IIo- 
rizontalprojection,  sich  zu  der  Axe  der  Grundpyramide  = V'^  : 1 
verhält.  Fährt  man  so  fort,  aus  jeder  folgenden  Pyramide  eine 
neue  abzuleiten , und  denkt  man  sich  die  Grundpyramide  selbst 
wieder  abgeleitet  aus  vorhergehenden,  und  also  spitzen  Pyra- 
miden, so  erhält  man  eine  Reihe  von  Pyramiden , bei  denen  die 
Axen , von  der  Grundpyramide  aus  gerechnet,  wie  die  Potenzen 
des  Werthes  V 2 ab-  und  zunehmen.  Die  Reihe  selbst  wird  also, 
ähnlich  der  Reihe  der  Rhomboeder,  sich  geben  lassen  durch: 

P — ao  ....  P — 2,  P — 1,P,P+1,  P 4-  2 . . . . F 4-  x 
Ist  hierin  nun  P *=  (c  : a : a),  so  ist  P + l = (1/2C  : a : a), 

X 

P 4-  2 — (2  c : a : a) , P — 1 = ( V 2 c : a : a) , P — 2 =±= 
(Ya  c : a : a) , P + an  — (x  c : a : a)  oder  = (x  c : a : x a) 
und  P — x — (c  : x a : x a)  u.  s.  w. 

§.  114.  Durch  ein  eigenthümliches  Verfahren,  wobei  die 
Axe  irgend  einer  Pyramide  durch  einen  Faktor , der  grösser  als 
1 ist,  vergrössert  wird,  entstehen  die  Zweimalachtflächner  (die 
achtflächigen  Pyramiden),  deren  allgemeines  Zeichen,  den  Ska- 
lenoedern des  rhomboedrischen  Systems  entsprechend  =(P  + n)D 
istr  u.  s.  w. 

§.  115.  Aelmlich  ist  die  Ableitung  von  einem  Rhomben- 
achtflächner (des.  Orthotyps),  der  die  Grundform  des  orthotypen 
Systems  ist , und  es  entstehen  hier  die  Reihen : 

1)  P— x . . . . P — 2,  P — 1,  P,  P+1....P+®, 
d.  i.  die  Reihe  der  Pyramiden  ähnlichen  Querschnitts , in 
welchem  die  Grundpyramide  durch  P ausgedrückt  ist.  P — x 
ist  hier  wieder  = (c  : x b : x a),  P — 2 = (Yd  c : b : a ), 
P — 1 sb  (Y*  c : b : a),  P *+•  1 = (2c  : b : a),  P 4-  cd 
= (x  c : b : a)  u.  s.  wr. , wenn  P = (c  : b : a)  ist. 


Krystallographie.  33 

2)  P — 00  ...  . (P—  l)m,  (P)”,  (P-f-l)m  ....  (P  + QO  )m. 

3)  P-  oo  . . . . (P  ~ l)m,  (P)ra,  (P-Hl)“  , . . . (P+  oo)m. 

Diese  beiden  Reihen  bezeichnen  Pyramiden  unähnlichen 
Querschnittes , den  verschiedenen  Pyramiden  der  ersten  Reihe 
entsprechend , wobei  aber  ausser  der , durch  den  Faktor  m ver- 
längerten Hauptaxe,  einmal  die  kürzere  Nebenaxe  (die  kürzere 
Diagonale  der  Horizontalprojection)  , und  das  andere  Mal  die  län- 
gere um  den  Faktor  in  verlängert  erscheint , so  dass  (P  -+•  n)  m 
= (m  a : b : m c)  und  (Pr-hn)m  = (m  a : m b : c)  ist. 

Die  Flächen  m c : b : m a und  m c : m b : a auszudrücken, 
bedient  sich  Mohs  endlich  der  beiden  folgenden  Reihen: 

4)  P — ■ ao  ..  . . . Pr  — 1,  Pr,  Pr+1  ....  Pr+oo. 

5)  P — od  ...  Pr  — 1,  Pr,  Pr+1  ....  Pr+oo 
und  nennt  sie  die  Reihen  der  horizontalen  Prismen. 

§.  116.  Die  Bezeichnung  der  Gestalten  der  übrigen  Sy- 
steme ist  ganz  der  des  letzten  Systems  ähnlich;  nur  für  die 
horizontalen  Prismen,  da  deren  Flächen  nicht  alle,  sondern  oft 
nur  zur  Hälfte  Vorkommen,  wird  unter  das  Zeichen  derselben 
die  Zahl  2 in  der  Gestalt  eines  Divisors  gesetzt. 

§.  117.  Mehrere  der  angeführten  Reihen  der  hauptaxigen 
Gestalten,  laufen  nach  Nebenreihen  parallel,  die  die  Zeichen 
solcher  Gestalten  enthalten,  die  sich  durch  die  angeführten 
Reihen  nicht  ausdrücken  lassen , die  im  Ganzen  aber  selten  sind. 

§.  118.  Die  Haüy' sehe  Schule  endlich  geht  nicht  von  dem 
Gesichtspunkte  der  Rry  stall  Systeme  aus,  sondern  nimmt  die  ein- 
fachem Krystallgestalten , als  Grundgestalten  an,  aus  denen, 
durch  Veränderungen  an  Kanten  und  Ecken , die  verschiedenen 
übrigen,  meist  zusammengesetzten  Formen  abgeleitet  werden. 

§.  119.  Diese  Haütf sehen  Grundgestalten  sind : 

1)  Der  Würfel.  Fig.  1. 

2)  Der  Achtflächner.  Fig.  3. 

3)  Der  Zwölfflächner.  Fig.  2. 

4)  Das  Tetraeder.  Fig.  9 und  10. 

5)  Das  Pentagondodecaeder.  Fig.  14. 

6)  Die  quadratische  Säule,  Fig.  27  und  29. 

7)  Das  Quadratoctaeder,  Fig.  28  und  30. 

8)  Die  gerade  rektanguläre  Säule.  Fig.  35. 

9)  Das  rhombische  Octaeder.  Fig.  38. 

10)  Das  Rektangulär-Oktaeder.  Fig.  37. 

11)  Das  Rektangulär-Ditetraeder  (einRektangulär-Octaöder  in 
der  Stellung,  dass  dessen  Hauptaxe  die  Lage  der  ersten  Neben- 
axe erhält.) 

Geigers  Pharmacie.  II.  1.  (2 te  Aufl.) 


3 


34 


Stereometrische  Keiuizeichen. 


12)  Die  gerade  rhombische  Säule.  Fig.  36. 

13)  Die  schiefe  rektanguläre  Säule.  Pig.  47. 

14)  Die  schiefe  rhombische  Säule.  Pig.  49. 

15)  Die  gerade  rhomboidische  Säule. 

16)  Die  schiefe  rhomboidische  Säule. 

17)  Das  Rhomboeder.  Fig.  44. 

18)  Die  sechsseitige  Säule.  Pig.  40  und  42. 

19)  Das  Pyramidaldodecaeder.  Pig.  41. 

§.  120.  Wenn  diese  sogenannten  Grundgestalten  dem  heu- 
tigen Stande  der  Wissenschaft  auch  gerade  nicht  mehr  entspre- 
chen , so  bieten  sie  doch , namentlich  demjenigen , der  nicht 
mathematische  Kenntnisse  genug  besitzt,  um  dem  wissenschaft- 
lichen Vortrage  über  Krystallographie  folgen  zu  können,  grosse 
Bequemlichkeiten  dar,  und  leicht  lassen  sich,  im  Allgemeinen, 
Beschreibungen  darnach  in  die  IFms’sche  und  Mohs'sche  Me- 
thode übersetzen.  So  gehören  Nro.  1 bis  5 in  das  regelmässige, 
Nro.  6 und  7 in  das  zwei-  und  einaxige  , Nro.  8 bis  12  in  das 
ein-  und  einaxige,  Nro.  13  und  14  in  das  zwei-  und  einglie- 
drige, Nro.  15  und  16  in  das  ein-  und  eingliedrige , und  Nro. 
17  bis  19  in  das  drei-  und  einaxige  System  nach  Weiss  u.  s.  w.  *) 

Von  der  Gestalt  der  mineralischen  Massen , . 

§.  121.  Die  nicht  kr ystallisirten  Mineralien  sind 
entweder  krystallinische,  nachahmende  oder  zufälli- 
g e Gestalten. 

§.  122.  Die  krystallinischen  Gestalten  scheinen  im  Kry- 
stallisations-Akte  mehr  oder  minder  gestört  zu  sein  und  stellen 
eine  Verbindung  mehrerer  Individuen  dar.  Die  Gestalt  der  letz-  i 
lern  bedingt  die  Textur  ( krystallinische  Absonderung).  Diese 
kann  sein : 

körnig  (kryst.  körnig  abgesondert),  wenn  die  drei  Di-  i 
mensionen  der  die  Masse  bildenden  Theilchen  gleich  sind  (man 
unterscheidet:  fein-,  klein-,  grob-  und  grosskörnig); 

blättrig  oder  schal.ig  (kryst.  blättrig  abgesondert) , i 
wenn  zwei  Dimensionen  gegen  die  dritte  vorherrschen;  (hierher 
gehören : gross-,  klein-,  feinblättrig , schuppig  und  schaumig ; 
gerad-  und  krummblättrig ; dick-  und  dünnschalig); 

stänglig  (kryst.  stänglig  abgesondert),  wenn  eine  Di- 
mension gegen  die  beiden  andern  vorherrscht;  (man  unterscheidet 


*)  Ausführlichere  Belehrung  über  die  wissenschaftliche  Krystallogra- 
phie findet  man  1)  in  den  Elementen  der  Krystallographie  von 
G.  Rose.  Berlin  1833.  und  2)  in  der  Naturgeschichte  des  Mineral- 
reichs von  K Mohs.  Wien  1836. 


Krystallinische  Gestalten. 


35 


dick-,  dünn , gerad krumm-,  verworren  stänglich.  Nimmt 
die  Dünne  sehr  zu , so  entsteht  das  Faserige.  Die  Textur 
ist  dicht,  wenn  die  genannten  Arten  nicht  mehr  zu  unter- 
scheiden sind.  Ein  dichtes  Mineral  kann  gleichzeitig  durch 
Unterbrechung  seines  Zusammenhangs  durchlöchert , porös , 
blasig,  schwammig , zellig  und  zerfressen  sein. 

§.  123.  Die  krystallinischen  Gestalten  reihen  sich  mannig- 
faltig aneinander,  z.  B.  : 

kugelförmig,  (stossen  mehrere  Kugeln  aneinander,  so 
entstehen  n i e r e n - oder  traubenförmige  Gestalten)  ; 

drath-,  zahn-,  nadel-  und  haarförmig.  Die  bei- 
den erstem  verbinden  sich  ferner  zu  Stauden-  oder  baum- 
förmigen,  die  letztem  krümmen  sich  zu  wolligen  und 
moosartigen  Gestalten ; 

blatt-  und  blech  förmige  Gestalten  entstehen,  wenn 
reihenförmige  Aggregate  in  eine  Masse  verfliessen ; durchkreuzen 
sich  diese  Aggregate,  so  entstehen  gestrickte  Gestalten; 

fächer-  oder  kämm  förmige  Gestalten  bilden  sich 
durch  Gruppirung  tafelartiger  Individuen; 

stangen-,  büschel-  und  sternförmige  Gestalten 
durch  verschiedenartige  Verbindung  stänglicher  Individuen. 

§.  124.  Die  zufälligen  Gestalten  sind  charakterisirt  durch 
den  Mangel  regelmässiger  äusserer  Flächen.  Hierher  gehören  : 
die  Stalaktiten,  Tropfsteine,  Stalagmiten.  — Fin- 
det sich  ein  Mineral  als  Ausfüllung  von  Höhlungen , oder  Bla- 
senräumen  der  Gesteine  abgesetzt,  so  entstehen  kugel-,  man- 
del-,  knollenförmige  Gestalten ; bildete  es  sich  auf  Spalten, 
so  erscheint  es  in  P 1 a 1 1 e n ; die  sehr  dünnen  Platten  nennt 
man  Anflug. 

Derb  nennen  wir  ein  Mineral,  wenn  es  in  Parthien  grösser 
als  eine  Haselnuss  mit  der  es  umgebenden  Masse  verwachsen 
auftritt,  und  eingesprengt,  wenn  kleinere  Parthien  unter 
denselben  Verhältnissen  Vorkommen. 

§.  125.  Hierher  gehören  auch  die  Gestalten,  in  denen  Mi- 
neralien als  Versteinerungs-Mittel  auftreten , und  die 
After  - Krys  talle  oder  Pseudomorpho  sen. 

Die  Aft er -Kry stalle  sind  krystall-ähnliche  Gestalten,  die 
den  Mineralien , an  denen  sie  Vorkommen , nicht  eigenthümlich 
sind.  Sie  erzeugen  sich,  indem  Mineral-Substanz  a*ndere  Kry- 
stalle  überzieht  (Umhüllungs-Pseudomorphosen,  de- 
ren Oberfläche  in  der  Regel  rauh  ist),  oder  wenn  sie  den  hohlen 
Raum  ausfüllt , welcher  von  einem  vorhanden  gewesenen  Kry- 
stalle  vorher  gebildet  wurde  (Ausfüllungs.- Pseudo  mor- 
p h o s e n mit  in  der  Regel  glatter  Oberfläche).  Umbildungs- 
Pseudomorphosen  entstehen,  wenn  die  Substanz  von  Kry- 
stallen  sich  ändert  und  die  äussere  Form  bleibt. 


36 


Physikalisch«  Kennzeichen. 


§.  126.  Kommen  Mineralien  getrennt  von  ihrem  Entste- 
hungsorte  vor,  so  treten  sie  ebenfalls  als  zufällige  Gestalten  auf 
und  zwar  in  eckigen  Stücken,  scharf-  oder  stumpfeckig; 
die  letztem  heissen  auch  Geschiebe , Gerolle , Rollsteine , wenn 
sie  durch  spätere  Einwirkungen  abgerundet  wurden ; in  Rör- 
11  er  n , wenn  ihre  Grösse  die  der  Haselnuss  nicht  übersteigt. 
Die  Körner  können  rundlich , platt  oder  eckig  sein.  Die  klein* 
und  feinkörnigen  nennt  man  Sand  oder  Staub . 

§.  127.  Die  Oberfläche  der  krystallisirten  und  nicht 
k ry stall isir ten  Mineralien  ist  entweder  glatt , eben  oder  uneben , 
rauh,  gekörnt  (mit  körnerförmigen  Erhabenheiten),  gestreift 
(mit  linienförmigen  Vertiefungen) , federartig  (wenn  sich  diese 
Vertiefungen  unter  gewissen  Winkeln  durchschneiden) , oder 
drüsig  (wenn  sie  mit  sehr  kleinen  kryst.  Erhabenheiten  bedeckt 
ist). 

(Abänderungen  sind  zerfressene , löcherige , geschmolzene 
Oberflächen.  Spiegelflächen  (Spiegel , Rutschflächen)  sind  im 
hohen  Grade  glänzend , aber  nicht  krystallinisch,  sondern  durch 
Reibung  entstanden.) 


II.  Physikalische  Kennzeichen. 

§.  128.  Sie  sind  hergenommen  von  der  Cohäsion,  Ei- 
genschwere, optischen  Eigenschaften,  Phospho- 
rescenz,  Electricität  und  Magnetismus  der  Mineralien. 

/.  Cohäsions-  Verhältnisse. 

§.  129.  Die  Mineralien  sind  meist  fest,  nur  wenige  tropfbar 
flüssig.  (Vergl.  §.  11.)  Bei  den  festen  Mineralien  unterscheiden 
wir  die  Spaltbarkeit  (regelmässige  Slructur)  vom  Bruch 
(unregelmässige  Structur)  als  Erscheinungen  der  Cohäsion.  — 
Die  Spaltbarkeit  des  Minerals  in  gleichartige  Theile  von 
glatten  Spaltungsflächen  begrenzt , steht  in  einer  bestimm- 
ten Beziehung  zur  äussern  Kryst  allform.  Sie  ist  in  verschiede- 
nem Grade  und  bald  nach  allen  Seiten  hin , bald  in  gewissen 
Richtungen  besonders , und  bei  manchen  Mineralien  gar  nicht 
wahrnehmbar.  Die  Spaltbarkeit  ist  als  Folge  eines  Strebens  nach 
regelmässiger  Bildung  auch  im  Innern  zu  betrachten.  — Der 
Blätterdurchgang  oder  die  Richtung  der  Spaltungs- 
flächen ist  verschieden  bei  verschiedenen,  aber  stets  dieselbe 
hei  einem  und  demselben  Minerale ; sie  schneiden  sich  unter  be- 
stimmten Winkeln , und  eine  von  Spaltungsfläciien  umgebene , 
regelmässige  und  constant  her vorzu bringende  Gestalt , heisst 
Theilungs- Gestalt,  Grundform,  indem  von  dieser  die 


Cohäsions- Verhältnisse.  37 

KrystaU-Modftkationen  einer  Mineral-Gattung  abgeleitet  werden 
können. 

Durch  den  Bruch  eines  Minerals  nach  einer  andern  Rich- 
tung als  der  seiner  Spaltbarkeit , entstehen  die  Bruchflächen. 

§.130.  Diese  können  sein:  eben,  ohne  Erhabenheiten 
und  Vertiefungen,  oder  uneben;  ferner  muschelig  (vollkom- 
men-, unvollkommen -,  gross-,  klein-,  tief-,  flachmuschelig), 
sphttrig,  wenn  splitterförmige  Theilchen  noch  mit  der  Masse 
Zusammenhängen  (fein-  und grobsplittrig),  hackig  durch  kleine 
gekrümmte  Spitzen,  und  erdig  durch  staubartige  Theilchen. 

Eine  andere  Erscheinung  der  Cohäsion  ist  die  Härte, 
wodurch  der  Körper  einem  Druck  oder  Schlag  sehr  merklichen 
Widerstand  leistet.  Ist  dieser  Widerstand  sehr  gering  oder  un- 
merklich, so  heisst  der  Körper  weich. 

_ §•  *31.  Die  Härte  der  Mineralien  erkennt  man  an  dem 

Widerstande , den  ein  Mineral  beim  Ritzen  mit  einem  andern 
leistet.  Man  bedient  sich  zu  dieser  Bestimmung  einer  Reihe  von 
Mineralien,  deren  Härte  als  bekannte  Grössen  angenommen  werden 
und  versucht  mit  einer  scharfen  Kante  oder  Ecke  des  zu  be- 
stimmenden Minerals,  die  Glieder  der  Skala  zu  ritzen , indem 
inan  beim  Härtesten  anfängt  und  zu  den  weichem  übergeht. 
Wir  wählen  hier  die  von  Mohs  entworfene  Skala,  in  der  jedes 
Mineral  von  dem  ilun  folgenden  geritzt  w ird  und  ienes  also 
weicher  als  dieses  ist, 

1)  Talk. 

2)  Gyps. 

3)  Kalkspath. 

4)  Flussspath. 

5)  Apatitspath. 

6)  Feldspath, 

7)  Quarz. 

8)  Topas. 

9)  Korund. 

10)  Diamant. 

®11  ^ei  Beschreibung  drücken  wir , der  Kürze  w egen , die 
Härte  des  Minerals  durch  die  Zahlen  obiger  Reihe  aus  und 
schreiben,  wenn  z.  B.  ein  Mineral  den  Quarz  ritzt,  aber  selbst 
vom  Korund  geritzt  w urde  : H = 8 ; oder,  w enn  ein  Mineral  den 
Feldspath  ritzt  und  vom  Quarz  geritzt  wird,  so  bedient  man 
sich  der  Decimalzahlen  und  schreibt  H = 6,5. 

§.,  132.  Fernere  Ausdrücke  für  die  Cohäsions-Verhältnisse 
sind:  spröde,  wenn  von  einem  Minerale  beim  Schaben  mit 
dem  Messer  unter  knirschendem  Geräusch  feine  Theilchen  ab- 
springen;  milde,  wenn  die  Theilchen  sich  ohne  Geräusch  tren-. 
uen  und  nicht  abspringen.  G e s ch  m e i d i g e Mineralien  lassen. 


38 


Physikalische  Kennzeichen. 


sich  unter  dem  Hammer  strecken  und  mit  dem  Messer  schnei- 
den; die  dehnbaren  kann  man  zu  Drath  ziehen  und  unter 
dem  Hammer  in  die  Länge  und  Breite  ausdehnen.  Biegsam- 
keit, oder  die  Eigenschaft  in  dünnen  Blättchen,  ohne  zu 
zerbrechen , gebogen  werden  zu  können , besitzen  nur  wenige 
Fossilien , und  noch  seltener  sind  sie  elastisch,  oder  nn  I 
Stande,  nach  aufhörendem  Drucke  ihre  vorige  Gestalt  wieder 
einzunehmen.  — Unter  Zersprengbarkeit  versteht  man 
die  Eigenschaft  der  Mineralien,  beim  Zerschlagen  mit  dem 
Hammer  in  Bruchstücke  zu  zerfallen.  Die  Grade  derselben  ste- 
hen theils  im  Verhältnis  mit  der  Härte  und  Sprödigkeit , theils 
mit  der  Vollkommenheit  der  Structur. 

2.  Eigens  chw  er  e. 

§.  133.  Die  Grösse  des  Gegendrucks,  den  ein  Körper  er- 
fordert, um  auf  der  Wage  im  Gleichgewicht  zu  bleiben,  heisst 
sein  absolutes  Gewicht , Die  Beachtung  dieses  absoluten  Ge- 
wichts eines  Minerals  im  Vergleich  zu  seinem  Volumen,  giebt 
das  specifische  Gewicht,  die  Eigenscliwere.  Zur  Be- 
stimmung desselben  gebraucht  man  die  hydrostatische  Wage , 
deren  eine  Wagschale  unten  einen  Hacken  zum  Anhängen  desi 
Minerals  hat , oder  den  Nicholson' sehen  Areometer.  Als  Ein- 
heit dient  destillirtes  Wasser  von  14°  R.  — 

(Bei  Erforschung  des  specifischen  Gewichts  mit  der  hydro- 
statischen Wage , bestimmt  man  das  Gewicht  des  Fossils  zuerst 
in  der  Luft,  dann,  indem  man  es  frei  ins  Wasser  hängt.  Das 
Resultat  der  letztem  Wägiuig,  z.  B.  6,  wird  von  dem  der  er- 
stem, z.  B.  10,  subtrahirt  und  der  Verlust  =s=  4 als  das  Ge- 
wicht eines  dem  Fossile  gleichen  Volumens  Wasser  bemerkt. 
Das  Gewicht  eines  Volumens  Wasser  = 4,  verhält  sich  dann 
zum  Gewicht  des  Minerals  = 10,  wie  das  spec.  Gewicht  des 
Wassers  = 1,000  (als  Einheit)  zu  dem  gesuchten  spec.  Gew  icht 
des  Fossils  =?  2,500.) 

3.  Optische  Eigenschaften. 

§.  134.  Sie  sind  begründet  im  Verhalten  des  Minerals  ge- 
gen das  Licht.  Wir  rechnen  hierhin : Durchsichtigkeit,! 
Strahlenbrechung,  Glanz,  Farbe,  Far b en W echsel 
und  Farbenspi el. 

§.  135.  Durchsichtigkeit  der  Mineralien  ist  ihre  Ei- 
genschaft den  Lichtstrahlen  freien  Durchgang  zu  gestatten,  so, 
dass  man  einen  durch  dieselben  betrachteten  Gegenstand  deut-  j 
lieh  sehen  kann.  Diese  Eigenschaft  kann  mannigfaltig  modificirt 
sein  durch  die  verschiedenen  Grade  des  Oberflächen-Glanzes  > 
durch  die  Farben,  mehr  oder  minder  regelmässige  Anordnung 


Optische  Eigenschaften. 


39 


der  integrirenden  Theile,  oder  durch  die  verschiedene  Structur 
der  Masse.  Für  die  verschiedenen  Grade  dieser  Eigenschaft  hat 
man  folgende  Ausdrücke:  durchsichtig,  h a lb  durch  sich- 
tig , wenn  man  durch  die  Körper  nur  ein  undeutliches  oder  ver- 
worrenes Bild  eines  Gegenstandes  erhält ; durchscheinend, 
wenn  sie  in  dicken  Stücken  zwar  noch  Lichtstrahlen  durch- 
lassen, aber  auf  keine  Weise  mehr  die  Gegenstände  zu  erkennen 
sind;  an  d en  Kanten  durchscheinend,  wenn  sich  diese 
Eigenschaft  nur  auf  die  dünnen  Kanten  oder  einzelne  Splitter 
beschränkt.  Der  Mangel  dieser  Fähigkeit  ist  Undurchsich- 
tigkeit. (Ist  ein  durchsichtiges  Mineral  zugleich  farblos,  so 
heisst  es  wasserhell.) 

§.136.  Strahlenbrechung  oder  Re  fr  actio  n nennen 
wir  die  Fähigkeit  durchsichtiger  Mineralien  schräg  auf  sie 
fallende  Lichtstrahlen  von  der  geraden  Richtung  abzulenken, 
d.  h.  sie  zu  brechen.  Manche  Mineralien  haben  ausserdem  die 
Eigenschaft  durch  sie  hindurchgellende  Strahlen  zu  spalten  und 
nach  zwei,  mehr  oder  weniger,  divergirenden  Richtungen  fortzu- 
führen. Man  nennt  dieses  doppelte  Strahlenbrechung. 
Durch  solche  Fossilien  betrachtete  Gegenstände  stellen  sich  in 
gewissen  Richtungen  doppelt  dar. 

§.  137.  Der  Glanz  der  Mineralien  wird  hervorgehraeht 
durch  das  Zurückwerfen  der  auf  ihre  Flächen  fallenden  Licht- 
strahlen. Als  Arten  unterscheidet  man : Metallglanz , Diamant- 
glanz, Glasglanz , Wachsglanz , Fettglanz , Perlmutterglanz , 
Seidenglanz.  Die  Grade  des  Glanzes  werden  bezeichnet:  stark- 
glänzend , glänzend , wenig-glänzend.  Schimmernd  braucht  man 
bei  ungleichmässiger  Vertheilung  des  Glanzes  auf  der  Ober- 
fläche der  Fossilien,  wenn  z.  B.  der  Lichtschein  nur  auf  einzelnen 
Punkten,  fast  stets  fremdartigen  Einmengungen,  hervortritt,  und 
matt  nennt  man  die  durchaus  glanzlosen  Mineralien. 

§.  138.  Die  Farbe  der  Mineralien  ist  theils  wesentlich 
und  dann  Folge  der  eigentümlichen  Mischung  t z.  B.  bei  ge- 
diegenen und  geschwefelten  Metallen , theils  betrachten  wir  sie 
als  unwesentlich  und  v erthlos  für  die  Diagnostik , wenn  sie 
durch  zufällig  beigemischte  fremdartige  Bestandtheile  hervorge- 
bracht  wird.  Sämmtliche  Farben  reduciren  wir  auf  folgende  8 
Gattungen  oder  Stammfärben:  Weiss , Grau , Schwarz , Blau , 
Grün , Gelb , Roth , Braun , und  suchen  die  zahllosen  Nüanzen 
theils  durch  Verbindung  der  beiden  Hauptfarben,  z.  B.  Blau- 
lichgrün , theils  durch  Verbindung  des  Namens  der  Stammfarbe 
mit  dem  Namen  eines  Gegenstandes  auszudrücken,  dem  diese 
Farbe  charakteristisch  eigen  ist,  z.  B.  Indigo-Blau , oder  wir 
umschreiben  und  sagen  z.  B.  Roth  ins  Braune . 

Der  Grad  der  Färbung  wird  mit : blass , licht , hoch , dun- 
kel bezeichnet. 


40 


Physikalische  Kennzeichen. 


§.  139.  Als  Farbenarten  unterscheidet  man : 

1.  W e i s s. 

Schneeweis  (cararischer  Marmor). 

Röthlichweiss  (Braunspath). 

Gelblichweiss  (Kreide). 

Silberweiss  ist  Gelblichweiss  mit  Metallglanz  (gediegen 
Silber). 

Grünlichw  eiss  (Talk). 

Milch weiss , Weiss  mit  etwas  Blau  (Opal). 

Zinnweiss , die  vorige  Farbe  mit  Metallglanz  (gediegen 
Quecksilber). 

Graulichweiss  (Quarz). 

2.  Grau. 

Aschgrau  (Zoisit). 

Grünlichgrau  (Thonschiefer). 

Blaulichgrau  (Kalkstein). 

Bleigrau  ist  Blaulichgrau  mit  Metallglanz  (Bleiglanz). 
Perlgrau , ein  lichtes  Bläulichgrau  mit  etwas  Roth  (Silber- 
hornerz). 

Gelblichgrau  (Glimmer). 

Stahlgrau,  Dunkelgrau  mit  etwas  Gelb  (gediegen  Platin). 
Rauchgrau,  Dunkelbläulichgrau  mit  etwas  Braun  (Feuer- 
stein). 

3.  Schwarz. 

Dunkel-  oder  Sammetschwarz  (Obsidian). 

Graulichschwarz  (Basalt). 

Eisenschwarz,  die  vorige  Farbe  mit  MetaJlglanz  (Magnet- 
eisenstein). 

Rabenschwarz,  Schwarz  mit  etwas  Grün  (Hornblende). 
Pechschwarz,  Schwarz  mit  etwas  Braun  (Pechkohle). 
Blaulichschwarz  (schwarzer  Erdkobalt). 

4.  Blau. 

Berlinerblau  (Disthen). 

Indigoblau,  schwärzliches  Blau  mit  etwas  Grün  (Blau- 
Eisenerde). 

Lasurblau,  ein  dunkles  Blau  mit  einer  Spur  Roth  (Kupfer- 
lasur). 

Violenblau , Dunkelblau  mit  Roth  und  etw  as  Braun  (Ame- 
thyst). 

Pflaumenblau,  leichtes  Blau  mit  vielem  Roth  und  Braun 
(Spinell). 

Lavendelblau,  Violenblau  mit  ein  wenig  Grau  \(Planitzer 
Steinmark). 


Optische  Eigenschaften.  41 

SmalteMau , lichtes  Blau  mit  vielem  Weiss  ( erdige  Kupfer- 
lasur). 

Himmelblau,  die  vorige  Farbe  mit  etwas  Grün  ( Kalait).t 

5.  G r ü n. 

Smaragdgrün  {Malachit). 

Spangrün,  mit  Blau  und  etwas  Weiss  gemischt  ( Chn/so - 
pras).  J 

Seladongrün,  blasser  als  die  vorige  {Grünerde). 

Berggrün,  die  vorige  mit  etwas  Grau  {Beryll). 

Lauchgrün,  Dimke] grün  mit  etwas  Blau,  Grau  und  Braun 
(Praseni). 

Schwärzlichgrün  {Serpentin). 

Apfelgrün,  helles  Grün  mit  Graulich  weiss  {Chi'ysopras). 

Grasgrün,  reines  Grün  mit  Gelb  {Uranglimmer). 

Pistaziengrün,  dunkles  Grün  mit  vielem  Gelb  und  etwas 
Braun  ( Chrysolith ), 

Spargelgrün,  blasses  Grün  mit  vielem  Grhulichweiss  und 
Gelb  {Spargelstein). 

Olivengrün,  lichtes  Grün  mit  vielem  Gelb  und  Braun 
{Olivenit). 

Zeisiggrün,  lichtes  Grün  mit  sehr  vielem  Gelb  {Uran- 
glimmer). 

6.  Gelb* 

Zitronengelb  {Auripigment). 

Goldgelb,  reines  Zitronengelb  mit  Metallglanz  {Gediegen 
Gold). 

Schwefelgelb , Gelb  mit  ein  wenig  Grün  {Schwefel). 

Messinggelb , ist  Schwefelgelb  mit  Metallglanz  {Kupferkies). 

Strohgelb , ein  blasses  Gelb  mit  etwas  Weiss  und  Grünlich- 
grau {Karpholit). 

Speissgelb,  die  vorige  Farbe  mit  Metallglanz  ( Eisenkies ). 

Honiggelb,  Gelb  mit  vielem  Braun  {Flussspath). 

Wachsgelb  ^ ^die  vorige  Farbe  mit  wenig  Braun  und  etwas 

Ockergelb , Gelb  mit  ziemlich  vielem  Braun  und  etwas 
Roth  {Gelherde). 

Weingelb,  blasses  Gelb  mit  etwas  Weisslichgrau  und  Roth. 
{Topas), 

Orangegelb,  hohes  reines  Gelb  mit  Roth  {Strich  des 
Realgar). 

Isabellgelb , Braunlichgelb  mit  etwas  Roth  und  Grau  ge- 
mischt {Bol). 

7.  Roth. 

Carminroth  {Kohalthlüilie). 

Morgen roth , reines  hohes  Roth  mit  vielem  Gelb  {Realgar). 

Hyacintliroth , dieselbe  Farbe  mit  etwas  Braun  {Hyacinih). 


12 


Physikalische  Kennzeichen. 


Ziegelroth,  lichteres  Roth  mit  etwas  Braun  und  Graulich- 
weiss  (Ziegelerz). 

Scharlachroth , ein  brennendes  Roth  mit  einer  Spur  Gelb 
(Zinnober). 

Blutroth , dunkles  Roth  mit  wenig-  Gelb  mid  etwas  Schwarz 
(Pgrop). 

Kupferroth , lichtes  Gelblichroth  mit  einer  Spur  Braun  und 
Metallglanz  (gediegen  Kupfer). 

Fleiscliroth,  blasses  Roth  mit  Graulichweiss  und  wenigem 
Gelb  und  Braun  (Antophgllit). 

Cochenillroth , Hochroth  mit  etwas  Blau  (Rothgültigerz). 

Columbinroth,  Dunkelroth  mit  hervorstechendem  Blau  (Gra- 
nat). 

Karmoisinroth , Hochroth  ins  Bläuliche  (Rubin). 

Rosenroth,  ein  blasses  Rotli  mit  etwas  Blau  und  vielem 
Weiss  (Rosenquarz). 

Pfirsichblüthroth , das  vorige  mit  mehr  Blau  (Kobaltblüthe). 

Rirschroth*  dunkles  Roth  mit  vielem  Blau  und  Braun  (An- 
timonblende). 

Braunroth,  Blutroth  mit  etwiis  Braun  (Thoneisenstein). 

8.  Braun. 

Kastanienbraun  (Kugeljaspis). 

Röthlichbraun  (Zinkblende). 

Nelkenbraun  , Dunkelbraun  mit  etwas  Roth  und  Braun 
(Axinit). 

Haarbraun,  blasses,  wenig  Roth  enthaltendes  Braun  mit  et- 
was Blau  und  vielem  Grau  (faseriger  Zinnstein). 

Gelblichbraun,  Braun  mit  vielem  Gelb  (Eisenquarz). 

Tombackbraun , Gelblichbraun  mit  Metall  glanz  (Glimmer). 

Holzbraun , lichtes  Gelblichbraun  mit  vielem  Grau  (llolz- 
asbest). 

Leberbraun , Braun  mit  vielem  Grün  und  Grau  (Pecbstein). 

Schwärzlichbraun , grenzt  ans  Pechschwarze  (Pechblende). 

§.  140.  Kommen  an  einem  Minerale  mehrere  Farben  oder 
Nüanzen  der  Stammfarben  vor,  so  entstehen  oft  Farben- 
Z eich  nun  gen,  deren  Beschaffenheit  man  durch  gestreift , 
ringförmig , geadert , gefleckt , gewölkt , geflammt , bäum  för- 
mig, ruinenförmig  ausdrückt.  — Manche  Mineralien  erleiden 
eine  Veränderung  ihrer  Farbe,  wenn  sie  dem  Lichte  und 
der  Luft  ausgesetzt  werden,  Hierhin  gehört  das  einfarbige  oder 
bunte  Anlaufen , w enn  sich  die  Wirkung  auf  die  Oberfläche 
beschränkt  und  das  Verschiessen , Bleichen , Schwärzen  oder 
Bräunen , w enn  die  ganze  Substanz  der  Veränderung  unter- 
worfen ist. 

§.  141.  Die  Farbe  des  Minerals  wird  durch  Ritzen  mit 
einem  scharfen  Instrumente,  auf  dem  Striche,  in  der  Regel  ver- 


Electricität. 


43 


ändert  Diese  Eigenschaft  ist  für  die  Diagnostik  besonders 
wichtig,  wenn  sie  constant  erscheint  und  wird  in  der  Beschrei- 
bung als  Strich  oder  Strichpulver  aufgenommen. 

§.  142.  Dichroismus  und  Trichr  oismus  ist  eine  bei 
manchen  durchsichtigen  krystallisirten  Mineralien  beobachtete  Er- 
scheinung , vermöge  welcher  dieselben  beim  Durchsehen  nach  ver- 
schiedenen Richtungen  sich  unter  verschiedenen  und  zwar,  den 
bisherigen  Erfahrungen  gemäss,  unter  zwei-  oder  dreierlei  Far- 
ben darstellen.  Diese  Erscheinung  hängt  mit  der  Krystallisation 
und  doppelten  Strahlenbrechung  zusammen. 

§.  143.  Manche  Mineralien  zeigen  eine  Verschiedenheit  der 
Farbe,  je  nachdem  man  in  verschiedenen  Richtungen  auf  sie 
sieht.  Man  nennt  dieses  Farbenspiel  auch  das  Opalisiren. 
Aehnliches  findet  sich  bei  andern  Mineralien,  deren  einzelne 
Flächen  eigenthümliche  Farben  zeigen.  Diese  Farben  Wand- 
lung und  jenes  Farbenspiel  scheinen  in  den  Structur-Verhält- 
nissen  der  einzelnen  Mineralien  begründet. 

§.  144.  Das  Irisiren  der  Mineralien  ist  wahrscheinlich 
eine  Folge  von  Spalten  und  Rissen  im  Innern ; es  kamt  zuwei- 
len künstlich  durch  einen  Hammerschlag  hervorgerufen  werden 
und  zeigt  sich  als  mehr  oder  minder  regelmässige  parallellau- 
fende, obwohl  vielfach  gekrümmte,  regenbogenähnliche  Ringe 
und  Streifen  aus  rothen,  blauen,  grünen,  gelben  u.  s.  w.^ Far- 
ben im  Innern  der  Masse.  — Der  Lieh  t/ch  ein  besteht  in  einem 
sanften,  wogenden,  bläulichen  oder  weissen,  selten  anders  ge- 
färbten, perlmutterartigen  Schillern , das  aus  dem  Innern  zu 
kommen  und  seinen  Grund  in  beigemengten  Substanzen  oder  in 
einem  faserigen  Gefüge  zu  haben  scheint.  Durch  convex  ge- 
schliffene Oberflächen  werden  diese  Erscheinungen  erhöht. 

4 . Phosphorescenz. 

§.  145.  Manche  Mineralien  haben  die  Eigentümlichkeit , 
unter  gewissen  Umständen  einen  leuchtenden  Schein  zu  verbrei- 
ten, z.  B.  durch  mechanische  Mittel , beim  Reiben,  Schlagen, 
Spalten,  Ritzen , oder  durch  Erwärmung , durch  Insolation , 
durch  Electricität.  Die  Phosphoresc  enz  ist  für  die  Cha- 
rakteristik von  geringerer  Wichtigkeit. 

5.  Electricität. 

§.  146.  Einige  Mineralien  werden  electrisch  durch 
Erwärmen  (Turmalin , Topas) ; andere  durch  Reiben  , ja  einzelne 
(Doppelspath)  werden  schon  durch  den  Druck  der  Hand  elec- 
trisch. Die  Mineralien  sind  entweder  Nicht-Leiter , wenn  sie 
unmittelbar  durch  obige  Mittel  electrisch  werden,  oder  Leiter 
der  Electricität,  wenn  man  sie  vorher  isoliren,  z.  B.  auf  Glas 


44  Physikalische  Kennzeichen. 

befestigen  muss,  um  in  ihnen  Electricität  erregen  zu  können. 
Einige  Mineralien  nehmen  durch  Reiben  positive  oder  Glas- 
Electricität , andere  negative  oder  Ilarz-Electriciiät  an.  Man- 
che werden,  besonders  durch  Erwärmen,  polarisch-electrisch , 
so  dass  man  an  einem  Ende  positive,  am  andern  negative  Elec- 
tricität wahrnimmt.  Zur  Ermittelung  der  Gegenwart  und  der 
Arten  von  Electricität  bedient  man  sich  einer  Nadel  von  Kupfer  ; 
oder  Messing,  die  an  beiden  Enden  in  kleine  Kugeln  ausläuft 
und  vermittelst  eines  Glashütchens  auf  einer  Stahlspitze  schwebt. 
Diesem  Instrumente  nähert  man  das  mit  einem  wollenem  Tuche  i 
geriebene  Mineral;  wird  die  Nadel  angezogen,  so  ist  das  Mine-  i 
ral  ein  Nicht-Leiter , übt  es  hingegen  keine  Wirkung  auf  die 
Nadel  aus,  so  ist  es  ein  Leiter  der  Electricität.  Ertheilt  man 
dem  Instrumente  vorher  eine  bestimmte,  z.  B.  Harzelectricität , 
so  lässt  sich  dann  durch  Anziehen  oder  Abstossen  der  Nadel 
bei  Annäherung  des  geriebenen  Minerals  erkennen,  ob  positive 
oder  negative  Electricität  erregt  wurde,  da  gleichnamige  Elec-, 
tricitäten  sich  abstossen  und  ungleichnamige  sich  anziehen. 

6.  Magnetismus. 

§.  147.  Das  Verhalten  der  Mineralien  zur  Magnetnadel 
ist  für  manche  Mineralien  characteristisch.  Der  Magnetismus 
äussert  sich  dadurch,  dass  die  Mineralien  dem  Magnete  folgsam 
sind;*  andere  zeigen  sich  polariscJi-magneüsch , und  noch  an- 
dere ziehen  das  Eisen  an. 

<T.  Empirische  Kennzeichen. 

§.  148.  Hierher  gehört  der  G e r u oh , der  entweder  für 
sich  wahrnehmbar  ist,  oder  durch  Anhauchen  oder  Befeuchten 
und  durch  Reiben  und  Schlagen  hervorgerufen  wird.  G e- 
schmack  wird  in  der  Regel  nur  bei  im  Wasser  löslichen  Sal- 
zen wahrgenommen,  docli  wirken  auch  einige  Metalle  auf  die 
Geschmacksorgane.  Das  charakteristische  Verhalten 
der  Mineralien  zum  Wasser  bestellt  entweder  in  ihrer 
Auflöslichkeit,  oder  in  ihrem  Vermögen  das  Wasser  aufzusaugen. 
Man  untersucht  in  letzterer  Beziehung  die  Geschwindigkeit  des 
Aufsaugens  durch  Eintauchen  in  Wasser,  oder  durch  das  mehr 
oder  minder  starke  Anhängen  an  die  feuchte  Lippe.  Durch  die 
längere  oder  kürzere  zum  Austrocknen  nöthige  Zeit  bei  gleich- 
bleibender Temperatur,  erkennt  man  den  Grad  der  Fähigkeit 
des  Minerals  das  Wasser  anzuhalten.  Beim  Aufsaugen  des 
Wassers  bleiben  die  Mineralien  entweder  unverändert,  andere 
zerfallen  oder  zerspringen,  erhalten  dunklere  oder  lebhaftere 
Farben,  und  einige  werden  durchsichtig.  Beim  An  füll  len  der 
Mineralien  zeigen  dieselben  ebenfalls  Verschiedenheiten,  indem 
manche  kaltf  andere  fett  oder  mager  erscheinen.  Beim  Sclila- 


Chemische  Keimzeichen. 


45 


gen,  Biegen  oder  Brechen  der  Mineralien  hört  man  zuwei- 
len ein  Klingen , Rauschen  oder  Knirschen . 


III.  Chemische  Kennzeichen. 

§.  149.  Die  chemischen  Kennzeichen  sind  entweder 
von  der  quantitativen  oder  qualitativen  chemischen  Unter- 
suchung hergenommen.  Die  erstere  erfordert  vollkommene  Fer- 
tigkeiten und  Kenntnisse  in  der  analytischen  Chemie.  Ihre  Re- 
sultate sind  für  die  Mineralogie  von  höchster  Wichtigkeit  und 
lehren  die  Stelle  erst  genau  keimen , welche  jedes  Fossil 
im  Systeme  einnimmt.  Es  ist  nöthig,  der  Beschreibung  eines 
Minerals  die  Resultate  seiner  quantitativen  Untersuchung  beizu- 
fügen. Aus  diesen  gehen  durch  Berechnungen  nach  den  Grund- 
sätzen der  Stöchiometrie  jene  chemischen  Formeln  hervor , aus 
denen  man  die  Anordnung  der  Bestandtheile  des  Minerals  leicht 
übersieht.  (Wir  haben  diese  Zeichen  so  gewählt,  wie  sie  von 
Liebig  und  Poggendorf  in  ihrem  Handwörterbuche  der  Chemie 
benutzt  werden.  Siehe  die  Vorrede  dieses  Werkes  p.  IX.) 

§.  150.  Die  durch  eine  qualitative  chemische  Untersuchimg 
zu  ermittelnden  Kennzeichen  erleichtern  sehr  das  Bestimmen  der 
Mineralien.  Man  erhält  sie  theils  durch  Proben  auf  trocknem , 
theils  auf  nassem  Wege . Zu  ersterm  Zwecke  w erden  die  Mi- 
neralien der  Licht-  oder  der  Löthrohrflamme  ausgesetzt,  um  ihr 
Verhalten  in  der  Hitze  zu  erforschen.  Bei  Löthrohrversuchen 
bedient  man  sich  als  Unterlage  für  das  Mineral  entw  eder  der 
Platinzange , des  Platinblechs  oder  Drahts  und  der  Kohle; 
ferner  erhitzt  man  die  Mineralien  entw  eder  im  Glaskolben  oder 
in  einer  an  einem  Ende  zugeschmolzenen  oder  in  einer  an  bei- 
den Seiten  offenen  Glasröhre , entweder  für  sich,  oder  mit  Rea- 
gentien.  Die  wichtigem  der  letzten  sind  für  Lothröhr- Versuche : 
Soda , Borax , Phosphorsalz , Boraxsäure , Kobaltlösung. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  Bestimmung  der  Mine- 
ralien ist  der  Grad  ihrer  Schmelzbarkeit,  v.  Kobell  stellte  da- 
her eine  Scala  normaler  Mineralien  auf,  denen  eigenthümliche 
Schmelzgrade  zukommen , wie  folgt : 

1)  Antimonglanz. 

2)  Natrolith. 

3)  Almandin. 

4)  Strahlstein. 

5)  Feldspath. 

6)  Bronzit. 

Der  Antimonglanz  schmilzt  leicht  in  der  blossen  Licht- 
flamme; Natrolith  schmilzt  nur  in  feinen  Nadeln  an  dem  Saum 
der  untern  Lichtflammme,  aber  leicht  vor  dem  Löthrohre  in 


16 


Chemische  Kennzeichen. 


stumpfen  Stücken.  Almandin  schmilzt  nicht  in  der  Lichtflamme, 
aber  noch  in  stumpfen  Stücken  vor  dem  Lötbrohre ; Strahlstein 
ist  merklich  schwerer  schmelzbar  als  der  Feldspath;  Bronzit 
kann  nur  in  den  fernsten  Splittern  abgerundet  werden.  Bei  der 
Untersuchung  verfährt  man  ähnlich  wie  bei  der  Härtescala.  Man 
hält  Splitter  dieser  Mineralien  von  verschiedener  Grösse  und 
Feinheit  vorräthig  und  schlägt,  wo  möglich,  eben  so  lange 
Splitter  der  zu  untersuchenden  Proben.  Die  Normalstufen  drückt 
man  durch  die  den  Mineralien  der  Scala  beigesetzten  Zalilen  aus , 
schätzt  die  Niianzen  zwischen  denselben  approximativ,  und  bezeich- 
net sie  durch  Dezimalstellen.  (Es  kann  hier  nicht  der  Ort  sein, 
eine  Anleitung  zu  analytischen  und  Löthröhr-Versuchen  zu  ge- 
hen. Wir  verweisen  zur  Belehrung  über  die  letztem  auf  die 
Werke  von  Berzelius  und  Viatiner , welche  in  dem  Artikel 
„Litteratür“  angeführt  sind.) 

§.  151.  Bei  den  Versuchen  auf  nassem  Wege  berücksich- 
tigt man  besonders  die  Auflöslichkeit  des  Minerals  in  destillir- 
tem  Wasser  oder  Säuren.  Salz-,  Salpeter-  und  concentrirte 
Schice felsäure  sind  für  die  Anwendung  am  zweckmässigsten. 
Bei  der  Anwendung  derselben  kommen  auch  die  Gasarten  in 
Betracht,  welche  sich  beim  Lösen  entwickeln.  Zu  allen  diesen 
werden  aber  Erfahrung  und  chemische  Kenntnisse  erfordert,  die 
nur  durch  besonderes  Studium  der  analytischen  Chemie  und 
fleissige  Uebung  zu  erlangen  sind. 

(Als  Anhang  zu  diesem  § erwähnen  wir  des  Einflusses,  den 
die  Atmosphäre,  besonders  Luft  und  Wasser,  auf  die  Minera- 
lien ausüben,  da  diese  Erscheinungen  als  Folgen  chemischer  Ac- 
tionen zu  betrachten  sind.  Sie  bestehen  hauptsächlich  in  der  Auf- 
nahme von  Sauerstoff  und  Wasser  oder  in  dem  Verluste  des  letz- 
tem. Als  Wirkung  der  Aufnahme  von  Sauerstoff  und  Wasser  kann 
man  das  Verwittern  und  Efftoresciren  der  Mineralien  betrachten. 
Unter  dem  ersten  versteht  man  eine  Abnahme  der  Härte  und 
Neigung  zum  Zerfallen,  während  bei  dem  letzten  neu  gebildete 
Salze  in  Zarten  krystallinischen  oder  flockigen  Gestalten  an  der 
Oberfläche  erscheinen.  Mit  dem  Verluste  der  Feuchtigkeit  ist 
auch  in  der  Regel  eine  Entweichung  von  Gasen  und  die  Aus- 
trocknung der  Fossilien  verbunden.  Durch  genannte  Verhält- 
nisse wird  die  fortdauernde  Bildung  neuer  Mineralien  aus  der 
Zersetzung  und  Umbildung  vorhandener  vermittelt.  Man  helegt 
dieses  Erscheinen  neuer  Mineralien  gew  öhnlich  mit  dem  Namen 
des  Wachsens.  Eine  fernere  Anlage  zur  Entstehung  neuer 
Fossilien  finden  wir  auch  in  den  heissen  und  kalten  Quellen , 
welche  Absätze  bilden,  in  der  vulkanischen  Thätigkeit,  in  den 
Bränden  von  Schw  arz-  und  Braunkohlen  und  in  der  Atmosphäre, ! 
bei  der  Bildung  von  Aerolithen , Meteorsteinen  11.  s.  w .) 


Systematik. 


47 


ZWEITER  ABSCHNITT. 

Systematik  und  Nomenklatur. 

§.  152.  Ihrem  verschiedenen  Principe  nach  giebt  es  in  der 
Mineralogie  künstliche  und  gemischte  Systeme  und  natürliche 
Methoden , wie  in  den  beiden  übrigen  Zweigen  der  Naturbe- 
schreibung. Alle  haben  den  Zweck  nach  bestimmten  Gesetzen 
eine  wissenschaftliche  Anordnung  in  die  Gesammtheit  der  ein- 
fachen Mineralien  zu  bringen  und  indem  sie  Gleiches  zu  Glei- 
chem und  Aehnliches  zu  Aehnlichem  stellen , die  einzelnen  Theile 
zu  einem  gegliederten , zusammenhängenden  und  in  sich  abge- 
schlossenem Ganzen  zu  vereinigen. 

§.  153.  Bei  Anwendung  der  natürlichen  Methode  berück- 
sichtigt man  die  Gesammtheit  der  wesentlichen,  sowohl  ste- 
reomelrischen , physikalischen , als  chemischen  Kennzeichen 
zur  Bildung  der  Abtheilungen , die  hier  natürliche  Familien 
heissen.  Die  Aufstellung  wirklich  natüxlicher  Familien  muss 
das  Streben  des  forschenden  Geistes  und  Ziel  der  speciellen 
Naturforschung  sein.  Wir  besitzen  Anordnungen  mehr  oder 
weniger  nach  diesen  Grundsätzen  ausgeführt  von  Mohs , Breit - 
Jumpt  und  Glocker. 

§.  154.  Bei  den  künstlichen  Systemen  wird  die  Anordnung 
nach  einem  oder  wenigen , willkührlich  gewählten  Merkmalen 
vor  genommen , während  bei  den  gemischten  Systemen  kein  be- 
stimmtes Princip  consequent  zur  Bildung  der  Abtheilungen  be- 
nutzt wird. 

§.  155.  Zu  den  künstlichen  Systemen  gehören  die  chemi- 
schem Als  die  gelungensten  chemischen  Mineralsysteme  sind 
die  von  Berzelius  und  Leop.  Gmelin  anzusehen,  deren 
erster  es  wir,  in  seiner  neusten  Gestaltung,  zur  Eintheilung  und 
Anordnung  der  Mineralien  gew  älüt  haben.  In  einem  chemischen 
Systeme  können  die  Mineralien  entweder  nach  dem  electroposi - 
tivsten  oder  electronegativsten  ihrer  Bestandteile  geordnet 
werden.  In  dem  älteren  Mineral-Systeme  wählte  Berzelius 
den  ersteren  Weg  und  verliess  durch  Mitscherlich ’s  Ent- 
deckung des  Isomorphismus  oder  des  Gesetzes  : „ dass  Körper , 
die  aus  verschiedenen  Elementen , aber  aus  gleicher  Zahl  von 
Atomen , auf  gleiche  Weise  zusammengesetzt  sind , gleiche 
Krystallform  annehmenu  diesen  Grundsatz  wieder , weil  dieses 
Vermögen  bestimmter  Körper,  sich  gegenseitig  zu  ersetzen,  bei 
den  im  Mineralreiche  vorkommenden  Verbindungen,  sehr  häufig 
den  electropositiven , und  nur  selten  den  electronegativen  Be- 
standteilen zukommt. 

§.  156.  Wir  nennen  die  oberen  Abtheilungen  des  Systems 
Klassen,  deren  das  imsrige  zw  ei  hat.  Die  erste  Klasse  zer- 


48 


Geschichte  und  Litteratur. 


fällt  in  vier  Ordnungen,  die  Ordnungen  ln  Gruppen  und 
die  grossem  Gruppen  theilen  wir  in  Abtheilungen.  Die 
Gruppen  oder  ihre  Abteilungen  werden  durch  Gattungen 
gebildet.  Die  weite  Klasse  des  Systems  ist  an  Gattungen  sehr 
arm,  und  die  Uebersicht  derselben  wird  hinreichend  erleichtert, 
wenn  wir  sie  in  Gruppen  vereinigen.  Manche  der  Gattungen 
des  Mineralsystems  haben  mehrere  Arten.  In  der  richtigen 
Begründung  der  Gattungen  und  Arten  liegt  die  Aufgabe  des 
Systematikers  : sie  sollen  überall  dieselben  sein,  während  die 
verschiedenen  Grundsätze  der  verschiedenen  System«  auf  die 
Bildung  der  höheren  Klassifications-Stufen , der  Gruppen  und 
Klassen , bestimmend  einwirken. 

§.  157.  Die  Gattung  eines  Minerals  begreift  alle  Individuen 
in  sich,  die  in  den  absolut-wesentlichen  Merkmalen,  gleicher 
chemischer  Zusammensetzung  und  gleicher  Krgstallisation , 
spec.  Gewicht,  Härte  und  Structur,  übereinstimmen.  Finden 
sich,  wie  dies  bei  den  sehr  allgemein  verbreiteten  Gattungen  der 
Fall  ist,  Individuen,  die  ausser  der  Uebereinstimmung  in  jenen 
absolut- wesentlichen  Merkmalen,  auch  in  deii  einzelnen  relativ- 
wesentlichen  sich  gleich  sind,  so  bilden  diese  die  Arten,  in 
welche  solche  Gattungen  zerfallen.  Als  relativ  - wesentliche 
Merkmale  betrachten  wir  die  Arten  des  Glanzes,  die  Farben, 
die  Absonderung  u.  s.  wr. 

DRITTER  ABSCHNITT. 

Geschichte  und  Litteratur . 

§.  158.  Die  Kenntniss  der  Alten  war  in  der  Mineralogie 
sehr  mangelhaft.  Zwar  grub  schon  Tubalkain  Metalle  und 
verarbeitete  sie,  und  die  Aegyptier  hinterliessen  uralte  Denk- 
mäler aus  Syenit  und  Granit;  auch  waren  den  Alten  manche 
Arzneimittel  aus  dein  Mineralreiche  bekannt,  wie  die  Werke  von 
IHoscorides  (J.  50  n.  Chr.) ,,  Plinius  (79  J.  n.  Chr.)  und  Galen 
(113 — 200  J.  n.  Chr.)  darthun;  allein  diese  mangelhafte  Kennt- 
niss  erstreckte  sich  nur  auf  einzelne  Fossilien  und  besonders  auf 
solche,  welche  sie  benutzten,  oder  die  durch  Glanz,  Farbe  und 
andere  äussere  Merkmale  ihre  Aufmerksamkeit  auf  sich  zogen.; 
Aristoteles  (384 — 322  vor  Chr.)  war  der  erste,  welcher  die 
Mineralien  in  zwei  grosse  Klassen  theilte,  und  Avicenna 
(980 — 1036  n.  Chr.)  stellte  zuerst  vier  Klassen  von  Fossilien 
auf  und  nannte  sie  : Erden  und  Steine , brennliche  oder 
schwefliche  Fossilien , Salze  und  Metalle. 

§.  159.  A gr  i c o 1 a (1494—1555)  begann  ein  mehr  wissen- 
schaftliches Gebäude  der  Mineralogie  zu  bilden  und  wandte  seine! 
Aufmerksamkeit  auf  die  äusseren  Kennzeichen  der  Mineralien  zu 
ihrer  Unterscheidung.  — Linne’s  (1707 — 1788)  umfassendem 


Geschichte. 


49 


Geiste  gelang  es  auch,  die  Mineralien  nach  einem  Systeme 
za  ordnen;  gleichzeitig  erwarb  sich  Wallerius  (1708—1785) 
um  die  Beschreibung  und  Kunstsprache  der  Fossilien  viele  Ver- 
dienste. Derselbe  ordnete  später  die  Mineralien  zugleich  nach 
ihren  äussern  Merkmalen  und  in  Verbindung  mit  ihrem  chemi- 
schen Bestände.  Ihm  folgte  Cronstedt  (1722 — 1765),  dessen 
Verdienste  in  der  consequenten  Durchführung  des  ersten  rein- 
chemischen Systems  bestehen, 

§.  159.  Als  der  Begründer  einer  neuen  Epoche  und  mehr 
wissenschaftlichen  Bearbeitung  der  Mineralogie  muss  Werner 
(1749 — 1817)  angesehen  werden.  Er  beschrieb  zuerst  mit  grosser 
Genauigkeit  die  Mineralien,  und  beachtete  hierbei  die  Gesammi- 
Eindrücke,  welche  jedes  Fossil  auf  die  Sinne  ausübt,  verbesserte 
und  berichtigte  die  Kunstsprache  und  vervollständigte  die  Kenn- 
jzeichenlehre , aber  er  berücksichtigte  dabei  den  mathematischen 
und  chemischen  Theil  der  Wissenschaft  zu  wenig.  Den  ersteren 
oder  die  Krystallographie  erhob  Haiiy  (gest.  1822)  zur  Wissen- 
schaft, ordnete  die  Mineralien  vorzüglich  nach  der  Gleichheit 
und  Ungleichheit  der  Krystalle,  welche  er  mit  grosser  Genauig- 
keit geometrisch  beschrieb , und  die  Bildung  der  mannigfaltig- 
| steil  Formen  aus  wenigen  einfachen  mit  grossem  Scharfsinn  ent- 
wickelte. Seitdem  hat  sich  die  Krystallographie  vorzüglich  aus- 
j gebildet  und  es  haben  sich  in  dieser  Lehre  besonders  hervor- 
gethan:  Weiss,  Mohs,  Gustav  Rose,  Naumann,  Kupf- 
fer,  Hai  ding  er,  v.  Leonhard  u.  s.  wr.  Von  nicht  gerin- 
gerer Wichtigkeit  für  die  Mineralogie  wraren  die  Fortschritte  in 
der  analytischen  Chemie.  Auf  die  Untersuchungen  von  Klap- 
rotli,  Stromeyer,  Berzelius,  Mitscherlich,  H.  Rose, 
Leop.  Gmelin,  Chr.  Gmelin,  Arfvedson,  Turner 
il  m.  a,  gestützt,  entstanden  die  neuern,  rein  chemischen  Sy- 
steme. 

§.  160.  Litteratnr. 

Cr.  Agricola , mineralogische  Schriften , übersetzt  von  jE.  Leh- 
mann. 4 Bände.  Freiberg  1806 — 1812.  8» 

Werner , von  den  äusserlichen  Kennzeichen  der  Fossilien.  Leip- 
zig 1774. 

J.  G.  Wallerius , Systema  mineralogicum.  Edit.  II.  Vieimae 
1778.  8, 

A.  F.  Cronstedt’ s Mineralogie , übersetzt  von  Werner.  Leipzig 
1780. 

L.  de  Launay , Mineralogie  des  anciens.  Bruxelles  et  Paris.  2 
Vol.  1803.  8. 

C.  Schmie  der , Versuch  einer  Lithurgik  oder  ökonomisch-techni- 
schen Mineralogie.  2 Bde.  Leipzig  1803—1804. 

Geigers  Pharmacie . 11*  1*  (2 te  Aufi.) 


4 


50 


Litteratur. 


H.  L.  W.  Völker.  Handbuch  der  ökonomisch-technischen  Mi- 
neralogie. 2 Bde.  Berlin  1805. 

Bournon , Traite  de  Mineralogie.  3 Vol.  Londres.  1808. 

D.  L.  Cr.  Karsten , mineralogische  Tabellen.  2te  Aufl.  Berlin 
1808.  fol. 

K.  C.  v.  Leonhard , Merz  und  Kopp , systematisch-charakte- 
ristische Uebersicht  und  Charakteristik  der  Mineralkörper. 
Frankfurt  1806.  fol. 

J.  M.  Klaproth , Beiträge  zur  chemischen  Kemitniss  der  Mi- 
neralkörper. 6 Bde.  Berlin  1795 — 1815.  8. 

v.  Leonhard , Bedeutung  und  Stand  der  Mineralogie.  Frankfurt 
1815.  4. 

C.  A.  S.  Hoff  mann , Handbuch  der  Mineralogie,  fortgesetzt 
von  A.  Breithaupt.  8 Bde.  Freiberg  1811 — 1818.  8. 

A.  Cr.  Werners  letztes  Mineralsystem  aus  dessen  Nachlasse. 
Freiberg  und  Wien  1817.  8. 

//.  Steffens  vollständiges  Handbuch  der  Oryktognosie.  4 Bde. 
und  1 Suppl.  Bd.  Halle  1811 — 24.  8. 

J.  F.  L.  Hausmann , Handbuch  der  Mineralogie.  2 Bde.  Göttin- 
gen 1813.  2te  Aull.  1 Bd.  1828. 

C.  P.  Brard , Mineralogie  appliquee  aux  arts  etc.  3 Vol.  Paris 
1821.  8. 

J.  F.  L.  Hausmann , Untersuchungen  über  die  Formen  der  leb- 
losen Natur.  Göttingen  1821.  I.  4. 

R.  J.  Haüy , Traite  de  Crystallographie.  2 Vol.  8.  avec  84 
planch.  in  4to.  Paris  1822. 

F.  Stromeyer,  Untersuchungen  über  die  Mischungen  der  Mine- 
ralkörper.  Göttingen  1822.  8. 

R.  J.  Haüy , Traite  de  Mineralogie.  2me  edit.  Paris  1832. 

F.  Mohs  , Grundriss  der  Mineralogie.  2 Bde.  Dresden  1S22 — 24. 

F.  S.  Beudant , Traite  elementaire  de  Mineralogie.  Paris  1824. 
2me  edit.  Paris  1830. 

Dasselbe  in’s  Deutsche  übersetzt  von  K.  F.  A.  Hartmann.  Leip- 
zig 1826.  8. 

W.  Philipps , Elementary  introduction  to  the  knowledge  of  Mi- 
neralogy.  London  1824.  3.  edition. 

li.  C.  von  Leonhard , Charakteristik  der  Felsarten.  3 Bde. 
Heidelberg  1823 — 1824.  8. 

— — Naturgeschichte  des  Mineralreichs.  Heidelberg  1825.  8. 

Handbuch  der  Oryktognosie.  2te  Aufl.  Heidelberg  1826.  8. 

C.  M.  Marx , Geschichte  der  Krystallkunde.  Karlsruhe  1825.  8. 


Litteratur. 


51 


C.  F.  Nawnam , Grundriss  der  Krystallographie.  Leipz.  1826.  8. 
— — Entwurf  der  Lithurgik.  Leipzig  1826.  8. 

C.  Naumann , Lehrbuch  der  Mineralogie.  Berlin  1828.  8. 

A.  Breithaupt , vollständige  Charakteristik  des  Mineralreichs. 
3te  AulL  Dresden  1828.  8. 

J.  Berzelius , von  der  Anwendung  des  Löthrohrs  in  der  Chemie 
und  Mineralogie,  übersetzt  von  Rose.  2te  Aufl.  Nürnberg 
1828.  und  3te  Aufl.  1837. 

J{.  F.  A.  Hartmann , Handwörterbuch  der  Mineralogie  und 
Geognosie.  Leipzig  1828.  8. 

* die  Mineralogie  in  sechs  und  zwanzig  Vorlesungen.  Il- 

menau 1828. 

W.  Haidinger,  Anfangsgründe  der  Mineralogie.  Leipzig  1829.  8. 

F.  A . Walckner , Handbuch  der  gesammten  Mineralogie,  lste 
Abth.  Carlsruhe  1829.  8. 

F.  v.  Kobell , Charakteristik  der  Mineralien.  2 Abtheilungen. 
Nürnberg  1830. 

C.  F.  G locker , Handbuch  der  Mineralogie.  2 Abtheilungen. 
Nürnberg  1831.  8. 

H.  T.  de  la  Becke , Handbuch  der  Geognosie,  übersetzt  von 
H.  von  Decken.  Berlin  1832.  8. 

J.  R.  Blum , Lehrbuch  der  Oryktognosie.  Stuttgart  1833.  8. 

IL  C.  von  Leonhard , Naturgeschichte  des  Mineralreichs.  2 Ab- 
theilungen.  2te  Aufl.  Heidelberg  1833.  8. 

Lehrbuch  der  Geognosie  und  Geologie.  Stuttgart  1835. 

F.  A.  Walckner , Handbuch  der  Geognosie.  Carlsruhe  1833. 

T.  Tkomson , Outlines  of  Mineralogy , Geology  and  Mineral- 
Analysis.  London  1835.  8.  (Als  dritter  Theil  von  dessen 
System  of  Chemistry.) 

F.  v.  Kobell , Tafeln  zur  Bestimmung  der  Mineralien.  2te  Aufl. 
München  1835.  8. 

H.  T.  de  da  Becke , Anleitung  zum  natur  - wissenschaftlichen 
Beobachten.  I.  Geologie,  übersetzt  von  Rehbock,  mit  einer 
Vorrede  von  H.  v.  Decken.  Berlin  1836.  8.  (Erscheint 

Heftweise.) 

C.  Hartmann,  Lehrbuch  der  Mineralogie  und  Geologie.  Nürn- 
berg 1836. 

Fr.  Moks,  leichtfassliche  Anfangsgründe  der  Naturgeschichte 
des  Mineralreichs.  Wien  1836. 

Ch.  T.  Hochstätter , populäre  Mineralogie , oder  die  Fossilien- 
und  Gebirgskunde  für  alle  Stände.  Reutlingen  1837.  8. 


52 


Literatur. 


C.  F.  Platlner , die  Probirkunst  mit  dem  Lölhrohre,  oder  An 
leitung  etc.  Mit  3 Kupfertafeln.  Leipzig  1835. 

v.  Leonhard , Taschenbuch  für  die  gesammte  Mineralogie.  18 
Bde.  Frankfurt  1807 — 24.  Zeitschrift  für  Mineralogie.  5 
Bde.  Frankfurt  1825 — 29.  Jahrbuch  für  die  Mineralogie  von 
v.  Leonhard  u.  Bronn.  3 Bde.  Heidelberg  1830 — 32.  Neues 
Jahrbuch  für  die  Mineralogie , Geognosie  und  Petrefakten- 
kunde  von  K.  v.  Leonhard  und  Br.  H.  G.  Bronn.  4 Jahr- 
gänge. Stuttgart  1832 — 36.  (Wird  fortgesetzt.) 

J.  Berzelius , Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  physischen 
Wissenschaften.  Uebersetzt  von  C.  G.  Gmelin  lr  bis  3r 
Jahrg. ; von  Wöhler  4r  bis  15r  Jahrg.  Tübingen  1823 — 
1836.  (Wird  fortgesetzt.) 

J.  C.  Poggendorff , Annalen  der  Physik.  Neue  Folge,  lr  bis  40r 
Bd.  Leipzig  1824 — 36.  (Wird  fortgesetzt.) 

Journal  für  praktische  Chemie  von  O.  L.  Erdmann  und  F.  W. 
Schweigger-Seidel.  3 Jahrg.  1834 — 36.  (Wird  fortgesetzt.) 

Br.  C.  F.  Glocker , Mineralogische  Jahreshefte.  Erster  Band 
für  die  Jahre  1831 — 1834.  Nürnberg  1835.  8.  Zugleich  als 
fortlaufende  Supplemente  zu  des  Verf.  Handbuch  der  Mine- 
ralogie. 

für  das  Jahr  1835.  Nürnberg  1837.  8. 


Zweiter  Theil : Charakteristik  der 

Mineralien. 


ERSTE  KLASSE. 

Mineralien,  zusammengesetzt  nach  dem  Prinzip-e 
für  die  Zusammensetzung  der  unorganischen 

Natu  r. 


ERSTE  ORDNUNG. 

Electr  opos  itive  Metalle . 

Die  Mineralien  dieser  Ordnung  kry stall isiren  sämmtlich  im 
regelmässigen  Systeme , ausgenommen  das  Palladium  und  Irid- 
osmium.  Der  Bruch  der  einfachen  Metalle  ist  hackig , ausge- 
nommen der  des  Wismulhs , oder  der  Bruch  ist  noch  unbekannt. 
Diese  Ordnung  durchläuft  fast  die  ganze  Härteskala , indem  sie 
sämmtlich  den  Talk  ritzen , und  vom  Diamant  geritzt  werden. 
(Das  Quecksilber  ist  nur  bei  sehr  niedriger  Temperatur  fest.) 
Die  Grenzen  in  der  Reihe  des  spec,  Gew.  bilden  das  Eisen  — 
7,3  und  das  Iridium  — 23,5.  Alle  hierhin  gehörigen  Minera- 
lien sind  undurchsichtig ,.  metallisch  glänzend.  Der  Glanz 
w ird  bei  Allen  durch  den  Strich  erhöht  oder  bleibt  unverändert, 
wie  beim  Wismuth. 

GRUPPE  I.  EISEN. 

I.  Gediegen  Eisen. 

(Syn.  Meteoreisen  , octaedrisehes  Eisen.) 

Krgstsfm.  regelmässig.  Krystf.  Octaeder,  Ausgebildete 
Kryst.  sind  sehr  selten  ; man  schiiesst  auf  obige  Form  nach  ein- 
zelnen Krystallllächen  und  den  Anzeichen  einer  regelmässigen 
Struktur  ( Widmannstädten9 sehe  Figuren)  , die  man  durch  Aetzen 
polirter  Flächen  dieses  Minerals  mit  Salpeters,  erhält.  (Wähler 
beobachtete  Würfel  beim  Zerschlagen  von  Eisenplatten , die  einer 
Monate  lang  andaur enden  Weisglühhitze  ausgesetzt  waren  und 
Octaeder  im  Innern  grosser  Massen  von  Gusseisen.  Poggend.  Ann. 


5 / 


Gediegen  Blei. 

Bd.  26.  p.  182.)  Kryst.  M.  scheinbar  geflossen,  ästig,  ze lli«-, 
durchlöchert,  oder  mannigfach  gebogen;  derb  und  eingesprengt! 
— Br.  Iiackig.  H.  = 5—6.  Geschmeidig  und  dehnbar.  Sp.  G. 

5,9  (Körner  aus  N.  Amerika)  bis  7,9.  Undurchsichtig.  Metall- 
glanz; lichtes  Stahl grau  in’s  Zinmveisse,  bräunlich  oder  schwarz 
angelaufen.  Strich  : glänzender.  Dem  Magnete  folgsam. 

V.  d.  L.  unschmelzbar  oder  nur  an  den  Kanten  der  dünn- 
sten Blättchen  sich  rundend.  Auflösbar  in  Salzsäure.  Symb.  Fe. 

Arten  : 

a.  I (*  11  ii  risch  es  Eisen  findet  sich  als  Körner  unter  der  Platina 
vom  Ural ; als  deutliche  Octaüder  iu  IV.  America  ^Grafschaft  GuildfordJ, 
eingesprengt  und  derb  als  zwei  Zoll  mächtige  , dem  Graphit  ähnliche 
Lage  im  Glimmerschiefer  des  Ca/ma/i-Gebirges  in  N.  America . 

b.  Me  teo  reisen.  Fällt  in  kryst.,  ästigen*  porösen  M.  oft  von  be- 
deutender Grösse  aus  der  Luft.  Hierhin  gehören  die  3(M'00  und  17,000  Pf. 
schweren  Massen  in  Brasilien  im  Distrikte  Choko-Gualamha  und  am  Hache 
Bemdegö ; in  Mexico  liegen  2,000—3,000  Pfund  schwere,  bei  Bitbur g 
eine  von  3,400  und  in  Sibirien  von  1,680  Pfund.  Sie  enthalten  häufig 
Körner  von  Chrysolith  eiugesprengt  oder  es  findet  sich  das  Meteoreisen 
selbst  eingesprengt  in  den  Meteorsteinen.  Die  gewöhnlichen  Bestand- 
teile des  Meteoreisens  sind:  Eisen,  Nickel,  Kobalt  und  Kupfer.  fVehrU 
untersuchte  Meteoreisen  von  mehreren  Arten  und  fand  in  dem  von  Agram 
a,  und  vom  Cap  der  g.  Hoffnung  b: 

a.  Fe.  Ni.  Co.  b.  Fe.  Ni.  Co. 

89,7.  8,8.  0,6.  85,6.  12,2.  0,8- 

(Hiernach  wären  die  Meteoreisen  als  Auflösungen  einer  Legirung  von 
CoNi,.,  in  Fe  zu  betrachten.  Ueber  die  bei  Magdeburg  gefundene  und 
fiir  Meteoreisen  gehaltene  Masse  vergl.  Annalen  der  Pharm.  Bd.  9.  p.  329.) 

Anhang. 

Meteorsteine  fAerolithenJ  sind  rundliche  Massen  , die  mit  einem 
Feuer-Meteore  , unter  heftigem  Getöse,  meist  erhitzt,  bald  einzeln,  bald 
in  grösserer  oder  geringerer  Menge  aus  der  höheren  Atmosphäre  herab- 
fallen. Sie  sind  bald  mehr  gleichartig  dicht , bald  körnige  Gemenge.  Sp. 
G.  3,43  — 3,7.  Innen  graulich-weiss , stellenweise  auch  gelb  gefleckt:  die 
Oberfläche  sieht  geflossen  aus  und  ist  mit  einer  schwarzen  , harten  Binde 
bekleidet.  Die  chemischen  Zerlegungen  gaben  verschiedenartige  Bestand- 
llieile  zu  erkennen.  Wir  führen  nach  Berz.  die  Mineralien  auf,  worin  er 
sie  zerlegte:  1)  Nickeleisen,  2)  Magnetkies,  3)  Magneteisen,  4)  Chryso- 
lith, 5)  Augit,  6)  Chromeisen,  und  7)  Zinnstein.  (Berz,  Jahrb.  15.  Jahrg. 
P-  227.) 

Ueber  die  täglich  gesteigerte  Anwendung  des  Eisens  etwas  sagen  zu 
wollen  , würde  zu  weit  führen.  Die  Geschichte  aller  Völker  lehrt  die 
Unentbehrlichkeit  und  hohe  Wichtigkeit  dieses  Metalls,  kennen.  Seine 
Bearbeitung  kann  als  ein  Maasstab  der  Intelligenz  der  Völker  und  ihres 
f ortschreitens  in  der  Einsicht  gelten.  — * Das  Meteoreisen  eignet  sich  be- 
sonders zu  Schneide-Instrumenten. 

GRUPPE  II.  BLEI. 

/.  Gediegen  Ule  i. 

liryststm.  regelmässig.  Krystf.  angeblich  Combiuatiou  des 


Gediegen  Wismutli. 


55 


Hexaeders  und  Octaöders.  Kryst.  undeutlich:  drath-  und  haar- 
förmig,  ästig,  baumförmig,  kleine  gewundene  Gestalten.  — Br. 
hackig.  H.  = 1,5.  Geschmeidig.  Sp.  G.  = 11,0—11,5.  Un- 
durchsichtig ; Metall  glanz  auf  frisch  geschnittenen  Flächen ; blei- 
grau , schwärzlich  angelaufen.  Strich : glänzender.  Etwas  ab- 
färbend. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzbar,  rauchend  und  die  Kohle  grün- 
lich-gelb beschlagend.  In  Salpetersäure  löslich.  Symb.  Pb. 

Findet  sich  mit  andern  Bleierzen  und  eingewachsen  in  Bleiglanz  im 
Uebergangskalkstein  : in  England  ( Aiston) r im  Thonsteine:  Spanien , in 
Blasenräumen  vulkanischer  Gesteine:  Madera , mit  Bleiglanz  verwachsen: 
in  N.- America. 

Das  Blei  im  oxydirten  und  mit  Säuren  verbundenen  Zustande  findet 
mannigfaltige  Anwendung  in  der  Pharmacie  und  Technologie.  Das  im 
Handel  vorkommende  metallische  Blei  wird  aus  verschiedenen,  später  zu 
beschreibenden  Bleierzen  gewonnen.  Es  kommt  ausser  diesem  (seltenen) 
gediegenen  Zustande  häufig  verbunden  mit  Schwefel  vor;  auch  mit  Chlor 
und  Sauerstoff  und  als  Oxyd  verbunden  mit  mehrern  Säuren. 


GRUPPE  m.  WISMUTH. 
i.  Gediegen  Wi  smuth. 

(Syn.  Octaedrisches  Wismuth.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Ociaöder;  2)  Combiita- 
tion  des  Octaeders  und  Bodecaeders ; 3)  Bodecaöder.  Kryst. 
meist  undeutlich  und  verzerrt,  mit  convexer,  rauher  Oberfläche, 
baumförmig  und  federartig  gruppirt;  gestrickt,  zahnig , dyath- 
und  moosförmig,  in  Blechen;  derb,  eingesprengt,  angeflogen.  — 
Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Octaederflächen.  Br.  uneben. 
If.  — 2 — 2,5 ; sehr  milde.  Sp.  G.  = 9,6 — 9,8.  Undurchsichtig ; 
Metallglanz ; röthlieh  silberweiss,  oft  grau,  roth  oder  blau  an- 
gelaufen. Strich : unverändert. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzbar;  aus  der  Flamme  genommen 
brennt  es  nicht  fort  wie  Antimon;  verflüchtigt  sich  und  be- 
schlägt die  Kohle  anfangs  weiss,  dann  gelb.  In  Salpetersäure 
lösbar;  die  Lösung  wird  mit  Wasser  gefällt.  Symb.  Bi.  Ent- 
hält gewöhnlich  etwas  As. 

Es  findet  sich  auf  Gängen  im  ältern  Gebirge:  Baden  fWittichenJ , 
Hessen  fßiberj  t am  Harz  j Erzgebirge  , Böhmen  , Kärnlhen,  Norwegen , 
N.~  America. 

Das  Wismuth  wird  durch  Saigerung  gewonnen  und  in  der  Arznei- 
kunde, auch  in  der  Technologie  zu  leichtflüssigen  Metallmischungen 
benutzt.  Das  Wismuth  kommt  in  der  Natur  ferner  verbunden  mit  Sauer- 
stoff, Schwefel  und  andern  Metallen  vor. 


56  Gediegen  Silber. 

GRUPPE  IV.  KUPFER. 

/.  Gediegen  Kupfer . 

(Syn.  Octacdrisches  Kupfer.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Hexaeder;  2)  Octatfder; 
3)  Dodecaeder;  4)  Tetrakishexaeder;  Combinationen  : 5)  des 
Octaeders  und  Hexaeders;  6)  des  Hexaeders  und  Dodecaeders; 
7)  des  Hexaeders,  Octaöders  und  Dodecaeders.  Kryst.  selten, 
meist  verzogen,  verdrückt  tuid  klein,  durcheinander  gewachsen, 
mannigfach  gruppirt ; ästig , zackig , bauin- , standen- , moos-, 
drathfönnig,  in  Platten  und  angeflogen , derb  und  eingesprengt , 
eckige  Stücke,  Körner.  — Br.  hackig.  H.  = 2,5 — 3.  Voll- 
kommen geschmeidig.  Sp.  G.  = 8,9.  Undurchsichtig  : metall- 
glänzend  ; kupferroth , braun  angelaufen  oder  grün  beschlagen. 
Strich  erhöht  den  Glanz. 

V.  d.  L.  zur  Kugel  schmelzbar  (2,8 — 3)*),  die  sich  beim 
Erkalten  mit  schwarzem  Oxyde  überzieht.  Mit  Salzsäure  be- 
feuchtet die  Lüthrohrflamme  schön  blau  färbend.  Symb.  Cu. 

Kommt  auf  sehr  schmalen  Gängen,  auch  auf  Lagern  vor  in  den  Go- 
birgen  verschiedener  Formationen,  begleitet  von  andern  Kupfererzen, 
Brauneisenstein,  Bleiglanz,  Quarz  u.  s.  w.  Rlieinbreitbach  hei  Bonn , 
Siegen  , Erzgebirge  , Schlesien  , Ungarn  t Sibirien  , Faroer,  Brasilien  * 
IS  ■- America  am  Lake  superior , liier  besonders  in  grossen  Blöcken  von 
150  Pfund  Gewicht. 

Das  meiste  Kupfer  wird  durch  Rösten  und  mehrmaliges  Schmelzen 
aus  andern  Kupfererzen  gewonnen,  in  denen  es  theils  verbundeu  mit 
Schwefel,  Sauerstoff  und  verschiedenen  Säuren  in  der  Natur \orkommt.  — 
Der  Gebrauch  des  Kupfers  ist  gleichfalls  sehr  ausgebreitet  in  der  Phar- 
macie,  besonders  in  den  Künsten  und  Gewerben  zu  Apparaten  und  ina- 
nigfaltigen  chemischen  Verbindungen.  Höchst  wichtig  ist  es  ferner  im 
Münz  wiesen , in  der  Kupferstecherei  und  als  Grundmasse  vieler  schätzba- 
ren Metall-Legierungen.  So  bildet  es  z.  B.  mit  Zinn  das  Glockengut , 
mit  Zink  das  Messing,  mit  Arsenik  das  Weisskupfer. 

GRUPPE  V.  SILBER. 
i.  Gediegen  Silber. 

(Syn.  llexacdrisches  Silber.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Hexaeder;  2)  Oclaeder; 
Combiiialiönen : 3)  des  Hexaeders  und  Octaeders:  4)  des  Hexae- 
ders, Octaeders  und  Dodecaeders;  selten  Zwillinge.  Kryst.  klein, 
oft  uneben,  meist  zu  den  mannigfaltigsten  Formen  gruppirt; 
zahnig,  bäum-,  dratli-  und  haarförmig,  moosartig,  gestrickt, 
in  Blättchen ; derb  und  eingesprengt.  — Br.  hackig.  II.  = 2,5 
— 3.  Vollkommen  geschmeidig.  Sp.  G.  = 10,3 — 10,5.  Un 

*)  Diese  und  alle  ähnlich  gestellte  Zahlen  zeigen  den  Grad  der 
Schmelzbarkeit  nach  der  vo/i  Kobcll'schen  Skala  an. 


Natürliches  Amalgam. 


57 


durcliskhtig ; metallglänzend ; silberweiss,  grau  oder  gelblich 
anlaufend.  Strich : glänzend. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzend  (2 — 2,6).  Die  salpetersaure  Auf- 
lösung wird  durch  Salzsäure  gefällt.  Symb.  Ag.  Enthält  häufig 
Spuren  von  Sb,  As,  Cu. 

Kommt  auf  Gängen  im  altern  Gebirgen  vor:  Sachsen  ( Treiber 
i Schneeberg),  am  Harz  f Andreasberg) , Baden , Böhmen , Ungarn,  Sibi- 
rien, Noi'wegen  , Peru  , Mexico , Chili. 

Das  Silber,  dessen  Gebrauch  zu  Münzen,  Geräthen  und  Gegenstän- 
den des  Luxus  in  mehr  oder  minder  mit  Kupfer  legirtem  Zustande,  zu 
pharmaceutischen  Präparaten  und  Geschirren , Wagen  , Spateln  u.  s.  w. , 
zu  einigen  chemischen  Präparaten,  im  reinsten  Zustande,  sehr  allgemein 
ist,  findet  sich  in  der  Natur  häufiger  in  Verbindung  mit  Schwefel,  Selen, 
Chlor,  Jod,  und  mehrern  andern  Elementen  verbunden,  aus  denen  das 
im  Handel  befindliche  durch  eigeuthümliche  Iiüttenprocesse  abgeschieden 
wird. 

GRUPPE  VI.  QUECKSILBER. 
t.  Gediegen  Quecksilber. 

Krgstsim.  regelmässig.  Kleine  Kugeln  und  Tropfen  auf  der 
Oberfläche  anderer  Quecksilbererze,  in  gewöhnlicher  Temperatur 
flüssig,  bei  — 39,  44  0 C.  erstarrend  und  dann  in  Octaedern 
krystaHisirend.  Sp.  G.  = 13,5 — 13,6.  Undurchsichtig;  metall- 
glänzend;  zinnweiss;  nicht  nätzend;  kalt  anzufühlen. 

V.  d.  L.  sich  ohne  Rückstand  verflüchtigend.  Symb.  Hg. 

Findet  sich  im  Sandstein  des  Kohlengebirges  , begleitet  von  andern 
Quecksilbererzen  (auch  in  Höhlen  und  Klüften  der  letztem)  und  von 
Eisenkies,  Kalk-  und  Bary  tspath  u.  s.  w.  Rheinpfalz , ( Landsberg , Marsfeldj , 
ldria  , Kärnthen  , Tyrol , Böhmen  , Spanien  fAlmaden) , Peru , China. 

Es  dient  als  Arzneimittel  zu  verschiedenen  Präparaten,  bei  Ausbrin- 
gung des  Goldes  und  Silbers  , zur  Fabrikation  der  Spiegel  und  mehrerer 
physikalischen  Apparate  , doch  wird  der  grösste  Theil  aus  den  in  der 
Natur  gewöhnlich  vorkommenden  Verbindungen,  mit  Schwefel,  Selen, 
Chlor , Jod  und  Silber  erhalten. 

2.  Natürliches  Amalgam. 

(Syn.  Dodecaedrisches  Mercur.) 

Krgststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Dodecaeder;  Combina- 
tiouen:  2)  des  Octaeders  und  Dodecaeders;  3)  des  Hexaeders 

und  Dodecaeders ; 4)  des  Ikositetraeders , Dodecaeders  und 
Hexakisoctaeders  u.  m.  a.  Kryst.  glatt,  oft  durch  einen  Ueber- 
zug  von  gediegen  Quecksilber  mit  zugerundeten  Kanten  und 
Ecken;  einzeln  aufgewachsen ; kleine,  kugelige  Hl.  Platten,  an- 
geflogen, derb  und  eingesprengt.  — Br.  muschelich,  uneben. 
II.  3 — 3,5,  wenig  spröde.  Sp.  G.  13,7 — 14,1.  Undurch- 

sichtig , metallglänzend , silberweiss.  Strich  : unverändert. 


58 


Gediegen  Platin. 


V.  d.  L.  auf  Kohle  verdampft  Quecksilber;  eia  Silberkorn 
bleibt  zurück.  Im  Kolben  kochend  unter  Sublimation  von  Queck- 
silber und  Hinterlassung  einer  schaumigen  Silbermasse.  Formel: 
AgHg3. 

Findet  sich  sparsam  unter  denselben  Verhältnissen  wie  gediegen 
Quecksilber,  bei  Moschei  in  der  Rheinpfalz , Almadcn  in  Spanien. 

GRUPPE  VII.  PALLADIUM. 
f.  Gediegen  Palladium. 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  Quadratoctaeder.  Kryst.  sel- 
ten, meist  kleine,  lose  Körner,  von  faseriger  Textur.  — H.  = 6,5  5 dehn- 
bar und  geschmeidig.  Sp.  G.  = 11,3  — 11,8.  Undurchsichtig;  metall- 
glänzend  ; stahlgrau  in’s  Silberweisse. 

V.  d.  L.  unschmelzbar.  Auflöslich  in  Salpetersäure ; die  Lösung 
wird  durch  Kalisalze  nicht  gefällt;  Bestdth.  Pd.  meist  mit  etwas  Pt.  und 
Ir.  verunreinigt.  Symb.  Pd. 

Findet  sich  in  Brasilien,  Peru,  St ■ Domingo,  am  Ural , (das  Selen 
palladium  kommt  in  sehr  geringer  Menge  zu  Tilkerode  am  Ilarze 
mit  Selensilber  und  Selenblei  vor) 

GRUPPE  VIII.  PLATIN. 

i.  Gediegen  Platin. 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Hexaeder.  Kryst.  höchst 
selten ; stumpfeckige  oder  rundliche  Stücke  , platte  Körner ; 
aussen  glatt,  auch  rauh',  scharfkantig,  zackig,  mit  Spitzen  be- 
setzt. — Br.  hackig.  H.  = 5 — 6 ; geschmeidig  und  dehnbar.  Sp. 
G.  = 17 — 19.  Undurchsichtig ; metallglänzend ; stahlgrau  , zu- 
weilen schwarz  angelaüfen.  Strich:  Glanz  erhöhend.  Zum  Theil 
magnetisch. 

V.  d.  L.  unschmelzbar;  unlöslich  in  Salpetersäure;  aullös- 
lich in  Salpetersalzsäure ; die  Lösung  wird  durch  Kalisalze  ge- 
fällt. Galt,  zweier  Varietäten:’  einer  nicht  magnetischen  a.  und 
einer  magnetischen  b.  von  Nischnei-Tagilsk  nach  Berz. 


Pt. 

Ir. 

R. 

Pd. 

Fe. 

Cu. 

Oslr. 

Erd.  Tlil. 

78,94. 

4,97. 

0,86. 

0,28. 

11,04. 

0,70. 

1,96. 

73,58. 

2,35. 

1,45. 

0,30. 

5,20. 

12,98. 

Symb.  Pt. 


Findet  sich  in  Diiuvialablagerungen  in  Brasilien  mit  gediegenem 
Gold,  Zircon  , Magneteisen  und  Diamanten,  oder  mit  dem  erstem  im 
Diorit  und  syenitischen  Gesteinen  zu  Antioquia  ; auf  St.  Domingo , im 
Bette  des  Jasky ; am  Ural  liegt  das  Platin  auf  Chloritschiefer  und  Ser- 
pentin (vergL  Poggend.  Ann.  Bd.  31.  673.)  Hier  kommen  die  grössten 
Stücke  bis  zu  20  Pfund  russisch  vor.  Neuerdings  hat  man  auch  Platin 
in  einem  Brauneisensteine  in  Frankreich  im  Dep.  der  Charente  gefunden. 

Das  Platin  wird  durch  Waschen  gewonnen  und  ist  unentbehrlich  zu 
chemischen  Apparaten  verschiedener  Art.  In  Bussland  verfertigt  man 


Iridosmium. 


59 


Münzen  aus  demselben-  Die  Platinausbeute  am  Ural  betrug  im  Jahre 
1828  92  Pud  und  17  Pfund.  (Ueber  Ausbringen  des  Platins  in  Russland 
s»  Ann.  d.  Ph.  Bd.  13.  42.) 

GRUPPE  IX.  IRIDIUM. 

I.  Ge  die g en  Iridium. 

\ - 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Octaeder?  Kryst.  höchst  selten  ; ge- 
rundete Körner  mit  Vertiefungen.  — Br.  liackig.  H,  = 7 ; wenig  dehnbar. 
Sp.  G.  23,5 — 24?  Undurchsichtig;  metallglänzend;  silberweiss  ; in’s  Pla- 
tingraue fallend. 

Ghlt.  nach  Svanberg  Ir  76,8,  Pt  19,64,  Pd  0,84,  Cu  1,78.  Symb. 
Ir.  Ausgezeichnet  als  das  härteste , schwerste , strengflüssigste  aller  Me- 
talle, welches  den  Einwirkungen  der  Säuren  vollkommen  für  sich,  wider- 
steht. (Vergl.  Poggend.  Ann.  XLI.  p.  207 — 313.) 

Von  Breithaupt  im  Ural’ sehen  Platinsande  entdeckt.  Man  benutzt 
neuerdings  das  Iridium  zu  den  schönsten  schwarzen  und  grauen  Farben 
in  der  Porzellanmalerei.  (Hierher  gehören  auch  die  schweren  Körner  des 
sibirischen  Platinerzes,  Ladin,  bestehend  aus  Ir  mit  Pt  und  R ohne  Os. 

2.  Osmiridium. 

(Syn.  Osmium  - Iridium.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  sechsseitige  Säule;  Combina- 
tionen  des  'Hexägondodecaeclers , mit  der  geraden  Endfläche  und  der 
sechsseitigen  Säule.  Kryst.  selten;  kleine,  eckige,  selten  platte  Körner; 
kryst.  Blättchen.  — H.  — 6 — 7;  wenig  dehnbar.  Sp.  G.  = 16,44  (aus 
Brasilien)  18,64  — 19,38  {vom  Ural).  Undurchsichtig;  Metallglanz;  zinnweiss. 

V.  d.  L.  für  sich  unveränderlich;  von  Borax  und  Phosphorsalz  wird 
es  wenig  angegriffen.  Im  Kolben  mit  Salpeter  geschmolzen  entwickeltes 
einen  eigenthümlichen  Osmium-Geruch.  In  Salpetersalzsäure  unauflös- 
lich. Ghlt.  des  vom  Ural  nach  Berz.  Os  49,34,  Ir  46,77  , R 3,15,  Fe 
0,74.  — E’ormel  : IrOs , gemengt  mit  R2Os. 

Kommt  mit  Platin  und  Gold  im  Sande  vor : am  Ural  ( Neviansh , 
Bilimbajewsk  u;  s,  w.) , Brasilien,  Peru. 

3.  Iridosmium. 

Kryststm.  und  Krystf.  wie  die  vorige  Gttg.  Kryst.  selten ; platte, 
sechsseitige,  tafelförmige  Körner.  — H.  — 7;  wenig  dehnbar.  Sp.  G.  = 
21,118.  Undurchsichtig  ; metallglänzend;  bleigrau. 

V.  d.  L.  geglüht  unschmelzbar,  schwarz  werdend  und  einen  durch- 
dringenden Geruch  nach  Osmium  verbreitend.  Im  Uebrigen  wie  die  vo- 
rige Gttg.  Ghlt.  nach  Berz.  Os  75,  Ir  25.  — Formel:  IrOs3  oder  in 
andern  Körnern  IrOs4. 

Kommt  im  Platinsande  ohne  Gold  sparsam  vor:  am  Ural  fNischnei- 
Tagilsk , Katharinenburg).  Da  das  Iridosmium  einen  grossem  Gehalt  an 
Os  und  zugleich  ein  grösseres  spec.  Gew*  hat,  als  das  Osmiridium,  so 
kann  man  vermuthen,  dass  das  bis  jetzt  nicht  gekannte  gediegene  Osmium 
selbst  ein  sehr  grosses  spec.  Gew.  besitzen  .müsse,  welches  wahrschein- 
lich noch  das  der  Plutina  übertreffen  wird. 


60 


Gediegen  Gold. 


GRUPPE  X.  GOLD, 

1 . Gediegen  Gold. 

(Syn.  Hexaedrisches  Gold.) 

Kryststm.  rege] massig.  Krystf.  1)  Hexaeder;  2)  OcfcaS- 
der;  3)  Dodccaöder;  4)  Ikositetraeder;  5)  Hexaeder  mit  Oc- 
taeder-,  6)  mit  Dodecaöder-,  7)  mit  Ikositetraederflächen; 
8)  Zwillinge  von  Ikositetraedern.  Kryst.  meist  sehr  klein  , glatt 
oder  rauh , aufgewachsen  und  zu  Drusen  verbunden , mannigfach 
gruppirt;  zahnig,  drath-,  haar-,  moos-,  baumförmig , ästig, 
gestrickt;  als  Blättchen,  derb  und  eingesprengt;  auch  als  Sand 
und  abgerundete  Körner.  — Br.  hackig.  II.  — 2,5;  dehnbar 
und  geschmeidig.  Sp.  G.  =«=  14,8 — 19,3.  Undurchsichtig  ; me- 
tallglänzend; gold-,  messing-,  speisgelb.  Strich:  den  Glanz  er- 
höhend. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  ziemlich  strengflüssig ; in  Salpetersalz- 
säure ohne  einen  merklichen  Rückstand  löslich.  Bstdth.  A u , 
stets  Ag,  zuweilen  auch  wenig  Fe  enthaltend.  Symb.  Au. 

Findet  sich  auf  Gängen  und  eingesprengt,  im  Syenit,  Diorit,  Horn- 
Mendegestein , Gneis , Glimmer-  und  Thonschiefer  unter  Begleitung  von 
Quarz,  Eisenkies,  Brauneisenstein,  Kalk  - und  Barytspath , Silber- 
Kupfer-  und  Bleierzen  u.  s.  w.  in  Ungarn , (Kremnitz,.  Schemnitz,  Offen- 
banyaj,  Salzburg,  Spanien,  Japan , Sibirien , Mexico-,  Peru , Brasilien. 
Ferner  in'  Diluvialablagerungen  : Mexico  , Peru,  Brasilien , Chili ; im 
FLuss sande  des  Rheins,  Inns , der  Isar,  Donau , Mosel.  Ausser  im  reinen 
Zustande  findet  sich  das  Gold  auch  noch  in  Verbindung  mit  Silber,  TelLur 
und  wenigen  andern  Metallen.  Es  wird  durch  bergmännische  Arbeit  und 
WäSchen  gewonnen;  dient  als  Arzneimittel;  mit  Silber  und  Kupfer  ver- 
hetzt zu  Münzen,  Gefässen  und  Luxusartikeln,  in  Verbindung  mit  Zinn- 
oxyd  zur  Glas-  und  Porzellanmalerei. 

Anhang. 

Silbergold.  (Syn.  Güldisches  gediegen  Silber,  Electrum.) 
Kryststm . regelmässig.  Krystf . Würfel  oder  Octaeder.  — Br. 
hackig.  H.  = 3 — 3,5 ; delmbar  und  geschmeidig.  Sp.  G.  — 
12,6 — 14,8.  Undurchsichtig;  metallglänzend ; goldgelb,  zuwei- 
len in’s  Grünliche  spielend  und  silberweiss. 

Bestdth.  Au  und  Ag  in  mannigfaltigen  Gewichtsverliältnissen. 
Die  Annahme  Boussinyavlts , dass  beide  in  stöchiometrischen 
Verhältnissen  verbunden  seien,  widerlegt  G.  Rose.  Der  Silber- 
gehalt ändert  ab  von  11  bis  72  Procent.  (Ouro  poudre,  faules 
Gold  , aus  Südamerica  (Kapitanie  Porperz),  bildet  vielkautige 
Körner  von  schmutziger  Goldfarbe  und  enthält  nach  Berz.  Au 
85,98,  Pd  9,85,  Ag  4,17.) 

Findet  sich  mit  Gold  oder  Silber  in  Norwegen , Sibirien , Sieben- 
bürgen, Jntioquia  u.  s.  w. 

Wird  auf  Gold  und  Silber  benutzt. 


Tellurwismuth. 


61 


ZWEITE  ORDNUNG. 

Eleclronegative  brennbare  Körper  und  deren  nicht  oxydirte 

Verbindungen . 

GRUPPE  I.  TELLUR  UND  TELLURMETALLE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  im  drei-  und 
einaxigen , zwei-  und  einaxigen  und  ein-  und  einaxigen  Systeme. 
Der  Bruch  ist  selten  wahrnehmbar  oder  uneben.  Sie  ritzen 
sämmtlich  den  Talk  und  werden  vom  Kalkspath  geritzt.  Das 
geringste  sp.  G.  = 5,7  besitzt  das  Schrifterz , das  höchste  = 
10,6  das  Weisstellur.  Sie  sind  undurchsichtig , metallisch  glän- 
zend, von  weisser  oder  grauer  Farbe.  V.  d.  L.  in  einer  an 
beiden  Seiten  offenen  Glasröhre  geben  sie  einen  weissen  oder 
graulichen  Beschlag.  Erhitzt  schmilzt  dieser  Beschlag  zu 
farblosen  Tropfen.  Auf  Kohle  schmelzen  sie  leicht  und  be- 
schlagen dieselbe;  der  Beschlag  färbt  die  innere  Flamme  grün 
oder  grünlich-blau. 

I.  Gediegen  Tellur . 

Kryststm.  drei-  nnd  einaxig.  Krystf.  sechsseitige  Säule.  Kryst.  sel- 
ten, meist  aber  sehr  klein,  tafelartig  5 kryst.  körnige  M.;  eingesprengt.  — 
H.  = 2—2,5;  milde.  Sp.  G.  G — 6,4.  Undurchsichtig;  metallglänzend; 
zinnweiss  in’s  Silberweisse.  Strich:  zinnweiss. 

V.  d.  L.  schmilzt  es  sehr  leicht,  verbrennt  mit  grünlicher  Flamme. 
Löslich  in  Salpetersäure;  die  Lösung  wird  durch  Kalilauge  weiss  , durch 
Salz-  und  Schwefelsäure  nicht  gefällt.  Der  durch  Kali  bewirkte  Nieder- 
schlag ist  im  Ueberschusse  de3  Fällungsmittels  löslich . 

Bestdth.  Te , gewöhnlich  Au  und  Fe  enthaltend.  Symb.  Te. 

Kommt  auf  Gängen  unweit  Zalathna  in  Siebenbürgen  vor. 


2.  Tellurwismuth. 

(Syn.  Tetradymit.  Molybdänsilber.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  sechsseitige  Säule.  Kryst.  ta- 
felartig ; kryst.  M.  mit  blättriger  Textur  oder  derb  von  körnigem  Gefüge.  — 
H.  *=  2;  etwas  milde;  wenig  elastisch  biegsam;  sp.  G.  — 7,5;  undurch- 
sichtig; metallglänzend;  lichte  bleigrau.  Strich:  schwarz. 

V.  d.  L.  schmilzt  es  auf  der  Kohle  zur  silberweissen  , spröden  Me- 
tallkugel, färbt  die  Flamme  grünlich  blau.  Löslich  in  Salpetersäure; 
der  durch  Kalilauge  bewirkte  weisse  Niederschlag  ist  im  Ueberschusse  des 
Fällungsmittels  unlöslich.  Ghlt.  des  Schemnitzer  nach  JVehrle  Bi  59,84, 
Te  35,24,  S 4,92-  — Formel:  BiS  + BiTe2.  Das  Molybdänsilber  von 
Deutsch-Pilsen  enthält  Bi  61,15,  Te  29,74,  Ag  2,07,  S 2,33,  Se  Spuren 
und  erhält  die  Formel  : BiS-h  AgTe-p.BiTe2. 

Findet  sich  in  Norwegen  fTellemarkenJ , Ungarn  „ Siebenbürgen. 


62 


Schrifterz, 


3.  Tellurblei . 

(Sy n.  Blatter-Tellur.  Blättererz.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Kvystf.  quadratische  Säule.  Kryst. 
selten  deutlich  5 kryst.  M.  Blättchen.  — H.  — 1—1,5;  milde;  sp.  G.  = 
7 — 7,1;  undurchsichtig;  zinnweiss  oder  schwärzlich-bleigrau.  Strich:  un- 
verändert. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  schmilzt  es  leicht,  färbt  die  Flamme  bläulich, 
raucht  und  giebt  einen  gelblichen  Beschlag.  Löslich  in  Salpetersäure; 
die  saure  Lösung  wird  durch  Schwefelsäure  gefällt.  Bstdth.  nach  v.  Ko - 
hell  Pb  61,61,  Te  38,39,  auch  enthält  es  in  der  Regel  Au  (oft  9 P.  C.), 
Ag,  Cu,  S. 

Findet  sich  auf  Gängen  mit  Quarz  in  Siebenbürgen  ('Nagyag). 

Von  diesem  ist  ein  Tellurerz  von  Nagyag  verschieden,  welches  Bertli. 
untersuchte.  Es  kommt  in  Blättchen  vor,  eingesprengt  in  kohlensaurem 
Mangan  und  Quarz.  Sp.  G.  = 6,86-  Bleigrau,  glänzend;  in  erwärmter 
Salpetersäure  theilweise  löslich.  Ghlt.  Pb  63,1,  Te  13,0,  Au  6,7,  Sb 
4,5,  Cu  1,0,  S 11,7-  — Formel  nach  Bcrz.  : 9 PbS.SbzS3  4-  9 PbS. 
Au*Te6. 


4.  Weisstellurerz. 

(Syn.  Gelberz,  Tellursilberblei.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Kvystf.  gerade  rhombische  Säule.  Kryst. 
nadelförmig  ; eingesprengt , selten  derbe  Massen.  — Br.  uneben.  H.  = 2,5  ; 
spröde;  sp.  G.  = 10,6;  undurchsichtig;  Metallglanz;  silberweiss  ins 
Messinggelbe ; Strich  erhöht  den  Glanz. 

Y.  d.  L.  schmilzt  es  leicht,  beschlägt  die  Kohle  gelb  und  ein  Sil- 
bergoldkorn bleibt  zurück.  In  Salpetersäure  mit  Hinterlassung  von  Au 
löslich.  Die  Lösung  wird  durch  Salz-  und  Schwefelsäure  gefällt.  Bstdth. 
nach  Klapr.  Te  44,75,  Au  26,75,  Pb  19,50,  Ag  8,50,  S 0,50- 

Findet  sich  auf  Gängen  mit  andern  Tellurerzen  zu  Nagyag  am 
’/lltai. 

5.  Schrifterz . 

(Syn.  Tellursilbergold,  Schrifttellur.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule.  Kryst. 
nadelförmig,  meist  reihenförmig  oder  schriftartig  gruppirt,  gestrickt  oder 
netzartig;  in  Blättchen  und  eingesprengt.  — Br.  uneben.  II.  = 1,5 — 2; 
milde;  sp.  G.  = 5,7;  undurchsichtig;  metallglänzend;  stahlgrau,  oft  bunt 
an<relaufen.  Strich : unverändert. 

V.  d.  L.  schmilzt  es  leicht  (1),  beschlägt  die  Kohle  weiss,  ein  Silber- 
«oldkorn  bleibt  zurück.  In  Salpetersäure  unvollkommen,  in  Salpetersalz- 
säure mit  Hinterlassung  von  Chlorsilber  löslich.  Bstdth.  nach  v.  Kobell 
Te  61,35,  Au  28,36,  Ag  10,29. 

Kommt  mit  Gold,  andern  Tellurerzen  und  Quarz  im  Porphyr  vor  zu 
Ojfenbanya  in  Siebenbürgen 


Aiitimonsilber, 


es 


* 

GRUPPE  II.  ANTIMON  UNO  ANTIMONMETALLE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  im  ein-  und 
einaxigen  und  drei-  und  einaxigen  Systeme.  Ihr  Bruch  ist  un- 
eben oder  nicht  wahrnehmbar;  sie  ritzen Kalkspath  und  werden 
vom  Flussspath  geritzt.  Die  Grenzen  des  sp.  G.  sind  = 6,6 
und  9,8.  Sie  sind  undurchsichtig,  metallisch  glänzend,  weiss 
oder  kupferroth  ( Antimonnickel )\  der  Strich  erhöht  den  Glanz. 
V.  d.  L.  entwickeln  sie  starken  Antimonrauch,  der  fast  ge- 
ruchlos ist,  und  die  Kohle  rein  weiss  beschlägt;  in  der  an  bei- 
den Enden  offenen  Glasröhre  geben  sie  einen  Sublimat,  der 
beim  Erhitzen  verschwindet  ohne  zu  Tropfen  zu  schmelzen. 

dt.  Gediegen  Antimon. 

(Syn.  Gediegen  Spiesglanz,  rhomboüdrisches  Antimon.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder.  Kryst. 
M.  Text,  körnig ; traubig,  nierenförmig,  kugelig ; derb  und  ein- 
gesprengt. — Nach  mehrern  Richtungen  vollkommen  und  leicht 
spaltbar.  Br.  nicht  wahrnehmbar.  H.  = 3 — 3,5 ; wenig  spröde. 
Sp.  G.  = 6,6.  Undurchsichtig;  Metallglanz;  zinnweiss,  zuwei- 
len grau  angelaufen;  Strich:  unverändert. 

V.  d.  L.  leicht  zu  einer  Kugel  schmelzend,  die  Flamme 
schwach  bläulich  färbend  und  durch  langes  Blasen  vollkommen 
zu  verflüchtigen.  Der  dicke  weisse  Rauch  schlägt  sich  auf  der 
Kohle  in  kleinen  weissen  Krystallen  nieder.  Bstdth.  Sb  , häufig 
mit  Ag,  Fe  und  As.  Symb.  Sb. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Gneis  und  Thonschiefer  mit  Arsenik  und 
Kobalterzen  in  der  Dauphinee  , am  Harz , ehemals  in  Schweden  und 
Böhmen . 

2.  AntimonnicJcel. 

Kleine  sechsseitige  Tafeln;  eingesprengt,  selten  gruppirt.  — Br. 
uneben.  H.  ==  5;  spröde;  undurchsichtig;  Metallglanz;  kupferroth  in-s 
Violette. 

V.  d.  L.  sehr  strengflüssig , auf  Kohle  nach  längerem  Schmelzen  eine 
magnetische  Kugel  gebend;  in  Salzsäure  wenig,  in  Salpetersalzsäure  leicht 
und  vollkommen  löslich.  Ghlt.  nach  Volkmar  Sb  63,7,  Ni  28,94,  Fe  0,86, 
PbS  6,43.  — Formel  : NiSb. 

Kömmt  auf  Gängen  begleitet  von  Kalkspath , Bleiglanz  und  Speiss- 
kobalt vor  am  Harz  ( Andre  asb  er gj, 

3.  Antimonsilber . 

(Syn.  Spiesglanzsilber , prismatisches  Antimon.) 

Kryststm.  ein-  irnd  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 


Gediegen  Arsenik. 


64 

Säule  und  Zwillinge.  Kryst.  säulenartig,  auf  den  Seitenflächen 
vertikal  gestreift,  meist  zu  Büscheln  verbunden;  knollig,  kuge- 
lig, nierenförmig;  in  dünnen  Platten  und  Blättchen;  derb  und 
eingesprengt.  Text,  körnig  und  strahligblätterig.  — Spallbar 
nach  mehrern  Richtungen.  Br.  uneben.  H.  = 3,5 ; wenig  spröde. 
Sp.  G.  = 9,8.  Undurchsichtig;  Metall  gl  anz  ; silberweiss , roth, 
gelb,  auch  stahlfarbig  angelaufen;  Strich  erhöht  den  Glanz. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzend,  die  Kohle  weiss  beschlagend; 
mit  Soda  ein  Silberkom  und  keine  Hepar  gebend  ; in  Kalilauge 
iui  veränderlich.  Ghlt.  des  Feinkörnigen  von  Wolf  ach  nach 
Ktapr.  Sb  24,0,  Ag  76,0.  — Formel:  Äg2Sb;  des  G roljkömigen: 
Sb  16,  Ag  84.  — Formel:  Ag3Sb2. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  älteren  Gebirge , begleitet  von  Kalk-, 
Baryt-  und  Flussspath,  von  Silber-,  Kupfer-  und  Arsenikerzen:  llarz 
(AndreasbergJ , Baden  (Wolfach)  , Frankreich  (Allemont) , Spanien. 

Wird  zum  Ausbringen  des  Silbers  benutzt. 

kl 

GRUPPE  HI.  ARSENIK  UND  ARSENffiMETALLE. 

Die  Mineralien  der  Arsenikgruppe  krystallisiren  im  regel- 
mässigen, ein-  und  einaxigen  und  drei-  und  einaxigen  Systeme. 
Meist  kommen  sie  im  derben,  unkrystallisirten  Zustande  vor. 
Auf  dem  Bruche  sind  sie  uneben;  sie  ritzen  den  Gyps  und  wer- 
den vom  Feldspalli  geritzt.  Die  Grenzen  des  sp.  G.  sind  = 5,7 
und  7,6.  Sie  sind  sämmtlicli  undurchsichtig,  metallglänzend , 
zinn-  oder  silberweiss;  nur  Nickelkies  ist  kupferroth.  Der 
Strich  macht  sie  bräunlich  oder  graulich-schwarz  imd  erhöht 
beim  gediegen  Arsenik  und  Arseniks piesglanz  den  Glanz.  V.  d. 
L.  sind  sie  vollkommen  flüchtig  (gediegen  Arsenik  und  Arsenik- 
spiesglanz)  oder  schmelzbar.  Auf  Kohle  entw  ickeln  sie  starken 
Arsenikrauch  und  geben  im  Kolben  einen  Besclilag  von  metalli- 
nischem  Arsenik. 


I . Gediegen  Arsenik. 

Krgstslm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder.  Kryst. 
selten,  nadelförmig,  zu  Büscheln  gruppirt;  traubig,  kugelig,  ge- 
strickt; Platten,  derbe  M.  und  eingesprengt.  Text,  schalig,  sel- 
ten stänglich  abgesondert.  ■ — Br.  uneben,  feinkörnig.  H.  = 3,5; 
spröde.  Sp.  G.  = 5,7.  Undurchsichtig;  Metallglanz;  zinnweiss 
in’s  Bleigraue,  graulich-schwarz  anlaufend.  Strich  erhöht  den 
Glanz. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  starken,  knoblauchartigen  Geruch  ver- 
breitend und,  ohne  zu  schmelzen,  sich  verflüchtigend.  Im  Kolben 
graulichweissen , krystallinischen  Sublimat  gebend.  Bstdth.  As, 
häuflg  als  Beimengung  Sb  und  Ag.  Symb.  As. 


Arsenikeisen. 


65 

Findet  sich  auf  Gängen  im  altern,  nur  selten  im  jungem  Gebirge, 
begleitet  von  Quarz,  Kalk-  und  Barytspath  u.  s.  vv.  Erzgebirge  ('Freiberg , 
Schneeberg ),  am  Harz  ( Andre  asb  er  g) , Schwarzwald , Eisass , Daupjdnee , 
Ungarn  , Sibirien , Norwegen • 

Man  benutzt  es  zur  Darstellung  des  w eissen  Arseniks  , des  Weiss- 
kupfers, bei  der  Schriftgiesserei , Farbenbereitung,  als  Flussmittel  auf 
Glashütten,  beim  Schmelzen  des  Platins  u.  s.  w.  In  den  Apotheken  hat 
man  das  gediegene  Arsenik  unter  dem  Namen  Cobaltum  crj stallisatum  , 
Fliegengift. 

Arsenik  glanz  von  Palmbaum  bei  Marienberg  ist  ein  gediegen 
Arsenik,  mit  dem  nach  Kersten  3 p.  C.  Bi  und  auch  eine  Spur  Te  ver- 
bunden sind.  Berzelius  behauptet  wiederholt  (Jahresb.  13),  dass  dieses 
Mineral  auch  S enthalte.  Es  scheint  daher  zwei  Mineralien  zu  geben,  die 
Arsenikglanz  genannt  werden. 

Arsen  ik  s^ch  wä  rz  e von  Joachimsthal  in  Böhmen  scheint  eine  nie- 
dere Oxydationsstufe  des  Arseniks  zu  sein. 


2.  Arsenikeisen . 

(Syn.  Axotomer  Arsenikkios.  Arsenikalkies.  Glanz-Arsenikkies,) 

Kryststm.  drei-  mid  einaxig.  Erystf.  gerade  rhombische 
Säule.  Diese  kommt  auch  entstumpfeckt  vor.  Kryst.  meist  klein, 
glatt  oder  gestreift  , häufig  zusammengewachsen;  derbe  M. 
stänglich  oder  körnig  abgesondert,  eingesprengt.  — Spaltbar 
parallel  den  Endflächen.  Br.  uneben.  H.  = 5;  spröde.  Sp.  G. 
= 7,2.  Undurchsichtig ; Metallglanz ; silberweiss  in’s  Stahlgraue. 
Strich : graulich-schwarz. 

V.  d.  L.  Arsenikgeruch  entwickelnd  und  nach  langem  Bla- 
sen zur  schwarzen  magnetischen  Kugel  schmelzend.  Im  Kolben 
sublimirt  metallisches  Arsenik.  In  Salpetersäure  löslich  mit 
Ausscheidung  von  Schwefel  und  arsenichter  Säure.  Ghlt.  des 
Reichensteiner  nach  E.  Hoffm.  As  65,99,  Fe  28,06,  S 1,94, 
Bergart  2,17.  — Formel : FeAs?.  Das  von  Sladming  enth.  As 
60,41,  Fe  13,49,  Ni  13,37,  Co  5,10,  S 5,20.  Hier  ist  ein  Theil 
Fe  durch  Ni  und  Co  ersetzt,  daher  die  Formel:  [Fe, Ni, Co]As2. 

Es  kommt  auf  Lagern  vor  im  Serpentin  und  körnigen  Kalk  in  Schle- 
sien (ReichensteinJ , mit  Nickelkies  in  Steyermark  ( 'Sladming /,  mit  Braun- 
eisenstein in  Kärnthen  (Hütte nb er gj. 

Es  ist  das  technisch-wichtigste  der  natürlich  vorkommenden  Arscnik- 
metalle.  Aus  dem  Schlesischen  wird  die  grösste  Menge  der  im  Handel 
vorkommenden  arsenichten  Säure  bereitet. 

Arsenik  mangan.  Mn  As  soll  in  Sachsen  Vorkommen.  Es  ist  von 
Kane  unvollständig  beschrieben  und  untersucht.  (Poggend.  Ann.  Bd. 
19.  p.  145.) 

Geigers  Pharmacie . //  1,  (2 te  Aufli) 


5 


66  Speiscobalt. 

3.  Nickelkies. 

(Syn.  Arseniknickel.  Kupfemickel.  Prismatischer  Nickelkics.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule?  Kryst.  selten  und  undeutlich;  gestrickt,  bäum-  und 
nierenförmig,  kugelig;  derb  und  eingesprengt.  — Spaltbar  auf 
den  Seitenflächen.  Br.  uneben,  in’s  Muschlige.  H.  = 5;  spröde. 
Sp.  G.  = 7,6.  Undurchsichtig;  Metallglanz;  kupferroth,  meist 
grau  und  braun  angelaufen.  Strich:  braunlieh-schwarz. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  unter  Arsenikgeruch  zur  weissen,  sprö- 
den Metallkugel  schmelzend ; mit  Salpetersäure  unter  Abschei- 
dung von  arsenichter  Säure  eine  ap  fei  grüne  Auflösung  bildend, 
welche  durch  salzs.  Baryt  nicht  gefällt  wird.  Ghlt.  nach  Strom. : 
As 54,72,  Ni  41,20,  Fe  0,33,  Pb  0,32,  S 0,40  — Formel:  NiAs. 

Findet  sich  auf  Kobalt-  und  Silbergängen,  begleitet  von  Quarz, 
Baryt-  und  Kalkspath  im  altern  Gebirge:  Kurli essen  (’tlieb er \),  Erzgebirge 
('Schneeberg , Annaberg  u.  s . wj,  Thüringen , Baden , Böhmen,  Frank 
reich. 

Es  dient  vorzüglich  zur  Abscheidung  des  Nickelmetalls  und  Bereitung 
des  Neusilbers  ( Argentans ).  Das  oft  kobalthaltige  wird  den  Kobalterzen 
bei  Bereituug  der  Smalte  zugeselzt. 

4.  Arseniknickel. 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Combination  des  Hexaeders  mit  dem 
Octaeder  und  Doclecaeder.  Kryst.  M.  stänglich  abgesondert.  — Br.  uneben. 
Undurchsichtig;  Metallglanz;  zinnweiss,  häufig  mit  einem  Ueberzuge  von 
arseniksaurem  Nickel  bedeckt. 

V.  d.  L.  wie  die  vorige  Gattung.  Ghlt.  nach  E ■ Hojfm.  As  71,30, 
Ni  28,14,  Bi  2,19,  Cu  0,50,  S 0,14.  — Formel:  NiAs2.  Im  Arsenik- 
nickel vom  Harz  ist  ein  grosser  Theil  Ni  durch  Fe  und  Co  ersetzt. 

Findet  sich  unter  ähnlichen  Umständen  wie  Nickelkies  bei  Schneeberg , 
am  Harz  ( Hasselh'due) , Hessen  ( Riechelsdorf, ').  Durch  Verwitterung  dieser 
beiden  Mineralien  entsteht  die  Nick  ei  s ch  w ä r z e , eine  graulich- 
schwarze , matte  , erdige  Masse. 

5.  Speiscobalt. 

(Syn.  Arsenikcobalt,  octacdrischer  und  hexaödrischer  Speiscobalt , weisser 
und  grauer  Speiscoball.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Hexaeder;  2)  Octae- 
der ; 3)  Hexaeder  mit  Octaeder-  und  4)  Octaeder  mit  Hexaeder- 
flächen ; 5)  Hexaeder  mit  Hodecaederflächen  u.  m.  a.  Krysi. 
glatt,  zum  Theil  mit  gebogenen  Flächen,  auf-,  selten  einge- 
wachsen, häufig  zu  Drusen  verbunden;  gestrickt,  baumförmig; 
spiegelig  (Cobalt-Spiegel);  derb  und  eingesprengt.  — Spaltbar- 
keit unvollkommen.  Br.  uneben.  H.  = 5,5.  Spröde.  Sp.  G.  ~ 


Ars€«iks])iesgiaiL3. 


@7 


6,4— 6<6.  Undurchsichtig ; Metallglana  ; zinnweiss , in  s Stahl- 
graue; aussen  grau  oder  gelb,  selten  bunt  angelaufen.  Strich: 
graulich-schwarz. 

V.  d.  L.  auf  Ivohle  entwickelt  er  starken  Arsenikrauch  und 
sclunilzt  zu  einer  grauen  Metallkugel,  färbt  das  Borax-Glas 
schon  in  geringer  Menge  saphirblau.  In  conc.  Salpetersäure  mit 
Ausscheidung  von  arsenichter  Säure  löslich;  die  Auflösung  wird 
von  salz.  Baryt  nur  wenig  oder  nicht  gefällt.  Ghlt.  des  weissen 
(a)  Speiscobalts  von  Riechelsdorf  nach  Strom,  und  des  grauen 
von  Schneeberg  (b)  nach  E.  Hoffm . 

Co  As  Fe  Cu  Ni  Bi  S 

a. .  20,31.  74,21.,  3,42.  0,15.  — — 0,88. 

b.  13,95.  70,37.  11,71.  1,39.  1,79.  0,01.  0,66. 

Formel : [Co,  Fe,  NiJAsj. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  neuern  und  altern  Gebirge  mit  Quarz , 
Kalk-  und  Barytspath , Silber-,  Kupfer-,  Nickel-  und  andern  Cobalt- 
erzen im  Schwarzwalde  ClVittichen) , Kurhessen  fBieberJ  f Würtemberg , 
Erzgebirge , Böhmen , Westerwald , am  Harz  u,  s.  \v. 

Der  faserige  Spei,scobalt  bildet  kugelige  und  nierenförmige  M. 
Text,  dünnstängelig  bis  faserig,  derb,  körnig  abgesondert;  sp.  G.  ■= 
7,28;  zinnweiss  in’s  Stahlgraue;  zum  Theil  bunt  angelaufen.  Ghlt.  nach 
John:  Co  28,00,  As  65,75,  Fe  und  Mn  6425.  Kommt  vor  wie  die  Gattung 
selbst. 

Der  Speiscobait  dient  zur  Bereitung  des  Zaffer  oder  Zajjfra , wobei 
als  Nebenprodukt  durch  Bosten  Arsenik  erhalten  wird.  Das  geröstete 
Erz  wird  unter  obigem  Namen  in  den  Handel  gebracht  und  dient  zur 
Glas-  und  Porzellanmalerei,  so  wie  zur  Bereitung  der  Smalte.  Es  hat 
meistens  eine  schmutzig-braune  Farbe  (ist  oft  mit  andern  Substanzen  ver- 
mischt und  enthält  dann  wenig  Cobalt).  Zur  Bereitung  der  Smalte  wer- 
den 2 Th.  Zaffra,  5 Th.  Pottasche  und  8 Th.  Quarzsand  im  Glasofen 
geschmolzen.  Das  unter  der  geschmolzenen  Glasmasse  befindliche  Me- 
tallgemisch wird  Cobaltspeise  oder  Speise  genannt  nnd  besteht  aus  Ar- 
senik, Eisen  und  Nickel  mit  wenig  Kobalt.  Die  Glasmasse  wird  dann  in 
Wasser  ausgeschöpft,  gepocht  und  geschlemmt.  Die  am  feinsten  ge- 
schlemmte hellblaue  Smalte  heisst  Eschel , die  feinste  dunkelblaue  Kö- 
nigsblau. Die  Smalte  ist  ihrer  Unveränderlichkeit  wegen  eine  vorzügliche 
Malerfarbe , dient  auch  zum  Bläuen  der  Wäsche  und  des  Papiers.  Sie 
enthält  noch  Arsenik  und  darf  daher  nie  zum  Färben  der  Conditorwaa- 
ren  benutzt  werden. 


6.  Arsenikspiesglanz. 

Undeutlich  krystallinisch  ; nierenförmig,  traubig;  dünn-  und  truram- 
schalig  abgesondert.  — Br.  uneben,  feinkörnig.  H.  = 3;  etwas  milde; 
sp.  G.  = 6,2.  Undurchsichtig;  Metallglanz;  zinnweiss.  Strich:  glänzender. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  unter  Entwickelung  von  Arsenik-  und  Antimon- 
Dämpfen  schmelzbar.  Ghlt.  Sb  , As.  Verhältnis  der  Bestandtheile  noch 
unbekannt. 

Auf  Erzgängen  mit  Zinkblende,  Eisenspath  und  andern  Antimon- 
erzen: Böhmen  fPrzibramJ. 


68 


Sd«ibleikupfer. 

GRUPPE  IV.  SELEN  UND  SELENMETALLE. 


Die  Kry stallform  der  Mineralien  dieser  Gruppe  ist  nur  sei 
ten  beobachtet;  sie  gehören  zum  regelmässigen  Systeme.  — Ihr 
Bruch  ist  muschelig  oder  uneben,  meist  nicht  wahrnehmbar.  Sie 
sind  weich,  höchstens  von  Kalkspathhürte.  Die  Grenzen  des 
sp.  Gew.  liegen  bei  5,6  und  8,8.  Sie  sind  sämmtlich  undurch- 
sichtig, metallglänzend , bleigrau  in’s  Eisenschwarze  oder  Silber- 
weisse  (Selenkupfer) ; auf  dem  Striche  gewöhnlich  glänzender. 
V.  d.  L.  auf  Kohle  oder  in  einer  offenen  Glasröhre  erhitzt,  ent- 
wickeln sie  starken  rettigartigen  Geruch  nach  Selen. 

1.  Selenbleu 

(Syn.  Cobaltbleierz,  Selenbleiglanz.) 

Locker  zusammengehäufte  kryst.  Theilchen;  moosförmig  gruppirt; 
der!)  und  eingesprengt.  — Br.  muschelig.  H.  =3;  milde;  sp,  G.  = 8,2 — 8,8. 
Undurchsichtig;  Metallglanzj  bleigrau  in’s  Röthliche  und  Blaue.  Strich: 
grau.  Etwas  abfarbend. 

V.  d.  L.  grösstentheils  fluchtig,  Selengeruch  verbreitend  ohne  zu 
schmelzen;  die  Kohle  anfangs  grau,  dann  weiss  ins  Grünlichgelbe  be- 
schlagend. Mit  Soda  zum  Bleikorne  reducirbar.  Ghlt.  nach  Strom. : Se  28,11, 
Pb  70,98,  Co  0,83.  — Formel:  PbSe;  nach  Bose:  Se  31,42,  Pb  63,92, 
Co  3,14  ( SelencoballbleiJ . — Formel : [Pb,Co]Se. 

Kommt  auf  Gängen  in  der  Grauwacke  vor:  am  Harz , (Tilkerode , 
Clausthal) > im  Thonschiefer:  Zorge. 

Wird  zur  Ausscheidung  des  Selens  benutzt. 

2.  Selenkupfer. 

Baumförmig,  angeflogen,  derb;  weich,  geschmeidig.  Undurchsichtig; 
metallglänzend;  silberweiss.  Strich:  glänzend. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  Selengeruch  verbreitend,  zum  Metallkorn  schmel- 
zend, welches  mit  Salzsäure  befeuchtet  und  geglüht  die  Flamme  schön 
blau  färbt.  Jn  conc.  Salpetersäure  löslich;  die  Auflösung  wird  weder  durch 
Salz-  noch  Schwefelsäure  gefällt.  Ghlt.  nach  Berz  : Se  40,  Cu  64.  For- 
mel : Cu2Se, 

Findet  sich  in  Smäland  mit  Kalkspath. 

3.  Selenbleihupf er. 

Derb,  körnig  abgesondert.  — Br.  muschelig;  weich;  geschmeidig; 
sp.  G.  = 5,6.  Undurchsichtig;  Metallglanz;  bleigrau  ins  Bläuliche.  Strich, 
stahlgrau,  glänzend. 

Y.  d.  L.  wie  die  vorige  Gttg.  Die  salpetersaure  Lösung  wird  durch 
Schwefelsäure  weiss  gefällt.  Ghlt.  nach  II.  Bose : Se  34,26,  Pb  47,33, 
Cu  15,45,  Ag  1,29,  Fo203, PbO , CuO  2,08.  — Formel:  PbSe.  CuSe. 

Diesem  sehr  ähnlich  ist  das  Selenkupferblei ; es  unterscheidet  sich 


SekitquceksUherMci,  69 

in  seine*  Zi^ammeaselzung  nach  H.  Ross:  Se  20,96,  Ph  50,67,  Cu  7,86, 
Fe  0,33,  FePb  0,44. 

Beide  kommen  auf  Kalkspath  vor:  am  Harz  ('TilkerodeJ » 

4 .  Eukamt. 

(Syn.  Selenkupfersilbex.) 

Kryst.  M.  körnig  abgesondert,  derb.  Eindrücke  vom  Fingernagel  an- 
aehmend.  Undurchsichtig;  Metallglanz;  bleigrau.  Strich:  glänzender. 

V.  d.  L.  wie  die  Adrige  Gttg.  Die  salpetersaure  Lösung  wird  von 
Salzsäure  gefällt.  Ghlt.  nach  Berz.:  Se  26,00,  Ag  38,93,  Cu  23,05,  ertlige 
Beimischungen.  8,90.  — Formel : Cu2Se  . AgSe. 

Kommt  in  einem  serpentinartigen  Gesteine  mit  Kalkspath  vor  in 
Smäland. 

5,  Selensilberblei, 

(Syn.  Selensilber.) 

Kryststm.  regelmässig  Krystf.  Hexaeder.  Kryst.  M.  in  dünnen  Plat- 
ten. — H.  = 2,5;  geschmeidig;  sp.  G.  = 8,0.  Undurchsichtig;  Metall- 
glanz ; eisenschwarz.  Strich  : unverändert. 

V.  d.  L.  Selengeruch  verbreitend;  in  der  äussern  Flamme  ruhig,  hi 
der  inneren  mit  Schäumen  schmelzend.  Die  Auflösung  in  rauchend.  Salpeter- 
säure wird  durch  Salzsäure  getrübt.  Ghlt.  nach  G.  Rose : Se  24,05,  Ag 
65,56,  PbSe  6,79.  — Formel:  [Ag, Pb]Se. 

Kommt  in  röthlichem  Bitterspath  mit  Selenblei  zu  Tilkerode  am 
Harz  vor. 

6.  Selenquecksitber. 

Derbe  M. ; milde;  undurchsichtig;  Metallglanz;  zwischen  stahlgrau 
und  schwärzlich  bleigrau.  Strich:  glänzender. 

V.  d.  L.  schmelzend  und  unter  Selengeruch  verdampfend.  Im  Kolben 
mit  Soda  metallisches  Quecksilber  gebend.  — Formel:  IigSe. 

Kommt  mit  gediegen  Quecksilber  und  Schwefel  vor:  Mexisot  am  Harz? 


r.  Selenquecksilberblei. 

Derbe  M.  Text,  blätterig,  körnig.  — Br.  uneben;  weich;  sp.  G.  = 
7,3  Undurchsichtig ; metallglänzend;  Bleigrau  ins  Bläuliche  und  Eisen- 
schwarze.  Strich : schwarz. 

V.  d.  L wie  die  vorige  Gttg.  aber  schon  vor  dem  Schmelzen  ver- 
dampfend und  mit  Soda  auf  KöhFe  ein  Bleikorn  gebend.  Ghlt.  nach  II 
Rose:  Se  24,97,  Pb  55,84,  Hg  16,94.  — Formel:  3PbSe  . HgSe. 

Kommt  wie  Selenblei  zu  Tilkerode  am  Harz  vor. 

Nach  Del  Rio  finden  sich  in  Mexico  (Culebra J noch  zwei  Selen- 
fossilien,  begleitet  von  gediegen  Quecksilber  und  Zinnober.  Das  eine  ist 
roth,  dem  Zinnober  ähnlich  von  5,66  sp.  G. , das  andere  grau  von  5,56 
sp.  G.  — V.  d.  L.  brennen  sie  mit  einer  schön  violetten  Flamme  und 
entwickeln  starken  Selengeruch.  Das  graue  enth.  nach  Del  Rio:  Se  49, 
S 1,5,  Zn  24,  Hg  19,  daher  die  Formel:  Zn4Se . HgS,  während  da«  rolhe 
sich  al«  Zn4Se  . HgSa  zu  erkennen  gab. 


70 


Selcnschwefel. 


GRUPPE  V.  SCHWEFEL  UND  SCHWEFELMETALLE. 

1.  Abt4ieilung:  Schwefel. 

/.  ScluccfeL 

(Syn.  Gediegener,  natürlicher,  prismatischer  Schwefel.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Kryst f.  Rhombenoktaöder. 
Abänderungsflächen  kommen  an  denselben  vor : 1)  die  gerade 
angesetzte  Endfläche ; 2)  die  Flächen  eines  stumpfern  Octaöders ; 
3)  die  Seitenflächen  einer  rhomb.  Säule  u.  s.  w.  Zvrillings- 
Krystalle.  Kryst.  mehr  oder  minder  glatt,  einzeln  auf-,  auch 
reihenweise  zusammengewachsen  oder  drüsig  gruppirt.  Kryst. 
M.  blasig,  zerfressen,  tropfsteinartig , eingesprengt;  Text,  kör- 
nig bis  dicht  ( Scliwefelspath ),  seltener  faserig  (Faser-Schwe- 
fel); häufig  erdig  (Schwefelerde).  — Unvollkommen  spaltbar 
parallel  den  Octaederflächen  und  den  Flächen  der  rhombischen 
Säule.  Br.  muschelig  in’s  Unebene.  H.  = 1,5— 2,5.  Sp.  G.  = 

2,1.  Durchsichtig  bis  undurchsichtig;  Fettglanz ; schwefel- 
gelb in’s  Rothe  , Braune  und  Graue.  Strich : schwefelgelb  bis 
gelblich-weiss.  Eigenthümlicher  Geruch  beim  Reiben,  knistert 
beim  Erwärmen  in  der  Hand. 'Bestdth.  S,  zuweilen  mit  erdigen 
und  bituminösen  Theilen.  Symb.  S. 

Findet  sich  im  Steinsalz  führenden  Gyps : Sicilien , Kirchenstaat, 
Spanien , Polen  f Krack  au)  , Hannover  (Lauenstein) , in  der  Nähe  vob 
Vulkanen,  in  und  auf  Laven:  Vesuv,  Aetna,  Island,  Java , auf  Gängen 
in  verschiedenen  Felsarten  mit  Blei-,  Kupfer-  und  Zinkerzen:  Schwarz- 
wald, Siegen  — der  Faserschwefel  bei  Siena  im  Toskanischen  — die 
Schwefelerde  zu  Ells  in  Mähren,  in  Braunkohlenlagern  in  Thüringen , ab 
Bindemittel  des  Sandes  zu  Roisdorf  bei  Bonn. 

Wird  als  Arzneimittel  durch  Sublimation  gereinigt;  dient  ferner  zur 
Bereitung  des  Schiesspulvers,  der  Schwefelsäure,  zu  Z ündappa raten , 
Feuerwerken,  Entfärben  der  Zeuge,  zum  Modelliren  u.  s.  w. 

2.  Selenschwefel. 

Faserige  oder  erdige  Theile  mit  orangengelber,  in’s  Braune  fallen- 
der Farbe. 

Findet  sich  in  Begleitung  von  Schwefel,  Salmiak,  Alaun,  Borax- 
säure , Realgar  u.  s.  w.  auf  der  Insel  Volkano. 


2.  Abtheilung:  Schwefel  und  eie ctro positive 
Metal  le. 

Die  Mineralien  dieser  Abtheilung  krystallisiren  grössten  theils 
im  regelmässigen  Systeme;  wenige  im  ein-  und  cinaxigen,  nur 
eins  im  drei-  und  cinaxigen  (Zinnober)  und  eins  im  zwei-  und 


Blende. 


71 


einaxigen  ( Kupferkies ).  Sie  sind  auf  dem  Bruche  uneben,  häu- 
figer muschelig,  selten  flachmuschelig  in’s  Ebene.  Die  Flussspaih - 
härte  wird  selten  überstiegen ; nur  Eisen-  und  Speerkies  ritzen 
den  Feldspath ; Kupferindig  und  Sternbergit  werden  selbst 
vom  Gyps  geritzt.  Viele  sind  spröde,  die  meisten  milde;  Silber- 
glanz ist  vollkommen  geschmeidig,  und  Wismulk-Silbererz  ist 
weich.  Die  Grenzen  des  sp.  G.  liegen  beim  Voltzit  = 3,3  und 
Zinnober  = 8,1.  Der  Glanz  ist  bei  den  mehrsten  metallisch , 
oft  diamantartig  (Blende  und  Zinnober ).  Voltzit  hat  Glasglanz 
und  Kupferindig  Fetjglanz.  Sie  sind  meist  undurchsichtig,  selten 
halbdurchsichtig  (Zinnober)  oder  durchsichtig  (Blätter -Blende). 
Die  Farbe  ist  sehr  verschieden  und  wechselt  häufig  bei  den  ein- 
zelnen Mineralien ; eben  so  verhalten  sie  sich  im  Strich.  V.  d.  L. 
stimmen  sie  darin  überein , dass  sie  alle  mit  Soda  eine  Hepar 
geben.  Sie  sind  grösstentheils  schmelzbar,  nur  wenige  un- 
schmelzbar (Blende  und  Molgbdänglanz) , der  Zinnober  ist 
flüchtig. 

3.  Manganglanz . 

(Syn,  Manganblende,  Sehwefelmangan,  hexaödrisehe  Glanzblende.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Hexaeder  mit  Octaöderflächen.  K*yst. 
rauh  • kryst.  körnige  M. , eingesprengt.  — Br.  uneben , fast  muschelig ; 
H.  = 4;  wenig  spröde;  sp.  G.  = 3,94 — 4,0.  Undurchsichtig;  Metall- 
gtauz ; eisenschwarz  bis  dunkel  stahlgrau.  Strich:  lauchgrün. 

Y.  d.  L.  schwer  schmelzbar;  in  Borax  schwer,  in,  Phosphorsalz  unter 
Brausen  lösbar.  Löslich  in  verdünnter  Salzsäure  unter  Entwickelung  von 
Schwefelwasserstoff.  Ghlt.  nach  Arfv.  Mn  62,58,  S 37,42-  Formel:  MnS. 

Findet  sich  auf  Gängen  mit  Roth  - Manganerz,  Eisenkies,  Fahlerz, 
Blende,  Blätter-  und  Weiss-Tellur,  Braunspath  und  Quarz  in  Siebenbür- 
gen * Cornwalli&j  Mexico . 

4L  Blende. 

(Syn.  Zinkblende,  dodecacdrische  Granathlend« , Schwefelzink.) 

Krgststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Tetraeder;  2)  Tetrae- 
der mit  Octaöder- ; 3)  mit  Ikositeträederflächen ; 4)  Dodecaeder 
mit  Tetraeder-;  5)  mit  Ikositeträederflächen;  6)  Combinationen 
des  Dodecaeders  mit  dem  Hexaeder,  Tetraeder  und  Ikositetrae- 
der. Zwillinge.  — VoHkommen  spaltbar  den  Dodecaeder  flächen 
parallel.  Br.  muschelig.  H.  «=  3,5;  spröde.  Sp.  G.  ==  3,9 — 4,1. 
Diamantglanz.  Strich : gelblichweiss  his  braun. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  beim  strengsten  Feuer  an  den  dünn- 
sten Kanten  sich  etwas  rundend  und  schwach  nach  schwefliger 
Säure  riechend ; die  Kohle  mit  Zinkoxyd  beschlagend.  Durch 
Salzsäure  grösstentheils  zersetzbar  unter  'Entwickelung  von 


72 


Magnetkies. 


Schwefelwasscrstoffgas.  Bestdth.  Zn.  63,0,  S.  33,6,  Fe.  3,4, 
auch  wolil  Cd  enthaltend.  — Formel : ZnS. 

Arte  n. 

a)  Blätterige  Blende.  Kryst.  glatt  oder gestreift,  auch 

rauh,  meist  drüsig  verbunden.  Kryst.  M. ; Text,  blätterig-  oder 
körnig-blätterig;  derb,  ein  gesprengt.  Durchsichtig  bis  undurch- 
sichtig. Sammet-  bis  graulich-schwarz;  braun  bis  ins  Blut- und 
Hyacinthrothe ; spargel- und  ölgrün  bis  ins  Gelbe;  zuweilen  bunt 
angelaufen.  * 

b)  Strahlige  Blende.  Derbe  M.  Text,  büschelweise  aus- 
einander! aufend , strahlig ; nierenförmig.  A.  d.  K.  durchschei- 
nend bis  undurchsichtig.  Röthlich-braun  in  s Gelbe  und  Schwarze. 
Ghlt.  nach  Löwe  : Zn  61,40,  S 33,15,  Fe  2,29,  Cd  1,50. 

c)  Faserige  Blende.  Nierenförmig,  traubig,  knollig. 
Text,  büschelartig  auseinanderlaufend,  strahlig.  Undurchsichtig ; 
Fettglanz,  schimmernd.  Röthlich-braun  in’s  Gelbe  und  Graue. 

Die  Blätterblende  kommt  nicht  selten  auf  Lagern  und  Gängen  in 
altern  und  junge rn  Gesteinen  vor  mit  Eisenkies,  Kupferkies,  Bleiglanz 
•Quarz,  Kalkspath  : in  Baden,  im  Nassauischen,  Harz,  Erzgebirge,  Böhmen. 
Die  Strahlblende  findet  sich  zu  Przibram  in  Böhmen  auf  Gängen.  Die 
faserige*  Blende  auf  Gängen  zu  Geroldseck  im  Breisgau,  Harz , Kärn- 
ihen , Cornwall.  (Ueber  Vorkommen  der  Blende  als  Sinter  bei  Sieg- 
burg s.  Bischof  und  Noeggerath  in  Schw.  Journ.  1832-  Hft.  13.  p.  243.) 

Die  Blende  wird  hin  und  wieder  zur  Ausbringung  des  Zinks  und  zue 
Bereitung  von  Messing  benutzt. 

Tn  den  goldführenden  Schwefelkies-Gängen  von  Marmato  in  America 
findet  sich  eine  blendeähnliche  blätterige  Substanz,  die  Boussignault  M a r- 
matit  nannte,  und  aus  77  Schwefeleisen  und  23  Schwefelzink  bestand. 
Formel:  2FS.3ZnS. 

5.  Voltzit. 

Kleine  halbkugelige  Wärzchen;  Text,  schalig.  — Br.  muschelig;  Jf.  = 
3,5;  sp.  G.  =3,66;  durchsichtig  bis  durchscheinend;  Glasglanz;  schmutzig 
rosenroth  oder  gelblich.  Ghlt.  nach Fournet:  ZnS  81,0,  Znö  15,0,  Fo.,0;,  L8 
«nd  2,2  einer  harzähnlichen  organischen  Substanz,  die  sich  in  dem 
Minerale  als  braune  Streifen  zeigt.  — Formel:  4 ZnS.  ZnO. 

Findet  sich  auf  Gängen  bei  Bosiers , Dep-  Puy-de-dome , überzieht 
dort  die  meisten  andern  Erze  und  scheint  neuerer  Bildung  zu  sein. 

6*.  Magnetkies. 

(Syn.  Leberkies , rhomboedrischer  und  hexagonaler  Eisenkies.) ' 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Kryst f niedrige  sechsseitige 
Säule  mit  Hexagondodecaed  er  flächen  und  der  gerade  angesetz- 
ten  Endfläche.  Kryst.  selten  säulenförmig,  häufiger  tafelartig, 
rauh  oder  gestreift , einzeln  aufgewachsen , auch  zu  Drusen  vciv 


Eisenkies, 


7J 


b und  öd ; kryst.  M.;  Text,  blätterig;  kugelig,  nierenförmig,  tropf- 
steinartig ; derb , körnig  abgesondert ; eingesprengt.  — Spaltbar 
parallel  den  End-,  seltener  den  Seitenflächen  der  Säule.  Kr, 
kleinmuschelig.  H.  =^=  4 ; spröde.  Sp.  Cf.  = 4,5— 4,7.  Undurch- 
sichtig ; metall glänzend , zwischen  speisgeJb  und  kupferroth; 
aussen  meist  tombakbraun  angelaufen.  Strich:  dunkel  graulich- 
schwarz. Wirkt  auf  die  Magnetnadel. 

V.  d.  Li.  auf  Kohle  in  der  äussem  Flamme  wird  er  roth 
und  riecht  nach  schweflichter  Säure;  in  der  innern  schmilzt 
er  leicht  (2)  zu  einer  magnetischen  Kugel.  In  Salzsäure  grössten- 
theils  unter  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoffgas  löslich. 
Ghlt.  nach  Strom . : Fe  59,85 , S 40,15.  Formel : FeSj . 6FeS, 

Findet  sich  auf  Lagern  und  Gängen  im  Gneis,  Glimmerschiefer, 
Syenit , Diorit , körnigen  Kalk  u.  s.  w.  eingesprengt  und  eingewachsen : 
Bergstrasse,  Ober pfalz  , Harz , Böhmen,  Erzgebirge. 

Man  benutzt  ihn  zur  Bereitung  von  Eisenvitriol  und  Schwefelsäure. 

f.  Eisenkies. 

(Syn.  Schwefelkies,  Markasit,  hexaödrischer  Eisenkies.) 

Krystsim . regelmässig.  Kryst f 1 1)  Mexaöder  selten;  2) 
Hexaeder  mit  Octaederflächen  ; 3)  öctaeder  mit  Hexaeder!!. ; 

4)  Hemitetrakishexaeder  (Pyritoeder) ; 5)  dasselbe  mit  Hexaüder- 
flächen ; 6)  Pyritoeder  mit  Octaederflächen ; 7)  Hexaeder  njit  den 
Flächen  des  Ikositetraeders  ; 8)  Combination  des  Octaeders  und 
Dodecaeders  und  ausserdem  noch  sehr  verwickelte  Combinationen, 
bei  denen  die  Flächen  bis  134  ja  266  steigen  und  Zwillinge. 
Kryst.  einzelne  Flächen  oft  unverhältnissmässig  ausgedehnt ; 
glatt,  öfter  gestreift,  einzeln  eingewachsen  und  vielartig  grup- 
pirt;  After-Kryst  über  Quarz,  Kalk-  und  Barytspath;  derbe 
M. ; Text,  körnig  bis  dicht;  bäum-  und  nierenförmig,  kugelig, 
knollig;  eingesprengt ; als  Versteinerungsmittel  von  Schalthieren 
und  Pflanzen.  — Unvollkommen  spaltbar.  Br.  muschelig  in’s 
Unebene.  H.  — 6 — 6,5;  spröde.  Sp.  G.  = 4,9 — 5,1.  Undurch- 
sichtig ; metallglänzend ; speisgell) , zuweilen  in’s  Stahlgraue , 
selten  braun  oder  bunt  angelaufen.  Strich:  grau  in’s  Braunlich- 
scliwarze.  Nicht  magnetisch. 

V.  d.  L.  wie  die  vorige  Gttg. , von  Salzsäure  kaum  ange- 
griffen w erdend.  Bestdth.  nach  Eaiclwt : Fe  47,85,  S 52,15. 

Formel:  FeSj. 

Er  kommt  allgemein  verbreitet  auf  die  mannigfaltigste  Weise  in 
Felsarten  der  verschiedenen  Perioden  vor  theils  eingewachsen  oder  auf 
Gängen  uild  Lagern,  begleitet  von  selp  vielartigen  Mineralien.  (Ueber  die 
Bildung  von  Eisenkies  durch  Einwirkung  organischer  Substanzen  auf  Mi- 
neralwässer vergl,  Bischof  in  Schweig,  Joum.  LXIV  p 377>) 


74 


Ilaarkies. 


Wird  benutzt  wie  die  vorige  Gttg. , auch  zu  Galanteriewaaren  ge- 
schliffen. 

8.  Speerkies . 

(Syn.  Wass er-,  Kamm-  und  Strahlkies,  rhombischer  und  prismatischer 

Eisenkies.) 

Krystslm . ein-  und  einaxig.  Krystf.  1)  gerade  rhombische 
Säule;  2)  Rhombenoctaöder ; 3)  Rectangulär-Octaeder  und  an- 
dere mehr  verwickelte  Gestalten,  Zwillinge,  Drillinge,  Vier- 
und  Fünflinge.  Kryst.  glatt,  seltener  gestreift,  einzeln  aufge- 
wachsen, häufiger  zu  Gruppen  und  Drusen  verbunden,  speer- 
spitzen-älmlich  und  hahnenkammförmig  zusammengehäuft,  selten 
haar-  und  nadelförmig ; in  Nieren  und  Röhren , traubig,  kugelig, 
derb;  Text,  strahlig  bis  faserig. — Spaltbar  parallel  den  Seiten- 
flächen. Br.  uneben  grobkörnig.  II.  = 6 — 6,5 ; spröde.  Sp.  G, 
= 4,6 — 4,8.  Undurchsichtig;  metallglänzend;  lichte  speisgelb  y 

zuweilen  bunt  augelaufcn.  Strich  : graulich  - oder  bräunlich- 
schwarz. 

V.  d.  L.  wie  Eisenkies.  Verwittert  sehr  leicht.  Restdth. 
nach  ßerz .?  Fe  45,07 , S 53,35,  Mn  0,70,  SiOs  0,80.  Formel: 
FeSa. 

Findet  sich  auf  Gängen  in  jungem  Felsarten:  Hessen,  Wärtemberg, 
Harz  , Böhmen , England . 

Man  benutzt  ihn  zur  Bereitung  von  Eisenvitriol  und  Schwefelsäure, 


9.  Cobaltkies . 

(Syn.  Sckwefelcobalt). 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Hexaeder;  2)  Octaeder;  3)  Combi- 
nationen  des  Hexaeders  und  Octaeders;  4)  des  Hexaeders  und  Dodecae- 
ders;  5)  des  Hexaeders,  Dodecaeders  und  Octaeders.  Kryst.  glatt;  kry- 
stallinisch  körnige  M.  — Br.  muschelig,  in’s  Unebene.  H.  ==>  5,5;  sp.  G. 
— 4?9.  Undurchsichtig;  metallglänzend;  zwischen  zinnweiss  und  lichte 
stahlgrau,  zuweilen  kupferroth  angelaufen«  Strich:  grau. 

Y.  d.  L.  auf  Kohle  unter  Schwefelgeruch  zur  grauen  , auf  die  Magnet- 
nadel wirkenden  Kugel , und  mit  Borax  zu  saphir-blauem  Glase  schmel- 
zend. In  Salpetersäure  vollkommen  löslich.  Bstdth.  nach  Wernekink  Co 
53,35,  S 42,25,  Fe  2,30,  Cu  0,97.  — Formel:  FeS2.  24Co2S3. 

Auf  Lagern  im  Gneis  mit  Strahlstein  und  Kupferkies : Schweden. 
Auf  Gängen  im  Uebergangsgebirge.  Im  Ai'ege/i’schen  mit  Kupfer-  und  Eisen- 
kies, Bleiglanz  u.  s.  w. 

fO.  Haarkies . 

(Syn.  Schweft^nickel , gediegen  Nickel.) 

Kryst.  zart,  haarförmig,  einzeln,  durcheinander  gewachsen,  zu  Bü- 
scheln gmppirt  (auch  als  Octaeder.*).  • — Br.  flach-muschelig.  H.  = 3,5; 


Kupferindig. 


75 


spröde;  sp.  G.  unbekannt.  Undurchsichtig;  metallglänzend;  messinggelb 
in’s  Graue,  Strich : glänzender. 

V.  & L.  auf  Kohle  Schwefelgeruch  verbreitend  und  zu  einer  auf 
die  Magnetnadel  wirkenden  Kugel  schmelzend ; nach  der  Röstung  mit 
Borax  ein  dunkelgelbes  oder  röthliches  Glas  gebend.  In  Salpetersäure 
wenig,  in  Salpetersalzsäure  mit  grüner  Farbe  lbslich.  Rstdth.  nach  Jrjv. 
J*i  64,8,  S 35,2.  — Formel:  NiS. 

Kommt  auf  Gängen  im  altern  Gebirge  vor  mit  Eieenspath , Quarz , 
Kupfererzen,  Bleiglanz:  Böhmen j Harz , Westerwald. 

il.  Kupferglanz. 

(Syn.  Schwefelkupfer,  Kupferglas.) 

Kryststm.  du-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  der  geraden  Endfläche  und  stark  abgestumpften 
scharfen  Seitenkanten;  Zwillinge.  Kryst.  tafel-  oder  kurz 
säulenartig,  meist  glatt,  einzeln  aufgewachsen,  auch  drüsig 
verbunden;  drath^örmig,  ästig,  in  Plätten,  derb;  selten  als 
Vererzungsmittel  von  Manzentheilen.  — Spaltbar  parallel  den 
Seitenflächen.  Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 2,5 — 3 ; sehr 
milde.  Sp.  G.  ==  5,6.  Undurchsichtig ; metallglänzend ; schwärz- 
lichgrau in’s  Eisenschwarze,  zuweilen  blau  oder  grün  angelau- 
fen. Strich:  schwarz. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  in  der  äussem  Flamme  mit  Zerknistern 
leicht  schmelzbar  (1,7 — 2) , in  der  innern  unschmelzbar.  Die  ge- 
schmolzene M.  mit  Salzsäure  befeuchtet  färbt  die  Flamme  blau. 
Mit  Salpetersäure  eine  himmelblaue  Aufl.  unter  Abscheidung  von 
Schwefel  gebend.  Bestdth.  nach  Ullmann:  Cu  79,50,  S 19,00 
mit  etwas  Eisen  und  Bergart.  — Formel : Cu2S. 

Findet  sich  auf  Gängen  und  Lagern  mit  Kupfer-  und  Eisenerzen  im 
Kupferschiefer,  im  Gneis  und  Glimmerschiefer:  Siegen,  Bannat  ( Kap - 
nik) , Cornwall  ('Redruth)  , Sibirien,  Norwegen  (Kongsberg). 

Wird  als  eines  der  reichsten  Kupfererze  zum  Ausbringen  des  Kup- 
fers benutzt. 

12.  Kupferindig . 

(Syn.  Covellit.) 

Derb  , nierenförmig , als  rindenartiger  Ueberzug  und  in  eingewachse- 
nen , rundlichen  Stücken;  eingesprengt.  — Br.  flachmuschelig.  H.  = 1,5  ; 
milde ; sp.  G.  = 3,8.  Undurchsichtig ; wenig-  bis  fettglänzend  ; indigoblau 
ins  Schwärzliche.  Strich:  schwärzlich. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  mit  blauer  Flamme  und  Schwefelgeruch  bren- 
nend ; nach  dem  Rösten  mit  Soda  ein  Kupferkorn  gebend.  Bstdth.  nach 
Walchner : Cu  64,7,  S 32,6,  Pb  1,0,  Fe  0,46. 

Mit  andern  Kupfererzen  in  Thüringen , Baden , Salzburg  In  man 
eben  Lavaarten  des  Vesuvs . 


7(i  Bleiglanz. 

iS.  Kupferkies. 

(Syn.  Schwefeikiipfereisen  z.  Th.,  tetragonalcr  and  pyramidaler  Kupferkies,) 


Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  Quadratisches  Oc- 
taöder  und  andere  melir  verwickelte  (Gestalten;  als  Zwillinge. 
Kryst.  gew  öhnlich  pyramidal , häufig  gestreift , undeutlich,  meist 
drüsig  gruppirt ; auch  traubig , nierenförmig ; am  gew  öhnlichste» 
derb  und  eingesprengt.  — Spaltbar  parallel  den  Kernfl.  Br.  fast 
muschelig  in’s  Unebene.  H.  = 3,5 — 4 ; w enig  spröde.  Sp.  G.  = 
4,1.  Undurchsichtig  ; metallglänzend  ; messinggelb,  häufig  bunt 
oder  grau  angelaufen.  Strich:  grünlich-schwarz. 

V.  d.  L.  verknisternd,  unter  Schwefelgeruch  zu  einer  sprö- 
den, stahlgrauen,  magnetischen  Kugel  fliessend  (2),  die  mit  Salz- 
säure befeuchtet  die  Flamme  blau  färbt.  Bestdth.  nach  11.  Rose  : 
Cu  31,40,  Fe  30,47,  S 35,87.  — Formel : Cu2S  . Fe2S3. 

Sehr  allgemein  verbreitet  und  von  den  mannigfaltigsten  Mineralien 
begleitet,  auf  Gängen,  Lagern  u.  s.  w.  in  älteren  ujid  neueren  Gebir 
gen:  Siegen,  Ems t D Ulenburg , Freiberg , Harz  (Goslar J ^ Norwegen 9 
Schweden  u.  s.  w. 

Er  dient  vorzüglich  zur  Kupfer-Yitrioibereitiing ; doch  wird  auch  viel 
Kupfer  daraus  geschmolzen. 

14.  Buntkupf ererz. 

(Sy n.  Schwefelkupfereisen  z.  Th. , octaedrischer  Kupferkies.) 

Kryststm . regelmässig.  Krystf.  regelmässiges  Ocfcaßder ; 
Hexaeder  mit  Octaederflächen  und  Zwillinge.  Kryst.  selten , 
rauh,  zuweilen  mit  gebogenen  Flächen;  eingewachsen,  derb,  in 
Platten  mid  eingesprengt.  — Unvollkommen  spaltbar  parallel 
den  Octaederflächen.  Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 3;  w enig 
milde.  Sp.  G.  = 5,1.  Undurchsichtig ; metallglänzend ; kupfer- 
roth  in’s  Gelbe;  roth,  blau,  zuweilen  blau  und  grün  ahgelaufen. 
Strich : schw  arz. 

V.  d.  L.  wie  Kupferkies  (2,2):  Bestdth.  nach  Philipps:  Cu 
61,07,  Fe  14,00,  S 23,75,  Bergart  0,5.  — Formel:  2Cu2S  . FeS. 

Findet  sich  unter  denselben  Verhältnissen  wie  Kupferglanz:  Siegen > 
Thüringen , ( Saatfeld l,  Kamsdorf J,  Schlesien  (KupferbergJ  , Bannat , 
Norwegen  , Schweden . 


15.  Bleiglanz. 

(Syn.  Schwefelblei,  hexaedrischer  Bleiglanz.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Combinatioiien : 1)  des 
Hexaeders  und  Octacdcrs ; 2)  des  Hexaeders,  Odaeders  und  Do- 


Wismuthglanz. 


77 


dec&eders ; 3)  des  Octaöders,  Hexaeders  und  Ikositetraeders  ti.  s.  w. 
Zwillinge.  Kryst.  gross,  Oberfläche  glatt  oder  gestreift,  ge- 
wöhnlich zu  Drusen  verbunden;  kryst  M.;  traubig,  röhrenförmig, 
gestrickt , geflossen ; derb  , angeflogen , eingesprengt ; Text, 
grosskömig,  mitunter  krummscbalig.  — Vollkommen  spaltbar 
parallel  den  Hexaederfl.  Br.  muschelig,  selten  wahrnehmbar. 
H.  = 2,5 ; milde.  Sp.  G.  = 7,65 — 7,75.  Undurchsichtig ; me- 
tallglänzend ; bleigrau,  oft  mit  bunten  Farben  angelaufen. 
Strich:  graulich-schwarz. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  unter  Entwickelung  von  Schwefeldämpfen 
und  gelbem  Beschläge  der  Kohle  zum  Bleikorn  reducirbar;  (1 — 1,5). 
In  Salpetersäure  mit  Ausscheidung  von  Schwefel  und  schwefelsau- 
rem Blei  löslich.  Bestdth.  nach  Robertson  : Pb  84,63,  S 13,21, 
häufig  Ag , zuweilen  Sb , Au , Fe  und  As  enthaltend.  Formel : 
PbS. 

Allgemein  verbreitet  auf  Gängen  und  Lagern  im  altern  und  neuem 
Gebirge,  begleitet,  von  Quarz,  Baryt-,  Kalk-  und  Flussspath,  Blei  und 
andern  Erzen. 

Bleischweif  scheint  ein  mit  Antimonglanz  innig  gemengter  Bleiglanz; 
er  ist  dicht  und  zeigt  keine  Spur  von  Blättergefuge,  matt  oder  schim- 
mernd; sp.  G.  =:  7,2. 

Bleimulm  ist  ein  verwitterter  Bleiglanz , aus  schuppigen,  abfärbenden 
Theilehen  bestehend,  und  findet  sich  vorzüglich  zu  Freiberg. 

Der  Bleiglanz  ist  das  einzige  unter  den  verschiedenen  Bleierzen,  aus 
welchen  das  reine  Metall  am  häufigsten  gewonnen , und  welches  berg- 
männisch gefordert  wird. 


Id.  Wismuthglanz. 

(Syn.  Schwefel- Wismuth , prismatischer  Schwefelwismuthglanz.)  1 

Krgststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule.  Kryst.  lang-säuleiiartig , nad eiförmig,  spiessig,  stark 
vertikal  gestreift,  büschelförmig  zusammen-  und  durcheinander- 
gewachsen  ; - kryst  M. ; derb,  eingesprengt.  — Br.  vollkommen 
muschelig.  H.  ==  2 ; milde.  Sp.  G.  = 6,5.  Undurchsichtig ; 
metallglänzend ; lichte  bleigrau.  Strich:  unverändert. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  schmilzt  er  leicht  mit  Kochen  und 
Spritzen  zur  Wismuthkugel  und  beschlägt  die  Kohle  gelblich. 
In  Salpetersäure  mit  Ausscheidung  von  Schwefel  löslich.  Die 
Lösung  wird  durch  Wasser  w eiss  gefällt.  Bestdth.  nach  //. 
Hose : Bi  80,98 , S 18,72.  — Formel : Bi2S3. 

Findet  sich  unter  den  bei  gediegen  Wismuth  angegebenen  Verhält- 
nissen, (Der  Wismuthglanz  von  Bispberg  in  Schweden  ist  nach  Berz. 
wahrscheinlich  verschieden  und  scheint  BiS  zu  sein.) 


78 


Silberglanz. 

17.  Kupferwismutherz. 

(Syn.  Schwefelkupferwismuth , Wismuthkupfererz.) 

Säulenförmige  Kryst.,  büschelweise  zusammengefügt,  derb,  zuweilen 
von  stänglicher  Zusammenfügung,  eingesprengt.  — Br.  uneben;  milde; 
«p.  G.  = 5,0?  Undurchsichtig;  Metallglanz;  lichte  bleigrau,  bunt  ange- 
laufen. Strich:  schwarz. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  sprüht  es  im  Anfänge  und  setzt  auf  derselben 
einen  Wismuthbeschlag  ab.  Die  partielle  himmelblaue  salpetersaure  Lö- 
sung wird  mit  Wasser  gefällt.  Bstdth.  nach  L.  Gmeliri : Cu  32,6,  Bi  48,3, 
S 19,1.  — Formel:  Cu2S  . Bi2S3. 

Auf  einem  Gange  in  Granit  mit  Barytspath,  gediegen  Wisrauth 
w.  s.  w. ; JViuichen  im  Badens  dien. 

18.  Nadelerz , 

Nadelförmige  und  schilfartige  Kryst. ; eingewachsen;  derbe  M.  — 
Br.  uneben;  H.  <=  2;  milde;  sp.  G.  = 6,12.  Undurchsichtig;  metall- 
glänzend; stahl-schwärzlichgrau , bunt  angelaufen.  Strich:  schwärzlich- 
grau. 

V.  d.  L.  schmilzt  es  leicht,  entw.  Schwefelgeruch,  beschlägt  die 
Kohle  weiss  und  gelb  und  giebt  ein  grauliches  Metallkorn.  Die  partielle 
himmelblaue  salpetersaure  Aufl.  wird  von  Schwefelsäure  weiss  gefällt. 
Bstdth.  des  Sibirischen  nach  v.  Kobell : Cu  16,96,  Pb  27,74,  Bi  38,06, 
S 17,24.  — Des  vom  Ural  nach  Frick : S 16,61,  Bi  36,45,  Pb  36,05,  Cu 
10,59.  — Formel?  Cu2S  . BiS2 +2(PbS  . BiS.) 

Im  Quarz  der  Goldgänge  zu  Beresow  am  Ural. 

19.  Zinnkies. 

(Syn.  Schwefelkupferzinn.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Hexaeder.  Kryst.  selten  deutlich,  auf- 
gewachsen; derb,  eingesprengt.  — - Br.  uneben,  bis  muschelig.  II.  ca 
4 — 4,5;  spröde;  sp.  G.  = 4,3-  Undurchsichtig;  metallglänzend,  zwischen 
messinggelb  und  stahlgrau ; gelb  angelaufen.  Strich:  schwarz. 

Y.  d.  L.  schmilzt  er,  setzt  auf  der  Kohle  Zinnoxyd  ab  und  giebt 
ein  sprödes  Metallkorn,  welches  mit  Salzsäure  befeuchtet  die  Flamme 
blau  färbt.  In  Salpetersäure  theilweise  mit  himmelblauer  Farbe  löslich. 
Glilt.  nach  Kudernatsch  S 29,61,  Sn  25,55,  Cu29;39,  Fel2,44,  Zn  1,77, 
Bergart  1,02-  — Formel:  2 [FeS,  ZnS].SnS24-2Cu2S  . SnS2. 

Auf  Gängen  mit  Kupferkies  und  Quarz  in  Cornwall. 

20.  Silbcrylanz. 

i 

(Syn.  Schwefelsilber,  hexaüdrischer  Silberglanz , Glaserz,  Glanzerz.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Würfel;  2)  Octaeder; 
3)  Dodecaüder;  4)  Ikositetraeder;  Combinationen : 1)  des  Hexae- 
ders und  Octaeders;  2)  des  Hexaeders  und  Dodecaeders;  3)  des 
Hexaeders  und  Ikositetraeders;  4)  des  Hexaeders,  Octaeders, 
Dodecaeders  und  Ikositetraeders.  Kryst.  häufig  sehr  verzogen , 


I 


Sil  b erkupferglanz. 


79 


uneben , auch  gestreift ; drüsig  verbunden ; liaar- , drath- , baum- 
förmig,  ästig,  zähnig;  in  Platten,  angeflogen,  derb,  einge- 
sprengt. — Unvollkommen  spaltbar  parallel  den  Flächen  des 
Hexaeders  und  Octaöders.  Br.  muschelig,  bis  uneben.  If.  = 

2 — 2,5 ; vollkommen  geschmeidig.  Sp.  G.  = 6,9 — 7,2.  Undurch- 
sichtig; metallglänzend;  bleigrau  ins  Schwärzliche,  zuweilen 
bunt  angelaufen.  Strich  : glänzend. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  unter  Aufschwellen  und  Entwickelung 
eines  Geruches  nach  schwefliger  Säure  zu  einem  von  Schlacke 
umgebenen  Silberkorne  schmelzend.  Bestdth.  nach  L.  Gmelin: 
S 12,9 , Ag  87,1  — Formel : AgS. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  altern  Gebirge  mit  gediegen  Silber , 
Rothgültigerz,  Bleiglanz,  Amethyst,  Bergkrystall  u.  s.  w. : Harz  (Andreas- 
berg), Sachsen  ('Freiberg) , Schwarzwald  (Wolfadij , Tyrol , Ungarn 
(Schemnitz  , Kremnitz) , Schweden  ( Kongsberg ),  Spanien  , Mexico,  Peru, 
Sibirien. 

Wird  zur  Abscheidung  des  Silbers  benutzt , lässt  Sich  Auch  tfiir  sich 
schneiden  und  prägen. 

21.  Sternbergit . 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule.  Kryst.  meist 
tafelartig  gestreift;  rosenartig  gruppirt;  derb.  — II,  = 1 — 1,5;  milde; 
sp.  G.  = 4,21-  Undurchsichtig;  metallglänzend;  dunkel  tombackbraun, 
oft  violett  angelaufen.  Strich  : schwarz. 

V.  d.  L.  schmelzend  unter  Entwickelung  von  Schwefelgeruch  zn  einer 
auf  die  Magnetnadel  wirkenden  Kugel  und  theihveise  zu  Silber. redu- 
cirbar.  Die  partielle  Salpeters.  Aufl.  wird  durch  Salzs.  gefällt,  Bstdth. 
nach  Zippe:  S 30,0,  Ag  33,2,  Fe  36,0.  — Formel;  AgS  . 3FeSz  . FeS4. 
(Nach  Berz.  AgS  . Fe2S3.) 

In  Begleitung  von  Silberglanz  und  Rothgültigerz  : Böhmen  (Joachims- 
thal) ; bei  Schneeberg  als  Ueberzug  auf  Pyrargyrit . 

22.  Wismutlisilbererz. 

(Syn.  Wismuthbleierz , Silber-Wismutherz.) 

Kryst.  nadel-  und  haarförmig , eingewachsen,  derb  und  eingesprengt. 
— Br.  uneben;  weich;  metallisch-glänzend,  lichte  bleigrau,  dunkel  an- 
gelaufen. Strich  : schwarz. 

Y.  d.  L.  die  Kohle  gelb  beschlagend  und  zu  einem  Silberkorne 
schmelzend  unter  Verbr.  von  Schwefelgeruch.  In  verdünnter  Salpetersäure 
theilweise  löslich.  Bstdth.  nach  L.  Gmelin  : S 16,5,  Ag  18,6,  Pb  35,8, 
Bi  24,5,  Fe  4,6. 

Auf  Quarzgängen  und  eingewachsen  in  Hornstein  und  Flussspath  : 
Schapbach  in  Baden. 

23.  Silber  kupf er glanz. 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten.  Derbe  M. , 


80 


Zinnober. 


dicht,  eingesprengt.  Er.  flach  muschelig  bis  eben.  H.  = 2,5—8; 
Sp.  G.  = 6,25.  Undurchsichtig ; metallglänzend ; schwärzlich 
bleigrau.  Strich:  unverändert. 

V.  d.  L.  unter  Schwefelgeruch  zu  einer  metallisch-glänzen- 
den Kugel  schmelzend,  welche  mit  Salzsäure  befeuchtet  die 
Flamme  blau  färbt.  Die  partielle  himmelblaue  Auflos.  wird  durch 
Salzsäure  gefällt.  Bestdth.  nach  v.  liobcll : S 15,80,  Ag  53,11, 
Cu  31,09.  — Formel:  C112S.  AgjS. 

Mit  Kupferkies,  Bleiglanz,  Kalkspatli  u.  s.  w..  im  Gouvernement 
Tomsk  in  Sibirien,  Schlesien  ( JludelstadlJ . 

Wird  zur  Ausbringung  von  Silber  benutzt. 

(Hierher  gehört  wohl  auch  das  Weiskupfererz  ( Kupfereisenkies ), 
Derb,  stänglig , abgesondert,  eingesprengt.  — Br.  uneben.  II.  = 6; 
sp.  G.  = 4,4.  Metailglanz;  speisgelb.  Bstdtli,  Cu,  Fe,  Ag,  S?  Kommt 
gangarlig  im  Gneis:  Freiberg ; im  Kupferschiefer:  in  Thüringen ; mit 
Malachit:  in  Sibirien , vor.) 

• 

24.  Zinnober. 

4 

(Sya.  Schwefel-Quecksilber,  peritome  Rubinblentle , Merkurblende 
[Minium  der  alten  Römer].) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Combinationen  ver- 
schiedener Rhomboeder  mit  der  sechsseitigen  Säule  und  mit  der 
gerade  angesetzten  Endfläche;  Zwillinge.  Kryst.  stets  niedrig 
und  tafelartig,  glatt,  meist  horizontal  gestreift,  einzeln  auf-, 
meist  durcheinander  gewachsen,  zu  Drusen  verbunden;  derbe  M. 
kugelig,  traubenförmig ; Text,  körnig  bis  dicht  (Zinnober spalh), 
faserig  (Faser-Zinnober)  oder  erdig  (Zinnobererde);  einge- 
sprengt,  angeflogen  und  dendritisch.  — • Vollkommen  spaltbar 
parallel  den  Flächen  der  sechsseitigen  Säule.  Br.  uneben  bis 
muschelig.  H.  = 2,5;  milde.  Sp.  G.  = 8,0 — 8,1.  Halbdurch- 
sichtig bis  undurchsichtig ; diamant-glänzend;  cochenillrotli  iifs 
Karminrothe  und  Graue.  Strich : scharlachroth. 

V.  d.  L.  vollkommen  verfliegend  unter  Schwefelgeruch.  Mit 
-Soda  im  Kolben  metallisches  Quecksilber  gebend.  Bestdth. 
nach  Klapr.:  S 14,25,  Hg  85,00. — Formel:  HgS. 

Unter  denselben  Verhältnissen  vorkommend  wie  gediegen  Queck- 
silber. 

Wird  zur  Beindarstellung  des  Quecksilbers  benutzt  und  gehört  als 
Cinnabaris  nativa  in  den  Arzneischatz. 

Anhang. 

Lebererz  ( QnecJfsilbcrlehererz)  ist  ein  mehr  oder  weniger 
inniges  Gemenge  aus  Zinnober,  Thon  und  bituminösen  Stoften; 
derbe  M. ; zuweilen  sclialig  abgesondert  (Korallenerz).  Br.  un- 
eben, bis  muschelig.  Sp.  G.  =*=  7, 1—7,5.  Schimmernd ; diuikel- 
rotli  bis  schwärzlich  blcigrau. 


Molybdänglanz. 


$1 

Kommt  in  einem  bituminösen  Seliieferthoue  vor  : Fi  iaul  (Ulna). 

Man  benutzt  es  zur  Abscheidung  des  Quecksilbers. 

3.  Abtheilung;  Schwefel  und  electronegative 
M et  alle. 

Die  Mineralien  dieser  Abtheilung  krystallisiren  im  ein-  und 
einaxigen,  zwei-  und  eingliedrigen  und  im  drei-  und  einaxigen 
Systeme.  Krystallflächen  sind  häufig  gestreift.  Auf  dem  Bruch 
sind  sie  meist  uneben  in’s  Muschelige;  ihre  Märte  übersteigt 
nicht  die  des  Gypses , aber  sie  ritzen  den  Talk  und  sind 
milde ; in  dünnen  Blättchen  meist  biegsam.  Die  Grenzen 
des  sp.  G.  sind  = 3,4 — 4,6.  Sie  sind  meist  undurchsichtig , 

Realgar  und  Auripigment  zuweilen  halb  durchsichtig,  Antimon- 
blende  a.  d.  K.  durchscheinend.  Die  beiden  ersten  haben  Fett- 
glanz, Antimonblende  Diamantglanz , während  Molybdän - und 
Antimonglanz  metallglänzend  sind.  Die  letztem  sind  bleigrau, 
zuweilen  in’s  Röthliche ; die  erstem  kirschroth , morgenroth  bis 
zitronengelb;  ebenso  verhalten  sie  sich  im  Strich.  V.  d.  L.  ge- 
ben sie  mit  Soda  eine  Hepar.  Molybdänglanz  ist  v.  d.  L.  für 
sich  unschmelzbar;  die  übrigen  sind  flüchtig.  Realgar  und 
Auripigment  unter  Entwickelung  starken  arsenikalischen  Rau- 
ches, die  Antimon -Verbindungen,  beschlagen  die  Kohle  weiss 
und  lösen  sich  in  Salzsäure  unter  Entwickelung  von  Schwefel- 
wasserstoffgas; die  übrigen  werden  von  Salzsäure  nicht  ange- 
griffen 

25.  Molybdänglanz . 

(Syn.  Schwefel-Molybdän,  Wasserblei,  rhomboedrischer  Molybdänglanz.) 

Kryststm . drei-  und  einaxig.  Krystf 1 sechsseitige  Säule  mit 
gerade  angesetzter  Endfläche  oder  Combination  derselben  mit 
dem  Hexagondodecaeder.  Kryst.  tafelartig,  sternförmig  oder 
kugelig  gruppirt,  einzeln  eingewachsen;  Endflächen  glatt,  Sei- 
tenflächen wagerecht  gestreift;  kryst.  M. ; Blättchen,  einge- 
sprengt. — Spaltbar  parallel  den  Endflächen.  Br.  nicht  wahr- 
nehmbar. H.  = 1 — 1,5;  sehr  milde;  in  dünnen  Blättchen  bieg- 
sam. Sp.  G.  ssr  4,5.  Undurchsichtig ; Metallglanz  lebhaft;  röth- 
lich-bleigrau.  Strich  : bleigrau ; fettig  anzufühlen , abfärbend ; 
auf  Porzellan  grünlich  schreibend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  in  derJPincette  die  Flamme  lichte 
grün  färbend  und  mit  Soda  eine  Hepar  gebend.  Von  Borax 
wird  er  schwer  angegriffen;  auf  Zusatz  von  wenig  Salpeter  in 
der  äussern  Flamme  ein  farbloses  Glas  gebend,  welches  in  der 
Innern  Flamme  eine  braune  Farbe  annimmt,  Salpetersalzsäure 

Geigers  Pharmacie-  II-  1.  (2 te  Auf.)  6 


82 


Autiinonblende. 


Jost  ihn  schwierig  auf.  Olilt.  nach  Bucholz : Mn  60,  S 10.  — 
Formel:  MoSj. 

Kommt  eingemengt  und  angeflogen  auf  Klüften  in  Granit,  Gneis 
u.  s.  w. , auch  auf  Gängen  in  Zinnerz-Lagerstätten  vor:  Böhmen  ( Zinn - 
•wald)  , Erzgebirge  3 Schlesien  (GlazJ , Schottland , Schweden,  Norwegen, 
N.  America.  Man  könnte  ihn  mit  Graphit  verwechseln  und  statt  dessen 
verbrauchen;  man  erkennt  ihn  leicht  an  seinem  deutlichen  BlätLergefiige 
und  Verhalten  v.  d.  L. 

Er  wird  in  Verbindung  mit  Salpeter  zum  Blaufärben  von  Metallen 
und  zum  Poliren  des  Stahls  benutzt;  auch  giebt  er  schlechte  Bleifedern. 

26.  Antimonglanz. 

(Syn.  Schwefel-Antimon,  Grauspiesglanzerz,  prismatoidischer  Antimonglanz.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombisches  Octae- 
der , durch  die  Seitenflächen  der  geraden  rhombischen  Säule  an 
den  Grundkanten  abgestumpft ; Combinationen  des  primitiven 
Khomben-Octaeders  mit  den  Flächen  eines  stumpfem  als  Zu- 
spitzungsflächen.  Kryst.  meist  lang  säulenartig,  mit  starker  Län- 
genstreifung , spiessig  und  liadelförmig,  zu  Büscheln  und  Drusen 
verbunden ; kryst.  M. ; Text,  blätterig  bis  strahlig  ( blätteriger 
oder  strahliger  A.),  derb,  Text,  feinkörnig  bis  dicht  ( dichter 
A.)  — Vollkommen  spaltbar  den  Flächen  der  rhombischen  Säule 
parallel.  Br.  unvollkommen  muschelig  bis  uneben,  körnig.  H.  =2; 
milde.  Sp.  G.  = 4,6.  Undurchsichtig;  metallisch  glänzend; 
stahl-  und  bleigrau,  zuweilen  bunt  angelaufen.  Strich:  graulich- 
schwarz, aber  matt. 

V.  d.  L.  schmilzt  erleicht  (1),  überzieht  die  Kohle  mit  schwar- 
zer glasig-glänzender  Masse,  verdampft  endlich  vollkommen  und 
beschlägt  die  Kohle  weiss.  In  Kalilauge  grösstentheils  löslich. 
Die  Aufl.  wird  durch  Salzsäure  gelb  gefällt.  Ghlt.  nach  Thom- 
son: S 26,23,  Sb  73,77,  häuflg  Ag , As  und  Cu  haltig.  — 
Formel : Sb2&3. 

Kommt  auf  Gängen,  mit  Silber-  und  Golderzen,  begleitet  von  Ba- 
ryt-, Kalk-  und  Flussspatli , Quarz  u.  a.  vor:  im  Anhaitischen  ( Neu- 
dorp., Erzgebirge , Böhmen  , Ungarn  ( Kremnitz , Schemnitz , MagurhaJ , 
Cornwall,  Spanien,  Mexico . 

Es  wird  bergmännisch  gewonnen  und  ausgeschmolzen  als  Anlimonium 
crudum  der  Apotheken  verkauft,  oder  zur  Darstellung  des  Antimon- 
melalls  benutzt.  Dieses  bildet  mit  Zinn  und  Blei  versetzt  das  Schrift- 
giesser-Metall , mit  Zinn  und  Kupfer  das  Hartzinn. 

Für  die  pliarinaceutische  Benutzung  ist  besonders  ein  arsenikfreier 
Antiinonglanz  zu  wählen,  was  durch  die  neuen  Prüfungsmethoden  auf 
Arsenik  von  Goebel  (Scliw.  u.  Erdm.  J.  f.  p.  Ch.  VI.)  und  Marsh  (Ann. 
d.  Pharm.  XXIII.  2.)  sehr  erleichtert  wird. 

27.  Antimonblende . 

(Syn,  Antimonoxysulphuret,  Rothspiesglanzerz , Purpurblende.) 

Kryststm.  zwei-  und  cingliederig.  Krystf.  schiefe  rhom- 


Auripigment.  83 

frische  Säule.  Kryst.  spiessig,  nadel-  oder  haarförmig',  gestreift, 
zu  Büscheln  uud  Sternen  gruppirt,  strahlenförmig  auseinander- 
laufend und  durcheinander  gewachsen;  derb,  eingesprengt,  ange- 
flogen  (strählige  Antimonbl.) , dünne  Lappen  und  lilzartig  ver- 
wehte Häutchen  (Zunder erz).  — Vollkommen  spaltbar  parallel 
der  kürzern  Diagonale  der  Endfl.  Br.  nicht  wahrnehmbar.  H. 
= 1 — 1,5;  in  dünnen  Blättchen  etwas  biegsam.  Sp.  G.  = 
4,5 — 4,6.  A.  d.  K.  durchsichtig  und  Diamantglanz  (strählige  A.) 
Undurchsichtig  und  schimmernd  (Zundererz).  Kirschroth  in’s 
Braune  und  Graue.  Strich  : kirsch-  bis  bräunlich-roth. 

V.  d.  L.  wie  Antimonglanz.  Ghlt.  nach  H.  Rose  : Sb2S3 
69,86 , Sb203  30,14.  — Formel : Sb203  . 2(Sb2S3). 

Findet  sich  auf  Gängen  im  altern  Gebirge  mit  andern  Antimonerzen : 
Sachsen,  Böhmen , Rheinpreussen  (Horhausen) ; das  Zundererz  im  Ueber- 
gangs-Gebirge  am  Harz. 


28.  Auripigment . 

(Syn.  Gelbes  Schwefel-Arsenik , Operment,  gelbes  Rauschgelb  J'prisma- 
toidischer  Schwefel.) 

Krgststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  *).  Diese  kommt  auch  in  mehrern  andern  abgeleiteten 
Gestalten  und  als  Zwillinge  vor.  Kryst.  gestreift  oder  rauh, 
selten  deutlich  ausgebildet,  meist  miteinander  verwachsen;  nie- 
renförmig , tropfsteinartig , kugelig  , derb  , als  Ueberzug,  einge- 
sprengt.  Text,  strahlig-  bis  körnig  - blätterig.  — Vollkommen 
spaltbar  in  einer  Richtung  parallel  der  Hauptaxe.  Br.  uneben, 
auch  erdig.  H.  = 1,5 — 2;  in  dünnen  Blättchen  biegsam.  Sp. 
G.  = 3,4 — 3,5.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig  **).  Fett- 
glanz bis  metallähnlicher  Perlmutterglanz.  Zitronengelb  in’s 
Rothe  und  Braune,  auch  in’s  Grüne  und  Graue.  Strich:  etwas 
heller  als  das  ungeritzte  Fossil. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzbar  (1),  unter  starkem  Arsenikrauch 
flüchtig.  In  Aetzkalilauge  löslich  und  als  zitronengelbe  Flocken 
durch  Salzsäure  daraus  fällbar.  Ghlt.  nach  Laugier:  S.  38,14 , 
As  61,86.  — Formel : As2S3. 

Findet  sich  selten  auf  Gängen  im  Thonschiefer,  öfter  in  neueren 
Felsarten  (Mergel-  und  Thonlagern,  körnigem  Gyps)  , begleitet  von  Real- 
gar,  Quarz,  Ivalkspath  : in  Ungarn,  Tyrol  ( Salzberg  bei  Hall);  Harz : 
als  vulkanisches  Erzeugnis : Fesuv. 


*)  Nach  G.  Rose  wahrscheinlich  mit  dem  Antimonglanz  isomorph, 
doch  sind  noch  keine  ganz  deutliche  Kryst.  des  Auripigments  auf 
gefunden  worden. 

**)  Lässt  man  weisses  Licht  durch  dünne  Blättchen  natürlichen  Oper- 
ments gehen,  so  tritt  es  mit  hellgrünlicher  Farbe  daraus  hervor.; 
für  violettes  Licht  ist  derselbe  ganz  undurchsichtig  nach  Brewster 


84 


Real  gar. 


Dient  in  der  Chdmalerei,  zur  SchnellLeilze  der  WeLsgerberö,  zur 
Bereitung  des  grünen  Saffians.  Die  Völker  des  Orients  benutzen  es,  um 
die  Haare  ausfallen  zu  machen;  auch  ist  es  wichtig  für  die  Thierarznei- 
kunde. 


29.  Realgar. 

(Syn.  Rothes  Schwefel-Arsenik,  rothes  Rauschgelb,  hennprismatischer 

Schwefel.) 

Krgststm.  zwei-  und  eingliederig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule  mit  Zuschärfung“  der  scharfen  Seitenbauten  und  i?i 
mehrern  verwickelten  Combinationeii.  Kryst.  zuweilen  haar- 
und  liadelformig , häufig“  vertical  gestreift , einzeln  aufgewachsen, 
auch  zu  Drusen  verbunden;  derbe  M.;  Text,  körnig,  als  Ueber- 
zug,  eingesprengt,  angeflogen.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen 
der  rhombischen  Säule.  Br.  uneben  in’s  Kleinmuschelige.  H.  = 
1,5 — 2;  milde.  Sp.  G.  = 3,5 — 3,6.  Halbdurchsichtig  bis  undurch- 
sichtig. Fettglänzend  ; morgenroth  in’s  ScJiarlachrothe  und  Gelbe. 
Strich : pomeranzengelb. 

V.  d.  L.  wie  die  vorige  Gattung.  Bestdth.  nach  Laugicr: 
S 30,13,  As  69,57.  — Formel:  AsS. 

Findet  sich  auf  Gängen,  in  verschiedenen  Felsarten  mit  Quarz,  Ba- 
ryt- und  Kalkspath,  anderen  Arsenik-,  Eisen-,  Blei-  und  Zinkerzen:  in 
Ungarn  (Kapnik) , Böhmen  , Erzgebirge  ('Schneeberg  und  Joachimsthal J , 
am  Harz  (Andreasberg) , Eisass  u.  a.  a.  O. ; im  Dolomit  am  St.  Gott- 
hard; in  der  Nähe  von  Vulkanen  als  Beschlag  auf  Lava:  Vesuv , Aetna, 
Japan. 

Dient  zur  Bereitung  von  Malerfarben,  und  zum  sogenannten  Weiss- 
feuer. Die  Chinesen  verfertigen  daraus  Götzenbilder,  Vasen  und  manche 
Zierrathen. 


4.  Abtheilung:  Unterantimonicht-  und  arsenichf- 
schwe felige  Verbindungen. 

Die  Mineralien  dieser  Abtheilung  gehören  meist  zum  ein- 
und  einaxigen  Systeme,  wenige  zum  regulären,  zum  drei-  und 
einaxigen,  ein-  und  eingliedrigen  und  zwei-  und  eingliedrigen 
Systeme.  Krystallflächen  häufig  gestreift.  Auf  dem  Bruche  un- 
eben oder  muschelig.  Sie  werden  sämmtlich  vom  Flussspath  ge- 
ritzt und  ritzen  deiiGyps,  sind  spröde  oder  auch  häufig  milde. 
Die  Grenzen  des  spec.  G.  liegen  beim  Sprödglaserz  und  Folg- 
basit  = 6,27  und  beim  Kupfer-Antimonglanz  — 4,7.  Sie  sind, 
ausgenommen  das  Röthgültigerz , undurchsichtig ; metall glän- 
zend; stahl-  bis  bleigrau  in’s  Eisenschwarze;  das  Röthgültigerz 
ist  cochenillroth.  Auf  dem  Strich  sind  sie  meist  unverändert, 
nur  Miarygrit  und  einige  Fahlerze  sind  auf  dem  Striche  dunkel 


Jamesonik 


85 


feirschreth,  V.  d.  L.  schmelzen  sie  und  entwickeln  auf  der  Kohle 
Antimon-  oder  Arsenikraucli.  Durch  Salpetersäure  werden  sie 
zersetzt  und  tlieilweise  aufgelöst. 

A.  Einfach  e. 

SO.  Zirikenit. 

Kryststm,  ein-  und  ernaxig,  Kryst.  säulen-  und  nadelförmig , stän- 
geüg  verbunden,  stark  vertical  gestreift;  Endflächen  rauh.  — Nicht  spalt- 
bar. Br.  uneben.  H.  =n  3,5;  sp.  G.  5,3.  Undurchsichtig;  Metallglanz, 
Stahlgrau.  Strich  : unverändert. 

Y.  d.  L.  verprasselnd  und  leicht  schmelzbar  (1);  er  istgrösstentheils 
fluchtig,  indem  die  Kohle  weiss  und  gelb  beschlagen  wird.  Aetzkali 
entzieht  dem  Pulver  Schwefel-Antimon;  von  Salpetersäure  wird  es  zu  eb- 
nem weissen  Pulver  oxydirt,  ohne  dass  die  Säure  sich  merklich  färbt. 
Ghlt.  nach  H.  Rose:  S 22,58,  Sb  44,39,  Pb  31,84,  Cu  0,24.  — • Formel: 
PbS  . Sb2S3, 

Kommt  mit  Quarz  auf  den  Antimongrub en  am  Harz  (fflolfsbergj  vor. 

31.  lfliarggrit . 

(Syn.  Hemiprismatische  Rubinblende.) 

Kryststm,  zwei-  und  eingliedrig.  Kryst f schiefe  rhombische  Säule 
Kryst.  säulenförmig,  auf  den  Kernflächen  stark  gestreift;  einzeln  ein- 
oder  zu  mehrern  zusammen  gewachsen ; derb.  — Br.  unvollkommen  mu- 
schelig. H.  — 2,5-,*-  sehr  milde;  sp.  G.  = 5,4.  Undurchsichtig  ; Metall- 
glanz zum  Diamantglanz  neigend;  eisenschwarz.  Strich:  dunkelkirschroth, 

V..  d.  L.  für  sich  Antimonrauch  entwickelnd : mit  Soda  ein  Silber- 
korn und  eine  Hepar  gebend;  Aetzkalilauge  löst  aus  dem  Pulver  Schwe- 
fel-Antimon auf;  die  partielle  salpetersaure  Auflösung  wird  von  Aetzam- 
moniak  nicht  oder  nur  wenig  blau  gefärbt.  Ghlt.  nach  H.  Rose  .*•  S' 21,95  f 
Sb  39,14,  Ag  36,40,  Cu  1,06,  Fe  0,62-  — Formel:  AgS-Sb2S3, 

Findet  sich  im  Sächsischen  Erzgebirge  ( Bräunsdorfj . 


32.  Kupfer-Antimonglanz. 

Kommt  in  tafelartigen , rhombischen,  schilfförmigen,  flachen  Säulen 
vor.  — Br.  uneben,  in’s  Muschlige;  sp.  G.  — 4,74.  Undurchsichsig ; 
Metallglanz;  bleigrau  in’s  Eisenschwarze,  mitunter  p fauenschweifi g ange- 
laufen. Ghlt.  nach  H.  Rose:  S 26,34.  Sb  24,81  > Cu  24,46,  Fe  1,39-, 
Pb  0,56.  — Formel:  Cu2S  . Sb2S3. 

Kommt  auf  den  Antimongruben  zu  Mägdesprung  bei  TVolfsberg  vor. 

33.  Jamesonit. 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule  mit 
abgestumpften  , scharfen  Seitenkanten.  Kryst.  M.  diinnstängelig  abge- 
sondert. — Spaltbar  parallel  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  H.  = 
2,5;  milde;  sp.  G.  =5,5.  Undurchsichtig;  Metallglanz;  stahlgrau.  Strich: 
unverändert. 


86 


llothgültigeix 


V.  d.  L.  wie  Zinkenit.  Durch  Digestion  mit  Aelzkalilauge  wird  kein 
Schwefel-Antimon  gelöst.  Ghlt.  nach  H.  Rose  : S 22,15,  Sb  34, 40,  Pb 
40,75,  Cu  0,13,  Fe  2,30.  — Formel:  3PbS . 2Sb2S3. 

Kommt  auf  Gängen  in  Begleitung  von  Kupfererzen:  Cornwall,  und 
eingewachsen  in  Kalkspath:  Ungarn , vor. 


34.  Plagionit. 

Kryststm.  ein-  und  eingliederig.  Kryst.  aufgewachsen,  drüsig  ver- 
bunden; derbe  M.  — Spaltbar  nach  zwei  Richtungen.  Br.  uneben.  II.  — 
2,5;  spröde;  sp.  G.  __  5,4.  Schwärzlich  bleigrau  ins  Eisenschwarze. 

Y.  d.  L.  ähnlich  dem  Zinkenit.  Ghlt.  nach  H.  Rose:  S 21,53,  Sb 
37,94,  Pb  40,52.  — Formel:  4PbS  . 3Sb2S3. 

Kommt  mit  Bournonit,  Feclererz  u.  s.  w.  im  Quarz  vor:  bei  JVolfs - 
berg  am  Harz. 

35.  Berthierit. 

Kryst.  M. ; Text,  blätterig.  In  den  Höhlungen  derselben  kommen 
drusenförmig  verwachsene  säulenförmige  Kryst.  vor.  Undurchsichtig;  me- 
tallisch glänzend;  dunkel  stahlgrau. 

Y.  d.  L.  leicht  flüssig,  starken  Antimonrauoh  entwickelnd  und  nach 
anhaltendem  Schmelzen  auf  Kohle  eine  magnetische  Kugel  gebend.  In 
Salzsäure  unter  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff  leicht  und  vollkom- 
men löslich.  Ghlt.  nach  Berth .:  S 30,3,  Sb  52,0,  Fe  16,0,  Zn  0,3.  — 
Formel : 3FeS  . 2Sb2S3. 

Berthier  hat  noch  zwei  Arien  von  antimonicht- schwefligem  Schwe- 
feleisen kennen  gelehrt,  welche  die  Formeln  : 3FeS  . 4Sb,>S3  und  FeS. 
Sb2S3  besitzen.  Beide  haben  parallel  faserige  Textur.  Die  erstere  ist 
auf  dem  Br.  körnig,  fast  matt,  graublau;  die  letztere  eisengrün  in’s 
Bronzefarbene. 

Berthierit  und  3FeS  . 4Sb,S3  kommen  auf  einem  Gange  begleitet  von 
Ouarz,  Kalkspath  und  Eisenkies  in  der  Auvergne  ( CliazellesJ  und  bei 
Freiberg  vor.  FeS  . SbzS3  fand  man  im  Dep.  de  la  Creuse  (Anglar}. 


36.  Federerz . 

Haarförmige  Kryst.;  büschelförmig  zusammengehäuft  oder  iilzartlg 
verwebte  Massen  bildend ; dunkel-bleigrau ; wenig  glänzend. 

V.  d.  L.  wie  Zinkenit.  Ghlt.  nach  H.  Rose:  S 19,72,  Sb  31,04, 
Pb  46,87,  Fe  1,30,  Zn  0,08.  — Formel:  2PbS  . S1>2S3. 

Kommt  am  Harze  zu  JVolfsberg  vor. 

37.  Rotligültigerz > 

(Syn.  Rhomboüdrische  Rubinblende,  Arsenik-Silberbleudc  , 
Antimon- Silberblende.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Kryst f.  Coiiibiiialioacii  des 
slmmpftru  Rhomboeders  mit  der  sechsseitigen  Säule.  Zwillinge. 


Sprödglaserz» 


87 


Kryst  säulenaitig . glatt;  Flächen  der  Säule  quer  gestreift ; 
einzeln  aufgewachsen  zu  Drusen  und  Büscheln  verbunden  ; derb, 
eingesprengt,  dendritisch  angellogen.  — Spaltbar  parallel  den 
Rhomboederflächen,  aber  selten  vollkommen.  Br.  muschelig  bis 
uneben.  II.  — 2,5—3 ; wenig  milde ; sp.  G.  = 5,55  (lichtes 
R)  — 5,83  (dunkles  11).  Halb  durchsichtig  bis  undurchsichtig. 
Diamant-,  beinahe  Metall glanz;  cochenillroth  ins  Bleigraue, 
Strich  : cochenill-  bis  morgenroth. 

V.  d.  L.  schmelzbar  (1)  ; für  sich  oder  mit  Soda  auf  der  Ko  hle 
ein  Silberkorn  gebend,  starken  Arsenikrauch  entwickelnd  oder 
die  Kohle  mit  weissem  Antimonrauch  beschlagend.  Von  Aetz 
kalilauge  wird  das  Pulver  zersetzt  und  schwarz  gefärbt.  Ghit. 
eines  dunklen  II  (Antimonsilberblende)  a.  von  Andreasberg 
nach  v.  Bonsd.  und  eines  lichten  R (Arseniksilber blende)  b. 
von  Joaclümsthal  in  Böhmen  nach  II.  Rose  : 

a.  S 16,6.  Sb  22,8.  Ag  58,9. 

b.  19,5.  0,69.  As  15,09.  Ag  64,6. 

Nach  diesem  verschiedenen  Gehalte  und  nach  der  hellem 
oder  dunklern  Farbe  theilte  mau  die  Rothgültigerze  ab  in  helle 
und  dunkle.  Die  Krystallform  ist  aber  bei  beiden  dieselbe  und 
dieses  lehrt : dass  Arsenik  und  Antimon  isomorph  sind , oder 
sich  gegenseitig  ersetzen  können,  daher  wir  die  Formel  3AgS. 
[Sb2S3,  As2S3]  annehmen.  Es  ist  möglich,  dass  es  Rothgiiltig- 
erze  giebt,  die  Sb2S3  und  As2S3  zugleich  enthalten , aber  immer 
muss  dieses  in  einem  solchen  Verhältnisse  sein,  dass  der  Schwefel- 
gehalt beider  zusamsnengenommen  gleich  ist  dem  Schwefel gehalte 
des  Schwefelsilbers. 

Es  findet  sieh  im  Ur-  und  Uebergangsgebirge , begleitet  von  Kalk- 
spath,  Bleiglanz,  Silberglanz  u.  s.  w. : am  Harz , in  Sachsen , Böhmen 
Baden  , Ungarn  , Eisass  , Spanien  , Mexico  , Peru. 

Es  ist  nach  dem  Kilberglanz  das  reichste  Silbererz  und  wird  auf  Sil- 
ber verschmolzen. 

SS.  Sprödglaserz. 

(Syn.  Schwarzgültigerz,  prismatischer  Melanglanz,) 

Krgststm.  ein-  und  einaxig.  Enjstf.  Combinatn^n  der 
geraden  rhombischen  Säule  mit  dem  Rhomhenoctaeder,  Zwillinge. 
Kryst.  meist  niedrig  tafelartig,  glatt  oder  auf  den  Seitenflächen 
vertical  gestreift,  zuweilen  mit  einer  Rinde  von  Kupferkies  über- 
zogen ; auf-  oder  durcheinander  gewachsen , drüsig  gruppirt ; 
Blättchen ; derb  und  eingesprengt.  — Unvollkommen  spaltbar, 
Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  — 2,5;  milde;  sp.  G.  = 6,27. 
Undurchsichtig ; Metallglanz  stark;  eisenschwarz,  Strich:  un- 
verändert. 


Polybasit. 


88 


V.  d.  L.  wie  Miargyrit.  Ghlt.  des  Schemrdtzer  nach  //.  Rose : 
S 16,42,  Sb  14,68,  Ag  68,54,  Cu  0,64.  — Formel:  6AgS.  Sb2S3. 

Kommt  unter  ähnlichen  Verhältnissen  wie  Silberglanz  vor:  Erzge- 
birge ( Schneeberg , Annab  erg,  Freiberg, ),  Böhmen  {Joachimsthal , PrzL- 
bramj , Ungarn  {Sckemnitz) , Baden  {Wolf ach) , Mexico  , Peru . 

Wird  als  reiches  Silbererz  mit  Vortheil  zum  Ausbringen  des  Metalls 
benutzt. 


6.  Doppelte. 

3.9.  Rournonit, 

(Syn.  Schwarz-Spiesglanzerz,  Spiesglanzbleierz.) 

Krysistm.  ein-  und  einaxig.  Krystf  gerade  rectanguläre  Säule  m*t 
abgestumpften  Randkanten  und  Combinationen  dieser  Form  mit  dem  i 
Rhombenoctaeder.  Kryst.  dick-tafelartig,  glatt  oder  gestreift ; einzeln 
aufgewachsen,  auch  drüsig  verbunden;  derb  und  eingesprengt.  Unvoll- 

kommen spaltbar.  Br.  muschelig  bis  uneben.  Ii.  — 2,5—3;  spröde;  sp. 

G.  = 5,r.  Und n rchsichsig ; Metallglanz;  blei-  und  stahlgrau,  eisenschwarz’. 
Strich : graulich-scliwarz. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  starken  Antimonrauch  gebend  und  fast  völlig  zu 
verflüchtigen,  (1).  Aetzkalilauge  entzieht  dem  Pulver  ohne  die  Farbe  dessel- 
ben zu  ändern  Schwefelantimon;  die  partielle  salpetersaure  Auflösung  ist 
himmelblau  gefärbt.  Ghlt.  nach  H.  Rose : S 20,31,  Sb  26,28,  Pb  4084 
Cu  12,85.  — Formel:  3Cu,S  . Sb2S3-K2oPbS  . Sb2S3). 

Kommt  auf  Gängen  mit  Kupfer-,  Blei-  und  Zinkerzen  und  Antimon- 
glanz unter  ähnlichen  Verhältnissen  wie  letzteres  vor:  am  Havz  {Nen- 
dorf, Clausthal , Andreasberg),  Sachsen,  Siebenbürgen , Cornwall  * 
Auvergne. 

(Nach  Fournet  ist  das  lichte  JVcis gültiger z der  alten  TFerner’s eben 
Schule  von  der  Grube  Himmelfahrt  bei  Freiberg  ein  Rournonit , indem 
alles  Kupfer  durch  Silber  ersetzt  ist.  Vergl.  Erdm.  J . f.  pract.  Chen». 
1837.  p.  45.) 

40.  Polybasit . 

Krysistm.  drei-  Und  einaxig.  Krystf.  regelmässige  Sechsseitige  Säule. 
Kryst.  niedrig  tafelartig  mit  horizontal  gestreiften  Seitenflächen  ; aufge- 
wachsen; derb  und  eingesprengt.  — Br.  uneben.  IT.  =*  2,5;  milde;  sp. 

C.  _ 6,21.  Undurchsichtig  ; Metallglanz  ; eisenschwarz.  Strich  • un- 
verändert. 

\ . d.  L.  auf  Kohle  Arsenikrauch  entwickelnd;  geschmolzen  und  mit 
Salzsäuie  befeuchtet  die  Flamme  blau  färbend.  Durch  Rösten  und 
Schmelzen  mit  Soda  und  Borax  ein  reines  Silberkorn  gebend.  Die  par- 
tielle salpetersaure  Auflösung  wird  durch  Salzsäure  gefällt;  Aetzkali  ent- 
zieht dem  Pulver  Schwefel- Antimon  und  Schwefel  - Arsenik.  Ghlt.  des 
snexicanischen  nach  H.  Rose  : S 17,04,  Sb  5,09,  As  3,74,  Ag  64,29 , Cir 
9,93,  Fe  0,06.  — Formel:  9Cu2S  . [Sb,S3>  As2S3]-+-4(9AgS.  [Sh.S,,  As,S,]). 
(Nach  den  Untersuchungen  von  H.  Rose  gehört  der  Polybasit  zu"  den 
einfachen  Verbindungen  dieser  Gruppe.  Es  ist  aber  dann  nöthig,  das 
Atomgewicht  des  Silbers  halb  so  gross  und  Schwefelsilber  al3  AgsS  anzu- 
nehmen Poggend.  Ann.  Bd.  28.  p.  556  ; 


Fahler*. 


m 


KLoirnitt  auf  Gängen  mit  Kupferkies  und  Kalkspath  vor  : Mexico 
{ Guanaxuato , GuarisameyJ  > Freiberg, 

41.  Fahlerz. 

(Syn.  Graagültigerz,  tetraedrischer  Kupferglanz,  Schwarzerz.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Tetraeder  mit  (Mar- 
der- , 2)  mit  Hexaeder-,  3)  mit  Ikositetraederfläclieu ; 4)  Hexae- 
der mit  Bodecaeder-,  5)  mit  Tetraederflächen ; 6)  Bodecaeder 
mit  Hexaeder-,  7)  mit  Tetraederfläclien ; 8)  Zwillinge.  Kryst. 
glatt , oder  parallel  den  Kanten  gestreift ; die  secundären  Flä- 
chen oft  rauh,  auch  mit  Kupferkies  dünn  überzogen;  einzeln 
aufgewachsen , zu  Drusen  verbunden ; derb  und  eingesprengt.  — 
Unvollkommen  spaltbar  parallel  den  Flächen  des  Octaeders  und 
Dodecaeders.  Br.  uneben  in’s  Muschiige.  H.  = 3,5;  wenig 
spröde;  sp.  G.  = 4,4 — 5,2.  Undurchsichtig;  Metallglanz  stark; 
stahlgrau  in’s  Bleigraue  und  Eisenschwarze.  Strich:  schwarz, 
dunkelroth , kirschroth. 

V,  d.  L.  verhalten  sich  die  Fahlerze  verschieden,  da  ihre 
chemische  Zusammensetzung  selbst  sehr  abweichend  in  dem  Ver- 
hältnisse der  einzelnen  Theile  ist.  Schwefelantimon  und  Schwe- 
felarsenik vertreten  sich  wechselseitig;  oft  fehlt  letzteres  völlig 
(aniimonialisches  Fahlerz).  Dasselbe  gilt  vom  Schwefel- 
kupfer und  Schwefelsilber.  Der  Gehalt  des  Silbers  wechselt 
nach  Rose  von  0,60  bis  31,29  p.  C.  (Silberfahlerz).  — * V.  d.  L. 
auf  Kohle  schmelzen  sie  zur  stahlgrauen  Schlacke  (1 — 1,3),  ent- 
wickeln Arsenik-  oder  Antimonrauch ; mit  Soda  gehen  sie  eine  Hepar, 
und  gut  geröstet  mit  Soda  ein  Kupferkorn , aus  dem  nach  dem 
Umschmelzen  mit  Borax  in  der  äussern  Flamme  oft  ein  Silber- 
korn  erhalten  wird.  Die  partielle  salpetersaure  Auflösung  wird 
immer  durch  Ammoniac  blau  gefärbt ; die  der  silberhaltigen  wird 
von  Salzsäure  gefällt.  Aetzkali  entzieht  dem  Pulver  durch  Di- 
gestion Schwefelantimon  und  dem  arsenikhaltigen  auch  Schwefel- 
arsenik.  Gehalt  des  Fahlerzes  a»  von  MarJärchen  aus  dem 
Fisass,  b.  von  1) Ulenburg , c.  von  Wolfart  im  FürstenhergU 
sehen : 


s 

Sh 

As 

Fe 

Zn 

Ag 

Cu 

a.  26,83. 

12,46. 

10,19. 

4,66. 

3,69. 

0,60. 

40,60. 

b.  25,03. 

25,27. 

2,26. 

1,52. 

6,85. 

0,83. 

38,42. 

c.  23,52. 

26,63. 

3,72, 

3,10. 

17,71, 

25,23, 

IVach  Rose  (Poggend.  Ami.  Bd.  15.)  haben  die  hupf  erhol - 
tigen  Fahlerze  die  Formel : 4[FeS,  ZnSj . [Sb2S3,  As2S3]  + 2(4Cu2S. 
[Sb283,  As2S3]).  Es  ist  nicht  zweifelhaft  mehr,  dass  Cu2S  und 
AgS  sich  gegenseitig  ersetzen  können ; die  natürlich  vorkom- 


Fahler#. 


90 

inenden  Verbindungen  dieser  Art  sind  in  der  Krystalllünn  ver- 
schieden und  diese  beiden  Schwefel  raelalle  daher  dimorph.  Mit 
Bestimmtheit  ist  über  die  Zusammensetzung'  der  silberhaltigen 
Fahlerze  nicht  zu  entscheiden.  (Von  Kobell  trennt  die  letz- 
tere als  Gattung  mit  der  Formel : 

4[FeS,  ZnS] . Sb2S3+ I[Ag2S,Cu2Sj  . Sb2S3.  In  diesem  Falle 
aber  müsste  das  Atomgewicht  des  Silbers  nur  halb  so  gross 
angenommen  werden.) 

Die  Fahlerze  finden  sich  auf  Gängen,  seltener  auf  Lagern  in  altern 
und  neuern  Gebirgsformationen,  begleitet  von  Kupfer-,  Eisen-  und  Blei 
erzen,  Quarz  und  Kalkspath  u.  s.  w.  : Nassau  (Dillenburg) , Siegen , 
Harz  ('Clausthal,  Andreasberg) , Sachsen  (Freiberg) , Thüringen,  Sieben- 
bürgen, Ungarn,  Eisass,  Tyrol , Piemont,  Spanien. 

Die  Fahlerze  sind  seit  den  ältesten  Zeiten  bekannt  und  werden  häufig 
gewonnen  und  zur  Ausbringung  des  Kupfers  und  Silbers  benutzt. 

In  diese  Abtheilung  der  Schwefelverbindungen  gehören  ferner: 

Pr  i s m at  o idi  s c h e r Kupferglanz.  Kryststm . ein-  und  eiuaxig. 
Krystf.  gerade  rhombische  Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  scharfen 
Seitenkanten.  Kryst.  selten,  rauh 5 derbe  M.  — Br.  unvollkommen  mu- 
schelig. H.  = 3g  spröde;  sp.  G.  = 5,7.  Metallglanz;  schwärzlich-blei- 
grau. Strich : unverändert. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  zum  bleigrauen  Metallkorne  schmelzend , die 
Kohle  weiss  und  gelb  beschlagend.  Das  Metallkorn  giebt  geröstet  und 
mit  Soda  behandelt  ein  Kupferkorn.  Im  Kolben  schmelzend  und  Schwe- 
fel und  Schwefelarsenik  sublimirend.  Ghlt.  nach  Schrötter  : S 28,60, 
Sb  16,64,  As  6,03,  Cu  17,35,  Pb  29,90,  Fe  1,40.  — Formel? 

Findet  sich  auf  Eisenspathlagern  mit  Eisenkies,  Bleiglanz  11.  s.  w 
Kärnthen  ('St.  Gertraud  bei  JV olfsherg) . 

Tennantit.  Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  regelmässiges  Octac 
der.  Kryst.  glatt;  einzelne  secundäre  Flächen  gestreift;  selten  derb.  — 
Br.  uneben.  II.  — 4;  sp.  G.  = 4,3.  Metallglanz;  bleigrau  in’s  Eisen 
schwarze:  Strich  : röthlich-grau. 

V.  d.  L.  zerknisternd ; unter  Entwickelung  von  Schwefel-  und  Arse 
nikdämpfen  zur  grauen  magnetischen  Schlacke  schmelzend.  Ghlt.  nach 
Kudernatsch:  S 27,76  , As  19,10,  Cu  48,94,  Fe  3,57-  — Formel:  [Cu, Fe]. 
AsjS34.2(Cu  . As2S3). 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Granit  und  Thonschiefer  mit  andern 
Kupfererzen : Cornwall . 

5.  Abtheilung  : Antimon-  und  Arsenikschwefel- 

Met  a 1 1 e. 

Die  Mineralien  dieser  Abtheilung  kryst.  im  regelmässigen 
und  ein-  und  einaxigen  Systeme;  einzelne  Kryst allilächeu  sind 
häufig  gestreift.  Ihr  Bruch  ist  uneben  bis  unvollkommen  mu- 
schelig; ihre  Härte  zwischen  Apatit  und  Flussspath ; sie  sind 
spröde  und  ihr  sp.  G.  schwankt,  zwischen  6.0  und  6,3.  Alle 
sind  undurchsichtig , inetall glänzend , siiberweiss  bis  lichte  Blei- 


Crlaiiiicobalt. 


01 

grau,  Auf  dem  Strich  unverändert.  V.  d.  L,  auf  lichte  sind 
.sie  schmelzbar  und  entwickeln  starken  Arsenikrauch;  in  Salpe 
tersäure  nur  theilweise  lösbar. 

42 . ÄrseniMies . 

(Syn.  Arsenik-Schwefel-Eisen,  Mispickel,  Weisserz.) 

Kryststm.  ein  - und  einaxig.  Ery  st f.  gerade  rhombische 
Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenbauten  und 
mit  einer  auf  die  scharfen  Ecken  aufgesetzten  Zuschärfung, 
Zwillinge.  Kryst.  tafelartig,  niedrige  Säulen,  nadelförmig, 
glatt,  die  Zuschärfungsflächen  gestreift;  einzeln  auf-  und  ein-, 
auch  zu  mehrern  zusammengewachsen  oder  drüsig  verbunden: 
derb,  eingesprengt ; Text,  stängelig  oder  körnig,  bis  dicht.  — 
Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen.  Br.  uneben.  H.  = 5,5 — 6; 
spröde;  sp.  G.  = 6,0 — 6,2.  Undurchsichtig;  Metall  glanz;  sil- 
berweiss  in’s  Zinnweisse  und  Messinggelbe.  Strich  : graulich- 
schwarz. 

V.  d.  L.  die  Kohle  beschlagend , starken  Arsenikgeruch  ent- 
wickelnd und  leicht  zur  magnetischen  Kugel  schmelzend.  Im 
Kolben  sublimirt  zuerst  braunes  Schw^efelarsenik , dann  metalli- 
sches Arsenik.  Ghlt.  nach  Strom.:  S 21,08,  As  42,88,  Fe 
36,04.  Zuweilen  silberhaltig  (Weisserz).  — Formel : FeS2. 
FeAs2. 

Auf  Gängen  und  Lagern,  auch  eingesprengt  in  verschiedenen  Ge- 
birgsarten  mit  Zinnerz,  Wolfram,  Flussspatli  u.  s.  w.:  Freiberg , Erzge- 
birge, Böhmen , Cornwall. 

Der  Arsenikkies  wird  auf  Arsenik,  das  Weisserz  auf  Silber  benutzt; 
auch  wird  aus  ersterem  künstliches  Auripigment  bereitet. 

43.  Glanzcobalt . 

(Syn.  Arsenik-Schwefel-Cobalt,  Cobaltglanz,  dodecaedrischer  und 
hexaedrischer  Cobaltkies.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Hexaeder;  2)  Octaeder; 
3)  Coinbinationen  des  Hexaeders  mit  dem  Octaeder;  4)  des  Pen- 
tagondodecaeders  mit  dem  Hexaeder;  5)  mit  dem  Octaeder  u.  s.  wr., 
Kryst.  glatt,  nur  die  Hexaederflächen  gestreift;  einzeln  oder  in 
kleinen  Gruppen  ein-,  seltener  aufgewachsen  und  zu  Drusen 
verbunden ; derb  , von  körniger  Textur ; eingesprengt.  — Voll- 
kommen spaltbar  parallel  den  Hexaederflächen.  Br.  uneben,  bis 
unvollkommen  muschelig.  M.  = 5,5;  spröde;  sp.  G.  — 6,1 — 6,3. 
Undurchsichtig ; lebhafter  Metall  glanz  ; silberweiss  in’s  Höthliche ; 
zuw  eilen  bunt  angelaufen.  Strich : graulich-schw  arz. 

V.  d,  L.  auf  Kohle  schmilzt  er  zu  einer  grauen  Kugel  und 
entwickelt  starken  Ärsenikgeruch ; färbt  schon  in  geringer  Menge 


# 


92 


Diamant. 


das  Boraxglas  saphirblau.  In  Salpetersäure  theilweise  lösbar. 
Bstdth.  nach  Strom.:  S 20,08,  As  43.46,  Co  33,10,  Fe  3,23.  — 
Formel:  CoS2.CoAs2. 

Findet  sich  auf  Lagern  im  Glimmerschiefer:  Nor wegen  t Schwede:« 
uiul  Schlesien ; auf  Gängen  im  Uebergangsgebirge:  Schlesien. 

Wird  auf  gleiche  Weise  benutzt  wie  der  SpeiscobaJt. 

44.  Nickelglanz . 

(Syn.  Arsenik-Schwefelnickel,  Nickelarsenikglanz,  weisses  Nickelerz.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf  Hexaeder.  Kryst.  selten,  undeutlich, 
derbe  M.  ; Textur  blätterig.  — Spaltbar  parallel  den  Hexaederflächen.  Br 
uneben.  H.  = 5,5;  spröde;  sp.  G.  = 6,1.  Undurchsichtig;  Metallglanz; 
lichte  bleigrau  ins  Zinnweisse,  oft  bunt  angelaufen.  Strich:  unverändert. 

V.  d.  L.  im  Kolben  decrepitirend ; auf  Kohle  starken  Arsenikgeruch 
entwickelnd,  (2).  Die  partielle  salpetersaure  Auflösung  ist  apfelgrün  und 
wird  durch  salzsauren  Baryt  weiss  gefällt.  Ghlt.  nach  Berz. : S 19,34 , As 
45,37,  Ni  29,94,  Fe  4,11,  Go  u.  Cu  0,29,  Gangart  0,90.  — Formel 
NiS2  . NiAs2. 

Findet  sich  mit  arseniksaurem  Nickel  in  Schweden  (RelsinglandJ 
angeblich  auch  am  Harz. 

Der  Arsenik  wird  theilweise  oder  ganz  durch  Spiesglanz  ersetzt  im 
N i ck  e 1 s p i e s g 1 an  z e r z (Nickelantimonglanz).  Es  ist  sehr  leichtflüssig 
und  beschlägt  die  Kohle  mit  weissem  Antimonraucli.  Ghlt.  desselben 
von  Siegen  nach  H.  Rose : S 15,98 , Sb  55,76 , Ni  27,36.  — Formel 
NiS2  . NiSb2. 

Es  kommt  auf  Eisenstein-  und  Bleierz-Gängen  vor:  Siegen  ( Lands 
fo'onej , Westerwald . 


GRUPPE  VI.  KOHLENSTOFF, 

Die  krystallisirten  Mineralien  der  Kohlenstofigruppe  gehöret» 
inim  regelmässigen  und  drei-  und  einaxigen  Systeme.  Die  Kry- 
stallilächen  sind  glatt , häufig  rauh.  Ihr  Bruch  ist  muschelig 
oder  uneben  (Graphit).  Der  Diamant  ist  spröde,  von  der  gröss- 
ten Härte;  die  andern  sind  wenig  spröde  oder  milde  und  wer- 
den vom  lialkspalh  geritzt.  Das  spec.  Gew.  ändert  von  3,6 
(Diamant)  bis  zu  1,7  (Anthracit).  Sie  sind,  ausgenommen  der 
Diamant,  imdurehsichtig;  der  letztere  hat  eigenthümlichen , die 
übrigen  Metallglanz.  Diamant  wechselt  vom  Farblosen  in  sehr 
vielen  Farben  ; die  übrigen  sind  eisenschwarz.  — V.  d.  L.  sind 
sie  unschmelzbar  und  verbrennen  bei  den  stärksten  Hitzgraden 
entweder  vollkommen  oder  kinterlassen  Spuren  von  Asche. 

1.  Diamant. 

(Syn.  Demant  (Adainas) , octaüdrischer  Diamant.) 

kryststm . regelmässig.  Krystf 1)  Oclaedcr;  2)  Hexaeder ; 


Graphit. 


m 


3)  Octaeder  mit  Hexaeder- ; 4)  Hexaeder  mit  DodeeaSderflächen ; 
aber  stets  mit  gekrümmten  Flächen ; 5)  Dodecaeder ; 6)  Hexakis- 
octaeder  ; 7 ) Triakisoctaeder ; 8)  Zwillinge.  Kryst.  oder  Korner 
mit  glatter,  rauher  oder  gestreifter  Oberfläche.  Vollkommen 
spaltbar  parallel  den  Flächen  des  Octaeders.  Br.  muschelig. 
H.  =j=  10;  spröde;  sp.  G.  s=  3,5 — 3,6.  Durchsichtig;  Diamant- 
glanz;  wasserhell,  auch  weiss,  grau,  gelb  in’s  Blaue  und 
Schwarze ; selten  rosenroth  oder  grün. 

Durch  Isolation  stark  phosphorescirend,  durch  Reiben  posi- 
tiv electrisch,  durch  Erwärmen  polarisch  electrisch  werdend. 
V.  d.  L.  unveränderlich ; im  höchsten  Hitzgrade  unter  Luftzutritt 
ohne  Rückstand  verbrennbar.  Bstdth.  Kohlenstoff.  , — Symb.  C. 

Findet  sich  in  Conglomeraten : Hindostan , Brasilien;  im  Brauneisen- 
stein und  im  schwarzen  kohlenstoffhaltigen  Dolomit  am  Ural.  Im  Sande 
der  Flüsse  und  Diluvial-Ablagerungen  in  genannten  Ländern,  (und  neuer- 
dings auch  in  Nordafrica  im  Flusse  Gumel  der  Provinz  Constantine)  so, 
dass  ganze  Schichten  unmittelbar  unter  der  Dammerde  liegend,  mehr 
oder  weniger  häufig  Diamanten  und  besonders  ausgebildete  Krystalle 
enthalten.  Man  gewinnt  ihn  in  Ostindien  und  Brasilien  durch  Auswa- 
schen aus  dem  Sande  der  Flüsse.  Die  ursprüngliche  Lagerstätte  des 
Diamanten  ist  noch  nicht  mit  Sicherheit  bekannt.  Brewster  schliesst  aus 
optischen  und  andern  Merkmalen,  dass  derselbe  sich  gleich  dem  Bern- 
stein  ursprünglich  in  einem  weichen  teigigen  Zustande  befanden  habe, 
und  dass  dieser  Zustand  nicht  durch  Schmelzen  im  Feuer  entstanden  sei, 
dass  vielmehr  der  Diamant,  gleich  dem  Bernstein,  seine  Entstehung  der 
Zersetzung  vegetabilischer  Substanzen  verdanke. 

Bei  den  Alten  wurde  das  Diamantpulver  als  Arzneimittel  an  ge- 
wendet. Der  Diamant  ist  ferner  der  kostbarste  Edelstein  und  dient 
zum  Schmuck.  Der  König  von  Portugal  besass  den  grössten;  er  wog 
1680  Karat  und  ward  auf  224  Millionen  Pfund  Sterling  geschätzt.  Un- 
entbehrlich ist  der  Diamant  zum  Glasschneiden,  zum  Graviren  und  Boh- 
ren der  Edelsteine.  Er  selbst  kann  nur  mit  seinem  eigenen  Pulver  ge- 
schliffen werden. 

Als  falsche  Diamanten  werden  andere  Edelsteine,  Topase,  Zirkone, 
u.  a.,  auch  geschliffener  edler  Quarz  oder  sehr  hartes  Glas  benutzt. 
Ausser  dem  eigenthümlichen  starken  Glanz,  Farbenspiel  des  geschliffenen 
und  der  stark  lichtbrechenden  Kraft,  entscheidet  besonders  auch  die 
Härte.  Aechter  Diamant  ritzt  Korund  und  wird  von  der  besten  engli- 
schen Feile  nicht  angegriffen. 

2.  Graphit 

(Syn.  Rhomboütlrischer  Graphitglimmer,  Reissblei.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  sechsseitige  Säule 
mit  gerade  angesetzter  Endfläche  und  abgestumpften  Randkan- 
ten.  Kryst.  sehr  selten;  aufgewachsen , zu  Gruppen  verbunden; 
derb,  eingesprengt.  Textur  schuppig  in’s  Dichte.  Die  Endflä- 
chen sind  glatt,  die  andern  rauh.  — Vollkommen  spaltbar  pa- 
rallel den  Endflächen.  Br.  uneben.  H.  = 1,2;  milde;  in  dün- 
nen Blättchen  biegsam;  abfärbend;  sp.  G.  = 2,14.  Undurcli- 


Di 


Anthracit. 


sichtig ; Metallglanz;  stahlgrau  und  cisenschwarz.  Strich: 
schwarz,  fett  anzufühlen. 

V.  d.  L.  wenig  veränderlich,  unsclimclzbar,  mit  Salpeter 
nicht  verpuffend,  Bstdth.  eines  ausgezeichnet  reinen  Graphits 
ans  Cumberland:  C 88,37,  Si03  5,1,  A1203  1,0,  Fe203  und 
Mji205  3,6,  H20  1,23. 

Findet  sich  eingemengt  im  Granit,  Gneis,  körnigen  Kalk;  auf  Gän- 
gen, Gestern  und  Lagern : Cumberland,  N.  America , Buiern , Calabrien , 
Grönland. 

Anwendung  zu  Bleistiften,  Schmelztiegeln,  zum  Schwärzen  von  Eisen- 
Maaren,  mit  Oel  gemengt  und  auf  Riemen  gestrichen  zum  Schleifen  von 
Schueideinstrumenten  und  zum  Poliren;  auch  isL  er  in  neuerer  Zeit  als 
Arzneimittel  empfohlen,  wo  er  dann  durch  Digestion  mit  Salpetersalzsäure 
von  den  Beimischungen  befreit  und  als  Graphites  depuratus  aufbewahrt 
v i rd. 

3.  Anthracit. 

(Syn.  Ivohlenblende , harzlose  Steinkohle.) 

Krysif.  undeutlich,  muthmasslich  dem  ein-  und  einaxigen  Sy- 
steme angehörig;  derb,  kugelig,  stängelig,  eingesprengt  Text,  schalig, 
körnig  bis  dicht.  — Br.  muschelig.  H.  = 2—2,5;  wenig  spröde;  sp.  G. 
= 1,7.  Undurchsichtig;  metallglänzend,  zum  Fettglanze  sich  neigend. 
Fisenschwarz,  mitunter  bunt  angelaufen.  Strich:  graulich- schwarz. 

V.  d.  L.  verbrennt  er  in  der  äussern  Flamme,  mit  Hinterlassung 
von  etwas  Asche.  Bstdth.  nach  Vanuxem : C 90,1,  1I20  6,6,  Si03,  A1203, 
X <'e20., , Mn20=,  2,5.  Lampadius  hat  auch  in  allen  Anthraciten  einen  Gyps- 
gehall  gefunden,  aber  nie  Humussäure;  auch  lieferte  kein  Anthracit  beim 
Verbrennen  The  er  oder  Naphtalin,  aber  ein  Procent  Stickstoff". 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Porphyr,  Grauwacke,  Kalk-  und  Thon- 
schiefer, selten  im  Gneis  und  Glimmerschiefer:  am  Harz , Voigtland , 
Erzgebirge  , Savoyen , Spanien , Norwegen. 

Wird  als  Brennmaterial  benutzt  in  Kalköfen,  Ziegelhutten,  bei 
hüttenmännischen  Processen  u.  s.  w. , bedarf  jedoch  eines  starken  Luft- 
zuges oder  kräftigen  Gebläses. 

DRITTE  ORDNUNG. 

O x y di  r t e Körper. 

GRUPPE  I.  OXYDE  DER  ELECTROPOSITIVEN  METALLE 
UND  DEREN  HYDRATE. 

Unter  den  natürlich  vorkommenden  Oxyden  electropositiver 
Metalle  finden  sich  mehrere  als  derbe  kryst.  oder  erdige  Massen, 
auch  Afterkrystalle.  Die  kry stallisirten  gehören  fast  in  gleicher 
Anzahl  zum  regelmässigen,  zwei-  und  einaxigen,  ein-  und  ein- 
axigen  und  drei-  und  einaxigen  Systeme.  Der  Bruch  ist  bei 
den  einzelnen  verschieden,  selten  eben,  häufig  muschelig  bis 
uneben,  bei  mehreren  erdig.  Die  geringste  Härte  hat  daslFfld, 


Zinkoxyd, 


95 


welches  weicher  als  Talk  ist,  die  grösste  das  Zinnerz , wel- 
ches nur  vom  Topas  geritzt  wird.  Die  Grenzen  des  sp.  Gew. 
liegen  im  Talkhydrat  — 2,3,  und  im  Zinnerz  ===  6,9.  Die 
jnehrsten  sind  spröde,  einige  zerreiblich  oder  milde;  fast  alle 
sind  undurchsichtig,  nur  wenige  halbdurchsichtig  ( Eisenoxyd - 
hydrat , Rothkupfererz) , oder  fast  durchscheinend  ( Talkerde - 
hydrat , Zinkoxyd , Beudantit).  Der  Metallglanz  ist  bei  vielen 
unvollkommen  (Manyanoxyde) , bei  manchen  sehr  stark;  einige 
haben  Fettglanz,  andere  Seiden-  bis  Diamantglanz  (Talkerde- 
hydrat, Eisenoxydhydrat,  Rothkupfer - und  Zinnerz ; matt  sind 
nur  Kupfer  schwärze  und  bFismafho/ter.  Die  dunklen  Farben 
schwarz,  stahlgrau  herrschen  vor  und  gehen  über  in’s  Braune, 
Blaue  und  Grünliche;  wenige  haben  rothe  und  gelbe  Farben, 
nur  das  Talkerdehydrat  kommt  (nicht  immer)  weiss  vor.  Auf 
dem  Strich  wird  die  Farbe  bei  allen  heller,  beim  Erdcobalt 
fettglänzend  mid  bleibt  bei  wenigen  unverändert  ( Kupfer-Man - 
yanerz,  Kupfer  schwärze).  V.  d.  L.  sind  die  meisten  für  sich 
unschmelzbar , ausgenommen  die  Kupfer-,  Blei - und  Wismuth • 
oxyde,  welche  auf  der  Kohle  reducirt  werden. 

i.  Talkhydrat 

(Syn,  Bittererde-  oder  Magnesiahydrat  , Wassertalk,  Brucit  z.  Th.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  niedrige  sechsseitige 
Säule.  Kryst.  selten ; kryst.  M. ; derb , von  blätteriger  und 
strahliger  Textur , oder  zu  Sternen  gruppirte  zartfaserige  Ge- 
bilde. — Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Endflächen.  Br, 
uneben,  ins  Splitt erige.  H.  = 1,5 — 2;  in  dünnen  Blättchen 
biegsam;  sp.  G.  = 2,3 — 2,1.  Ilalbdurchsichtig , bis  a.  d.  K. 

durchscheinend;  durch  Einwirkung  der  Luft  undurchsichtig  wer- 
dend; schwacher  Perlmutter-,  auch  ‘Seidenglanz;  weiss  in’s 
Grüne , Graue , Blaue  und  Rothe.  Strich  ; weiss , schwach  der 
Lippe  aiihängend  und  fett  anzufühlen. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  undurchsichtig,  weiss  werdend ; nach 
dem  Glühen  alkalisch  reagirend , im  Kolben  viel  Wasser  gebend, 
in  Salzsäure  leicht  und  ruhig  löslich.  Bstdth  nach  Strom.: 
MgO  66, 67,  H20  30,39  mit  Beimengungen  von  CaO,  MnO  und 
FeO.  — Formel : MgO  . H20. 

Auf  meist  sehr  schmalen  Gängen  im  Serpentin  vorkommend:  New- 
Jersey , New- York  j Schottland , Steyermark 


2 . Zinkoxyd. 

(Syn.  Rothes  Zinkoxyd,  prismatisches  Zinkerz.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  regelmässige  sechs- 
seitige Säule.  Kryst.  M. ; derb  von  körniger  Textur;  eingesprengt 


96 


Braunit. 


4 ose  Körner.  — Spaltbar  nach  den  Seiten!!,  der  Säule.  Br, 
muschelig.  H.  = 3,5;  spröde;  sp.  G.  = 5,4;  a.  d.  K.  durch- 
scheinend; matt,  innen  Diamantglanz!;  morgenroth  in’s  Ziegel- 
rothe.  Strich  ; pomeranzengelb. 

V.  d.  L.  unsclunelzbar;  in  Borax  zu  klarem  Glase  lösbar; 
die  Kohle  weiss  besclilagend.  In  Salzsäure  leicht  und  ohne 
Gasentwickelung  löslich.  Bstdth.  nach  Berth. : ZnO  88 , MnO 
12.  — Formel:  ZnO. 

Findet  sicli  auf  Lagern  in  Grauwacke  zu  Sussex  New-Jersey  , Nord- 
America . 


3.  Hausmannit. 

(Syn.  Schwarz-Manganerz,  schwarzer  Braunstein,  blätteriger  Schwarz- 
Braunstein,  pyramidales  Manganerz.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  lirystf.  1)  Quadratisches 
Octaeder;  2)  Combinationen  eines  stumpferen  und  spitzeren 
Quadratoctaöders ; 3)  Zwillinge.  Kryst.  meist  klein , parallel 
dem  Rande  gestreift ; die  Flächen  des  spitzeren  Ouadratoctaeders 
glatt  und  glänzend;  aufgewachsen ; derbe  M.,  körnig  zusammen- 
gesetzt, jedoch  fest  verwachsen.  — Spaltbar  parallel  den  Oc~ 
taederflächen , deutlicher  in  der  Richtung  des  Randes.  Br.  un- 
eben. H.  — 5 — 5,5;  spröde;  sp.  G.  = 4,7.  Unvollkommen 
metallisch  glänzend ; bräunlich-schwarz.  Strich  ; dunkel röthlich 
oder  kastanienbraun. 

V.  d.  L.  unschmelzbar.  Boraxglas  in  der  äussern  Flamme 
durch  geringe  Menge  amethyst-roth  färbend;  im  Kolben  erhitzt 
nur  Spuren  von  Wasser  gehend.  Das  rothbraune  Pulver  färbt 
ein  Gemisch  ans  gleichen  Theilen  concentrirter  Schwefelsäure 
und  Wasser  colombinroth.  Bestdth.  nach  Turner:  MnO.  M112Ö3 
98,00 , 0 0,215,  ff20  0,435  mit  Spuren  von  BaO  und  Si03.  — 
Formel : M11O  . M203. 

Bis  jetzt  nur  zu  llefeld  am  Harze  auf  einem  besonderen  Gange  im 
dasigen  Porphyr  gefunden. 

Kann  zur  Färbung  des  Glases , aber  nicht  zur  Clilorbereitung  benutzt 
werden. 

4.  Braunit . 

(Syn.  Brachytipes  Manganerz , Manganhj'peroxydul.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Kryst  f.  1)  Quadratisches 
Octaeder ; 2)  dasselbe  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche ; 
3)  Combinationen  eines  spitzeren  und  stumpferen  Quadratoctae- 
ders;  4)  dieselbe  Form  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche. 
Kryst.  meist  klein,  theils  glatt,  eben  oder  schwach  gebogen, 
fcVjls  rauh  oder  auf  den  einzelnen  Flächen  zart  gestreift,  auf- 


Pyrolusit, 


97 


gewachsen  und  drüsig  verbunden;  derbe  M.;  Text,  hornig.  — 
Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Flächen  des  Quadratoctaeders. 
Br.  uneben.  H.  = 6;  spröde;  sp.  G.  = 4,8 — 1,9.  Undurch- 
sichtig; unvollkommener  Metallglanz;  dunkeibräunlich-schwarz. 
Strich : von  derselben  Farbe. 

V.  d.  L.  und  im  Kolben  wie  die  vorige  Gttg.  Das  roth- 
braune  Pulver  färbt  Schwefelsäure  roth.  Bstdth.  nach  Turner: 
MnO  86,940,  0 9,85,  H20  0,949,  BaO  2,260.  — Formel: 
M112O3. 

Findet  sich  auf  Ädern  im  Porphyr  mit  dem  Pyrolusit  und  Psilome- 
lan:  Thüringen ; auch  in  Höhlungen  im  Quarz,  im  Mansfeldischen , 
Westerwald. , Baireuth. 

Es  kann,  wiewohl  mit  wenig  Vortheil,  zur  Chlorbereitung  benutzt 
werden. 

5,  Pyrolusit . 

Manganhyperoxyd , Braunstein,  Graubraunsteinerz  z.  Th.,  prismati- 
sches Manganerz,  Manganum  oxydatum  nativum,  Magnesia  vitriariorum.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Kryslf.  1)  gerade  rhombische 
Säule  mit  einer  auf  die  spitzen  Seitenkanten  gerade  aufgesetzten 
Zuschärfung  und  abgestumpften  stumpfen  Seitenkanten ; 2)  dieselbe 
Form  mit  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten.  Kryst.  kurz 
oder  lang  säulenartig,  nadelförmig  und  spiessig , glatt,  uneben 
oder  gestreift,  auf-  und  durcheinander  gewachsen,  drüsig  ver- 
bunden und  zu  Büscheln  gruppirt ; Afterkrystalle  nach  Kalk- 
spathformen;  kryst.  M. ; Textur  körnig,  stängelig  oder  faserig, 
auch  strahlenförmig  von  einem  gemeinschaftlichen  Mittelpunkte 
auslaufend ; nierenförmige  Schalen,  stalaktitisch , zarte  Schuppen. 
— Spaltbar  parallel  den  Flächen  der  Säule ; am  deutlichsten 
mit  den  Seitenflächen.  Br.  uneben.  H.  = 3;  sp.  G.  = 4,9. 
Undurchsichtig ; Metallglanz  ; eisenschwarz  in’s  Stahlgraue. 
Strich:  schwarz,  färbt  selbst  in  Krystalien  ab. 

V.  d.  L.  unschmelzbar.  Boraxglas  in  der  äussem  Flamme 
durch  geringe  Menge  amethystroth  färbend.  Im  Kolben  erhitzt 
nur  Spuren  von  Wasser  gebend.  Bstdth.  nach  Turner:  MnO. 
M203  86,05,  0 11,780,  H20  1,120,  mit  Spuren  von  Baryt  und 
Kieselerde.  — Formel : MiiOq. 

Kommt  auf  Gängen  im^Porphyr,  begleitet vonBarytspath  vor:  in  Thü 
ringen  (Ilmenau,  Friedrichsrode,  Elgersburg  u . a.  O.J ; ferner  im  Thon- 
„schiefer : bei  Goslar’,  auf  Eisenerz-Gängen  und  Lagern:  in  Kärnthen , 
Hessen , Nassau , Siegen , Baireuth,  Schlesien,  Siebenbürgen , Brasilien. 

Der  Pyrolusit  ist  das  an  Sauerstoff  reichhaltigste  Manganerz  und  nur 
dieses  soll  in  den  Officinen  benutzt  werden.  Er  ist  zugleich  die  ge- 
meinste Gattung  der  Manganoxyde  und  dasjenige  Erz , welches  in  ökono- 
mischer Hinsicht  eigentlich  Manganerz  genannt  wird  und  welches  man 
weit  und  breit,  doch  nicht  ausschliesslich  in  allen  Ländern,  verarbeitet- 

Geigers  Pharmacie « II-  1 (2 te  Auß)  % 


98 


PyrolusJt 


Ausser  anr  Entwickelung  von  Sauerstoff  und  ChloT  hn  Grossen  benutzt 
man  es  auch  zu  Räucherungen  in  Häusern,  zur  Luflreinigung  wozu  das 
Kleist’ sehe  Räucherpulver,  bestehend  aus  18  Th.  saurem'  schwefele „„m 
Kal. , 5 Th.  Bleizucker  und  18  Th.  Braunstein,  empfohlen  zu  werden 
verdient.  Das  durch  Zusammenschmelzen  von  Braunstein  und  Salpeter 
gewonnene  mangansaure  Kali  wird  als  ein  vorzügliches  Mittel  zur  Ent- 
fuselung  des  Branntweins  empfohlen.  (Pharm.  Gentr.  Bl.  Jahre  II  p «3  ^ 
Ferner  dienen  die  Manganerze  auf  Glashütten  zur  Entfärbung  der  Glas 
massen,  auch  geben  sie  denselben  mehr  Festigkeit;  zur  Darstellung 
amethystfarbener  Glasflüsse,  Kuin  Malen  auf  Porzellan  und  Fayence  zur 
Töpferglasur  , zur  Färbung  der  vioi-blauen,  braunen  und  schwarzen 
Gläser.  . 


Dieser  vielseitigen  Anwendung  wegen  ist  es  von  besonderer  Wichtig- 
keit die  Güte  eines  Braunsteins  erkennen  zu  können,  welche  natürlich 
mit  dem  Sauerstoffgehalt  desselben  in  geradem  Verhältnisse  steht.  4usser 
den  angegebenen  Eigenschaften  des  Pyrolusits,  die  an  dein  im  Handel 
gewöhnlich  gemahlen  vorkommenden  Braunstein  nicht  mehr  erforscht  wer- 
den können,  sucht  man  sich  daher  von  dem  Sauerstoffgehalt  desselben  zu 
überzeugen,  wozu  verschiedene  Wege  empfohlen  werden,  von  denen  hier 
einige  mitgetheilt  werden  sollen.  Man  bestimmt  entweder  den  Sauerstoff 
geh  alt  1)  unmittelbar  durch  Glühen,  oder  2)  nach  der  Quantität  Chlor 
welche  die  Manganerze  durch  Salzsäure  entwickeln  oder  durch  Zersetzung 
der  Kleesäure  mittelst  Braunstein  und  Bestimmung  des  Sauerstoffs  durch 
die  hierbei  erzeugt  werdende  Kohlensäure. 

Was  die  erste  Methode  betrifft,  so  ist  sie  unsicher,  besonders  wenn 
die  Manganerze,  was  gewöhnlich  der  Fall  ist,  eisenoxydhaltig  sind.  Bei 
der  zweiten  Methode  kommt  es  vorzüglich  darauf  an,  ein  Mittel  zu  be- 
sitzen, wodurch  die  Quantität  des  entwickelten  Chlors  leicht  bestimmt 
werden  könnte. 

Turner  schlägt  hierzu  das  schwefelsaure  Eisenoxydul  vor,  dessen 
Lösung  so  lange  zu  dem  in  Wasser  aufgefangenen  Chlor  gesetzt  wird , 
bis  der  Geruch  des  letztem  verschwunden  ist.  Es  kann  diese  Methode 
immer  nur  vergleiclmngsweise  mit  einem  als  rein  erkannten  Hyperoxyde 
angestellt  werden.  (Ph.  Centr.  Bl.  Jahrg.  II.  p.  304.) 

Duflos  bereitet  zu  diesem  Zwecke  eine  Probeflüssigkeit,  indem  er 
eine  Glasröhre  von  12  C.  Z.  Capacität  zu  */3  Th.  mit  Wasser  füllt,  da- 
rin 120  Gr.  krystallisirten  Chlorbaryums  durch  Schütteln  auflöst,  diese 
Lösung  mit  schwefliger  Säure  sättigt  und  dann  so  viel  Wasser  zusetzt, 
dass  das  Ganze  12  C.  Z.  einnimmt.  Diese  Flüssigkeit  wird  so  lange  zu 
dem  nn  Wasser  aufgefangenen  Chlor  gesetzt,  als  dadurch  eine  Trübung 
von  schwefelsaurem  Baryt  entsteht  und  aus  der  verbrauchten  Flüssigkeit 
der  Gehalt  des  Manganhyperoxydes  im  untersuchten  Braunsteinerze  be- 
stimmt, so,  dass  4*4  c*  z-  einer  Probeflüssigkeit  von  obiger  Stärke  16 
Gran  reinem  Manganhyperoxyd  entsprechen.  (Schweigg.  Journ.  Bd.  LXIY. 
p.  85.) 

Zenneck  fängt  das  Chlor  über  eine  gesättigte  Kochsalzlösung  in 
einem  eigens  construirten  Apparate  auf  und  bestimmt  die  Menge  des- 
selben durch  Messen  des  Gases.  91,8  C.  Z.  rh.  bei  10°  R.  und  28  p.  Z 
Barometerhöhe  entsprechen  100  Gran  reinem  Mangansuperoxyd.  (Erdmann 
Journ.  Bd  XVIII.  p.  75.)  Noch  genauer  fand  Zenneck  die  Methode, 
das  entwickelte  Chlor  in  Ammoniak  zu  leiten  und  aus  der  hierbei  ent- 
bunden werdenden  Stickstoffmenge  zu  berechnen,  indem  0,3  C.  Z.  Stick- 
st loffgas  einem  Proz.  Sauerstoff  des  Braunsteins  entsprechen,  (a.  a.  O.) 


Manganit. 


99 


Berthier  kocht  1 Th.  zerriebenes  Manganerz  mit  5 Th.  kryst.  Klee- 
säure und  Wasser  und  leitet  die  hierdurch  entbunden  werdende  Kohlen- 
säure in  eine  Auflösung  von  Aetzbaryt.  24,(366  Th.  hierbei  erhaltener 
kohlensaurer  Baryt  entsprechen  1 Th.  Sauerstoff  in  dem  untersuchten 
Manganerze.  (Ann.  de  China.  et  de  Ph.  LI.  p.  79.) 

Thomson  endlich  schlägt  vor  in  einer  enghalsigen  tarirten  Flasche 
600  Th.  Wasser,  75  Th.  kryst.  Kleesäure  und  50  Th.  des  zu  prüfenden 
feingepulverten  Minerals  zu  geben  und  diesem  schnell  150 — 200  Th.  conc. 
Schwefelsäure  zuzuschütten.  Die  hierbei  frei  werdende  Kohlensäure  er- 
fordert eine  Zeit  von  24  Stunden  zur  Entweichung,  während  welcher  man 
die  Flasche  leicht  bedeckt  stehen  lässt,  und  dann  wiegt.  Der  entstandene 
Verlust  des  Ganzen  ist  gleich  dem  Gehalte  des  Braunsteins  an  Hyper- 
oxyde. Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  bei  der  Dußos’schen,  Berthier  - 
sehen  und  Thomson  sehen  Methode  die  Erze  frei  von  kohlensaurem  Kalk 
sein  müssen. 


O,  Manganit 

(Syn.  Gewässertes  Manganhyperoxydul,  Graumanganerz  und  grauer  Braun- 
stein z.  Th. , prisraatoidisches  Manganerz.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  abgestumpften  stumpfen  Seitenecken  und  zugeschärften 
scharfen  Seitenkanten;  mehrere  andere  verwickelte  Combinatio- 
nen , auch  Zwillinge.  Kryst.  lang  gestreckt  , nadel-,  selten  kurz 
säulenförmig,  glatt  oder  besonders  die  Seitenflächen  vertical 
gestreift;  ein-  oder  aufgewachsen , auch  drüsig  verbunden ; kryst. 
M. ; Text,  blätterig,  derb,  stänglig,  strahlig  oder  körnig  abge- 
sondert ; dicht , erdig.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  der 
rhombischen  Säule.  Br.  uneben.  H.  — 3,5 — 4,5;  spröde;  sp. 
G.  = 4,3.  Undurchsichtig ; unvollkommen  metallisch  glänzend ; 
dunkel  bräunlich-schwarz  in’s  Eisenschwarze.  Strich  : röthlich- 
braun,  wenigstens  verhalten  sich  die  inneren  Theile  einer  Masse 
so , w enn  die  äussern  auch  einen  schw  arzen  Strich  zeigen. 

V.  d.  L.  und  gegen  Boraxglas  wie  Pyrolusit;  im  Kolben 
erhitzt  Wasser  gebend ; kalte  Schw  efelsäure  färbt  sich  mit 
dem  dunkel -braunen  Pulver  erst  nach  einigen  Tagen  roth.  Bstdth. 
nach  Turner  : MnO.  M112O3  86,85,  O 3,05,  HaO  10,10.  — For- 
mel: Mn^Os.  H20. 

Findet  sich  selten  auf  Gängen  im  Porphyr  zu  llefeld,  begleitet  von 
Baryt-  und  Kalkspath,  auch  in  Thüringen , Erzgebirge  t Norwegen  und 
JVestgothland. 

Ist  zur  Chlorbereitung  nicht  mit  Vortheil  anzuwenden. 


100 


Wad. 


7.  Psilomclan. 

(Syn.  Schwarz-Eisenstein , faseriger  und  dichter  Schwarz-Braunstein , 
didites  Grau-Braunsteinerz  , dichtes  Schwarz-Manganerz , 
untheilbares  Manganerz.) 

Afterkrystalle  nach  Flussspath-Octaedern , am  häufigsten 
stalaktitisch,  trauben-,  nieren-,  kolben-  und  röhrenförmig; 
derb;  Textur  selten  stänglig,  krummschalig  oder  körnig.  - — Br. 
flachmuschelig.  H.  = 5 — 6;  sp.  G.  = 4 — 4,07.  Undurchsichtig. 
Metallglanz  unvollkommen;  graulich-  und  bläulich-schwarz  in’s 
Dunkel-stahlgraue.  Strich:  bräunlich-schwarz. 

V.  d.  L.  und  im  Kolben  wie  Manganit.  In  Salzsäure  lös- 
lich ; die  Lösung  wird  durch  Schw  efelsäure  gefällt.  Bstdth.  nach 
Berthier  : MnÖ.  Mn203  69,759 , 0 7,364 , BaO  16,365 , Si03 
0,260,  IL 0 6,216.  — Formel:  Mn^O^.xBaO? 

Sehr  häufig  verbreitet  auf  Eisensteingängen  in  Gneis:  Erzgebirge; 
oft  mit  Pyrolusit  zu  traubigen  Gestalten  lagenweise  verbunden:  Wester- 
wald Böhmen , Baiern  , Kurhessen  , Sachsen . 

8.  Wad . 

(Syn.  Brauneisenralnn  z.  Th.) 

Faserige,  schuppige  und  erdige  M.;  derb,  kugelig,  traubig,  nieren- 
förmig, tropfsteinartig,  staudenfÖrmig , schaumartig,  als  Ueberzug.  Br. 
flachmusclielig  bis  erdig.  H.  = 0,5 — 1,5;  sehr  milde;  sp.  G.  «=  3,7- 
Undurchsichtig,  zuweilen,  an  den  Kanten  durchscheinend.  Metallglanz 
schwach,  matt;  nelken-  schwärzlich-  leberbraun',  bräunlich  - schwarz. 
Strich:  braun;  abfärbend. 

V.  d.  L.  an  Volumen  bedeutend  abnehmend,  dunkler  werdend  und 
ein  eisenartiges  Ansehen  annehmend;  gegen  Boraxglas  und  im  Kolben  wie 
Manganit.  Bstdth.  nach  Turner : MnO.  Mn203  79,12,  O 8,82,  H«0  10, GG  , 
BaO  1,40. 

Das  faserige  Wad  findet  sich  zu  la  Romane  che , das  schaumige  am 
Westerwald  ( 'Holler Lev  ZugJ  im  Thüringer  Walde  mit  Brauneisenstein 
und  Eisenspatli ; das  erdige  mit  Manganerz  auf  dem  Weslerwalde  und  in 
Böhmen. 

Anhang. 

M a n g a n h y p e r o x y d h y d r a t fand  Bcrth.  bei  Goroi  (Dep.  de  la 
Mayenne)  in  nierenförmigen,  pechschwarzen  Stücken.  Es  enth.  MnO 
62,4,  O 12,8,  II20  15,8,  Fe203  6,0,  A1203  3,0.  — Formel:  MnOt  . H,0. 

Ein  thonerdehaltiges  Manganliy peroxydhydrat  findet  sich  bei 
Siegen.  Es  ist  blätterig,  im  Bruch  matt,  nicht  sehr  hart,  bläulich-  oder 
bräunlich-schwarz,  glänzend,  nicht  abfärbend,  im  Strich  braun.  Ghlt. 
nach  Berth. : MnO  54,4,  O 11,2,  A1203  17,0,  Fe203  5,0,  SiO,  1,2,  H2Ö 
11,2.  Berz.  glaubt  die  Formel  [A1203,  Fe203].  3Mn02-h3H20  als  wahr- 
scheinlich annehmen  zu  können. 

Kupfer-Manganerz  derb } kleinnierig  traubig.  — Br.  unvollkom- 
men muschelig.  II.  = 4;  etwas  spröde;  sp.  G.  = 3,1 — 3,2.  Undurch- 
sichtig; Fettglanz;  bläulich-schwarz  Strich;  unverändert. 


Rotheiscncrz. 


101 


V.  d.  L.  auf  Kohle  unveränderlich ; mit  Borax  zur  rothen  Perle 
fliessend.  Im  Kolben  viel  Wasser  gebend.  Bstdth.  nach  Kersten : Mn2Os 
74,10,  CuO  4,80,  H20  20,10,  CaO.S03  1,05,  Si03  0,30,  Fe203  0,12,  GoO 
Spur.  — Formel  nach  Berz. : CuO  . 3Mn203-t_6Mn203 . 3H20. 

Fundort:  Schlatcenwalde  in  Böhmen,  Chili  (AmqrillciJ-. 

(Pelokonit  aus  Freiberg  und  Chili  besteht  aus  Mi^O^ , H20,  CuO 
und  Fe203.Si03.  Er  unterscheidet  sich  vom  Kupfermanganerz  durch  seine 
H.  — 3 ; sp.  G.  =s  2,56  und  leberbraunen  Strich.) 

Varvicit.  Kryst.  M.  Textur  blätterig.  After-Krystalle  nach  Kalk- 
spathformen.  H.  = 3 ; sp.  G.  = 4,5 — 4,6-  Metallglanz.  Dunkelbräun- 
lich-schwarz. Strich:  schwarz,  Ghlt.  nach  Duflos  : MnO  81,55,  O 13,44, 
H20  5,03.  — Formel:  Mn,03 . H20+Mn203. 

Kommt  in  England  ffVarwickshireJ  und  am  Harz  (llefeldj  mit 
Manganit  yor. 

9.  Erdcobalt 

(Syn,  Cobaltoxyd,  Manganoxydhydrat , schwarzer  nncl  brauner  Erdcobalt, 

Cobaltmulm.) 

Traubig  , kugelig , röhren-  und  nierenförmig ; derb , einge- 
sprengt , als  Ueberzug  oder  Anflug.  — Br.  erdig , flachmusche- 
lig;  zerreiblich;  sp.  G.  — 2,0 — 2,2.  Undurchsichtig;  matt; 

bläulich  und  bräunlich-schwarz.  Strich : fettglänzend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar , schwach  nach  Arsenik  riechend; 
das  Boraxglas  blau  färbend.  Im  Kolben  branstig-riechendes  Was- 
ser gebend.  Bestdth.  nach  I)  ober  einer : CoÖ.Mn2Ö3  76,9,  H2O 
23,1,  häufig  auch  As,  Fe203,  Si03,  A1203. 

Kommt  unter  ähnlichen  Verhältnissen  wie  der  Speiscobalt  in  Thü- 
ringen, Baden , Hessen,  Tyrol , Schlesien  u.  a.  a.  O.  vor. 

Wird  ebenfalls  zur  Smaltebereitung  benutzt. 

IO.  Rotlwisenerz. 

(Syn.  Eisenoxyd , rhomboedrischos  Eisenerz.) 

Krystslm . drei-  und  einaxig.  Kryst f.  1)  Rhomboeder;  2) 
Combinationen  desselben  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche, 
3)  des  spitzem  und  stumpfern  Rhomboeders , 4)  des  Hcxagoiido- 
decaeders  mit  der  gerade  an  gesetzten  Endfläche  und  andere  ver- 
wickeltere  Verbindungen,  auch  Zwillinge.  Kryst.  M. ; derb  mit 
straliliger , faseriger  bis  dichter  Zusammensetzung,  auch  schuppig 
und  erdig.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  des  Rhomboeders, 
auch  parallel  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  Br.  muschelig 
bis  uneben.  H.  =»  5,5 — 6,5 ; spröde ; sp.  G.  = 4,7 — 5,3.  Un- 
durchsichtig. Strich:  kirschrath  bis  röthlich-braun ;.  zuweilen 
schwach  magnetisch. 

V.  de  L.  schwer  schmelzbar  (5,6  — 6);  in  der  inneren 
Flamme  schwarz  und  magnetisch  werdend,  Bestdth. ; Fe303. 


102 


Itotheisenstein. 


zuweilen  mit  Spuren  von  Mna03,  Si03,  CaO,  H20.  In  einer  Menge 
von  natürlichen  Eisenoxyden  fand  Chevalier  Ammoniak  (vergl. 
Poggend.  Ann.  Bd.  14.  p.  147.)  — Formel : Fea03. 

Man  unterscheidet  zwei  Arten:  1.  Eisenglanz,  und  2. 
Rotheisenstein. 

1.  Eisenglanz. 

a . Sp  äthiger  Eis  engl  anz  (Glanzeisenerz.)  Kryst. 
sehr  oft  äusserst  niedrige,  dünne,  mehr  oder  weniger  in  die 
Länge  gezogene  Tafeln  darstellend,  theils  rhomhoedrisch ; glatt, 
einzelne  Flächen  auch  gestreift,  auch  uneben  oder  gekrümmt; 
selten  einzeln  aufgewachsen , meist  zu  Drusen  verbunden,  zu- 
weilen rosenförmig  gruppirt.  Derbe  M.  von  schaliger  und  kör- 
niger Zusammensetzung , eingesprengt.  Metallglanz  stark;  stalil- 
grau  in’s  Eisenschwarze,  oft  bunt  angelaufen. 

Findet  sich  auf  Gängen  und  Lagern , auch  auf  Drusenräumen  oder 
eingemengt  in  verschiedenen  Gebirgsarten : hisel  Elba , St.  Gotthard, 

Dauphin.ee  , Sachsen,  Tyrol , Kärnthen , Harz  , Cornwall  3 Schweden, 
H.- America  , Brasilien ; auch  in  neuern  und  altern  Laven. 

h.  Eisenglimmer  ( schuppiger  Eisenglanz).  Kryst. 
sehr  dünn,  tafelartig;  derbe  M.  von  höchst  feinblätteriger  Zu- 
sammensetzung , eingesprengt.  In  dünnen  Blättchen  zuweilen 
roth  durchscheinend.  Metall  glanz  lebhaft ; Eisenschwarz  in’s 
Stahlgraue. 

Findet  sich  ausser  den  beim  späthigen  Eisenglanze  angegebenen  Or- 
ten noch  bei  Siegen,  Arnberg,  Devonshire , Spanien . Bildet  eine  eigen- 
thümliche  Felsart , den  Eisengliminerschiefer  zu  Minas-Geraes  und  vertritt 
zuweilen  im  Granit  und  Gneis  den  Glimmer.  (Zinken  fand  im  Eisen- 
glimmer  aus  dem  Grünstein  zu  Tilkerode  eine  bedeutende  Menge  Titan.J 

c.  Str  ahliger  Eis  engl  anz  (Glanzeis  enste  in).  Derbe 
M. , nierenförmig  von  schuppig-strahligem  und  faserigem  de- 
ftige , entweder  parallel  oder  büschelweise  auseinanderlaufend. 
Metallglanz  stark;  eisenschwarz. 

Findet  sieb  mit  andern  Eisenerzen  bei  Siegen,  in  Hessen,  Sachsen, 
am  Harz , in  Böhmen 

Seit  den  ältesten  Zeiten  wird  der  Eisenglanz  zur  Ausbringung  des 
Metalls  benutzt.  Er  liefert  ein  vorzügliches  Stabeisen ; das  aus  dem 
Eisenglimmer  gewonnene  ist  zuweilen  haltbrüchig.  Man  benutzt  den 
Eisenglimmer  auch  wohl  statt  des  Graphits  zum  Schwarzfärben  eiserner 
Oefen  und  die  Araber  sollen  sich  dessen  gegen  Augenübel  bedienen 
Der  Eisenglanz  liefert  fein  präparirt  eine  schöne  Farbe. 

2.  Rollieisenstein. 

a.  Faseriger  Rotheis  enste  in  (rother  Glaskopf , 
Blutstein , Lapis  Haetnaiites).  After-Rrystalle  nach  Kalkspath- 


Magneteisenerz. 


103 


Fermen.  Tranbig , nierenförmig  , tropfstein  artig,  derb.  Textur 
faserig  bis  stralilig,  auch  schalig.  Halbmetallisch  glanzend  bis 
schimmernd ; stahlgrau  bis  bräunlich-roth. 

Auf  Gängen  im  älteren  Gebirge:  am  Schwär  zwalde  + am  Harz , 

Sachsen  , Böhmen , Lothringen  3 Devonshire. 

b.  Rotheisenrahm  (schuppiger  Rotheisenstein ).  Schup- 
pige oder  schaumige  Theilchen , meist  schwach  verbunden ; als 
Ueberzug  zerreiblich;,  stark  ab  färbend.  Metall  glanz;  zwischen 
stahlgrau  und  bläulieh-roth. 

Kommt  mit  andern  Eisenerzen  zu  Siegen,  im  Badensehew,  Sachsen t 
Hessen ; Böhmen  3 Ungarn,  LaneasUire  vor. 

c.  Dichter  R o theisenstein.  After  - Krystalle  nach 
Kalk-  und  Flussspath  - Formen ; derbe  M.,  eingesprengt;  spie- 
gelig;  zwischen  stahlgrau  und  blutroth. 

Auf  Gängen  hei  Sieben,  Milienburg > in  Sachsen  , Steyermarkj 
Lancashire\ 

d.  Rothe  is  eno  eher*  Als  Ueberzug  oder  derb;  staubar- 
tige Theilchen.  Br.  erdig ; zerreiblich ; stark  abfärbend ; matt ; 
hräunlich-roth  in’s  Blutrothe. 

Findet  sich,  mit  andern.  Rotheisensteinen. 

Der  Rotheisenstein  liefert  ein  brauchbares  Roh-  und  Stabeisen.  Der 
faserige  Rotheisenstein  (Blutstein)  wurde  ehemals  als  blutstillendes  Mittel 
häufig  gebraucht.  Er  dient  ferner  als  Malerfarbe,  zum  Poliren  von  Me- 
tallwaaren,  Gold  und  Silber  u.  s.  w.  und  macht  einen  Bestandteil  d^r 
Schleif-  und  Poiirpulver  für  Abzlehriemen  aus,. 

Anhang. 

Der  rot  he  Kieseleisenstein  ist  ein  inniges  Gemenge  aus  Roth- 
Eisenocker  und  Kiesel.  Es  kommt  zu  Lehrbach  und  Jlefeld am  Harz  vor. 

Bo-thev  Thoneisenstein.,  sowohl  der  jaspisartige  als  sl'änglige  und 
der  Röthel'  sind  innige  Gemenge  aus  Rotheisenocker  und  thonigen  Fossi- 
lien; sie  sind  dicht,  zuweilen  linsenförmig,  körnig  zusammengesetzt, 
oder  durch  Einwirkung  von  Kohlenbränden  stänglrg  abgesondert.  Der 
rothe  Thoneisenstein  findet  sich  am  Harz , H iirtemberg , England , 
Schottland;  der  jaspisartige  zu  Fischau  in  Oestreich ; der  stänglige  in 
Böhmen , zu  Dultweiler ; der  Röthel  in  Thüringen , Baiern , Tyrol. 

Der  Röthel  war  ehemals  ein  Arzneimittel,  jetzt  benutzt  man  ihn 
zum  Zeichnen  und  sägt  ihn.  für  diesen  Behuf  in  Stifte ; das  dabei  ab- 
fallende Pulver  wird  zum  Färben  des  Packpapiers  benutzt, 

ii\  Magneteisenerz . 

(Syn.  Eisenoxyd-Oxydul , Magneteisenstein  , octacdrisehes  Eisenerz.) 

Krgststm.  regelmässig.  Rrgstf.  1)  Hexaeder ; 2)  Octaöder ; 
3)  Dodecaeder;  4)  Hemiikositetraeder ; 5)  Comhinationen  des  Oc- 
taeders  mit  dem  Hexaeder,  6)  mit  dem  Dodecaeder,  7)  mit  dem 
Hexaeder  und  Dodecaeder,  8)  mit  dem  Ikositetraeder  u.  m.  a. 


104 


Fraiiklinit. 


verwickelte  Combiiiationen ; Zwillinge.  Kryst.  glatt,  die  Ent- 
kantungsfläclieii  mehr  oder  minder  gestreift , oft  mit  einer  Talk- 
oder  Chloritrinde  überzogen,  einzeln  ein-  oder  zu  mehreren 
durcheinandergewachsen ; auch  zu  Drusen  verbunden ; kryst. 
blättrige  M.  (späthiges  Magneteisen) ; derb  ; Textur  kör- 
nig (körniges  Magneteisen)  bis  dicht  ( dichtes  Magnet- 
eisen);  ein  gesprengt;  eckige  oder  rundliche  Körner;  auch 
staubartige  Theilchen , mehr  oder  minder  fest  verbunden  (erdiges 
Magneteisen).  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  des  Octae- 
ders.  Br.  muschelig  in’s  Unebene,  feinkörnig.  H.  =t=  5,5— 6,5; 
spröde;  sp.  G.  = 4,9 — 5,1.  Undurchsichtig;  Metall-,  auch  Fett- 
glanz bis  schimmernd.  Eisenschwarz  in’s  Braune , Graue  und 
Blaue.  Strich : schwarz.  Stark  magnetisch  , öfters  polarisch. 

V.  d.  L.  unveränderlich  (5,8 — 6).  In  der  inneren  Flamme  in 
Phosphorsalz  zu  bouteillen-grünem  Glase  löslich,  das  beim  Ab- 
kühlen. bleicht;  in  Salzsäure  löslich  ohne  Chlor-Entwickelung. 
Bestdth.  nach  Berz. : Fe203  69,  FeO  31.  — Formel:  FeO  . Fe203. 

Findet  sich  sehr  allgemein  verbreitet  als  wesentlicher,  charakteristi- 
scher und  zufälliger  Gemengtheil  vieler  Felsarten;  bildet  mächtige  Lager 
und  Stöcke  in  Skandinavien.  Die  ausgezeichnetsten  Krystalle  sind  ein- 
gewachsen  in  Chloritschiefer  und  Serpentin  in  Piemont , im  Pfitsch-  und 
Zillerthal.  Das  erdige  Magneteisen  , als  Umbildung  des  Eisenoxyds, 
kohlensauren  Eisenoxyduls  und  Eisenoxydhydrats  durch  vulkanisches  Ein- 
wirken des  Basalts  im  Siegenschen  und  im  Erzgebirge. 

Das  Magneteisen  wurde  früher  als  Arzneimittel  gebraucht  und  könnte 
m reiner  kryst.  Form  das  künstliche  Eisenoxyd-Oxydul  ersetzen.  Es  ge- 
hört zu  den  vorzüglich  reichen  Erzen,  und  wird  häufig  verschmolzen, 
mdem  es  ein  vorzügliches  Eisen  liefert,  welches  zu  Stabeisen  und  Stahl- 
waaren  benutzt  wird. 

lalkeisenerz  aus  Nordamerica  ist  noch  nicht  hinreichend  be- 
kannt. Kryststm . regelmässig.  — Br.  uneben.  H.  = 5,5;  sp.  G. 

4,4-  Fettglanz  zum  halbmetallischen  neigend;  schwarz.  Strich:  ebenso. 
Dem  Magnete  wenig  folgsam.  Bstdlh.  FeO  mit  viel  MgO , wenig  TiO* 
und  A1203. 

Kommt  mit  Spinell  vor. 


12.  Franklinit. 

(Syn  Eisenoxyd  , Zinkoxyd  mit  Eisenoxyd-Manganoxydul , dodecaedrisches 
Eisenerz  , Zink-Eisenerz.) 

Kryststm  regelmässig.  Krystf.  1)  Octaeder;  2)  Octaeder  mit  Dode- 
kaeder-; 3)  Octaeder  mit  Dodecaeder-  und  Hemiikositetracderfläclien. 
Kryst.  selten  und  häufig  zugerundet,  zuweilen  wie  geflossen;  kryst.  M 
eingewachsene  Körner.  -^-  Spaltbar  nach  den  Octaed'erflächen.  Br.  mu- 
sch  eng , uneben.  II.  ==  6—6,5;  spröde;  sp.  G = 5—5,3.  Dadurch- 
,etalJglanz;  Eisenschwarz.  Strich:  röthlich-braun.  Dem  Magnete 
ioigsnm  , besonders  nach  dem  Glühen. 

V.  d.  L„  unveränderlich,  mit  Soda  geschmolzen  Zinkrauch  gebend; 
in  Salzsäure  unter  Chlore  niwickelung  löslich,  sonst  wie  Magneteiseu 


Brauneisenerz, 


105 


Ghlt.  nach  Mich:  Fe.i03  47,53,  FeO  21,34,  M%03  18,17,  ZnO  10,81  mit 
Spuren  von  Si03,  A1203,  MgO,  CaO.  — Formel:  [FeO,  ZnOJ  . [Fe203, 
Mn203]. 

Findet  si£h  mit  rothem  Zinkoxyd  und  Kalkspath  : N.- America  ('Frank- 
lingruben zu  New-Jerseyj. 

IS.  Beudantit* 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Kryst.  klein , die  Flächen  etwas  ge- 
bogen. — II.  = 4,5.  Durchscheinend;  harzglänzend;  schwarz,  dunkel- 
braun. Strich:  grünlich-grau.  — * Bstdth.  nach  Wollaston : Fe203  . PbO 

Findet  sich  mit  faserigem  Brauneisenstein  zu  Horhausen  (Rhein- 
preussen). 

14 . Brauneisenerz. 

(Syn.  Eisenoxyd-Hydrat,  prismatisches  Eisenerz.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Bis  jetzt  nur  in  zarten , 
nadel-  oder  haarförmigen  Kryst.  und  in  dünnen  Blättchen  beob- 
achtet; schuppig-faserige , faserige,  dichte  und  erdige  M.  — 
Br.  meist  nicht  wahrnehmbar,  muschelig  bis  uneben.  H.  = 
5 — 5,5 ; spröde ; sp.  G.  = 3,9 — 4,2.  Halbdurchsichtig  bis  un- 
durchsichtig. Auf  KrystaMächen  Diamantglanz.  Strich:  gelb- 
lich-braun. 

V.  d.  L.  schwarz  und  dem  Magnete  folgsam  werdend;  bei 
heftigem  Feuer  an  den  Kanten  schmelzbar  (5,6 — 6).  In  der 
Glasröhre  giebt  es  Wasser  und  hinterlässt  Eisenoxyd.  Bestdth. 
nach  L . Gmelin : Fc203  81,3,  HaO  18,7.  — Formel:  2Fe203 . 311^0. 

Arten. 

1.  Brauneisenstein. 

a.  Rubinglimmer  ( Pyrosiderit , Göthit).  Kryst.  Blätt- 
chen , nadelförmig ; zu  Drusen  verbunden  und  in  Gruppen  auf- 
gewachsen. Halbdurchsichtig  bis  durchscheinend.  Röthlich-braun 
in’s  Schwarze  ; hyacinthroth  bei  durchfallendem  Lichte. 

Auf  Eisensteingängen,  aufgewachsen  auf  braunem  Glaskopf:  Siegen . 

b.  L e pidokrokit  (Schuppig-faseriger Brauneisenstein ). 
Kugelig  , nierenförmig , traubig  , tropfsteinartig.  Schuppig-fase- 
rige Textur.  Röthlich-nelkenbraun , grau.  Bestdth.  nach  Bran- 
des: FC2O3  38,00,  H2Ö  10,75,  M112O3  und  Si(>3  1,00. 

Mit  faserigem  Brauneisenstein:  Hessen,  Westerwald , am  Harz , 
Eifel , Gallizien , 

c:  Faseriger  Br auneisenstein  (Brauner  und 
schwarzer  Glaskopf).  Nadel-  und  haarförmige  Kryst.;  jbüschel- 


106 


Celbejusenstei«. 


förmig  auseinanderlaufend  (haar  förmiger  Brauneisenstein). 

After-Krystalle  nach  Kalk  - und  Flussspath  - Formen.  Kugel- , 
trauben  - , liieren  - und  tropfstein  - förmig.  Nelken-braun  in’s 
Schwärzliche,  Bestdth.  nach  D’Aubuisson:  Fe203  84,0,  H20 
11,0,  Mn203  2,0 , Si03  2,0. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  älteren  Gebirge  , häufiger  auf  liegenden 
Stöcken  im  Kalk,  mit  Eisenspath  , Kupfer-  und  Manganerzen  , Kalk-  und 
Barytspath  u.  s.  w.  sehr  allgemein  verbreitet,  z.  B.  im  Siegen’ sehen , 
Hessen  3 Erzgebirge > am  Harz , Thüringen  , Baiern  , Sleyermark  , Un- 
garn , Spanien.  Der  haarförmige  Br.-Eisenstein  in  Böhmen , Norwegen  , 
Finnland.  Er  ist  mitunter  neuerer  Entstehung. 

d.  Dichter  Br  auneis  enstein  ( Stilpnosiderit , Pech- 
elsenerz z.  Th.  glänzender  Braunstein ).  After-Krystalle  nach 
Kalk-  und  Flussspath-Formen ; Umbildungen  nach  Eisen-  und 
Speerkiesgestalten ; am  häutigsten  derb.  Br.  muschelig  in’s 
Unebenkleinkörnige.  Wachsglänzend  bis  matt ; bräunlich -schwarz, 
gelblich-nelkenbraun.  Bestdth.  nach  D’Aubuisson : Fe203  79,00, 
H20  15,0 , Mn203  2,0 , Si03  3,0. 

Kommt  vor  wie  der  faserige  Br.-E. , ist  sehr  allgemein  vorbreitet  in 
Begleitung  von  Quarz,  Ghalcedon , seltener  Flussspath.  Die  Afterkry- 
stalle  in  Sibirien  3 bei  Minden , in  Sachsen  3 Helgoland , Ungarn. 

e.  Br  auneis  eno  eher  (0  ehr  ig  er  Brauneisenstein).  Er- 
dige Theile,  mehr  oder  weniger  fest  verbunden.  Matt;  gelblich- 
braun;  ab  färbend. 

Kommt  mit  den  vorhergehenden  Abänderungen  vor. 

Der  Braun-Eisenstein  liefert  ein  vorzügliches  S tab  eisen , auch  Guss- 
und  Frischstahl  werden  daraus  verfertigt. 


Anhang. 

Der  braune  Thoneisenstein  ist  ein  Gemenge  aus  Eisen- 
oxyd-Hydrat mit  Kiesel-  und  Thonerde ; derbe  M.,  z.  Th.  krumm- 
schalig  abgesondert.  Br.  flaclunusehelig.  Matt,  braun,  rauchgrau. 

Man  findet  ihn  bei  Baireuth , in  Frankreich  u.  s.  w.  Er  wird  auf  Eisen 
verschmolzen  — Umbra  kommt  derb  vor.  Br.  muschelig.  Weich, 
matt,  leber-  und  kastanieii  - braun.  Strich:  wachsglänzend ; 
hängt  stark  an  der  feuchten  Lippe.  Bestdth.  nach  Klaproth : 
Fe203  48,  Mn203  20,  Si03  14,  A1203  5,  H203  14.  — Findet 

sich  auf  Lagern  mit  Jaspis  auf  der  Insel  Cypevn.  Die  als  Malerfarbe 
bekannte  Kölnische  Umbra  gehört  zu  den  Braunkohlen.. 

2.  Gelbeisenstein . 

Ockergelb.  Die  oben  erwähnten  Abänderungen  des  Braun - 
Eisens  [eins  kommen  auch  hier  vor , als : faseriger , dichter 
und  wkriger  Gelbeisenstein  und  unterscheiden  sich  durch  die- 


Kothkupfererz. 


107 


selben  Kennzeichen , wie  beim  Brauneisenstein  angegeben  wor- 
den. Bestdth.  des  Gelbeisenockers  nach  Proust:  Fe203  78,57, 
H20  21,43. 

Finden  sich  unter  denselben  Verhältnissen  wie  die  6ie  begleitenden 
Roth-  und  Braun-Eisensteine  und  brechen  häufiger  noch  in  Muschel- 
kalk und  sogenannten  Flötz-Trappgebirge  : Nassau  9 am  Harz  , Baiern . 

Anhang. 

Die  gelben  Thoneisensteine  sind  mehr  oder  weniger  innige 
Gemenge  von  ockrigem  Gelbeisensteine , Thon  und  Kieselerde * 

v 

a . Schall ger  gelber  Thoneisenstein  ( Eisen - 
niere , Adler - oder  Klapper  stein).  Kugelig , nierenförmig , 
knollig , von  gebogen-schaliger  Absonderung ; innen  häufig  hohl, 
oder  mit  losem  Kern.  Br.  erdig.  Matt.  Ockergelb  in’s  Braune 
lind  Graue.  — In  Lehm  und  Thonlagern  meist  an  der  Oberfläche  der 
Berge,  zum  Theil  mit  Petrefakten , die  oft  verkiest  sind:  in  Böhmen  3 
Schlesien , am  Harz  , Siena. 

b.  Körniger  gelber  Thoneis  en  st  ein  (Bohnerz). 
Kugelige  , sphäroidische  Körner  , einzeln  oder  zu  grossem 
Massen  verbunden.  Br.  eben  bis  erdig.  Aussen  z.  Th.  fettglän- 
zend. Gelblich-,  röthlich-  und  schwärzlich-braun.  — In  Flötzen 
und  Lagern  in  verschiedenen  Fels-Gebilden:  in  Würtemberg  t Baden  A 
Kurhessen , Böhmen  u.  a.  a.  O. 

c.  Dichter  gelber  Thoneisens  tein  (Gemeiner 
Thoneisenstein).  Derb , auch  als  Versteinerungsmittel  von  Holz. 
Br.  eben  in’s  Flachmuschelige  und  Erdige.  Ockergelb  in’s 
Gelblich-braune  und  Gelblich-graue.  — in  Steinkohlen-Gebirgen 
mehr  oder  weniger  mächtige  Lager  bildend. 

Die  gelben  Tho.neisensteine,  namentlich  das  Bohnerz,  geben  ein 
gutes  Eisen. 

15.  Rothkupfererz. 

(Syn.  Kupferoxydul , octaedrisches  Kupfererz.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Hexaeder;  2)0ctaeder; 
3)  Bodecaeder;  4)  Hexaeder  mit  Octaeder-;  5)  Octaeder  mit 
Hexaederfiächen ; 6)  Hexaeder  mit  Bodecaeder- ; 7)  mit  Bode- 
caeder und  Octaederflächen ; 8)  dieselbe  Combination  mit  hinzu- 
tretenden  Ikositetraederfläch  en  als  vierflächige  Zuschärfung  der 
Ecken  u.  m.  a. ; auch  Zwillinge.  Kryst.  glatt  und  glänzend , 
zuweilen  auch  bedeckt  mit  einer  dünnen  Binde  von  Malachit; 
meist  zu  Brusen  verbunden  und  treppenartig  gruppirt ; selten 
haarförmig  (hmrßrmiges  Rothkupfererz , Kupferblüthe) ; 


108 


Blciglättc, 


derb,  nierenförmig,  zerfressen,  angeflogen,  eingesprengt  (dich- 
tes Rolhkupfererz) , auch  erdig  ( erdiges  Rolhkupfererz).  — 
Den  Octaederflächen  parallel  ziemlicii  vollkommen  spaltbar.  Br. 
muschelig  bis  uneben.  H.  — 3,5 — 4;  spröde;  sp.  G.  ~ 5,7 — 6,0. 
Ilalbdurchsichtig  bis  undurchsichtig.  Metallähnlicher  Diamant- 
glanz; cochenill-,  auch  kanninroth  ins  Graue  und  Braune. 
Strich : bräunlich-roth. 

V.  d.  L.  mit  Salzsäure  befeuchtet  die  Flamme  blau  färbend, 
auf  KohTe  schwarz  werdend  und  sodann  zum  Metallkorn  schmel- 
zend (2 — 2,5).  In  Salzsäure  leicht  und  ruhig  löslich;  die  Lö- 
sung wird  durch  Wasser  weiss  und  von  Kalilauge  ockergelb 
gefällt.  Bestdth.  nach  Chenevix:  Cu  88,5,  0 11,5.  Kersten 
fand  in  der  Kupferblüthe  von  Kheinbreitbach  auch  Spuren  von 
Selen.  — Formel:  Cu20. 

Findet  sich  in  älteren  Felsarten  auf  Gängen , in  neuern  auf  Lagern , 
mit  andern  Kupfer-,  Eisen-  und  Zinkerzen,  Quarz,  Kalkspath  u.  s.  w> 
Nassau  , Rheinpreu&sen , Ungarn,  Cornwall  u.  s.  w.  Das  haarfürmlge 
hei  Rheinbreitbach  und  in  Cornwall . 

Anhang. 

Ziep  elerz  (Kupferpecherz)  ist  ein  Gemenge  aus  erdi- 
gem Rolhkupfererz  und  Eisenocker , auch  aus  zersetztem  Kup- 
ferkiese. Derb  , eingesprengt , als  Ueberzug  , erdig.  Matt. 
Undurchsichtig.  Ziegel roth  in’s  Braune  und  Schwarze.  — 

Kommt  unter  ähnlichen  Verhältnissen  wie  Rolhkupfererz  und  meist  mit 
diesen  vor. 

Das  Rothkupfererz  giebt  das  vorzüglichste  Kupfer,  und  auch  das 
Ziegelerz  wird  zum  Ausbringen  desselben  benutzt. 


17.  Kupferschwärzc: 

Erdig,  zu  nieren-  und  traubenförmigen  M.  verbunden,  häu- 
figer als  Ueberzug  oder  Anflug  auf  Kupferkies.  — Br.  erdig. 
Undurchsichtig ; matt;  bläulich  - schwarz  in’s  Braune.  Strich: 
unverändert. 

V.  d.  L.  wie  Rothkupfererz.  Die  Lösung  wird  durch  Wasser 
nicht,  durch  Kalilauge  aber  bläulich  gefällt.  Bestdth.  nach 
Berz. : Cu  79,82 , 0 20,17.  — Formel : CuO , häufig  mit  Eisen- 
und  Manganoxyd  gemengt. 

Kommt  besonders  mit  Kupferkies,  Quarz  und  Barytspath  vor:  in 
Raden,  Rheinpreussen , am  Harz , in  Polen  und  Sibirieq, 

17.  Bleiglätte. 

(Syn.  Bleioxyd.) 

Bildet  ziemlich  bedeutende  Blöcke  in  den  Schluchten  der 
beiden  erloschenen  Vulkane  PopocatepcU  und  Iztacciluall  in 


Zinnerz. 


109 


Mexico.  Sie  unterscheidet  sich  durch  nichts  von  der  auf  dem 
Treihheerdc  erzeugten  künstlichem  Auch  in  einem  Flusse  an  der 
südlichen  Seite  der  Vulkane  hat  inan  Geschiebe  von  Bleiglättc 
gefunden.  — Formel : PbO.  . 

18.  Mennig. 

(Syn.  Bleisuperoxyd.) 

After-Krystalle  nach  den  Fonnen  des  kohlensauren  Blei’s  und 
Bleiglanzes ; derbe  M. ; eingesprengt , angeflogen.  — Br.  erdig 
in’s  Unebene.  H.  = 2;  zerreiblich;  sp.  G.  = 4,6.  Undurchsich- 
tig; matt,  selten  schwach  glänzend.  Morgenroth.  Strich:  po- 
meranzengelb. 

V.  d.  L.  braun  werdend,  beim  Erkalten  die  frühere  Farbe 
wieder  anneimiend,  beim  stärkeren  Glühen  auf  der  Kohle  reducir- 
bar.  Mit  Borax  ein  gelbes,  beim  Abkühlen  sich  entfärbendes, 
Glas  gebend  und  der  Salzsäure  keine  Farbe  ertheilend.  Bestdth. 
nach  Berz.  : Pb  89,66  , 0 10,34.  — Formel:  PbO+PbÄOs. 
(Dumas.) 

Kommt  selten  vor  in  alten  Halden:  bei  Prüm  in  der  Eifel ; einge- 
sprengt  in  Galmei:  JVßstphalen  / in  verwittertem  Gestein:  Sibirien , 

19.  Wismuthocker. 

(Syn.  Wismuthoxyd , Wismuthblüthe.) 

Derbe,  erdige  M. , häufig  als  Ueberzug,  angeflogen,  einge- 
sprengt. — Br.  eben  in’s  Unebene  und  Muschlige , zerr  eiblich ; 
sp.  G.  = 4,3.  Undurchsichtig ; matt  oder  Kalbmetallischer  Glanz ; 
strohgelb  in’s  Graue;  leberbraun.  Strich  : gelbüch-weiss. 

V.  d.  L.  leicht  reducirbar  und  wie  gediegen  Wismuth. 
Bestdth.  nach  Berz.:  BiO,  häufig  Arsenik  und  Eisenoxyd  ent- 
haltend. 

Findet  sich  mit  gediegen  Wismuth , aus  dem  er  entstanden  zu  sein 
scheint  : Sachsen  (Schneeberg) , Böhmen , Cornwall. 

20.  Zinnerz . 

(Syn.  Zinnoxyd.) 

Krgststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  Combinationen 
der  vierseitigen  Säule  mit  dem  Quadratoctaeder ; 2)  dieselbe 
Combination  mit  abgestumpften  Seitenkanten  der  Säule;  3)  die- 
selbe Combination  mit  gerade  abgestumpften  Endkanten  des  Oc- 
taeders;  4)  Combination  dieser  .Gestalt  mit  der  gerade  ange- 
setzten Endfläche  u.  s.  w.;  selten  aber  einfache  Krystalie,  mei- 
stens zu  Zwillingen  verbunden.  Kryfek ; derb , rundliche  Stücke 


Uranpecherz. 


110 

mit  faseriger  Textur.  — Unvollkommen  spaltbar  parallel  den 
Seitenflächen  der  Säule.  Br.  unvollkommen  muschelig  in’s 
Splittrige.  H.  = 5,5 — 7 ; spröde  ; sp.  G.  = 6,3 — 6,9.  Halb- 
durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Strich:  ungefärbt  oder  grau. 

V.  d.  L.  auf  der  Kohle  in  der  innem  Flamme  schwer  re- 
ducirhar , leichter  durch  einen  Zusatz  von  Soda.  — Formel: 
Sn02. 

Arten. 

1)  Sp  ätlli  ges  Zinnerz . (Syn.  Zinnstein,  pyramidales 
Zinnerz.)  Iiryst.  glatt,  auch  auf  den  Seitenflächen  vertical  ge- 
streift; säulenartig,  selten  nadelförmig;  einzeln  auf-  oder  einge- 
wachsen , selten  drüsig  verbunden ; derb  und  eingesprengt , lose 
Körner.  Starker  Glas-  oder  Diamantglanz.  Braun  in  s Schwarze, 
Rothe  und  Graue  ziehend.  Bestdth.  nach  Berz. : Su02  93,6 , 
Fe203  1,04,  Mn203  0,8,  TaO  2,4. 

Findet  sich  in  Granit,  Gneis,  Porphyr  ti.  s.  vr.  auf  Gängen  und 
Lagern  und  nicht  selten  durch  das  Ganze  der  Gesteinmassen  fStöckeJ : 
Erzgebirge  , Cornwall , Frankreich , Schweden  , China , Mexico . Auch  in 
Alluvial-Ablagerungen  hin  und  wieder  von  gediegen  Gold  begleitet  : in 
Böhmen  j Erzgebirge  j Cornwall  (im  Seifengebirge , wo  das  Zinn  durch 
Waschen  gewonnen  wird. 

2)  Faseriges  Zinnerz . (Syn.  Holzzinn  , faseriger  Zinn- 
stein, Komisch  Zinnerz.)  Stumpfeckige  oder  rundliche  Stücke  und 
Körner,  büschelweise  auseinanderlaufend  mit  zartfaserigem  Ge- 
füge. Matt  oder  schwacher  Seidenglanz.  Haarbraun  in’s  Gelblich- 
graue  und  Gelblich-weisse;  die  Farben  oft  in  gebogenen  Streifen 
miteinander  wechselnd.  Bestdth.  nach  Vaug. : Sn02  91 , Fe203  9. 

Findet  sich  in  Dilluvial-Ablagerungen , z.  Th  mit  Quarz  verwachsen  : 
Cornwall , Brasilien  Mexico. 

Fas  Zinnerz  wird  zur  Ausbringung  des  Zinns  benutzt , dessen  Anwen- 
dung im  Leben  sehr  ausgedehnt  ist.  Dünne  Blättchen  des  reinen  Zinns 
heissen  Stanniol;  gewöhnlich  wird  es  zu  Geschirren  mit  Blei  versetzt; 
es  dient  zum  Lüthen  anderer  Metalle ; mit  Kupfer  legirt  stellt  es 
Glockenmetall , Stückgut  und  Bronze  dar;  Zinn  und  Quecksilber  geben 
das  Material  zum  Belegen  der  Spiegel  und  sehr  wichtig  ist  die  Eigen- 
schaft des  Zinns  sich  an  andere  Metalle  fest,  anzulegen,  worauf  die  Ver- 
zinnung des  Eisens,  Kupfers  u.  s.  w.  beruht.  Die  durch  Glühen  des  Zinns 
entstandene  Zinnasche  dient  zur  Politur  von  Steinen,  Metallen  u.  s.  w. 

21.  Uranpecherz. 

(Syn.  untheilbares  Uranerz,  Pechblende,  zwei- drittel-kieselsaures 
Uranoxydul.) 

Derbe  M. , nierenförmig,  traubig,  eingesprengt.  — Br.  dach  musche- 
lig , bis  uneben.  H.  = 5,5;  spröde;  sp.  G.  = 6,6*  Metallähnlicher 
Fettglanz;  bräunlich  und  graulich-schwarz:  Strich:  grünlich-schwarz. 


Korund. 


111 


V.  d.  L.  unschmelzbar , mit  Phosphorsalz  in  der  aussem  Flamme  ein 
gelbes  in  der  mnern  ein  schön  grünes  Glas  gehend  • in  Salpetersäure 
mit  gelber  Farbe  löslich ; die  Losung  wird  durch  Ammoniak  gelb  ge- 
fallt. Bestdth.  nach  Klapr. : UO  85,5,  FeO , 2,5,  PbS  6,0,  SiOs  5,0. — 
bormei  : UO.  {Kersten  fand  auch  Spuren  von  Selen  darin  und  den  Ge- 
halt an  Siü3  veränderlich). 

Findet  sich  im  Urgebirge  auf  Gängen,  die  Silber  und  Zinnerze  führen  : 
Joachimsthai  in  Böhmen  ^ Sachsen , Cornwallis. 

Man  bereitet  aus  dem  Uran  schwarze  und  gelbe  Farben  zur  Porzellan- 
malerei. 


22.  Uranocker. 

(Syn.  Uranoxydhydrat.) 

Derbe  Parthien , angeflogen,  eingesprengt.  — Br.  erdig;  sehr  weich. 
Sp.  G.  = 3,9  4,1.  Undurchsichtig.  Gelb , bräunlich,  röthlicli. 

^ ‘ in  der  innern  Flamme  grün  werdend,  ohne  zu  schmelzen, 

sonst  wie  Uranpecherz.  In  der  Glasröhre  Wasser  gebend.  Bestdth.  des 
sächsischen  hyacinthrothen  Pechuran  nach  Kersten  : .UO,  72,0,  P^05  2,30 
CaO  6,00 , H20  14,75,  Si203  4,26  und  Spuren  von  Mangan , Flusssäure 
und  Arsenik. 

Mit  andern  Uranerzen  in  Böhmen , Sachsen  und  Frankreich  vor- 
kommend. 


GRUPPE  II.  THONERDE  UND  ALUMNATE. 

Die  Mineralien  der  Thonerde-Gruppe  krystallisiren  im  re- 
gelmässigen , ein-  und  einaxigen  und  drei-  und  einaxiären  Sy- 
steme, sind  im  Bruche  muschelig,  selten  nneben.  Die  geringste 
Härte  hat  der  Gibbsit , welcher  nur  durch  Flussspath  geritzt 
wird  die  grösste  der  Korund,  mir  durch  Diamant  ritzbar. 
Die  Grenzen  des  sp.  Gew.  liegen  heim  Gibbsit  = 2,4  und  Blei- 
gummi  — 6,4.  Sie  sind  durchsichtig , auch  nur  durchscheinend 
(Biaspor,  Gahnit,  Bleigummi),  haben  oft  lebhaften  Glasglanz, 
selten  Fettglanz,  kommen  in  allen  Farben  und  ihren  Nüanzen 
vor.  Sind  v.  d.  L.  für  sich  unschmelzbar  und  werden  grössteu- 
iheiis  durch  Phosphorsalz  aufgelöst,  ausgenommen  Gahnit  Mit 
Cobaltauflösung  befeuchtet  und  geglüht  nehmen  sie  eine  schöne 
blaue  Farbe  an , ausgenommen  Spinell  und  Gahnit 


i . Korund. 

Kryststm  drei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  Combinationen 
des  Rhomboeders  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche ; 2) 
sechsseitige  Säule ; 3)  diese  Form  mit  hinzu  tretenden  Rhombo«. 
flerflächen ; 4)  Hexagondodecaeder  und  mehrere  andere  ver- 
wickelte Combinationen.  Kryst.  M.  mit  körniger  Textur;  dicht, 


112 


Smirgcl. 


Oberfläche  rauh  oder  gestreift.  — Spaltbar  parallel  den  Flachen 
des  Rhomboeders  und  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  Br, 
muschelig  in’s  Unebene.  H.  = 9;  spröde;  sp.  G.  = 3,9.  Glas- 
glanz. Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  für  sicli  unveränderlich , in  Phosphorsalz  langsam, 
aber  vollkommen  löslich;  mit  Cobaltsolution  befeuchtet  und  ge- 
glüht eine  schöne  blaue  Farbe  annehmend;  im  Kolben  kein 
Wasser  gebend  und  in  Säuren  unveränderlich.  — Formel : AI203, 
gewöhnlich  mit  etwas  Kieselerde  und  Eisenoxyd  verunreinigt. 

Arten. 

Saphir . (Syn.  Rubin,  Salamstein,  Lapis  Saphirus,  L.  Rubinus.) 
Kryst.  oft  mit  gewölbten  und  gestreiften  Flächen,  einzeln  ein. 
gewachsen,  häufiger  als  lose  Körner  oder  Geschiebe.  Durch- 
sichtig mit  doppelter  Strahlenbrechung ; zuw  eilen  mit  eigenthüm- 
lichen,  sternförmigen  Scheinen  (Sternsaphire).  Wasserhell; 
blau,  roth,  grün,  gelb,  in  den  verschiedensten  Nüanzen,  aber 
fast  immer  rein.  Bestdth.  nach  Clienevix , a)  des  blauen:  A1203 

92.00,  Si03  5,25,  Fe203l,00;  b)  des  rothen:  A1203  90,0,  Si03 

7.0,  Fe203  1,2. 

Findet  sich  in  Basalten  und  basaltischen  Laven:  im  Siebengebirge  „ 
Niedermennig  3 Frankreich.  Im  Sande  der  Flüsse  und  im  aufgeschwemm- 
ten Boden:  Böhmen,  Sachsen,  Zeylon,  China. 

Saphir  und  Rubin  CCarbunculus)  waren  ehemals  officinell.  Der 
erstere  gehörte  zu  den  fragmentis  lapidum  quinque  pretiosorum.  Der 
Saphir  ist  ein  sehr  beliebter  Edelstein;  unter  diesem  Namen  versteht  man 
die  blauen,  Rubin  ist  die  rothe,  orientalischer  Topas  die  gelbe  und  or. 
Amethyst  die  violblaue  Abänderung,  Schlechte  Stücke  gebraucht  man 
Eum  Schleifen  minder  harter  Steine.  Der  licht-blaue  Saphir  giebt  vor- 
zügliche Linsen  für  Microskope.  Unächte  und  nachgemachte  Saphire  er- 
kennt man  an  der  geringeren  Härte,  den  minder  lebhaften  Farben  und 
Glanz. 

2)  Korund.  (Syn.  Diamantspath.)  Kryst.  rauh,  mit  Feld- 
spathrinden  überzogen , matt , fast  immer  einzeln  eingewachsen. 
Durchscheinend.  Fett-  und  Perlmutterglanz.  Grau  in’s  Grüne, 
Rothe , Violette , Blaue  und  Braune  übergehend.  Bestdth.  nach 
Clienevix:  A1203  86,5,  SiÖ3  7,0,  Fe203  4,0. 

Kommt  eingewachsen  vor  in  Granit,  Glimmerschiefer,  Dolomit:  in 
Piemont,  Russland,  Schweden,  Ostindien,  Baltimore . 

Der  selten  vorkommende  Korund  mit  reinen  Farben  wird  als  Schmuck- 
stein geschliffen ; der  unreinere  dient  zum  Schleifen  der  Edelsteine  und 
Poliren  der  Metalle, 

3)  Smiryel  (Lapis  Smiridis).  Derbe  M.  mit  körniger 
Text.,  auch  dicht;  einzelne  kleine  Parthien  und  eingesprengt. 
Durchscheinend  a.  d.  K. ; schwach  fettglänzend , oft  nur  schim- 
mernd. Bläulich-grau , unrein  Smaltc-blau. 


Spinell. 


113 


Findet  sich  auf  Lagern  talkiger  Gesteine:  Im  Erzgebirge  in  grossen 
losen  Massen,  auf  Naxos , bei  Smyrna,  in  Spanien , England. 

Der  Smirgel  ist  oft  nur  ein  inniges  Gemenge  aus  Korund  und  Mag- 
neteisen. Er  wird  sehr  häufig  verfälscht , indem  man  oft  dafür  die  ver- 
schiedenartigsten Mineralien,  die  etwas  hart  sind,  als  Quarz,  Magnet- 
eisen oder  Schlacken  erhält.  Was  im  Handel  vorkommt  ist  oft  nichts  als 
der  Abfall  geschliffener  Steine.  Er  diente  früher  statt  der  Diamanten 
zum  Glasschneiden,  jetzt  benutzt  man  ihn  zum  Schleifen  von  Glas  und 
Metallwaaren , zum  Poliren  harter  und  zum  Zersägen  weicherer  Steine. 
Der  geschlemmte  Smirgel , mit  Oel  gemengt  auf  Leder  getragen  dient 
zum  Schleifen  und  Abziehen  von  Schneideinstrumenten.  ° 7 


2.  Diaspor. 

(Syn,  Thonerde-Hydrat  ? Eisenschüssiger  Cyanit,  Anthophyllit  z.  Th.) 

Kryststm.  ein-  und  eingliedrig.  Iiryst. ; blättrig-strahlige  M.  — Br. 
uneben.  H.  = 5,5;  spröde;  sp.  G.  = 3,46.  Durchscheinend;  Glasglanz ; 
weiss , gelblich-weiss,  gelblich-braun  durch  zarte  Ueberzüge  von  Eisen- 
oxydhydrat. Angehaucht  einen  starken  Thongeruch  entwickelnd. 

V.  d.  L.  wie  Korund,  aber  im  Kolben  heftig  verknisternd , zu  weis- 
sen  Schuppen  zerfallend  und  viel  Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  Cliil- 
dren : A1203  76,06,  H20  14,70  und  Fe203  7,78  mechanisch  beigemenet. — 
Formel:  A1203  . H20.  ö 

Mit  schlackigem  Brauneisenstein  und  Glimmer  am  Ural  (Ekatherinen- 
burgj  Gänge  im  Urkalkstein  bildend. 

3 . Gibbsit 

Stalaktitische,  röhrenförmige  M.  — H.  = 3,5;  sp.  G.  =2,4.  Durch- 
scheinend , schimmernd.  Weiss  in’s  Graue  und  Grüne. 

Y.  d.  L.  wie  Diaspor,  aber  im  Kolben  nicht  verknisternd  und  von 
Salzsäure  angegriffen  werdend.  Bestdth.  nach  Torrey  X A1203  64,8,  H20 
34,7.  — * Formel:  A1203 . 3H,0. 

Braunsteingrube  in  Massachusets . 


4.  Spinell . 

(Syn.  Talkerde-Aluminat,  Eisenoxydul-Talkerde-Aluminat, 
dodecaedrischer  Korund.) 

Kryststm.  regelmässig-.  Krystf.  1)  Octaeder;  2)  Dodecae- 
der ; 3)  Combinationen  des  Octaeders  und  Dodecaeders ; 4)  des 
Octaeders  mit  dem  Ikositetraeder  und  5)  diese  Form  mit  Dode- 
caederfiächen ; 6)  Zwillinge.  — Schwierig  spaltbar  parallel  den 
Octaederflächen.  Br.  muschelig.  H.  = 8;  spröde;  sp.  G.  =r 
<B,4 — 3,6.  Starker  Glasglanz.  Strich  : weiss  oder  graulich-grün, 

V.  d.  L.  für  sich  unschmelzbar ; mit  Phosphorsalz  (als  Pul- 
ver) leicht  und  vollkommen  zu  einem  von  Eisen  oder  Chrom 
grün -gefärbten  Glase  schmelzbar. 

Geigers  Pharmacie . II.  1,  (2 te  Auß .) 


8 


114 


Gab  ait. 


Arten. 

1)  Rother  Spinell.  Kryst.  glatt , lose , gut  ausgebil- 
det, auch  abgerundet,  Körner.  Durchsichtig  bis  durchscheinend. 
Glasglanz  sehr  lebhaft.  Roth  in  verschiedenen  Nüauzen,  auch 
violett,  pomeranzen-gelb , gelblich-braun.  Bestdth.  nach  Abich: 
A1203  69,01 , MgO  26,21 , Si03  2,02 , mit  Spuren  von  Cr203 , 
FeO,  MnO.  — Formel:  MgO  . Ala03. 

Im  aufgeschwemraten  Lande,  im  Sande  der  Flüsse.  Zeylon,  Pcgu , 
Misore. 

2)  Blauer  Spinell.  Kryst.  stets  eingewachsen ; kryst. 
Körner.  Durchscheinend ; wenig  glänzend.  Blau  in’s  Röthliclie 
und  Graue.  Bestdth.  nach  Abich:  A1203  68,91,  MgO  25,72, 
Si03  2,25 , FeO  3,49 , mit  Spuren  von  MnO.  — Formel  : 
MgO  . A1203. 

Findet  sich  im  körnigen  Kalk:  Schweden  > Mähren;  in  Dolomit: 
Zeylon ; in  glasigem  Feldspath-Gestein  : Laaclier  See  , Vesuv. 

3)  Pie  onast.  (Syn.  Schwarzer  Spinell  , Zeylanit  , Candit.) 
Kryst.  zuweilen  rauh,  mit  Eisenocker  oder  silberweissem  Glimmer 
überzogen ; einzeln  ein- , auch  aufgewachsen , häufig  drüsig  ver- 
bunden. Durchscheinend  , oft  undurchsichtig.  Sammetschwarz  , 
bläulich-  oder  grünlich-schwarz.  Bestdth.  nach  Abich:  A1203 
66,89,  MgO  23,61,  Si03  1,23,  FeO  8,07.  ( Plattner  und  Breit- 
haupt konnten  kein  FeO , wohl  aber  UO  darin  entdecken.)  — 
Formel : [MgO,  FeO].  A1203.  • 

Im  grobkörnigen  Kalk  von  besonderer  Grösse  : New- York ; ferner 
auf  Zeylon , in  Tyrol  Baiern,  Mähren;  in  vulkanischen  Aufwürflingen 
am  Vesuv 

Im  Handel  kommen  oft  geglühte  Amethyste  und  schöne  Granaten  als 
Spinelle  vor,  die  aber  minder  reine  Farbe  besitzen  und  weicher  sind. 
Ehemals  wurde  der  Spinell  als  Rubin  im  Arzneischatz  gebraucht.  Als 
Edelstein  ist  er  sehr  geschätzt,  wenn  er  lebhafte  Farben  besitzt  und 
erhält  dann  verschiedene  Namen ; so  heisst  der  hoch-rothe  Rubin-Spinell , 
der  blass-rothe  Rubin- Baiais , der  gelblich-rothe  RubicelL  und  der  in's 
Blaue  spielende  Almadin. 

5.  Gahnit. 

(Syn.  Zinkoxyd  - Aluminat,  Automolit,  octaedrischer  Korund.) 

Kryststm.  regelmässig  Krystf  Octacder.  Kryst.  oft  rauh  , bedeckt 
mit  Glimmerblättchen  oder  dünner  Blenderinde ; einzeln  eingewachsen , 
derb;  rundliche  Körner.  — • Br.  muschelig.  H.  = 7,5;  spröde;  sp.  G.  = 
4,4.  Oft  a.  d.  K.  durchscheinend.  Aussen  Glas-,  im  Bruche  Fettglanz. 
Schwärzlich-grün  in’s  Blaue.  Strich : weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar.  Mit  Soda  auf  Kohle  in  der  innern  Flamme 
einen  ringförmigen  Zinkbeschlag  gebend ; in  Borax  und  Phosphorsalz 


Quarz. 


115 


beinahe  , in  Säuren  vollkommen  unauflöslich.  Bestdth.  des  schwedischen 
nach  Abich:  A1>03  55,14,  ZnO  30,02,  MgO  5,25,  $i03  3,84,  FeO  5,85. 
Plattner  konnte  kein  FeO , dagegen  6 — 8 p.  C.  UO  darin  finden.  — 
Formel  : [MgO,  ZnO],  AI,03. 

Im  Talkschiefer:  in  Schweden ; mit  Augit,  Kalkspath  und  Quarz:  in 
New-Jersey. 

6*.  Bleigummi. 

(Syu.  Bleioxyd-Aluminat ) 

Nierenförmige  und  traubige  Massen  von  faseriger  Textur.  — Br. 
muschelig  H.  — 5;  sp.  G.  = 6,4.  Durchscheinend;  glänzend.  Gelblich 
und  röthlich  braun. 

Y.  d.  L.  undurchsichtig  werdend;  halb  schmelzbar;  mit  Soda  redu- 
zirbar.  Bestdth.  nach  Berz.  : Al, 03  37,00,  PbO  40,14,  H20  18,20.  Mit 
Spuren  von  S02,  CaO,  Fe203  , Mn203 , Si03. 

Mit  andern  Bleierzen  in  der  Bretagne. 


GRUPPE  III.  KIESELERDE  UND  KIESELERDEHYDRAT. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  zeichnen  sich  besonders  aus 
durch  ihr  Verhalten  v.  d.  L. , indem  sie  unschmelzbar  sind , von 
Soda  und  Borax  leicht  aufgelöst  werden  und  in  Phosphorsalz 
und  Säuren  unauflöslich  sind.  Sie  sind  häufig  unkrystallisirt ; 
die  krystallisirten  gehören  zum  drei-  und  einaxigen  Systeme; 
haben  muscheligen  oder  splittrigen  Bruch,  bedeutende  Härte, 
indem  sie  am  Stahle  Funken  geben  und  den  Feldspath  ritzen, 
aber  vom  Topas  geritzt  werden.  Glas-  bis  Fettglanz.  Beim 
Aneinanderreiben  zweier  Stücke  phosphorescirend. 

i.  Quarz. 

(Syn.  Rhomboedrischer  Quarz.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  Hexagondodecae- 
der ; 2)  Combination  der  sechsseitigen  Säule  mit  dem  Hexagon- 
dodecaeder ; 3)  selten  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche ; 4) 
Rhomboeder ; Zwillinge.  Kryst. ; kryst.  und  derbe  M. ; einge- 
sprengt; Körner;  Kryst.  meist  glatt,  die  Säulenflächen  häufig 
horizontal  gestreift.  — Unvollkommen  spaltbar  parallel  den  Flä- 
chen des  Hexagondodecaeders  und  der  sechsseitigen  Säule.  Br. 
muschelig.  H.  = 7 ; spröde ; sp.  G.  = 2,63 — 2,65.  Durchsich- 
tig bis  undurchsichtig.  Doppelte  Strahlenbrechung.  Glas-  bis 
Fettglanz.  Wasserhell;  weiss  und  fast  in  allen  Farben.  Durch 
Aneinanderreibung  zweier  Stücke  phosphorescirend ; am  Stahle, 
unter  Entwickelung  eines  brenzlichen  Geruches,  Funken  gebend. 
Durch  Reibung  positiv  electrisch , durch  Erwärmen  polarisch 
electrisch  werdend. 


116 


Amethyst 


V.  d.  L.  unschmelzbar ; mit  Natron  zu  klarem  Glase  schmel- 
zend ; in  Phosphorsalz  mit  Säuren  unauflöslich;  im  Kolben  kehl 
Wasser  gebend.  Bestdth.1  Si  48,72,  0 51,28.  — Formel:  SiOj. 
Oft  etwas  AI2O3,  Fe203  und  M112O3  enthaltend. 

Arte  n. 

1)  B erg  kry  stall.  (Syn.  Marmaroscher  Diamant,  edler 
Quarz,  Crystallus  montana.)  Kryst.  oft  von  bedeutender  Grösse, 
selten  eingewachsen  , oft  auf  vielartige  Weise  zu  schönen  Grup- 
pen verbunden;  Geschiebe  (Rheinkiesel).  Gewöhnlich  durch- 
sichtig. Senkrecht  gegen  die  Hauptaxe  geschnittene  Platten  zei- 
gen farbige  Ringe  im  polarisirten  Lichte ; starker  Glas-  bis 
Fettglanz.  Wasserhell  oder  weiss  im  reinsten  Zustande ; in  fast 
alle  Farben  übergehend ; weingelb  (Citrin,  böhmischer  Topas), 
gelblich-  bis  nelkenbraun  (Rauchtopas),  pechschwarz  (Morion), 
zuweilen  schliesst  er  haarförmige  Krystalle  von  Amianih  und 
andere  Mineralien  ein  (Haar-  oder  Nadelsiein)  oder  Glimmer-, 
Chlorit-,  Silberblättchen,  selten  bewegliche  Wassertropfen  (Elba, 
Schemnitz). 

Findet  sich  auf  gangartigen  Weitungen  abnormer  Gebirgs-Gesteine , 
in  sogenannten  Kristall-Gewölben  oder  Kry  stall-  Keller  n ; in  Drusenräu- 
men und  auf  Gangen  als  Begleiter  mannigfacher  Erze;  eingewachsen  in 
Porphyr,  Gyps ; als  Geschiebe  in  vielen  Flüssen;  ausgezeichnet  durch 
Grösse  und  Schönheit  in  den  Schweizer-  , Tyroler-  und  Salzburger- Alpen, 
in  Madagascur , Zeylcn , Brasilien.  Am  Paradiesflusse  in  Nova-Scotia 
sind  neuerdings  Krystalle  von  90  bis  120  Pfund  und  früher  einer  in  der 
Schweiz , der  8 Centner  wog,  gefunden. 

Der  Bergkrystall  war  früher  officinell.  (Um  ihn  pulvern  zu  können 
muss  er  durch  Glühen  und  Ablöschen  mürber  gemacht  werden).  Er  wird 
häufig,  besonders  der  Rheinkiesel,  geschliffen  und  als  Schmuckstein  be- 
nutzt; auch  macht  man  Pettschafte  , Gemmen,  Dosen,  Krön-  und  Arm- 
leuchter, so  wie  Vasen  und  Reibschalen  daraus.  Endlich  bereitet  man 
aus  demselben  die  feinsten  Glasflüsse  und  sucht  durch  Versetzung  mit 
verschiedenen  Metalloxyden  die  farbigen  Edelsteine  nachzuahmen. 

2)  Amethy  st  (Lapis  amethy  stus).  Häufig  kryst.,  sel- 
ten zur  Säule  ausgebildet;  drüsig  verbunden;  keilförmig,  stänge- 
lig  abgesondert , zuweilen  sternförmig  auseinanderlaufend : derb 
und  in  Geschieben.  Vioiblau,  auch  grau  in’s  Nelkenbraune. 
Bestdth.  nach  Rose:  Si03  97,50,  Al2O3  0,25,  Fe203,  M112O3  0,75. 

Kommt  auf  Gängen  im  Porphyr  vor:  Ungarn , Erzgebirge,  Harz , 
Steyermarh  3 Schlesien , England ; in  Blasenräumen  vulkanischer  Mandel- 
steine, in  Achatkugeln:  Oberstein.  Sehr  schön  als  Geschiebe:  Zeylon , 
Spanien. 

Man  brauchte  ihn  früher  als  Arzneimittel  und  trug  ihn  als  Amulet 
zum  Schutze  gegen  Gifte  und  Trunkenheit.  Den  schön  gefärbten  schleift 
man  zu  manchen  Gegenständen  des  Schmucks,  auch  zu  erhaben  und 
vertieft  geschnittener  Arbeit. 


CltaLzedon. 


117 

8)  Gern  einer  Quarz.  After-Krystalle  und  Ueberzüge 
nach  Fluss-,  Kalk-,  Baryt-  und  Gypsspath formen  und  über 
Bl  eiglanz- Würfel ; derb,  traubig,  nierenförmig  , stalaktitisch, 
zellig , zerfressen , mit  Eindrücken  , in  Platten , eiügesprengt , 
in  Geschieben,  Körner  und  als  Sand  , mit  theils  körniger,  theils 
schaliger  Textur.  — Br.  splittrig  in’s  Ünebene,  oft  nur  a,  d.  K. 
durchscheinend.  Weiss  , grau,  grün  r roth,  braun,  blau  in  ver- 
schiedenen Nüanzen.  Bestdth.  nach  Bucholz  : Si03  97,75, 
AJ203  0,50,  H20  1,00. 

Gan?  allgemein  yerbreitet  als  selbstständiges  Gestein  (Quarzfels), 
oder  als  wesentlicher  Gemengtheil  vieler  Felsarten;  ferner  auf  Gängen 
und  Lagern,  als  Geschiebe  und  Sand  in  den  Diluvial-  und  AUuvial- 
Ablagerungen. 

Er  wurde  ehedem  wie  der  Bergkry  stall  als  Arzneimittel  benutzt. 
Seine  älteste  und  wichtigste  Anwendung  ist  die  zur  Bereitung • des  Glases, 
Porzellans,  Wasserglases,  Steinguts,  Töpferwaare  , derSmalte.  Auch  dient 
er  als  flussbeförderndes  Mittel  bei  manchen  kalkhaltigen  Erzen ; zu  Mühl-,, 
selten  zu  Bausteinen.,  zu  Reib- , Glätte-  und  Pflastersteinen  u.  s.,  w. 

Als  Varietäten  des  gemeinen  Quarzes  führen  wir  hier  an  : 1)  den 

Rosen-  oder  Milchquarz;  derb,  rosenroth  in’s  Graue.  (Der  von 
B abenslein  bei  Zwisel  enthält  nach  Fuchs  1 bis  1 */,  p C.  Tiö,  — 2) 

S ap  h ir  qu  a r z (SideritJ  ; derb,  indigo-  und  berliner-blau.  — 3)Stink- 
q u a rz;  derb , grau,  beim  Zerschlagen  einen  unangenehmen  Geruch  ent- 
wickelnd. — 4)  Schillerquarz  (Katzenauge);  derb,  mit  faseriger  Text, 
von  Amianth  durchweht,  grau,  grünlich-grau,  braun  und  gelb-roth  mit 
einem  eigenthümlichen , beweglichen  Lichtscheine.  Bestdth.  nach  Klapr.i 
Si0.3  94,50,  At*03  2,00,  CaO  i ,50-  — 5)  Pra.sem:  kryst.  und  derb; 
lauch-grün,  mit  Strahlstein  (lurchwebt  oder  verschmolzen.  - — 6)  Faser- 
quarz; derb,  in  Platten  mit  feinfaseriger  Textur.:  Weiss  in’s  Graue  und 
Rothe.  — r 7 ) Aventurin;  Kryst.;  derb,  braun,  roth , mit  gelbschim- 
mernden.  Sprüngen  und  zuweilen  beigemengten  Glimmerblättchen.  — • 8) 
Eisenkies  el^  kryst.  und  derb  , mit  rothem  oder  braunem  Eisenocker 
innig  gemengt,  roth,  gelb  oder  braun.  — 9)  Fulgurite  (Blitzröhren  t 
Blitzsinter Durch  das  Einschlagen  des.  Blitzes  ia  Sand  gebidclete , oft 
sehr  lange  und  ästige  Röhren,  von  verschiedener  Dicke,  aussen  mit  zacki- 
gen Hervorragungen  , innen  mit  Glasfluss  überzogen,  kleintraubig,  porös 
von  graugelber  Farbe.  Finden  sich:  Senner  Heide  im  Lippischen , am 
Harz  , England Egypten . 

4)  Chalze  don  (Lapis  chalzedonius).  Kryst.  in  der 
Grundform;  After-Krystalle  nach  Kalk-,,  Baryt-  und  Flussspath- 
Gestaiten;  tropfsteinartig , traubig' , nierenförmig',  derb,  Platten, 
stmnpfeckige  Stücke  und  Geschiebe,  auch  als  Versteinerungs- 
mittel.  Halbdurdisichtig  bis  durchscheinend.  Wenigglänzend  bis 
matt.  Weiss,  grau,  blau,  grün  (Plasma),  gelb,  roth,  braun", 
schwarz,  gewölkt,  gedeckt  oder  gestreift  (Onyx),  zuweilen  mit 
baumförmigen  Zeichnungen  (Molikastein).  Bestdth.  nach  Gylon: 
Siö3  86,08 , A1203  4,11,  CaO  4,16 ; Fe203  7,63. 

Häufig  verbreitet  als  Ausfüllung  der  Blasenräume  in  Mandelsteinen: 
Oberstein  t Baden,  Island;  auf  Gängen  in  Porphyr,  Diorit:  Ungarn  r 
Sachsen;  auf  Erzgängen:  Siebenbürgen , Sachsen  u.  a,  a.  0. 


118 


Jaspis. 


Varietäten  des  Chalzedons  sind:  1)  Karneol  (Lapis  Carneolus  , 

Sardonius,  SardaJ ; derb,  wachsglänzend,  blut-roth  in  s braune  und 
Gelbe.  Am  schönsten  als  Geschiebe  im  Orient,  Arabien.  Nach  Gaulihier 
de  Claubrys  Untersuchungen  verdankt  der  Karneol  seine  Farbe  einer  or- 
ganischen Substanz.  — 2)  Heliotrop;  derb,  fettglänzend , grün,  mit 
rothen  Punkten.  — 3)  Chrysopras:  derb  und  in  Platten,  durchschei- 
nend ; fettglänzend,  durch  Nickeloxyd  apfel-grün  gefärbt;  in  Schlesien, 
(Der  llaytorit  von  den  Magneteisenstein-Gängen  in  Devonshire  ist  ein 
Clialzedon  in  Afterkry stallen  nach  Datholith-Gestalten.  Bestdth.  nach 
Wähler:  98,5  Si03 , 0,2  Fe^tF,,  Glühverl.  0,5.) 

Man  verfertigt  aus  dem  Clialzedon  Reibschalen  und  Reibsteine  u a. 
G.  Der  Karneol  war  ehedem  ein  Arzneimittel  und  gehörte  zu  den  frag- 
mentis  lapidum  quincjue  pretiosorum ; er  wird  wie  die  beiden  andern 
Varietäten  zu  Bijouterie-Steinen  verarbeitet. 

5)  Feuerstein.  Rundliche  M.  und  knollige  Stücke, 
Platten  , derb , als  Geschiebe  und  Versteinerungsmittel.  Durch- 
scheinend a.  d.  K.  Grau  in’s  Gelbe,  Braune  und  Schwarze, 
zuweilen  geheckt  oder  geflammt.  Bestdth.  nach  Klapr. : Si03 
98,00,  A1203  0,25,  CaO  0,50 , Fe2Ö3  9,25,  H20  1,00. 

Findet  sich  im  Kreide-  und  im  jüngern  Kalk-Gebirge  , in  lagenweise 
vertheilten  runden  Massen,  oder  als  dünne  Schichten:  Insel  Rügen , 
Nord- Deutschland , Dänemark , Champagne  , Siid-Englancl ; auch  als 
Geschiebe:  Würtemberg  , Spanien. 

Der  Gebrauch  des  Feuersteins  und  seine  Unentbehrlichkeit,  beson- 
ders in  frühem  Zeiten , sind  hinreichend  bekannt.  Percussions-Schlösser 
und  Zündapparate  aller  Art  haben  seine  Anwendung  in  neuerer  Zeit  sehr 
beschränkt.  Im  gepulverten  Zustande  wurde  er  früher  auch  als  Reiz- 
mittel der  Haut  in  der  Mediciri  gebraucht.  Man  benuzt  ihn  ferner  bei 
Bereitung  des  Flintglases,  des  Steinguts,  zu  Polir-  und  Glättsteinen,  zu 
Möfser  und  Reibschalen.  (Der  Schwimmstein  ist  ein  verwitterter  Feuer- 
stein , umhüllt  den  letztem,  ist  knollig,  nierenförmig,  porös.) 

6)  Hornstein  (Lapis  corneus).  After-Krystallc  nach 
Kalkspathformcn , kugelig , tropfsteinartig,  derb,  als  Yersteine- 
rungsmittel.  A,  d.  K.  durchscheinend.  Matt  oder  schimmernd. 
Grau  , gelb  , roth  , braun  , grün.  Bestdth.  nach  Klapr. : Si03 
98,25,  A1203  0,75  , Fe203  0,50,  H20  0,50. 

Auf  Gängen  im  altern  Gebirge  und  manche  Erze  führend  : am  Harz , 
Rühmen,  Erzgebirge  ; als  Kugeln  in  Kalksteinen:  Baiern,  Baden.  — 

Her  Holzstein  im  alten  Sandsteine  und  im  aufgeschwemmten  Boden : 
Frankfurt , Thüringen , Ungarn,  Sibirien. 

Man  benutzt  den  Hornstein  wie  Quarz,  Feuerstein  und  Chalzedon  ; 
er  macht  einen  Bestandtheil  der  Schmelztiegel  aus,. 

7)  Jaspis  (LapL:  jaspidis).  Derb,  eingesprengt,  in  Ge- 
schieben. Wachsartig-schimmernd  his  matt.  Roth,  braun,  schwärt', 
selten  grün;  die  Farben  in  geraden  oder  getrödenen  Streifen 
wechselnd  (Banddasvfyj.  Rundlich^  Stücke  , mit  ringförmigen 
Zeichnungen,  welche  dch  um  einen  Kern  schliessen  (Kugel- 
Jaspis , egyjjtischer 


Opal. 


119 


Der  Jaspis  kommt  auf  Gängen  mit  verschiedenen  Erzen  vor  : Sach- 
sen, Böhmen , Tyrol , Frankreich  , Sibirien;  der  Band-Jaspis  am  aus- 
gezeichnetsten in  Sibirien-,  auch  in  Böhmen , Tyrol , Ungarn.  Id  er  Kugel- 
Jaspis  im  Bohnerz  in  Baden , als  Geschiebe  in  Egypten. 

Ehemals  wurde  auch  der  Jaspis  als  Arzneimittel  angewandt.  Jetzt 
verarbeitet  man  ihn  zu  verschiedenen  Geräthschaften , auch  zu  Reibscha- 
len , Probirsteinen,  Vasen  u.  s.  w. 

Anhang. 

Achat  ist  ein  Gemenge  mehrerer  Quarzarten,  besonders  von  Ame- 
thyst , Chalcedon  , Jaspis  und  Hornstein  , die  in  Lagen  miteinander  ver- 
bunden sind.  Man  unterscheidet  nach  der  Zeichnung  und  dem  Verbunden- 
sein : Band-  (Onyx),  Feslungs-  , Wolken-  , Moos-,  Trümmer Punkt-, 
Korallen- Achat  u.  s.  w.  Er  kommt  auf  Gängen  vor  im  Gneis  und  Por- 
phyr, als  Ausfüllungsmasse  der  Blasenräume  in  Mandelsteinen  : Oberstein  , 
Baden , Sachsen , Ungarn,  Sibirien. 

Ehemals  brauchte  man  den  Achat  in  Pulverform  als  Arzneimittel; 
jetzt  werden  besonders  schöne  Geräthschaften,  als  Mörser,  Reibsleine, 
Tischplatten  u.  a.  G.  daraus  gefertigt. 

8)  Kie  s els  eine  f er  (Lydischer  Stein , Lapis  lydius , 
Probierstein).  Dichte  M.  Schwarz  iiTs  Graue  und  Grünliche. 
Enthält:  Kieselerde,  Thonerde,  Kalkerde,  Eisenoxyd  und  Kohle 
eingemengt. 

Er  findet  sich  auf  Lagern  im  Thonschiefer-,  Grauwacke-  und 
Uebergangskalk-Gebirge  , auch  als  Geschiebe  im  Alluvium  : Baiern , Sach- 
sen, Harz , Schlesien , Ungarn,  Hessen. 

Man 'benutzt  den  dichten  schwarzen  zu  Probiersteinen  für  Gold  und 
Silber,  als  Wetz-  und  Reibstein,  als  Pflaster-  und  Baustein,  besonders 
heim  Wasserbau. 

2 . Opal. 

(Syn.  untheilbarer  Quarz.) 

Nicht  kryst. ; derbe,  glasartige  M.  von  verschiedener  Ge- 
stalt. — H.  = 5,5 — 6,5;  sehr  spröde;  sp.  G.  = 2,0 — 2,2. 
Glasglanz , zuweilen  fettartig.  Wasserhell , weiss  und  in  ver- 
schiedenen Farben.  Phosphorescirt  im  Dunkeln  beim  gegenseiti- 
gen Reihen. 

V.  d.  L.  unschmelzbar , zerknisternd  , trübe  und  glanzlos 
werdend;  in  Borax  zu  klarem  Glase  lösbar.  Im  Kolben  Was- 
ser gehend. 

( Forchhammer  glaubt,  dass  man  für  die  Opale  eine  verschiedene 
Zusammensetzung  anuehmen  müsse.  Einige  sind  übersaure  Silicate  von 
MgO  , CaO , KO  und  NaO ; andere  sind  reine  Hydrate  der  Kieselerde. 
Beide  rühren  von  der  Zersetzung  des  Feldspaths  her,  die  im  ersten  Falle 
durch  Wasser  von  hoher  i emperatur  bewirkt  wird.  Diese  gehören  der 
Trappformation  an  und  ihre  Bildung  ist  analog  der  Ausscheidung  von 
Kieselerde  aus  auflöslichen,  kieselsauren  Alkalien;  oder  der  Bildung 


120 


Gemeiner  Opal. 


des  Kieselsitfters  in  der  Natur.  Alle  Opale,  welche  reine  Hydrate  der 
Kieselerde  darstellen,  gehören  der  Trachvtformation  an,  wo  sie  mit 
Alaunstein  Vorkommen.  Ihre  Bildung  ist  bedingt  durch  Entwickelung  von 
Schwefelsäure  aus  dem  Trachvt  u&d  Einwirkung  derselben  auf  den  Feld- 
spath , also  analog  mit  der  Zersetzung  kieselsaurer  Alkalien  durch  Säuren. 
Poggend.  Ann.  Bd.  35.) 

Arten. 

1)  Edler  Opal,  Derb  und  eingesprengt.  Br.  muschelig. 
Halbdurchsichtig.  Starkglänzend.  Milchweiss , gelblich , bräun- 
lich und  lebhaft  in  grün  , roth , blau  u.  s.  w.  spielend  und  fast 
alle  Farben  der  Edelsteine  in  sich  vereinigend.  Bestdth.  nach 
Klapr.:  Si03  90.  H20  10. 

Kommt  in  trachytischem  Trümmer-Gesteine  auf  nicht  weit  gestreck- 
ten Gängen  und  Adern,  oder  nesterweise  vor:  Ungarn , America.',  einge- 
wachsen un'cl  eingesprengt  in  Dolerit : Frankfurt  a , M. ; in  Porphyr : 
Sachsen ; im  Mandelstein  der  Wacke:  Färöer . 

2)  F eue  r-Op  ah  Derb.  Br.  muschelig.  Durchsichtig. 
Starkglänzend.  Hyacinthroth  in’s  Honig-  und  Weingelbe,  an  lich- 
teren Stellen  irisirend ; karminroth  und  apfelgrün ; zuweilen 
baumförmige  Zeichnungen  umschliessend.  Bestdth.  nach  Klapr,: 
Si03  92,00,  H20  7,7 5,  Fe203  0,25. 

Findet  sich  in  trachytischem  Porphyr:  Mexico ; im  Mandelsteine 
Färöer. 

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3)  Jlyalith.  Traubig,  nierenförmig,  tropfsteinartig , als 
Ueberzug.  Br.  muschelig.  Durchsichtig.  Wasserhell;  auch  weiss 
in’s  Gelbe,  Graue  und  Rothe.  Bestdth.  nach  Bucholz:  Si03 
92,00,  H20  6,33,  A1203  Spur. 

Kommt  in  Blasenräumen  basaltischer  Gesteine  vor:  Welterau,  Kai- 
ser Stuhl , Böhmen  , Ungarn , Ischia  , Mexico. 

4 ) Gemeiner  Opal  (Wachsopal , Pecliopal).  Derb, 
eingesprengt , selten  stalaktitisch.  Br.  muschelig.  Durchscheinend 
bis  Halbdurchsichtig.  Starkglänzend.  Milchweiss  in’s  Gelbliche, 
Röthliche  und  Grünliche;  gelb  und  grün  in  verschiedenen  Ab- 
stufungen ; die  weissen  Abänderungen  zuweilen  in  rotheii  und 
blauen  Farben  spielend,  jedoch  immer  nur  in  einer.  Bestdth. 
nach  Klapr.:  Si03  93,5,  H20  5,0,  Fe203  1,0. 

Kommt  auf  Gängen  und  in  denselben  Felsarten  vor,  wie  der  edle 
Opal  : Ungarn,  Sachsen;  in  Serpentin:  Schlesien • im  Mandelsteine:  Fä- 
röer , Island. 

Das  Wellauge  ( Hydrophan ) ist  edler  oder  gemeiner  Opal,  der  durch 
eigenthümliche  Verwitterung  sein  Wasser  und  dadurch  Glanz  und  Durch- 
sichtigkeit verloren  hat.  In  Wasser,  geschmolzenes  Fett,  Wachs,  Wall- 
rath u.  s.  w.  geworfen , saugt  er  dasselbe  unter  Entwickelung  vieler 


Kieseltuff. 


121 


Luftblä  sehen  ein,  und  gewinnt  seine  früheren  Eigenschaften  wieder.  Man 
findet  dasselbe  im  Porphyr-Gebirge  bei  Seliz  in  Sachsen. 

5)  Halb  op  al.  Derb,  After  - Krystalle  nach  Kalkspath- 
formen,  als  Versteineruiigsmittel  von  Holztheilen  (Holzopal) , 
oft  noch  mit  deutlicher  Holztextur , erkennbaren  Jahresringen, 
Astansätzen  u.  s.  w.  Br.  flachmuschelig  in’s  Ebene,  Nur  a.  d.  K. 
durchscheinend.  Wachsgläiizend,  Weiss  in’s  Gelbe,  Grüue,  Graue, 
Rothe  und  Braune;  zuweilen  in  gestreiften  Zeichnungen.  Bestdth. 
nach  Klapr Si03  85,00,  HaO  8,00,  Pea03  1,75,  Ala03  3,00, 
Kohle  1,33. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Dolerit:  bei  Hanau ; in  Porphyr-Gestei- 
nen : Ungarn.  — Der  Holzopal  vorzüglich  schön  in  Ungarn  und  im  Sie- 
le ngebir ge  am  £thein 

6)  Menilith.  Knollig,  liieren-  oder  plattenförmig.  Br. 
flachmuschelig.  A.  d.  K.  höchstens  durchscheinend.  Wenig  glän- 
zend, aussen  matt.  Kastanienbraun,  gelblich-grau ; aussen  oft 
blau.  Bestdth.  nach  Klapr.:  Si03  85,50,  H20  11,00,  FeO  0,50, 
A1203  1,00,  CaO  0,50. 

Eingewachsen  in  Klebschiefer:  Menil-le-Montant  bei  Paris . 

7)  Kascholong  (Perlmutter opal).  Derb  oder  als  Ueber- 
zug.  Br.  flachmuschelig.  Wenig  perlmutterglänzend  bis  matt. 
Milchweiss  in’s  Rothe  und  Gelbe. 

Kommt  wie  der  Chalzedon  vor  und  wechselt  mit  diesen  oft  in  dün- 
nen Lagen:  Island , Grönland ; im  Brauneisenstein:  in  Kärnthen . 

8)  Jasp  opal  (Opaljaspis).  Derb,  eingesprengt , sta- 
laktitisch, knollig  und  plattenförmig.  Br.  flachmuschelig.  Stark 
fettglänzend.  Grau,  gelb,  roth  und  braun.  Bestdth.  nach 
Klapr.:  Si03  43,5,  H20  7,5,  Fe2Oa  47,0. 

Findet  sich  in  trachytischem  Trümmer-Gestein : in  Ungarn , Sachsen. 

9)  Kieseltuff  (Kieselsinter , Fiorit).  Tropfsteinartig , 
zackig  und  in  porösen  M.  Derb;  als  Ueberzug  von  Pflanzen- 
stengeln und  Blättern , aussen  uneben  und  rauh.  Durchscheinend 
bis  undurchsichtig ; schimmernd  oder  matt.  Weiss  in’s  Graue  und 
Röthliche.  Bestdth.  des  vom  Geyser  nach  Kersten:  Si03  94,01, 
AI203  1,90 , I120  4,0 , CI  und  Fe203  Spuren. 

Kommt  als  Absatz  heisser  Quellen  vor:  Island  s Santa  fiore . Tsch.ia , 
Böhmen.  (Sehr  interessant  sind  die  neuesten  Untersuchungen  Ehren- 
berg3s , wonach  der  Kieselguhr  von  Franzensbad  ganz  aus  den  Panzern 
eines  Infusionsthierchens,  der  Navicula  viridis , besteht;  ebenso  besteht 
der  Kieselguhr  von  Isle  de  France  und  das  Bergmehl  von  Santa  fiore 
ausschliesslich  aus  verschiedenen  Arten  von  Infusorien.) 

Den  edlen  Opal  gebrauchte  man  ehemals  als  Arzneimittel.  Er  ist 


122 


Tripel. 


seines  prachtvollen  Karbenspiels  wegen  als  Edelstein  «ehr  geschätzt  Die 
rothspielenden  sind  die  kostbarsten.  Der  Feueropal  wird  auch  zu  Schmuck- 
sachen benutzt,  so  ebenfalls  der  gemeine  Opal , dessen  Pulver  zurnPoliren 
mancher  Edelsteine  dient.  Aus  dem  Halbopal  verfertigt  man  Ringsteine 
u.  s.  w.  und.  aus  dein  Holzopal  schneidet  man , besonders  in  Wien , 
Dosenstücke.  Den  Jaspopal  verarbeitet  rnan  in  der  Türkei  zu  Säbel-  und 
Dolchgriffen  und  aus  dem  Kascholong  sollen  die  Kalmücken  ihre  Götzen- 
bilder und  mancherlei  Hausgerüthe  verfertigen. 

(Den  Halbopal  von  Bilin  fand  Ehrenberg  theils  ganz  aus , durch 
eju  geringes,  kieseliges  Cement  vereinigte,  Infusorien  bestehend,  theils 
führt  er  einzelne  grössere  Infusorienforinen  so  in  sich  eingesclilossen , 
wie  die  Insekten  im  Bernstein.  Die  Thierchen  gehören  der  Infusorien- 
Gattung  Gailonella  an;  ähnlich  verhielten  sich  Halbopale  von  mehreren 
anderen  Fundorten,  mehrere  heller  gefärbte  Feuersteine  der  Kreide,  der 
gemeine  Opal  aus  Schlesien  und  der  edle  Opal  von  Kaschau.  S.  Poggend. 
Ann.  Bd.  38.  St.  2.  p 455.  u.  s.  w.) 


Anhang. 

P oliv s chief er.  Derbe  M.  Text,  gerad-  und  dünnschie- 
ferig. Querbr.  feinerdig.  — H.  =»  1 — 2;  zerreiblich,  milde;  sp. 
G.  — 0,6 — 0,8.  Undurchsichtig.  Matt.  Weisslicligelb  in’s  Graue. 
Mager  anzufühlen.  Wenig  abfärbend,  wenig  an  der  Zunge  hän- 
gend. Das  Wasser  stark  einsaügend. 

Glilt.  nach  Bucholzi:  Si0379,0,  H2O14,0,  Fe2034,0,  A1203 
CaO  1,0. 

Kommt  in  Lagern  in  der  Nähe  von  Steinkohlenflötzen  vor:  Böh- 
men (Bilin) , Sachsen  (Planitz^,  Hessen  (Cassel),  Auvergne. 

Wird  unter  dem  Namen  Silber-  oder  BläLtertrippel  zum  Poliren  der 
Metalle  gebraucht. 

Es  ist  dieser  Polirsehiefer  in  neuester  Zeit  besonders  interessant 
geworden  durch  E h r e n b e r g's  .microskopische  Entdeckungen,  nach  de:  m 
er  ganz  und  allein  aus  den  Kieselpanzern  von  Infusorien  besteht.  Den 
Polirsehiefer  von  Bilin  bildet  der  Hauptmasse  nach  Podosphenia  nana  Ebrb ., 
dann  eine  neue  Art  der  Gttg.  Gailonella  , eine  Navicula  und  Baccillaria. 
Die  IdnerfLen  liegen,  dicht  gedrängt  , haben  im  Mittel  die  Grösse  von 
yiss  h inie.  Nach  Berechnungen  liegen  in  einer  Cubiklinie  ohngefahr  23 
Millionen,  und  ein  Gran  würde  187  Millionen  enthalten. 

Oer  Saugschiefer  von  Bilin  ist  den  mikroskopischen  Untersuchungen 
zufolge  offenbar  nur  ein  Polirsehiefer,  dessen  Infusorienschalen  durch 
formlose  Kieselmassen  so  erfüllt  sind , wie  es  leere  und  volle  fossile 
Muscheln  giebt.  Eben  so  fand' Ehr enb  e rg  den  Saugschiefer  allmählig 
in  llalbopal  übergehend , indem  die  Cementinasse  auf  Kosten  der  ln- 
fusorieüschalen  zugenommen  und  die  kleinen  Schalen  an  Menge  und 
Schärfe  der  Umrisse  abgenonimen  haben.  (Poggend.  Annal.  Bd.  38.  St. 
1 und  2.) 

Tripel  (Lapis  tripolis , Terra  tripolüana).  Derbe  M. 
Br.  muschelig  bis  erdig.  — II.  = 2,5;  sp.  G.  = 2,02.  Undurch- 
sichtig. Matt.  Gelblichgrau,  weiss,  gelb.  Strich:  weiss.  Mager 
iUizibühid’U.  Pacht  an  der  feuchtem  Lippe  hängend. 


Wollastonit. 


12ä 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  sich  weiss  brennend;  in  Borax  auf- 
lösbar. Ghlt.  des  Tr.  von  Ronneburg  nach  Rucholz : Si0331,<V 
A1203  1,50,  H20  4,55,  FejOs  8,00,  S03  3,45. 

Kommt  auf  Lagern  im  Flütz-Gebirge  mul  im  Diluvium  vor:  Ungarn 
(Raussnitz , Prag)  , Sachsen  ( Dresden , Ronneburg),  Baiern  ('Arnberg}, 
Baden  (Pforzheim J , Schweiz,  Frankreich,  Derby  shire  , Corfu  , Tripolis . 

Ehemals  wurde  der  Tripel  äusserlich  als  Streupulver  benutzt.  Jetzt 
dient  er  zum  Poliren  von  Metallen,  Steinen;  mit  Roth  eisen  stein  verbun- 
den zur  Politur  optischer  Gläser.  Auch  verfertigt  man  aus  Tripel  kleine 
Formen,  um  Metallwaaren  darin  zu  giessen.  Als  Surrogate  - des  Tripels 
erhält  man  häufig  Gelberde,  manche  erdige  Mergel,  verschiedene  Kalk- 
steine (der  sogenannte  MeJilbaz)  aus  der-  Gegend  vo#  zersetzten 

Schieferthon.  In  den  andern  als  oben  genannten  Tripel - Sorten  des 
Handels  fapd  Ehrenb.  keine  Infusorien. 


GRUPPE  IV.  SILICATE  VON  EINER  BASIS. 

•i'dv.-.v.'i  w.M'Vvl  fidb  fror  ' Id.'üyO  ' 

Von  den  Mineralien  dieser  G rappe  sind  viele  nur  als  derbe 
kryst.  Massen  bekannt;  mehrere  gehören  zum  ein-  und  einaxi- 
gen  und  zwei-  und  eingliedrigen  einige  zum  drei-  und  einaxi- 
gen  Systeme,  und  nur  der  Zirkon  gehört  zum  zwei-  und  ein- 
axigen  Systeme.  Ihr  Brach  ist  am  häufigsten  muschelig  bi* 
uneben , auch  in’s  Splittrige.  Am  weichsten  ist  der  Speckstein , 
vom  Gyps  ritzbar ; die  grösste  Härte  besitzt  der  Zirkon , den 
nur  Topas  ritzt.  Die  Grenzen  des  sp.  Gew.  liegen  beim  Meer- 
schäum  =*=1,2  und  Wollastonit  — 5.  Die  mehrsten  sind  spröde, 
wenige  milde,  nur  eins  zerreibiich  ( jlisingerit ).  Die  Mehrzahl 
ist  durchsichtig  bis  durchscheinend ; viele  undurchsichtig.  Glas- 
glanz findet  sich  häufig,  er  steigert  sich  zum  Perlmutter-,  selbst 
Diamantglanz  (Kieselzink  und  Zirkon);  einige  haben  Fettglanz, 
wenige  sind  matt;  Metallglanz  zeigt  der  schwarze  Mungan- 
kiesel.  Sie  kommen  in  allen  Farben  und  ihren  Abänderungen 
vor.  V.  d.  L.  für  sich  sind  wenige  zum  Glase  schmelzbar  (die 
Silicate  der  alkalischen  Erden).  Alle  in  Borax  vollkommen 
und  in  Phosphorsalz  mit  Ausscheidung  eines  lüeselskeletts  löslich. 

1.  Wollastonit. 

(Syn.  Zwei-Drittel-kieselsaure  Kalkerde,  Tafelspath,  Sehaalstein,  Zuriit, 
prismatischer  Augitspath.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig,  Kryst.  selten  vollständig;  kryst.  M. 
schalig,  blätterig,  stänglig.  — Br.  spiittrig  in’s  Unebene.  H.  = 4,5-5; 
spröde;  sp.  G.  — 2,8.  Halb  durchsichtig.  Glas-  oder  perlmutterglänzend. 
Weiss  in’s  Gelbe,  Rothe  lind  Blaue.  Durch  Beiben  und  Erwärmen  phüs- 
phorescirend. 

V.  d.  L.  ruhig  zu  halbklarem'  Glase  schmelzbar  (4,5)  5 bn  Kolben 
kein,  Wasser  gebend  ; in  Sulzsäure  zur  vollkommen  steifen  Gallerte  lös- 


124 


Specksteiß. 


lieh;  die  salzsaur*  Auflösung  wird  nicht  von  Aetzammon,  aber  reifchikh 
Von  kohlensaurem  Ammon  gefüllt.  Bestdlh.  nach  Hose:  Si03  51,60,  CaO 
46,41 , mit  Spuren  von  MgO,  Mn203 , Fe203.  — Formel:  Ca0.2SiÖ3. 

Ln  körnigen  Kalk:  Ungarn,  Schweden , Bergstrasse ß Pens/lvanien  , 
am  Vesuv  (Zurlil)- 

2.  Okenil. 

Derbe  M.  von  schmalstrahliger  Textur.  — H.  = 5 ; sp.  G.  = 2,2 
A.  d.  K durchscheinend.  Schimmernd  bis  perlmutterglanzend.  Gelblich- 
und  blaulichweiss. 

V.  d.  h • ziemlich  leicht  unter  Aufschäumen  zur  porzellanartigen 
Masse  schmelzend  (2,5 — 3).  Im  Kolben  Wasser  gebend  ; in  Salzsäure  mit 
Hinterlassung  von  gallertartigen  Klumpen  löslich.  Die  Auflösung-  verhält 
sich  wie  die  der  vorigen  Gttg.  Bestdlh.  nach  v.  Kobell  : Si03  56,99, 
CaO  26,35,  11*0  16,65.  — Formel:  CaO . 4Si03  4.  211*0. 

Im  Mandelstein  auf  Disco-Eiland. 

(Hierhin  gehört  auch  wohl  der  Dysclasit  von  den  Färöer -Inseln. 
Text,  faserig.  H.  = 4,5;  sp.  G.  = 2,36*  Glasglänzend;  durchscheinend; 
weiss.  Von  fast  gleicher  Zusammensetzung  mit  Okenit  und  Spuren  von 
JVaO , KO,  FffjO/,  Mn203 , dessen  Formel  nach  A Connel  = 9(CaO. 
4$i03)-+-  16H20.  Dieses  Mineral  zeigt  nach  Brewster  doppelte  Strahlen- 
brechung, aber  keine  Pyro-Electricität  und  reflektirt  blaues  Licht.) 

3.  Speckstein; 

(Syn.  Neutrale-kieselsaure  Talkerde , Seifenstein , Lapis  Steatitis  , 
Creta  hispanica.) 

After-Krystalle  nach  Quarz-  , Kalk  - und  Feldspathformen  i 
derhe  M. ; nierenförmig,  traubig , stalaktitisch,  ein  gesprengt, 
dicht.  — Br.  splittrig-  ins  Unebene.  II.  = 1,5;  milde;  sp.  G. 
s±=  2,6 — 2,7.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Matt  bis  fettglänzend- 
Weiss  ■ in’s  Gelbe,  Grüne,  Graue,  Rothe;  oft  bäum  förmig  ge 
zeichnet.  Nicht  an  der  feuchten  Lippe  hängend ; sehr  fett  an- 
zufühlen. 

V.  d.  L.  zusammenschrumpfend , an  dünnen  Kanten  zu  weis- 
sein  Email  schmelzend  , mit  Borax  zum  klaren  Glase , und  in 
Phosphorsalz  mit  Ausscheidung  eines  Kieselskeletts  löslich.  In 
Säuren  unveränderlich.  Bestdth.  des  Chinesischen  nach  Lych- 
neü:  Si03  66,53,  MgO  33,42.  — Formel:  MgO  . Si03.  (Der 
Seifenstein  ist  eine  Abänderung  mit  etwas  Wasser  und  ziem- 
lich viel  Thonerde.) 

Auf  Gängen  in  Felsarten  verschiedenen  Alters,  auch  auf  Lagern 
Bayreuth  , Oberpfalz , Erzgebirge. , Piemont , Cornwall , Schweden  , Si- 
birien , China. 

(Der  Pimelit  von  ICosemütz  und  der  Cerolith  von  Frankenstein 
in  Schlesien*-  gehören  hierher.  Der  erstere  ist  ein  durch  Nickeloxyd  grün 
gefärbter  Speckstein .) 


Pyrallolith. 


1 25 

Ehedem  benutzte  man  den  Speckstein  als  Arzneimittel.  Er  dient 
als  Zusatz  zum  Schminkpulver  ; zur  Verfertigung  feuerfester  Gefässe , 
Tiegel,  allerlei  Figuren,  Pfeifenköpfe,  Schreibzengen;  zum  Poliren  von 
Gyps-,  Stein-,  Metall-  und  Glaswaaren;  zu  Pastellfarben,  um  auf  Glas 
zu  malen;  zum  Zeichnen  auf  Glas  und  Reinigen  der  Kleider  von  Fett- 
flecken. 

4.  Meerschaum. 

(Syn.  Neutrale  kieselsaure  Talkerde,  Spuma  tnarina.) 

After-Krystalle  nach  Kalkspathformen;  derbe,  seltener  knol- 
lige M.  — Br.  eben  in’s  Muschlige.  H.  — 2,5;  sp.  G.  = 1,2 — 1,6. 
Matt,  weiss  in’s  Gelbliche  und  Röthliche.  Stark  an  der  feuch- 
ten Lippe  hängend.  Mager  anzufühlen. 

V.  d.  L.  wie  der  Speckstein.  Gegen  Salzsäure  wie  Okenit 
Im  Kolben  Wasser  gebend.  Bestdlh.  nach  Sjychnell:  SiCK  60,87, 
MgO  27,80,  E20  11,29,  Al*03Fe0  0,09.  — Formel  : MgO  . 
3Si03  -hHaO. 

Findet  sich  auf  Lagern:  Livadien t Natolien , Spanien , Portugal, 
Krimm. 

(In  der  Türkei  werden  aus  demselben  die  bekannten  Pfeifenköpfe  gemacht, 
indem  die  Mhsse  in  eine  Art  Gährung  oder  Fäulniss  gesetzt,  geschlemmt 
und  halb  trocken  in  Messingformen  gebracht,  im  Schatten  getrocknet, 
dann  in  Oefen  gebrannt,  und  später  in  Milch,  dann  in  Leinöl  oder 
Wachs  gesotten  und  mit  Schachtelhalm  und  Leder  polirt  wird.  Die  in 
Lemgo  verfertigten  sollen  aus  einer  Mischung  von  Thon,  Kreide  und 
Eierschalen  bereitet  werden.  Sie  nehmen  von  Silber  und  Gold  einen 
metallenen  Strich  an,  was  bei  ächten  Meerschaumköpfen  nicht  der  Fall 
ist.  (Ueber  microskopische  Erkennung  des  ächten  Meerschaums  vergl. 
Ehrenberg’s  Abhandl,  in  Poggend.  Ann.  Bd.  39.  St.  9.  p.  101*  u.  f.)  Im 
Orient  braucht  man  den  Meerschaum  auch  zum  Waschen  des  Gesichts 
und  zum  Reinigen  der  Kleider  von  Fettflecken. 

5.  Pikrosmin. 

(Syn.  Zwei  Drittel  kieselsaure  Talkerde , Asbest  z.  Th.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig  Kryst. ; körnige  M.  — Br.  uneben.  H. 
= 3,5;  milde;  sp.  G.  = 2,5— 2,6.  Perlmutterglanz.  Grün  in  verschiede- 
nen Nüanzen.  Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar  und  sich  weiss  brennend;  in  Borax  lösbar. 
Bestdth.  nach  Magnus:  Si03  54,8,  MgO  33,3,  H20  7,3,  Spuren  von 
Fe203,  Mn403 , A12Ö3.  — Formel:  3(3MgO  . 2Si03)-p.H20. 

Auf  einem  Magneteisen-Lager  in  Böhmen  ( PresnizJ . 

6.  Pyrallolith 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule. 
Kryst.  M. ; derb.  — « Br.  erdig.  H,  — 3,5;  sp.  G.  = 2,6.  Matt.  Weiss 
ins  Grüne. 


Chrysolith. 


126 


Y.  (1.  L.  an  den  Kanten  zusammensinternd ; in  Borax  zu  klarem 
Glase,  in  Phosphorsalz  mit  Hinterlassung  eines  Kieselskeletts  löslich.  - 
Bestdlh.  nach  Norde  nskiöld : Si03  5(3.62,  MgO  23,38,  A1203  3,38,  CaO 
5,58,  FeO  und  MnO  1,98,  ILO  3,58. 

Begleitet  von  Ivalkspath,  Augit:  in  Finnland. 

7.  Ophit. 

(Syn.  Zwei  drittel- kieselsaure  Talkerde  mit  Talkerdehydrat , edler  Ser- 
pentin, blätteriger  und  schaliger  Speckstein,  Pierolith,  Beilstein  z.  Th,, 
Marmalitn,  Punamu-Nephrit  und  Sclialentalk  z.  Th.,  Punamustein, 
Lapis  serpentinus.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rectanguläre 
Säule.  (Nach  Breithaupt  After-Kryst.  nach  Olivin-,  Augit-  und 
Iloriihlendeformen).  Derbe  M.  mit  körniger,  faseriger,  oft  zart 
und  büschelweise  auseinander  laufender  Textur;  dicht,  einge- 
sprengt. — Br.  flachmuschelig  in’s  Splittrige  und  Unebene.  IL 
= 3;  milde;  sp.  G.  = 2,5— 2,6.  A.  d.  K.  durchscheinend. 
Schwacher  Fettglanz,  auch  matt.  Von  schwärzlicli-  bis  zeisig- 
grün ; von  schwefelgelb  bis  leberbraun ; bräunlich-  bis  blutroth ; 
zuweilen  gefleckt,  geadert,  geflammt.  Strich:  weiss  und  etwas 
glänzend.  Wenig  fett  anzufühlen. 

V.  d.  L.  an  dünnen  Kanten  zu  einem  Email  schmelzend  (6) ; 
in  Borax  zum  klaren  grünen  Glase  und  in  conc.  Salzsäure  mit 
Hinterlassung  eines  schleimigen  Pulvers  löslich ; im  Kolben 
Wasser  gebend.  Bestdth.  eines  gewöhnlichen  Serpentins  von 
Sala  nach  hychnell:  Si03  42,16,  MgO  42,26,  H.O  12,33, 
Fe203  1,98,  Bitumen,  C02  und  Verlust  1,27.  — MgO  wird  oft 
durch  FeO  ersetzt.  — Formel:  MgO . HaO-h2([MgO,  Fe0].2Si03). 
(Man  vergl.  Lychnell  über  die  Serpentine.  Berz.  Jahrsb.  VII. 
p.  191.) 

Findet  sich  im  Serpentinfels , gemengt  mit  körnigem  Kalk , auch 
adernweise  zuweilen  Bleiglanz,  Arsenikkies  eingesprengt  enthaltend:  in 
Schlesien,  Sachsen , Mähren , Fichtelgebirge  , Schweden , Schottland, 
Corsica , Massachusets. 

(Man  hielt  ihn  ehedem  für  ein  Gegengift  gegen  den  Biss  giftiger 
Schlangen.) 

(Hierhin  gehört  wohl  das  T a lk  s i 1 i c a t von  Evston  in  Pensylvanien. 
Es  ist  gelblich-grün.  Sp.  G.  = 3,3.  Ghlt.  nach  Thoms.:  Si03  41,55, 
MgO  40,15,  Fe,Ö3  3,90,  IIaO  3,70.) 

8.  Chrysolith. 

(Syn.  Drittel  kieselsaure  Talkerde,  Olivin,  prismatischer  Chrysolith.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rectanguläre  Säule,  oft 
mit  gerade  abgestumpften  spitzen  und  stumpfen  Seitenkanten  ; Combi- 
nalionen  des  Bhombenootai  ders  mit  mehrern  Prismen  und  der  gerade 


Kieselzinkerz. 


157 


angesetzten  Endfläche  u.  s.  f.  Kryst.  selten,  meist  kurz  säulenartig  mit 
vertical  gestreiften  Seitenflächen,  einzeln  eingewachsen  oder  lose  in  Kör- 
nern ; am  häufigsten  kryst.  und  derbe  rundliche  M.  mit  körniger  Textur. 
— Spaltbar  parallel  den  Flächen  der  rectangulären  Säule.  Br.  muschelig. 
H.  = 6,5—7;  spröde;  sp.  G.  = 3,3 — 3,4.  Durchsichtig  bis  durchschei- 
nend : glasglänzend.  Pistaciengrün  in’s  Gelbe , Rothe  und  Bräunliche. 
Strich:  weiss. 

Y.  d,  L.  unveränderlich,  mit  Borax  zum  klaren  grünen  Glase  schmel- 
zend und  mit  Phosphorsalz  unter  Ausscheidung  eines  Kieselskelets  lös- 
lich. Bestdth.  nach  Strom.:  Si03  39,73,  MgÖ  50,13,  FeO  9,19,  mit 
Spuren  von  MnO,  NiO  und  A1203.  — Formel:  3[MgO,  FeO] . Si03,  (MgO 
wird  in  der  Regel  durch  eine  unbestimmte  Portion  FeO  ersetzt;  so  ist  der 
Hyalosiderit  vom  Kaiserstuhl  ein  an  FeO  reicher  Olivin.) 

Findet  sich  .eingewachsen  in  Basalt,  in  basaltischen  Trümmergestei- 
nen und  Laven  und  ist  für  diese  ein  bezeichnender  Gemengtheil : Hessen , 
Siebengebirge  , Eifel , Breisgau  , Böhmen  , Schottland am  Vesuv  ; in 
manchen  Meteoreisenmassen ; im  aufgeschwemmten  Boden:  Brasilien , 

Natalien , Aetna . 

(Hierher  gehört  auch  der  sogenannte  krystaliisirte  Obsidian  in  den 
Höhlungen  des  schwarzen  Obsidians  von  Mexico.') 

Der  Chrysolith  wird  zu  verschiedenen  Gegenständen  des  Schmucks 
benutzt. 

,9.  Kieselzinkerz. 

(Syn.  Drittel-kieselsaures  Zinkoxycl,  Galmey  z Th.,  Zinkglas,  prismati- 
scher Zink-Baryt,  Lapis  Calaminaris.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  llrystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  stumpfen  Seitenbauten ; 
2)  diese  Form  mit  einer  Zuschärfung,  aufgesetzt  1)  auf  die 
scharfen  oder  2)  auf  die  stumpfen  Seitenbauten.  Kryst.  oft 
sehr  klein  und  tafelartig  oder  kurz  säulenartig , mit  theils' glat- 
ten , theils  gestreiften  Flächen , einzeln  aufgewachsen , häufiger 
kugelförmig , traubig , fächerförmig  gruppirt  oder  drüsig  ver- 
bunden. Würfelige  After-Krystalle  : kugelige,  nierenförmige , 
tropfsteinartige  Gestalten  von  stängeliger  bis  faseriger  Textur; 
derb , zellig  , zerfressen.  — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen 
der  Säule.  Br.  uneben.  H.  = 5;  spröde;  sp.  G.  = 3,3 — 3,5. 
Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Glasglanz;  zum  Perlmutter-, 
auch  Diamantglanz  sich  neigend.  Weiss , grau , gelb , grün , 
braun  in  verschiedenen  Nüanzen ; die  Farben  theils  in  concen- 
trischen  Schichten  wechselnd.  Durch  Erwärmen  wird  es  auf- 
fallend polarisch-electrisch  und  durch  Reibung  phosphorescirend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  anschwellend  und  die  Kohle  gelb  , 
beim  Erkalten  weiss  beschlagend ; mit  Cobaltlösung  befeuchtet 
und  geglüht  eine  grüne  Farbe  annehmend.  Mit  Salzsäure  eine 
vollkommene  Gallerte  bildend.  In  der  Glasröhre  decrepitirt  es, 
giebt  Wasser  und  wird  milchweiss.  Bestdth.  nach  Berz'it  ZnO 


128 


Schwarzer  Mangankiesel. 


66,83,  Si0  3 24,89,  H20  7,16,  mit  Spuren  von  PbO,  SuOa,  C02. 
Formel : 2(3ZnO . SiO  5 ) -t-  3H2  0. 

Findet  sich  auf  Gängen  in  Grauwacke  und  Tlionschiefer , auf  Lagern 
im  Ivalk  ziemlich  verbreitet  und  begleitet  von  Blei-,  Kupfer-  und  Eisen» 
erzen:  Wiesloch  in  Baden , Siegen  , bei  Aachen  und  Lüttich,  JVestpha- 
len  , Schlesien , Kärnthen,  Polen  , Sibirien. 

Der  Galmei  dient  noch  in  der  Medicin  als  äusserlich  angewandtes 
Arzneimittel,  es  ist  aber  darauf  zu  achten,  dass  nicht  zinkhaltige  Hütten- 
produkte  statt  des  natürlichen  Galmei  untergeschoben  werden,  wie  dies 
häufig  der  Fall  ist.  Ferner  wird  der  Galmei  vorzüglich  zur  Bereitung 
von  Messing  und  Bronze  und  verschiedenen  andern  Metalloompositionen 
verbraucht.  (Der  Zinkocker  ist  ein  Gemenge  aus  Galmei  und  Eisenocker.) 

(Wille  mit  kommt  in  kleinen  stumpfen  Rhomboedern , nierenförmig 
und  derb  vor.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig.  Weiss , gelblich , roth 
und  röthiich-braun.  Bestdth.  Si03 , ZnO  und  sehr  wenig  Fe203.  Findet 
sich  bei  Lüttich,  am  Altenberg  bei  Aachen J 


40.  Rother  Mangankiesel. 

(Syn.  Zwei-Drittel-kieselsaures  Manganoxydul , Kieselmangan,  Rubinspath, 

Rothstein.) 

Kryst.  M.  von  blätteriger  und  körniger  Textur;  derb  und  einge- 
sprengt. Vollkommen  spaltbar.  Br.  muschelig.  H.  = 4,5;  spröde;  sp. 
G.  = 3,fi.  Durchscheinend.  Glas-  oder  Perlmutterglanz.  Rosenroth  in’s 
Violenblaue  und  Braune.  Strich : röthlich-weiss. 

V.  d.  L.  in  der  innern  Flamme  auf  Kohle  zu  einem  durchscheinenden 
rothlichen  Glase  schmelzend,  welches  in  der  äussern  Flamme  grau  oder 
schwarz  wird.  Das  Boraxglas  in  der  äussern  Flamme  stark  amethystroth 
Färbend.  In  dem  Kolben  kein  Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  Berz. : 
MnO  49,04,  Si03  48,00,  CaO  3,12,  mit  Spuren  von  FeO  und  MgO  0,22- 
Formel:  3Mn0.2Si03. 

Findet  sich  auf  Magneteisen-Lagern  im  Gneis ; in  Schweden , Ungarn. 

Er  ist  einer  guten  Politur  fähig  und  wird  zu  manchen  Gegenständen 
des  Luxus  verarbeitet.  > 

( AUagit , Rhodonit , Photizil  und  Hornmangan  sind  Gemenge  von 
kohlensauren  und  Kiesel-Mangan  mit  A1203 , Si03,  Fe203.  Sie  haben 
rothe , gelbe , braune  und  weissliche  Farben  und  kommen  zu  Schebenholz 
und  Stahlberg  am  Harz  vor.) 

41.  Schivarzer  Mang arikie sei. 

(Syn.  Drittel  - kieselsaures  Manganoxydul.) 

Derb.  Br.  unvollkommen  muschelig.  Metallglänzend.  Bleigrau  in’s 
Eisenschwarze.  Strich  : gelblich-braun. 

V.  d.  L.  anschwellend;  das  Boraxglas  amethystroth  färbend;  im  Kol- 
ben Wasser  gebend;  in  Salzsäure  zersetzbar,  aber  nicht  gelatinirend. 
Bestdth.  nach  Klapr- : Si03  25,  MnO  60,  H20  13.  — Formel:  3MnO. 
Si03-+-3H20. 

Findet  sich  bei  Klappernd  in  Jüalecarlien. 


SWeroschisolith.  129 

Zu  den  Verbindungen  der  Kieselerde  mit  Manganoxyden  gehören 
noch : ° 

Babingtonit.  Kryststm.  ein-  und  eingliedrig.  Kryst.  klein,  aufge- 
wachsen. — Br.  unvollkommen  muschelig.  H.  = 6.  Nur  in  Splittern 
durchsichtig.  Glasglanz.  Schwarz  in’s  Grünliche.  ^ 

V.  d.  L.  leicht  schmelzbar  (2,7)  zu  schwarzem  Schmelz ; inderäussera 
Flamme  das  Boraxglas  amethystfarbig,  in  der  innern  bläulich-^rün  fär- 
bend; mit  Soda  zur  dunkel-grünlichen  Kugel  schmelzbar.  Als  Pulver  in 
Phosphorsalz  mit  Hinterlassung  eines  Kieselskelets  lösbar.  Ghlt. : SiO 
MnO,  FeO,  CaO  und  Spuren  von  Ti02.  3> 

Kommt  auf  Albit-Krystallen  mit  fleischrothem  Feldspath  vor:  Nor- 
wegen ( ArendalJ . 

Neuntel-kieselsaures  Manganoxyd  {'Berz.J  von  St.  Marcel 
in  Piemont.  Ghlt:  Si03  13,17,  Mn,03  78,8,  Fe203  4,14,  AkO,  2,8.  — 
Formel:  3Mn203.Si03. 

Manganoxydoxydul-Silicat.  ünkrystallinisch.  Br.  uneben. 
Hart;  spröde;  schwer;  eisen-pechschwarz.  Ghlt.  nach  Berth.:  MnO  70,7* 
O 6,1,  Si03  15,4,  Fe203  1,0,  A1203  1,0,  Quarz  2,8.  — Formel! 

3MnO  . 2Si03-f-3Mn203. 

Findet  sich  in  Graubündten , in  der  Nähe  von  Coire . 

12.  Cererit 

(Syn.  Drittel-kieselsaures  Ceroxydul , Cerit,  Ochroit,  untheilbares 
Cerererz,  Cerinstein.) 

Derbe  M.  — Br.  uneben  bis  splitterig.  H.  = 5,5;  spröde;  sp.  G. 
s=  4,9.  Undurchsichtig;  schimmernd;  nelkenbraun  bis  Kirsehroth.  Strich* 
graulich-weiss. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  zerspringend,  unschmelzbar.  Bestdth.  nach  Hi- 
singer : Si03  18,0,  CeO  68,5,  H20  9,6,  Fe203  2,0,  CaO  1,2.  — Formel: 
3CeO  . Si03-}-3H20. 

Findet  sich  auf  einem  Kupferkieslager  in  Westmannland  in  Schweden. 

13.  Sideroschisolith. 

(Syn.  kieselsaures  Eisenoxydul.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Kryst.  unvollkommen;  kryst.  M.  

Br.?  H.  ==  2;  sp.  G.  = 3,0.  Undurchsichtig,  starkglänzend,  sanunt- 
schwarz,  Strich : lauchgrün. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  zur  eisenschwarzeu  magnetischen  Kugel  schmel- 
zend; im  Kolben  Wasser  gebend.  In  Salzsäure  zur  Gallerte  löslich,  Ghlt. 

nach  Wernekink  \ Si03  16-3,  FeO  75,5,  A13Ö5  4,1,  HoO  7,3.  Formel- 

6FeO . Si03-J-3H20. 

Kommt  mit  Eisenspath  und  Leberkies  in  Brasilien  vor. 

Andere  kieselsaure  Eisenoxyde  sind:  der  Hisingerit  ( Gillin gitj  , 
derbe  M.  Textur  blätterig.  Br.  erdig,  weich,  zerreiblick;  sp.  G.  = 3; 
fettglänzend,  schwarz;  Strich:  grünlich-grau.  V.  d.  L.  wie  Sideroschisolith. 
Ghlt.  nach  Berz. : Si03  27,50,  Fe0.Fe203  51,50,  A12Ö3  5,50 , H20  11,75. 

Geigers  Pharmacie  Jl  1.  (2 te  Aufl .)  $ 


130 


Kieselkupfer. 


Findet  sich  mit  Kalkspath  in  Siidermannland.  — Hisinger  beschrieb 
(Poggend.  Anu.  Bd.  13)  unter  obigem  Namen  ein  anderes  Mineral , . wel- 
ches sicli  durch  unvollkommen  muschligen  Bruch,  bräunlich-gelben  Strich 
und  schwieriger  Schmelzbarkeit  vom  Hisingerit  unterscheidet.  Ghlt. 
nach  Hisinger:  Si03  36,30,  Fe0.Fe203  44,  39,  H20  20,70.  — Formel: 
FeO  . 3Si03-f-3(Fe203  . Si03)-f-41l20.  Fs  kommt  eingewachsen  vor  im 
Schwefelkies  in  Westmannland  ffiiddarhyttan).  — Diesem  sehr  ähnlich 
ist  der  Thraulit  von  Bodenmais  in  Baiern.  V.  d.  L.  verhält  er  sich 
wie  Sideroschisolitli , schmilzt  schwer  und  giebt  mit  Salzsäure  keine 
Gallerte.  V.  Kobell  fand  als  Bestandteile : Si03  31,28,  Fe203  50,86, 
H20  19,2.  Formel:  Fe203 . Si03-J-Il20.  Er  findet  sich  eingewachsen  im 
Magnetkies.  — Der  Nontronit  kommt  in  Manganerznestern  im  Dor- 
dogne- Deport.  vor;  nierenförmig,  Br.  uneben,  sehr  weich,  mit  dem  Na- 
gel ritzbar,  matt,  durch  Reiben  mit  harten  Körpern  Harzglanz  erhaltend, 
zeisiggelb,  in  Wasser  geworfen  durchscheinend  werdend.  Ghlt.  nach 
Berth.:  Si02  44,0,  Fe203  29.  A1,03  3,6,  MgO  2,1,  H,0  18,7.  Formel: 
F ’e,03 . Si03-f-II20.  — Der  Fettboi  von  Freiberg;  derbe  M. , Br.  eben, 
weich,  sp.  G.  = 2,24;  innen  mattbraun,  hängt  nicht  an  der  Zunge  und 
fühlt  sich  fettig  an.  Ghlt.  nach  Kersten : Si03  46,40,  Fe203  23,50 , A1,03 
3,01,  HjO  24,50.  Formel:  Fe203 . Si03-f-9H20.  — Der  Chiorophaeit 
kommt  in  Blasenräumen  basaltischer  Gebilde  vor:  Island , Nordamerica  ; 
derbe  M. , nierenförmig,  ritzbar  durch  eine  Federspule,  grün  in’s  Gelbe; 
a.  d.  K.  durchscheinend;  an  der  Luft  dunkler  weidend.  Strich:  unrein 
braun.  V.  d.  L.  im  Kolben  kein  Wasser  gebend;  auf  Kohle  zu  schwar- 
zem Glase  fliessend. 

14.  Bioptas . 

(Syn.  Zwei-Drittel-kieselsaures  Kupferoxyd,  Kupfersmaragd , Rhomboe- 
drischer  Smaragd-Malachit.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Combination:  sechsseitig# 

Säule  mit  den  Rhomboederflächen  zugespitzt.  Kryst.  kurz  säulenförmig, 
einzeln  aufgewachsen,  oder  zu  Drusen  verbunden;  derbe  M.  von  körniger 
Textur.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  eines  Rhomboeders.  Br-  mu- 
schelig. H.  = 5;  spröde;  sp.  G.  = 3,2  Durchsichtig  bis  durchscheinend. 
Glasglanz.  Smaragdgrün  in’s  Spangrüne.  Strich  : grün 

Y.  d.  L.  unschmelzbar;  in  der  äussern  Flamme  schwarz,  in  der  in- 
nern  roth  werdend;  mit  Soda  ein  Glas  gebend,  welches  ein  Kupferkorn 
einschliesst;  im  Kolben  Wasser  gebend;  mit  Salzsäure  eine  Gallerte  bil- 
dend. Bestdth.  nach  Hess:  Si03  36,85,  CuO  45,10,  H20  11,51,  AljOa 
2,36,  CaO  3,38,  MgO  0,21.  — Formel:  3CuO . 2Si03-{-3H20. 

Im  Altai-Gebirge  auf  Quarz  oder  Kalk  im  Lande  der  Kirgisen, 

Wird  von  den  handelnden  Bucharen  als  Smaragd  verkauft. 

i5,  Kieselkupfer. 

(Syn.  Drittel-kieselsaures  Kupferoxyd,  Kiesel-Malachit,  untheilbarer 
Staphylin-Malachit.) 

Dichte  M , rueren  förmig , tropfsteinartig,  traubig,  zerfressen;  derb 
und  eingesprengt, , angeflogen.  — • Br.  muschelig  in’s  Erdige.  H.  = 2,5 — 3,5  ; 
sp.  G.  = 2,0 — 2,2.  A.  d,  K.  durchscheinend.  Matt.  Spangrün  ins 
Himmelblaue.  Strich ; grüniith-weiss. 


Zirkon, 


131 


V.  d.  L.  wie  Dioptas,  aber  von  Salzsäure  zersetzt  werdend  ohne  eine 
Gallerte  zu  bilden.  Bestdth  nach  v.  Kob  eil : Si03  36,54,  CuO  40,00, 
H20  20,20,  Fe203  1,00,  Bergart  2,10-  Kommt  mit  verschiedenen  Ver- 
hältnissen Wasser  vor,  daher  Berth,  die  Formeln:  3CuO . 2Si03-f-6Ha0 
und  -}-12H20,  aufstellte. 

Findet  sich  mit  andern  Kupfererzen,  Quarz  u.  s.  w. : im  Dillenbur- 
gischen , Ungarn , Frankreich , Sibirien , Chili. 

iß.  Zirkon. 

(Syn.  Drittel-kieselsaure  Zirkonerde,  Hyacinth,  pyramidaler  Zirkon, 
Lapis  Hyacinthus.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  Combinationen : 1) 
der  ersten  quadratischen  Säule  mit  dem  ersten  quadr.  Octaeder; 
2)  erste  quadr.  Säule  mit  den  Abstumpfungen  der  Seitenkantcn 
durch  die  zweite  quadr.  Säule;  3)  der  weiten  quadr.  Säule  mit 
den  Flächen  des  Octaeders ; (diese  Form  oft  sehr  verkürzt  rhom- 
hendodecaederähnlich) ; 4)  quadratisches  Octaeder ; 5)  Dioctaeder. 
Kryst.  meist  säulenförmig  und  vollständig  ausgebildet ; theils  glatt, 
theils  rauh  und  uneben  , einzeln  eingewachsen.  — Spaltbar  parallel 
den  Flächen  des  quadr.  Octaeders.  Br.  muschelig  bis  uneben. 
H.  = 7,5;  spröde  ; sp.  G.  — 4,4 — 4,6.  Durchsichtig  bis  durch- 
scheinend. Glas-  bis  Diamantglanz.  Rein  hyacinthroth  *)  in’s 
| Pomeranzengelbe ; grünlich-grau  in’s  Graue  und  Braune,  selte- 
ner in’s  Violblaue,  meist  unrein.  Strich:  weiss.  Durch  Reibung 
positive  Electricität  erlangend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar;  die  Farbe  verlierend;  in  Phosphor- 
salz und  Soda  schwer  löslich.  Bestdth,  des  Hyacinths  nach 
Vauq.:  Si03  31,  Zr303  €6,  Fe303  2.  — Formel:  Zr303  . Si03. 

Kommt  als  bezeichnender  Gemengtheil  mancher  Syenite  vor:  in 
Schweden  und  Norwegen;  in  Gneis  und  Basalt  mehr  zufällig  Die  schön- 
sten und  grössten  kommen  in  Sibirien,  in  der  Nähe  des  llmensees , bis 
zu  14  Loth  schwer  vor.  Als  lose  Krystalle  und  Körner  in  Dilurial-Ab- 
lagerungen:  Ceylon , Siebenbürgen , Sachsen,  Böhmen. 

Der  Hyacinth  wurde  ehemals  als  Arzneimittel  gebraucht.  Er  machte 
einen  Bestandteil  der  Confectio  de  Hyacintho  aus  und  gehörte  zu  den 
fragmentis  lapidum  quinque  pretiosorum.  Der  Zirkon  ist  einer  ausser- 
ordentlich schönen  und  dauerhaften  Politur  fähig  und  wird  zu  Gegen- 
ständen des  Schmucks,  so  wie  der  Hyacinth  als  Unterlage  für  die  Zapfen 
des  Balkens  feiner  Wagen  und  als  Hülsen  benutzt*  in  welchen,  bei 
astronomischen  und  anderen  Uhren , die  Spindel  - Enden  der  Räder 
laufen. 


*)  Richter  fand,  dass  der  Hyacinth  iin  Sonnenlichte  seine  lebhafte 
Farbe  und  Diamantglanz  einbüsse.  Ina  Dunkeln  nahm  er  nur  teil- 
weise seine  Farbe  wieder  an. 


132 


Cliiastolilh. 


17.  1 horit. 

Derbe  M. ; ohne  Anzeichen  von  regelrechter  Gestalt  oder  Text.,  voller 
Sprünge.  — Mit  dem  Messer  ritzbar.  Sp.  G.  = 4,G3.  Undurchsichtig. 
Matt  fettglänzend , auf  dem  frischen  Bruche  etwas  Glasglanz.  Schwarz  $ 
aussen  zuweilen  mit  dünnem  , rostfarbenem  Ueberzuge  bekleidet.  Strich : 
grau-roth. 

Y.  d.  L.  unschmelzbar  5 die  schwarze  Farbe  verlierend  und  gelb 
werdend;  in  Borax  löslich;  das  Glas  ist  von  Eisen  grün,  beim  Zusatz 
von  Salpeter  durch  Mangan  amethystroth  gefärbt,  kann  nicht  unklar  ge- 
flattert werden,  wird  bei  grossem  Salpeterzusatz  aber  von  selbst  unklar. 
Bei  der  Reductions-Probe?  kleine  weisse  Metallkörner  gebend  , die  sich 
platt  drücken  lassen  und  suis  Blei  und  Zinn  bestehen.  Im  Kolben  Wasser 
gebend.  ln  Salzsäure  zur  G allerte  löslich.  Ghlt.  nach  Herz.:  TliO  57,91, 
CaO  2,58,  Fe203  3,40,  Mn,03  2,39,  MgO  0,36,  U,03  1,61,  PbO  0,80, 
Sn02  0,01,  Si03  18.98.  ).l20  9,50,  KO  0,14,  NaO  0,09,  AljOg  0,06, 
unlösliches  Steinpulrer  J-,70.  — Formel:  3ThO  . Si03-f-31I30. 

Kommt  im  Syejnit  Vor  : Norwegen  ( Insel  Läv-önJ. 


18.  Cyanit . 

(Syn.  Sechstel-kieselsaure  Thonerde,  Distlien,  Rhäticit,  prismatischer 

Distbenspath.) 

Kryststm  ein-  und  eingliedrig.  Krystf.  vierseitige  Säulen  mit  ab- 
gestumpften scharfen  und  stumpfen  Seitenkanten  Kryst.  stets  in  die 
Länge  gezogen,  gekrümmt,  eingewachsen;  kryst  M. , von  blätterigem, 
oft  sternförmig  auseinauderlaufendem  Gefüge.  — Br.  uneben.  II.  = 5 — 7, 
verschieden  auf  verschiedenen  Flächen  ; spröde ; sp  G.  ■=  3,5 — 3,7. 
Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Perlmutter-,  auch  Glasglanz.  Berlinerblau 
i»’s  Graue,  Weisse,  Grüne  und  Graue.  Strich:  weiss.  Erwärmte  Bruch- 
stücke phosphoresciren  mit  bläulichem  Lichte. 

Y.  d.  L.  weiss  werdend;  unschmelzbar : in  Borax  zu  einem  ungefärb- 
ten Glase  lösbar;  mit  Cobaltlösung  befeuchtet  und  geglüht  eine  schöne 
blaue  Farbe  annehmend;  im  Kolben  kein  Wasser  gebend;  in  Säuren  un- 
auflöslich. Bestdth.  nach  Lardner  Fanuxem : Si03  42,00,  A1208  57,00«  — 
Formel  nach  Berz. : 2A1203  . Si03. 

Findet  sich  eingewachsen  in  Glimmer-,  Thon- und  Talkschiefer,  auch 
in  Granulit , begleitet  von  Staurolith , Turmalin,  Quarz,  Granat:  St. 
Gotthard,  Tyrol , Sie  y er  mark  , Sachsen,  Spanien,  Pensylvanien. 

(Der  Fibrolith,  Bucholzit  und  Faserkiesel  sind  Gemenge  von  fein- 
faserigem Cyanit  und  Quarz.  Sp.  G.  =.  3,1 — 3,2.) 

1.9.  Cliiastolith. 

(Syn.  Holdspath.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule.  Kryst. 
eingewachsen,  sehr  in  die  Länge  gezogen.  Auf  dem  Querschnitte  sieht 
man  in  der  Axe  und  in  den  vier  Ecken  rhombische  Höhlungen  mit  der 
Masse  durchzogen,  worin  die  Kryst.  liegen.  Häufig  ziehen  von  dem 
Mittelpunkte  Linien  von  derselben  Masse  nach  den  vier  Ecken  der  Säule 
und  verbinden  die  fünf  schwarzen  Rhomben  zu  einejn  Kreuze. — Spaltbar 


Wörtliit. 


133 


parallel  den  Flächen  der  Säule-  Br.  unvollkommen  muschelig.  H.  = 
5 — 5?5  ; sp.  G.  = 2,9.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Glasglanz  im  Bruch  , 
aussen  Fettglanz.  Weiss  in's  Graue  und  Gelbliche 

Y.  d.  L.  unschmelzbar,  weiss  werdend.  Im  Kolben  wenig  Wasser 
gebend , ohne  sich  zu  verändern.  In  Borax  höchst  schwierig  zu  klarem 
Glase  löslich;  mit  Soda  ebenfalls  zersetzbar  und  anschwellend,  ver- 
schlakend , aber  nicht  schmelzbar.  Mit  Cobaltsolution  v.  d.  L.  eine  blaue 
Farbe  gebend.  Ghlt.  nach  Landgrebe : Si03  68,49  , A1203  30,19,  MgG 
1,12,  H20  und  Kohlenstoff  0,26- 

Kommt  im  Thonschiefer  vor:  Baireuth  (Gefrees) , am  Harz,  Baden- 
baden, Oberpfalz  , Spanien  (St.  Jago  di  Composlella) , Bretagne , Pyre- 
näen, Irland,  N. - America  ; im  Dolomit:  am  Simplon. 

Er  wird  von  den  Indianern  als  Amulet  getragen. 

20.  Audnlusit. 

(Syn.  Prismatischer  Andalusit,  Micaphyllit.) 

Kryststm . ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule  , 1)  mit  der 
gerade  angesetzten  Endfläche,  2)  die  Seitenkanten  abgestumpft,  oder  3) 
auf  die  Seitenkanten  aufgesetzte  Endzuschärfung.  Kryst.  meist  mit  einer 
Glimmerhülle  bekleidet;  ein-  oder  aufgewachsen;  derbe  M.  von  stüngliger 
oder  körniger  Textur.  — Br.  uneben,  körnig  II.  ■=•  7,5;  spr&de ; sp. 
G.  = 3,1.  A.  d.  R.  durchscheinend.  Schwacher  Glasglanz.  Flefschroth 

und  perlgrau  in’s  Blaue  und  Braune.  Strich:  weiss. 

Y.  d L.  für  sich  unschmelzbar,  mit  Borax  zum  klaren  Glase  fliessend. 
Mit  Cobaltlösung  befeuchtet  und  geglüht  eine  schöne  blaue  Farbe  an- 
nehmend; im  Kolben  kein  Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  Bucholz : 
Si03  36,5,  A1203  60,5,  Fe203  4,0  (Andere  fanden  auch  2 bis  8 p.  C. 
KO.)  — Formel : 3Al203 . 2Si03. 

Findet  sich  im  Granit:  Tyrol  (Lisens)  , Schottland  (Banffshire) , 

Elba;  im  Gneis:  Oberpfalz  (HerzogauJ,  Mähren , Schottland ; im  Glim- 
merschiefer: Sachsen  (Freiberg) , Schlesien  (Landeck),  Devonshirc , 

Irland. 

21.  Sillimamt. 

Kryststm  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  rhombische  Säule.  Kryst- 
sehr  in  die  Länge  gezogen,  häufig  gestreift,  eingewachsen,  gebogen  und 
gewunden;  zu  Büscheln  zusammen  gehäuft.  Text,  blätterig  bis  faserig. — 
Br.  splittrig.  H.  = 6,5 — 7 ; sp.  G.  = 3,41.  A.  d.  K.  durchscheinend 
bis  durchsichtig.  Fett-  bis  Glasglanz ; Wasserhell , gelblich,  dunkelgrau 
in’s  Nelkenbraune.  Strich:  weiss. 

Y.  d.  L.  unschmelzbar;  in  Borax  unauflöslich,  mit  Soda  zu  einem 
undurchsichtigen  Glase  schmelzend.  Säuren  greifen  ihn  nicht  an.  Ghlt. 
nach  ßowen:  Si03  42,66,  A1203  54,11,  Fe203  1,99,  H20  0,51. 

Kommt  auf  einem  Quarzgange  im  Gneis  vor:  Conneticut\(Say brock). 

22.  Wörthit. 

Kryst.  M.  Text,  blätterig.  — II.  = 7,5:  sp.  G.=3  Durehseheinend, 
Perlm litte rglanz.  Webs. 


131 


Kaolin. 


V.  <1.  ..J/i  .unschmelzbar  ; in  Borax  aullöslich  ; mit  Soda  brausend,  aber 
nicht  ßchuuV/.bar.  Im,  Kolben  Wasser  gebend  und  undurchsichtig  werdend. 
Von  Phosphorsalz  nicht  merklich  angegriHen  und  mit  Cobaltsolution  er- 
hitzt, scliön  blau  werdend.  Glilt.  nach  Hess:  Si03  4l,00,  Ah03  5°  G3 , 
Mg’O  0,76,  H20  4,63.  ,—r  Formel : 5(A1203  . Si03)-+-Al,03 .3ILO.' 

Kömmt  in  Geschieben  in  der  Gegend  von  Petersburg  vor,  ist  mit 
Scapoiith  verwachsen  und  stammt  wahrscheinlich  aus  finnlandischen  oder 
schwedischen  Gebirgen  ab. 

23.  Kaolin . 

(Syn.  Porzellanerde.) 

Derbe  M.  aus  matten,  staubartigen , mehr  oder  weniger 
fest  verbundenen  Theilchen  bestehend.  — Zerreiblich.  Sp.  G.  =a 
2,21.  Undurchsichtig.  Matt.  Weiss  in’s  Rüthliche  oder  Grauliche. 
Hängt  wenig  an  der  feuchten  Lippe,  fühlt  sich  aber  nicht 
fettig  an. 

V.  d.  L.  unschmelzbar ; mit  Cobaltaufl.  befeuchtet  schön 
blau  werdend ; in  Borax  zu  weissem , durchscheinendem  Glase 
löslich.  J[ii  Phosphorsalz  mit  Ausscheidung  von  Kieselerde  und 
ebenfalls  von  Schwefelsäure  vollkommen  zerlegbar.  Ghlt.  des 
Kaolin  a.  von  Schneeberg  (Aue)  nach  Kühn , b.  von  Passau 
nach  Fuchs: 

Si03  ' AJ,03  KO Mg’O  CaO  Fe,03  !?aO 

a.  47,64  35,98  1,63  1,5 7 0 13.8 

b.  4.3,65  35,93  0 0,88  1,00  1-8.50. 

Formel  nach  Forchhammer  für  den  Kaolin  von  Ane : 
3AI2O3. 4Si03+H  ? Für  den  von  Passau : 2A1203. 3Si03+6iI20. 

Kommt  auf  Lagern  oder  in  grossem  Parthien  in  Granit  und  Gneis, 
theils  mit  Körnern  und  Krystallen  von  Ouarz  und  mit  Plättchen  von 
Glimmer  vor:  Erzgebirge  C due  bei  SchncebergJ,  Passau , Ungarn,  Li- 
moges, England,  Russland , China  , Japan  u.  s.  w . 

Ueber  die  Bildungsweise  des  Kaolins  bestellen  verschiedene  Ansich- 
tm;  Sam  herrschendsten  ist  die  Ansicht,  dass  er  durch  Zersetzung  des 
Feldspaihs  entstanden  sei.  Die  Untersuchungen  Forc.hhammers  zeigen, 
dass  durch  die:  Entfernung  einer  Verbindung  von  3KO  . 8Si03  (welche 
dem  Foo/ii’ßclien  YVasscrglase  analog  ist),  aus  3 Atom  Feldspath  , eine 
Verbindung  übrig  bleibt,  welche  der.  oben  angegebenen  Formel  für  die 
mehrsten  Porzellanerden  gleich  ist.  Er  zeigte  ferner,  dass  durch  Einwir- 
k,upg.(heisspr  Wnsserdäpipfe  bei  hpiier  Temperatur  dein  Feldspalh  Kali 
entrangen  werden  kaun-  — Die  Porzellanerde  von  Passau  entstellt  nicht 
aus  dem  Feldspath,  sondern  aus  dem  Porzellansputh,  daher  sie  auch  eine 
andere  Zusammensetzung  zeigt.  (Poggend.  Ann.  Bd.  35.  p.  33.) 

Aach  den  Untersuchungen  von  Ehrenberg  unterscheidet  sich  Kaolin 
vom  zersetzten  Feldspathe  in  der  Form  seiner  Elementarlbeile,  indem 
Kaolin  von  Aue  unter  dem  Microskope  als  platte,  1 3g  Linie  grosse,  oit 
kleinere,  scheibenförmige  Körper  erscheint,  welche  in  concenlrische  Ringe 
oder  Schalen  zerfalLen.  Diese  regelmässigen  Körper  finden  sich  auch 
einzeln  in  den  technisch  gesuchteren  Thon-  und  Lehmarten,  waren  aber 


Thon. 


135 


in  den  gemeineren  bisher  nicht  zu  beobachten.  Die  sichtbar  aus  zer- 
fallenem Feldspath  entstandene  Porzellanerde  enthält  nur  zerkleinerte 
Krystallsubstanz , aber  keine  dieser  Körperchen.  (Poggend.  Ann.  Bd. 

39.  St.  9.) 

Der  Kaolin  macht  den  Hauptbestandtheil  des  Porzellans  aus.  Es  war 
der  von  Aue  bei  Meissen , welcher  bekanntlich  zuerst  in  Europa  von 
Bottelier  zu  diesem  Zwecke  angewandt  wurde.  Man  schlemmt  die  Erde 
aufs  feinste , mischt  100  Th.  derselben  mit  8 bis  9 Th.  Quarz  und  4 
bis  5 Th.  Gyps , die  eben  so  fein  gemahlen  sind.  Auch  wird  wohl  Feld- 
spath, Speckstein  und  Glas  zugemengt,  und  alles  mit  Wasser  zum  Teige 
angeknetet,  der  eine  Zeit  lang  so  liegen  bleibt,  was  man  das  Beitzen 
nennt.  Die  hieraus  geformte  und  gebrannte  Waare  nennt  man  Biscuit. 
Wird  sie  mit  einem  dünnen  Teige  derselben  Ingredienzen  überzogen  und 
wieder  gebrannt,  so  erhält  die  Waare  ihre  schöne  Glasur  und  heisst 
Porzellan.  Die  Porzellanfarben  sind  schwere  Metalloxyde,  die  entweder 
Yor  oder  nach  der  Glasur  aufgetragen  werden,  wie  es  ihre  Natur  eben 
fordert.  Die  Güte  des  Porzellans  besteht  in  seiner  rein  weissen  Farbe, 
dass  es  durchscheinend,  hart  und  feuerbeständig  ist,  auch  Abwechslung 
von  Hitze  und  Kälte  ziemlich  ertragen  kann. 

24.  Cimolit. 

Derbe  M.  — Br.  erdig.  Sehr  weich.  Sp.  G.  = 2,18.  Un- 
durchsichtig. Matt.  Graulich  weiss , rüthlich,  Strich : weiss  und 
etwas  Glanz  hervorbringend.  Stark  an  der  feuchten  Lippe 
hängend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar.  Mit  Cobaltauflösung  befeuchtet  und 
geglüht  eine  schöne  blaue  Farbe  annehmend ; im  Kolben  viel 
Wasser  gebend.  Im  Wasser  sich  entschiefernd  und  Oel  sehr 
leicht  einsaugend.  Ghlt.  nach  Klapr. : Si03  63,00,  A12Oj  23,00 
Fe2Ö3  1,25,  H20  12,00. 

Kommt  auf  dem  griecli.  Eilande  Argentierra  (Cimolis  der  AltenJ  vcr. 

Der  Cimolit  dient  zum  Reinigen  der  Zeuge  von  Fettflecken. 

25.  Thon. 

(Syn.  Töpferthon,  Letten,  Greta  figulina.) 

Derbe  M.  — Br.  erdig,  zuweilen  unvollkommen  schiefrig, 
sehr  weich;  milde.  Sp.  G.  = 2,0.  Undurchsichtig.  Matt  oder 
schimmernd.  Graulich-weiss  (Pfeifenthon)  in  allen  Nüanzen , 
auch  durch  Eisenoxyd  gelb  bis  fleischroth  gefärbt;  zuweilen 
gefleckt  und  gestreift  (bunter  Thon).  Auf  dem  Striche  schwa- 
chen Fettglanz  annehmend.  Mehr  oder  weniger  fett  sich  an- 
fühlend, je  nachdem  er  rein  oder  mit  Sand  vermischt  ist;  bald 
mehr  oder  weniger  an  der  feuchten  Lippe  hängend. 

V.  d.  L.  und  im  Kolben  verhält  sich  der  weisse  wie  Cimo- 
lit ; der  eisenhaltige  brennt  sich  roth.  Im  Wasser  zerfallend. 
Ghlt.  des  Töpferthons  von  Bunzlau  nach  Klapr.;  Si03  61.0, 


136 


Bol. 


AI2O3  27,0,  Fea03  1,0,  H30  11,0  ; des  bunten  Th. ^von  Plomnitz 
nach  John:  Si03  42.0,  Al^Os  21,0,  FeQ03  13,0,  CaO  2,0,  HqO 
22,0.  — Mitscherlich  fand  in  allen  Thonarfen  4 p.  C.  KO  und 
etwas  NaO.  (Berz.  Jahrsb.  Jahrg.  13.  p.  165.) 

Ist  sehr  allgemein  verbreitet  im  a vifgeschwemmten  Lande  und  in  der 
Braunbohlenformation  , selten  als  Lager  im  Flötzkalkstein. 

Die  Alten  benutzten  den  Töpferthon  äusserlich  als  kühlendes MitteL 
Er  ist  besonders  wichtig  wegen  seiner  mannigfachen  Anwendung  zu  Ge- 
schirren aller  Art,  als:  gemeiner  Töpfergeschirre,  Steingut,  Fayence, 
Thonpfeifen,  Schmelztiegel  11.  s.  w.  Die  seit  so  langer  Zeit  berühmten 
Schmelztiegel  Ton  Gross- Almerode  und  Epterode  in  Kurhessen,  werden 
aus  einem  Gemische  von  Tüpferthon  und  Sand  gemacht,  in  deren  Ge- 
wicht sverli a i tuisSen  das  Geheimniss  der  Zusammensetzung  besteht.  Der 
Thon  und  Sand  werden  in  der  Nähe  genannter  Orte  gewonnen : ersterer 
enthält  narb  JEurzrr  : S i ( > . 1()J.  Al.(),  65,4,  Fe  und  Mn  1.2,  CaO  03» 
H20  23,0;  der  Sand  besteht  nach  JVurzer  aus:  Si03  95,5,  AljO^  2,1,  Fe 
und  Mn  1,5,  CaO  0,8.  (Der  von  Bved  und  Bird  angegebene  Titangehalt 
der  hessischen  Schmelztiegel  wird  durch  JVöhler  in  Abrede  gestellt.) 
Ueber  Bereitung  feuerfester  Thontiegel  s.  m.  Berzelius  Lehrbuch  Bd.  1Y. 
S.  1046.  Als  sehr  feuerfeste  Tiegel  empfiehlt  man  ein  Gemisch  von  2 
Th.  Pfeifenthon  und  1 Th.  Quarzsand,  wobei  es  besonders  auf  die 
Feinheit  des  letztem  ankommt.  Er  darf  nicht  grösser  und  nicht  kleiner 
sein , als  ihn  das  Oehr  einer  grossen  Nähnadel  durchlässt.  Aus  einem 
solchen  Gemische  verfertigte  Tiegel  schmelzen  noch  nicht  bei  166° 
Wedgw. , während  hessische  Tiegel  schon  bei  150°  W.  schmolzen.  Der 
Thon  ist  dem  Pharmaceuten  ferner  wichtig  zum  Kitten  und  Beschlagen. 
Mancher  Thon  wird  zu  Pyrometern  gebraucht.  Er  dient  ebenfalls  zu 
Wasserbauten,  Dämmen  u.  s.  w.  und  ward  in  neuerer  Zeit  als  Düngimgs- 
mittel  empfohlen. 

26.  Bol. 

(Syn.  lemniscbe  Erde,  Terra  lemniä , Sphragit.) 

Derbe  M. ; eingesprengt,  als  Ueberzug.  — Br.  muschelig“. 
H.  = 2,5;  sp.  G.  — 2,0.  Undurchsichtig,  selten  a.  d.  K.  durch- 
scheinend. Matt  bis  fettglänzend.  Gelblichgrau  in’s  Gelbe,  Bothe 
und  Braune.  Strich  : glänzend  , das  Pulver  lichte  gelblichbraiui. 
Fett  anzufühlen.  Der  Zunge  anhängend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  sich  hart  brennend;  auf  Kohle  sich 
iiundähertd  zur  dunkel-gelben , emailartigen  Masse.  Mit  Borax 
und  Phosphorsalz  zu  wasserhellem  Glase  schmelzend;  in  Soda 
zur  gelblichen  Masse  lösbar,  die' sich  beim  stärkeren  Feuer  in 
die  Kohle  zieht.  In  kochender  Salzsäure  theilweise  lösbar.  Im 
Wasser  zerspringend  und  in  Pulver  zerfallend.  Ghlt.  des  Bois 
von  Saeschiihl  nach  V/ ackern  oder : S;03  41,25,  A1j03  21,07, 
FtV}03  12,08,  MgO  1,38,  CaO  0,38,  KO  0,12,  ü20  21,57. 

Nach  von  Leonhard  sind  manche  Bote  nichts  als  Kontakt-Produkte 
basaltischer  Gebilde  mit  Granit,  w ie  zu  Clcrmont  (Cap de  Prudt/llesJ  oder 
mit  buntem  Sandstein:  Büdingen' ("Wilde nstein) ; mit  plastischem  Thon: 
Logeisgebirge  ('Ettinghausen).  Der  Bol  findet  sich  ferner  in  Wacke- 


Steinmark. 


137 


und  Basalttuff-Klüften:  Hessen  (Marburg)  7 Göttingen  (Saesebiihl)  Schle- 
sien ( Strigau ) u.  s.  w.  (Breithaupts  Pinguit  ist  zeisiggrün  und  soll 
ebenfalls  ein  Bol  sein.  Er  enthält  indessen  nur  1,8  p.  C.  A1203 !) 

Die  älteste  Anwendung  des  Bois  war  die  in  der  Heilkunst  und  sein 
Ruf  als  Universal-Heilmittel  eine  Zeit  lang  eben  so  bedeutend,  als  er 
jetzt  in  Vergessenheit  gerathen  ist.  Die  Concurrenz  anderer  Erden,  die 
als  Surrogate  des  Bois  von  verschiedenen  Orten  hergebracht  wurden, 
yeranlassten  die  Bezeichnung  derselben  mit  dem  Orts-Siegel  (Siegelerden, 
Terrae  sigillatae).  So  war  die  lemnisehe  Siegelerde  (Terra  si- 
gillata  lemniaj  mit  dem  halben  Mond  und  drei  Sternen  bezeichnet;  die 
strigau  er  oder  gelbe  Siegelerde  (Terra  sigillata  lutea , seu  stri- 
gonensis)  enthält  glänzend  gelbe  eingesprengte  Flitterchen  und  ist  mit 
drei  Thürmen  bezeichnet.  Die  graue  türkische  Siegelerde  (Terra 
sigillata  turcica  griseaj  gehört  auch  wohl  hierher  und  ist  mit  türkischen 
Buchstaben  bezeichnet.  Der  braune  Bol  von  Siena  wird  als  braune  Farbe 
für  Kupfer-Abdrücke  benutzt.  Die  Bukaros  der  Spanier  und  Portugiesen 
sind  Töpfergeschirre  zum  Aufbewahren  und  Abkühlen  des  Trinkwassers, 
nncl  ebenfalls  aus  Bol  verfertigt.  In  der  Türkei  verfertigt  man  Pfeifen- 
köpfe aus  demselben, 

27.  Steimnark. 

(Syn.  Lithomarga,  Terra  miraculosa  Saxoniae,  sächsische  Wundererde.) 

Derb,  kugelig,  eingesprengt , als  Ueberzng  aus  feinschup- 
pigen  oder  staubartigen , meist  schwach  verbundenen  Theilchen. 
After-Kryst.  nach  Kalkspathformen.  — Br.  eben,  in’s  Gross- 
und Flachmuschelige,  auch  in’s  Erdige.  H.  =*=  2,5;  sp.  G.  =* 
2,20.  Undurchsichtig.  Matt.  Weiss , grau  und  blau  in  mannigfa- 
chen Nüanzen;  ziegel-  und  fleischroth;  ockergelb.  Strich:  etwas 
glänzend.  Fett  anzufühlen.  Stark  an  der  feuchten  Lippe  hän- 
gend. Nicht  abfärbend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  sich  weiss  brennend;  mit  Cobalt- 
auflösung befeuchtet  und  geglüht  eine  schöne  blaue  Farbe  an- 
nehmend. Im  Kolben  wenig  oder  kein  Wasser  gebend.  Im 
Wasser  wenig  oder  keine  Aenderung  erleidend ; es  erfolgt  nur 
sparsame  Entwickelung  sehr  kleiner  Luftbläschen.  Ghlt.  des 
Steinm.  von  RocMitz  nach  Kersten:  Si03  37,62,  A1203  60,50, 
Mn203  0,63,  MgO  0,82,  Fe203  Spur.  — Formel:  3A1Q03-F2$i03. 

Das  Steinmark  erfüllt  schmale  Gänge  und  Adern,  Kluftflächen  und 
Blasenräume  verschiedener  Gebirgsgesteine : Nassau  (Ems),  Harz  (Claus- 
thal), Baden , Sachsen  (Bochlitz) ; ferner  auf  Erzgängen,  besonders  auf 
Zinnerzgängen:  im  Erzgebirge  (Ehrenfriedersdorf) ; auch  manchen  Fels- 
arten beigemengt,  so  im  Topasfels  Ouarz-  und  Topas-Krystalle  uin- 
schliessend:  Voigtladd  (Auerbach). 

Die  officinellen  Bolusarten  und  Siegelerden  sind  z.  Th» 
Steinmark , daliin  gehört : 

Der  weisse  Bolus  (Bolus  alba).  Kommt  aus  Böhmen , 
Salzburg  u.  s . iv . in  grossen  Würfeln  im  Handel  vor,  ist  weiss, 
zum  Theil  gelblich  oder  graulich ; matt  oder  hat  Fettglanz  und 


138 


Bildstein. 


manche  Arten  färben  stark  ab : übrigens  vertualt  er  sich  w ie 
Steinmark.  Die  ganz  weisse  Serie  wurde  in  Schlesien,  auf 
Malta  und  in  der  Türkei  in  kleine  Scheibchen  geformt  und  am 
erstem  Orte  mit  einem  Adler,  am  letztem  mit  dem  Bilde  des 
heiligen  Paulus  gesiegelt , als  w e i s s e , Malteser-  und  tür- 
kische Siegelerde  (Terra  sigillata  alba , melitensis,  Sti. 
Pauli , turcica  alba , Axungia  Lunae)  in  den  Handel  gebracht. 
Oft  ist  der  wreisse  Bolus  nichts  als  feingeschlemmter,  weisser 
Thon;  dieser  vertheilt  sich  leicht  in  Wasser. 

Der  armenische  Bolus  (Bolus  armena , Orient alis)  kam 
ehemals  aus  Armenien , jetzt  erhält  man  ihn  aus  Schlesien, 
Böhmen , Ungarn , Frankreich  u.  s.  w.  in  derben  M.  ; er  hat 
Fettglanz,  blass-rothe  in’s  Bräunliche  gehende  Farbe,  fühlt  sich 
sehr  fettig  an  und  färbt  stark  ab  ; im  Uebrigen  hat  er  die  Ei- 
genschaften des  Steinmarks.  Er  ist  eisenhaltig. 

Der  gemeine  rot  he  Bolus  (Bolus  rubra)  kommt  aus 
Böhmen , Salzburg  u.  s.  w.  in  grossen  Würfeln  in  den  Handel. 
Er  hat  eine  dunklere,  mehr  braune  Farbe,  als  der  armenische 
Bolus ; fühlt  sich  nicht  so  fettig , sondern  mehr  rauh  an  ; hat 
weniger  Zusammenhang  und  ist  grobkörniger , färbt  auch  stark 
ab.  Sein  Eisengehalt  ist  beträchtlicher  als  der  des  armenischen 
Bolus ; öfter  ist  er  aber  nichts  als  ein  Kunstprodukt  und  wird 
aus  Thon  (Letten)  und  unreinem  Eisenoxyd  (Caput  mortuum) 
zusammengeknetet. 

Auch  die  rothen  Bolarerden  wurden  ehemals  gesiegelt,  als  rothe 
Siegel  erden  (Terra  sigillata  rubra ) in  den  Handel  gebracht.  Mart 
erhielt  sie  aus  der  Türkei  mit  türkischen  Buchstaben  gezeichnet  ( Terrä. 
sigillata  rubra  turcica ) oder  aus  Schlesien. 

Das  verhärtete  Steinmark  war  ehemals  ofGcinpll  als  sächsische 
JTundeverde ; jetzt  dient  er  als  Polirmittel  für  Serpentin  und  andere 
Steinarten  von  geringerer  Harte.  Die  Bolarerden,  besonders  die  Siegel- 
erden, varen  nach  den  früheren  Meinungen  mit  bedeutenden  Heilkräften 
begabt;  jettft.  beschränkt  sich  ihr  Gebrauch  als  Heilmittel  wohl  grössten- 
iheils  auf  die  Veteriuarpraxis.  — Der  weisse  Bolus  kann  zu  einem  festen 
Kitte  benutzt  werden;  mit  Sand  und  Wasser  gemischt  wird  derselbe  sehr 
dauerhaft  uud  feuerfest. 

28.  Bildstein. 

(Syn.  Agalmatholit,  Pagodit,  chinesischer  Speckstein.) 

Derbe  M.  — Br.  splittrig.  H.  = 2,5  ; sp.  G.  = 2,8t.  Durchschei- 
nend bis  undurchsichtig.  Matt  oder  schwach  schimmernd.  Grün,  grau 
rotli  und  gell)  in  mehrern  Niianzen.  Strich:  weiss  ; fett  anzufühlen. 

V.  d.  L.  sich  weiss  brennend  und  nur  an  den  dünnsten  Kanten, 
jedoch  schwierig  zu  einem  weissen  Email  schmelzend;  manche  Var.  un- 
schmelzbar; in  Borax  zu  klarem  Glase  lösbar;  durch  Phosphorsalz  nicht 
zerlegt  werdend  ; mit  Soda  ansohwellend  und  zu  dunklem  Glase  schmel- 
zend. Mit  Cobaltauil.  befeuchtet  eine  schöne  blaue  Earbe  annehmejul. 
Iin  Kolben  Wasser  gebend , welches  augebrannt  riecht-  In  erhitzter 


Bergseife. 


139 


Schwefelsäure  bis  auf  die  Kieselerde  lösbar.  Ghit.  nach  Lvclmell : SiO? 
74,40,  A1203  24,54,  Fe203  2,85,  MgO  Spur.  — Hiernacli  die  Formel: 
A1203 . 3SiÖ3.  Klapr.  fand  auch  6,25  p.  C.  KO  und  4 p.  C.  H.,0.  — Nach 
einer  neuem  Analyse  von  y.  Holger  sind  die  wesentlichsten  Bestandteile 
des  Bildsteins:  Si03  66,9,  MgO  27,7,  AL03  5,4,  woraus  er  dio  Fohnel: 
12(MgO  . Si03)H-  A1203 . Si03.  berechnet. 

Kommt  in  China,  Ungarn,  Sachsen  \( SchwarzenbergJ , hier  auf 
einem  Talklager  im  Glimmerschiefer  vor. 

Die  Chinesen  schnitzen  und  drehen  daraus  Pagoden  , Vasen,  Dosen 
u*i.d  andere  Gefässe , die  gewöhnlich  mit  bunten  Farben  bemalt  werdeij. 

29.  Halloisit. 

Nierenförmige,  knollige  M.  — Br.  muschelig;  sehr  weich.  A.  d.  K., 
durchscheinend  bis  undurchsichtig.  Matt.  Rein  weiss,  oder  sehr  lichte 
bläulich-grau.  Stark  an  der  feuchten  Lippe  hängend;  fettig  anzufühlen. 

V.  d.  L.  unschmelzbar , sich  hart  und  weiss  brennend ; mit  Cobalt- 
lösung eine  blaue  Farbe  annehmend;  im  Kolben  Wasser  gebend;  durch 
Schwefelsäure  zersetzbar.  Kleine  Stücke  werden  im  Wasser  durchsichtig. 
Ghlt.  nach  Bertk.:  Si03  47,0,  A1203  39,3,  H20  13,7. 

Kommt  auf  einem  Eisen-,  Zink-  und  Bleierze  fahrenden  Stocke  bei 
Lüttich  fAngleureJ  vor. 

30.  Pholei'it. 

Kleine,  convexe  , schuppige  Theile;  als  TJeberzug.  Zerreiblich.  A.  d. 
K.  durchscheinend.  Perlmutterglanz.  Weiss.  Weich  anzufühlen.  An  der 
feuchten  Lippe  hängend. 

V.  cl.  L-  unschmelzbar;  im  Kolben  Wasser  gebend,  ohne  das  An- 
sehen zu  verändern.  Unlösbar  in  verdünnter  Salzsäure.  Ghlt.  nach  GwiZ- 
leinin : Si03  40,75,  A1203  43,88,  H20  15,36. 

Kommt  im  Kohlengebiete  von  Fins  und  Mons  vor;  auf  Kohlensand- 
stein bei  Lüttich. 

31.  Berg  seife. 

(Syn.  Bockseife.) 

Derbe  M.  — Br.  uneben  bis  erdig.  Weich.  Undurchsichtig. 
Matt.  Bräunlich-schwarz.  Strich:  fettglänzend , schreibt;  hängt 
sich  an  die  feuchte  Lippe;  fühlt  sich  fett  an. 

V.  d,  L.  unschmelzbar,  fährt  im  Wasser  mit  Knistern  aus- 
einander und  wird  zähe.  Ghlt.  nach  Bucholz : Si03  44,0 , 
Al20326,5,  Fe203  8,0,  CaO  0,5,  H20  20,5. 

Kommt  in  Lagern  mit  Thon  und  Lehm  wechselnd  vor:  Thiirinagfi f 
Habichtswald , Böhmen  (Bilin)  , Polen  , Schottland. 

Wird  zum  Waschen  grober  Zeuge  benutzt. 


140  Apopliyllit. 

32.  Kollyrit . 

Derbe  M. , nierenförmig,  als  Ueberzug.  — Br.  feinerdig  in's  Eben« 
und  Flachmnschlige.  H.  = 1,0 — 2,0.  Undurchsichtig.  Matt.  Weiss  in’» 
Gelbliche,  Röthliche  und  Grauliche.  Strich:  weiss  und  wenig  glänzend. 
Stark  an  der  feuchten  Lippe  hängend  und  fett  anzufiihlen. 

Y.  d L.  unschmelzbar,*  mit  Cobaltlösung  befeuchtet  blaue  Farbe  zei- 
gend. Im  Kolben  viel  Wasser  gebend.  Mit  Phosphorsalz  unter  Ausschei- 
dung von  Kieselerde  zerlegbar.  In  Salzsäure  bis  auf  gallertartige  Kiesel- 
erde löslich.  Wasser  einsaugend,  durchscheinend  werdend  und  zersprin- 
gend. Ghlt.  nach  Kersten  : Si03  23,3,  AL0342,8,  H-,0  33,7.  — Formel: 
3A1203 . 2Si03-f-5H20. 

Kommt  auf  einem ' Gange  im  Sandstein  vor:  Sachsen  (JVeissenfelsJ ; 
im  Trachyt:  Ungarn ; in  Wacke:  JVetterau  (Xauhachj  ; als  Ueberzug  auf 
eisenhaltigem  Quarzgestein:  Pyrenäen  ( EzquerraJ . 


GRUPPE  V.  SILICATE  MIT  MEHRERN  BASEN. 

1.  Abth. : Silicate  von  einem  Alcali  oder  einer 
alcalischen  Erde  und  Silicat  von  Thonerde, 
vereinigt  mit  Krystallwasser  (Zeolithe), 

Die  kryst.  Mineralien  dieser  Abtheilung  bieten  Gestalten 
aus  allen  Systemen  dar , ausgenommen  das  ein-  und  eingliedrige. 
Die  Mehrzahl  gehört  zum  ein-  und  einaxigen,  nur  ein  einziges 
(Analcim)  dem  regelmässigen  Systeme  an.  Vom  Pectolith  und 
Brevicit  ist  die  Krystallfonn  noch  nicht  bekannt.  Die  Krystall- 
flächen  sind  oft  gestreift  ; ausserdem  treten  sie  auf  als  kryst. 
M.  von  blätteriger,  strahliger  und  faseriger  Textur.  — Der 
Bruch  ist  selten  muschelig,  bei  allen  uneben,  und  beim  Mesotyp 
in’s  Splittrige  neigend.  Alle  ritzen  den  Kalkspath , nur  wenige 
überschreiten  die  Härte  des  Apatits ; der  Prclmit  allein  ritzt 
den  Feldspath.  Das  spec.  G.  wechselt  zwischen  2,0 — 2,9.  Un- 
durchsichtigkeit findet  selten  statt.  Glasglanz  herrscht  vor  und 
geht  mitunter  in  Perlmutterglanz  über.  Sie  sind  oft  wasserhell, 
die  herrschende  weisse  Farbe  geht  über  in’s  Gelbe,  Graue, 
Grüne,  Röthliche  und  Braune.  V.  d.  L.  sind  alle  schmelzbar 
und  im  Kolben  yeben  sie  sämmtlich  Wasser.  In  Salzsäure 
sind  sie  löslich  bis  auf  den  Baryt-Uarmotom ; wenige  bilden 
hierbei  eine  Gallerte*  die  mehrsten  scheiden  die  Kieselerde  pul- 
vcrförmig  ab, 

1.  Apopliyllit. 

(Sy°'  J^hthyoplithalm , Fisclia ugens tein , Albin,  Tesselit,  pyramidale« 
Kuphouspatli.) 

Kijslslm  zwei-  und  einaxjg.  Krjsif.  gerade  quadratische  Säule  mit 


Mesotyp. 


141 


den  Flächen  eines  Quadratoctaeders  zugespitzt.  Kryst.  glatt,  seltener  ge- 
streift, einzeln  auf-  und  durcheinander  gewachsen,  drüsig  verbunden. 
Kryst.  M.  — Vollkommen  spaltbar  parallel  den  gerade  angesetzten  End- 
flächen. Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 4,5;  sehr  spröde;  sp.  G.  = 
2,3-  Durchsichtig,  auch  durchscheinend.  Wasserhell;  weiss  in’s  Graue, 
Grüne,  Gelbe  und  Rothe.  Strich;  weiss. 

V.  d.  L.  wird  er  matt  und  schmilzt  dann  zu  einem  farblosen  Glase 
(1,5).  Im  Kolben  viel  Wasser  gebend  und  in  Salzsäure  mit  Hinterlassung 
von  gallertartigen  Klumpen  (Kieselerde)  löslich.  (Nach  dem  Schmelzen 
schwer  löslich.  Die  saure  Auflösung  wird  von  Aetzammon  nicht  gefällt. 
Ghlt.  nach  Berz. : Si03  52,13,  CaO  24,71,  KO  5,27,  1I20  16,20,  H2F6 
Spuren.  — Formel:  KO . 2Si03-J-8(Ca0  . Si03)-f-16H20. 

Findet  sich  in  den  Blasenräumen  von  Mandelsteinen  basaltischer  und 
phonolitischer  Felsarten:  Tyrolj  Böhmen t Ungarn  , (Gr  önlandj ; am  Harz 
auf  Gängen  mit  Kalkspath. 

2.  PectoMh. 

Derbe  faserige  M.  (Manchen  Arten  des  Mesotyps  sehr  ähnlich.)  H. 

5;  wenig  spröde;  sp.  G.  =*  2,6-  Durchscheinend.  Perlmutterglanz. 
Weiss  in’s  Gelbe  und  Graue. 

V.  d.  L.  leicht  unter  Entwickelung  von  Luftblasen  zu  emailartigem 
Glase  schmelzend  (2).  Im  Kolben  wenig  Wasser  gebend ; mit  Salzsäure 
nach  dem  Schmelzen  eine  Gallerte  bildend;  im  Uebrigen  wie  Äpophyllit. 
Ghlt.  nach  m Kobell : Si03  51,30,  CaO  33,7,  NaO  8,26,  KO  1,57,  H„0 
3,89,  Al203-j-Fe203  Spuren.  — Formel:  NaO  . 3Si03-f  4(CaO.  2Si03)-f-H20. 

Findet  sich  im  Mandelstein  des  Monte  Baldo  ; in  kryst.  Feldspath 
eingewachsen:  Fassa-ThaL 

3.  Mesotyp. 

(Syn.  Prismatischer  Kuphonspath,  Faser-Zeolith,  Nadelstein.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krysif.  Combination  der  vierseiti- 
gen Säule  mit  dem  zwei-  und  eingliedrigen  Octaeder , gewöhnlich  Zwil- 
linge. Kryst.  oft  nadel-  und  haarförmig;  auf-  und  durcheinander  ge- 
wachsen oder  zu  Büscheln  verbunden,  auch  zahllose  Nadeln  zu  grossem 
Krystallen  der  bekannten  Formen  regelrecht  gruppirt  (MesotypspathJ. 
Halbkugelige,  traubige , nierenförmige  Gestalten;  Text,  concentrisch 
strahlig  in’s  Faserige;  derb  ( Strahlmesotyp ).  — • Vollkommen  spaltbar 
nach  den  Seitenflächen.  Br.  uneben  in’s  Splittrige.  H.  ^ 5 — 5,5;  spröde; 
sp.  G.  2,16 — 2,25.  Durchsichtig  bis  a.  d.  K.  durchscheinend.  Glas- 

glanz, innen  seidenglänzend.  Wasserhell;  weiss  in’s  Graue,  Gelbe, 
Grüne,  Rothe  und  Braune.  Strich:  weiss.  Phosphorescirt  beim  Erwärmen 
schwach  mit  unrein  blauem  Lichte. 

V.  d.  L.  schmilzt  er  ruhig  oder  krümmt  sich  wurmförmig  (ScolezitJ. 
Im  Kolben  giebt  er  Wasser  und  bildet  mit  Salzsäure  eine  steife  Gallerte. 
Die  salzsaure  Auflösung  wird  durch  Aetzammon  gefällt.  So  wie  man  nach 
der  Gestalt  zwei  Arten  unterscheidet,  nimmt  man  nach  der  verschiede- 
nen chemischen  Zusammensetzung  drei  Arten  an,  a.  Hatrolitk , b.  Me- 
solithj  c.  Scolezit. 

a.  entli.  nach  Smithson : Si03  49,  A1203  27,0,  NaO  17,0,  H20  9,5. — 
Formel:  NaO.  Si03-f  A1203  . Si03+2H20. 


14  2 


Aitaloim. 


b.  nach  Berz.:  Si<>3  4(5, SO,  Al^O,  26,50.  GaO  0.87,  NaO  5,1)0, 
U20  12,30.  — Formel:  NaO . Si03+  \l>03 . Siü3-{-2ll,U-f-3(Ca0  . Si03-f 
A1,03 . Si03  -f-3H20). 

c.  nach  Fuchs:  Si03  46,75,  A1203  24,82,  CaO  14,20,  NaO  0,39, 
1I20  13,69.  — Formel : CaO . Si03-f-Al*03 . Si03-f-3H20. 

Kommt  in  Blasenräumen  von  Mandelsteinen,  Basalt,  Dolerit,  Phono- 
lith  ; im  letztem  auch  auf  Aclern  vor:  Kurhessen  fFulda),  Bheinprcussen 
fMendeberg)  , Auvergne,  Fassatlial , Breisgau  C Ka  iser  Stuhl ) , Böhmen 
( Ausig,  Marienberg,  Hauenstein) , Island , Färöer. 

Anhang. 

Zeolith  er  de  (Mehlzeolith).  Als  Ueberzug;  eingesprengt,  weich, 
zerreiblich,  matt.  Gelblichweiss , blassroth , rauh  anzufühlen.  Kommtauf 
Mesotyp  und  Desmin  vor  und  ist  wahrscheinlich  durch  Zersetzung  der- 
selben entstanden. 


4.  Chabasit. 

(Syn.  Chabasie,  Kuboizit,  rhomboedrischer  Kuphonspath,  Messolin.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  stumpfwinkliges  Rhomboeder« 
oder  Combination  desselben  mit  einem  noch  stumpferen  oder  scharfem 
Rhomboeder  als  Abstumpfungen  der  Endkanten;  auch  finden  sich  die 
Seitenecken  durch  die  Flächen  eines  hexagonalen  Prisma’s  abgestumpft. 
Kryst.  federartig  gestreift,  einzeln  aufgewachsen,  häufiger  gruppirt.  — 
Spaltbar  parallel  den  Flüchen  des  primitiven  Rhomboeders.  Br.  muschelig 
bis  uneben.  II.  = 4,5:  sp.  G.  = 2,1.  Durchsichtig  bis  durchscheinend. 
Stark  glasglänzend;  wasserheil,  graulich  und  gelblich  weiss.  Strich:  weiss. 

Y.  d.  L.  undurchsichtig  werdend,  sich  etwas  krümmend,  dann  ruhig 
und  leicht  zu  einem  kleinblasigen  Email  schmelzend  (2 — 2,3);  in  Salz- 
säure mit  Hinterlassung  von  Kieselerde  lösbar  ohne  Gallerte  zu  bilden  ; 
im  Kolben  viel  Wasser  gebend.  Bestdtk.  nach  Arfv, . Si03  48,38,  A1203 
19,28,  CaO  8; 70 , KO  2,50,  H20  21,40;  KO  wir<l  auch  theilweise  durch 
NaO  ersetzt.  — Formel:  3[CaÖ,  KO, NaO]  ,2Si03-{-3  Ah03 . 2Si03)-f-18H,0. 

Kommt  in  Blasenräumen  basaltischer  und  anderer  Mandelsteine  vor: 
Böhmen , Färöer,  Oberstein,  Tyrol , lVesterwali t Breisgau  ( Kaiser - 
stuhlj,  Jiheinpreussen  fHoneß. 

(Nach  Berzelius  ist  der  Levyn  ein  Chabasit;  Arthur  Connell  hält 
den  von  der  Insel  Skyn  seines  Natrongehaltes  und  schiefen  Rhomboeders 
wegen  für  ein  vom  Chabasit  verschiedenes  Mineral.) 

5.  Aitnlcinu 

(S}rn.  Würfel-Zeolith,  Kubizit,  hexaödrischer  Kuphonspath.) 

Kryststm.  regelmässig,  Krystf.  1)  Hexaeder;  2)  Combinationen  des- 
selben mit  dem  Ikositetraeder,  oder  3)  mit  dem  Dodecaeder  Kryst. 
oft  scheinbar  regellos,  glatt,  einzeln  eingewachsen , gruppirt;  kugelig.  -- 
Spaltbar  auf  den  Würfelflächen.  Br.  uneben,  bis  muschelig.  II.  = 3,5; 
spröde;  sp.  G.  = 2,2.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Glas-,  auch 
Perlmutterglanz.  Wasserhell;  graulich  und  röthlich  weiss  in’s  Rothe. 
Strich : weiss. 

V.  d.  L.  anfangs  weiss  und  trübe  werdend,  dann  zu  klarem  glänzen- 


Epistilbit. 


143 


dem  Glase  schmelzbar  (2,5)«  Im  Uebrigen  wie  Cliabasit.  Bestdth.  nach 
IL  Rose : Si03  55,12,  Al203  22,99,  NaO  13,53,  ILO  8,27«  — Formel  : 

3Na.O  . 2Si03-f-3(Al203 . 2Si03)-f-6IE0. 

Findet  sich  in  Mandelsteinen , Basalt  und  vulkanischen  Gonglome- 
raten: Catania , Aetna , Tyrol , (iin  Fassathale  oft  Krystalle  von  4 — 6" 
Durchmesser) , Breisgau , Böhmen. 

6.  Thompsonit . 

Kryststm . ein-  und  eiuaxig.  Krystf  vier- , acht-  und  zwölfseitig« 
Prismen  mit  gerade  angesetzter  Endfläche  und  mit  geraden , abgestumpf- 
ten Endkanten.  Kryst.  gestreift,  aufgewachsen}  stängelig  abgesonderte 
M.  von  strahliger  Textur.  — Br.  uneben.  H.  =s  5,0}  spröde;  sp.  G.  =a 
2,3.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Glasglanz;  wasserhell}  weiss , röth- 
lich-weiss.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  sich  stark  aufblähend,  undurchsichtig  weiss  werdend  und 
dann  leicht  zu  weissein  Email  schmelzend.  Im  Uebrigen  wie  Ghabasit. 
Bestdth.  nach  herz.:  Si03  38,30,  A1203  30,20,  CaO  13,54,  MgO  0,40, 
3NTaO  4,53,  H20  13,10.  — Formel:  3NaO . Si03-f-AE03.Si03-f  3H20-f- 
3(3Ca0.Si03-f-AL03  $i03-f-9H20). 

Findet  sich  in  basaltischem  Gestein  in  Schottland  • in  Laven  am 
Vesuv. 

7.  Desmin. 

(Sjn.  Strahl-Zeolith , Stilbit  z.  Th. , prismatoidischer  Kuphonspath.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säulen  mit  der 
gerade  angesetzten  Endfläche  oder  vierflächigen  Zuspitzung  und  abge- 
stumpften Seitenkanten.  Kryst.  glatt  oder  gestreift,  meist  garben-  oder 
büschelförmig  zugespitzt,  drüsig  verbunden;  kryst.  M.  ; Textur  strahlig. 
Br.  uneben.  H.  = 3,5—4:  spröde;  sp.  G.  = 2,2.  Halbdurchsichtig  bis 
durchscheinend.  Perlmutter-  bis  Glasglanz.  Weiss  in’s  Gelbliche,  Röth- 
liche,  Graue  und  Braune.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  weiss  und  undurchsichtig  werdend,  sich  aufblähend  und 
unter  Krümmungen  zu  einem  weissen  Schmelz  fliessend  (2—2,5).  Im 
Uebrigen  wie  Chabasit.  Glühverlust:  16  p.  C.  Bestdth.  des  Schlesischen 
nach  Zellner : Si03  G0, 27 , A1203  14,43,  CaO  6,40,  MgO  0,21,  H,0  18  5. 
— Formel:  CaO . Si03-f- A1203 .3Si03-f-6H20. 

Kömmt  am  häufigsten  und  ausgezeichnetsten  als  Ausfüllung  von 
Blasenrämuen  in  basaltischen  Gesteinen  vor:  Island  Färöer , Irland , 
Tyrol , am  Harz , Schlesien. 

Der  Comptonit  krystallisirt  in  geraden  rhombischen  Säulen  und 
hat  kleinmuschelig^n  Bruch ; er  verhält  sich  dem  Desmin  ähnlich  und 
kommt  in  vulkanischen  Gresleinen  am  Vesuv  vor. 

8.  Epistilhit. 

(Syn.  Diplogener  Kuphonspath.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule.  Kryst  auf 
gewachsen;  Kryst.  M.  — Br.  uneben.  Ii  =.  4,5;  sp  G.  = 2,2.  Durch- 
sichtig. Glasglanz.  Weiss.  Strich:  weiss. 


Ml 


Loumontit. 


V.  «1  L.  wir»  Desmin.  Glühverlust  : 1 4 ‘/j  p.  C.  Flun  so  zusammen- 
gesetzt wie  die  vorige  Gattung,  ent li.  aber  5U2!>  und  einen  Tlieil  CaQ 
durch  NaO  ersetzt. 

Formel : fCaO, Na0].3Siü3-f-3Al203.3Si034-5>L0. 

Findet  sich  in  Blasenriiumen  von  Mandelsteinen,  begleitet  von  De«- 
min  und  lleulandit:  Island,  Färöer. 


9 . lleulandit 

(Syn.  Blätter-Zeolith , Stilbit  z.  Th.,  hemiprismatischer  Kuphonspath.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rectanguläre  Säule. 
Kryst.  einzeln  aufgewachsen  oder  <lrusig  verbunden;  kryst.  blätterige  M. 
— r»r.  uneben.  H.  = 4;  spröde;  sp.  G.  — 2.2.  Durchsichtig.  Glasglauz. 
W eiss  in  mehrern  farbigen  JNüanzen.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  sich  fächerartig  aufblätternd , sonst  wie  Desrain.  Bestdth. 
nach  v.  Kobell : Si03  60,47 , A1203  17,94,  CaO  7,46,  II20  14,12-  — For- 
mel: 3CaO.  Si03-f-4Al203.  si03-f-lSII20. 

Kommt  mit  Desmin  und  wie  dieser  vor. 

(Dem  Heuland  it  und  Desmin  ist  der  Lincolnit  sehr  ähnlich, 
welcher  kürzlich  in  Massachusets  im  Grünstein  entdeckt  wurde.  Er  kry- 
stalüsirt  in  rhombischen  Säulen. 


10.  Brewsterit. 

(Syn.  Brewsterischer  Kuphonspath.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rectanguläre  Säule. 
Kryst.  einzelne  Flächen  vertical  gestreift,  aufgewachsen  , drüsig  verbun- 
den. Kryst.  M.  — Br.  uneben.  II.  = 5;  sp.  G.  :=  2,2.  Durchsichtig. 
Glasglanz.  Weiss  in’s  Gelbe  und  Graue.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  wie  Desmin.  Die  verdünnte  salzsaure  Lösung  wird  durch 
Schwefelsäure  gefällt.  Bestdth.  nach  A.  Connel : Si03  53,6,  A1203  17,3, 
Sr0  8,3,  BaO  6,7,  CaO  1,3,  FeiO30,2,  II20  12,5.  — Formel:  3[SrO,  BaOJ 
Si03-f-4(Al203 . 3Si03)-f-lSH20. 

Kommt  von  Kalkspalh  begleitet  zu  Strontian  in  Argileshire  vor. 

11.  Laumontit. 

(Syn.  Diatomer  Kuphonspath.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf  schiefe  rhombische  Säule. 
Kryst.  säulenförmig,  gestreift,  aufgewachsen,  drüsig  verbunden;  kryst. 
M.  — Br.  uneben.  II.  = 3,5;  sehr  zerbrechlich;  sp.  G.  =.  2,3.  Durch- 
scheinend. Perlmutterglanz.  Weiss  ins  Gelbe,  Graue  und  Rothe.  Strich: 
weiss.  Er  zerfällt  an  der  Luft. 

V.  d.  L.  unter  wurmförmigem  Krümmen  zu  weissem,  durchscheinendem 
Email  schmelzend.  Im  Uebrigen  wie  Mesotyp.  Bestdth.  nach  L.  Gmelin: 
SiOs  48,3,  A120,  22.7,  CaO  12,1,  H20  16,0.  — Formel:  3Ca0.2Si03,-f- 
4(Ai203.2Si03)-f-l8II20. 

Kommt  im  Thonschiefer  in  verschiedenen  Ländern  vor. 


Prehjiit. 


145 


12.  Harmoiom. 

(Syn.  Kreutzstein,  paratomer  Kuphonspath,  Gismondin,  Abrazit.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rectanguläre  Säule  mit 
vier  den  Kanten  aufgesetzten  Flächen  zugespitzt  Kryst.  aufgewachsen 
oder  zu  Drusen  verbunden;  einzelne  Flächen  gestreift.  — Vollkommen 
spaltbar  in  mehrern  Richtungen.  Br.  muschelig  in’s  Unebene.  II.  -45- 
sp.  G.  = 2,1 — 2,4.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig.  Glasglanz.  Weiss 
in’s  Graue  und  Gelbe,  selten  Rothe.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  ruhig  schmelzend  (1)  zu  einem  klaren  Glase.  Im  Uebrigen 
wie  Chabasit.  Bestdth.  des  H.  von  Marburg  nach  L.  Gmelin : Si03  48,0°, 
A1,03  22,61,  KO  7,50,  H,0  16,75,  CaO  6,56,  Fe203-f-Mn203  0,18.  — 
Formel:  3[KO,  CaO]  . 2Si03-|-3(Al203 . 2Si03)-f-15II20. 

Der  Baryt-Harmotom  hat  wahrscheinlich  dieselbe  Zusammensetzung, 
aber  statt  KO  und  CaO  enthält  er  BaO.  Er  schmilzt  schwieriger  und 
widersteht  der  Salzsäure  mehr.  Die  Lösung  wird  von  Schwefelsäure 
gefällt. 

Kommt  auf  Gängen  im  ältem  Gebirge  vor  und  auf  Blasenräumen  der 
Mandelsteine,  Basalte  und  Dolerite  : Oberstein  (Baryt-H.),  Marburg , 
Böhmen , Capo  di  Bove  bei  Rom. 


13.  Brevicit. 

Ein  kürzlich  entdecktes,  blättrig  strahliges  Mineral.  Weiss,  mit 
breiten  dunkelrothen  oder  graulichrothen  Streifen.  Ghlt.  nach  Sonden  • 
Si03  43,88,  A1203  28,39,  NaO  10,32,  CaO  6,88,  MgO  0,21,  H20  9 63  — 
Formel : 3[NaO,  CaO] . 2Si03-f-3(Al203 . Si03)-f-2H20. 

Er  findet  sich  in  Blasenräumen  trachytischer  Gesteine  bei  Breviz  in 
Norwegen. 


14.  Prehnit. 

(Syn.  Kupholit,  Axotomer  Triphanspath.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule,  an 
den  stumpfen  Seitenkanten  sehr  stark  gerade  abgestumpft.  Kryst.  glatt 
oder  mit  drüsiger  Oberfläche,  eingewachsen,  mannichfach  gruppirt,  be- 
sonders kegel-  oder  garbenförmig.  Kryst.  M.  mit  blätteriger  Textur 
fPrehnitspathj ; kugelige,  nierenförmige  M.  mit  concentrisch  strahliger 

bis  faseriger  Text.  (Kaser  ■ oder  StrahlprehnitJ.  — Br.  uneben.  H.  ■ 

6—6,5;  spröde;  sp.  G.  = 2,9.  Halbdurchsichtig  bis  durchscheinend. 
Glas-  bis  Perlmutterglanz.  Berg-,  apfel-  und  zeisig-grün  in’s  Griinlich- 
und  Graulichweisse.  Strich:  weiss.  Durch  Erwärmen  polariscli-electrisch 
werdend. 

V.  d.  L.  unter  starkem  Brausen  zu  weissem  oder  gelblichem  email- 
artigem Glase  schmelzend  (2).  Im  Kolben  wenig  Wasser  gebend.  Nach 
dem  Schmelzen  mit  Salzsäure  eine  Gallerte  bildend.  Bestdth.  nach 
Walmstädt : Si03  44,71,  A1203  23,99,  CaO  25,41,  FeO  1,25,  MnO  0,19. 
H20  4,45  — Formel:  2CaO  . Si03-f-Al203 . Si03-f-H20. 

Kommt  auf  Gängen  und  Drusenräumen  im  altern  Gebirge  vor  : Tyrol, 
Salzburg  ^ Dauphinee ; in  Blasenräumender  Mandelsteine : Obersteinl 

Schottland , Fassathal. 

Geigers  Pharmacie • //  1.  (2 te  Auf.) 


10 


146 


Edingtonit. 

In  diese  Abtheilung  gehören  auch  folgende,  weniger  genau  bekannte 
Mineralien  : 

Der  G in  e 1 i n i t (HydrolitJ.  Kryst  st/n.  drei-  und  einSxig.  Krystf. 
Dihexaeder.  Kryst.  einzelne  Flächen  rauh,  andere  gestreift;  eingewach- 
. sen  oder  zu  mehrem  verbumlen.  — Br.  uneben.  II.  = 4,5;  sp.  G.  = 
2,0.  Durchscheinend  bis  durchsichtig.  Glasglanz.  Weiss  in’s  Fleischrothe. 
Strich  : weiss. 

Zerspringt  in  der  Lichtflamme  zu  kleinen  Schuppen.  Bestdth.  nach 
yauq.:  Si03  50,0,  Al203  20,00,  CaO  4,5,  NaO  4,5,  ILO  21,0. 

Kommt  in  Blasenräumen  der  Mandelsteine  vor:  im  Vicentinischen , 
Irland. 

Killinit.  Krystf.  rhombische  Säule.  Kryst.  eingewachsen;  derbe 
M.  — Br.  uneben,  feinkörnig.  II.  = 4;  sp.  G.  c=  2,6  Durchscheinend. 
Glasglanz  Grünlichgrau.  Strich:  gelblich-weiss. 

Y.  d.  L.  sich  aufblähend  und  zu  weissein  Email  schmelzend.  Ghlt. 
nach  Barkei".  SiO?  52,49,  A1203  24,50,  KO  5,00,  Fe203  2,49,  Mn203 
0,75,  CaO  und  MgO  0,50,  ILO  5,00.  • 

Kommt  auf  einem  Granitgange  mit  Glimmerschiefer  im  Quarz  vor: 
Irland  (bei  Dublin). 

Edingtonit.  Kryslstm.  zwei-  und  einaxig.  Kryst.  glatt,  theils 
gebogen.  IT.  = 4:  sp.  G.  = 2,7-  Halb  durchsichtig.  Glasglänzend.  Grau- 
licliweiss  Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  zu  farblosem  Glase  schmelzend.  Bestdth.  nach  Turner : 
Si03  35,09,  A1203  27,69,  CaO  12,68,  H20  13,32. 

Kommt  in  den  Kil patrick- Hügeln  vor,  begleitet  von  Kalkspath , 
Ilarmotom  und  Thompsonit. 


2.  Abth.  : Silicate  von  Alcalien  oder  alcalischen 
Erden  mit  Silicaten  von  Thon  erde,  ohne  chemisch 

g e b n n d e n e s Wasser  (fclds palliar tige  Mineralien). 

Die  feldspathartigen  Mineralien  krystallisiren  der  grössern 
Anzahl  nach  im  ein-  und  eingliedrigen  und  zwei-  und  einglie- 
drigen Systeme ; jedes  der  vier  andern  Systeme  hat  aber  wenig- 
stens einen , das  zwei  - und  einaxige  zwei  Repräsentanten. 
Ausserdem  treten  alle  auch  als  kryst.  M.  mit  blätteriger,  strah- 
liger,  körniger  bis  dichter  Textur  auf.  Auf  dem  Bruche  sind 
sie  muschelig  oder  uneben.  Sie  sind  sämmtlich  spröde,  ritzen 
den  Apatit  und  werden  vom  Quarz  geritzt,  ausgenommen  der 
Jlvmboldtilit,  welcher  Apatit-,  und  der  Triphan.  welcher  Quarz- 
Härte  besitzt.  Das  spec.  CJ.  wechselt  im  Allgemeinen  zwischen 
2,4  und  2,7;  beim  llumboldtilit  ist  es  •=  3,1,  beim  Triphan  — 

3, (1.  In  den  optischen  Eigenschaften  stimmen  sie  mit  denen  der 
vorigen  Abtheilung  überein.  (Couzcranit  ist  schwarz  in’s  Blaue.) 
V.  d.  L.  sind  fast  alle,  den  Lenzit  ausgenommen,  schmelzbar, 
aber  in  der  Regel  schwierig.  Im  Kolben  geben  sie  kein  Wasser. 


Feldspath. 


147 


Viele  sind  in  Salzsäure  unlöslich,  andere  lösen  sich  mit  Hinter- 
lassung pulveriger  Kieselerde  in  derselben,  und  nur  Nephelin 
und  JiumboldtUU  bilden  mit  Salzsäure  eine  Gallerte. 

iS.  Feldspath. 

(Syn.  Neutrales  kieselsaures  Thonerde-Kali,  Orthoklas,  prismatischer 
Feldspath,  Spatlmm  fusibile.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  Grundgestalt 
eine  schiefe  geschobene  Säule  mit  abgestumpften  stumpfen  und 
scharfen  Seitenkanten,  als  secundären  Flächen ; häufig  Zwillinge. 
Kryst.  mit  theils  vertical,  theils  horizontal  gestreiften,  theils 
glatten , theils  rauhen  Seitenflächen ; kryst.  M. ; dicht.  — Voll- 
kommen spaltbar  parallel  den  End-  und  Seitenflächen.  Br.  un- 
eben bis  muschelig.  H.  = 6;  spröde;  sp.  G.  =^=  2,5.  Wasser- 
hell;  weiss,  roth,  grün  in  verschiedenen  Nüanzen. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  halbdurchsichtig,  glasig  werdend,  schwer 
zu  einem  blasigem , durchscheinendem  Glase  schmelzend  (5).  In 
Säuren  unauflöslich.  Im  Kolben  kein  Wasser  gebend.  — Formel: 
KO  . SiOsH-i^jOj . 3Si03. 

Arten. 

1.  Adular.  (Syn.  opalisirender  Feldspath.)  Kryst.  auf-  und 
eingewachsen,  vielartig  gruppirt.  Kryst.  M.  und  stumpfeckige 
Stücke.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Glasglanz  stark,  eigen- 
thümlich  perlmutterartig.  Wasserhell ; weiss  in’s  Graue , Blaue, 
Grünliche  und  Gelbliche.  Bestdth.  nach  Vauq.:  Si03  64,  Ala03 
20,  KO  14,  CaO  2.  Und  nach  Vogel  auch  durch  Wasser  aus- 
ziehbare organische  Materie. 

Kommt  auf  Gängen  und  als  Drusenbildung  im  altern  Gebirge  vor, 
begleitet  von  Hornblende,  Bergkrystall,  Chlorit,  Epidot,  Kalkspath:  St. 
Gotthard , Vesuv,  Tyrol , Dauphinee  , Sibirien , Elba  , Grönland. 

Die  Varietät,  welche  man  Mondstein  nennt,  wird  geschliffen  und  ist 
ein  geschätzter  Schmuckstein. 

2.  Gemeiner  Feldspath.  Kryst.  häufig  Zwillinge, 
meist  mit  rauher  Oberfläche,  eingewachsen;  kryst.  M. ; derb, 
eingesprengt.  Durchscheinend.  Glasglanz.  Weiss  in’s  Graue, 
Fleischrothe , Grüne  ( Amazonenstein ),  Blaue  und  Gelbe  mit 
buntem  Farbenspiel.  Bestdth.  nach  Bucholz : Si03  60,25 , 
Al203  22,00,  KO  14,00,  CaO  0,75,  U20  1,00. 

Sehr  allgemein  verbreitet  und  ein  wesentlicher  Bestandtheil  des 
Granits,  Gneises,  Syenits  u,  s.  w. : ferner  auf  Gängen  und  in  Drusen- 
ränmen:  Karlsbad,  Fichtelgebirge , Elba , St.  Gotthard,  Schweden  , 

Sibirien  , Siebengebirge  (Drachevfels). 


148 


Perikim. 


Man  benutzt  die  grünen  und  bunten  Feldspathe  zu  Gegenständendes 
Schmucks , die  derben  Massen  als  Zusatz  beim  Porzellan,  zur  Glasurmasse 
beim  Tüpfergeschirr  u s.  w. 

3.  Feldstein.  (Syn.  dichter  Feldspatli,  Felsit.)  Derb.  Br.  splitte- 
rig.  Matt  bis  a.  d.  K.  durchscheinend.  Weiss,  grau,  grün,  roth; 
selten  rein. 

Bildet  die  Grundmasse  mancher  Felsarten  (Porphyr,  Phonolith), 
oder  einen  wesentlichen  Gemengtheil  derselben,  wie  des  Gabbro,  Diorit. 

Er  nimmt  eine  schöne  Politur  an. 


16.  Alb it. 

(Syn.  Neutrales  kieselsaures  Thonerde-Natron,  Tetartin,  Kieselspath  , 
Natron-Feldspath.) 

liryststm.  ein-  und  eingliedrig.  Grundform ; eine  schiefe 
geschobene  Säule ; einfache  Kryst.  selten , häufiger  Zwillinge , 
so  dass  beide  Individuen  die  Abstumpfungsfiäche  der  scharfen 
Seitenkanten  einer  klinorhombotdischeu  Säule  gemein  haben. 
Kryst.  meist  flach,  zusammengedrückt.  Kryst.  M.  von  blättri- 
ger oder  gebogen  strahliger  Text.  — Br.  uneben.  H.  = 6 — 6,5; 
sp.  G.  ■=■  2,6.  Durchscheinend.  Glas-  bis  Perlmutterglanz. 
Wasserhell ; weiss  in’s  Gelbliche , Bötliliche  und  Grauliche. 
Strick  : weiss. 

V.  d.  L.  wie  die  vorige  Gttg.  Schmelzbarkeit  = 4.  Be- 
stdth.  nach  Holms:  Si03  AI3O3  20,8,  NaO  10,5.  Fe3034- 

M112O3  0,1,  CaO  0,2.  — Formel:  NaO.  Si03-t-Al203 . 3Si03. 

Häufig  im  Granit  der  Alpen:  St.  Gotthard , Zillerthal , Salzburg, 
Pyrenäen , Norwegen , Chesterfield  in  Massachusets. 

Wird  wie  der  Feldspatli  benutzt. 


17.  Per  Min. 

liryststm.  ein-  und  eingliedrig.  Grundform:  schiefe  rhom- 
boidische  Säule.  Kryst.  meist  niedrig,  auf-,  oder  zu  mehrern 
zusammengewachsen ; kryst.  M.  — Br.  uneben.  H.  = 6;  sp. 
G.  = 2,5.  Durchscheinend.  Glasglanz.  Weiss  in’s  Röthliche  und 
Gelbliche.  Strich : w eiss. 

V.  d.  L.  wie  die  vorige  Gttg.  Bestdth.  nach  C.  G.  Gme- 
lin  : Si03  67,9,  A1Q03  18,9,  NaO  9,9,  KO  2,4,  CaO  0,1,  FeO 
0,4.  — Formel:  [NaO,  KO] . Si03-f-Al203 . 3Si03. 

Im  altern  Gebirge  auf  Gängen  und  Drusenräumeu : St.  Gotthard , 
Tyrol , Sachsen. 


Oligoklas.  149 

18.  Petalit. 

(Syn.  Doppelt-kieselsaures  Lithion  mit  neutraler  kieselsaurer  Thon  erde , 
prismatischer  Petalinspath , Berzelit.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krysl.  M. ; derb.  — Br. 
uneben  in’s  Splittrige.  H.  = 6;  sp.  G.  = 2,4.  Durchschei- 
nend. Perlmutter-  bis  Glasglanz.  Milchweiss  in’s  Rothe.  Strich: 
weiss. 

V.  d.  L.  ruhig  zu  einem  weissen  Email  schmelzend  (3,5). 
Mit  saurem  schwefelsaurem  Kali  in  der  Pincette  zusammenge- 
schmolzen,  die  Flamme  blass  purpurroth  färbend.  Im  Kolben 
und  gegen  Säuren  wie  Feldspath.  Bestdth.  nach  C.  G.  Gmelin: 
Si03  74,17,  A1203  17,41,  LO  5,16,  CaO  0,32.  — Formel: 
LO . 2Si03-hAla03 . 3Si03. 

Tn  grossen  einzelnen  Blöcken  im  Urgebirge : Insel  Utön,  in  Roll 
stücken  am  Ontario-See  in  Cannada. 


19.  Triphan. 

(Syn.  Spodumen,  prismatischer  Triphanspath.) 

Kryststm.  ein-  und  eingliedrig?  Kryst.  M.  von  blätteriger  Textur.  — 
Br.  uneben.  H.  = 6,5 — 7;  spröde;  sp.  G,  =£=  3,6  Durchscheinend. 
Glasglanz.  Grünlichweiss  in’s  Berggrüne.  Strich:  weiss. 

Y.  d.  L.  sich  aufblähend  und  zu  ungefärbtem  Glase  schmelzend  (3,4), 
sonst  wie  Petalit.  Bestdth.  nach  Strom.:  Si03  63,28,  AL03  28,77,  LO 
5,62,  Mn„03  0,26,  Fe203  0,79,  H20  0,77.  — Formel":  L0.2Si03-f- 

A1203 . 2Si03. 

Eingewachsen  in  granitischem  Gestein  und  auf  Lagern  mit  Feldspath, 
Turmalin:  Insel  Utön 3 Tyrol 3 Irland , Massachusets. 


20.  Oligoklas. 

(Syn.  Neutrales  kieselsaures  Natron  mit  zwei  Drittel-kieselsaurer 
Thonerde,  Natronspodumen.) 

Kryststm  ein-  und  eingliedrig,.  Krystf  schiefe  rhomboklische  Säule. 
Derbe  kryst.  blättrige  M.  -L-  Br.  muschelig.  H.  = 6;  sp.  G.  = 2,6- 
Durchscheinend  Perlmutter-  bis  Giasglanz.  Weiss  in’s  Graue,  Grüne  und 
Gelbe  neigend. 

Grad  der  Schmelzbarkeit  — (3,5).  Bestdth.  nach  Berz. : Si03  63, 7o, 
A1203  23,95,  NaO  3,11,  RO  1,20,  CaO  2,05,  MgO  0,65,  Fe.,03  0,50.  — 
Formel : NaO  . Si03-f-AL03 . 2Si03.  (Das  NaO  ist  zum  Theil  ersetzt  durch 
KO,  CaO  und  MgO.) 

Im  ältern  Gebirge  bei  Freiber g3  in  Schweden,  Norwegen;  imBasalt^ 
im  Coburgischen. 


150 


Riakolith. 


2i.  Leuclt. 

(Sy n.  Zwei-drlttel-kieselsaures  Thouerde-Kali , trapezoidaler  Kuphonspath, 

Amphigen.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Ikositetraeder.  Kryst.  rauh,  iuuen 
rissig;  rundliche  Körner;  selten  kleine  derbe  M.  — Br.  muschelig.  H. 

5,5 — G ; spröde  ; sp.  G.  = 2,4 — 2,5.  Durchsichtig  bis  durchscheinend. 
Zwischen  Glas-  und  Fettglanz.  Weiss  in's  Graue  und  Gelbe.  Strich: 
weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar;  mit  Borax  schwierig  zu  klarem  Glase  schmel- 
zend. Im  Kolben  kein  Wasser  gebend.  In  Salzsäure  zerlegbar  und  Si03  als 
feines  Pulver  abscheidend.  Bestdth.  nach  Arfv.'.  Si03  56,10,  AL03  23,10, 
KO  21,15,  Fe,03  0,95.  — Formel;  3KO  . 2Si03-f  3(AL03 . 2Si03)'. 

Eingewachsen  in  älteren  Laven;  Vesuv  , Borghetto , Rom , Laacher 
See , Kaiserstuhl . 

22.  Labrador. 

(Syn.  Neutrales  kieseisaures  Natron  und  Kalk  mit  drittel-kieselsaurer 
Thonerde , Labrador-Feldspath.) 

Kryststm.  ein-  und  eingliedrig.  Kryst.  selten;  kryst.  M.  von  blätte- 
riger Text.  — Br.  uneben  in’s  Muschlige.  H.  = 6:  spröde;  sp.  G.  == 

2,7.  Durchscheinend.  Glas-  bis  Perlmutterglanz.  Grau  in  verschiedenen 
Niianzen  in  der  Richtung  einiger  Flächen;  oft  lebhaftes  Farbenspiel  mit 
blau,  gelb,  braun,  grün  und  roth.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  wie  Feldspath , aber  zu  einem  dichten,  farblosen  Glase 
schmelzend  (4)  In  Salzsäure  mit  Hinterlassung  von  Kieselerde  löslich, 
ohne  eine  vollkommene  Gallerte  zu  bilden.  Bestdth.  nach  Laurent  und 
Holms : Si03  47,9,  A1203  34,0,  Fe203  2,4,  NaO  5,1,  KO  0,9,  CaO  9,5, 
MgO  0,2.  — Formel:  NaO  .Si03-f-Äl203 . Si03-f-3(Ca0  . Si03-f-Ala03 . Si03). 

In  grossen  stumpfeckigen  Stücken  und  Geschieben . seltner  anste- 
hend: Labrador , Schottland , Schlesien  , Finnland;  auch  in  Laven  des; 
Vesuvs ; als  Gemengtheil  mehrerer  Felsarten:  Syenit,  Gabhro  u s.  w. 

Der  Labrador  wird  zu  Tischplatten,  Uhrgehäusen,  Tabatieren  u,  s.  w. 
verarbeitet. 


23.  Riakolith. 

(Syn.  Glasiger  Feldspath  z.  Th. , Eisspath.) 

Kryststm . zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  wie  beim  Feldspath  . aber 
nach  G.  Rose  mit  andern  Winkelverhältnissen.  Kryst.  einzeln  oder  durch- 
einander gewachsen.  Kryst.  M. ; durch  vulkanische  Einwirkung  glasig  und 
rissig  geworden.  — Br.  muschelig.  H.  und  sp.  G.  wie  beim  Feldspath. 
Durchsichtig  bis  a.  d.  K.  durchscheinend.  Glasglanz.  Wasserhell.  Weiss 
in  s Graue , Gelbe  und  Rothe. 

V.  d.  L.  wie  Feldspath  , aber  durch  Salzsäure  zersetzbar.  Glilt.  eines 
/?.  vom  Vesuv  nach  G.  Rose:  Si03  50,31,  A1203  29,44,  KO  5,92,  NaO 
10,56,  Fe>03  0,28,  CaO  1,07,  MgO  0,23.  —•  Formel:  [NaO, KO] . SiO,-f- 

Ai,O,.Si0„ 


Wernerit. 


151 


Eingewachsen  mit  Augit,  Haüyn,  Titanit  in  Laven,  Trachyt,  Bims- 
stein: am  Vesuv,  Eifel,  Laacher  See. 

24.  Latrobii , 

(Syn.  Diploit.) 

Kryslstm.  ein-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule. 
Kryst.  unvollkommen  5 kryst.  M. ; eingesprengt.  H.  = 5,5  ; sp.  G.  =»=  2,72* 
Durchscheinend.  Glasglanz.  Rosen-  und  Pfirsichblüthröth. 

Y.  ch  L.  schneeweiss  werdend,  sich  stark  aufbläbend  und  a.  d.  K. 
zur  wenig  durchscheinenden  blasigen  Masse  zusammensinternd.  ln  Boras 
zu  farblosem  Glase  lösbar.  Mit  Phosphorsalz  zur  klaren , ein  Kiesel- 
skelet enthaltenden  Perle  Ghlt.  nach  C G Gmelin:  SiOa  44,65,  A1203 
36,81,  CaO.  8,29,  Mn,03  (mit  etwas  MgO)  [3,78,  KO  6,57,  H20  2,04.  — 
Formel : 3KO  . Si03-f-2(3CaO . Si03)-f-15(Al203 . Si03). 

Kommt  mit  Feldspath , Glimmer  und  Kalkspath  verwachsen  vor : an 
der  Küste  von  Labrador  (Eiland  Amitock ). 

25.  Wernerit. 

(Syn.  Zwei-drsttel-kieselsaures  Natron  und  Kalk  mit  Drittel-kieselsaurer 
Thonerde,  pyramidaler  Feldspath,) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  quadratische  Säule  mit  den 
Flächen  eines  quadratischen  Octaeders  zugespitzt;  2)  dieselbe  Säule  mit 
abgestumpften  Seitenkanten.  Kryst.  meist  säulenförmig;  nadelförmig; 
kryst.  M. ; derb;  Textur  körnig  oder  slrahlig.  — . Br.  uneben.  H.  = 

5 — 5,5;  spröde;  sp.  G,  = 2;8.  Glasglanz.  Strich:  graulich-weiss. 

Y.  d.  L.  unter  Schäumen  und  Leuchten  zu  farblosem,  blasigem  Glase 
schmelzbar.  Im  Kolben  und  gegen  Säuren  wie  Labrador. 

Arten. 

1.  Wernerit  (Skapolith).  Kryst.  gestreift,  oft  mit  talkähnlichem 
Glimmer  überzogen,  auf-  und  durcheinander  gewachsen.  Durchscheinend 
bis  undurchsichtig.  Grau  in’s  Weisse,  Grüne  und  Rothe.  In  Salzsäure 
mit  Hinterlassung  von  Kieselerde  lösbar,  ohne  vollkommene  Gallerte  zu 
bilden  Schmelzbarkeit  = (2,5).  Ghlt.  nach  Hart  wall : Si03  43,87 , AL03 
27,93,  CaO  20,00,  NaO  2,92,  FeO  0,43,  CO,  4,39,  H,0  0,55.  — Formel: 
3(CaO,  NaO) . 2Si03-f-2(AL03 . Si03). 

Auf  Lagern  von  Magneteisen  in  Gneis:  Norwegen , Schweden.  In 

Lagern  von  körnigem  Kalk : Finnland. 

2.  Mejonit.  Kryst.  glatt,  zugerundet,  oft  mit  weisser  Rinde  über- 
zogen. Halbdurchsichtig  bis  durchscheinend.  Grauliehweiss.  In  Salzsäure 
zur  vollkommen  steifen  Gallerte  löslich.  Schmelzbarkeit  = 3.  Bestdth. 
nach  X.  Gmelin:  Si03  40,8,  AL03  30,6,  CaO  22,1  , NaO-f-KO  2,4, 
FeO  1,0. 

In  Drusenhöhlen  von  körnigem  Kalk,  alten  Auswürflingen  des  Vesuvs 
angehörig. 

(Der  Nittalit  von  Massachusets , dessen  Kryst.  gestreift  und  durch 
Flächen  von  sehr  ungleicher  Grösse  entstellt  sind,  gehört  auch  hierher.) 


152  Nephelin. 

26.  Porzellanspath . 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  wenig  geschobene 
gerade  rhombische  Säule.  Derbe  M.  — Br.  uneben.  H.  = 5,5; 
spröde;  sp.  G.  — 2,6.  Durchscheinend.  Glasglanz.  Weiss  ins 
Gelbe,  Blaue  und  Graue.  Strich:  weiss.  Erwärmt  stark  phos- 
phorescirend. 

V.  d.  L.  wie  Wernerit.  Glilt.  nach  Fuchs : Si03  49,30 , 
AI2O3  27,90,  CaO  14,42,  NaO  5,46,  H20  0,40.  Im  körnigen 
fand  v . Kobell  auch  0,17  KO.  — Formel:  NaO.  Si03+3(Ca0  . 
Si03)-hl2(Al203  . SiOs). 

Kommt  in  kleinkörnigem  Feldspa  th  vor:  in  Baiern  fObernzelf  PassauJ. 

Durch  Verwitterung  desselben  entsteht  nach  Fuchs  die  Porzellanerde 
von  Passau,  die  ihrer  Zusammensetzung  zufolge  verschieden  ist  von  der 
muthmasslick  aus  Feldspath  entstandenen.  Vergl.  oben  p.  134  Kaolin . 

27.  Humboldtilit. 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  quadratische  Säule. 
Kryst.  meist  tafelartig  verkürzt.  — Br  muschelig  bis  uneben.  H.  = 5 ; 
sp.  G.  = 3,1-  Halbdurchsichtig  bis  durchscheinend.  Glasglanz.  Lichte 
gelb  in’s  Grauliche. 

V.  d.  L.  ohne  Aufblähen  schmelzbar  (3)  Mit  Salzsäure  eine  voll- 
kommen steife  Gallerte  bildend.  Im  Kolben  kein  Wasser  gebend.  Ghit. 
nach  v.  Kobell:  Si03  43,96,  A1,03  11,20,  CaO  31,36,  MgO  6,10,  FeO 
2,32,  NaO  4,28,  KO  0,38.  — Formel:  NaO . 3Si034-5(Al,03  . Si03)4-12 
[CaO,  MgO,  FeO] . Si03. 

Findet  sich  in  Höhlungen  und  Drusenräumen  lavaartiger  Gesteine  in 
Begleitung  von  Augit:  Vesuv. 

28.  Nephelin. 

(Syn.  Drittel-kieselsaurps  Thonerde-Natron,  rhomboüdrischer  Feldspath, 
Elaeolilh , Fettstein,  Sommit.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  regelmässige  sechsseitige  Säule 
mit  gerade  angesetzter  Endfläche  und  den  Flächen  eines  Dihexaeders  als 
Abstumpfungen  der  Endkanten.  Kryst.  tafelartig,  glatt,  eingewachsen, 
drüsig  verbunden;  kryst.  M.  mit  körniger  oder  blätteriger  Textur.  — • Br. 
muschelig.  H.  = 5,5 — 6;  sp.  G-  = 2,5 — 2,7.  Halbdurchsichtig  bis  un- 
durchsichtig. Glas-  bis  Fettglanz.  Wasserhell.  Weiss  in’s  Graue,  Oel-  und 
Olivengrüne.  Strich : weiss. 

V.  d.  L wie  Humboldtilit.  Glilt.  nach  L.  Gmelin : KO  7,13,  NaO 

13.36,  CaO  9,90,  Fe203  1,50  (mit  Spuren  von  Mn),  Al203  33,49,  Si03 

43.36,  1120  1,39.  — Formel:  3(K0,Na0).Si03-f-3(Al203.Si03), 

In  Drusenhöhlen  vulkanischer  Auswürflinge  und  in  Laven  älterer 
Ei  uptionen:  Vesuv , Rom , Laacher  See ; imDoierit:  Odenwald ; im  Sye- 
nit : Norwegen 

('Hierher  gehört  Nordenskiölds  wasserfreier  Skolezit.  CaO  . Si03-f~ 
A1203  . Si03). 


Obsidian. 


153 


29.  Couzeranit. 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule. 
Kryst.  der  Länge  nach  gestreift.  Text,  blätterig.  — Br.  muschelig.  H.  = 
6;  sp.  G.  = 2,69.  A.  d K.  durchscheinend.  Glasglanz.  Schwarz  in’s 
Blaue. 

V.  d.  L.  schmelzbar  zu  weissem  Email.  Unlöslich  in  Säuren.  Ghlt. 
nach  Dufrenoy : Si03  52,85  , A1203  24,25,  CaO  12,04,  MgO  1,46,  KO 
5,63,  NaO  3,75.  — Formel:  3[GaO,  KO,  Na0j.Si03-|-2(Al203.Si03)? 

Kommt  in  körnigem  Kalk  vor:  Pyrenäen  (im  Thale  SeixJ. 

30.  Anorthit. 

(Syn.  Drittel-kieselsaure  Kalk- , Talk-  und  Thonerde.) 

Kryststm.  ein-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhomboidische  Säule. 
Kryst.  aufgewachsen,  drüsig  verbunden.  Kryst.  M.  mit  körniger  Text.  — - 
Br.  muschelig.  H = 6;  spröde;  sp.  G.  = 2,6.  Durchsichtig,  Glas-  bis 
Perlmutterglanz.  Wasserhell.  Weiss.  Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  schwer  zu  einem  klaren  Glase  schmelzend.  Im  Kolben  und 
gegen  Salzsäure  sich  wie  Labrador  verhaltend.  Ghlt.  nach  G.  Rose : 
Si03  44,49,  A1203  34,46,  CaO  15,68,  MgO  5,26,  Fe203  0,74.  — Formel  ? 

Anhang  zu  den  feldspathartigen  Mineralien. 

Obsidian. 

(Syn.  Empyrodoxer  Quarz  z.  Th.  , Marekanit , Bouteillenstein . 

Lapis  Obsidianus.) 

Derbe  M. ; in  Geschieben  und  Körnern ; Oberfläche  rauh  oder 
glatt.  — Br.  vollkommen  muschelig.  H.  = 6 — 7 ; spröde ; sp. 
G.  — 2,2 — 2,4.  Durchsichtig  bis  a.  d.  K.  durchscheinend.  Glas- 
glanz stark.  Wasserhell,  meist  dunkle  grünlich-schwarze  Far- 
ben , selten  grüngelb , blau , roth , weiss , oder  die  Farben  in 
Flecken  oder  Streifen  wechselnd. 

V.  d.  L.  bald  schwierig,  bald  leicht  schmelzbar,  theils 
unter  Aufschäumen,  theils  ruhig,  zu  Glas,  schaumiger  Masse 
oder  Schmelz  fliessend.  Ghlt.  des  Obsidian  von  Telkobanya 
nach  Erdm. : Si03  74,80,  A1203  12,40,  Fea03  2,034,  CaO  1,95, 
NaO  mit  KO  6,40 , MgO  0,89,  MnO  1,31. 

Kommt  als  eigenthiimliche  Felsmasse  in  Lagern,  wahrscheinlich  durch 
lavaartige  Ströme  gebildet,  eingewachsen  in  Trachji;  und  als  Hauptmasse 
eines  Porphyrs  (Obsidianporphyrs) ; in  Körnern  im  Perlstein  und  als  Ge- 
schiebe vor.  In  Gegenden  wo  noch  brennende  oder  ausgebrannte  Vulkane 
sind:  Island , Ungarn , Ponza-lnseln  , Vesuv  (1822),  Li  pari  > Stromboli , 
Spanien , Mexico , marekanisches  Gebirge  in  Sibirien. 

Der  Obsidian  wird  zu  verschiedenen  Gegenständen  des  Luxus  ver- 
arbeitet. Die  Römer  fertigten  schon  Spiegel  und  Gemmen  aus  ihm;  die 
Mexicaner  und  Peruaner  Messer , Degenklingen  und  andere  schneidende 
Instrumente. 


154 


Pechstein. 


(Dass  der  Obsidian  vulkanischen  Ursprungs  8ei,  ist  wohl  nicht  zu  be- 
zweifeln ; wahrscheinlich  entstand  er  durch  Umschmelzung  von  Albit  und 
feldspathartigem  Gestein.  Nach  Ermann  leiten  die  Obsidiane  bis  15  0 
11.  die  Electricität  so  gut  wie  Metalle,  in  höherer  Temperatur  nimmt  dies 
Vermögen  ab;  bei  30  ü R.  sind  sie  schon  vollkommene  Isolatoren.) 


Bimsstein . 

(Syn.  Empyrodoxer  Quarz  z.  Th.,  Pumex,  Lapis  pumicis.) 

Blasige,  poröse,  schwammartige  M. ; Textur  unvollkommen 
und  imtereiiianderlaufend  faserig  oder  dicht.  — Br.  kleinmusclielig 
in’s  Splittrige.  H.  = 4,5;  sehr  spröde;  sp.  G.  = 2,1— 2,2. 
A.  d.  K.  durchscheinend.  GJasglauz  auf  den  Bmchflächen.  Weiss 
in’s  Gelbe,  Graue  und  Bräunlich-schwarze. 

V.  d.  L.  leicht  oder  schwierig  unter  Aufwallen  zu  weissem 
Email  schmelzbar.  Ghlt.  des  Liparischen  nach  Klapr. ; Si03 
77,50,  Ai203  17,50,  NaO  mit  KO  3,00,  Fea03  und  MnO  1,75. 

Bildet  in  der  Nähe  Von  Vulkanen  ganze  Ströme,  Lipari,  Volkano 
Ischia  , Vesuv,  Bendorf,  Brohl  in  Rheinpreussen } hier  als  Auswürflinge  , 
eiugebacken  in  Trass  u.  s.  \v„ 

Er  dient  als  Schleif-  und  Polirmittel ; nach  Leuchs  zur  Ausfütterung 
von  Tiegelöfen  und  Bereitung  von  Rostpapier. 

Perlstein . 

(Syn.  Empyrodoxer  Quarz  z.  Th. , zeolithischer  Pechstein.) 

Derbe  M. , kuglig-körnig  und  concentrisch-schalig  abgesondert 
Br.  kleinmuschelig.  H.  = 6 ; spröde;  sp.  G.  = 2,2 — 2,4.  A.  d.  K. 

durchscheinend.  Fett-  bis  Perlmutterglanz.  Grau  in  mehrern  Nüanzen, 
in’s  Gelbe,  Rothe  und  Braune,  auch  gestreift  oder  gefleckt,  meist  unrein. 

V-  d.  L.  lebhaft  sich  aufblähend  zurweissen,  schwammartigen  Masse. 
Ghlt.  des  Perlst,  von  Schsmnitz  nach  Erdm. : Si03  72,86  , A1203  12,05 , 
Fe203  1,75,  CaO  1,29,  NaO  (mit  einer  Spur  KO)  6,13,  MgO  1,10  , 
ILO  3,0. 

Bildet  ganze  Felsmassen  (Perlsteinporphyr),:  Ungarn , Italien  (Eu- 
ganeenj  , Lipari  , Island  , Sibirien  , Mexico. 

(Der  Sphärulit  bildet  an  manchen  Orten  rundliche  Körner  im 
Perlstein  und  Pechstein.  Er  zerknistert  vor  dem  Löthrohre  und  über- 
deckt sieh  an  den  scharfen  Ecken  mit  weissem  Schmelz.  Er  hat  ähnlich© 
Zusammensetzung  wie  der  Perlstein , nach  Erdmanns  neuester  Untersu- 
chung aber  keinen  Wassergehalt.  Nach  demselben  scheinen  unter  dem 
Namen  Sphärulit  verschiedene  Gattungen  vorzukommen.  Schweigg . Seidel 
Jahrb.  Bd.  VI.  p.  27.) 

Pechsiein. 

f(Syn.  Empyrodoxer  Quarz  z.  Th.  , Retinit.) 

Derbe  M.  Text,  körnig  oder  dicht,  selten  stäuglig.  — Br.  unvollkom- 


Zweiaxiger  Gümmer, 


155 


men  muschelig.  H.  =•  5,5 — 6;  spröde;  sp.  G.  =j  3,2r.  Durchscheinend 
bis  undurchsichtig.  Fettglanz.  Grau,  grün,  braun,  rotb ; meist  unrein. 

Y.  d.  L.  zu  schaumigem  Glase,  auch  zu  grauem  Email  fliessend. 
Ghlt.  des  Pechst . von  Meissen  nach  Erdm.  : Si03  75,60,  A1303  11,60, 
Fe203  1,20,  CaO  1,35,  NaO  mit  KO  2,77,  MgO  6,69t,  H20  4,73. 

Kommt  als  eigene  porphyrartige  Gebirgsmassen  (Pechsteinporphyr) 
vor:  Meissen  (Planitz,  TriebitschthalJ t Böhmen  (BiLin),  Ungarn  , Eu- 
ganeen  (EicenzaJ  u.  s.  w. 

Der  Pechstein  wird  hin  und  wieder  als  Mauerstein  benutzt. 

3.  Abth. ; Silicate  von  Kali  oder  Lithion  mit  Sili- 
caten von  Talherde,  Eisenoxydul,  Manganoxydul 
und  Thonerde  (GlimmerarUye  Mineralien ), 

Die  Gattungen  dieser  Abtheilung  krystallisiren  meist  im 
drei-  und  einaxigen  Systeme , wenige  auch  im  zw  ei-  und  ein- 
gliedrigen; die  Krystalle  sind  gewöhnlich  dünn  tafelartig,  die 
derben  M.  von  blättriger  Textur.  Die  Spaltbarkeit  zeigt  sich 
höchst  vollkommen , parallel  der  gerade  angesetzten  Endfläche ; 
der  Bruch  ist  uneben,  selten  muschelig  oder  splittrig.  Sie  sind 
weich , am  w eichsten  der  Talk ; einige  erreichen  Apatit- 
harte.  Fast  alle  sind  biegsam,  sehr  viele  elastisch  biegsam; 
das  spec.  Gew\  schwankt  zwischen  2,7  und  3,4.  Die  mehr- 
sten  sind  durchscheinend,  wenige  durchsichtig.  Perlmutterglanz 
herrscht  vor;  einige  zeigen  Glas-  und  Fettglanz.  Die  Farben 
sind  sehr  verschieden ; reine  Farben  sind  selten;  die  weissen  mit 
ihren  Nüanzen  herrschen  vor.  Das  Strichpulver  ist  in  der  Regel 
wreiss , in’s  Grünliche  und  Grauliche  spielend.  V.  d.  L.  sind  sie 
im  Allgemeinen  schwierig  schmelzbar,  nur  der  Lithion-Glimmer 
schmilzt  leicht;  in  Phosphorsalz  sind  sie  löslich  mit  Hinterlas- 
sung eines  Kiesel skelets.  Im  Kolben  geben  sie  kein  Wasser, 
ausgenommen  Finit  und  Fahlunit. 

81.  Zweiaxiyer  Glimmer . 

(Syn.  Glimmer  z.  Th. , rhomboedrlscher  Talkglimmer  z.  Th. , Mica  z.  Th.) 

Kryststm . zw  ei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule,  häufig  mit  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten. 
Kryst.  gewöhnlich  sehr  dünn , tafelartig  (Blätter) , selten  einzeln 
eingewachsen , meist  mehrere  tafelartige  Individuen  zu  einem 
Krystalle  verwachsen.  Kryst.  M.  mit  blättriger  Textur,  einge- 
wachsen, eingesprengt.  — Höchst  vollkommen  spaltbar  parallel 
der  gerade  angesetzten  Endfläche.  Br.  muschelig.  H.  = 2,5; 
milde;  in  dünnen  Blättchen  elastisch  biegsam ; sp.  G.  = 2,8— 3,1. 
In  dünnen  Blättchen  durchsichtig.  Im  polarisirten  Lichte  zeigt 


156 


Eiiiaxiger  Glimmer. 


er  coiicentriscJie  farbige  Ringe , welche  von  einem  dunklen  Stri- 
che durchschnitten  sind.  Starker  metall ähnlicher  Perimutterglanz 
bis  Glasglanz.  Röthüch-,  gelblich-,  silber-,  grünlich-,  graulich- 
weiss ; asch-rauchgrau ; braun  bis  pechschw  arz.  Strich  : weiss , 
graulich. 

V.  d.  L.  undurchsichtig  werdend;  a.  d.  K.  zu  emailartigem 
Glase  schmelzend  (5,7).  In  Borax  leicht  zu  einem  eisengrünen 
Glase  lösbar;  von  Schwefelsäure  nicht  zerlegt  werdend.  Bestdth. 
a.  des  Glimmers  von  Utön,  b.  des  Glimmers  von  Broddbo  nach 
H.  Rose  : 


Si03 

AI2O3 

KO 

Mn203 

Fe203 

HjK2 

h2o 

47,50 

37,20 

9,60 

9,90 

3,20 

0,56 

2,63 

46,10 

31,60 

8,39 

1,40 

8,65 

1,12 

1,00. 

Für  die  Mineralien  dieser  Gruppe  konnte  mit  Wahrschein- 
lichkeit noch  keine  Formel  aufgestellt  werden;  nach  v.  Kobell : 
KO . 3Si03  -f  12([A1203,  Fe20s] . SiOs). 

Als  wesentlicher  Gemengtheii  vieler  Felsarten,  Granit,  Gneis,  Glim- 
merschiefer, Thouschiefer  u s.  w.  sehr  allgemein  verbreitet.  Bei  Aschajfen- 
bürg , in  Sibirien , Finnland , Grönland  findet  er  sich  in  ausgezeichnet 
grossen  Massen. 

Der  grossblatterige  Glimmer  wurde  wie  der  Gypsspath  früher  unter 
dem  Namen  Marienglas , Fraueneis , russisches  Glas  als  Arzneimittel  ge- 
braucht. Wo  er  in  grossen  Tafeln  vorkommt,  wie  in  Sibirien,  dient  er 
zu  Fensterscheiben;  zermalmt  als  Streusand. 


32.  Einaxiger  Glimmer. 

(Syn,  wie  beim  vorigen , Ivlonaxiophyllit.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  sechsseitige  Säule 
mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche ; 2)  Dihexaeder  mit  den 
Flächen  eines  Spitzern  Dihexaeders  als  Abstumpfung  der  End- 
kanten. Kryst.  meist  dünn , tafelartig , selten  kurz  säulenförmig 
mit  horizontal  gestreiften  Seitenflächen;  auf-  und  durcheinander 
gewachsen,  drüsig  gruppirt;  grossblättrige  M.  — Vollkommen 
spaltbar  parallel  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  H.  — 2,5; 
milde ; in  dünnen  Blättchen  elastisch  biegsam ; sp.  G.  = 2,7 — 2,9. 
In  dünnen  Blättchen  durchsichtig  und  im  polarisirten  Lichte  far- 
bige Ringe  zeigend , die  von  einem  schw  arzen , rechtw  inkligen 
Kreuze  durchschnitten  sind.  Glas-  bis  Perlmutterglanz.  Dunkel- 
grün in’s  Schwarze  und  Braune.  Strich:  lichte  grünlich-grau 
bis  ungefärbt. 

V.  d.  L.  wie  die  vorige  Gttg. , aber  von  conc.  Schwefel- 
säure vollkommen  zersetzt  weinend.  Bestdth.  nach  v.  Kobeil 
a.  dir  Var.  von  Monroe,  b.  der  Var.  von  Minsk : 


Talk.  157 


Si03 

AI2O3 

Mg« 

KO 

Fe203 

Ti02 

H2F2 

HaO 

40,00 

16,16 

21,54 

10,83 

7,50 

0,20 

FeO 

0,53 

3,00 

42,12 

12,83 

16,15 

8,58 

10,38 

9,36 

0 

1,07 

Formel : KO  . Si03H-5(Mg0.Si03)+5([Ala03,Fe503].Si03). 

Man  findet  ihn,  aher  weit  seltener  als  den  Vorigen,  in  krystallini- 
sclien  Gebirgssteinen,  in  Basalt,  Dolerit : Sibirien,  Grönland , Baiern  , 
Born  , New-Jersey. 

Auch  gehört  wohl  der  meiste  Glimmer  in  den  Auswürflingen  des 
Vesuvs  hierher. 

(Der  Phyllit  von  Massachusetts.  Kryst  Blättchen.  Sp.  G.  = 2,88. 
Schwärzlich-braun  in’s  Graulich-braune  von  graphitähnlichem  Ansehen, 
soll  ein  eisenreicher  einaxiger  Glimmer  sein.  Ghlt.  nach  Thoms. : Si03 

38,40,  A1203  23,60,  Fe203l17,52,  MgO  8,96,  KO  6,80,  H20  4,80.) 

SS.  Lilhion-Glimmer. 

(Syn.  Glimmer  z.  Th. , Lepidolith.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  meist  tafelför- 
mige , sechsseitige  Säulen ; kryst.  blättrige  und  schuppige  M.  — 
Sehr  vollkommen  parallel  den  Endflächen  spaltbar.  Br.  muschelig. 
II.  =»  2,5 ; elastisch  biegsam  in  dünnen  Blättchen ; sp.  G.  — 2,8 — 3. 
Glas-  bis  Perlmutterglanz.  Weiss , grau , und  roth  in  mehrern 
Nüanzen.  Strich : weiss. 

V.  d.  L.  unter  Aufwallen  leicht  zu  einem  blasigem  Glase 
schmelzend  (2 — 2.3)  und  die  Flamme  deutlich  roth  färbend. 
Bestdth.  a.  des  grauen  Lith.-Gl.  von  Zinnwald  und  b.  des  ro- 
llten von  Chursdorff  nach  C.  G.  Gmelin , c.  des  grünen  von 
Altenberg  nach  E.  Turnett  : 


Si03 

ai203 

LO 

KO 

E2F2 

Pes03 

MnO 

a. 

46,23 

14,14 

4,20 

4,90 

8,53 

17,97 

4,57 

b. 

52,25 

28,34 

4,79 

6,90 

5,06 

— 

3,66 

c. 

40,19 

22,72 

3,06 

7,49 

3,99 

19,78 

2,02. 

Formel : KF2.4-2LF2H-4(Ala03.2Si03)  nach  v.  Eobell. 


Findet  sich  vorzüglich  auf  Zinnerzlagerstätten  mit  Topas,  Apatit, 
Turmalin:  im  Erzgebirge , Cornwall , Mähren , Frankreich,  Elba,  Massa- 
chusets. 

34.  Talk. 

(Syn.’  Prismatischer  Talkglimmer  z.  Th.  , Nakrit,  Talcum  venetum.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule. 
Kryst.  dünn  tafelartig,  selten  deutlich,  mit  glatten  End-  und 
gestreiften  Seitenflächen ; meist  keilförmig  und  Fächern  gleich 
verbunden;  gross-  oder  krummblättrige  M. ; schuppige,  faserige 


158 


Clilorit. 


odev  schiefrige  Aggregate ; derb , eingesprengt,  als  Uebcrzug.  — 
Vollkommen  spaltbar  in  der  Richtung  der  gerade  angesetzten 
Endfläche.  Br.  uneben.  H.  = 1 — 1,5;  milde;  in  dünnen  Blätt- 
chen biegsam ; sp.  G.  = 2,74.  Durchscheinend  bis  durchsichtig, 
mit  zweiaxiger  doppelter  Strahlenbrechung , im  polarisirten 
Lichte  farbige  Ringe  zeigend.  Perl  mutter  glanz.  Wasserhell , 
weiss  in  mannigfachen Nüanzen , in’s  Graue  und  Grüne,  und  zu- 
weilen in’s  Blaue.  Strich:  weiss  oder  blass-grün,  fett  anzu- 
fühlen. 

V.  d.  L.  sieji  entblätternd , weiss  werdend,  unschmelzbar; 
mit  Borax  zu  einem  klaren  Glase  leicht  lösbar;  in  Phosphor- 
salz mit  Ausscheidung  eines  Kieselskelets , von  Schwefelsäure 
nicht  zerlegbar.  Bestdth.  nach  v.  Kohell:  8i(>3  62,8,  Mg0  32,4, 
FeO  1,6 , CaO  1,6.  Glüh  - Verlust  = 2,3.  — Formel : 2MgO  . 
5Si03  nach  v.  Kobell. 

Auf  Gängen  und  Drusenräumen  älterer  Gebirge:  St.  Gotthard ; Grai- 
ner , Steyermark * Böhmen , Schottland ; bildet  auch  als  Talkschiefer 
weit  verbreitete  Felsmassen. 

Wird  noch  als  Schminke  benutzt  und  den  farbigen  Schminken  zuge- 
setzt; auch  dient  er  zu  Pastellfarben,  zum  Zeichnen  auf  Tuch,  Holz, 
Filz;  zur  Politur  vielartiger  Geräthschaften  und  Fabrikate,  z.  B.  Gyps- 
biisten,  Ledervvaaren,  Handschuhe;  ferner  zur  Vermeidung  der  Reibung 
bei  Maschinen. 

(Der  Topfstein  (lawetzstein)  scheint  ein  Gemenge  von  Talk,  Chlorit, 
Glimmer  und  Asbest  zu  sein;  er  dient  zu  Kochgeschirren,  Krügen, 
Lampen,  auch  Ofenpiatten , die  dauerhaft  sind  und  Abwechselung  der 
Temperatur  gut  vertragen.  Er  lässt  sich  frisch  leicht  drehen  und  schnei- 
den. Man  findet  mächtige  Lager  desselben  im  ältem  Gebirge:  Schweiz, 
Finnland , Grönland  u.  s.  w.) 


35.  Chlorit. 

(Syn.  Prismatischer  Talkglimmer  z.  Th.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  dünne  tafelartige  sechsseitige 
Prismen,  cylindrisch-,  kegel-  oder  fächerförmig  aufeinander  gehäuft. 
Kryst.  M. , zartschuppige  Theile , als  Ueberzug,  derb,  eingesprengt.  — 
Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Endflächen.  H.  = 1,5;  in  dünnen 
Blättchen  biegsam , nicht  elastisch  ; sp.  G.  = 2,6 — 2,8-  Durchscheinend 
bis  durchsichtig.  Glas-  bis  Perlmutterglanz.  Zwischen  lauch-  und  berggrün 
in’s  Schwärzliche.  Strich:  grünlichgrau  bis  berggrün. 

V.  d.  L.  werden  dünne  Blättchen  gerundet.  Im  Kolben  giebt  er  eine 
merkliche  Menge  Wasser.  Conc.  Schwefelsäure  zerlegt  ihn  vollkommen. 
Bestdth.  nach  v.  Kohell : Si03  26,51.,  MgO  22,83,  A1203  21,81.  FeO 
15,00,  H20  12,00.  — Formel:  [Mg0,Fe0].2fAl303,  Si03]. 

Bildet  im  altern  Gebirge  eigene  Lager,  den  Chloritschiefer:  Schweiz., 
Tyrol , Böhmen , Schweden . Findet  sich  auch  auf  Erzlagerstätten  mit 
Magneteisen,  Kupferkies:  Norwegen,  Schweden,  Sachsen,  Bannat. 


Fahlunit 


159 


36.  Finit. 

(Syn.  Gisekit,  Pyrargyllit.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  sechsseitige  Säule.  Kryst. 
tlieils  glatt,  theils  rauh,  einzeln  ein-,  auch  durcheinander  gewachsen.; 
kryst.  M.  — Spaltbar  parallel  den  Endflächen.  Br.  uneben.  II.  — 3;  >Sp. 
G.  = 2,7-  Undurchsichtig.  Fettglanz.  Gelblichgrau  in’s  Röthliche  und 
Braune.  Fett  anzufühlen. 

Y.  d.  L.  a.  cl.  K.  zu  weissem  blasigem  Schmelz,  mit  Borax  schwierig 
zu  durchscheinendem . Glase  schmelzbar.  Durch  Salzsäure  zersetzbar. 
Bestdth.  nach  Norde nskiöld : Si03  43,93,  AL>03  28,93,  KO  1,05,  NaO 
1,85,  CaO-f-MnO  2,90,  FeO  5,30,  H„0  15,47.  — Formel:  [FeO,  MnO, 
MgO,  NaO,  K0].3Si03-f-4(Al,03.Si03)-f-4H20. 

In  Granit  eingewachsen : Heidelberg  , Auvergne , Sachsen  , Massa- 
chusets , Finnland. 

(Der  Oosit  aus  dem  Geroldsauer  Thale  scheint  ein  eisenfreier  Pi- 
nit  mit  einem  beträchtlichen  Kaligehalte.  Er  ist  schneeweiss  und  schmilzt 
v.  d.  L.  sehr  leicht.) 


37.  Margarit . 

(Syn.  Perlgliramer.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  dihexaedrische  Tafeln.  Kryst. 
einzelne  Flächen  schwach  gestreift.  Kryst.  M. ; derb ; Text,  blättrig.  — 
H.  = 4;  sp,  G.  = 3-  Durchscheinend.  Glas-  bis  Perlmutterglanz.  Perl- 
grau in’s  Weisse  und  Röthliche.  Strich:  weiss. 

Ghlt.  nach  Du-Menil : Si03  37,  A1203  40,50,  CaO  8,96,  Fe203  4,50, 
NaO  1,24,  H20  1,00. 

Kommt  auf  Lagern,  gemengt  mit  Chlorit  und  Glimmer  vor:  Tyrol 
( SterzingJ . 


38.  Fahlmrüt. 

(Syn.  Triclasit.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Kryst.  glatt  mit  abgerundeten  Kanten, 
eingewachsen;  kryst.  M. ; nierenfürmig : derb,  eingesprengt.  — Br.  eben 
in’s  Splittrige.  H.  = 5,5;  sp.  G.  = 2,7.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Glas- 
glanz. Schwarz  mit  einem  Strich  in’s  Blaue,  Braune  und  Dunkelgraue. 
Strich:  weiss. 

Y,  d.  L.  a.  d.  K.  zu  Glas  schmelzend ; mit  Cobaltsolution  blau  wer- 
dend; mit  Borax  zu  eisengrünem  Glase  schmelzend.  Im  Kolben  Wasser 
gebend.  Bestdth.  des  schwarzen  nach  Trolle-JV..  Si03  44,60  , MgO  6,75, 
AL03  30,0,  FeO  3,86,  MnO  2,34,  KO  1,98,  CaO  1,35,  H,0  9,35  mit 
einer  Spur  H2F,.  — Formel:  [MgO,  MnO, FeO,  KO, NaO]  . 2SiÖ3-J-3(Al2Oa. 
Si03)-f-2H20.'  ' 

Findet  sich  im  Chloritschiefer : Fahlun  in  Schweden.  (Die  Kryst. 
sind  meist  in  Bleiglanz  und  Ouarz  eingewachsen.) 


160 


Saussurit. 


39.  Pyrophyllit. 

(Syn.  Strahliger  Talk.) 

Kryst.  M.  mit  vom  Mittelpunkte  auslaufentlen  Strahlenbüscheln ; 
nierenförmig  aus  verwachsenen,  concentrisch-strahlig-blättrigen  Kugeln. — 
Tr.  uneben.  H.  = 1,5;  sp.  G.  = 2,8.  Durchscheinend.  Perlmutterglanz. 
Grasgrün  in’s  Spangrüne.  Strich : weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  sich  zertheilend  zu  einer  zwanzig  Mal  grossem 
fächerförmigen  Masse;  in  Soda  auflösbar  zu  einem  klaren,  eisengrpnen 
Glase;  in  Phosphorsalz  zu  einem  klaren  Glase,  mit  Hinterlassung  eines 
Kieselskelets.  Mit  Cobaltsolution  erhitzt  eine  blaue  Farbe  anneliinend? 
Im  Kolben  für  sich  kein  Wasser  gebend.  Eestdth.  nach  Herrmann : 
SiOj  59,70,  MgO  4,00,  AI203  29,46,  Fe203  1,80,  H20  5,62  mit  einer 
Spur  von  AgO.  — Formel  nach  Herrmann : 3(Mg0.2Si03)-f-3(3Al203.6 
SiO3)-f-10H2O. 

Eingewachsen  in  Quarz  und  Bitterspath : Sibirien  ( Beresowsker  Be- 
zirk); im  Talkschiefer:  bei  Spaa. 


40.  Nephrit 

(Syn.  Beilstein  z.  Th,,  Nierenstein,  Lapis  nephriticus,  Neurit , • 
Nervenstein.) 

Derb  ; stumpfeckige  Stücke.  — Br.  grobsplittrig  in  s Un- 
ebene. H.  = 5;  spröde;  sp.  G.  = 2,9 — 3,0.  Meist  nur  a.  d.  K. 
durchscheinend.  Schwacher  Fettglanz.  Lauchgrün  in’s  Weisse, 
Graue  und  Schwärzliche.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  weiss  werdend , dann  zu  graulichem  Email  flies- 
send.  Bestdth.  nach  Kästner:  Si03  50,50,  MgO  31,00,  Ala03 
10,00,  Fe*03  5,50,  Cra03  0,05,  HaO  2,75. 

Kommt  aus  China,  Egypten,  Amerika.  Die  Art  des  Vorkommens 
ist  unbekannt. 

Stand  ehedem  als  Arzneimittel  in  hohem  Bufe.  In  seinem  Vaterlande 
dient  er  zu  Streitäxten,  Messerheften,  Dolchgriffen  u.  s.  w. 


41.  Saussurit. 

(Syn.  Magerer  Nephrit.) 

Krystf  rhombische  Säule,  Kryst.  M.  Textur  blätterig  oder  körnig; 
Jerb.  — Br.  uneben,  in’s  Splittrige.  H.  = 5 — 6;  sp.  G.  = 3,2 — 3,4- 
A.  d.  K.  durchscheinend.  Glasglanz.  Weiss  in  s Berggrüne,  grünlich,  asch- 
und  blaugrau.  Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  schwierig  zu  weissem  Schmelz  oder  zu  klarem  blasigem  Glase 
fliessend;  in  Borax  zu  wasserheilem  Glase  löslich.  Ghlt.  nach  Klapr. : 
Si03  49,90,  A1203  24,00,  CaO  10,5,  NaO  5,50,  MgO  3,75,  Fe203  6,50. 

Ist  ein  wesentlicher  Gemengtheil  des  Gabbro : Steiermark , Genf, 
Wallis , Mont-Rosa,  Corsica  / Fichtelgebirge  u.  s.  w. 


Grünerde. 


161 


4.  Abth.:  Silicate  von  einem  Alcali  und  Eisenoxyd. 

Von  den  Mineralien  dieser  kleinen  Abtheilung  ist  nur  der 
AJmit  krystallisirt  beobachtet;  er  gehört  zum  zwei-*  und  ein- 
gliedrigem Systeme.  Die  andern  kommen  als  After-Kry stalle 
oder  krystallinische  Massen  vor.  Ihr  Bruch  ist  uneben  oder 
feinerdig.  Die  Härte  verschieden,  von  Gyps  - bis  Feldspath- 
härte;  das  spec.  Gew.  schwankt  zwischen  2,8  bis  3,3.  Sie  sind 
undurchsichtig  bis  durchscheinend;  glas-,  seidenglänzend  oder 
matt  ; bräunlich-sclrwarz  in’s  Grüne  oder  Indigoblaue ; auf  dem 
Strich  graulich  oder  blau.  V.  d.  L.  schmelzen  sie  leicht , oft 
schon  in  der  Lichtflamme  zu  einem  schwarzen  magnetischen 
Glase.  Von  Säuren  werden  sie  w enig  angegriffen  oder  sind 
darin  unauflöslich.  Im  Kolben  geben  sie  w enig  oder  kein  Wasser. 


42.  Äkmit 

(Syn.  .Neutrales  kieselsaures  Natron  mit  zwei-drittel-kieselsaurem 
Eisenoxyd,  Achmit.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule. 
Kryst.  stänglig,  häufig  gebogen,  einzelne  Flächen  gestreift,  die  übrigen 
eben;  eingewachsen.  • — Br.  uneben.  H.  = 6 — 6,5;  spröde;  sp.  G.  — 
3,3.  In  Splittern  durchscheinend.  Glasglänzend;  bräunlich-schwarz  und 
röthlich-braun  in’s  Grüne.  Strich : gelblich-grau. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzbar  zu  einem  schwarzen,  glänzenden  magneti- 
schen Glase;  wird  von  Salzsäure  merklich  angegriffen.  Bestdth.  nach 
Berz.:  Si03  55,25,  Fe203 , 31,25,  NaO  10,40,  Mn203  1,08,  CaO  0,72.  — 
Formel : 3(Na0.Si09)-j-2(Fe203 . 2Si03). 

Eingewachsen  in  Quarz  und  Feldspath  und  als  Stellvertreter  der 
Hornblende  im  Zirkon-Syenit:  in  Norwegen. 

43.  Grünerde. 

After-Krystalle  nach  Augit-Formen.  Derb;  kugelig,  man- 
delförmig ; als  Ueberzug  (besonders  von  Chalcedonkugeln).  — 
Br.  feinerdig.  H.  = 2;  sp.  G.  = 2,8.  Undurchsichtig.  Matt. 
Seladongrün  in’s  Schwärzlich-  und  Olivengrüne.  Strich:  bläu- 
lich-grau oder  graulich- w^eiss.  Wenig  fettig  anzufühlen  und 

etw  as  an  der  Zunge  hängend. 

V.  d.  L.  ruhig  und  etw  as  schwer  zum  schwarzen  magneti- 
schen Glase  schmelzbar.  In  Säuren  unauflöslich.  Im  Kolben 
etwas  Wasser  gebend.  Ghlt.  nach  Klapr. : Si03  53,  Fe0.Fe203 
28,  KO  10,  MgO  2,  H20  6. 

Häufig  vorkommend  im  Veronesischen  ( Monte-Baldo  nesterweise); 
in  den  Blasenräumen  vieler  Mandelsteine  und  Augit  - Porphyre : Tyrol, 
Färöer j Island.  In  manchen  Felsarten,  z.  B.  Grobkalk,  Kreide,  grüner 
Sandstein,  als  bezeichnende  Einmengung  erscheinend. 

Geigers  Pharmacie . //•  1.  (2 te  AuJ 7.) 


11 


162 


Krokydolith. 


Die  Grünerde  ( Terra  viridisj  war  früher  als  äusserliches  Heilmittel 
im  Gebrauche.  Die  Griinerde  von  Verona  dient  unter  dem  Namen:  Ve- 
roneser Erde,  Berggrün,  als  Farbe  in  der  Oel-  und  Leimmalerei. 


44.  Krokydolitk. 

( Syn.  Blaueisenstein. ) 

Krystallinisch,  aber  nicht  anskryst.  Plattenförmige  M. ; Text,  faserig; 
Fasern  bis  1,8  Zoll  lang,  seidenälmliche  Flocken  darstellend  ('faseriger  K.J; 
Derbe  M. , dicht  (dichter  K.).  — Br;  uneben  bis  erdig-  II.  =4;  die  Fasern 
elastisch  biegsam,  ungemein  zähe  und  schwer  zu  zerreissen;  sp.  G.  =■ 
3,2-  Undurchsichtig-  Seidenglanz  bis  matt.  Indigoblau  in’s  Lavendelblaue. 
Strich:  lavendelblau.  Sanft  anzufühlen. 

V.  d L-  leicht  zu  schwarzem  magnetischem  Glase  schmelzbar  (2 — 2,2). 
Dünne  Fasern  schmelzen  schon  in  der  Flamme  des  Kerzenlichts.  In  Borax 
zu  einem  grünen  durchsichtigen  Glase  löslich.  In  Säuren  unauflöslich. 
Giebt  im  Kolben  etwas  Wasser.  Ghlt.  des  faserigen  nach  Strom.:  SiQ* 
50,81,  FeO  33,88,  NaO  7,03,  MgO  2,32,  CaO  0,02,  MnOOOT,  H20  5,58. 
Formel:  Na0.5Si03-f~5[Fe0,  Mg0].2SiÖ3-}-3H20 , nach  v,  Kobell. 

Kommt  am  Cap  der  guten  Hoffnung , wahrscheinlich  auf  Lagern  vor: 
Orange-JUvier  ; Norwegen  im  Zirkon-Syenit  ; Grönland? 

5.  Abjth.:  Silicate  von  Kalk-"und  Talkerde,  in  de- 
nen die  alkalischen  Erden  mehr  oder  weniger 
vollständig  durch  Eisenoxydul  und  Mangan- 
oxydul,  die  Kieselerde  aber  zuweilen  durch 
Thonerde  ersetzt  zu  sein  pflegt. 

Die  Mineralien  dieser  5.  Abtheilmig  krystallisiren  grössten- 
theils  im  zwei-  und  eingliedrigen,  selten  im  ein-  und  einaxigen 
und  drei-  und  einaxigen  Systeme.  Spaltbarkeit  findet  sich  bei 
ihnen  meist  vollkommen.  Ihr  Bruch  ist  uneben , selten  in’s 
Muschelige.  Sie  ritzen  den  Gyps  und  werden  sämmtlich  vom 
Quarz  geritzt , sind  spröde  und  schwanken  im  sp.  G.  zwischen 
2,6  bis  3,9.  Sie  sind  meist  durchscheinend,  auch  undurch- 
sichtig, selten  halb  durchsichtig,  haben  in  der  Regel  Glasglanz, 
der  seltner  perlmutter artig  wird  und  in’s  Halbmetallisclie  über- 
geht. Die  Farbe  geht  vom  Weissen  in’s  Gelbe,  Grüne,  Braune 
und  Schwarze  über , seltener  sind  blauei  Farben  (Antliopliyllit). 
Das  Strichpulver  ist  graul ich-weiss  in’s  Grüne,  Braune  oder 
Schwarze  (Lievrit).  V.  d.  L.  schmelzen  sie  mehr  oder  weniger 
leicht  und  ruhig,  oder  unter  Schäumen  zu  farblosem  oder  von 
Eisen  gefärbtem  Glase. 


Hornblende. 


*63 


45.  Hornblende. 

(Syn.  Neutrale  kieselsaure  Kalkerde  mit  zwei-drittel-kieselsaurer  Tatteret?, 
heiniprismatischer  Augitspatli , Amphibol.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig-.  Kryslf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule,  häufig  mit  der  geraden  Abstumpfung  der  scharfen, 
selten  der  stumpfen  Seitenkanten.  Die  Endfläche  ist  selten  ge- 
rade, häufig  schief  an  gesetzt  oder  mit  den  Flächen  eines  zwei- 
tmd  eingliedrigen  Octaeders  zugeschärft.  Zwillinge  mit  gemein- 
schaftlicher Abstumpfung  der  stumpfen  Seitenkanten.  — Voll- 
kommen spaltbar  parallel  den  Seitenflächen  der  Grundform.  Br. 
uneben.  II.  = 5 — 6 ; spröde  ; sp.  G.  = 2,9  — 3,2.  Glas-  bis 
Perlmutterglanz.  Strich:  graulich-weiss  bis  braun. 

V.  d.  L.  mehr  oder  weniger  leicht  und  mit  stärkerem  oder 
schwächerem  Kochen  und  Anschwellen  schmelzend;  mit  Borax 
zum  farblosen  oder  von  Eisen  grün  gefärbten  Glase  lösbar;  in 
Salzsäure  unlöslich. 

Arten. 

1)  Tr emolit.  (Syn.  Grammatik)  Kryst.  selten  ausgebildet; 
stängeligi,  nadelförmig , eingewachsen.  Kryst.  M.  von  auseinan- 
f!  erlaufend  strahliger  und  faseriger  Textur.  Halb  durchsichtig ; 
weiss  in’s  Graue,  Gelbe,  Grüne  und  Bothe.  V.  d.  L.  zu  halb- 
klarem, graulich-weissem  Glase  (3,5 — 4)  schmelzend.  Bestdth. 
nach  v.  Bonsd : Si03  59,75 , MgO  25,00 , CaO  14,11 , FeO  0,50  , 
M2F2  0,94 , H2O  0,10.  — Formel : Ca0.Si03-t-3Mg0.2Si03. 

Eingewachsen  im  körnigen  Kalk  und  Dolomit:  St.  Gotthard , Tyrol , 
Schweden,  Norwegen , Bannat,  Connecticut. 

2)  Anthophyllit.  (Syn.  prismatischer  Schillerspath.)  Kryst. 
M.  mit  blätteriger  und  strahliger,  zuweilen  schilfartiger  Textur. 
Durchscheinend.  Zwischen  gelblich-grau  und  nelkenbraun;  zu- 
weilen in  schöner  blauer  Farbe  spielend.  Schmelzbarkeit  ==  6. 
Bestdth.  des  Norwegischen  nach  Vopelius:  Si03  56,74,  FeO 
13,94,  MgO  24,85,  MnO  2,38,  HaO  1,67.  — Formel:  FeO.SiO* 
*+*3(3Mg0.2Si03). 

Auf  Lagern  im  Glimmerschiefer:  Norwegen,  Finland , Baiern , 
Grönland , Sibirien. 

■ß)  Str  ahl  st  ein.  (Syn.  Kalamit,  Byssolith.)  Gestaltverhält- 
nisse  wie  heim  Tremolit ; Textur  büschelförmig  oder  verworren. 
Durchscheinend.  Grün , zum  Braunen , Gelben  und  Schwärzlichen 
sich  neigend.  V.  d.  L.  zu  unklarem  gelblichen  Glase  schmelzend. 
Bestdth.  nach  Arfv.:  Si03  59,75,  MgO  21,10,  CaO  14,25,  FeO 
3,95,  MnO  0,31 , HaFa  0,76. 


164 


Augit. 

Auf  Erzlagerstätten  im  Urgebirge:  Sachsen  , Norwegen , Tyrol ; iin 
Talkschiefer:  Schweiz , Schweden , Finland. 

4)  Ho  T Tibi  ende.  (Syn.  Gemeine  und  basaltische  Hornblende, 
Pargasit,  Karinthin.)  Rryst.  meist  kurz  und  dick,  theils  nadelför- 
mig , oft  wie  an  der  Oberfläche  geschmolzen  ; einzeln  ein-,  auch 
durcheinander  gewachsen  , drüsig  verbunden ; kryst.  M. , derb , 
eingesprengt.  Oft  a.  d.  K.  durchscheinend.  Rabenschwarz  in  s 
Bräunliche,  selten  ins  Grüne.  V.  d.  L.  zum  braunen  Glase  (3 — 3,) 
schmelzend.  Bestdth.  nach  v.  Bonsd:  Si03  48,83,  MgO  13,61, 
CaO  10,16,  FeO  18,75,  MnO  1,15,  AI203  7,48,  H2Fa  0,41, 
I120  0,50  und  nach  Vogel  durch  Wasser  ausziehbare  organische 
Substanz. 

Allgemein  verbreitet  als  wesentlicher  und  zufälliger  Bestandteil  vie- 
ler Felsarten  / Syenit  , DioritJ , oft  auch  mächtige  Lager  zusammensetzend 
(Hör nblendegc stein  , Hornb lende schieferj.  Einzeln  eingewachsen  in  man- 
che Basalte,  Trachyte  u.  s.  w. 

Wo  die  Hornblende  in  Massen  vorkommt,  wird  sie  als  Zuschlag 
beim  Eisensclimelzen , oder  bei  Bereitung  des  grünen  Bouteillen-Glases 
benutzt.  Für  sich  geschmolzen  liefert  sie  das  Steinglas  zur  Verfertigung 
von  Korallen  und  Knöpfen. 

46.  Augit. 

(Syn.  Zwei-drittel-kieselsaure  Kalkerde  mit  zwei-drittel-kieselsaurer 
Talkerde,  paratomer  Augitspath , Pyroxen.) 

Krgststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule  mit  starker  Abstumpfung  der  schärferen  Seitenkan- 
ten und  einer  auf  die  stumpferen  Seitenbauten  schief  aufgesetz- 
ten Zuschärfung,  welche  durch  die  Flächen  eines  zwei-  und 
eingliedrigen  Octaeders  gebildet  wird.  Zwillinge  mit  gemein- 
schaftlicher Abstumpfungsfläche  der  scharfen  Seitenkanten.  — 
Spaltbar  parallel  den  Flächen  der  Grundform.  Br.  muschelig 
bis  uneben.  H.  = 5 — 6 ; spröde  ; sp.  G.  — 3,2 — 3,5.  Glas-  , 
zuweilen  Perlmutterglanz , in  Metallglanz  übergehend.  Strich : 
grünlich-grau , graulich-weiss. 

V.  d.  L.  sind  einige  Arten  schwer  schmelzbar , wie  Diallag , 
die  schmelzbaren  schmelzen  ruhig  oder  mit  geringem  Blasen- 
werfen, im  Uebrigen  wie  Hornblende. 

Arten. 

i)  Diopsid.  (Syn.  Allait , Mussit , Baikalit.)  Kryst.  glatt 
oder  gestreift , einzeln  aufgewrachsen , drüsig  verbunden ; kryst. 
M.  krummblättriger  Textur.  Durchsichtig.  Grünlich weiss  in’s 
Berggrüne  und  Graue.  V.  d.  L.  zu  farblosem  halbklarem  Glase 
(3,5 — 4)  schmelzend.  Bestdth.  nach  Laugier : Si03  57,50 , MgO 
18,25,  CaO  16,50,  FeO+MnO  6,00.  — Formel:  3Ca0.2Si03+ 
3MgO.SiOs. 


Diallag. 


591 


Findet  sich  im  Serpentin  mit  rothera  Granat  : Piemont , Gotthard , 
Tjrol,  Baikalsee  in  Sibirien , als  Auswürfling  des  Vesuvs. 

2)  Salllit.  (Syn.  Malakolith,  Pyrgom,  Fassait.)  Kl’yst.  «Ulf-, 
oder  zu  mehrern  zusammen  gewachsen ; kryst.  M.  mit  körniger 
und  blätteriger  Textur.  Durchscheinend.  Grünlich-grau.  V.  d.  L. 
theils  wie  Diopsid,  theils  zu  dunklem  Glase  schmelzend.  Bestdth. 
nach  II.  Rose:  Si03  54,64,  MgO  18,00,  CaO 24, 94,  FeO  1,08, 
MnO  2,60.  — Formel:  3Ca0.2Si03-f-3[Mg0,Fe0].2Si03. 

Auf  Lagern  im  Gneis  mit  Hornblende,  Feldspath  : Orijerfvi  in  Fin- 
landj  Norwegen  ß Schweden ß Fassatlial*  Sachsen , in  Auswürflingen  des 
Vesuvs. 

3)  H e denberg  it.  Derbe  M.  von  blätteriger  und  körni- 
ger Zusammensetzung ; sp.  G.  = 3,1.  Schwärzlich-grün  in’s 
Braune.  Bestdth.  nach  //.  Rose : Si03  49,01,  MgO  2,98,  CaO 
20,87,  FeO  26,08.  — Formel:  3Ca0.2Si03-f-3Fe0.2Si03. 

Findet  sich  mit  Magneteisen  zu  Tunaberg  in  Schweden . 

4)  Augit.  (Syn.  gemeiner  Augit.)  Kryst.  glattflächig , mit 
geflossenen  Kanten,  einzeln  eingewachsen  oder  zu  Drusen  ver- 
bunden ; kryst.  M.,  derb,  eingesprengt ; lose  stumpfeckige  Stücke 
und  Körner.  Rabenschwarz  in’s  Grüne.  V.  d.  L.  zu  dunklem 
Glase  fliessend.  Bestdth.  des  A.  von  Tunaberg  nach  H.  Rose: 
Si03  53,36,  MgO  4,99,  CaO  22,19,  FeO  17,38,  MnO  0,09. 

Findet  sich  als  eigenthümliche  Felsart,  Jugiifels,  Lherzolith  , in  den 
Pyrenäen:  als  Gemengtheil  des  Dolerits,  Basalts,  Augit-Porphyrs  und 
der  Lava:  Breisgau  ß Rhöngebirge  , Siebengebirge  ß Böhmen  ß Sachsen  ß in 
Norwegen  ß Schweden  ß N. - America  ; auf  Lagern  im  altern  Gebirge. 

5)  Kokkolith.  (Syn.  körniger  Augit.)  Kryst.  rauh  mit  ab- 
gerundeten Ecken  und  Kanten;  Körner,  einzeln  eingewachsen 
und  drüsig  verbunden  ; derbe  M. , ausgezeichnet  durch  eckig  kör- 
nige, leicht  trennbare  Absonderungen.  A.  d.  K.  durchscheinend. 
Lauch-,  öl-  und  schwärzlich-grün , in’s  Gelbe  und  Braune. 
Bestdth.  nach  Simon:  Si03  50,25,  CaO  25,5,  MgO  7,0,  Ala03 
3,5,  FeO  10,5,  H^O  0,5.  — Formel:  3Ca0.2Si03+3fMg0,  FeO]. 
(2Si03,  3A1203). 

Findet  sich  auf  Lagern  im  Gneis,  mit  Magneteisen,  Kupferkies, 
Granat,  und  eingewachsen  in  körnigem  Kalk:  Norwegen , Schweden  ß 
Pinland ß N.-America . 

ß)  I)  i alla g.  (Syn.  Metallisirender  Diallag,  Diaklas.)  Kryst. 
selten;  kryst.  M. ; Textur  blätterig.  H.  = 4.  A.  d.  K.  durch- 
scheinend. Berg- , oliven- , lauchgrün  in’s  Braune  und  Graue. 
Bestdth.  nach  Köhler:  Si03  53,20,  MgO  11,90,  CaO  19,08, 
FeO  8,67,  MnO  0,38,  A1203  2,47,  H20  1,77.  — Formel:  3MgO. 
2SK>3 + 3[CaO,  Fe0].2Si03. 


166 


Asbest. 


Als  wesentlicher  Gemengthell  des  Gabbro  , mit  Hornblende  häufig 
verwachsen:  Harz,  Tjrrol , Fichtelgebirge,  Schlesien , Corsica , Schott- 
land. 

(Der  Smaragdit  (Omphazit  z.  Th.)  ist  ein  Gemenge  von  gewissen. 
Augit-  und  Hornblende-Arten  und  nach  G.  Rose  gleich  seinem  Uralit , 
den  er  jetzt  als  in  Hornblende  umgewandelten  Augit  betrachtet.  Poggeud. 
Ann.  Bd.  31.  p.  609.) 

7)  Br  OUZit.  (Syn.  blättriger  Anthophyllit,  hemiprismatischer 
Schillerspath.)  Kryst.  selten,  meist  kryst.  M.  mit  blättriger  Text. 
A.  d.  K.  durchscheinend.  Zwischen  tomback-  und  gelbüchbrauu 
in’s  Grüne,  Graue  und  Schwärzliche.  Bestdth.  nach  Köhler: 
Si03  56,81 , MgO  29,67  , CaO  2,19  ; FeO  8,16 , MnO  0,61 , Ai203 
2,06,  H20  0,21.  — Formel:  3[MgO,  FeO,  Ca0j.2Si03. 

Eingewachsen  in  Basalt  mit  Olivin:  Marburg,  Unkel  am  Rhein ; in 
Serpentin:  Steiermark,  Baireuth , Schottland . 

i ' •' 

& ')  Hyper  Sthen.  (Syn.  Labradorische  Hornblende,  Paulit , 
prismatoidischer  Schillerspath.)  Kryst.  M.  mit  blättriger  Textur. 
Graulich-,  grünlich-,  bräunlich-schwarz;  kupferroth,  ins  Gold- 
gelbe und  Tombackbraune  schillernd.  Grad  der  Schmelzbarkeit 
«=  5,5.  Bestdth.  nach  Klapr.:  Si03  54,25,  MgO  14,00,  CaO 
1,50,  FeO  24,50,  AI203  2,25,  H20  1,00.  — Formel  : 3MgO. 
2Si03+3Fe0.2Si03. 

Als  wesentlicher  Gemengtheil  des  Hypersthen  - Syenits:  Küste  La- 
brador, Schottland,  Norwegen , Cornwall , Schlesien. 

Wird  wohl  als  Ring-  und  Nadelstein  zu  Bijouterie  - Waaren  verar- 
beitet. 

Nach  den  Untersuchungen  von  G.  Rose  (Poggend.  Ann.  XXIT.  Bd.  p. 
321.)  müssen  Hornblende  und  Augit  in  eine  Gattung  vereinigt  werden.' 
Ihre  Form-Unterschiede  lassen  sich  durch  die  verschiedenen  Umstünde 
erklären,  unter  denen  sie  entstanden  sind,  indem  die  Hornblende-Arten 
bei  langsamer,  die  Augit- Arten  bei  schneller  Abkühlung  der  geschmolze- 
nen Massen  gebildet  wurden ; die  chemische  Zusammensetzung  beider 
Gattungen  ist  sich  sehr  ähnlich  und  die  Winkel  der  Hornblende  und 
des  Augits  lassen  sich  vollkommen  aufeinander  redociren.  Als  Verbin- 
dungsstufen dieser  beiden  Gattungen  ist  Rose’s  Uralit  aus  dein  Grün- 
stem des  Ural,  Tyrol  u.  s.  w.  zu  betrachten",  der  die  äussere  Form  des 
Augits  und  die  Spaltungsflächen  der  Hornblende  besitzt. 


Anhang  zu  den  Gattungen  Hornblende  und  Augir. 

Asbest . 

Die  Arten  der  ehemaligen  Gattung  Asbest  gehören  nach 
Moks  theils  der  Hornblende , theils  dem  Augite  an,  theils  bil- 
den sie  die  Gattung  Picrosmin . Nach  Breiifiaupt  sind  Asbest 


Bergkork. 


167 


und  Amianth  Bezeichnungen  eines  eigeuthümlichen  Aggregat- 
zustandes verschiedener  Mmeralspecien. 

a)  Amianth.  (Syn.  biegsamer  Asbest.)  Kryst.  haarförmig, 
auf-  und  durcheinander  gewachsen ; derbe  M.  aus  iosen  oder 
leicht  trennbaren  und  elastisch  biegsamen,  höchst  feinen  Fasern. 
Halbdurchsichtig  bis  durchscheinend.  Seidmglanz.  Weiss  in’s 
Grüne,  Gelbe  und  Braune,  selten  Rothe.  Bstdfh.  nach  Cheve- 
vix:  Si03  59,00,  MgO  25,00,  CaO  9,00 , Ä1203  3,00 , Fe 0 2,25. 

Auf  schmalen  Gängen  in  Serpentin  u.  s w. : Tyrol , Piemont,  St. 
Gotthard,  Dauphinee , Schottland , Sachsen Schlesien. 

h)  Äs  best  (Syn.  gemeiner  Asbest.)  Kryst.  haarförmig,  aber 
selten;  gewöhnlich  derbe  M.  von  fest  verbundenen,  gleichlau- 
fenden, stechenden  Fasern.  Durchscheinend.  Perlmutter-  und 
Seidenglanz.  Lauchgrün  in’s  Gelbe  und  Weisse.  Bestdth.  f?es 
aus  der  Tarentaise  nach  v.Bonsd.:  Si03  58,  MgO  22,10,  CaO 
15,55,  Al2©3  0,14,  FeO  3,08,  Mn©  0,21.  Ein  weisser  Asbest 
aus  Grönland , von  Lappe  untersucht , enthält  MgO  31,88  und 
nur  CaO  0,04. 

Findet  sich  wie  der  Amianth  in  Serpentin,  auch  auf  mächtigen  Eisen- 
ynd  Kupfererz-Lagern  allgemein  verbreitet:  Sachsenr  Schlesien,  Steuer  - 
mark  , Tyrol , Harz  , Schweden,  Cornwall , Sibirien. 

Der  Amianth  und  Asbest  werden  in  den  Apotheken  als  Alumen.  plu- 
mosum  (Federalaun,  Federweiss)  aufbewahrt.  Der  eigentliche  Federalaun, 
von  dem  später  die  Rede  sein  wird,  findet  sich  nicht  in  den  Apotheken. 
Der  Asbest  wurde  früher  sowohl  innerlich  als  äusserlich  in  der  Medizin 
angewendet  und  ist  auch  neuerdings  wieder  als  Wurmmittel  empfohlen 
worden.  Der  Amianth  diente  schon  in  den  ältesten  Zeiten  zur  Bereitung 
der  unverbrennlichen  Leinwand,  und  wird  benutzt  zur  Verfertigung  von 
Feuerzeugen  und  unverbrennlichen  Lampendochten. 

c)  Bergholz.  (Syn,  Holzasbest.)  Derbe,  platteuförmige 
M. , mit  zarten , untereinander  laufenden , fest  zusammenhängen- 
den Fasern  , die  in  Splitter  trennbar  und  elastisch  biegsam  sind. 
Matt;  holzbraun.  An  der  feuchten  Lippe  hängend. 

Kommt  auf  Lagern  in  Tyrol,  am  Harz  und  in  Piem&nt  vor. 
dj  B e V (j  Ji  OY  h,  (Syn.  Bergleder,  Bergfleisch,  schwimmender 

Asbest.)  Platteuförmige,  zerfressene  Sticke  mit  zarten , filzartig 
ineinander  gewebten  Fasern  , die  nicht  rennbar  , etwas  elastisch 
biegsam  sind.  Schwimmend.  Matt.  Gelb  in’s  Braune,  meist  sehr 
leicht.  Bestdth.  nach  Bergmann : Si03  62,0 , MgO  22,0 , CaO 
10,0 , A1203  2,8 , FeO  3,2. 

Auf  Gängen  im  ältern  Gebirge  mit  Silber-  und  Bleierzen,  auch  in 
dünneu  Lagen  zwischen  Serpentin  : Mahren , Savoyen , Dauphinee , Nor- 
wegen , Schweden. 


168 


Cronstedtit. 


47.  Schiller spath. 

(Syn.  Schillernde  Hornblende,  Schillerstein,  Diatomer  Schillerspath , 
Talkartiger  Diallag  ) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Kryst. , blätterige,  derbe  M.  — 
Nach  zwei  Richtungen  spaltbar.  Br.  uneben,  splittrig.  H.  = 3,5;  spröde; 
?p.  G.  = 2,6.  Durchscheinend  a.  d.  K.  Auf  den  Spaltungsflächen  me- 
tallähnlicher  Perlmutterglanz , eigenthiimlich  schillernd.  Grün  in  verschie- 
denen Nüanzen,  in  das  Nelken-  oder  Tombakbraune  und  Bronzegelbe. 
Strich:  graulich-weiss. 

V.  d L.  schwer  zu  einem  grünlichen  Glase  schmelzend.  Ln  Kolben 
Wasser  gebend.  Als  feines  Pulver  von  conc.  Salzsäure  zersetzbar  und  die 
Kieselerde  als  ein  schleimiges  Pulver  zurück  lassend.  Bestdth  nach 
Köhler ; Si03  43,90,  MgO  25,85,  FeO  13,02,  MnO  0,53,  CaO  2,64, 
A1203  1,28,  IDO  12,42. 

Kommt  eingewachsen  in  Serpentin  am  Harze  und  in  Spanien  vor. 


48.  Lievrit. 

(Syn.  Drittel-kieselsaure  Kalkerde-Eisenoxydul,  Yenit,  diprismatisclies 
Eisenerz , Ilvait.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxlg.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule  mit 
der  gerade  angesetzten  Endfläche,  oder  mit  den  Flächen  eines  rhombi- 
schen Octaeders  als  Zuspitzung  der  Seitenflächen.  Kryst.  säulenartig, 
nadelförmig,  mit  vertical  gestreiften  Seitenflächen,  ein-  und  aufgewach- 
sen, zu  Büscheln  verbunden  Kryst  M, , eingesprengt.  — Br.  uneben. 
II.  = 5,5 — 6;  spröde ; sp.  G.  = 3,9.  Undurchsichtig.  Halbmetallisch 
glänzend*  Schwarz  in’s  Graue,  Blaue  und  Braune.  Strich:  schwarz. 

Y.  d.  L.  schmilzt  er  leicht  (2,2)  und  ruhig  zu  einer  magnetischen 
Kugel.  Mit  Salzsäure  vollkommene  Gallerte  bildend.  Bestdth.  nach 
Strom.:  Si03  29,27,  CaO  13,77,  FeO  52,54,  MnO  1,58,  A1*03  0,61,  H*0 
1,26  — Formel:  3Ca0.Si03-f-4'3Fe0.Si03). 

Kommt  in  einem  augitischen  Gestein,  mit  Hornblende,  Quarz,  auf 
Elba  und  in  Schlesien  vor ; ferner  in  Sachsen ],  N.- America , Sibirien. 

49.  Cronstedtit. 

Kryslsnn.  drei-  und  einaxig  Krystf  sechsseitige  Säule.  Kryst.  na- 
delförmig , mit  gestreiften  Seitenflächen , einzeln  auf-  und  zu  mehrern 
nebeneinander  gewachsen ; derbe  M.  mit  stängeliger  Absonderung  ; nieren- 
förmig, eingesprengt.  — , II.  — 2,5;  in  dünnen  Blättchen  elastisch  bieg- 
sam; sp.  G.  3, 14.  Oft  durchscheinend.  Glasglanz.  Rabenschwarz.* 
Strich  : dunkel-lauchgriin.  # 

V.  cl.  U.  schwer  zu  einer  magnetischen  Kugel  schmelzbar.  Im 
Kolben  Wasser  gebend.  Mit  Salzsäure  vollkommene  Gallerle  bildend. 
Bestdth.  nach  Steinmann:  Si03  22,45,  FeO  58,85,  MnO  2,88,  MgO  5,07, 
H20  10,70. 

Auf  Gängen  mit  Kalkspath  und  Eisenerzen : Przibram  in  Böhmen  „ 
Cornwall 


Epidot. 


169 


(Der  Gökumit  aus  Upland  ist  grünlich-gelb,  a.  d.  k.  durchschei- 
nend. Text,  blätterig.  Sp.  G.  = 3,74  und  enth.  nach  Thoms. : Si03  35,68, 
CaO  25,74,  FeO  34,46,  M203  1,40,  H20  0,60) 

6.  Abth,  : Silicate  von  Kalk-  und  Talkerde  mit; 

Th on er  de. 

(Die  alcalischen  Erden  werden  oft  durch  Eisen-  und  Manganoxydul , die 
Thonerde  zuweilen  durch  Eisenoxyd  ersetzt.) 

Die  Mineralien  dieser  Abtheilung  krystallisiren  grösstentheils 
im  zwei-  und  einaxigen  und  regelmässigen  Systeme;  es  findet 
sich  darunter  kein  zum  drei-  und  einaxigen  gehöriges.  Ihr 
Bruch  ist  fast  immer  muschelig  bis  uneben ; sie  ritzen  sämmtlich 
den  Flussspath  und  werden  vom  Topas  geritzt,  sind  spröde 
und  haben  die  Grenzpunkte  des  spec.  Gew.  bei  2,7  und  3,7. 
Die  mehrsten  sind  durchsichtig  bis  durchscheinend,  wenige  un- 
durchsichtig ( BucMandit , Melilith)  ; der  vorherrschende  Glas- 
glanz geht  zum  Fettglanz  über  und  wird  perlmutterartig  beim 
Epidot  und  Karpholit.  Farben  kommen  in  allen  Modificationen 
vor,  jedoch  ist  die  weisse  Farbe  selten;  das  Strichpulver  ist 
meist  weiss  und  spielt  selten  in’s  Graue,  Gelbe  und  Rothe.  V. 
d,  L.  sind  alle  schmelzbar,  jedoch  mehr  oder  weniger  leicht, 
ruhig  oder  unter  Schäumen ; fast  alle  sind  für  sich  in  Salzsäure 
zur  Gallerte  löslich  oder  werden  es  nach  dem  Schmelzen.  Im 
Kolben  geben  sie,  ausgenommen  der  Karpholit , wenig  oder 
kein  Wasser. 

50.  Epidot. 

(Syn.  Drittel-kieselsaure  Ralkerde-Thonerde , Pistacit,  Thalit,  Arendalit^ 

Zoisit,  piemontesischer  Braunstein,  prismatoidischer  Braunspath.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  geschobene  vierseitige 
Prismen  mit  schwacher  oder  starker  Abstumpfung  der  scharfen  Seiten- 
kanten. Kryst.  säulenartig,  glatt  oder  gestreift,  haar-,  auch  nadelförrnig, 
ein-schilfartig  auf-,  auch  durcheinander  gewachsen  und  drüsig  verbunden ; 
kryst.  derbe  M. , oft  stänglig  abgesondert,  blätterig  bis  strahlig,  dicht, 
eingesprengt.  — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen.  Br.  uneben  bis 
splittrig.  H.  = 5,5 — 6,5;  spröde;  sp.  G.  2-  3,2 — 3,4.  Durchscheinend, 
selten  halbdurchsichtig.  Zwischen  Fett-  und  Perlmutterglanz.  Pistaziengrün 
in  s Zeisiggrüne , auch  in  s Schwärzliche ; rauchgrau  in’s  Weisse  und 
Köthliche.  Strich : graulicli-weiss, 

V.  d.  L.  unter  Anschwellen  und  Schäumen  theils  sehr  schwierig  in 
dünnen  Splittern  zu  klarem  Glase  (Anfangs  2,7 — 3,  dann  3,5)  (Zoisit), 
oder  zur  schwarzen,  oft  magnetischen  Masse  (3—3,5)  fPistazitJ , theils 
leicht  zu  schwarzem  Glase  schmelzend  (2 — 2,5).  Der  Manganepidot  färbt 
das  Boraxglas  violett.  Nach  dem  Schmelzen  bildet  das  feine  Pulver  mil 
Salzsäure  eine  Gallerte.  Bestdth.  a.  des  Zoisit  nach  Bucholz , b.  des 
Pislazit  nach  Vauq,3  c.  des  Manganepidots  nach  Haviwall : 


J70 


Granat. 


a.  Si03  40,75  , AI*Qa  30,25,  CaO  22,50,  Fe2034-Mn2Q3  4,50,  HaO 
2,00-  — Formel : 3Ca0.Si03-f-2(Al203.Si03). 

b.  Si03  37,0,  A1>03  21,0,  CaO  15,0,  Fe,03  24,0,  Mn,03  1,5.  — 
Formel:  3Ca0.Si03-f-2([Al203, Fe203]+Si03). 

c.  Si03  38,47,  A1203  17,65,  CaO  21,65,  Fe203  6,60,  Mu203  14,08, 
MgO  1,82t  — Formel:  3[CaO,  IMg0J.Si03-{-2([Al203,:Mn,03,  Fe203].Si03). 

Als  zufälliger  Gemengtheil  mancher  Felsarten;  Granit,  Syenit,  auf 
Lagern  mul  Gängen  im  Gneis  und  Thonschiefer : Norwegen , Dauphvnee  ; 
in  Blasenräumen  des  Augit-  Porphyrs:  Tyrol , Dauphinee.  (Der  sandige 
Epidot  (SkorzaJ  findet  sich  in  Diluvial-Ablagerungen  in  Siebenbürgen.) 

Nach  G.  Rose  gehört  zuin  Epidot  auch  der  Buklandif.  Er  hat  die 
Winkel  des  Epidots,  ist  undurchsichtig,  dunkelbraun,  schwarz.  Glänzend 
oder  mit  einer  erdigen  Substanz  bedeckt.  In  ihm  sind  die  Erden  des 
Epidots  wahrscheinlich  durch  FeO  und  Fe203  ersetzt,  daher  er  die  For- 
»jel  3Fe0.Si03-f-2(Fe203.$i03)  erhalten  würde.  Am  Laacher  See  findet 
ör  sich  in  den  vulkanischen  Massen  mit  glasigem  Feldspath;  inNorwegen 
soll  er  . mit  Kalkspath  und  Nephelin  Vorkommen. 

Wo  der  Epidot  mit  Eisenerzen  vorkoiumt , wie  in  Norwegen  y benutzt 
man  denselben  wegen  seiner  Leichtflüssigkeit  und  seines  Eisengehaltes 
als  Zuschlag  beim  Eisenschmelzen. 

51.  Vesuvian , 

(Syn.  Idok.ras,  Egeran,  Cyprin,  Loboifc,  pyramidaler  Granat.) 

Kryst&tm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  vierseitige  Prismen  mit  der 
gerade  angesetzten  Endfläche  und  Combinationen  dieser  Gestalt  mit  deiA 
Quadratociacder.  Kryst.  meist  kurz  säulenförmig,  glatt,  auch  uneben  und 
gekrümmt  mit  vertical  gestreiften  Seitenflächen,  einzeln  ein-,  auch  auf- 
gewachsen oder  drüsig  verbunden  ( Vesuvian) . Derbe  , stängelig  abgeson- 
derte M.  ( EgeranJ . — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen.  Br.  muschelig 
bis  uneben.  II.  = 6,5;  spröde;  sp.  G.  = 3,35 — 3,45.  Durchsichtig  bis 
a.  d.  K.  durchscheinend.  Glas-  oder  Fettglanz.  Braun  in’s  Grünliche , 
Röthliche  und  Schwärzliche,  selten  ins  Blaue.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  sehr  leicht  und  mit  Aufschäumen  zn  bräunlichem  oder 
grünlichem  , öft  blasigem  Glase  schmelzend  ; hierdurch  fällt  sein  sp.  G. 
nach  Mitscherlich  zu  2,95.  Nach  dem  Schmelzen  mit  Salzsäure  Gallerte 
bildend.  Bestdth.  nach  Magnus : Si03  37,35,  A1,03  17,69,  CaO  31,89, 
Fe,Oj  6,48,  MnO  9,48,  MgO  4,53,  KO  Spur.  — Formel:  3Ca0.Si03+ 
[Al203,Fe,03].Si03. 

Findet  sich  in  körnigem  Kalk,  an  der  Bergstrasse  ; im  Serpentin: 
Piemont ; im  Gneis:  M.  Rosa;  in  vulkanischen  Auswürflingen : am  Monte 
Somma . 

Wird  unter  dem  Namen  Chrysolith,  vesuvische  Gemme,  zu  Ring- 
steineu  geschnitten. 

52.  Granat. 

(Syn.  dodecaedrischer  Granat.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Bodecaeder;  2)  Ikosi- 
tetraeder; 3)  Combinationeu  diejer  beiden  Formen;  4)  Hexakis- 


Grossular. 


171 


octaeder ; 5)  Oombmation  desselben  mit  Nro.  1 und  2;  6)  Hex- 
aeder mit  Dodecaederhächen  u.  s.  w.  Zwillinge.  Kryst.  meist 
gestreift  oder  mit  einer  Talk-  oder  Chloritrinde  überzogen; 
theils  mit  gebogenen  Flächen ; einzeln  eingewacbsen ; kryst.  M. ; 
Textur  sclialig  und  körnig,  derb;  als  lose  kryst.  Geschiebe  und 
Körner.  — Nur  selten  in  der  Richtung  der  Rodecaederfiächt  Ti 
spaltbar.  Br.  muschelig  in’s  Unebene.  EL  — 6,5— 7,5;  spröde; 
sp.  G.  =t=  3,61 — 4,23.  Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Glas- 
bis  Fettglanz.  Farben  sehr  verschieden.  Strich : grau , gelb- 
roth , braun.  Zuweilen  schwach  magnetisch , wahrscheinlich 
durch  eine  Beimengung  von  Magneteisen.  Durch  Erwärmen  po* 
larisch  electrisck  werdend. 

V.  d.  L.  ziemlich  leicht  und  ruhig  schmelzend  (3) , das  Glas 
der  sehr  eisenreichen  Granate  ist  magnetisch;  das  der  Mangan- 
granate  färbt  das  Boraxglas  in  der  äussern  Flamme  amethyst- 
roth.  Nack  dem  Schmelzen  mit  Salzsäure  eine  Gallerte  bildend. 
— Fonnel  : 3R0.Si034-R2®3»S103^)a 

Arten. 

1)  Almandin  (edler  Gr . , rother  Gr orientalischer 
Gr . , Karfunkel).  Kryst.  ursprünglich  einzeln  eingewachsen 
und  rundum  ausgebildet;  Körner;  selten  derb  und  ein  gesprengt. 
Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Blut-,  kolombin-,  kirschroth, 
seltener  hyacinth-  und  bräunlich-roth.  Ghlt.  des  Gr.  von  Engso 
nach  Troile-W.:  Si03  40,60,  A1203  19,95,  FeO  33,93,  MnÖ 
6,69.  — Formel:  3(FeO,  Mn0).Si034-Aia03.SiQ3. 

Findet  sich  als  Gemengtlieil  verschiedener  .altern  Gebirgsraassen , 
selten  auf  Lagern  , noch  seltener  auf  Gängen:  Tyrol , Piemont , Sachsen , 
Schweiz  , Schweden  , Norwegen ; secundär  im  aufgeschwemmten  Lande : 
Ceylon,  Ostindien,  Böhmen , Spanien. 

2)  Kan  eis  fein  , (Ilessonit , prismatischer  Gr. , gelber 
Gr.,  Succmit,  Tbpazolith).  Kryst.  meist  sehr  lang  gezogen; 
derb  und  in  Körnern.  Halbdurchsichtig  bis  durchscheinend.  Zwi- 
schen hyacinthroth  und  orangegelb , in’s  Honiggelbe,  Ghlt.  des 
Ceylonischen  nach  C.  G.  Gmelin : Si®3  40,00 , CaO  30,57 , 
A1203  22,99,  Fe-jOs  3,66,  M11O  und  KO  Spuren,  Verlust  3,32. 
Formel : 3(€aO,  Fe®).§i®s-+-Al2®3.Si03. 

Findet  sich  im  Sande : Ceylon ; auf  Quarzgängen  im  Gneis : Schott- 
land; im  Serpentin:  Piemont ; mit  Kalk:  Wärmeland,  Finland. 

3)  Gr  0 ss ul  ar  (grüner  Gr. , Äplom , Allochroit).  Spar- 


*)  RO  (=  Radical)  des  ersten  Gliedes  ist  gewöhnlich  eine  Mischung 
von  CaO,  MgO , FeO,  MnO;  — R,Oa  (Radical)  des  «weiten  Glie- 
des von  A14ö3  , Fe,03/ 


172 


RothhoMt. 


gel« , pistazien , oliven , lauch-  und  berg-grün.  Glitt,  des  Gros - 
sular  von  Wilui  nach  l'rolle-W. : Si03  40,55,  A1303  20,10, 
CaO  34,86,  Fe203  5,00,  MnO  0,48.  — Formel:  3Ca0.Si034- 
[A1303,  Fe203].Si03. 

Findet  sich  in  serpentinartigem  Gestein : Tyrol , Ungarn  ; mit  Mag.- 
neteisen,  Feldspath  u.  s.  w.  oft  ganze  Lager  bildend:  Erzgebirge,  Bai- 
reuth , Schweden , Norwegen. 

(Anna.  Magnus  fand , dass  der  Grossular  vom  Wiluiflusse  nach  dem 
Schmelzen  sein  sp.  G.  von  3,63  auf  2,95  änderte  und  nicht  vom  geschmol- 
zenen Vesuvian  zu  unterscheiden  war.  Die  Zusammensetzung  beider  ist 
auch  gleich.  Grossular  und  Vesuvian,  sind  also  als  zwei  Formen  einer 
und  derselben  Substanz  zu  betrachten.) 

4)  Gemeiner  Granat  (Brauner  Gr . , Kolophonit , 
Aplom).  Kleine  abgerundete  Kn  st. , wie  geflossen  ; derbe  M.  , 
körnig  abgesondert.  A.  d.  K.  durchscheinend  bis  undurchsich- 
tig. Braun  iiTs  Rothe , Gelbe  und  Grüne ; schwärzlich-braun. 
Ghit.  des  rotlihraunen  vom  Vesuv  nach  Trolle-W. : Si03  39,93, 
A1303  13,45,  CaO  31,66,  Fe0.Fe203  14,00,  MnO  1,40.  — For- 
mel : 3[CaO,  FeO,  Mn0].Si03+[Al303,Fe203].Si03. 

Monte  Somma  bei  Neapel , Tyrol , Bergstrasse  (Schriesheim) , Thü- 
ringen, Schlesien,  Böhmen,  Schweden  , Norwegen  , Sibirien.  Er  kommt 
ineist  auf  Lagern,  seltener  auf  Gängen  vor,  im  Glimmerschiefer,  Granit, 
Serpentin  u.  s.  \v.  , und  eingewachsen  in  basaltische  und  vulkanische 
Gesteine. 

5)  Melanit  (schwarzer  Gr.,  Pyrenait).  Kryst.  einge- 
wachsen oder  lose,  selten  derb.  Undurchsichtig.  Raben-,  graulich- 
lind  sammetschwarz,  Ghit.  des  Melanit  von  Arendal  nach  Trolle - 
W.:  Si03  42,45,  A1203  22,47,  CaO  6,52,  MgO  13,43,  FeO 
9,29,  MnO  6,27.  — Formel:  3[MgO,  CaO,  FeO,  MnO] . Si03-F 
Al303.Si03. 

Kommt  vor  in  den  Pyrenäen  (Bärtiges),  Rom  (Frascati , Albano), 
Neapel  (Monte  Somma),  preuss . Rheinprovinz  ( Laacher  See),  Sachsen, 
Norwegen , N -America. 

( Trolle-W '.  untersuchte  einen  weissen  Granat  von  Tellemarken , 
dessen  Formel  sich  als  3[CaO,  MnOj.SiO34~ALO3.SiG3  ergab.) 

6)  Mang  anyranat.  Kryst.  und  Körner  röthlich-hraun 
und  bräunlich-roth.  — Formel:  3[MnO,  FeOJ.SiO3-1-Al2O3.SiO3. 

Im  Granit:  Spessart,  Böhmen,  Pensylvanien. 

7)  Ro  thhoff  it.  Gelhlichhraun  und  leberbraun.  Glilt. 
des  Rothh.  nach  Trolle-W.:  Si03  35,10,  CaO  26,91,  Fe20* 
29,10,  MnO  7,08,  KO  0,98.  — Formel:  3[CaO,  Mn0J.Si03-F 
Fe203.Si03. 

Findet  sich  in  Schweden  (Längbanshytlah 


Gehlenit. 


173 


Der  edle  Granat  ist  ein  geschätzter  Edelstein,  wenn  er  reine  rotlie 
Farben,  zeigt ; die  kleineren  Körner  werden  gestossen  als  Schleifmittel  für 
Edelsteine  benutzt.  Der  Hessonit  wird  ebenfalls  als  Edelstein  benutzt 
und  oft  mit  dem  Hyacinth  verwechselt.  Die  gemeinen  Granaten  dienen 
ihrer  Leichtflüssigkeit  und  ihres  Eisengehalts  wegen  als  Zuschlag  beim 
Eisenschmelzen. 

53.  Pyrop. 

(Syn.  Böhmischer  Granat,  schaaliger  Gr.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Hexaeder.  Kryst.  abge- 
rundet mit  rauher  Oberfläche;  Körner;  derb.  — Spaltbarkeit 
nicht  bemerkbar.  Br.  kleinmuschelig , zuweilen  schalig  abge- 
sondert. H.  =±=  7,5;  spröde;  sp.  G.  = 3,7.  Durchsichtig  bis 
durchscheinend;  Fett-  bis  Glasglanz  sehr  lebhaft;  blutrotb. 
Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  strengflüssig ; nur  in  feinen  Splittern  schmelzbar 
zu  einem  schwarzen  Glase  , das  von  Borax  chromgrün  gefärbt 
wird.  Beim  Anfang  des  Glühens  wird  der  Pyrop  schwarz  und 
undurchsichtig ; beim  Abkühlen  färbt  er  sich  gelblich  und  nimmt 
zuletzt  wieder  seine  Farbe  an.  Ghlt.  nach  Trolle-W.:  SiOs 
43,70,  A1203  22,40,  CaO  6,72,  MgO  5,60,  FeO  11,48,  Cr203 
6,52,  MnO  3,68.  — Formel  ? 

Er  kommt  theils  lose  , theils  eingewachsen  vor  in  einer  wackeartigen 
Masse  und  im  Pechstein  : Böhmen  (unweit  Bilin) ; im  Serpentin : Sachsen 
(Zohlitz) : der  derbe  in  Norwegen  und  Grönland. 

Man  wandte  ihn  früher  als  Arzneimittel  an ; er  machte  einen  Be- 
standteil der  fragmenta  lapidum  quinque  pretiosorum  aus.  Er  wird 
ebenfalls  als  Schmuckstein  , und  der  gepulverte  als  Schleifpulver  ( rother 
SmirgelJ  gebraucht.  Die  kleinen  Pyrope  sind  wohlfeil  und  zweckmässig 
bei  der  Receptur  zum  Tariren  zu  benutzen. 

54.  Melilith. 

* /'  ' ■ ; j/t''  " -*  : 's  • , 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  quadratisches  Octaeder.  Kryst. 
säulenartig  mit  rauher  Oberfläche,  aufgewachsen.  — Br.  uneben.  H,  == 
5,5;  sp.  G.  ■=  3,2.  Undurchsichtig.  Auf  den  Bruchflächen  Glasglanz; 
honiggelb  in’s  Rothe.  Strich  : gelblich-weiss. 

Y.  d.  L.  leicht  und  ruhig  zu  einem  durchscheinenden  grünen  Glase 
schmelzend.  Das  Pulver  gelatinirt  mit  Salzsäure  vollkommen.  Die 
Auflösung  wird  durch  Aetzammon  gefällt.  Ghlt.  nach  Carpi : Si03  38,0, 
MgO  19,4,  A1203  2,9,  CaO  19,6,  Fe,03  12,1,  Ti02  4,0,  Mn203  2,0. 

Kommt  in  doleritartigen  Gesteinen  vor  : Rom , fCapo  di  BoveJt  Vesuv , 
Laacher  See  (H erchenberg). 

55.  Gehlenit. 

(Syn.  Drittel-kieselsaure  Kalkerde  mit  Sechstel-kieselsaurer  Thonerde.) 

Kryststm  . z wei-  und  einaxig?  Krystf.  gerade  reetanguläre  Säule. 


Karpholit. 


171 


Kryst.  ineist  rauh  und  drüsig,  zu  mehrern  auf-  und  ineinander  gewach- 
sen*, derb.  — Br.  muschelig  in’s  Unebene.  H.  = (5;  spröde;  sp.  G.  = 
2,8 — 3,0-  A.  d.  K.  durchscheinend.  Fettglanz.  Weiss  ins  Graue,  Braune 
und  Grüne.  Strich  : weiss. 

Y.  d.  L.  schwer  schmelzbar  (5,7).  Mit  Salzsäure  wie  Meli lith.  Bestdth. 
nach  Kob  eil : Si03  31,0,  AJ„Or  21,4,  CaO  37,4,  MgO  3,4,  FeO  4,4, 

HaO  2,0.  — Formel:  2(3Ca0.Si03)-f-2[Al203,Fe,03].Si03. 

Die  Krv  stalle,  in  Kalkspath  eingewachsen:  in  Tyrol ; der  derbe 
ebenda,  begleitet  von  schwarzem  Spinell,  Idokras  u.  s.  w. 

56.  Dichroit. 

(Syn.  Zwei-drittel-kieselsaure  Talkerde  mit  drittel-kieselsaurer  Thonerde, 
Cordierit,  Jolith,  Peliom,  Steinheilit , prismatischer  Quarz.) 

Kryststm . ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule  mit  abge- 
stumpften scharfen  oder  stumpfen  Seitenkanten  und  der  gerade  ange- 
setzten Endfläche  , oder  mit  der  Fläche  eines  Bhombenoctaeders.  Kryst. 
säulenförmig,  meist  rauh,  eingewachsen.  Kryst.  M. , Körner,  Geschiebe. 
— Br.  muschelig,  in’s  Unebene.  H.  = 7—7-5;  spröde,  sp.  G.  = 2,5. 
Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Glas-  bis  Fettglanz';  violblau  in’s  Indigo- 
blaue und  Graue.  Strich:  weiss.  Ausgezeichneter  Dichroismus  ; Indigoblau 
in  der  Richtung  der  Hauptaxe;  bräunlichgrau,  senkrecht  auf  dieselbe 
gesehen. 

V.  d.  L.  schwer  zu  einem  weissen  (5 — 5,5),  mit  Borax  zu  einem 
klaren  Glase  schmelzend,  ln  Salzsäure  unauflöslich.  Bestdth.  nach  von 
Bonsd.  : Si03  49,95,  MgO  10,45,  AE03  32,88,  FeO  5,00,  MnO  0,03, 
HaO  1,75.  — Formel  : 3[MgO,  FeOJ.2SiOa-f 3(Alz03.Si03). 

Kommt  eingewachsen  in  Granit  vor:  Spanien  Norwegen  , Baiern ; 

in  Geschieben:  auf  Ceylon ,*  in  basaltischen  Gesteinen:  Auvergne. 

Geschliffen  und  als  Edelstein  benutzt  kennt  man  ihn  als  Wasser- 
Saphir 

57.  Karpholit. 

(Syn.  Drittel-kieselsaures  Manganoxydul  - Eisenoxydul  mit  drittel- 
kieselsaurer Thonerde,  Strohstein.) 

Kryst»  derbe  M.  mit  dünnstüngliger  bis  zartfaseriger,  sternförmig  aus- 
einanderlaufender Textur.  — H.  = 5;  sp.  G.  = 2,9  Undurchsichtig. 
Perlmutterglanz;  strohgelb  in’s  Wachsgelbe.  Strich:  weiss. 

Y.  d.  L.  anschwellend  und  schwer  zu  einem  bräunlichen  Glase 
schmelzend.  In  Borax  zu  amethystfarbenem  Glase  lösbar.  Im  Kolben 
ein  saures  Wasser  gebend,  von  welchem  das  Glas  angegriffen  wird. 
Bestdth.  nach  Strom.:  Si03  36,15,  AE03  28,66 , CaO  0.27,  MnO  19  16 
FeO  2,29,  H*Ea  1,47,  «20  10,78.  - Formel:  3[MnO,  FeOl.SiO, * 3fALO,.’ 
Si03)-r6H20.  ■ 

In  quarzreichen  Granit,  begleitet  von  Flussspath  : in  Böhmen 

( Schlackenwalde ). 

In  diese  Abtheilung  gehören  ferner: 

Seybertit  aus  New- York  ( ’Amityj . Kn  st.  Blättchen  bildend.  Sp. 


Staurolith. 


175 


G.  r=  3,16.  Durchscheinend;  roth.  Besklth.  nach  Clamson  : Si03  17,00, 
AI203  37,6  , MgO  34,3  , CaO  10,7 , Fe203  5,0  , IDO  3,6. 

Thulit.  Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Br.  muschelig.  H.  = 6. 
Durchscheinend.  Glasglanz.  Hochrosenroth.  Ghlt. : Si03  42,5 , AI,03  25,1, 
CaO  19,14,  MgO  0,15.  Kommt  mit  Quarz  und  blauem  Vesuvian  vor  in 
Norwegen  (Telle marken). 

Ainphodelit.  Kryststm.  ein-  und  eingliedrig.  H.  = 4,5;  sp.  G. 
r=  2,76.  Röthlich.  Ghlt.  nach  Nordensk. : Si03  45,80,  A1203  35,45,  CaO 
10,15,  MgO  5,05,  FeO  1,70,  H20  1,85.  — Formel:  [CaO,  FeO,  MgO]. 
Si03-}-3(Al203.Si03).  Finland , im  Kalkbruche  von  Lojo. 

Xanthit.  Kryst.  blättrige  M. ; kleine  Körnchen,  die  locker  zu- 
sammengehäuft sind.  — - Sp.  G.  = 3,20.  Durchscheinend.  Harzglanz. 
Graulich-gelb.  — V.  d.  L.  auf  Platinblech  anschwellend  und  schwierig 
zur  grünlichen  Perle  schmelzend.  Mit  Borax  zu  gelbem,  beim  Erkalten 
farblosem  Glase  lösbar.  Ghlt.  nach  Thoms, : Si03  32,7,  CaO  36,30, 
A1,03  12,28,  Fe^Og  12,00,  MnO  3,68,  H20  0,60.  Kommt  in  New-York 
(Amity)  vor. 


7.  Abth.  : Silicate  von  Thonerde  und  Met  alloxyden. 

In  dieser  Abtlieilung  findet  sieb  nur  der  Staurolith  in  aus- 
gebildeten  Krystallen  des  ein-  und  einaxigeu  Systems.  Die  übri- 
gen sind  derbe  oder  zufällig  gestaltete  Massen.  Ihr  Bruch  ist 
feinerdig , uneben  oder  muschelig ; die  Härte  sehr  verschieden , 
von  Talk härte  ( Gelberde ) bis  Quarz härte  (Staurolith).  Die 
Grenzen  des  spec.  Gew.  liegen  bei  1,88  und  3,7.  Sie  sind  un- 
durchsichtig bis  halbdurchsichtig.  Matt , oder  haben  Wachs- , 
Fett-  bis  Perlmutterglanz.  — Allophan  ist  zuweilen  himmelblau, 
sonst  herrschen  gelbe,  rothe  und  braune  Farben  vor,  V.  d.  JU 
sind  sie  unschmelzbar. 

58.  Staurolith. 

(Syn.  Basisch-kieselsaures  Thonerde-Eisenoxyd,  Granatit,  prismatoi'discher 
Granit , Staurotid.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Kryst f rhombische  Säule  mit  der  gerade 
angesetztem  Endfläche  und  mit  gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seiten- 
kanten. Nur  Krystalle  verlängert  in  der  Richtung  der  Hauptaxe,  einge- 
wachsen, glatt  oder  rauh.  — Br.  uneben  bis  muschelig.  H.  — 7—7,5; 
spröde;  sp.  G.  •_«  3,7.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Zwischen  Fett-  und 
Glasglanz;  braun  in’s  Röthliche  und  Schwärzliche.  Strich:  weisslich. 

Y.  d.  L.  dunkler  werdend,  unschmelzbar.  In  Phosphorsalz  schwer 
löslich;  in  Soda  unauflöslich.  Bestdth.  nach  Klapr.  : Si03  27,00,  Al2Oa 
52,25,  Fe,03  18,50,  Mn203  0,25.  — Formel:  6(4Al203.Si03)-f-4(Fe2Öa. 
Si03). 

Findet  sich  eingewachsen  in  Glimmer,  Talk-  und  Thonschiefer,  auch 
in  Gneis  und  Granit  : Bretagne,  St.  Gotthard,  Spanien,  Mähren, 

Hessen  u.  i.  a.  G. 


176  Allophan. 

59.  Gelberde. 

(Syn.  Ockergelb,  Ochra.) 

Derbe  M.  — Br.  feinerdig.  HL  = 1;  sp.  G.  = 2,24.  Un- 
durchsichtig. Matt ; ockergelb  ; etwas  abfärbend ; fett  anzufüh- 
ilen.  Der  feuchten  Lippe  stark  anhängend.  Strich  : wenig 
glänzend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  sich  anfangs  rotli  (gebrannter  Ok- 
her)  und  später  schwarz  färbend.  In  dem  Kolben  röthlich  wer- 
dend und  etwas  Wasser  gebend.  Das  Boraxglas  gelb  färbend. 
Mit  Soda  als  Pulver  zur  unrein  gelben  Masse  fliessend.  Phos- 
phorsalz gibt  Eisenoxyd  und  Kieselerde  zu  erkennen.  In  Salz- 
säure theüweise  löslich.  In  Wasser  augenblicklich  in  Pulver  zer- 
fallend. Ghlt.  der  Gelberde  nach  0.  Kühn:  Si03  33,23,  Fe203 
37,75 , A1203  14,21 , MgO  1,38 , H20  13,24. 

Findet  sich  im  jungem  Flötzgebirge  auf  Lagern  mit  Thon,  auch  z. 
Th.  mit  Quarzsand  gemischt:  Baiern  fAmbergJ,  Lausitz  f Wehr  au)  , 
Sachsen  (RobschülzJ , Frankreich  fDepart.  NievreJ. 

Ehedem  wurde  die  Gelberde  wie  die  Bolarerden  als  Arzneimittel  be- 
nutzt. Ausserdem  wurde  sie  schon  in  den  frühesten  Zeiten , so  wie  jetzt, 
als  Malerfarbe,  theils  ungebrannt  (gelber  OckerJ , theils  gebrannt  frottier 
Ocker , englisch  oder  preussisch  RothJ  benutzt;  ferner  zum  Farben  des 
Leders  (Kollerjarbe)  u.  s.  w.  Sie  ist  eine  der  dauerhaftesten  Farben ; 
den  Glasfritten  wird  sie  zugesetzt  um  sie  leichtflüssiger  zu  machen  und 
schön  grün  zu  färben. 


60.  Allophan. 

(Syn.  Basisch-kieselsaures  Thonerde-Kupferoxyd.) 

Nierenförmig,  traubig,  stalaktitisch;  derb;  als  Ueberzug;  einge- 
sprengt. — Br.  muschelig.  H.  — 2,5;  sp.  G.  = 1,88.  Halbdurchsichtig 
bis  a.  d.  K.  durchscheinend.  Wachs-  bis  Perlmutterglanz;  himmelblau 
in’s  Spangrüne,  oft  in’s  Braune,  Bothe,  Gelbe  und  Weisse,  auch  gefleckt 
oder  geadert.  > 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  die  Flamme  grün  färbend ; mit  Cobaltsolution 
befeuchtet  und  geglüht  nach  dem  Erkalten  blau  werdend  Im  Kolben 
viel  Wasser  gebend.  Mit  Salzsäure  eine  vollkommene  Gallerte  bildend. 
Bestdth.  nach  Wcilchner : Si03  24,10,  AL03  38,76,  H>0  35,75,  CuO 
2,32. 

Als  Ausfüllungs-  und  Ueberkleidungsmassen , unregelmässige  Räume 
auf  Eisen-  und  Kupfererzlagern  bildend:  Saalfeld , Erzgebirge  Böhmen. 

Der  Allophan  scheint  ein  secundäres  Erzeugniss  und  sich  noch  immer 
fort  zu  bilden  ; der  von  Bunsen  untersuchte  Allophan , welcher  die  Ab- 
sonderungsflächen der  holzförmigen  Braunkohlen  bei  Bonn  (Friesdorj) 
überzieht , enthält  Eisenoxyd  statt  Kupferoxyd. 


Smaragd.  177 

8.  Abth.:  Silicate  die  Beryllerde  enthalten. 


Die  Mineralien  dieser  Abtheilung  kommen  sehr  häufig  kry- 
stallisirt  vor  und  finden  sich  selten  derb  und  eingesprengt.  Sie 
gehören  meist  zum  drei-  und  einaxigen  Systeme;  auch  finden 
sich  einzelne  aus  dem  ein-  und  einaxigen,  zwei-  und  eingliedri- 
gen und  regelmässigen  Systeme.  Ihr  Bruch  ist  muschelig,  bis 
kleinmuschelig  in’s  Unebene ; sie  ritzen  den  Apatitspath  und 
werden  vom  Korund  geritzt , sind  spröde  und  wechseln  im  sp. 
Gew.  zwischen  2,7  und  3,6.  Der  Glasglanz  ist  bei  ihnen  herr- 
schend ; er  geht  bei  einigen  (Ilelvin)  in  Fettglanz  über.  Alle , 
den  Kelvin  ausgenommen,  kommen  durchsichtig  vor  und  finden 
sich  auch  durchscheinend , selten  undurchsichtig.  Sie  sind  farb- 
los , oder  haben  mannigfaltige  Nüanzen  von  hellem  Grün  und 
Blau ; Helvin  kommt  auch  olivenfarhen  vor ; das  Strichpulver 
ist  weiss.  V.  d.  L.  sind  sie  für  sich  unschmelzbar  oder  wenig- 
stens sehr  strengfiüssig.  Borax  löst  sie  auf  und  färbt  das  Helvin- 
glas amethystroth. 

61.  Phenaldt. 

(Syn.  Kieselsäure  Beryilerde.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Kommt  in  platten  Rhomboedern  vor. 
— Br.  muschelig,  H.  = 7,5;  sp.  G.  = 2,96.  Durchsichtig.  Glasglanz. 
Farblos. 

V.  d.  L.  für  sich  unschmelzbar;  in  Soda,  Borax  und  Phosphorsalz 
schwer  löslich ; mit  Cobaltsolution  eine  schmutzig-graublaue  Farbe  an- 
nehmend; in  Säuren  unlöslich.  Bestdth.  nach  Hartwall*.  Si03  55,44,  Be203 
44,47-  — Formel:  Be203.2Si03. 

Zuerst  im  Gouvernement  Perm dann  im  Brauneisenstein  bei  Fram - 
mont , in  der  Nähe  von  Strassburg , gefunden. 

62.  Smaragd. 

(Syn.  Kieselsäure  Thonerde  und  Beryilerde,  rhomboedrischer  Smaragd.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  sechsseitige  Säule 
mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche;  2)  Combination  derselben 
mit  den  Flächen  einer  zweiten  sechsseitigen  Säule  als  Ab- 
stumpfung der  Seitenkanten  (zwölfseitige  Säule);  3)  Combina- 
tion von  Nro.  1 mit  den  Flächen  eines  stumpfen  Dihexaeders  als 
Abstumpfung  der  Endkanten ; 4)  Combination  der  beiden  Di- 
hexaeder; 5)  Combination  von  Nro.  4 mit  der  sechsseitigen 
Säule  und  der  gerade  angesetzten  Endfläche  u.  s.  w.  Kryst. 
bald  lang,  bald  niedrig;  stumpfeckige  Stücke  und  Geschiebe. — 
Spaltbar  parallel  den  End-,  minder  deutlich  nach  den  Seiten- 
flächen. Br.  kleinmuschelig  in’s  Unebene.  H.  = 7,5 — 8 ; spröde ; 
sp.  G.  ==  2,7.  Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Glasglanz. 

Geigers  Pharmacie . JI  1,  (2 te  Auji.)  12 


178 


Eukias. 


Strich : weiss.  Durch  Reiben  positiv  electrisch  > durch  Erwär- 
men poJarisch  electrisch  werdend. 

V.  d.  L.  sehr  strengflüssig  und  in  dünnen  Splittern  zur 
farblosen  blasigen  Schlacke  ohne  Anschwellen  schmelzend  (5,5). 
Vor  dem  Schmelzen  milchweiss  werdend.  In  Borax  zu  klarem 
Glase  lösbar.  — Formel : Be203.4Si03-i-2(Al203.2Si03). 

Arten. 

Smaragd L (Syn.  glatter  Smaragd,  Lapis  Smaragdus.)  Kryst. 
kurz,  aussen  glatt,  nur  die  Endflächen  rauh;  einzeln  ein-  und 
aufgewachsen,  selten  drüsig  verbunden.  Smaragd-  bis  grasgrün 
und  grünlich-weiss.  Bestdth.  nach  Klapr.:  Be.Os  12,50,  Si03 
68,50,  A1203  15,75,  Cr203  0,30,  Fe203  1,00,  CaO  0,25. 

Findet  sich  eingewachsen  im  Glimmerschiefer  : im  Salzbur  gischen ; 
neuerdings  von  ausgeseichneter  Grösse  bei  Ekalherineburg  in  Sibirien , 
am  rothen  Meere  ; auf  Gängen  im  Thonschiefer:  Neu-Carthago. 

Beryl  l.  (Syn.  gestreifter  Smaragd,  Aquamarin,  Lapis  Beryllus.) 
Kryst.  meist  lang  gestreckt , Endflächen  glatt , Seiten-  und  Di- 
hexaederflächen vertical  gestreift,  zuweilen  überdeckt  mit  Talk- 
oder unreiner  Beryllmasse ; durcheinandergewachsen  oder  drüsig 
gruppirt.  Selten  wasserhell ; zwischen  span-  und  apfel- , oder 
berg-  und  seladongrün  in’s  Blaue;  zuweilen  saphirblau,  honig- 
in’s  Wachsgelbe,  bis  in’s  Rosenrothe.  Bestdth.  nach  Berz.  : 
Si03  68,35,  A1203  17,60 , Be203  13,13,  Fe203  0,72,  TaO  0,27. 

Auf  Gängen,  auch  nesterweise  in  Granit,  mit  Topas,  Bergkrystall , 
Glimmer:  Sibirien , Heidelberg,  Baiern , Frankreich , Erzgebirge , 
Sch  weden , Spanien , oft  von  ausserordentlicher  Grösse;  als  Geschiebe  in 
Diluvial-Ablagerungen : Schottland,  Brasilien. 

Der  Smaragd  wurde  ehedem  als  Arzneimittel  angewendet  und  gehörte 
zu  den  fragmentis  quinque  lapidum  pretiosorum.  Als  Edelstein  ist  er 
sehr  geschätzt.  Von  weit  geringerem  Wertlie  ist  der  Beryll;  sein  Werth 
steigt  besonders  durch  ungewöhnliche  Grösse. 

Der  in  der  neuern  Zeit  durch  die  vermeintliche  Auffindung  eines 
neuen  Metalls,  Donium  genannt,  berühmt  gewordene  Davidsonit 
von  Aberdeen  ist  nach  den  Untersuchungen  von  Breithaupt,  Plattner 
und  Lampadius  eine  Abänderung  des  Berylls,  die  in  derben  Massen  mit 
Glasglanz  und  schmutzig-gelblich  oder  grünlich-weisser  Farbe  vorkommt. 
Er  schmilzt  in  der  Pincette  a.  d.  K*  zu  einem  email-ähnlichem  Glase  und 
färbt  die  äussere  Flamme  schwach  , doch  ausdauernd  röthlich-gelb.  Ausser 
Beryll-  und  Thonsilicat  enthält  er  nach  Lampadius  auch  Natron- , Li 
thion-  und  Kalksilicat.  Das  Donium  aber  muss  aus  der  Reihe  der  Me- 
talle gestrichen  werden. 

63.  Eukias. 

(Syn.  Kieselsäure  Thonerde  und  Beryllerde,  prismatischer  Smaragd.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  rhombische  Säule.  Kryst. 


Helvin. 


179 


mit  vertical  gestreiften  Seitenflächen.  — Br.  kleinmuschelig.  H.  = 7,5  j 
sehr  spröde;  sp.  G.  = 3,1.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Lebhafter 
Glasglanz.  Wasserhell;  grünlich-weiss ; lichte  berg-  und  seladongrün  bis 
in’s  Himmelblaue.  Strich:  weiss. 

Y.  d.  L,  anschwellend,  weiss  werdend  und  langsam  zu  weissemEinail 
schmelzend;  in  Borax,  langsam  zu  klarem  Glase  lösbar.  Bestdth.  nach 
Berz.:  Si03  43,22,  Be203  21,78,  A1203  30,56,  Fe203  2,22,  Sn02  0,70.  — 
Formel : Be203.2Si03-f-2(Al203.Si03). 

In  Chloritschiefer  mit  Topas:  in  Brasilien . 

64.  Chrysoberyll . 

(Syn.  Basisch-kieselsaure  Thonerde  mit  Beryllerde -Aluminat,  prismati- 
scher Korund,  Cymophan.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rectanguläre  Säule, 
häufig  mit  durch  die  Flächen  eines  rhombischen  Prisma  abgestumpften 
Seitenkanten;  ferner  Zwillinge.  Kryst.  glatt  und  glänzend,  Seitenflächen 
vertical  gestreift,  einzeln  ein-  oder  zu  mehrern  zusammengewachsen; 
Korner  und  Geschiebe.  — Br.  muschelig.  II.  = 8,5;  spröde;  sp.  G. 
= 3,6 — 3,7.  Durchsi  chtig  bis  durchscheinend.  Glasglanz ; zuweilen  fett- 

artig; Geschiebe  schimmernd.  Spargel-  und  olivengrün  in’s  Weisse. 
Strich : weiss,  zuweilen  mit  bläulich-  oder  milchweissem  Scheine. 

Y.  d.  L.  unschmelzbar.  In  Phosphorsalz  als  Pulver  vollkommen  auf- 
löslich; mit  Cobaltsolution  befeuchtet  und  geglüht  schön  blau  werdend; 
im  Kolben  kein  Wasser  gebend  und  in  Säuren  unauflöslich.  Bestdth.  des 
Brasilischen  nach  Seybert : Si03  5,99,  A1.,03  68,66,  Be203  16,00,  Fe203 
4,73,  TaO  2,66,  H20  0,66.  — Formel:  4Äl203.Si03+2(Be203.4Al,03). 

Findet  sich  im  Granit:  in  Connecticut , New-York : im  Glimmer- 
schiefer: Mähren ; als  lose  Kryst.  und  Geschiebe  im  Sande  der  Flüsse: 
Ceylon,  Pegu , Brasilien,  Sibirien. 

Gehört  nicht  zu  den  Edelsteinen  von  hohem  Werthe. 

65.  Helvin. 

(Syn.  Drittel-kieselsaures  Beryllerde -Eisenoxyd  mit  zwei  - drittel  - kiesel- 
saurem  Manganoxydul  und  Manganoxysulpliuret;  tetraedrischer  Granat.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Tetraeder;  2)  Tetraeder  mit  durch 
die  Flächen  des  Gegentetraeders  abgestumpften  Ecken;  3)  die  Ecken  zu- 
gespitzt mit  Doclecaederflächen.  Kryst.  glatt,  die  Abstumpfungsflächen 
rauh;  ein-,  auch  aufgewachsen  oder  drüsig  verbunden;  derb,  einge- 
sprengt.— Br.  uneben.  II.  = 6 — 6,5;  spröde;  sp.  G.  — 3,1— 3,3.  Undurch- 
sichtig. Zwischen  Fett-  und  Glasglanz,  Oelgrün,  in’s  Gelbe  und  Braune. 
Strich:  lichte  graulich-weiss. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  in  der  innern  Flamme  unter  Kochen  und  Funken- 
sprühen zu  schwärzlich-braunem  Email  schmelzend;  mit  Soda  eine  Hepar 
gebend;  das  Boraxglas  in  der  äussern  Flamme  amethystroth  färbend;  in 
Salzsäure  zur  vollkommen  steifen  Gallerte  löslich;  im  Kolben  kein 
Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  C.  G.  Gmelin  : Si03  35,27 , Be203  8,02 , 
A1203  1,44,  Mn029,34,  Fe203  7,99,  MnS  14,00 , Verlust  beim  Glühen 
1,15.  — Formel:  3(MnS.Mn0)-}-3Mn0<2Si034-2(Be203.Si03-f-Fe203.Si03). 

Findet  sich  auf  einem  Granatlager  im  Gneise:  im  Erzgebirge , und 
im  Brauneisenstein  bei  Breitenbrunn  in  Sachsen , 


180 


Gadolinit. 


9.  Abth.:  Silicate  die  Yttererde  und  Ceroxydul 
enthalten.  • 

Wir  finden  die  Mineralien  dieser  9ten  Abtheilung  selten  kry- 
staüisirt;  die  bekannten  Formen  gehören  zum  zwei-  und  ein- 
gliedrigen und  ein-  und  einaxigen  Systeme;  häufiger  erscheinen 
sie  als  kristallinische  Massen  mit  strahliger  Textur.  Ihr  Bruch 
ist  muschelig.  Sie  sind,  ausgenommen  der  Pyrorthil , härter 
als  der  Apatit;  einige  erreichen  Quarzh&rte  und  sind  spröde. 
Fast  alle  sind  undurchsichtig,  der  Gadolinit  an  den  Kanten 
durchscheinend,  und  haben  Fett-  oder  Glasglanz ; der  Pyrorthit 
ist  matt  von  aussen  und  hat  auf  dem  Bruche  Harzglanz.  Die 
dunklen  Farben,  schwarz  und  grau  in  verschiedenen  Nuancen, 
herrschen  vor.  Das  Strichpulver  ist  grau , in  s Grünliche , 
Bräunliche  und  Schwarze.  V.  d.  L.  sind  sie  schmelzbar  oder 
unschmelzbar ; die  letztem  fangen  häufig  Feuer  und  glühen 
fort;  mit  Salzsäure  bilden  fast  alle  eine  Gallerte. 

66.  Gadolinit. 

(Syn.  Drittel-kieselsaure  Ytterercle  mit  sechstel-kieselsaurem  Ceroxydul- 
Eisenoxydul,  Ytterbit,  prismatischer  Gadolinit. 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule 
mit  abgestumpften  stumpfen  und  scharfen  Endkanten.  Kryst.  selten, 
meist  undeutlich,  eingewachsen;  nierenförmige  Stücke;  derb,  einge- 
sprengt. — Br.  muschelig.  II.  — 6,5  — 7;  spröde;  sp.  G.  = 4,2.  A.  d. 
K.  durchscheinend.  Glas-  zum  Fettglanz  neigend.  Grünlich-,  sammet-, 
pechschwarz.  Strich : graulich-grün. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  unschmelzbar;  manche  Yar.  erglühen  bei  langsa- 
men Erhitzen  schnell,  als  ob  die  Masse  Feuer  finge,  schwellen  an,  und 
werden  grau  oder  schwarz;  mit  Salzsäure  eine  vollkommene  Gallerte  bil- 
dend. Die  Auflösung  wird  durch  Aetzammon  gefällt.  Im  Kolben  kein 
Wasser,  und  mit  Schwefelsäure  keine  Flusssäure  gebend.  Bestdth.  nach 
Berz.:  Si03  25,80,  YO  45,00,  FeO  11,43,  CeO  17,92-  — Formel:  6[FeO, 
Ce0].Si03-f-2(3Y0.Si03). 

Eingewachsen  im  Granit  und  Gneis : Finbo , Broddbo  und  Ytterby  in 
Schweden. 

Anhang. 

Gadolinit  von  Kärarfvet  nach  Berz.  Drittel  - kieselsaure 
Yttererde , gemengt  mit  Silicaten  von  CaO , Be203 , CeC , FeO  und  MnO 
in  anscheinend  unbestimmten  Verhältnissen  und  in  geringer  Menge. 

Y.  d.  L.  brennt  er  sich  weiss  und  schmilzt  in  strengerm  Feuer,  ohne 
anzuschwellen,  zu  einem  dunkel  - perlgrauen  oder  röthlichem  unklarem 
Glase;  in  Borax  leicht  zu  einem  von  Eisen  wrenig  gefärbtem  klarem  Glase 
lösbar.  Bestdth.  nach  Berz.:  Si03  29,18,  YO  47,30,  CaO  oder  KO  3,15, 
FeO  8,00,  MnO  1,30,  Be,03  2,00,  CeO  3,40,  H20  5,20.  — Formel: 
3Y0.Si03. 

Findet  sich  eingewachsen  in  Granit:  zu  Kärarfvet  in  Schweden. 


Pyrorthit. 


181 


67.  / illanit . 

(Syn.  Cerin,  prismatisches  Cerererz.) 

Kryslstrn,  ein-  und  einaxig.  Krystf  geschobene  vierseitige  Prismen 
mit  abgestumpften  scharfen  und  stumpfen  Seitenkanten.  Kryst.  selten ; 
kryst.  M.;  Textur  blättrig  und  strahlig;  derb,  eingesprengt.  — Br.  mu- 
schelig. H.  — 5,5 — 6;  sp.  G.  =3,44.  Undurchsichtig.  Fettglanz.  Schwärz- 
lich-braun. Strich;  grünlich-grau. 

Y.  d.  L.  leicht  unter  Aufblähen  zur  schwärzlichen,  spröden,  magne- 
tischen Glasperle  schmelzend  (2,5) ; in  Borax  zum  honiggelben , durch- 
sichtigen Glase  lösbar,  das  in  der  äussern  Flamme  blutroth , und  nach 
dem  Abkühlen  grünlich-gelb  wird.  Mit  Salzsäure  gelatinirend.  Bestdth. 
des  Grönländischen  nach  Strom.'.  Si03  33,02,  A1203  15,22,  CeO  21,60, 
FeO  15,10,  MnO  0,40,  CaO  11,08,  H20  3,00. 

Eingewachsen  in  Cerit  und  Strahlstein:  Schweden ; in  Granit:  Grön- 
land j Iglorsoit , Naiksak- 

68.  Orthit. 

Strahlige  M.,  eingewachsene  Körner,  eingesprengt.  — Br.  muschelig. 
H.  = 7 ; spröde;  sp.  G.  — 3,2.  Undurchsichtig  Glasglanz;  aschgrau, 
durch  Verwittern  in’s  Braune.  Strich:  bräunlichgrau. 

V.  d.  L.  sich  aufblähend,  gelblich-braun  werdend,  unter  starkem 
Aufbrausen  endlich  zu  schwarzem,  blasigem  Glase  schmelzend.  Bestdth. 
nach  Berz .:  Si03  32,00,  CeO  19,44,  A1203  14,80 , CaO  7,84,  FeO  12,44, 
MnO  3,40,  YO  3,44,  II20  5,36. 

Findet  sich  in  granitartigem  Gneis:  bei  Stockholm  , in  Norwegen. 

69.  Pyrorthit. 

Kryststm.  ein-  und  einaxig  ? Strahlige  M. , einzeln  oder  zusammen 
liegend.  — Br.  muschelig  in’s  Splittrige.  H.  = 2,5 ; sp.  G.  — 2,2-  Un- 
durchsichtig. Matt;  innen  Harzglanz.  Pechschwarz,  elurch  Verwittern  in's 
Gelblichbraune.  Strich:  bräunlich- schwarz. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  gelinde  erhitzt,  Feuer  fangend,  und  glühend 
ohne  Flamme  und  Rauch.  Bestdth.  nach  Berz.:  Si03  10,43,  A1203  3,59, 
CaO  1,81,  CeO  13,92,  FeO  6,08,  MnO  1,39,  YO  4,87,  H20  und  flüchtige 
Theile  26,50 , Kohle  und  etwas  Verlust  31, 4l. 

In  Granit  mit  Gadolinit:  bei  Fahlun  in  Schweden . 


GRUPPE  VI.  TITANSÄURE  UND  TITANSAURE  SALZE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  kommen  alle  sehr  häufig*  kry- 
stallisirt  vor  und  zwar  fast  in  allen  Systemen,  das  ein-  und 
eingliedrige  ausgenommen.  Die  meisten  gehören  dem  zwei-  und 
einaxigem  und  drei-  und  einaxigem  Systeme  an,  mehrere  dem 
regelmässigen  und  ein-  und  einaxigen  Systeme.  Ihr  Bruch  ist 
muschelig  bis  uneben;  sie  werden  vom  Quarz  geritzt  und  ritzen 


182 


Rutil. 


den  Apatitspath , sind  spröde  und  haben  die  Grenzen  des  spec. 
Gew.  bei  3,4  und  4,8.  Durchsichtig  kommt  nur  der  Titarüt  vor, 
wenige  sind  durchscheinend , die  mehrsten  undurchsichtig.  Me- 
tallglanz zeigen  sie  am  häutigsten,  doch  ist  auch  Diamantglanz 
nicht  selten.  Die  Farben-Nüanzen  sind  verschieden ; die  weisse 
Farbe  fehlt  ihnen  und  die  schwarze , wie  überhaupt  die  dunklen 
herrschen  vor ; ebenso  ist  das  Strichpulver  gew  öhnlich  schw  arz, 
seltener  braun.  Viele  sind  dem  Magnete  folgsam.  V.  d.  L. 
sind  fast  alle  für  sich  unschmelzbar  und  unveränderlich ; einige 
sind  schwer  schmelzbar;  in  Borax  lösen  sich  fast  alle  zu  ge- 
färbtem , und  in  Phosphorsalz  in  der  innern  Flamme  zu  dunkelr 
rothem  Glase  auf.  Das  feingeschlemmte  Pulver  der  mehrsten  ist 
in  concentrirter  und  erw  ärmter  Salzsäure  zersetzbar. 

1.  Anatas. 

(Syn.  Titansäure,  Octaedrit,  pyramidales  Titanerz.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  quadratisches 
Octaeder;  2)  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche,  oder  3) 
mit  den  Flächen  stumpferer  Octaeder  als  Endzuspitzung ; 4) 
Combination  des  quadratischen  Octaeders  mit  der  quadratischen 
Säule  als  Abstumpfung  der  Seitenecken  u.  s.  wr.  Zw  illinge  mit 
gemeinschaftlichen  gerade  angesetzten  Endflächen.  Rryst.  glatt, 
meist  parallel  dem  Rande  gestreift,  einzeln  aufgew^achsen  oder 
zu  Reihen  verbunden;  Körner  und  Geschiebe.  — Spaltbar  pa- 
rallel den  Flächen  des  primitiven  Octaeders  und  der  gerade  an- 
gesetzten Endfläche.  Br.  muschelig.  H.  5,5 — 6 ; spröde ; sp. 

G.  = 3,82.  Halbdurchsichtig.  Diamantglanz , häufig  metallähn- 
lich. Indigoblau  in’s  Braune,  Rothe  und  Schwarze,  selten  dem 
Gelben  sich  nähernd.  Strich:  graulich- weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar;  in  Borax  zu  farblosem  Glase  lös- 
bar, welches  in  der  innern  Flamme  zuerst  eine  gelbe,  dann  eine 
dunkle  Amethystfarbe  annimmt.  In  Phosphorsalz  schw  er  löslich  und 
demselben  in  der  innern  Flamme  eine  colombinrothe  Farbe  er- 
theilend,  die  durch  Zusatz  von  etwas  Zinn  blau  oder  violett 
wird.  Bestdth.  nach  Vauq.:  Ti  60,29,  0 39,71.  — Formel: 
Ti02. 

Findet  sich  auf  schmalen  Gängen  und  Drusen  im  Gneis,  Glimmer 
nutl  Hornblendeschiefer,  begleitet  von  Bergkrystall,  Feldspath,  Chlorit: 
Dauphinee  , Fichtelgebirge,  Cornwall t Spanien ,*  als  Geschiebe:  Bra- 
silien. 

2 . Rutil. 

(Syn,  Titansäure,  rother  Schörl , Titanschörl  , peritomes  Titanerz.) 

Kryststm . zwei-  und  einaxig.  Krystf.  quadratische  Säule 
mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche  oder  mit  den  Flächen 


Aeschynit. 


183 


eines  quadr.  Octaeders  als  Endzuspitziiug ; ferner  Combination 
der  ersten  quadr.  Säule  mit  einer  zweiten  als  Abstumpfungs- 
flächen  der  Seitenkanten  11,  s.  w.  Zwillinge..  Kryst.  parallel  den 
Seitenflächen  der  Säule  gestreift,  oft  nadel-  und  haarförmig, 
dann  stangenförmig  zusammengehäuft , oder  gleich  Netzen  oder 
Gittern  übereinander  liegend.  Derb , eingesprengt , angeflogen , 
auch  in  Geschieben.  — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen.  Br. 
muschelig  bis  uneben.  H.  = 6 — 6,5 ; spröde ; sp.  G.  = 4,2 — 4,4. 
In  Splittern  durchscheinend.  Metallähnlicher  Diamantglanz.  Blut- 
und  hyacinthroth  in’s  Braune.  Strich  : gelblich-braun. 

V.  d.  L.  wie  Anatas;  die  Amethystfarbe  des  Boraxglases 
weniger  rein.  Bestdth.  TiO*  mit  etwas  FejOs.  — Formel  : Ti02. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Granit,  Gneis,  begleitet  vom  Quarz, 
Feldspath,  Glimmer  u.  s.  w.  auf  Lagerstätten  von  Magneteisen;  ferner 
als  Einschluss  in  Bergkrystallen ; auch  im  Sande  der  Flüsse:  Spessart  ^ 
Salzburg,  Tyrol,  Piemont , Spanien , Norwegen  ^ Breisgau  , hier  in  kör- 
nigem Kalk. 

Wird  in.  Frankreich  bei  der  Porzellanmalerei  gebraucht.. 

3.  Titanit. 

(Syn.  Dreifach-Titan-  mit  doppelt-kieselsaurer  Kalkerde,  Gelb-  und 
Braun-Manakerz,  Sphen,  prismatisches  Titanerz.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule 
mit  gerade  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten,  oder  der  schief  ange- 
setzten Endfläche , oder  augitartigen  Endzuschärfungen.  Kryst.  glatt , 
schwach  gestreift,  häufig  mit  einer  Binde  von  Chl'oritblättchen  bedeckt, 
ein- , auch  aufgewachsen  , auch  drüsig  verbunden  ; kryst.  M. , derb  , ein- 
gesprengt. — Spaltbar  parallel  den  Flächen  der  Säule.  — Br.  kleimu- 
schelig bis  uneben.  H.  5,5,;  spröde;  sp..  G.,  3,49—3,60.  Durch- 

sichtig bis  undurchsichtig.  Glasglanz  bis  Fett-  oder  Diamantglanz.  Braun 
in’s  Hyacinthrothe , Gelbe  und  Grüne  in  den  vielartigsten  Nüanzen. 
Strich  : weiss.  bis  grau.  Durch  Erwärmen  phosphorescirend ; durch  Rei- 
bung positiv  electrisch  werdend. 

V . d.  L.  schwer  und  mit  schwachem  Aufwallen  zu  schwärzlichem  (3), 
in  Borax  zu  klarem  gelbem  Glase,  in  der  innern  Flamme  mit  Phosphor- 
salz schwer  zu  einem  blass-röthlich  violetten  Glase  schmelzend.  Durch 
Salzsäure  mit  Ausscheidung  von  titanhaltiger  Kieselerde  zersetzbar.  Bestdth. 
nach  Cordier : Ti02  33,3,  Si03  28,0,  CaO  32,2.  — Formel:  Ca0.3Ti02-J- 
CaO.2Si.O3. 

Eingewachsen  im  Syenit  und  Gneis:  Baden , Schottland ; auf  Drusen- 
räumen im  Glimmer-,  Chlorit-  und  Hornblendeschiefer:  Salzburg , Mont- 
blanc j St.  Gotthard ; auf  Magneteisenlagern  in  Gneis:  Norwegen ; in 
Auswürflingen  vulkanischer  Laven : Vesuv , Laacher  See = 

4.  Aeschynito 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule.  Kryst.  undeut- 
lich, rauh  oder  gestreift  — Br. kleinmuschelig.  H,  - 5^5 f spröde;  sp.  G.  — 


184 


Iserin. 


5,14.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Schwach  fettglänzend , meist  matt.  Dunkel- 
schwarz in’s  Bräunlich-gelbe,  Strich:  braun. 

Y.  d.  L.  unschmelzbar,  sich  aufblähend,  rostgelb  werdend.  Bestdth. 
nach  Hartwall:  Ti02  56,0,  Zr203  20,0,  Ce203  15,  CaO  3,8,  Fe203  2,6, 
Sn02  0,5. 

Eingewachsen  in  Granit,  begleitet  von  Zirkon:  in  Sibirien  (Miask). 

(Oerstedtit,  kürzlich  von  Forchhammer  bei  Arendal  entdeckt, 
kommt  gewöhnlich  auf  Augitkrystallen  vor.  Kryststm.  zwei  und  einaxig. 
Krystf.  Quadratoctaeder.  H.  — 4,3;  sp.  G.  __  3,62.  Glänzend  braun. 
Bestdth.:  Ti024-Zr203  68,96,  Si03  19,79,  CaO  2,61,  MgO  2,04,  FeO  1,13, 
H20  5,55  ) 


5.  Polymignit. 

(Syn,  Titansaure  Zirkon-Yttererde , Cer-Mangan-Eisenoxydul,  Kalk  u.  s.  w.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  Combination  einer  geraden  rhom- 
bischen Säule  mit  den  Flächen  eines  rhombischen  Octaeders  als  Endzu- 
spitzung. Kryst.  sehr  klein,  verlängert,  vertical  gestreift , eingewachsen. 
— Br.  musche'ig.  H.  — 6,5;  spröde;  sp  G.  = 4,8.  Undurchsichtig. 
Glanz  metallähnlich;  schwarz.  Strich:  braun. 

Y.  d.  L.  unveränderlich ; in  Borax  leicht  zum  gefärbten  Glase , in 
Phosphorsalz  in  der  innern  Flamme  schwierig  zu  röthlichem  Glase  lösbar. 
Ghlt.  nach  Bley:  TiO„  46,30,  Zr203  14, 14,  Fe^03  12,20,  CaO  4,20,  MnO 
2,70,  CeO  5,0,  YO  11,50. 

Findet  sich  im  Zirkon-Syenit:  Norwegen. 

6.  Pyrochlor . 

(Syn.  Titansaurer  Kalk  mit  titans.  Cer-Uran-Eisen-  und  Manganoxydul , 
octaedrisches  Titanerz.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  regelmässiges  Octaeder.  Kryst.  glatt, 
sehr  klein,  eingewachsen,  eingesprengt.  — Br.  muschelig.  H.  — 5,5; 
sp.  G.  = 4,21-  In  dünnen  Splittern  durchscheinend  Zwischen  Glas-  und 
Fettglanz.  Dunkelbraun  in’s  Rothe  und  Schwarze.  Strich:  lichtebrauu. 

V.  d.  L.  schwer  zur  Schlacke  schmelzbar;  in  Borax  zu  rothgelbem 
Glase,  in  Phosphorsalz  in  der  äussern  Flamme  zu  einer  gelben  Perle 
lösbar,  die  beim  Erkalten  grasgrün  erscheint.  Bestdth.  nach  Wähler : 
Ti02  62,75,  CaO  12,85,  UO  5,18,  MnO  2,75,  Fe203  2,16,  Sn02  0,61, 
H20  4,20.  (In  einem  durch  v.  Humboldt  aus  Sibirien  mitgebrachtem  Py- 
rochlor fand  Wähler  auch  5 p.  C.  Thorerde.) 

Eingewachsen  in  Zirkon  - Syenit : Norwegen ; in  Granit:  Orenburg. 

7.  Iserin. 

(Syn.  Titaneisen,  körniges  Titaneisen,  magnetischer  Eisensaud  und 

Titansand. 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf  regelmässiges  Octaeder;  Combination 
desselben  mit  dem  Dodecacder  Kryst.  selten,  glatt,  eingewachsen,,  häufig 
zugerundet  : eckige  rundliche  Körner  und  Sand.  — Br,  muschelig.  H.  — 


Crichtonit. 


185 


6 : spröde  ; sp.  G.  = 4,6 — 4,9.  Undurchsichtig.  Metallglanz.  Eisenschwarz. 
Strich  : schwarz.  Stark  magnetisch. 

V.  d.  L.  unschmelzbar;  in  Borax  zu  grünlich-schwarzem  Glase  lös- 
bar; mit  Phosphorsalz  in  der  innern  Flamme  ein  blutrotlies  Glas  gebend, 
welches,  wenn  es  gesättigt  ist,  durch  Zusatz  von  Zinn  nicht  grün  wird 
und  beim  Abkühlen  seine  Farbe  behält,  oder  in’s  Violette  verwandelt. 
Das  fein  geschlemmte  Pulver  ist  in  concentrirter  Salzsäure  in  der 
Wärme  löslich  Ghlt.  nach  KLapr.:  FeO  Fe203  85,5,  TiQ2  14,0,  MnO  0,5. 

Im  Sande  mancher  Bäche  und  Flüsse,  am  Ufer  von  Seen  und  Mee- 
ren, in  der  Nähe  von  Feuerbergen,  als  Resultat  der  Zersetzung  vulkani- 
scher Gesteine:  Ufer  des  Laacher  See,  der  Ostsee,  bei  Neapel,  Tene- 
riffa, Riesengebirge  (Iserwiese)  , am  Ufer  des  Don  in  Aberdeenshire. 

8.  Mendkan. 

(Syn.  Titansand  z.  Th.,  schwarzes  Titanerz,  Menakeisenstein , 
Titaneisen  von  Arendal.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Platte  Körner  mit  rauher  Oberfläche, 
auch  als  Sand.  — Br.  muschelig.  H = 5,5 — 6;  spröde;  sp.  G.  ==  4,5 — 
4,7-  Undurchsichtig.  Metallglanz.  Eisenschwarz  in’s  Braune.  Strich:  schwarz. 
Magnetisch. 

V.  d.  L.  wie  Iserin.  Bestdth.  nach  v.  Kobell:  Ti02  43,42,  FCJ03 
28,66,  FeO  27,91.  — Formel:  [Fe203,  FeO.Ti02]. 

Findet  sich  im  ältern  Gebirge:  Egersund  in  Norwegen t Tyrol ; im 
Sande  eines  Baches:  Cornwall , Brasilien . 

9.  Ilmenit. 

(Syn.  Titaneisen  aus  Gastein,  Kibdelophan,  axotomes  Eisenerz.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder  in  mehrfachen 
Combinationen  mit  den  Flächen  stumpfer  und  spitzer  Rhomboeder,  Di- 
hexaeder etc.  Kryst.  mit  einzelnen  gestreiften  Flächen , sonst  rauh  oder 
glatt,  eingewachsen;  Körner.  — Br.  muschelig.  H.  = 5,5;  spröde;  sp. 
G.  = 4,7 — 5.  Undurchsichtig.  Metallglanz  unvollkommen.  Eisenschwarz 
in’s  Dunkelbraune.  Strich : schwarz, 

' V.  d.  L.  wie  Iserin.  Ghlt.  des  sibirischen  nach  Mosander:  Ti02 
46,92,  FeO  37,86,  Fe203  11,74,  MnO  2,73-,  MgO  1,14.  — Formel:  [FeO. 
Ti02,6Fe20s]. 

Findet  sich  eingewachsen  in  Granit:  Ural  fllmenseej , Norwegen ; in 
Talk:  zu  Gastein  - in  Körnern  mit  Nggrin  : Böhmen , Siebenbürgen. 

( Brooke’s  Ilmenit  ist  Mengit,  welcher  mit  Ilmenit  am  llmensee  vor- 
kommt.) 

10.  Crichtonit 

Kryststm . drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder.  Kryst.  spitz , 
auch  tafelartig,  sehr  klein,  einzeln  auf-  oder  aneinander  gewachsen: 
Blättchen  und  kleine  kryst.  M. , eingesprengt.  — Br.  muschelig  in’s  Un- 
ebene. H =6;  spröde;  sp.  G.  =—  4,0.  Undurchsichtig.  Metallglanz 
Eisenschwarz  in’s  Blaue-*  Strich : schwarz.  Nicht  magnetisch. 


186 


Yttrotautalit. 


V.  d.  L.  unschmelzbar  und  unveränderlich;  in  der  äussern  Ftaonn^e 
in  Borax  und  Phosphorsalz  zu  dunkelrothem  Glase  lösbar,  das  nach  dem 
Abk.uhlen  heller  und  zuletzt  farblos  wird.  Bestdth. : FeO,  Ti02? 

Findet  sich  auf  schmalen  Anatasführemlen  Gängen:  Dauphinee . 


11 . Nigrin. 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig,  Krystf.  quadratisches  Octaeder.  Kryst. 
klein,  glatt,  auf-  oder  eingewachsen,  derbe,  körnige,  blättrige  M. ; ein- 
gesprengt; Körner.  — . Br.  muschelig.  H.  = 6,5;  spröde;  sp.  G.  — , 4,4 — * 
4,5.  Undurchsichtig.  Metallähnliclirr  Fettglanz.  Pechschwarz.  Strich: 
schwarz.  Magnetisch. 

V.  d.  L.  wie  fserin.  Ghlt.  nach  KJbapi;.  : Ti02  84,  Fe203  14,. 
Mr^Oa  2. 

Findet  sich  eingewachsen  in  Gyps:  Spanien;  in  Diorit:  Böhmen;  als 
Körner  im  Diluvium:  Siebenbürgen  , Salzburg , Baiern. 


GRUPPE  VII.  TANTALSÄURE  UND  TANTALSAURE  SALZE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  im.  zwei-  und 
eingliedrigen,  zwei-  und  eiiiaxigeii  und  ein-  und  einaxigen  Sy- 
steme und  kommen  häufig  als  derbe,  eingewachsene , scharfeckigo 
Stücke  vor.  Ihr  Bruch  ist  muschelig  bis  uneben ; sie  ritzen  den 
Apatit , werden  vom  Quarz,  geritzt  und  sind  spröde.  Das  spec. 
Gew.  derselben  wechselt  von  5,3  bis  6 ; ihr  Glanz  zwischen 
Fett-  und  Metallglanz.  In  dünnen  Splittern  sind  sie  durch- 
scheinend, oder  undurchsichtig , von  Farbe  schwarz  in’s  Braune 
und  Graue.  Das  Strichpulver  ist  entweder  bräunlich-schwarz „ 
grau  oder  weiss.  V.  d.  L.  sind  sie  unschmelzbar,  nehmen  ge- 
wöhnlich eine  lichtere  Farbe  an  und  sind  in  der  Regel  in  Borax 
und  Phosphorsalz  schwierig  lösbar. 


1.  Yttrotantalit. 

(Syn.  Yttertantal.) 

Kryststm.  zwei,-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule. 
Eingewachsene  eckige  Stücke  und  Körner,  z.  Th.  körnig  abgesondert.  — 
Br.  muschelig  in’s  Unebene.  H.  = 5,5;  spröde;  sp.  G.  =;=  5,3 — 5,8.  Zwi- 
schen Wachs-  und  Metallglanz,  A.  d.  K.  durchscheinend.  Pech-  und 
Eisenscliwarz  in’s  Graue  und  Braune ; gelbbraun.  Strich  beim  schwarzen 
Y*  T. : grau;  beim  gelben  und  dunklen:  weiss. 

Y.  d.  L.  unschmelzbar,  die  Farbe  etwas  lichter  werdend;  in  Borax, 
zu  farblosem  Glase  lösbar  und  von  Phosphorsalz  wie  die  Silicate  zerleg- 
bar. Den  Säuren  widerstehend.  Bestdth.  nach  Berz  a,  des  schwarzen 
b,  des  dunklen,  c.  des  gelben: 


Tantalit 


187 


Ta203 

wo3 

YO 

CaO 

FeO 

U203 

57,00 

8,25 

20,25 

6,25 

3,50 

0,50 

51,81 

2,59 

38,51 

3,26 

0,55 

1,11 

60,12 

1,04 

29,78 

0,50 

1,13 

6.62- 

i beiden 

letztem 

war  W03 

Sn02 

haltig. 

Formeln : a.  3[CaO,  YO,  FeO] . [Ta203,  W03].  b.  3[YO,  CaO] . Ta203. 
c.  3[YO,  U203].Ta203. 

Kommt  auf  einem  Feldspathlager  in  Gneis  mit  Gommer  und  GadoJi“ 
nit  vor:  in  Schweden  ('Finbo , Ytterby  und  Kärarfvet ). 


2.  Fergusordt. 

$$yststm.  zwei-  und  einaxig.  jfcrystf  quadratisches  Octaeder  mit 
der  gerade  angesetzten  Endfläche  und  den  Flächen  einer  quadratischen 
Säule  als  Abstumpfung  der  Grundkanten.  Kryst.  mit  unebener  Ober- 
fläche, eingewachsen.  — Br.  vollkommen  muschelig.  H.  = 5,5 — 6; 
spröde;  sp.  G.  = 5,8,  ln  dünnen  Splittern  durchscheinend.  Zwischen 
Fett-  und  Metallglanz.  Dunkelbräunlichi-schwarz.  Strich:  hellbraun. 

V.  d.  L.  unschmelzbar;  blass  gelb  werdend;  in  Borax  schwierig  zu 
gelbem  Glase  lösbar.  In  Soda  nicht  lösbar  , aber  mit  Hinterlassung  einer 
röthlichen  Schlacke  zersetzt  werdend.  Bestdth.  nach  Hartwall : Ta203 
47,75,  YO  41,91,  CeO  4,68,  Zr203.Sn0,  1,00,  U2Oa  0,95,  Fe203  0,34.  — 
Formel:  6.[Y0,  Ce0].Ta203. 

Eingewachsen  in  Quarz  und  Feldspath:  Grönland . 

3.  T&ntalit- 

(Syn.  Zwei-drittel-tantalsaures  Eisenoxydul-Manganoxydui,  Kpluinbit, 
Kolumbeisen,  prismatisches  Tantalerz.) 

Kryststm . ein  und  einaxig.  Krystf  gerade  rectanguläre  Säule  mit 
den  Flächen  eines  Quadratoctaeders.  Kryst.  selten,  häufig  tafelartig,  ein- 
zelne Flächen  stark  gestreift,  auf-  oder  eingewachsen;  derbe,  scharf- 
eckige, eingewachsene  Stücke,  eingesprengt.  — Br.  kleinmuschelig  in’s 
Unebene.  H . = 6;  spröde;  sp  G =6,03.  Undurchsichtig.  Metall- 
glanz; innen  fettglänzend.  Eisenschwarz  in’s  Gi-au^  und  Braune.  Strich: 
bräunlich-schwarz. 

V.  d.  L.  unschmelzbar  undunveränderlich;  in  Borax  und  Phosphorsalz 
langsam  zu  dunkel-grünem  Glase  schmelzbar.  Bestdth.  des  Tantalit  von 
Bodenmais  nach  P'ogel : Ta203  75,  FeO  17,  MnO  5,  Sn02  1.  — Formel: 
3Mn0.2Ta203-f3Fe0.2Ta203. 

Eingewachsen  in  Granit:  Bodenmais  in  Baiern , N.-J^erica. 

Anhang, 

a.  Ki mito-Tantal it.  (Neutrales  tantalsaures  Eisenoxydul-Mangan- 
oxydul).  Sp.  G.  = 7,23.  Bestdth.  nach  Berz.:  Ta203  83,2,  FeO  7,2, 
MnO  7,4,  Sn02  0,6-  Nordensk.  fand  in  einein  Tantalit  von  Tamela  1 3,75 
FeO  und  1-,12  MnO  und  berechnet  für  diesen  die  Formel:  Fe0.Ta203, 
welche  nach  ihm  auch  der  Kimito -Tantalit  hat. 


188 


Aiitimonocker. 


b Finbo-Tantalit.  (Dieselbe  Verbindung,  in  der  ein  Theil 
Ta,03  durch  Sn02  ersetzt  wird.)  Bestdth  nach  Berz.  : Ta203  66,99, 
Sn02  16,75,  FeO  7,67,  MnO  7,98,  CaO  2,40.  — Formel:  [MnO,  FeO]. 
[Ta203.Sn02]. 

c.  Broddbo  -Tantalit  Sp.  G.  — 6,29.  Metallglanz.  Schwarz. 
Bestdth.  nach  Berz.  : Ta203  68,22,  Sn02  8,26,  W03  6,19  , FeO  9,58,  MnO 
7,15,  CaO  1,19.  — Formel:  [MnO, FeO,  Ca0J.[Ta203,  W03,  Sn02], 

d.  Zimmtbrauner  Tantalit  von  Kimito.  (Tantaloxyd-Eisen- 
oxydul-Manganoxydul.)  Sp.  G.  — 7,9.  Bestdth.:  Ta203  82,56,  FeO 
14,41,  MnO  1,79,  Sn02  0,80,  W03  0,72,  CaO  0,56. 

Kommen  sämmtlich  als  derbe  Massen  und  scharf  eckige  Stücke  ein- 
gewachsen und  eingesprengt  in  Granit  vor:  in  Schweden. 


GRUPPE  VM.  ANTIMONOXYDE. 

Die  Antimonoxyde  sind  weich  und  milde  und  leicht  an  ih- 
rem Verhalten  vor  dem  Löthrohre  zu  erkennen,  indem  sie  leicht 
schmelzbar  und  flüchtig  sind  und  die  Kohle  mit  weissem  Anti- 
monrauch beschlagen. 

/.  Antimonblüthe . 

(Syn.  Antimonoxyd,  Weiss-Spiesglanzerz , prismatischer  Antimonbaryt.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Iirystf.  rhombische  Säule  mit 
stark  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten  wodurch  längliche 
Tafeln  mit  scharfem  Rande  entstehen.  Kryst.  häufig  haar-  und 
nadelförmig , oder  dünn  und  lang-tafelartig , glatt  und  eben, 
oder  gekrümmt  und  gestreift , büschelig , sternförmig , oder  zu 
Kugeln  verbunden;  derb,  eingesprengt,  angeflogen.  — Br.  klein- 
muschelig in’s  Unebene.  H.  = 2,5 — 3 ; milde ; sp.  G.  = 5,5 — 
5,6.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Diamant- , auch  Perlmutter- 
glanz. Weiss  ins  Gelbe  und  Graue.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  sich  verflüchtigend  und  die  Kohle  weiss  beschla- 
gend. Schon  in  der  Lichtflamme  schmelzbar  (1)  ; in  der  Glasröhre 
krystalliniscli  sublimirend ; in  Salzsäure  ohne  Gasentwickelung 
lösbar.  Bestdth.  nach  Vauq.:  Sb.,03  86,  Fea03  mit  Sb~03  3, 
Si03  8.  — Formel : Sb203. 

Findet  sich  im  altern  Gebirge  auf  Gängen  mit  den  übrigen  Antimon- 
erzen  und  begleitet  von  Blei-,  Silber-,  Zink-  und  Eisenerzen:  Freiberg., 
Böhmen  , Ungarn  > Horhausen  in  Rlieinpreussen . 

2.  Antimonocker. 

(Syn.  Antimonige  Säure,  Spiesglanzocker.) 

Derbe  erdige  M, , als  Uebcrzug , eingesprengt , angeflogen. 


Tungstein. 


189 


— Br.  uneben  , erdig.  Sehr  weich , zerreiblich ; sp.  G.  — 3,6 — 
3,8.  Undurchsichtig.  Matt.  Gelb  in’s  Grüne  und  Braune.  Strich: 
gelblich-weiss  bis  gelblich-grau. 

V.  d.  L.  flüchtig;  die  Kohle  weiss  beschlagend.  In  der 
Glasröhre  Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  Berz.:  Sb  80,3,  0 
19,87.  — Formel:  Sb204? 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Uebergangs-Gebirge  mit  Antimonglanz, 
denselben  überkleidend:  Horhausen  und  Brück  in  Rheinpreussen , Sach- 
sen, Harz 3 Ungarn. 

GRUPPE  IX.  WOLFRAMSÄURE  UND  WOLFRAMSAURE 

SALZE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  krystaliisiren  im  zwei-  und 
eingliedrigen  und  zwei-  und  einaxigen  Systeme;  die  Krystalle 
sind  häufig  rauh , drüsig  oder  gestreift.  — Der  Bruch  ist  mei- 
stens muschelig  bis  uneben.  Sie  ritzen  den  Gyps  und  werden 
vom  Felds path  geritzt,  sind,  ausgenommen  den  Wolframocker, 
sämmtlich  spröde  und  ändern  im  spec.  Gew.  zwischen  6,0  und 
8,1.  Sie  sind  undurchsichtig  bis  an  den  Kanten  durchscheinend, 
haben  Wachs-  bis  Glasglanz,  der  sich  beim  Wolfram  bis  zum 
diamantähnlichen  Metallglanze  steigert.  Die  Farbe  geht  aus  dem 
Weissen  in’s  Gelbe,  Braune  und  Schwarze  über;  selten  aber 
zeigen  sich  grüne  Nüanzen.  Das  Strichpulver  ist  weiss,  grau- 
lich-weiss  oder  röthlich-braun.  V.  d.  L.  sind  sie  unschmelzbar 
oder  schwer  schmelzbar  ; in  Salzsäure  lösen  sie  sich , bis  aul 
den  Wolframocker , theilweise  mit  Hinterlassung  eines  gelblich- 
grünen Pulvers  (Wolframsäure)  auf,  welches  in  Ammoniac- 
flüssigkeit  löslich  ist. 

1.  Wolframocker. 

(Syn.  Wolframsäure , Scheelsäure.) 

Derb  und  als  Ueberzug.  — . Br.  erdig.  Undurchsichtig.  Weich.  Matt. 
Gelb. 

V.  d.  L.  unschmelzbar;  in  der  innern  Flamme  schwarz  werdend. 
In  der  äussern  Flamme  mit  Phosphorsalz  ein  farbloses  oder  gelbes,  in 
der  innern  bei  Zusatz  von  Zinn  ein  blaues  oder  grünes  Glas  gebend.  In 
Aetzkalilauge  löslich;  die  Lösung  wird  durch  Salpetersäure  weiss  gefällt, 
der  Niederschlag  beim  Kochen  gelb.  Bestdth.  nach  Berz. : W 79,7  , O 
20,3.  — Formel:  W03. 

Auf  einem  Quarzgange  in  N.- America. 

2.  Tungstein. 

(Syn.  Wolframsaurer  Kalk,  Scheelit,  Scheelkalk,  Scheelspath,  Schwer- 
stein, Scheelerz,  prismatischer  Scheelbaryt.) 

Kryststm . zwei-  und  einaxig.  Krystf.  quadratisches  Oetaeder,  häufig 


190 


Wolframsaures  Bleioxyd. 


zugespitzt  mit  (len  Flachen  eines  oder  mehrerer  stumpfem  Quadratoctae- 
der;  zu  diesen  tritt  noch  zuweilen  die  gerade  augesetzte  Endfläche,  die 
beim  Herrschendwerden  qunclrat  - octaüdrische  Tafeln  bildet  Kryst. 
meist  pyramidal,  selten  tafeiartig,  auf  der  Oberfläche  glatt,  auch  drüsig, 
rauh  oder  gestreift,  einzeln  aufgewachsen,  auch  mannigfach  gruppirt; 
kryst.  körnige  M.  , nieren förmig  und  eingesprengt.  — Spaltbar  parallel 
den  Flächen  des  Octaeders.  Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 4,5; 
spröde;  sp.  G.  = 6 — 6,1-  A.  d.  K.  durchscheinend.  Zwischen  Wachs- 
und Glasglanz.  Weiss  in’s  Gelbe,  Graue  und  Braune.  Strich:  weiss. 
Erwärmte  Bruchstücke  phosphoresciren  einer  Kohle  gleich. 

V.  d.  L.  schwer  schmelzbar  (5)  zu  einem  halbklaren  Glase;  in  Borax 
leicht  zu  einem  klaren,  schnell  unklar  werdenden  Glase,  und  in  Salz- 
säure leicht  mit  Hinterlassung  eines  grünlich-gelben  Pulvers  lösbar 
(Wolfrarasäure) , welches  von  Ammoniac  aufgelöst  wird.  Bestdth.  nach 
Herz.:  W03  80,4 1 , CaO  19,40.  — Formel:  CaO.W03. 

Findet  sich  auf  Zinnerzlagerstätten  im  ältern  Gebirge  : Böhmen , 
Erzgebirge;  auf  Magneteisenlagern  im  Gneise:  Schweden . 

3 . Wolfram . 

(Syn.  Wolframsaures  Eisenoxydul-Manganoxyclul,  prismatisches  Scheelerz, 

Eisenscheel.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig,  lirystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  stumpfen,  seltener  der 
scharfen  Seitenkanten;  häutig  Zwillinge.  Kryst.  kurz  Säulen-, 
auch  tafelartig,  oft  gross  und  aus  schaligen  Hüllen  zusammen- 
gesetzt , auf  den^  Seitenflächen  vertical  gestreift , ein-  und  auf- 
gewachsen; After-Krystalle  nach  Tungsteinformen ; kryst.  derbe 
M.  mit  blätteriger,  schaüger  und  faseriger  Textur.  — Spaltbar 
parallel  den  Abstumpfungsflächen  der  scharfen  Seitenkanten. 
Br.  uneben.  H.  = 5 — 5,3;  spröde;  sp.  G.  = 7,0 — 7,2.  Un- 
durchsichtig. Metallähnlicher  Diamantglanz.  Graulich  und  bräun- 
lich-schwarz. Strich  : röthlich-  bis  schwärzlich-braun. 

V.  d.  L.  schwer  schmelzbar  (2,5)  zur  eisengrauen,  magne- 
tischen , aussen  mit  Krystallen  bedeckten  Kugel ; in  Borax  leicht 
zu  grünlichem  Glase , in  Salzsäure  z.  Th.  lösbar.  Bestdth. 
nach  Berz.:  W03  78,77,  FeO  18,32,  MnO  6,22,  Si03  6,22.  — 
Formel : MnO. W03 + 3(FeO. W03). 

Findet  sich  auf  Zinnerzlagerstätten  im  Gneise:  Erzgebirge , Cor/z- 
■wall , ,J)ep.  der  hohen  Vienne;  in  Grauwacke:  am  Harz - 

Man  hat  versucht  dieses  Mineral  zur  Bereitung  von  blauen  und  gel- 
ben Farben  anzuwenden.  (Vergl.  J.  f.  pr.  Chemie  1836.  17.  p.  8.) 


4.  Wolframsaures  Bleioxyd. 

(Syn.  Scheelsaures  Bleioxyd,  Bleischeelat , Scheelbleispath.) 
Kryststm . zwei-  lind  einaxig.  Krystf.  quadratisches  Octaeder,  com- 


Molybdänsaures  Bleioxyd. 


191 


binirt  mit  den  Flächen  einer  quadratischen  Säule.  Kryst.  klein , glatt 
oder  mit  drüsiger  Oberfläche,  spiessig , auf-  und  durcheinander  gewach- 
sen, reihenweise  verbunden  und  staudenförmig  zusammengehäuft,  als 
kryst.  Ueberzug.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  des  Octaeders.  — - Br. 
muschelig.  H.  =3 — 3,5;  spröde;  sp.  G.  =8,0 — 8,1.  Bis  a.  d.  K.  durch- 
scheinend. Fettglanz.  Gelblichbraun,  wachsgelb,  weisslich  ins  Graue, 
Braune  oder  Grüne.  Strich:  graulich- weiss. 

Y.  d.  L.  zur  dunklen  , metallisch-glänzenden  Kugel  schmelzend  und 
die  Kohle  gelb  beschlagend ; in  der  äussern  Flamme  mit  Borax  zu  einem 
klaren  Glase  schmelzend;  in  hinreichender  Menge  Salzsäure  bis  auf  einen 
gelblich-grünen  Rückstand  lösbar.  Bestdth.  nach  Lampadiua : W03  51,72, 
PbO  48,28-  — Formel : PbO.W03. 

Findet  sich  auf  Zinnerzlagerstätten  mit  Quarz,  silberweissem  Glim- 
mer und  Wolfram : Zinnwald  in  Böhmen . 


GRUPPE  X.  MOLYBDÄNSÄURE  UND  MOLYBDÄNSAURE 

SALZE. 

Das  einzige  krystallisirt  vorkommende  Mineral  dieser 
Gruppe  gehört  zum  zwei-  und  einaxigen  Systeme,  das  andere 
kommt  als  erdartige  Theile  vor.  Sie  sind  undurchsichtig  bis 
an  den  Kanten  durchscheinend , Schwefel- , pomeranzen-  oder 
wachsgelb , auf  dem  Striche  weiss  oder  gelb.  V.  d.  L.  sind  sie 
schmelzbar,  rauchen  oder  ziehen  sich  in  die  Kohle.  In  Salz- 
säure sind  sie  leicht  lösbar ; die  Lösung  wird  beim  Umrühren 
mit  dem  eisernen  Spatel  schnell  blau. 


i.  Molybdänocker . 

(Syn.  Molybdänsäure,  Wasserbleiocker.) 

Zerreibliche,  erdartige  Theilchen,  als  Ueberzug,  eingesprengt.  Un- 
durchsichtig. Matt,  schwefelgelb.  Strich:  gelb,  etwas  glänzend. 

Y.  d.  L.  auf  Kohle  schmelzbar,  rauchend ; in  Borax  zum  klaren 
oder  vom  Eisen  gefärbtem  Glase  lösbar.  In  Salzsäure  leicht  lösbar;  die 
farblose  Lösung  wird  beim  Umrühren  mit  einem  eisernen  Spatel  gleich 
blau.  Bestdth.  nach  Berz.:  Mo  66,61,  O 33,38.  — Formel:  Mo03. 

Findet  sich  auf  Quarz,  Feldspath  und  Molybdänglanz,  durch  dessen 
Zersetzung  er  wahrscheinlich  hervorgegangen  ist  : Schweden , Norwegen , 
Sibirien. 


2.  Molybdänsaures  Bleioxyd. 

(Syn.  Gelbbleierz,  Bleimolybdat , pyramidaler  Bleibaryt.) 

Kryststm . zwei-  und  einaxig.  Krystf.  quadratisches  Oc- 
taeder;  dieselbe  Form  combinirt  mit  den  Flächen  einer  quadra- 


192 


Chromocker. 


tischen  Säule  und  der  gerade  angesetzten  Endfläche ; ferner  das 
tjuadratoctaeder  combinirt  mit  den  Flächen  eines  oder  mehrerer 
stumpferer  Quadratoctaeder  u.s.  w.  Kryst.  klein  tafelartig,  sel- 
tener säulenartig  oder  pyramidal,  glatt  oder  rauh , einzeln  aufge- 
wachsen , zellig  oder  zu  Drusen  verbunden ; derbe  M.  von  kör- 
niger Text.;  eingesprengt.  — Spaltbar  parallel  den  Octaeder- 
flächen.  Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 3 ; sp.  G.  ~ 6,6 — 6,8. 
Durchscheinend  oft  nur  a.  d.  K.  Fett- , zuweilen  Diamantglanz. 
Pomeranzen-  und  wachsgelb,  selten  in’s  Graue  und  Braune, 
seltener  in’s  Morgenrothe.  Strich : weiss. 

V.  d.  L.  zerknisternd , schmelzend  und  in  die  Kohle  zie- 
hend, reducirbar.  In  Salzsäure  mit  grüner  Farbe  lösbar  ; die 
Lösung  verhält  sich  wie  die  der  vorigen  Gttg.  Bestdth.  nach 
Berz.:  M0O3  39,14,  PbO  60,86.  — Formel:  PbO.Mo03. 

Findet  sich  in  Drusenräumen  und  auf  schmalen  Gängen  im  Ueber- 
gangskalke  : Kärnthen , Ungarn , Oestreich , Tyrol3  Mexico. 

Wird  auf  Blei  verschmolzen. 

( Boussignault  fand  in  der  Nähe  von  Pampelona  in  zersetztem  Syenit 
drittel- molyladänsaures  Bleioxyd  in  kleinen,  grünlich-gelben  Concretionen 
von  6,00  sp.  G.  Y.  d.  L.  auf  Kohle  schmilzt  es  leicht  zur  dunkel-grünen 
Kugel.  Mit  Soda  zur  Bleikugel  und  unschmelzbaren  Schlacke  reducirbar. 
In  Salpetersäure  unter  Brausen  lösbar.  Bestdth.  nach  Boussign. : 3PhO.Mo03 
56,7,  PbO.C02  17,5,  PbCl2  6,6,  Pb0.P205  5,4,  |PbO  Cr03  3,6,  PbO  0,7, 
Gangart  7,6.  — Formel : 3PbO.Mo03.) 

GEÜPPE  XI.  CHROMSÄURE  UND  CHROMSAURE  SALZE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  gehören  zum  zwei-  und  ein- 
gliedrigen und  regelmässigen  Systeme ; sie  brechen  uneben  oder 
muschelig  (der  Chromocker  erdig),  sind  selten  spröde,  meist 
milde,  haben  Gyps-  bis  Kalkspath-Härte ; nur  der  Chromeisen- 
stein ritzt  den  Apatit.  Das  spec.  Gew.  hat  seine  Grenzen  bei 
4,3  und  6,1.  Sie  sind,  Chromocker  und  Chromeisenstein  ausge- 
nommen, durchscheinend  bis  halbdurchsichtig,  haben  Fett-,  Dia- 
mant- oder  Metallglanz , und  sind  selten  matt.  Ihre  Farben 
sind  hyacinth- , morgen-  , cochenillroth , oder  gras- , oliven- , 
zeisig-grün , seltener  gelb  oder  pechschwarz ; eben  so  verschie- 
den ist  ihr  Strichpulver.  V.  d.  L.  sind  sie  theils  unschmelzbar, 
theils  schwer,  theils  leicht  schmelzbar,  kommen  aber  darin  über- 
ein , dass  sie  das  Boraxglas  schön  smaragdgrün  färben. 

i.  Chromocker . 

' (Syn.  Chromoxydul.) 

Erdige , zerreibliche  und  derbe  M. , zuweilen  Spuren  kri  - 
stallinischer Textur.  Undurchsichtig.  Grasgrün  und  gelb.  Strich: 
graulich-weiss. 


Chromeisenstein. 


193 


V.  d.  L.  unschmelzbar,  die  Farbe  verlierend ; auf  der  Ober- 
fläche vei schlackend ; in  Borax  zu  smaragdgrünem  Glase  in 
Kalilauge  mit  grünlicher  Farbe  lösbar.  Bestdth.  im  reinsten 
Zustande:  Cr  70,  0 30.  - Formel:  Cr2Os.  In  der  Regel  mit 
J>i03  und  AI203  innig  gemengt.  (Der  Chromocker  von  Halle 
enth.  nach  Huflos:  Si03  57,00,  A1203  22,50  ,Cr203  5,18  Fe,03 
3,50,  H20  11,00.  Berz.  betrachtet  denselben  als  chromhaltigen 
Thon , oder  als  ein  Gemenge  von  Bisilicaten  der  isomorphen 
Oxyde.)  F 

Findet  sich  im  Porphyr : bei  Halle , Waldenburg  in  Schlesien  • im 
Chromeisen:  Shetland- Inseln  ; in  Albit : Schweden. 

Wird  auf  chromsaure  Salze  zu  Farben  benutzt. 

(Wol  chonskit  aus  dem  Gouvern.  Perm;  derb,  Br.  muscheli" 
«neben.  Weich  Matt.  Krautgrün.  Soll  nach  Berth.  ein  Gemenge  von 
Lhromoxydulhydrat  und  Silicaten  von  Eisenoxyd  und  Talkerde  sein 
Poggend.  Ann.  Bd.  29.  460.) 


2 . Chromeisenstein . 

(Syn.  Chromoxydul-Eisenoxydul,  Eisenchrom,  Chromeisenerz, 
octaedrisches  Chromerz.) 

Kryststm.  regelmässig,  lirystf.  regelmässiges  Octaeder. 
Kryst.  selten  und  klein ; derbe  M.  von  körniger  Text. ; einge- 
sprengt ; Körner.  — Unvollkommen  spaltbar  nach  den  Flächen 
des  Octaeders.  Br.  uneben  in’s  Muschlige.  H.  = 5,5 ; spröde ; 
sp.  G.  = 4,3  — 4,5.  Undurchsichtig.  Metall-  bis  Fettglanz.’ 
Eisen-pechschwarz.  Strich:  braun.  Manche  Var.  sind  stark 
magnetisch. 

V.  d.  L.  unveränderlich,  magnetisch  werdend;  in  Borax 
und  Phosphorsalz  zu  einem , nach  dem  Erkalten  smaragdgrünen , 
Glnse  lösbar.  Das  Pulver  wird  von  Salz-  und  Salpetersäure 
wenig  angegriffen.  Bestdth.  nach  Abich  a.  des  kryst. , b.  des 
derben  von  Baltimore: 


Cr203 

FeO 

Si03 

ai2o3 

MgO 

a.  60,40 

20,13 

0,00 

11,85 

7,45 

b.  44,91 

18,97 

0,83 

13,85 

9,96. 

Formel:  [MgO,  Fe0].[Al203,  Cr2Os]. 

Findet  sich  in  Serpentin  und  talkigem  Gestein  eingesprengt,  auch 
auf  regellosen  kleinen  Gängen:  Grochau  in  Schlesien , Steyermark , 

t rankrcich y Schottland 9 N.- America  ß St . Domingo, 

Wird  zur  Darstellung  des  gelben  und  grünen  Chromoxyds  und  des 
chromsauren  Kali’s  benutzt,  deren  Wichtigkeit  für  Oel-  und  Porzellan- 
malerei, so  wie  in  der  Färberei  hinreichend  bekannt  sind. 

Geigers  Pharmacie.  II  1,  (2*e  Aufl.) 


13 


194 


Viiugiielinit. 

3.  Piotlibleierz . 

(Syn.  Chromsaures  Bleioxyd,  Chromblei,  Bleichromat,  Kallochroni , 
hemiprismatischer  Bleibaryt.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule  mit  mannigfaltigen  secundären  Flächen.  Kryst. 
spiessig , nadelförmig  mit  starker  Längenstreifung , durcheinan- 
der gewachsen,  meist  in  stänglichen  Zusammenhäufungen ; derb, 
eingesprengt , angeflogen.  — Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  =*= 
2,5 — 3;  milde;  sp.  G.  = 6,0 — 6,1.  Durchscheinend  bis  halb- 
durchsichtig.  Diamantglanz.  Hyacinth-,  morgen-,  bräunlichrotb. 
Strich : pomeranzengelb. 

V.  d.  L.  decrepitirend  nach  der  Länge  der  Krystalle ; leicht 
Schmelz-  und  z.  Th.  reducirbar;  dem  Boraxglase , in  geringer 
Menge  zugesetzt , eine  grüne  Farbe  gebend.  In  Salzsäure  mit 
Ausscheidung  von  Chlorblei  zur  smaragdgrünen  Flüssigkeit  lös- 
lich. Bestdth.  nach  Berz. : Cr(>3  31,5,  PbO  68,5.  — Formel: 
PbO.CrOs. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Gneis:  Sibirien ; in  körnigem  Quarz: 
Brasilien , auch  in  Ungarn? 

Wird  in  Russland  als  Malerfarbe  benutzt. 

4.  Melanochroit. 

(Syn.  Basisch-chromsaures  Bleioxyd.) 

Kryst.  in  kleinen  rhombischen  Säulen;  derb;  weich,  wenig  spröde; 
sp.  G.  = 5,7.  Fettglänzend.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Zwischen  co- 
clienill-  und  hyacinthroth.  Strich:  ziegelroth. 

V.  d.  L.  schwach  knisternd,  ohne  zu  zerspringen ; zur  schwarzen  beim 
Erkalten  kryst.  M.  schmelzend.  In  der  innern  Flamme  reducirbar;  gegen 
Flüsse  und  Säuren  wie  die  vorige  Gttg.  Bestdth.  nach  Hermann ; Cr03 
23,31,  PbO  79,69.  — Formel:  3Pb0.2CrO3. 

Findet  sich  in  einem  kalkigen  Gestein  auf  Gängen  mit  chromsauren 
Bleioxyd,  Bleiglanz  u.  a.  m.:  Sibirien  (Beresofsh). 

5.  Vauquelinit. 

(Syn.  Drittel-chromsaures  Bleioxyd-Kupferoxyd.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule. 
Kryst.  klein,  nadelförmig,  spiessig,  glatt,  zuweilen  etwas  gekrümmt, 
aufgewachsen;  tropfsteinartige,  traubige , nierenförmige  M. ; derb.  — Br. 
muschelig,  uneben  bis  muschelig.  H.  = 2,5 — 3;  sp.  G.  = 5,9.  Etwas 
durchscheinend.  Diamantglanz,  zuweilen  fettartig;  schwärzlich-,  oliven- 
zeisiggrün, auch  gelb-  oder  leberbraun.  Strich:  zeisiggrün. 

V.  d.  L.  aufschwellend,  unter  starkem  Schäumen  zu  einer  dunkel- 
grauen, metallisch-glänzenden  Kugel  schmelzend;  in  Borax  zu  einem 


Borsäure. 


195 


grünen  Glase  lösbar.  Bestdsh.  nach  Berz. : Cr03  28,33,  PbO  60,87,  CuO 
10,80.  — Formel:  3Cu0.Cr03-f-6Pb0.2Cr03. 

Kommt  mit  phosphorsaurem  und  chromsaurem  Bleioxyd  in  Sibii'ien , 
Frankreich,  Brasilien  vor. 


GRUPPE  XII.  BORSÄURE  UND  BORSÄURE  SALZE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  gehören  zum  zwei-  und  ein- 
gliedrigen und  regelmässigen  Systeme,  oder  kommen  als  schup- 
pige Blättchen  vor  (Borsäure),  Ihr  Bruch  ist  muschelig  oder 
uneben;  sie  sind  meist  spröde,  ihre  Härtegrade  aber  sehr  ver- 
schieden, von  weich  bis  zur  Quavz\\\ixte  (Borazit)  ändernd. 
Die  Grenzen  des  spec.  Gew.  liegen  hei  1,4  und  3,3.  Sie  sind 
durchscheinend  bis  durchsichtig , haben  Fett- , Glas , Perlmutter- 
bis  Diamantglanz  und  sind  meist  weiss  in’s  Grüne , Graue , 
Gelbe,  Blaue  und  Fleischrothe  spielend.  Das  Strichpulver  ist 
weiss.  V.  d.  L.  sind  sie  alle,  gewöhnlich  unter  Schäumen 
schmelzbar  und  färben  die  Flamme  für  sich  grün  oder  nach  dem 
Zusammenschmelzen  mit  sauren  schwefelsauren  Kali.  In  Salz- 
säure sind  sie  vollkommen  löslich  oder  bilden  eine  Gallerte 
(Batholith).  Gepulvert  mit  verdünnter  Schwefelsäure  erhitzt 
und  Alkohol  darüber  abgebrannt,  färben  sie  die  Flamme  grün. 


1.  Borsäure . 

(Syn.  Boraxsäure,  prismatische  Boraxsäure,  Sedativsalz,  Sassolin.) 

Kryst.  Blättchen  und  schuppige , faserige  Theile , die  lose 
miteinander  verbunden  erscheinen;  tropfsteinartig , als  rinden- 
artiger Ueberzug.  — Br.  uneben.  Sehr  weich,  leicht  zerreiblich. 
Sp.  G.  r=s  1,48.  Durchsichtig.  Perlmutterglanz.  Weiss  in’s 
Graue.  Geschmack  säuerlich,  dann  bitter  und  kühlend.  Fühlt 
sich  fett  an. 

V.  d.  L.  die  Flamme  grün  färbend  und  leicht  unter  Auf- 
schäumen zur  klaren  Kugel  schmelzbar.  In  der  Glasröhre  Was- 
ser gebend.  Lösbar  in  Wasser  und  Weingeist;  die  weingeistige 
Auflösung  brennt  mit  grüner  Flamme.  Bestdth.  nach  Berz . : 
B03  55,74,  H20  44,26.  — Formel  : B03+3H20. 

Findet  sich  in  Felsenhöhlen,  aus  welchen  heisse  Quelle  entspringen  : 
Insel  Volcano  ; am  Rande  und  als  Bodensatz  heisser  Quellen:  Sasso  bei 
Florenz 5 in  neuerer  Zeit  in  einer  Quelle:  Sittakund  in  Ostindien. 

Die  Boraxsäure  wird  gesammelt  und  zur  Bereitung  des  Borax  ver- 
braucht. 


196 


Borazit. 


2.  Tinkal. 

(Syn.  Boraxsaures  Natron,  Borax,  prismatisches  Boraxsalz.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule  mit  abgestumpften  scharfen , seltener  abgestumpften 
stumpfen  Seitenkanten  und  augitartigen  Endzuschärfungen.  Kryst.; 
kryst.  M. ; Text,  körnig , glatt  oder  gestreift.  — Br.  muschelig. 
H.  = 2,0  — 2,5;  wenig  spröde;  sp.  G.  = 1,5— 1,7.  Halb- 
durchsichtig. Fettglanz.  Weiss  in’s  Graue,  Grüne  und  Gelbe. 
Geschmack  süsslich  alcalisch. 

V.  d.  L.  sich  aufblähend  und  zu  farblosem  Glase  schmel- 
zend. In  der  Glasröhre  viel  Wasser  gebend.  Auflöslich  in 
Wasser ; die  Auflösung  reagirt  alkalisch.  Mit  Schwefelsäure  zur 
Trockne  verdampft  und  die  Masse  mit  Weingeist  digerirt , er- 
theilt  diesem  die  Eigenschaft  mit  grüner  Flamme  zu  brennen. 
Bestdth.  nach  Klapr.:  B03  36,53,  NaO  16,37,  H20  47,10.  — 
Formel  : Na0.2B03. 

Findet  sich  am  Ufer  und  auf  dem  Grunde  von  Seen  in  Tibet  und 
Persien ; Südamerica  ? 

Aus,  dem  Tinkal  wird  in  Fabriken  durch  Raffiniren  (Auflösen  und 
Krystallisiren)  der  Borax  des  Handels  gewonnen,  der  ausser  der  Anwen- 
dung als  Arzneimittel,  auch  als  Flussmittel  bei  metallurgischen  Arbeiten, 
zum  Löthen , Emailliren,  in  der  Farbekunst  und  Feuerwerkerei  benutzt 
wird.  In  Tibet  und  Persien  dient  der  Borax  allgemein  als  Surrogat  des 
Kochsalzes  beim  Sieden  der  Seife. 

3.  Borazit . 

(Syn.  Basisch-borsaure  Talkerde,  kubischer  Quarz,  Würfelstein,  Sedativ- 
spath,  octaedrischer  Borazit.) 

Kryststm . regelmässig.  Krystf.  1)  Würfel , 2)  Combination  desselben 
mit  den  Flächen  des  Tetraeders,  3)  Tetraeder,  4)  Combination  desselben 
mit  den  Würfelflächen,  5)  Combination  des  Würfels  mit  dem  Dodecae- 
der,  6)  diese  Form  mit  den  Tetraederflächen,  7)  Dodecaeder  u.  s.  w. 
Kryst.  glatt  oder  rauh,  auch  porös  und  mit  zerfressener  Oberfläche , ein- 
gewachsen, meist  einzeln  oder  zu  zweien  verbunden;  kleine  plattrunde 
Massen  aus  seideglänzenden  Fasern  bestehend.  — Spaltbar  nach  den  Flä- 
chen des  Octaeders.  Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  — 7;  spröde;  sp. 
G.  = 2,9  — 3.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Zwischen  Glas-  und 
Diamantglanz;  schnee-.  grünlich-  und  graulich-weiss.  Strich:  weiss. 
Durch  Erwärmen  polarisch  electrisch  werdend. 

Y.  d L.  die  Flamme  grün  färbend,  aufschäumend,  schmelzbar  (2 — 
2,3) ; die  Perle  nach  dem  Abkühlen  mit  nadelförmigen  Krystallen  bedeckt. 
In  der  Glasröhre  kein  Wasser  gebend.  Gepulvert  und  mit  Schwefelsäure 
erhitzt,  brennt  der  Alcohol  darüber  mit  grüner  Flamme  ab.  In  Salzsäure 
auflöslich.  Bestdth.  nach  SUtom.  : B03  67,  MgO  33.  — Formel: 

2Mg0.B03. 

Kommt  eingewachsen  in  körnigem  Gyps  vor:  Lüneburg;  oft  platt 


Datholith. 


197 


gedrückte  St  eiaäatzkö  mch  en  einschlieesend : Segeierg  im  Bohuinschenz 
der  niehtkryst.  im  Kyps  der  Keuperformation : RütieviHe. 

m (»*r  Brfnbwnit  Ist  weim,  strahlig-blätterig , durchscheinend;  die 
Masse  durchlöchert.  H.  = 2;  sp  G.  =,  1,9.  I„  Warner  wenig  lösbar; 
d.e  Losung  reagirt  schwach  a kahsch.  V.  d.  L.  leicht  schmelzend  und 
die  Flamme  grünlich  färbend.  In  der  Glasröhre  viel  Wasser  gebend. 
Es  ist  borsaure  Kalk-Talkerde  und  besteht  nach  Hess  aus  BO,  40  90  r,0 

W4,  MgO  10  71  HsO  26,33.  - Formell  [MgO,|GaO] ^:+9«ir  Vor- 
kommen:  am  Kaukasus. 

Hierhin  gehört  auch  wohl  der  voe  G Rase  beschriebene  Rhodizit 
der  dem  Borazit  sehr  ähnlich  ist,  aber  Kalk  enthält  und  die  Flamme 
zuerst  grün,  dann  rath  färbt.  Er  kommt,  als  Dodecaeder  auf  Quarz  und 
1 urmalin  beL  Mursinsk  vor.  Sp.  G.  = 3,415;  H.  — 9.  Glas-  bis  Dia- 
mantglanz. Graulich-  bis  gelbllch-weiss.  Durchscheinend  Durch  Tem- 
peraturanderung  polarisch  electrisch  werdend,  Amalyse  fehlt  noch.  [Po"~ 
$e.u<L  Ann.  Bd,  33,.  p.  253.  Bd.  39.  p,  321.)  ^ ö 


4,  Datholith. 

(Syn.  Esmarkit,  prismatischer  Dystomspath,  Natronchalzjt.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krjrstf.  schiefe  rhombische  Säule: 
Kombination  derselben  mit  einer  zweiten  rhombischen  Säule  ;*ls  Ab- 
stumpfungen der  scharfen  und  stumpfen  Seitenkanten;  die  Endzusehär- 
j!n£  lst  entweder  augitartig,  oder  alle  Endkanten  sind  abgestumpft  durch 
die  Flachen  eines  zwei  und-  eingliedrigen  Octaeders.  — Br.  uneben  bis 
unvollkommen  muscheüg.  H 5-5,5;  spröde  ; sp.  G.  = 3,3.  Glas- 
bis  Fettglanz.  Strich n weiss. 

V.  d.  L._  die  Flamme  grün  färbend,  anschwellend:  und  zu  einem 
klaren  ungefärbten  Glase  schmelzend  (1,8-2;.  Im  Kolben  wenig  Wasser 
gebend..  In  Salzsäure  zur  steifen  Gallerte  löslich;  auf  diese  gegossener 
Weingeist  brennt  mit  grünen  Flamme* 


Arte 


n. 


„ n 1).  Datholith.  (Syn*  Doppelt-borsaure  und  doppelt-kieselsaure 
Ikalkerdo,  Datholithspath  Humbolcltit)  Kryst.  rauh  oder  gestreift,  auch 
glatt,  aiifgewachsen  oder  drüsig  verbunden;  derb  von  körniger  Textur 
--  Meist  durchscheinend.  Weiss  in’s.  Blaue  , Grüne  und  Graue;  schwarz' 
Bestdth.  nach  Strom. : BG3  21,26.  Si03  37,36,  CaO  35,67,  H,0  5 71  _ 
Bormel  : Ca0*2B03-f-Ca0.2Si03-^H2O.  2 

Findet  sich  auf  Magneteisensteinlagern  ; Arendal  \ n Norwegen-  auf 
Gangen  im  Diorit:  Harz;.  Connecticut in  Chalzedon-Kugela?  Tyrol 
Edenburg,  Norheim  bei  Kreuznaclu  *jrot, 

j.  2)  B otryolith.  (Syn.  Neutrale-borsaure  und  doppelt-kieselsaure 
Kalkerde,  Faser-Datholith.)  Traubig,  nierenförmig,  kugelig  Als  lieber 
?ug  auf  Kalkspa th.  Text.  faserig.  — Selten  durchscheinend  Schwach- 
en f.?-’  ™tt;  wrnss;  aschgrau;  fleischroth.  Bestdth.  Inach  Klapr.  • 

Hl° 6,5  ’ Fei0s  w - fLc1:  2(Ca°: 
» Dlo^f^^“a8neteiSe“SteinlagerB:  * JreM  «•*"■»■«¥ 


198 


Turmalin. 


GRUPPE  XIII.  SILICATE  VON  MEHREREN  BASEN  MIT 
EINEM  ODER,  MEHREREN  BORATEN  IN  GERINGER 
MENGE,  DEREN  WESENTLICHKEIT 
UNGEWISS  IST. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  gehören  zum  drei-  und  ein- 
axigen  und  zwei-  und  eingliedrigen  Kristallsysteme.  Die  Kry- 
staile  sind  auf  einzelnen  Flächen  gestreift.  Der  Bruch  ist  mu- 
schelig , kleinmuschelig  his  uneben.  Sie  sind  spröde , ritzen 
Fcldspatli  und  werden  von  Topas  geritzt.  Das  spec.  Gew.  ist 
gleich  3,2 — 3,3.  Sie  sind  undurchsichtig,  häufiger  durchschei- 
nend bis  durchsichtig,  haben  Glasglanz  und  zeigen  fast  alle 
Färbenüanzen.  Ihr  Strichpulver  ist  weiss.  V.  d.  L.  mit  einem 
Gemenge  von  Flussspath  und  schwefelsaurem  Kali  zusammen 
geschmolzen , färben  sie  die  Flamme  vorübergehend  grün.  Von 
Salzsäure  werden  sie  für  sich  nicht  angegriffen  ; ihre  Schmelz- 
barkeit ist  verschieden,  selbst  bei  den  Varietäten  einer  Gattung, 


i . Turmalin . 

(Syn.  Schörl,  rhomboedischer  Turmalin,  Asche^ieher.) 

Krystslm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  Rhomboeder;  2) 
rhomboedrische  Säulen  mit  den  Flächen  des  Rhomboeders  zuge- 
spitzt ; 3)  9seitige  Säulen , entstanden  durch  Abstumpfung  der 
drei  abwechselnden  Seitenkanten  der  6seitigen  Säule;  4)  meh^ 
rere  ungleichschenkliche  Hexagondodecaeder  und  die  gerade  an^ 
gesetzte  Endfläche.  Die  Combinations-Gestalten  zeigen  Ausnah- 
men vom  Ebenmaas-Gesetze;  sie  haben  an  den  entgegengesetzten 
Enden  verschiedenartige  Flächen,  Erscheinungen,  welche  mit 
der  Eigenschaft  des  Minerals , durch  Wärme  polarisch  electrisch 
zu  werden,  im  Zusammenhänge  zu  stehen  scheinen.  Kryst.  meist 
lang  gestreckt,  säulenartig,  nadelförmig,  selten  dick  tafelartig, 
auf  den  Seitenflächen  vertical  gestreift,  auf  allen  übrigen  Flä- 
chen glatt ; eingewachsen , zu  Drusen  verbunden ; derb  mit  kör-, 
niger,  stängliger  bis  faseriger  Textur;  Geschiebe.  — Unvoll- 
kommen spaltbar  nach  den  Flächen  des  Rhomboeders.  Br.  mu- 
schelig bis  uneben.  H.  — 7 — 7,5;  spröde;  sp.  G.  =±=  3,0 — 3,3. 
Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Glasglanz.  Fast  von  allen 
Farben;  oft  umschliessen  sich  verschiedene  gefärbte  Kryst. , oft 
hat  ein  Kryst.  mehrere  Farben.  Strich : weiss.  Dichroismus  in 
der  Richtung  der  Hauptaxe.  Durch  Reibung  electrisch  , durch 
Temperaturänderung  doppelt  polarisch  electrisch  werdend,  so, 
dass  das  eine  Ende  durch  Erwärmung  + , durch  Erkaltung  — 
electrisch  wird , während  das  andere  Ende  denselben  Gegensatz 
darbietet 


Axinit. 


199 


V.  d.  L.  ein  verschiedenes  Verhalten  zeigend  ; einige  sind 
unschmelzbar  (Lithionhaltige) , andere  schmelzen  schwer  zur 
schlackigen  oder  blasigen  Masse , wieder  andere  blähen  sich  auf 
und  schmelzen  zum  weissen  oder  graulich-gelben  Glase  (schwar- 
zer Turmalin  z.  Th.  [2]);  in  Borax  lösen  sich  alle  zu  klarem 
Glase.  Mit  einem  Gemenge  von  Flussspath  und  saureu  Schwe- 
felsäuren Kali  zusammen  geschmolzen,  färben  sie  die  Flamme 
vorübergehend  grün. 

Arte  n. 

1)  W asser heller  Turmalin.  Durchsichtig.  Wasser- 
hell in’s  Weisse.  — Im  Dolomit  und  Granit:  Campo  longo , 
Elba.  — 2)  Roth  er  T.  ( llubellll . Siebent,  Apyrit .)  Roth 
bis  violblau.  Bestdth.  des.  aus  Mähren  nach  C.  G.  Gm.:  Si03 
42,12 , A1203  36,43,  CaO  1,20,  B03  5,74,  KO  2,45,  LiO  2,04, 
MnO  6,3,  Glühverlust  1,31.  — In  Quarz:  Mähren;  in  Granit: 
Sibirien , Elba , N. -America , Sachsen als  Geschiebe : in  Peru 
und  Ceylon.  — 3)  Blauer  T.  (Inäicolith).  Blau  bis  schwärz- 
lichblau. Bestdth.  des  von  Utön  nach  Ar fv.:  Si03  40,30,  Ab03 
40,50,  B03  1,10,  LiO  4,30,  FeO  4,85,  MnO  1,50,  Glühverlust 
3,60.  — Utön  in  Schweden , N.- America.  — 4)  Grüner  T. 
Grün  bis  schwärzlich-grün.  Bestdth.  des  Brasilischen  nach 
Vauq. : Si03  40,00  , A1203  39,00 , CaO  3,84 , FeO  12,50 , MnO 
2,00.  — In  der  Schweiz , Piemont , Sibirien , Brasilien  (hier 
als  Geschiebe).  — 5)  Gelber  T.  Gelb  in’s  Grünliche  und 
Braune.  — Mähren , Elba.  — 6)  Brauner  T.  (elcctrischer 
Schorl).  Braun  in’s  Gelbe  , Rothe  und  Schwarze.  — St.  Gott- 
hard, Elba , Ceylon . — 7)  Schw  arzer  T.  (gemeiner 
Schörl).  Sammet-  und  pechschwarz.  Bestdth.  des  Schwedi- 
schen nach  C.  G.  Gm. : Si03  38,92 , AI203  33,24 , B03  0,60 , 
KO  2,55 , MgO  9,80 , FeO  7,20 , Glühverlust  0,03. 

Kommt  am  häufigsten  vor  als  wesentlicher  Gemengtheil  des  Turma- 
Hnschiefers : in  Sachsen  ; eingewachsen  in  ältere  Gebirgsgesteine : Heidel- 
bergj Harz  , Sachsen  j Baiern  3 Tjrol , Schweden  > Norwegen , Elba  3 
Madagascar. 

Wird  zu  physicalischen  Versuchen  benutzt;  hierzu  eignet  sich  beson- 
ders der  gelblichbraune  von  Ceyl&n.  Die  Arten  mit  einerFarbe  , nament- 
lich die  rothen  , grünen  und  blauen,  werden  zu  Schmucksteinen  verar- 
beitet. 

2.  Axinit . 

(Syn.  Thumerstein,  prismatischer  Axinit.) 

Kryststm.  ein-  und  eingliedrig.  Krystf  schiefe  rhomboidische  Säule 
mit  mehr  oder  weniger  Abänderungsflächen  an  den  scharfen  Seiten-  und 
Endkanten  und  an  den  scharfen  Ecken.  Kryst.  auf  den  Seitenflächen 
parallel  dem  Rande  gestreift,  die  anderen  glatt,  einzeln  aufgewachsen 
oder  drüsig  verbunden.  — Br.  kleinmuschelig.  H.  = 6,5 — 7;  spröde; 


200 


Soda. 


y\,G'  r~  3,2\  ^«^hsichtig  bis  durchscheinend.  Glasglanz.  Vioiblau  und 
.Nelkenbraun  ins  Braune.  Strich:  weiss. 

aufwallend  und  zu  dunkelgrünem  Glase  schmelzend  ('2'); 
An/A,brÄ1 * * * V^wie  Turmalin*  Bestdth.  nach  Wiedmann:  Si03  45,00, 
A1203  19,00,  CaO  12,50,  FeO  12,25,  MnO  9,00,  MgO  0,25,  BOs  2,00. 

Kommt  auf  Gängen  und  Lagern  im  altern  Gebirge  vor,  begleitet 
von  Quarz,  Chlorit  und  Feldspath:  Dauphinee , Ihum  im  Erzgebirge . 
Harz^  Pyrenäen,  Norwegen,  Ungarn.  5 


GRUPPE  XIV.  KOHLENSÄURE  SALZE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  grösstentheils 

!wpi_  mi/i  //•>. ..-l : i i i . . ° 


im  zwei-  und  eingliedrigen  und  drei-  und 


...  o n — «uu.  emaxigen  , weiimi 

a"c“.,m  ®m-  u,ld  emaxigen  Systeme.  Sie  sind  im  Bruche  mu- 
schel^  bis  uneben,  bei  wenigen  (Kupferlasur  und  kohlens. 
Silberoxyd)  neigt  sich  der  Bruch  in’s  Erdige.  Die  grösste 
Härte  besitzt  der  Zinkspath , er  wird  nur  vom  Feldspath  se 
ritzt;  zwischen  diesem  und  der  Soda,  welche  Talk  härte  hat" 
finden  sich  fast  alle  Stufen ; alle  sind  spröde , bis  sehr  spröde  ’ 
nur  Soda  ist  milde.  Die  Grenzen  des  spec.  Gew.  im  All^emei* 
neu  liegen  bei  1,4  und  4,4,  nur  das  Weissbleierz  ze\*t  eine 
Ausnahme  und  hat  6,71  sp.  G.  — Die  krystallisirten  Mineralien 
sind  fast  alle  durchsichtig  bis  durchscheinend;  nur  an  den  Kan- 
ten durchscheinende  oder  undurchsichtige  sind  seiten ; doch  kom- 
men  von  sehr  vielen  Gattungen  Arten  vor,  die  nicht  krystalli- 
snt  und  undurchsichtig  sind ; sie  haben  am  häufigsten  Glasa-lanz 
der  zum  Fett-  und  Perlmutterglanze  neigt;  Seidenglanz  und 
Diamantglanz  sind  selten  ; erstem  besitzt  der  Faser-Malachit 
letztem  das  Weissbleierz ; unter  den  nicht  kry  stallisirten  Arten 
sind  matte  selten.  Die  Farben  kommen  in  allen  Arten  und 
Nuanzen  vor,  fast  ebenso  verschieden  ist  das  Strichpulver.  Im 
\\  asser  sind  nur  die  Natroncarbonate  löslich ; in  Salz-  oder 
Salpetersäure  lösen  sich  alle  unter  brausender  Entwickelung  von 
Kohlensäure.  V.  d.  L.  sind  manche  schmelzbar,  andere  un- 
schmelzbar; manche,  namentlich  die  Carbonate  der  alca^ischen 
Erden  reagiren  nach  dem  Glühen  aicalisch;  einige  der  Metall- 
carbonate  werden  auf  der  Kohle  reducirt  oder  auch  dem  Mag- 
nete folgsam.  ** 


wenige 


1.  Soda . 

(Syn.  Kohlensaures  Natron,  hemiprismatisehes  Natronsalz.) 

Kryststm  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 

sche Säule.  Kryst.  selten,  meist  kryst.  Theile  als  krustenarti- 

ger  Ueberzug  oder  mehliger  Beschlag.  - Unvollkommen  spalt- 
bar nach  den  Diagonalen  der  Endfläche.  Br.  muscheli«'  H -= 


Witherit. 


201 


1 — 1,5;  milde;  sp.  G.  = 1,42.  Durchsichtig1.  Glasglanz.  Farb- 
los , weiss  in’s  Gelbe , Braune  und  Graue.  Geschmack  : scharf 
alkalisch. 

V.  d.  L.  in  der  Glasröhre  leicht  schmelzend  und  viel  Was- 
ser gehend,  färbt  die  Flamme  gelb,  löst  sich  leicht  in  Wasser. 
An  der  Luft  schnell  verwitternd.  Bestdth. : Naö  21,21 , CO> 
15,42,  ll20  62,77.  — Formel:  NaO.CO2H-10(H20). 

Man  findet  es  efflorescirt  aus  Glimmerschiefer:  Böhmen;  aus  Laven: 
Vesuv,  Aetna ; ans  der  Dammerde:  Ungarn,  Tartarei  > Hindostan  , Si- 
birien ; ferner  in  den  Natronseen:  Aegypten , Mexico,  Mongolei,  China , 
P^vsien- 

Man  reinigt  es  durch  Auflösen  und  Krystallisiren , wo  es  in  hinrei- 
chender Menge  vorkommt  und  bringt  es  in  den  Handel.  Sein  Gebrauch 
als  Heilmittel,  zur  Seifen-  und  Glasbereitung,  zum  Bleichen  u.  s.  w.  ist 
sehr  ausgebreitet.  Es  ist  ein  wirksamer  Bestdth.  vieler  Mineralquellen. 


2.  Trona. 

(Syn.  Urao , strahliges  Natrum , Natronsesquicarbonat.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische 
Säule  ; zuweilen  mit  Endzuschärfungen  der  scharfen  Seitenkanten. 
Nadelförmige  Kryst. ; derb  mit  strahliger  Textur,  — Vollkommen 
spaltbar  parallel  den  Endflächen.  Br.  uneben.  H.  = 2,5 ; wenig 
spröde;  sp.  G.  = 2,11.  Durchsichtig.  Glasglanz.  Farblos, 
weiss  in’s  Gelbe  und  Graue.  Geschmack : alkalisch. 

V.  d.  L.  in  der  Glasröhre  leicht  schmelzbar,  viel  Wasser 
gebend.  In  Wasser  leicht  lösbar.  Die  Lösung  reagirt  alkalisch. 
Bestdth.  des  Aeyyptischen  nach  Klavr.:  C02  38,0,  NaO  37,0, 
H20  22,5,  NaO.SOs  2,5.  — Formel:  2Na0.3C02+4H20. 

Ueberzieht  im  Innern  der  Barbarei  häufig  als  Efflorescenz  den  Erd- 
boden, kommt  in  den  Natronseen  von  Memphis  in  Aegypten  und  in  de- 
nen von  Columbien  vor. 

Wird  benutzt  wie  Soda. 


3.  Witherit 

(Syn.  Kohlensaurer  Baryt,  diprismatischer  Halbbaryt.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten  und 
auf  diese  Abstumpfungsflächen  aufgesetzten  dreifachen  Endzu- 
scliärfung.  Combination  der  Säule  mit  den  Flächen  eines  rhom- 
bischen Octaeders  und  dieser  Form  mit  der  gerade  angesetzten 
Endfläche.  Zwillingsbildungen  sind  sehr  häufig.  Kryst.  selten 
deutlich , einzelne  Flächen  parallel  dem  Rande  gestreift , zu  Bü- 
scheln oder  drüsig  verbünden;  kryst.  stängelig abgesonderte M.; 


202 


Strontianit. 


nierenförmig , traubig,  kugelig , tropfsteinartig,  zerfressen, 
zellig,  als  rindenarfciger  Ueberzug;  derb,  eingesprengt , mit 
blätteriger  bis  strahliger  Textur  und  gestreifter  drüsiger  oder 
rauher  Oberfläche.  — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen.  Br. 
uneben.  H.  = 3 — 3,5 ; spröde ; sp.  G.  — 4,3.  Durchsichtig  bis 
durchscheinend.  Glasglanz,  auf  den  Bruchflächen  zum  Fett- 
glanze neigend.  Gelblich-  und  graulich-weiss  in’s  Weingelbe , 
Graue  und  Grüne , selten  roth.  Strich : weiss.  Durch  Erwär- 
mung phosphor  escirend. 

V.  d.  L.  leicht  zu  weissem  Email,  mit  Borax  unter  hefti- 
gem Aufbrausen  zu  einem  klaren  Glase  schmelzend  (2)  uj! 
nach  dem  Schmelzen  in  der  Pincette  alkalisch  reagirend.  Im 
Kolben  kein  Wasser  gebend.  In  Salzsäure  unter  Brausen  lös- 
lich ; die  Lösung  wird  durch  Schwefelsäure  vollständig  gefällt ; 
die  vom  Niederschlage  abfiltrirte  Flüssigkeit  wird  von  kohlen- 
sauren Ammon  nicht  gefällt.  Bestdth.  nach  Buckolz : C02  20,00 , 
BaO  79,66,  H20  0,33.  — Formel:  Ba0.C02. 

Kommt  auf  Gängen,  zumal  Bleierze  führenden,  vor:  Curuberland , 

Lancashire  , Mariazell  in  Steyermark  , Salzburg } Tarnoxyiz  in  Schlesien. 

Wird  zur  Vertilgung  der  Ratten  in  England  benutzt  und  ist  über- 
haupt für  warmblüthige  Thiere  ein  tödtliclies  Gift.  Kann  auch  ?ur  Dar- 
stellung der  phar;naceutisch-wichtigen  Ba,rytsalze  dienen. 


4.  Strontianit 

(Syn,  Kohlensaurer  Strontian , peritomer  Halbbaryt.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  lirystf.  rhombische  Säule  mit 
gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten  und  der  gerade 
angesetzten  Endfläche ; diese  Form  mit  den  Flächen  von  spitzen 
oder  stumpfen  rhombischen  Octaedern , als  Abstumpfungen  der 
Endkanten  oder  mit  den  übereinander  liegenden  Flächen  beider 
Octaeder.  Zwillinge.  Kryst.  rauh , auf  den  Seitenflächen  pa- 
rallel dem  Rande  gestreift,  oft  nadelförmig  oder  spiessig,  zu 
Büscheln  verbunden.  Kryst,  M.  mit  strahliger  Textur;  derb.  — 
Ziemlich  vollkommen  spaltbar  parallel  den  Seitenflächen.  Br. 
uneben  in’s  Kleinmuschelige.  H.  ~ 3,5;  spröde:  sp.  G.  3,65. 
Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Glasglanz,  auf  dem  Bruche 
Fettglanz.  Weiss  in’s  Graue,  Gelbe  und  Grüne;  apfel-  oder 
pistaziengrün.  Strich:  weiss.  Auf  glühenden  Kohlen  phospho- 
risch  leuchtend, 

V.  d.  L,  verknisternd , nur  an  den  Kanten  schmelzbar , auf 
der  Aussenfläche  kleine  weiss  leuchtende  Auswüchse  treibend; 
nach  dem  Glühen  alkalisch  reagirend;  die  Flamme  purpurroth 
färbend  ; in  Borax  unter  starkem  Brausen  zu  klarem  Glase  lös- 
bar. In  verdünnter  Salzsäure  unter  Brausen  zu  einer  Flüssig- 
keit iöslicii,  die  von  Schwefelsäure  gefällt  wird.  Bestdth.  nach 


,•*  , - 4 

Kalkspath.  203 

Strom.:  SrO  39,51,  CaO  6,16,  MnO  0,09,  H20  0,07.  — For- 
mel : Sr0.C02. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Gneis,  mit  Bleiglanz , Kupferkies  u,  s.  w. : 
Strontian  in  Schottland,  Bräunsdorf  im  Erzgebirge,  Harz. 

Dient  zur  Darstellung  anderer  Stronti ansalze,  die  in  der  Technik  zu 
Feuerwerken  u.  s.  w.  benutzt  werden,  um  der  Flamme  eine  schöne  pur- 
purrothe  Farbe  zu  geben. 

(Der  Stromnit  oder  Baryt- Stronti anif,  derb,  stängelig  abgesondert, 
gelblich-  und  grauliph-weiss.  Perlmutterglanz.  Durchscheinend.  Man  hält 
ihn  für  ein  Gemenge  von  kohlens.  Strontian  und  Schwefels.  Baryt.  Ghlt. 
nach  Trail:  SrO.C02  68,6,  BaO.S03  27,5,  CaO.GOj  2,6,  Fe203  0,3. 
Kommt  auf  der  Insel  Stromness  vor.) 

Baryto-Strontianit,  analog  dem  Baryto-Calcit , findet  sich  in 
bedeutender  Menge  in  Obercannada  (Kingston). 

5.  Kalkspath. 

(Syn.  Rhomboedrisches  Kalkcarbonat,  kohlensaurer  Kalk.) 

Krystsim.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder ; es 
existiren  von  demselben  wenigstens  25,  von  den  schärfsten  bis 
zu  den  stumpfsten;  regelmässige  sechsseitige  Säulen  mit  der 
gerade  angesetzten  Endfläche ; gleichschenkliche  Dihexaeder ; 
ungleichseitige  Dihexaeder.  Alle  diese  Formen  treten  auf  alle 
mögliche  Weise  miteinander  in  Comhination,  so  dass  die  Z ahl 
der  Modificationen  hier  am  grössten  unter  allen  Mineral-Gattun- 
gen bis  auf  700  steigt.  Auch  Zwillinge  kommen  nicht  selten 
vor.  Kryst.  meist  säulenförmig,  eben  oder  gekrümmt , oft  ein- 
zelne Flächen  drüsig,  rauh  oder  gestreift;  kryst.  M.  — Voll- 
kommen spaltbar  parallel  den  Flächen  des  primitiven  Rhomboe- 
ders , unvollkommen  nach  der  gerade  angesetzten  Endfläche , 
den  Flächen  des  stumpfern  Rhomboeders  und  der  sechsseitigen 
Säule,  H.  ==  3;  spröde;  sp.  G.  = 2,69— 2,71.  Strich:  weiss. 
Durch  Reibung  positiv  electrisch , durch  Erwärmen  polarisch 
electrisch  werdend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  blendend  weiss  leuchtend.  Nach 
dem  Glühen  alkalisch  reagirend.  In  Salzsäure  vollkommen  lös- 
bar ; die  eoncentrirte  Auflösung  wird  von  Schwefelsäure  ge- 
fällt, die  verdünnte  nicht.  In  Borax  zu  klarem  Glase  lösbar. 

Formel : Ca0.C02. 

Arten. 

i)  Kalks])  ath.  (Syn.  Späthiger  Kalkstein,  rhomboedrisches 
Kalkhaloicl,  isländischer  oder  Doppelspath.)  Kryst.  zuweilen  an  den 
Ecken  und  Kanten  zugerundet,  vollkommen  ausgebildet , einzeln 
aufgewachsen , häufiger  zu  mehrern  verbunden ; spiessig , nadel- 
förmig ; kryst.  M. , nicht  selten  mit  ausgezeichnet  stänglieher 


20  i 


Schieferspath. 


Absonderung  Cf  tangelicher  Kalkspath)  ; tropfsteinartig  ( dahin 
manche  Kalksinter)  als  Versteinerungsmittel.  Textur  blätterig 
— Br.  muschelig.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Ausgezeich- 
nete  doppelte  Strahlenbrechung.  Glas-  und  Perlmutterglanz 

undSSRHne’  ^*?s  * G,e.lb® ’ G,'a"e’  Grüne,  Rothe,  Braune 

und  Blaue.  Beim  isländischen  Kalkspath  ist  die  Electricität 
schon  durch  blosses  Pressen  mit  der  Hand  erregbar.  Bestdth 
nach  Sfrom.:  C02  43,56  , CaO  55,98,  Fe,03H-Mn203  0,35,  H,0 
,10.  (Dei  von  bituminösen  Substanzen  durchdrungene  Kalk- 
spath  welcher  beim  Schlagen  und  Reiben  einen  heftigen  unan- 
genehmen  Geruch  entwickelt,  heisst  stinkender  Kalkspath 
blattenger  oder  späthiger  Stinkstein;  stänglicher  Lukullan 
wenn  er  eine  stängliche  Absonderung  zeigt.  ’ 

Kv°„mmit-i'tera.US  h;'rufiS  verbreitet  in  allen0  Formationen  und  unter 
~.en.  verschiedensten  Verhältnissen  vor.  In  ausgezeichneten  Krvsinli 
Varietäten  .Harz  ( Clausthal , Andreasberg  , Osterode ) Sachsen  fFrei 
berg  Gersdorf , 7 har  and),  Böhmen,  Baden  (JVieslochj , Siegen,  Tjrol 
Karnthen,  Island , Schottland , Cumberland , Frankreich  (Paris).  * 

von  (cDe:,  krrstal}lsirte  Sandstein,  von  Fontainebleau  und  aus  der  Gegend 
£ i %art\  lst  e,n  mit  Quarzsand  öbermengter  Kalkspath  welcher 
durcfcluhltrat.on  von  Kalkspath  Materie  in  SanLl^nm^tÄ, 
t>i ' • Plurnbo- Calci t ist  ein  kohlensaurer  Kalk,  der  7,8  p.  C kohlens 

Hahlen  e?  ; n '™w  ^spath-Rhomboedern  gefunden  unter  den 
Halden  eines  alten  Werkes  zu  Wanlockhead  in  Schottland.) 

■ ^ Faseri9er  Kalk.  (Syn.  Faserkalk,  Eisenblüthe  und  fa- 
seriger Kalksinter  z.  Th.)  Tropfsteinartig , kugelt  nieren  stau 
den-  und  plattenförmig ; derb;  Textur  faserig, ’ theils  gleich-’ 
theils  ausemanderlaufeiid.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Perlmutter- 
§lan^  Schneeweiss,  weiss  in’s  Rothe,  Blaue  und  Grüne.  Bestdth. 
nach  Bucholz : CO,  43,0,  CaO  56,0,  H>0  1,0. 

s.n  I FTlet|  S1C  r m Hö!),en’  alten  Gri,hen-Gebäuden , auch  auf  Ädern 
«nd  schmalen  Gangen:  Als  ton- Moor  in  Cumberland,  N orthumberland 
Schemmtz  j Tyrol  (Slerzmgj , Schneeberg.  *" 

Körnißer  Kalk.  (Syn.  Marmor.)  Derbe  M. ; Textur 
blätterig,  körnig,  bis  höchst  feinkörnig.  Oft  nur  a.  d l 

Sfcfrrw-  ,°'r  W?  ^fGmutterglanz.  Weiss  in’s  Graue; 

Geruch  nach0»  U"d  Blaue'  Beim  Reiben  zuweilen  einen 

/^ch  ^dr7fGionsA,ire  eHtwinkelrid.  Bestdth.  nach  Bu- 
cnolz.  C02  43,0,  CaO  56,5,  H20  0,5. 

Kommt  als  lagerähnliche  Massen  im  altern  Gebirge  vor  : Auerbach 
• n der  Bergstrasse , Fichtelgebirge,  Italien,  Finnland,  Griechenland. 

\\tr  Msti?sflie^rSpath'  (SJ™-  Aphrit.)  Kryst.  M. ; Textur  scha- 
T W;®?'  (•'»gesprengt.  A.  d.  R.  durchscheinend.  Perlmutter- 
n.rh  >WhISf  1,1  * Gelbe,  Graue,  Rothe  und  Grüne.  Bestdth, 
nach  Buthoh:  CO,  44,66,  CaO  55,00,  Fe203  und  Mii203  3,00. 


Kalkerde. 


205 


Kommt  auf  Lagern  und  Gängen  im  ältera  Gebirge  vor  : Erzgebirge, 
Norwegen. 

5)  Kalkstein.  (Syn.  Dichter  Kalkstein.)  Derbe  M.  Abson- 
derung dickschieferig  (Kalkschiefer),  stängelig  oder  kegelför- 
mig-schalig  ( Nagelkalk , Tuttenmergel);  als  Versteinerungs- 
mittel.  Br.  splitterig  in  s Ebene.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Grau 
in’s  Gelbe,  Braune,  Rothe  und  Schwarze,  geadert,  geflammt, 
gefleckt;  bäum-  und  ruinenförmig  gezeichnet  (Florentiner-Rui- 
nen-Marmor).  Bestdth.  nach  Bucholz:  C02  42,50,  CaO  53,00, 
Fe203.Mn203  0,75,  Si03+AI203  2,12,  H20  1,63. 

Allgemein  verbreitet  als  ein  Theil  der  geschichteten  Gebirgsmassen 
aller  Formationen. 

Abänderungen.  Opalisirender  Muschelmarmor  schliesst 
Fossile  mit  bunten  Farben  spielende  Muscheln  ein  und  findet  sich  in 
Kärnthen  und  Tyrol.  — Stinkstein  (Stinkkalk , Saustein , Lapis  suil- 
lusj  ist  bitumenhaltig,  beim  Schlagen  und  Reiben  eigentümlich  riechend. 
Matt,  braun  oder  grau.  Fast  in  allen  Kalkformationen  als  Lagen  vor- 
kommend. — Anthraconit  (Anthracolit , MadreporitJ  hat  stängelig 
abgesondertes  oder  krummblätteriges  Gefüge ; derb.  Schwachglänzend. 
Graulichschwarz,  schwarz;  wird  durch  Glühen  weiss  und  verdankt  seine 
Farbe  einem  Kohlengehalte.  Er  kommt  am  Harz  , in  Salzburg , Norwe- 
gen, Schonen,  vor.  — Mergel,  theils  fest  ( verhärteter  MergelJ , theils 
lose  verbunden , zerreiblich  (Mergelerde)  , theils  von  schiefrigem  Gefüge 
(Schiefermergel) . Ist  Kalkstein  mit  mehr  oder  minder  Kieselerde  , Sand 
oder  Thon  vermengt.  In  geschichteten  Gebirgsmassen  verschiedenen  Al- 
ters Lagen  bildend,  und  ziemlich  allgemein  verbreitet.  Hierhin  gehört 
auch  der  Saugkalk  aus  dem  jüngsten  Flötzgebirge  bei  Aachen  und 
Maestricht ; er  saugt  begierig  unter  Luftentwickelung  Wasser  ein  und  ist 
locker  zusammenhängend , grau  oder  gelblich-weiss.  — Oft  enthält  der 
Mergelschiefer  Bitumen  : bituminöser  Mergelschiefer , oder  es  tritt  noch 
ein  bedeutender  Gehalt  an  Kupfererzen  hinzu  : Kupferschiefer.  Beide 
gehören  besonders  der  Keuper-  und  Zechsteinformation  an.  — Roggen- 
stein (OolithJ.  Ein  Gemenge  aus  kleinkugeligen  Kalktheilen  und  einem 
Mergel-Cäment.  Braun  oder  grau.  Bildet  zum  Theil  eigene  Gebirge  in 
der  Jura-,  Zechstein-  und  bunten  Sandsteinformation.  — • Kalktuff 
( Tuffstein , Duckstein , Beinwell  z.  Th  , Lapis  QsteocollaeJ.  Derbe  M.  , 
durchlöchert,  stalaktitisch,  röhrenförmig,  zellig,  dicht.  Als  Versteine- 
rungsmittel Kommt  häufig  vor  und  ist  ein  Niederschlag  kalkhaltiger 
Wasser,  dessen  Bildung  fortwährt:  Wurtemberg  (Kannstadt) , Baden 

(Binau) , Hessen , Böhmen,  Ungarn , Tyrol.  — Sprudelstein  ist  der 
Absatz  der  heissen  Quellen  in  Wiesbaden , Carlsbad.  — Aehnliche  Ent- 
stehung hat  der  Erbsenstein  fPisolith),  welcher  derbe,  aus  grossem 
und  kleinern,  runden,  concentrischschaligen  Körnern  bestehende  Massen  von 
gelblich-weisser  Farbe  bildet;  die  einzelnen  Körnchen  haben  in  der  Regel 
als  Mittelpunkt  ein  Quarzkörnchen  : Böhmen  ( Carlsbad)  Ungarn.  — 
Der  Schaum  kalk  bei  Gera  und  am  Meissner  in  dessen  vorkommend, 
ist  ein  Kalk  mit  6 p.  C.  Si03  von  schuppig-blätteriger  Textur,  zerreib- 
lich; etwas  abfärbend  mit  Perlmutterglanz. 

6)  Kalkerde.  a.  Kreide  (Creta  alba).  Derbe,  zum 
Theil  lose  zusammenhängende  Massen;  als  Ueberzug.  — Br. 
feinerdig.  Matt.  Schneeweiss  in’s  Gelbe  und  Rothe.  Weich  und 


205 


Arragonit. 


zerreiblich , färbt  ab  und  schreibt,  fühlt  -ich  rauh  an  Bestdth 
nach  Bucholz : C02  43,0,  CaO  56,5,  H20  0,5. 

Ist  in  einigen  Gegenden  sehr  verbreitet:  Pommern , Dänemark 
Frankreich,  England  und  macht  ein  Glied  des  jungem Flützgebirges  aus* 

b.  B er g milch  ( Montmilch , Lac  lunae).  Derbe  M. , 
porös,  schwammartig,  aus  locker-veibundenen  staubartigen  Theil- 
chen  bestehend.  Als  üeberzug  oder  Anflug.  Matt.  Weiss  in’s 
Graue,  Rothe  und  Gelbe. 

Findet  sich  in  Höhlen  und  Klüften  von  Kalksteinen;  Würtemberg 
( UracliJ  j Baireuth  Schweiz , Böhmen , Tyrol , Steiermark,  und  ist  wahr- 
schein ich  entstanden  durch  Zersetzung  von  Kalkspath  oder  durch  Nie- 
derschlagen kalkhaltiger  Wasser. 

Die  Anwendung  des  kohlensauren  Kalks  ist  sehr  vielfach.  Der  Kalk- 
spath wird  zur  Beschickung  der  Erze,  als  reiner  kohlens.  Kalk  zu  che- 
mischen  und  pharmaceutis^hen  Präparaten;  gebrannt  und  gepulvert  zum 
Reinigen  der  Edelsteine  benutzt.  Der  eisenhaltige  Faserkalk  (Eisen- 
blüthej  war  früher  officinell  so  wie  der  Stinkstein  , der  Kalktuff  (Xapis 
Osleocollae  , Beinwell ),  Montmilch.  Manche  Faserkalke  nehmen  eine  gute 
Politur  an  und  werden  dann  zu  verschiedenen  Gegenständen  des  Luxus  ver- 
arbeitet. Der  körnige  Kalk  ist  entweder  weiss  (Statuen- Marmor),  für  Bild- 
hauer-Arbeiten wichtig j oder  farbig,  gefleckt  und  geadert  f. Architektur - 
Marmor)  und  wird  in  der  Baukunst  benutzt.  Auch  verfertigt  man  aus 
ersterem  Geräthe  für  Apotheker,  z.  B.  Mörser,  die  sehr  reinlich,  aber 
zu  manchen  Operationen  nicht  anwendbar  sind.  Der  dichte  Kalkstein  ist 
besonders  wichtig  als  Bau-  und  Pflasterstein,  zur  Bereitung  des  gebrann- 
ten Kalks  und  Mörtels , und  namentlich  soll  derselbe  statt  Sand  zum 
gebrannten  Kalk  gemischt,  einen  sehr  zu  empfehlenden,  steinhart  wer- 
denden Mörtel  geben.  — - Die  Kreide  dient  ebenfalls  als  Baustein,  zum 
Schreiben,  zu  Pastell-  und  Malerfarben,  (JVienerweiss  ist  fein  geschlemmte 
Kreide);  zum  Putzen  von  Metallwaaren  und  manchen  andern  technischen 
Zwecken. 


6.  Arragonit . 

(Syn.  Prismatisches  Kalkhaloid,  excentrischer  Kalkstein,  Iglit, 
Arragon  ) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säulen  mit  gerader 
Abstumpfung  der  scharfen,  seltener  der  stumpfen  Seitenkanten;  in  der 
Endigung  theils  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche  , theils  mit  auf  die 
scharfen  oder  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetzten  Zuschärfungsflächen  bis 
zum  Verschwinden  der  Seitenflächen.  Gewöhnlich  Zwillings-Krystalle. 
Kryst.  meist  in  die  Länge  gezogen,  säulenförmig  oder  pyramidal;  kryst. 
M.;  Oberfläche  glatt,  rauh  oder  gestreift,  auch  zerfressen.  — Br.  unvoll- 
kommen muschelig.  H.  = 3,5—4;  spröde:  sp.  G.  = 2,90—2,94.  Durch- 
sichtig bis  durchscheinend.  Strich  : gelblich-weiss.  Gepulvert  auf  er- 
hitztem Eisenblech  mit.  rüthlich-gelbem  Schein  phosphorescirend. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  weiss  werdend,  zu  weissem , grobem,  alka- 
lisch reagirenden  Pulver  zerfallend.  Im  Uebrigen  wie  Kalkspath.  — For- 
mel: CaO.CO*. 


Baryto-Calcit. 


207 


Arten. 

1)  Arragonit  ( Arragonspath) . Kryst.  zuweilen  spiessig  oder  nadel- 
förmig, glatt,  auch  mit  einer  Thonrinde  oder  Kupferoxyd-Anflug  bekleidet, 
einzeln  ein-,  auf-,  oder  zu  mehrern  durcheinander  gewachsen,  auch 
drüsig  verbunden;  kryst.  M.  mit  stänglicher  Zusammensetzung.  Blätter- 
Gefüge  undeutlich.  Glasglanz  lebhaft.  Wasserhell,  weiss  in’s  Graue, 
Gelbe,  Rothe,  Griine,  Yiolblaue;  zuweilen  mehrere  Farben  an  einem 
Individuum.  Bestdth.  nach  Strom.:  CaO. C02  94,57 , Sr0.C02  3,96,  Fe203 
0,70 , H,0  0,30. 

Findet  sich  eingewachsen  in  Thon  und  Gyps : Arragonien , Frank- 
reich; auf  Gängen  und  Lagern  im  altern  Gebirge:  Böhmen  ( Joachims - 
thal ) , Salzburg , Tyrol ; lager-  und  trümmerweise  in  Basalten , Doleriten, 
u.  s.  w.  : Breisgau  ( Kaiser stuhlj  , Siebengebirge , Böhmen  ; in  Laven  des 

Fesuvs,  Aetnas. 

2)  Strahliger  Arragon.  Derbe,  unförmliche  M.  von  strahligem 
bis  dünnstänglichem  Gefüge.  Glas-  bis  Fettglanz.  Weiss  in’s  Gelbe. 

Findet  sich  unter  ähnlichen  Verhältnissen  wie  der  vorige:  Breisgau, 
Siebengebirge  , Cu  mberland. 

3)  Faseriger  Arragon  fEisenblüthe  und  Faserkalk  z.  Th.)  Ko- 
rallen- nnd  staudenförmige,  zackige,  plattenförmige  M.,  oft  mit  drüsiger 
Oberfläche  und  auseinanclerlaufend  faserigem  Gefüge.  Perlmutterglanz. 
Schnee-  und  röthlich- weiss , grün,  blau  oder  roth.  Bestdth.  nach  Strom.: 
Ca0.C02  98,00,  SrO  1,05,  Fe203  0,14,  H20  0,21. 

Findet  sich  in  Drusenräuraen  und  Höhlungen  verwitterten  Eisen- 
spathes  : Steiermark , Kärnthen , Schottland. 

7 . Gaylmsit . 

(Syn.  Kohlensaurer  Natron-Kalk,  Natro-Calcit.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Kryslf.  schiefe  rhombische  Säule 
mit  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten.  Kryst.  selten  vollständig,  ein- 
zeln ein-  oder  durcheinander  gewachsen.  Oberfläche  meist  gestreift,  auch 
rauh  und  uneben.  — Br.  muschelig  in’s  Unebene.  H.  = 2,5;  sehr 
spröde;  sp.  G.  =.  1,9.  Durchsichtig  mit  starker  doppelter  Strahlenbre- 
chung bis  durchscheinend.  Glasglanz.  Wasserhell  bis  unrein  weiss.  Strich: 
graulich-weiss. 

V.  cl.  L.  verprasselnd , zu  einer  trüben  Perle  schmelzbar,  die  alka- 
lisch reagirt.  Im  Kolben  viel  Wasser  gebend.  In  Wasser  wenig , in  Salz- 
säure mit  Brausen  lösbar.  Die  verdünnte  Lösung  wird  von  Schwefelsäure 
nicht  gefällt.  Bestdth.  nach  Boussignault:  C02  28,66  , NaO  20,44,  CaO 
17,70,  H?0  32,20,  A1203  1,00.  — Formel:  Ca0.C0,-f-Na0.C02+6H20. 

Findet  sich  in  einem  Thonlager  bei  der  Stadt  Alerida  in  America 
und  bei  Sangershausen  ( Sachsen J. 

8 . Baryto-Calcit. 

(Syn.  Kohlensaurer  Baryt-Kalk  , Baro-Calcit.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf,  schiefe  rhombische  Säule. 


208 


Magnesit. 


(Dieses  Mineral  ist  dimorph  und  kommt  in  den  Bleigruben  von  Fallow - 
/it  ld , auch  als  gerade  rhombische  Säulen  vor)  Kryst.  selten  deutlich 
einzeln  ein-  oder  zu  Drusen  aufgewachsen,  glatt,  häufig  auf  den  Seiten- 
flächen gestreift,  mit  einer  Ban  tspath-Kinde  überzogen;  kryst.  M. ; Ge- 
füge  blätterig.  Br  uneben  II.  4 ; spröde:  sp.  G.  = 3,66-  Durch- 
scheinend, seiten  durchsichtig.  Glasglanz.  Weiss  ins  Graue,  Gelbe  und 
Grüne.  Strich  : weiss. 


Y.  (1  L.  unvollkommen  schmelzbar,  weiss  und  trübe  werdend  und 
sich  mit  einem  grünlichen  Glase  überziehend;  die  Flamme  gelblich-grün 
färbend;  nach  dem  Glühen  alkalisch  reagirend.  In  Salzsäure  mit  Brausen 
lösbar;  die  Lösung  wird  in  verdünntem  Zustande  durch  Schwefelsäure 
gefällt ; die  vom  Niederschlage  abfiltrirte  Flüssigkeit  giebt  mit  kohlen- 
saurem Ammon  ein  Pracipitat.  Bestdth.  nach  Children  BaO  CO,  65  9 
Ca0.C02  33,6.  — Formel  : BaO.COj-fCaO.COj. 


Kommt  mit  Barytspath  in  Cumberland  ('Alston-MoorJ  vor. 


9.  Magnesit. 

(Syn.  Kohlensäure  Talkerde.) 

Krystsim.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  ein  stumpfes  Rhom- 
boeder. Kryst. ; kryst.  M.  ; derb.  — Undeutlich  spaltbar  nach 
den  Flächen  des  Rhomboeders.  Br.  flachmuschelig  ins  Ebene. 
H.  = 4 4,5 ; spröde ; sp.  G.  =*=  3.  Glasglanz.  Strich : weiss, 
V.  d.  L.  unschmelzbar;  nach  dem  Glühen  alkalisch  reagi- 
rend;  mit  Borax  zu  klarem  Glase,  in  erhitzter  Salzsäure  unFer 
Brausen  löslich;  mit  Salzsäure  befeuchtet  nicht  brausend.  Die 
salzsaure  Lösung  wird  durch  Schwefelsäure  nicht  ffefällt.  — 
Formel:  Mg0.C02. 


Arten. 

1)  Magnesitspath.  (Syn.  Brachytypes  Kalkhaloid,  Breunerit, 
Talkspath.)  Kryst.  glatt  oder  rauh;  kryst.  M. ; derb;  Textur 
blätterig  und  körnig.  Auf  den  Spaltungsflächen  zuweilen  Perl- 
mutterglanz.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Weiss,  grau , 
gelb  in’s  Bräunliche , schwarz  durch  beigemengte  Kohle  (An- 
ihrako-Magnesitspath , Kohlentalkspath).  Ghlt.  einer  wein- 
gelben Variet.  vom  Zillerthal  nach  Strom.:  CO,  48  91  M^O 
42,06,  FeO  8,57,  Mn02  0,43.  — Formel:  [Mg0,Fe0].C02.  ° 

Kommt  in  Chlorit  eingewachsen  vor:  Salzburg  ( Zillerthal ) ; in  Talk  : 
St.  Gotthard , Tyrol. 


2)  Dichter  Magnesit.  (Syn.  Giobertit.)  Derbe  M. , ku- 
gelig, nierenförmig,  traubig , knollig,  dicht,  rauh,  innen  rissig, 
stellenweis  zerfressen.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Matt.  Weiss 
in’s  Rothe , Grüne , Graue  und  Gelbe.  Hängt  der  feuchten  Lippe 
an.  Ghlt.  nach  Bucholz : C02  51,00,  MgO  46,59,  Mn02  0,25, 
H20  1,09,  AJ2(>3  1,00,  CaO  0,16. 


Dolomit. 


209 


Kommt  in  grossen  Massen  in  Serpentin  vor:  Steiermark  fr Mähren  , 
Schlesien  j Indien . 

(Quarziger  Magnesit  findet  sich  auf  Gängen  in  talkartigem  Gestein 
(aufgelöster  Serpentin?)  in  Piemont  und  enth.  nach  Guyton:  C02  46  0" 
MgO  26,3,  Si03  14,2,  II20  12,0.)  — ■ Wo  die  Magnesitarten  in  hinrei- 
chender Menge  Vorkommen , liessen  sie  sich  wohl  zur  Bittersalz-Gewin- 
nung benutzen.  (Buc/m.  Rep.  f.  d.  Pharm.  Bd.  LI.  p.  116.) 

Hydromagnesit  nennt  v.  Kobell  ein  kreideartiges , 
weisses,  weiches  Mineral  von  erdigem  Bruch,  welches  mit  dem 
Nagel  ritzbar  ist  und  sich  fettig  anfühlt.  V.  d.  L.  im  Kolben 
Wasser  gebend , sonst  wie  die  vorige  Gttg.  Es  enth.  : C(K 
36,00,  MgO  43,96,  H20  19,68,  Si03  0,36,  daher  die  Formel': 
MgO. 4H2 0 3(MgO. C 02),  welche  mit  der  der  gebräuchlichen  Mag- 
nesia alba,  der  das  Mineral  vollkommen  ähnlich  ist,  übereinstimmt. 

Es  findet  sich  im  Serpentin:  N.- America  ('HobockenJ,  Griechenland 
(NegroponteJ. 

dO.  Dolomit. 

(Syn.  Makrotypes  Kalkhaloid,  Bitterkalk.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  lirystf.  Rhomboeder,  com- 
binirt  mit  den  Flächen  spitzerer  oder  stumpferer  Rhomboeder 
und  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  Kryst. ; kryst.  M.  — 
Spaltbar  parallel  den  Flächen  des  primitiven  Rhomboeders.  Br. 
muschelig.  H.  = 3,5—4;  spröde;  sp.  G.  = 2,8.  Durch  Er- 
wärmen, Reiben  oder  Schlagen  phosphorescirend. 

V.  d.  L.  und  gegen  Salzsäure  wie  der  Magnesit.  Die  con- 
centrirte  salzsaure  Lösung  wird  von  Schwefelsäure  gefällt. 
In  Borax  zu  klarem  Glase  lösbar.  — Formel:  CaO.CO,-*- 
Mg0.C02. 

Arten. 

1)  Bitter spath.  (Syn.  Rautenspath,  Miemit,  Tharundit  ) 
Kryst.  eben,  glatt,  einzelne  Flächen  oft  stark  gestreift,  auch 
rauh,  mit  zugerundeten  Kanten;  einzeln  eingewachsen  oder  ku- 
gelig zusammengehäuft;  kryst.  M.,  körnig  oder  stänglich  abge- 
sondert (stänylicher  Bitter  spath,  Miemit ),  tropfsteinart?«- 

| nierenförmig.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Perlmutter-  bis 
Glasglanz.  Wasserhell,  weiss  in’s  Graue  und  Gelbe.  Bestdth 
nach  Klapr.:  Ca0.C02  52,  Mg0.C02  45,  FeO+MnO  3. 

Kommt  eingewachsen  vor  in  Chlorit- , Talkschiefer  und  Gyps  : Tyrol 
Salzburg ; auf  Kobaltgängen  : Gotha  , Kurhessen / in  doleritischen  Man- 
delsteinen: Breisgau. 

2)  Dolomit.  Derbe  M.  Gefüge  grob-  bis  höchst  fein- 
körnig, zuweilen  auch  dicht.  Perlmutterglänzend  bis  schimmernd. 

Geigers  Pharmacie.  II.  1.  (2/e  Aufl.)  14 


2 JO 


Manganspath. 


Weiss  ins  Gelbe,  Graue.  Braune  und  Schwarze.  Bestdth.  nach 
Klapr.:  Ca0.C02  52,00,  MgO.CO*  46,50,  MnO  0,25,  FeO  0,50. 

Findet  sich  in  allen  Kalkformationen , auch  im  Glimmerschiefer : St. 
GoLlharil , Kärnihen , Ungarn;  als  Auswürfling  des  Fesuvs. 


3)  Braunkalk.  (Syn.  Braunspath.)  Kryst.  glatt  oder  rauh, 
häufig  mit  concav-convexen  Flächen ; Afterkrystalle  nach  Kalk- 
spat!) formen;  kryst  HI.,  theils  stängelig  abgesondert;  kugelig , 
Stauden-  und  nierenförmig,  zellig;  derb.  Gefiige  blätterig  ins 
Faserige.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Perlmulterglanz.  Weiss  ins 
Gelbe,  Rothe  und  Braune.  Bestdth.  nach  Hisinger : CO,  4i,60, 
CaO  27,97,  MgO  21,14,  MnO  1,50,  FeO  3,40. 

Findet  sich  sehr  allgemein  verbreitet  in  Gebirgs-Gesteinen  des  ver- 
schiedensten Alters:  Ungarn , Baden , Sachsen t und  führt  in  der  Hegel 
Erze. 

Der  weissc  und  feste  Dolomit  wird  zu  Bildhauer-Arbeiten  benutzt; 
die  anderen  Arten  als  Bau-  und  Chausseesteine , zur  Bereitung  hydrau- 
lischen Mörtels.  (S.  Ann.  d.  Pharm.  Bd.  V.  p.  241.) 


Anhang. 

a)  Ankerit.  ( Paralomes  Kalkhaloid J Kryst.;  kryst.  M.  — Br. 
uneben.  Sp.  G.  =,  3,04.  Durchscheinend.  Glas-  bis  Perlmutterglanz. 
Weiss  in’s  Graue  und  Rothe.  Ghlt. : Ca0.C02  50,11,  MgO.COj  1184  , 
FeO.CO,  35,30,  Mn0.C02  3,08- 

Findet  sich  auf  Lagern  im  Thonschiefer:  Steyermark , Kärnthen , 
Dauphinee . 

b)  Gurhofian.  Derb,  dicht,  selten  zellig.  — Br.  flachmuschelig. 
A.  d.  K.  durchscheinend.  Matt.  Weiss  in’s  Gelbliche  und  Grünliche. 
Bestdth.  nach  v.  Holger : Mg0.C02  4t, 5 , Ca0.C02  53,9.  Nach  v.  U.  ist 
der  Gurhofian  ein  Zerstörungsprodukt  des  Serpentins  durch  lokale  äussere 
Einflüsse,  daher  er  ihn  Serpentin-Dolomit  nennt. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  Serpentin,  stellenweise  mit  Talkblättchen 
verwachsen  : Gurhof  und  Aggsbach  in  Oestreich. 

c)  Konit  Tropfsteinartig,  als  Ueberxug,  derb,  theils  mit  Ein- 
drücken von  Ouarz-Krystallen.  — Br.  uneben  in’s  Splittrige.  Matt.  Grau 
in’s  Gelbe,  Grüne  und  Weisse.  Ghlt.  nach  John:  Ca0.C02  28,00,  MgO. 
C02  G7,5,  Fe0.C02  3,5. 

Findet  sich  auf  Gängen  in  Freiberg ; als  Geschiebe  am  Meissner, 
Island. 

11.  Manganspath. 

(Syn.  Kohlensaures  Mangan  , rother  Braunstein , rhomboedrisches 
Manganerz  , Macrotyper  Parachros-Baryt.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder,  combinirt  mit 
den  Flächen  eines  stumpfem  Rhomboeders  und  einer  rhomboedrischen 
Säule.  Kryst.;  kryst.  M.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  des  primitiven 


Eisenspath. 


211 


Rhomboeders.  Br.  uneben.  II.  = 4;  spröde;  sp.  G.  c = 3,4 — 3,6.  A.  d. 
Iv  durchscheinend.  Strich:  lichte  röthlich-weiss, 

Y.  d.  L.  decrepitirend,  grünlich-grau  oder  schwarz  werdend;  in  Bo- 
rax leicht  unter  einigem  Aufwallen  zu  violblauem  Glase,  in  Salzsäure  bei 
Einwirkung  von  Wärme  unter  Brausen  lösbar. — -Formel:  [MnO,  Ca0].C02. 

Arten. 

1)  Späthiges  kohlensaures  Mangan  (Syn.  Dialogit.)  Kryst. 
häufig  sattel-  oder  linsenartig  gekrümmt,  kugelig  oder  traubig  zusammen- 
gehäuft; kryst.  M.,  zuweilen  körnig  abgesondert.  Perlmutter-  bis  Glas- 
glanz, Rosenroth  in’s  Fleischrothe , Röthlichweisse  und  Braune.  Ghlt. 
nach  Strom.:  a.  des  Freiberger , b.  des  von  Kapnik  in  Ungarn: 

MnO. CO,  FeO.C02  CaO.C02  MgO.CO*  H,0 

a.  73,70  5,75  13,08  7,25  0,04 

b.  89,91  0 6,05  3,30  0,43. 

Findet  sich  auf  Erzgängen  in  Gneis:  Freiberg  * Ungarn ; im  Grau- 
wacke-Gebirge : am  Harz. 

2)  Dichtes  kohlensaures  Mangan.  (Syn.  Rhodochrosit.) 
Nierenförmig,  kugelig,  theils  glatt  oder  rauh,  derb.  Matt  bis  schimmernd. 
Rosenroth  in’s  Röthlichweisse.  Ghlt.  nach  Lamp.:  C02  49,2,  MnO  48,0, 
FeO  2,1,  Si03  0,9 

Findet  sich  mit  der  vorhergehenden  Art  in  Ungarn;  als  Geschiebe 
in  Sardinien  ( Lanzo-Jhal) . 


12.  Eisenspath. 

(Syn.  Kohlensaures  Eisetjoxydul , kohlensaures  Eisen.) 

Knjststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  stumpfe  Rhomboeder, 
combinirt  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche,  den  Flächen 
eines  noch  stumpfern  Rhomboeders  und  der  rhomboedrischen 
Säule.  Kryst.;  kryst.,  strahlige,  derbe  M. ; dicht.  — Vollkom- 
men spaltbar  in  der  Richtung  der  Flächen  des  primitiven  Rhom- 
boeders. Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 3,5— 4,5;  spröde; 
sp.  G.  = 3,6 — 3,9.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig.  Glas- 
bis  Perlmutterglanz.  Matt.  Strich  : weiss  , gelblichbraun. 

V.  d.  L.  decrepitirend,  schwarz  und  dem  Magnete  folgsam 
werdend,  ln  Borax  zu  bouteillen-grünem  Glase  lösbar ; gegen 
Salzsäure  wie  Manganspath.  — Formel:  [FeO, MnOJ.C02. 

Arten. 

1)  Eis  e ns  path.  (Syn.  Spathelsenstein  , schuppiger  und  dichter 
Eisenkalk,  Pflinz , Flinz,  brachytiper  Parachros-Baryt , Knopprüssel  ) 

Kryst.  meist  rauh  mit  sattelartig  gebogenen  und  gekrümmten 
Flächen,  selten  einzeln  ein-  oder  aufgewachsen,  meist  drüsig 
verbunden;  derbe  M. ; zerfressen;  eingesprengt.  Weiss,  grau 
und  gelb , durch  Lufteinwirkung  braun  und  schwarz  werdend  , 


212 


Ziiikspath. 


zuweilen  bunt  angelaufen.  Bestdth.  nach  Magnvs:  FeO.  CO., 
59,99 , Mü0.C02  40,66,  nach  Strom.:  Fe0.C02  78,40,  MnO.COÖ 
16,25,  CaO.CO:  1,19,  MgO.CO,  3,77. 

Kommt  auf  Gängen  und  Lagern  im  Gneis,  Gliunuer-,  Thon-  und 
Grauwackeschiefer;  auf  liegenden  Stöcken  im  Flötzkalke,  sehr  allgemein 
verbreitet  vor:  im  Siegen  sehen  ( Stabil  er  zj , Hessen , Sterermark  , Sach- 
sen u.  s.  w.  Durch  Einwirkung  der  Luft  wandelt  es  sich  nach  und  nach 
in  Eisenoxyd-Hydrat  um , wobei  die  regelrechten  Gestalten  gewöhnlich 
wohi  erhalten  bleiben. 

Der  Spatheisenstein,  namentlich  der  verwitterte,  wird  verschmolzen 
und  giebt  ein  besonders  zur  Bereitung  des  Frischstahls  dienliches  Eisen. 
Büchner  schlug  denselben  als  Arzneimittel  vor.  (Repert.  f.  d.  Pinn.  Pd. 
16.  j>.  237.) 

2)  Sphär  osider  it. 

a.  Strahliger  Sph.  (Syn.  Strahliger  Braunkalk,  strahliger Spath- 
eisenstein'.) Eryst.  selten.  Meist  kugelig,  nierenförmig,  klein- 
traubig  mit  auseiuanderlaufend  faseriger  Textur  und  drüsiger 
Oberfläche,  eingesprengt.  Wein-  und  wachsgelb  ins  Braune  und 
Graue.  Nach  v.  hobelt  kann  mancher  strahlige  Eisenspath  ge- 
schmolzen werden ; seine  Schmelzbarkeit  bestimmt  derselbe  — 
4,5.  Bestdth.  nach  Strom.:  FeO  59,62,  C02  38,03,  MnO.CO, 
1,89,  Caö.C02  0,20,  Mg0.C02  0,14. 

Findet  sich  auf  Ablösungen  und  in  drusenartigen  Räumen  vieler  Ba- 
salte und  Dolerite  : Hessen  (Hanau),  Obercassel  am  Rhein , Güttingen. 

b.  Dichter  sph.  (Syn.  Thoniger  Sph.  , gemeiner  Thoneisenstein 
z.  Th.)  Kugel-  und  nierenförmige  Blassen  bis  zu  mehrern  Fuss 
im  Durchmesser,  häufig  geborsten,  derb.  Blatt.  Grau  und  braun 
in  verschiedenen  Nüanzen.  Bestdth.  nach  G.  Bischof : FeO 
52,12,  C02  32,23,  Si03  5,67,  A1203,  BIgO,  CaO  nebst  Pflanzen- 
erde 9,96. 

Kommt  häufig  vor  in  den  Thonlagen  der  Braunkohlenformation  am 
Nieder- Rhein  : Geistinger  Wald  bei  Bonn,  Essen  a.  d.  Ruhr,  Hunds- 
rücken, Frankreich , England. 

Wird  auf  Eisen  benutzt.  Wenn  die  kugeligen  Massen  im  Innern  in 
säulenförmige  Stucke  gesondert  und  deren  Zwischen  räume  mit  Kalk, 
Eisen  oder  Barytspath  erfüllt  sind,  benutzte  man  sie  vormals  im  Arznei- 
schatz als  Ludus  Helntontii. 

(In  der  Bretagne  ist  neuerdings  ein  eigenthumliches  kohlensaures 
Eisenoxydul  gefunden  worden,  welches  nicht  in  Rhomboedern,  sondern 
in  quadratischen  Octaedern  krystallisirt.  Dufrenoy  nannte  es  Juukerit. 
Es  ist  gelblichgrau,  auf  dem  Bruche  glänzend,  von  3,81  sp.  G.) 

13.  Zinkspath. 

(Syn.  Kohlensaures  Zinkoxyd,  Galmey  z.  Th. , rhomboedrischer  Zink- 
Baryt,  Lapis  Calaminaris  z.  Th.) 

KrifStstm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  stumpfes  Rhomboe- 


Kohlensaures  Ceroxydul. 


213 


der,  combinirt  mit  den  Flüchen  eines  noch  stumpfem  Rhomboe- 
ders oder  eines  spitzem.  Letztere  auch  vollständig  ausgebildet, 
combinirt  mit  den  Flächen  einer  rhomboedrischeu  Säule  und  der 
gerade  angesetzten  Endfläche.  After-Kry  stalle  nach  Kalk-  und 
Flussspathformen.  Kryst.  klein,  mit  häufig  convexen,  oft  auch 
rauhen  Flächen,  einzeln  aufgewachsen,  auch  mannigfach  grup- 
pirt , drüsig  verbunden;  traubig , nierenförmig,  tropfsteinartig 
von  faseriger , derb  von  körniger  bis  dichter  Zusammensetzung ; 
erdige  — Spaltbar  nach  den  Flächen  des  primitiven  Rhomboe- 
ders. Br.  uneben.  H.  = 5;  spröde;  sp.  G.  = 4,4.  Durch- 
scheinend bis  undurchsichtig.  Glas-,  auch  Perlmutterglanz.  Weiss 
in’s  Graue,  Gelbe,  Grüne  und  Blaue.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar ; gelblich  werdend  und  die  Kohle 
ebenso  beschlagend;  nach  dem  Glühen  wieder  bleichend.  Mit 
Cobaltlösung  befeuchtet  und  geglüht  eine  grüne  Farbe  anneh- 
mend; in  Salzsäure  leicht  unter  Brausen  löslich;  die  Lösung 
giebt  mit  Aetzammon  einen  Niederschlag , der  sich  in  einem 
Uebermaass  des  Fällungsmittels  wieder  auflöst.  Bestdth.  nach 
Smithson:  C02  34,80,  ZnO  65,20.  — Formel:  ZnO.CfK. 

Kommt  auf  Lagern,  Gängen,  Nestern,  Drusenräumeu  im  altern  und 
neuern  Gebirge  : bei  Aachen,,  in  Baden,  JVestphalen  (Iserlohn  und  Brilon), 
KärntJien , Schlesien , England , Polen , Sibirien  u.  s.  w.  vor. 

Wird  so  wie  das  kieselsaure  Zink  als  Lapis  Calaminaris  in  den  Apo- 
theken verbraucht  und  dient  im  Grossen  sowohl  zur  Zinkgewinnung  aLs. 
zur  Bereitung  von  Messing,  Bronce  u.  s.  w.  Vom  ersteren  unterscheidet 
sich  der  Zinkspath  durch  sein  Verhalten  gegen  Salzsäure , in  der  er  unter 
Aufbrausen  löslich  ist. 

Anhang. 

Zinkhlüthe.  (Syn.  Halbkoblensaures  Zinkoxydhydrat  y NicrOIl- 
förmige  traubige  Massen.  — Br.  erdig.  Matt.  Weiss. 

V.  d.  L.  wie  Zinkspath.  In  der  Glasröhre  Wasser  gehend. 

I Bestdth.  nach  Smithson:  C02  13,5,  ZnO  71,4,.  ILO  15.  — For- 
mel : 2(Zn0.3H20)+3(2Zn0.C02). 

Kommt  mit  Zinkspath  zu  Reibel  und  BLeibevg  in  Kärntlien  vor. 

14.  Kohlensaures  Ceroxydul . 

Krystallinische  Blättchen;  erdige  Massen;  als  Ueb  rzug.  Undurch- 
sichtig. Perlmutterglanz.  Weiss  in’s  Graue- und  Gelbe.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  sieh  braun-gelb  brennend  und  in  der  Glasr’  bre  etwas  Was- 
ser gebend.  In  der  äussern  Flamme  das  Boraxglxts  roth  oder  dunkelgelb 
färbend  und  beim  Abkühlen  sich  bleichend,  ln  Salzsäure  mit  Brausen 
löslich.  Bestdth  nach  Hisinger : C02  10,8,  CeO  75,7,  H20  13,5.  — 
Formel:  CeO.C02. 

Findet  sich  auf  einem  Kupferkieslager  in  Schweden  mit  Cerit, 
Allanit  u.  s.  w. 


2 U 


Weissbleierz, 


15.  Weissbleierz. 

(Syu,  Kohlensaures  Blei,  kohlens.  Bleioxyd,  diprismatischer  Blei-Baryt, 
Bleispath,  Heterochrom,  Bleiweiss,  Bleiglanz  z,  Th.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig,  Krystf.  rhombische  Säule  mit 
gerader  Abstumpfung  der  scharfen  oder  der  stumpfen  Seiten- 
kanten; mit  auf  die  scharfen  oder  stumpfen  Seitenkanten  auf- 
gesetzten Endzuschärfungen  und  selten  mit  der  gerade  angesetz- 
ten Endfläche;  Combination  der  primitiven  Säule  mit  deuiRliom- 
benoctaeder;  Zwillinge  und  Drillinge.  Kryst.  tafel-,  Säulen-, 
Pyramiden- , haar-  und  nadelförmig , glatt , mit  Längenstreifung 
oder  rauh , auch  bekleidet  mit  einem  dünnen  Ueberzuge  von 
Braun-Eisenocker,  Kupferlasur,  Kupfergrün  u.  w.  ; einzeln 
auf-  oder  in  Büscheln  zusammengewachsen , häufig  drüsig  ver- 
bunden , auch  netzartig  übereinander  liegend ; derb , zellig , zer- 
fressen , eingesprengt.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  der 
Säule  und  den  auf  die  scharfen  Seitenkanten  aufgesetzten  End- 
zuschärfungsflächen. Br.  muschelig.  H,  = 3,5 ; spröde ; sp.  G. 
= 6,71.  Durchsichtig  mit  doppelter  Strahlenbrechung,  bis  durch- 
scheinend, Diamantglanz , zuweilen  fettartig  oder  metallähnlich, 
Weiss  in’s  Gelbe,  Graue  und  Braune.  Strich;  weiss.  Gepulvert 
phosphorescirt  es  auf  glühenden  Kohlen, 

V.  d.  L.  zerknisternd  beim  schnellen  Erhitzen , dann  gelb 
und  roth  werdend,  zum  Metallkorn  fliessend  (1)  und  die  Kohle 
gelb  beschlagend.  Mit  Soda  keine  Hepar  gebend  und  in  Sal- 
petersäure unter  Brausen  vollkommen  lösbar.  Bestdth.  des  von 
Cammer n nach  Beryemam:  PbO.C02  98,07,  H20  1,93,  — For- 
mel; Pb0,C02, 

Kommt  in  Begleitung  von  andern  Blei-,  Eisen-,  Kupfer- , Zinkerzen 
Quarz-,  Baryt-,  Kalk-  und  Flussspath,  auf  Gängen  im  altern  Gebirge 
vor:  Commern  in  der  Eifel , Baden,  Siegen,  Harz  y Erzgebirge , Sehlq- 
sien , Eisass,  Ciunberland , Schottland,  Sibirien. 

Anhang. 

1)  Schwär  zbleierz  ( dunkler  Bleispath , Bleischwärze). 
Kryst.  in  der  Form  des  Weissbleierzes  selten;  derbe  M,,  zellig, 
zerfressen , eingesprengt.  Sp.  G.  = 5,7.  Durchscheinend  bis 
undurchsichtig.  Diamantglanz.  Graulichschwarz  in’s  Aschgraue. 
— V.  d.  L.  wie  Weissbleierz.  Bestdth. : Pb0.C02  und  ein  ge- 
ringer Kohlengehalt.  (Nach  Fournet  rührt  die  Farbe  von  un- 
zersetztem  Bleiglanz  oder  Schwefelsilber  her.  Vergl.  Ann.  d. 
Pharm.  Bd.  IX.  p.  251.) 

Findet  sich  mit  andern  Bleierzen:  Freiberg,  Commern  in  der  Eifei, 
in  Frankreich  s Ungarn. 

2)  Bleierde  (erdiyer  Pyromorphit).  Derbe , erdige , 
oft  rundliche  M. , auch  staubartige  Theile , als  Ueberzug  oder 


Kupferlasur. 


215 


Anflug.  Sp.  G.  = 5,5.  Undurchsichtig.  Matt.  Grau  in’s  Grüne, 
Gelbe , Rothe  und  Braune ; stets  unreines,  zersetztes  kohlens.  Blei, 
innig  gemengt  mit  Eisenoxyd,  Kiesel-  und  Thonerde.  Bestdth. 
der  rothen  Bleierde  von  Call  nach  Bergemann : FbO.CO,  94,23, 
H20  2,56,  Si03  1,07,  Fe203-hAl203  2,20.  — (Ein  kohlens.  Blei 
aus  Sardinien , stänglich  abgesondert  oder  derb , enth. : C02 
11,25,  Si03  25,06,  PbO  58,92.) 

Kommt  mit  Bleiglanz  und  kohlens.  Blei  vor:  Call  in  der  Kifel , am 
Harz  (Zeller fieldj , Freiberg , Polen  j Sibirien,  Sardinien. 

Das  kohlensaure  Bleioxyd,  so  wie  die  Bleierde,  werden  zur  Blei- 
Ausbringung  benutzt. 

16 . Zinkbleispath. 

Kryststm.  drei-  und  einaxig?  Kryst.  klein.  Derbe  Massen.  H.  a=* 
3.;  sp.  G.  =b  5,9.  Glas-  bis  Diamantglanz.  Weis'fc 

Bestdth.  nach  Kersten:  PbO.C03  92,10,  ZnO.CO*  7,02.  — Formel: 
Zn0.C02-^6(Pb0.C02)? 

Findet  sich  am  Monte  Poni  bei  Iglesias  in  Sardinien . 

17.  Kupferlasur.  / 

(Syn,  Neutrales  kohlensaures  Kupferoxyd  mit  Kupferoxydhydrat  , 
prismatischer  Lasur-Malachit.) 

Kryststm . zwei-  und  eingliedrig.  Krpstf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule  mit  starker  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten 
und  einer  auf  die  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetzten  augitarti- 
gen  Endzuschärfung ; diese  Form  combinirt  mit  den  Flächen 
einer  zweiten  rhombischen  Säule , als  Zuschärfung  der  scharfen 
Seitenkanten  und  mehrere  andere  verwickelte  Formen  und  Zwil- 
linge. Kryst.  meist  kurz,  Säulen-  oder  dick  - tafelartig , selten 
kurz  haarförmig  und  dann  einen  sammetartigen  Ueberzug  bil- 
dend (Kupfers  ammeterz) , glatt , einzelne  Flächen  gestreift , 
andere  zuweilen  rauh  oder  uneben,  einzeln  aufgewachsen  oder 
drüsig  verbunden ; traubige , kugelige  , nierenförmige  M. , mit 
strahlig  blätteriger  Textur  (strahlige  Kupferlasur),  derb,  ein- 
gesprengt ; auch  staubartige  Theile,  mehr  oder  minder  fest  ver- 
bunden, kleintraubig , angeflogen,  als  Ueberzug,  derb,  einge- 
sprengt (erdige  Kupferlasur , Bergblau).  — Spaltbar  parallel 
den  Seitenflächen  und  der  schiefen  Endfläche.  Br.  muschelig  bis 
uneben  und  erdig.  H.  = 3,5 — 4 ; spröde ; sp.  G.  = 3,7.  Durch- 
scheinend bis  undurchsichtig.  Zwischen  Glas-  und  Perlmutter- 
glanz., Lasur-  , berliner- , indigo  , schwärzlich- , smalte-blau* 
Strich : smalte-blau. 

V.  d.  L.  schwarz  werdend , schmelzend  (2,3)  und  sich  zum 
Kupferkorn  reducirend;  das  Boraxglas  grün  färbend.  Mit  Salz- 
säure befeuchtet  die  Flamme  schön  blau  färbend.  In  Salpeter- 


216 


Malachit. 


säure  unter  Brausen  vollkommen  löslich.  Bestdth.  nach  Iilavr  • 
C02  24,0  , CuO  70,0,  H,0  6,0.  — ~ Formel : Cu0.H20+2(Cu0.C0,j! 

rht  aue  Gf'S?n  und  Lägern  in  Gneis,  Glimmerschiefer, 
Kalkstein,  buntem  Sandstein  mit  Eisen-  und  Bleierzen,  Quarz,  Baryt- 
spath  u s.  W.  sehr  allgemein  verbreitet:  Chessy  bei  L}on,  Baden 

tf'urlemberg  , Tyrol , Steyermark , Thüringen,  Ungarn  , Sibirien.  ' 


Die  Kupferlasur , Bergblau , wurde  ehemals 


als 


Arzneimittel  ge- 
benutzt  und  zum 


. . r . *>  w ui  uc  eueiucus  aii 

braucht,  wird  jetzt  in  der  Wasser-  und  Wachsmalerei 
Ausbringen  des  Kupfers  verwendet 

sinafctıfrjrst  bestehen  “ Inne™  au3M“  Fasern> 


18.  Malachit . 

(Syn.  Ilalb-kohleusaures  Kupferoxyd , hemiprismatischer  Habronem- 

Malachit.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sehe  Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  stumpfen  Seitenkanten 
und  einer  auf  diese  Seitenkanten  aufgesetzten  schiefen  oder 
einer  gerade  angesetzten  Endfläche;  auch  mit  einer  augitartio-en 
Endzuschärfung.  Kryst,;  kryst,  M.;  dicht  und  erdig.  - Spalt- 
bar parallel  den  Seitenflächen  und  der  schiefen  Endfläche.  Br 
uneben.  H.=  3,5—4;  spröde;  sp.  G.  = 3-3,5.  Durchschei* 
nenn  bis  undurchsichtig.  Smaragd-,  spangrün.  Strich : spangrün. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  und  im  üebrigen  wie  Kupferlasur 
(Schmelzgrad  — 2).  Bestdth.  nach  Philipps:  CO,  18  5 CuO 
72,2,  H20  9,3.  - Formel:  2Cu0.C02-hH20  ’ ’ 


Arten. 

1)  Blättriger  Malachit  (Malachitspath).  Kryst. 
selten,  zu  Gruppen  oder  drüsig  verbunden;  kryst.  M.  mit  blät- 
trigem Gexüge.  Perimutterglanz.  Dunkel  gras-  auch  smaragd- 
grün. • ° 

Findet  sich  auf  Quarz  zu  Rheinbreitbach ; auf  Brauneisenstein  im 
Sayn- Altenkirchen  sehen. 


2)  Faseriger  Malachit  ( Faser- Malachit ).  Kryst. 
Badei-  und  haärförmig  zu  Büsehein  und  drüsig  verbunden. 
After-Krystalie  nach  Röthkupfererz-  und  Kalkspathformen  derb 

von  stänfTPhirpr  hiicsdipl  ~ . - • , 


von  stängeliger, 
faseriger  Textur. 
Spangrüne. 


büschel-  und  sternförmig  auseinanderlaufend- 
Seidenglanz.  Smaragdgrün  in’s  Gras-  und 


3)  Dichter  Malachit.  After-Krystalie  wie  bei  der 
vorhergehenden  Art.  Traubige,  nierenförinige , knollige,  derbe 


Kohlensaures  Silberoxyd. 


217 


M f mit  rauher  Cerfläche , eingesprengt.  Wachsglanz  bis  matt. 
Zwischen  smarai-  und  spangrün. 

4)  Erdigr  Malachit  (Kupfergrün  z.  Th.).  Derb, 

als  Ueberzug,  iub  artige  Theile  von  mehr  oder  weniger  festem 
Zusammenhang*  Spangrün , auch  oliven-,  pistazien-  und 
schwärzlich-grü  ( eisenschüssiges  Kupfergrün , hier  mit  Eisen- 
ocker gemengt) 

Die  drei  letza  Arten  finden  sich  unter  ähnlichen  Verhältnissen  wie 
Malachitspath  aufiüngen  und  Lagern  im  altern  und  neuern  Gebirge: 
am  Harz  (Zellerdj , Rheinbreitbach,  Baden,  Tyroi , Sibirien  (hier  oft 
Massen  von  40  Gtner  schwer),  Mexico. 

Wird  als  Marfarbe  und  zur  Ausbringung  des  Kupfers  benutzt  ; aus 
dem  dichten  Malhit  verfertigt  man  verschiedene  Bijouterie-Gegenstände. 

19.  Kohlensaures  Silberoxyd. 

Derbe  M. , egesprengt.  — - Br.  uneben,  kleinkörnig  in’s  Erdige.  H. 
*=  1,5  Undurchsatig.  Wenig  glänzend  bis  matt.  Aschgrau  in’s  Schwarze. 
Strich  : metallisc 

V.  d.  L.  auiohle  zum  glänzenden  Silberkorne  reducirbar.  In  Sal- 
petersäure leichtnd  mit  Brausen  löslich.  Ghlt  nach  2;  Kobell : C02 
i.6,  AgO  84,  befand  noch  15,5  Antimonoxyd.  — Formel:  AgO.C02, 

Kommt  auf.alkspathgängen  zu  Wolfach  in  Baden  vor. 


GRUPPE  X ARSEN1GE  SÄURE  UND  ARSEN1KSAURE 
SALZE. 

Die  mehten  Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  im  ein- 
und  einaxige,  einige  im  regelmässigen  und  zwei-  und  einglie- 
drigen Systee,  nur  eins  (der  Kupferglimmer)  im  drei-  und 
einaxigen.  ie  Krystalle  sind  fast  immer  klein,  bis  sehr  klein, 
gewöhnlich  lar-  und  nadelförmig,  die  des  Kupferglimmers 
dünn  tafelaig.  — Der  Bruch  erscheint  fast  immer  muschelig 
und  geht  in  Erdige , seltener  in’s  Unebene  über.  Die  grösste 
Härte  besitz  der  Erinit , der  nur  vom  Feldspath  geritzt  wird 
und  am  weasten  ist  der  Kupferschaum , den  der  Gyps  ritzt. 
Sie  sind  seiner  spröde , meist  wenig  spröde  und  milde , einige 
(Cobaltblü  £>  Kupfer  schäum)  in  dünnen  Blättchen  biegsam. 
Die  Grenzt  des  sp.  G.  liegen  beim  Pharmacolith  = 2,64  und 
Olivenit  =4,6.  Die  durchsichtigen  linden  sich  auch  oft  durch- 
scheinend l undurchsichtig ; stets  undurchsichtige  sind  selten; 
Glasglanz  errscht  vor ; er  geht  in  Fett- , Seiden-  und  Perl- 
mutterglan und  hei  der  Arsemkhlüthe  in  Diamantglanz  über. 
Die  häufigen  Farben  sind  die  Niianzen  des  Grün,  die  in  Braun 
und  selten*  in  Blau  übergehen;  das  Linsenerz  kommt  auch 


218 


Pharmacolith. 


himmelblau  vor  ; einige,  Arsenikblilihe  und  Phanacolith , gehen 
aus  dem  Farblosen  in’s  Graue  und  Röthliche  ür  und  Cobalt- 
blüthe  ist  stets  Carmoisin-  bis  Piirsichblüthroth  ;las  Strichpulver 
entspricht  in  der  Farbe  dem  resp.  Minerale  V.  d.  L.  sind 
sämmtliche  Gattungen  schmelzbar  und  entwicke  Arsenikgeruch 
als  knoblauchartig  riechende  Dämpfe;  fast  alleind  in  Säuren 
löslich. 

1.  Arsenikblüthe. 

(Syn.  Arsenige  Säure,  weisser  Arsenik,  ocfcaßdrischArseniksäure.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf \ regelmätges  Octaöder , 
meist  nach  einer  oder  der  andern  Richtung  veingert.  Kryst. 
selten,  nadel-  und  haarförmig,  in  Sternen  undlüscheln  grup- 
pirt;  kugelige,  tropfsteinartige,  kleintraubige  3;  krustenartig, 
als  erdiger  Beschlag  von  blättrigem  Gefüge  in  Strahlige.  — 
Br.  muschelig.  H.  =»  2,5—3;  spröde;  sp,  G.  s 3,6.  Durch- 
sichtig bis  undurchsichtig.  Glasglanz  in’s  Diamanrtige.  Farblos, 
schneeweiss  in’s  Graue  und  Röthliche.  Strich : wes.  Geschmack : 
zusammenziehend , dann  süsslich. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  unter  Knoblauchgeruch  ich  verflüchti- 
gend. In  der  Glasröhre  als  Octaeder  sublimirb’.  In  kochen- 
dem Wasser  löslich.  Bestdth. : As  75,82 , 0 243.  — Formel . 
A?203. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  altern  und  neuern  GeVge  als,  durch 
Zersetzung  von  Arsenikerzen  entstandenes  neues,  secundes  Gebilde  : am 
Harz  ( Andrea  sb  er,g)  , Hessen  {Biber) , Ungarn,  Eisass. 

2.  PharmacoliiJt . 

(Syn.  Arseniksaurer  Kalk,  hemiprismatisches  Gypsiloid.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhcbische  Säule. 
Kryst.  selten  deutlich,  haar-  und  nadelförmig,  meist  ziBüscheln  und 
Kugeln  gruppirt;  kryst.  M. ; traubig , als  rindenartiger  Uerzug,  mehli- 
ger Beschlag,  angeflogen;  von  strahliger  Textur.  — Brmuschelig  bis 
erdig.  H.  = 2 — 2,5;  milde;  sp.  G.  =;  2,64.  Halbdurch&itig.  Seiden- 
glänzend  bis  matt.  Wasserhell,  in’s  Grauliche  und  Röthlie ; rosenroth 
durch  arseniksaures  Cobalt-,  griinlich-weiss  durch  Nickeloji  gefärbt. 

Y.  d.  L.  unter  Entwickelung  von  Arsenikgeruch  zu  Ossein  Email 
schmelzend.  In  der  Glasröhre  viel  Wasser  gebend  In  W.'er  unlösbar. 
Bestdth.  nach  Klapr .,  As205  50,54,  CaO  25,00,  H20  24,46 — Formel: 
CaO. As205 -|“-6H20.  — Das  hemiprismatische  Gypshaloi'd  hatach  Turner 
20  p.  C.  H20 , das  diatome  Gypsh.  nur  16  p.  C.  H20,  dah  dieses  die 
Formel:  2Ca0.As205-{--ilI20  erhält. 

Kommt  auf  Drusenräumen,  in  Klüften,  Höhlungen  um  verlassenen 
Gruben-Gebäuden  als  secundäres  Erzeugniss  vor:  Baden,  Eiss,  Hessen , 
Harz  , Böhmen . 


Wüffelerz. 


219 


Der  Picropharmacolith  von  Richelsdorf  erscheint  trauben-  und  nie- 
reuförmig  und  enthält  meist  einen  Kern  von  Barytspath.  Es  ist  ein 
arseniksaurer  Kalk,  in  dem  ein  Theil  CaO  durch  MgO  ersetzt  ist.  Der 
Roselit  auf  Quarz  eingewachsen  bei  Schneeberg  in  Sachsen  enthält  ausser- 
dem noch  arseniksaures  Cobaltoxyd,  dem  er  seine  hoch-rosenrothe  Farbe 
verdankt,  H.  =*=  3.  Str.  weiss.  T.  d.  L.  Wasser  gebend  und  schwarz 
werdend. 

3.  Skorodit. 

(Syn.  Arseniksaures  Eisenpxydul  z.  Th.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombisches  Octaeder,  mit  die- 
sem tritt  in  Combination:  die  gerade  angesetzte  Endfläche,  die  Flächen 
eines  stumpfern  Octaeclers ; ferner  finden  sich  die  Flächen  eines  rhombi- 
schen Prisma  als  Zuschärfung  der  scharfen  Ecken  und  gerade  abgestumpfte 
Ecken  der  Basis.  Kryst.  sehr  klein,  pyramidal,  auch  säulenartig,  theils 
mit  Längenstreifung,  aufgewachsen  und  drüsig  verbunden;  kryst.  M. ; 
traubig,  klein-nierenförmig,  mit  zart-drusiger  Aussenfläche ; derb,  eingo- 
sprengt.  — Spaltbarkeit  unvollkommen.  Br.  muschelig  bis  uneben.  II. 
= 3,5;  wenig  spröde;  sp.  G.  3,1.  Durchsichtig  bis  durchscheinend, 
Glas-,  im  Innern  zum  Fettglanze  neigend.  Lauch-,  seladon-,  öl-, 
schwärzlichgrün  ; braun.  Strich  : grünlich- weiss. 

Y.  d L.  auf  Kohle  leicht,  unter  Entwickelung  von  Arsenikdämpfen 
zur  grauen  magnetischen  Schlacke  schmelzend  (1,6—2).  In  dem  Kolben 
Wasser,  und  bei  grösserer  Hitze  arsenige  Säure  gebend.  Das  Pulver  wird 
mit  Kalilauge  schnell  röthlich-brauu.  Bestdth.  nach  Ficinus ; As205  31,4, 
FeO  47,5,  S03  1,5,  H20  18,6. 

(Ein  neutrales  arseniksaures  Eisenoxydul  mit  basisch  arseniksaurem 
Eisenoxyd  findet  man  bei  Villa  rica  in  Brasilien , es  kommt  in  grünen 
durchscheinenden  Krystallen  vor,  ist.  v.  d.  L.  unschmelzbar  und  wird 
gelb.  — Formel:  2:Fe0.As205-f-2(Fe203.Asa0i-{-12H.>0). 


4.  Würfelerz . 

(Syn.  Arseniksaures  Eisenoxydul  z.  Th.,  Pharmacosiderit,  hexacdrischer 
Lirokon  - Malachit.) 

Kryststm  regelmässig.  Krystf.  Würfel  mit  Tetraeder-  , Icositetraeder- 
und  Dodecaederflächen.  Kryst.  sehr  klein,  glatt,  aufgewachsen  und  drüsig 
zusammengehäuft;  selten  derb  von  körniger  Textur.  — Spaltbar  parallel 
den  Flächen  des  Würfels.  Br.  uneben  in’s  Muschelige.  H.  — 2,5;  wenig 
spröde;  sp.  G.  — 3,0.  Durchscheinend.  Zwischen  Perlmutter-  und  Glas- 
glanz. Grün  ins  Braune.  Strich  : lichte  olivengrün  in’s  Gelbe. 

Y.  d.  L.  schmelzbar,  wie  der  Skorodit,  zur  schwarzen  magnetischen 
Kugel.  In  der  Glasröhre  roth  werdend,  im  Uebrigen  wie  Skorodit. 
Bestdth.  nach  v.  Kobell:  As205  40,76,  Fe203  27,67,  FeO  12,43,  HzO 
19,4.  — Formel:  3Fe0.As205-|-Fe203.2As205-{-18H20. 

Findet  sich  auf  Kupfergängen  . Cornwall ; auf  Brauneisenstein  am 
Spessart  ,•  auf  einem  Kieslager  im  Glimmerschiefer:  Sachsen. 


220 


Kickelocker. 


5.  Cobaltblüthe. 

(Syu.  Arseniksaures  Cobaltoxyd,  prismatischer  Cobaltglimmer, 
Rother  Erdcobalt.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rectan- 
gulare  »aule  mit  abgestumpften  Seitenkanten ; auch  combinirt  mit 
den  Flächen  einer  zweiten  Säule  als  Zuschärfungsflächen  der 
schaneu  Seitenkanten ; augitartige  Zuschärfungsflächen  nicht  sei- 
len,  Kryst.  sehr  klein,  nadei-  und  haarförinig,  auf  den  Seiten- 
flächen vertical  gestreift,  aufgewachsen,  meist  zu  Sternen  und 
Büscheln  veibmiden;  traubig , nierenfönnig , von  strahligem  in’s 
Faserige  übergehendem  Gefüge ; derb ; traubig,  nierenförmig  als 
beberzug  oder  Anflug  ( Cobaltbeschlag , rother  Erdcobalt).  — 
Bi,  feinei dig.  H.  = 2,5;  milde;  in  dünnen  Blättchen  biegsam: 
sp.  G,  = 3,0.  Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Schwacher  Perl- 
mutterglanz. Matt.  Carmoisin-  und  piirsichblüthroth  in’s  Röth- 
Hchweisse.  Strich:  pfirsichblüthroth. 

V.  d.  L.  schmelzbar  zur  schwärzlich-grauen  Metallkugel, 
Arsenikdämpfe  entwickelnd;  mit  Borax  zu  saphirblauem  Glase 
fliessend  ; in  der  Glasröhre  dunkler  werdend  und  Wasser  gebend. 
In  Salzsäure  mit  rosenrother  Farbe  löslich.  Bestdth.  nach 
Bucholz : AS0O5  37,0,  CoO  39,0,  H20  22,0.  — Formel:  SCoO. 
As205-h6M20. 

Findet  sich  auf  den  Lagerstätten  der  übrigen  Cobalterze  in  altern 
und  neuern  Felsarten,  Hessen  (Richelsdorf  und  Bieber),  Sachsen,  Böh- 
men, Thüringen,  Dauphinee , Spanien. 

(Das  Gänseköthigerz  von  Ungarn  ist  ein  Gemenge  von  Cobaltbe-, 
schlag,  gediegen  Silber,  arseoiksaurem  Nickel,  Thon  u.  s.  w.) 

Die  Cobaltblüthe  wird  zur  Smaltehereitung.  angewandt,  wo  sie  sich 
in  hinreichender  Menge  vorfindet* 


6.  Nickelocker. 

(Syn.  Halbarseniksaures  Nickeloxyd,  Nickelblüthe.) 

Kryst.  haarförmig;  derb,  eingesprengt,  angeflogen,  als  Ueberzug.  — 
Er.  erdig.  Zerreiblich,  Undurchsichtig.  Matt.  Apfelgrün  in’s  Weisse.  Strich ; 
grunlich-weiss. 

V.  d,  L.  Arsenikdämpfe  entwickelnd , in  der  innern  Flamme  zum 
Metallkorn  fliessend ; in  der  Glasröhre  dunkler  werdend  und  Wasser  ge- 
bend.  In  Salzsäure  mit  grüner  Farbe  löslich..  Enthält  immer  etwas  CoO 
und  giebt  daher  auch  mit  Borax  zusammeugeschmolzen  ein  saphirblaues 
Glas.  Bestdth.  nach  Berthier : As„05  36,80,  NiO  86,20,  ILO  25,50-  — 
Formel:  3Ni0.As205-f-91I,0.  ' 2 

Kommt  immer  mit  Arsenik-Nickel  vor,  durch  dessen  Zersetzung  er 
entstanden  ist:  Hessen  f Richelsdorf  und  Bieber  1 , Baden,  Sachsen, 
Dauphinee , SehotUand , Sibirien. 


Euchroit. 


221 


7.  Kupferglimmer. 

(Sjn.  Arseniksaures  Kupferoxyd,  rhomboedrischer  Euchlorglimmer) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder  mit  der  gerade 
airgesetzten  Endfläche  ; durch  das  Vorherrschen  derselben  erscheinen  die 
Kryst..  dünn  tafelartig,  einzeln  aufgewachsen,  büschel-  und  garbenfönni" 
gruppirt,  drüsig  verbunden;  kryst.  M.  mit  blätterig  faserigem  Gefüge. 
Spaltbar  parallel  der  Endfläche.  Br.  kaum  wahrnehmbar  muschelig.  H 
= 2 i milde ; sp.  G.  = 2,5.  Durchscheinend  bis  durchsichtig.  Starker 
Perlmutterglanz.  Dunkel  smaragdgrün. 

V.  d.  L.  heftig  decrepitirend , zu  Pulver  zerfallend,  Arsenikgeruch 
entwickelnd;  mit  Salzsäure  befeuchtet  die  Flamme  blau  färbend  und  zur 
grauen,  spröden  Metallkugel  fliessend.  Im  Kolben  viel  Wasser  gebend 
und  in  Aetzammon  vollkommen  auflöslich.  Bestdth.  nach  Vauquelin  • 
As205  43,  CuO  39,  H20  17.  - Formel:  8Cu0.As205-j-12D20. 

Findet  sich  mit  andern  Kupfererzen,  Quarz  und  Brauneisenstein  auf 
Gängen:  Cornwall , bei  Freibevt Saida. 


S.  Olivenit. 

(Syn.  Arseniksaures  Kupferoxyd,  prismatischer  Oliven-Malachit.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule  mit 
abgestumpften  stumpfen  Seitenkanten  und  mit  Zuschärfungen  des  Endes; 
die  auf  die  scharfen  Seitenkanten  gerade  aufgesetzt  sind.  Kryst.  klein  \ 
säulenartig , oft  nadel-  und  liaarförmig,  die  Seitenflächen  vertical  gestreift, 
einzeln  aufgewachsen  , zu  Büscheln  und  sammetartigen  Ueberzug  verbun- 
den ( VlivenitspathJ ; kugelige  und  nierenförmige  Massen  von  faseriger 
Textur  (Faser-Olivenit) ; derb,  erdig,  angeflogen,  eingesprengt,  als 
Ueberzug  ( Olivenit-ErdeJ . — ■ Br.  uneben  bis  muschelig,  auch  erdig.  H. 
==  3;  spröde;  sp.  G.  ü 4,2 — 4,6.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig. 
Glasglanz  in’s  Seiden-  und  Fettartige.  Oliven  in’s  Zeisig-  und  Spangrüne, 
Braune,  Schwärzliche  und  Indigoblaue.  Strich:  olivengrün  in’s  Braune 
und  Strohgelbe. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzend,  beim  Abkühlen  mit  prismatischen  Kryst. 
bedeckt,  unter  Aufwallen  und  heftigem  Ausstossen  von  Arsenikdämpfen 
zur  bräunlichen  Schlacke  fliessend.  Mit  Salzsäure  befeuchtet  die  Flamme 
schön  bläu  färbend.  Im  Kolben  wenig  Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  v. 
Kob  eil : As205  36,71,  P2O3  3,36,  CuO  36,43,  H2O  3,50.  - — Formel: 
4Cu0.[As205,  P205]4-H20. 

Findet  sich  auf  Kupfererz-Gängen  in  Ur-  und  Uebergangsgebirgen 
mit  Quarz,  Kupfergrün,  Brauneisenstein:  Cornwall , Vollberg  bei  Cöln. 


9.  Euchroit. 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule  mit  der 
gerade  angesetzten  Endfläche  und  gerader  Abstumpfung  der  scharfen 
Seitenkanten;  hierzu  treten  noch  oft  stumpfere  Zuschärfungen  der  schar- 
fen Seitenkanten  durch  die  Flächen  einer  andern  rhombischen  Säule. 
Kryst.  auf  den  Seitenflächen  gestreift  mit  häufig  zugerundeten  Endflächen, 
aufgewachsen.  — Br.  uneben  bis  muschelig.  H.  = 3,5—4;  wenig  spröde; 
sp.  G.  =«3,3— 3,4.  Durchsichtig  mit  doppelter  Strahlenbrechung  bis 


222 


Linsenerz. 


durchscheinend.  Glasglanz.  Lichte  smaragd-,  aussen  lauchgrün.  Strich  : 
lichte  apfelgriin. 

V.  cl.  L.  auf  Kohle  unter  Detonation  zu  weissem  Arsenikkupfer  re- 
ducirbar.  Mit  Salzsäure  befeuchtet,  die  Flamme  schön  blau  färbend.  In 
Salpetersäure  mit  blauer  Farbe  löslich.  Im  Kolben  18  ‘/j  p C.  Wasser  ge- 
bend. Bestdth.  nach  v . Kobell : As205  34,2,  CuO  47,1,  H20  18,7.  — 
Formel : 4Cu0.Asa05+7H20. 

Kommt  in  quarzigem  Glimmerschiefer  in  Ungarn  (LibethenJ  vor. 

IO.  Erinit. 

Concentrische  Schalen  mit  rauhen,  aus  den  Enden  ungemein  kleiner 
Kryst.  gebildeten  Flächen.  — Br.  unvollkommen  muschelig.  H.  = 4,5 — 5; 
spröde;  sp.  G.  = 4,04.  A.  d.  K.  schwach  durchscheinend  Matt.  Auf 
den  Bruchflächen  Fettglanz.  Smaragd  in’s  Grasgrüne.  Strich:  apfelgrün. 

V.  d.  L.  wie  Euchroit,  aber  im  Kolben  nur  5 p.  C.  Wasser  verlie- 
rend. Bestdth  nach  Turner:  As209  33,78,  CuO  59,44,  II20  5,01,  Al2Og 
1,77.  — Formel:  5Cu0.As203-f-2H20. 

Aeusserst  selten  mit  Olivenit  in  der  Grafschaft  Limerick  in  Irland. 


II,  Kupfer  schäum. 

(Syn.  Kupferglimmer  z.  Th.,  grüner  Zink.  z.  Th.,  Malachit  z.  Th., 
prismatischer  Euchlorglimmer.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule  mit 
Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten.  Kryst.  selten;  glatt,  auf  den 
Seitenflächen  horizontal  gestreift;  kryst.  M. ; nierenförmig,  traubig  mit 
zartdrusiger  Aussenfläche  und  blätterig  schmalstrahligem  Gefüge,  angeflo- 
gen , eingesprengt.  — Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Endflächen.  H. 
=-1,5;  sehr  milde;  in  dünnen  Blättchen  biegsam;  sp.  G.  =3,09.  Durch- 
scheinend, oft  nur  a.  d.  K.  Perlmutterglanz.  Span-  und  apfelgriin,  zu- 
weilen in’s  lichte  Himmelblaue.  Strich : lichte  spangrün. 

V.  d.  L.  verknisternd ; auf  Kohle  heftig  aufwallend,  unter  Arsenik- 
geruch zur  grauen  Schlacke,  aus  welcher  sich  regulinische  Kupferkörner 
ausscheiden.  In  Aetzammon  bis  auf  einen  Rückstand  an  kohlensauren  Kalk 
löslich.  In  der  Glasröhre  Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  v.  Kobell : 
As205  25,01,  CuO  43,88,  CaO  17,46,^0  13,65.  — Formel:  5CuO.As2Os 
-f-CaO.C02. 

Kommt  auf  Lagern  und  Gängen  vor:  Tyrol , Thüringen , Ungarn , 

Italien. 


12.  Linsenerz. 

(Syn.  Arseniksaures  Kupferoxyd,  prismatischer  Lirokon-Malachit , 
Linsenkupfer,  Chalkophacit.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule  mit 
Endziischärfungen , welche  auf  die  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetzt  sind. 
Kryst.  klein,  die  Seitenflächen  vertical  gestreift,  auf-  und  ineinander 
gewachsen  , drüsig  verbunden,  eingesprengt.  — Br.  uneben.  II.  «=  2,5; 


Phosphorsaure  Yttererde. 


223 


wenig  spröde;  sp.T.  =s  2,9.  Halb  durchsichtig  bis  durchscheinend.  Glas- 
glanz.  Ilimmelblaan’s  Grüne.  Strich  : lichter. 

Y.  d.  L.  nicllverknisternd;  bei  gelindem  Erhitzen  smalteblau  wer- 
dend; auf  Kolilemit  geringem  Aufwallen  unter  Arsenikgeruch  zu  einer 
bräunlich-schwarzj,  zerreiblichen  Schlacke  fliessend;  mit  Salzsäure  be- 
feuchtet und  erh{t  der  Flamme  eine  schöne  blaue  Farbe  erth eilend, 
ln  der  Glasröhre  el  Wasser  gebend,  ln  Aetzammon  vollkommen  löslich. 
Ghlt.  des  von  Cowall  nach  Trolle-lV.:  As205  20,79,  CuO  35,19,  A1203 
8,03,  H20  22,24 ,re203  3,41  , P205  3,61,  Si03  und  Silicat  6,99.  — For- 
mel: 2(A1203Ah24-3(4Cu0.As205-|-8H:>0).  Ein  Theil  CuO  ist  durch FeO 
und  ein  Theil  I05  durch  P2Ö5  ersetzt. 

Findet  sich  if  Kupfergängen  mit  Olivenit,  Kupferkies , Quarz , 
Brauneisenstein  : vrnwa.il , Ungarn. 


GRUBE  XVI.  PHOSPHORSAURE  SALZE. 

Die  Minerien  dieser  Gruppe  gehören  grösstentheils  zum 
zwei-  und  einadrigen  und  ein-  und  einaxigen  Systeme , wenige 
zum  zwei-  undinaxigen  und  eins  zum  regelmässigen  Systeme. 
Ihr  Bruch  ist  »schelig  oder  uneben,  zuweilen  splittrig  und  oft 
nicht  wahrnehnar.  Die  härtesten  werden  vom  Feldspath  ge- 
ritzt, ausgenomen  der  Amblygonit , welcher  FeldspalMi&vte 
hat;  im  Allgenmen  sinkt  die  Härte  nicht  unter  GypshUrte  und 
nur  das  Eisenbu  wird  zuweilen  von  Gyps  geritzt;  Kakoxen 
ist  weich;  die  irigen  sind  fast  sämmtlich  spröde;  Eisenblau 
ist  milde  und  «dünnen  Blättchen  elastisch  biegsam.  Das  ge- 
ringste spec.  Ge.  — 2,4  besitzt  der  Wavellit , und  das  höchste 
=s  5,9  hat  die  Jismuthblende . Nur  der  Hureaulit  ist  durch- 
sichtig, alle  arern  sind  durchscheinend,  bis  a.  d.  K.  durch- 
scheinend, auch  «durchsichtig.  Schimmernder  Fett-  oder  Glas- 
glanz ist  fast  aln  eigen;  bei  einigen  kommt  auch  Perlmutter- 
oder  halb-metallcher  Glanz  vor.  In  der  Färbung  kommen  die 
verschiedenartigsn  Nüanzen  aller  Hauptfarben  vor;  rein-weisse 
und  farblose  sindselten ; ähnlich  verhält  es  sich  mit  dem  Strich- 
pulver. V.  d.  L.sind  fast  alle,  auch  gewöhnlich  leicht  schmelz- 
bar, ausgenomiM  phosphorsaure  Yttererde , Wavellit  und  La- 
zulith;  mit  Schvfelsäure  befeuchtet  färbt  sich  die  Flamme  in 
der  Regel  vomrgehend  blass  bläulich-grün.  Die  mehrsten 
sind  in  Salz-  und  Salpetersäure  auflöslich. 

Phosphorsaure  Yttererde . 

(Syi.  H alb-phosphorsaure  Yttererde,  Ytterspath.) 

Kryststm . w?i-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  quadratische  Säule; 
Combinationen  dirselben  mit  dem  quadratischen  Octaeder.  Kryst. ; 
kryst.  M.  ; derL  blätterig.  — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen. 


224 


Hureaulit. 


Br.  splitterig  II.  = 5;  spröde*,  sp.  G.  *=  4,55.  Duhscheinend.  Fett- 
glanz bis  matt.  Gelblickbraun.  Strich  : lichtebraun. 

V.  d.  L unschmelzbar;  mit  Schwefelsäure  befehlet  die  Flamme 
blass  grünlich  färbend;  in  Borax  und  Phosphorsalz  mgsam  zu  einem 
farblosen  Glase  lösbar.  Bestdth.  nach  Berz. : YO  62,5J205  33,49,  Fe203. 
P205  3,93  und  Spuren  von  II2F2.  — Formel:  3YO.P2( 

Findet  sich  in  Granit:  Norwegen  fLindesnäss) , hweden  (YtterbyJ. 


2.  Triplit 

(Syn.  Halb-phosphorsaures  Manganoxydul-EisenoxydulPhosphor-Mangan, 
Eisenpecherz  z.  Th.) 

Derbe  M.  — Spaltbar  parallel  sämmtlichen  Fläen  Br.  flachmu- 
schelig. H.  .=  5,5;  spröde-;  sp.  G.  = 2,99.  A.  d.  Klurchscheinend  bis 
undurchsichtig.  Fettglanz  gering.  Zwischen  pechschwa  und  nelkenbraun. 
Strich  : gelblichgrau  in’s  Braune. 

V.  d.  L.  leicht  unter  Brausen  schmelzbar  zu  eineschwarzeu,  metal- 
lisch glänzenden,  die  Magnetnadel  irritirenden  Kuge  Das  Boraxglas  in 
der  innern  Flamme  grünlich , in  der  äussern  amethyarben  färbend.  Im 
Kolben  wenig  Wasser  gebend.  Mit  Schwefelsäure  befchtet  die  Flamme 
schwach  blaulichgrün  färbend.  In  Salzsäure  ohne  rrklichen  Rückstand 
löslich.  Glilt.  nach  Berz. : P205  32,78,  MnO  31, 9C  FeO  32,60,  CaO. 
P205  3,20  — Formel:  4Mn0.P205+4Fe0.P205. 

Kommt  in  einzelnen,  zwischen  Granit-Lagern  :rstreuten  M.  vor: 
Frankreich  ( Dep . der  hohen  VienneJ , Pensylvanien . 


3.  Hetepozit, 

Kryststm  zwei-  und  eingliedrig?  Derbe  M. ; rxt.  blättrig.  — Br. 
muschelig.  H.  = 6;  spröde;  sp.  G.  — 3,52.  Fetlanz.  Grünlichgrau 
in’s  Blaue ; verwittert  violett. 

Y.  d.  L.  leicht  schmelzbar  zu  dunkelbraunem  “imail , welches  die 
Magnetnadel  irritirt.  Uebriges  Yerh.  wie  Triplit.  (dt.  nach  v.  Kobelli 
P205  42,53,  FeO  34,88,  MnO  18,12,  H20  4,47.  • Formel:  2(5FeO. 
2P20s)-f-5Mn0.2P205-f-5H20. 

Kommt  bei  Limoges  vor. 


4 .  Hureaulit. 

Kryststm . zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  hombische  Säule. 
Kryst.  sehr  klein  , nadelförmig  , Seitenflächen  vertical  jestreift ; aufge- 
wachsen. — Br.  muschelig.  H.  ~ 4;  sp.  G.  = 2,5-  Durchsichtig. 
Glasglanz  Röthlichgelb. 

V.  d.  L.  wie  Triplit.  Im  Kolben  aber  viel  Wassi  gebend.  Ghlt. 
nach  v.  Kolell : P205  36,52,  FeO  11,24,  MnO  34,98  H20  17,26.  — 
Formel:  3(5MnO.2P2O5)-f-5FeO.2P2O5+30  H20. 

Kommt  in  kleinen  Adern  in  Granit  unfern  Limoge.(HureauxJ  vor. 


Eisenhlau. 


225 


5.  Triphylin . 

Derbe  M. ; Text,  blätterig.  — H.  ==  5,5;  sp,  G.  = 3,6.  Kur  ia 
dünnen  Splittern  durchscheinend.  Fettglanz  gering  bis  schimmernd.  Grün- 
lichgrau, stellenweise  bläulich.  Strich:  graulichweiss. 

V.  d.  L.  sehr  leicht  schmelzbar  (1,6—2)  zur  schwarzen  magnetischen 
M.  Mit  Borax  schwache  Manganreaction  in  der  äussern , starke  Eisen- 
reaction  in  der  innern  Flamme,  ln  Salzsäure  ohne  merklichen  Rückstand 
löslich.  Die  salzsaure  Aufl.  zur  Trockne  verdunstet  und  über  diese  ko- 
chenden Weingeist  angezündet  , färbt  die  Flamme  streifenweise  purpur- 
roth.  Ghlt.  nach  Fuchs:  P205  41,47,  FeO  48,57,  MnO  4,70,  LiO  3,40, 
Si03  0,53,  HoO  0,68.  — Formel:  3Li0.P205-f-6[3Fe0,  3MnO].P2Oä. 

Kommt  wahrscheinlich  in  Granit  mit  Quarz,  Feldspath  und  Beryll 
vor : Baiern  ( Bodenmais ).  Der  vermeintliche  Triplit  ebendaher , ist 

verwitterter  Triphylin. 

6.  Grüneisenstein . 

Kugelig,  traubig,  nierenförmig,  derb,  mit  grob-  und  büschelweise 
auseinanderlaufend  - faseriger  Textur  (Jaseriger  GriineiseniteinJ ; erdige 
Theile;  derb,  eingesprengt,  als  Ueberzug  (Grün-EisenerdeJ.  — Br.  un- 
eben. H.  — 3;  spröde;  sp.  G.  ==  3,5.  Selten  a.  d.  K.  durchscheinend* 
Fettglänzend  bis  schimmernd.  Grün  in's  Schwarze,  zeisiggrün  in’s  Oüven- 
grüne  und  Schwefelgelbe.  Strich:  gelblichgrau. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzbar  zu  einer  porösen,  schlackigen,  schwarzen 
Kugel;  mit  Schwefelsäure  wie  Triplit;  das  Boraxglas  in  der  innern  Flamme 
grün  färbend.  Im  Kolben  viel  Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  Karsten: 
P205  27,71  , Fe,0?  63,45,  H20  8,56-  — Formel:  2Fe203.P205-f-2,5H20. 
Ghlt.  der  Grüneisenerde  von  Sehneeberg  ( Hypochlorit^  nach  Schüler  i 
P205  9,62,  FeO  10,54,  SiO,  50,24,  Al203  14,65,  BiO  13,03. 

Findet  sich  mit  Brauneisenstein,  Hollerier  Zug  im  Saynischen , be-* 
gleitet  von  Quarz,  Malachit  u.  s.  w.  auf  Gängen  im  Thonschiefer;  Erz ^ 
gebirge . 

7.  Eisenblau. 

(Sy n.  Halbphospiiorsaures  Eisenoxydul,  phosphorsaures  Eisen,  prisma- 
tischer Eisenglimmer.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  recfcan- 
guläre  Säule;  rhombische  Säulen  combinirt  mit  den  Flächen  der 
vorigen  Form  als  Abstumpfung  der  Seitenkanten.  Kryst. ; erdige 
Massen.  — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen.  Br.  nicht  wahr- 
nehmbar. EL  = 1,5—2;  milde;  in  dünnen  Blättchen  biegsam; 
sp.  G.  = 2,6.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig.  Perlmutter- 
glänzend  bis  matt.  Wasseriiell,  blau.  Strich:  weiss  bis  lichte 
smalfceblau. 

V.  d.  L.  aufschwell end  sich  roth  brennend  und  leicht  zu 

einem  stahlgrauen,  metallisch-glänzendem  Korne  schmelzend  (1,5). 
Im  Kolben  Wasser  gebend.  Gegen  Schwefelsäure  wie  Grün« 
eisenstein.  Formel : 3Fe0.P205-4-6fI20. 

Geigers  Pharmacie.  II.  1,  (2 te  Aufl.)  15 


226 


Karphosiderit. 


Arte  n. 

i)  Sp  äthig  es  Eisen  blau.  (Blüliriges  Eisenblau , 
Vivianit , Eisenblauspath.)  Kryst.  meist  säulenartig , nicht  sel- 
ten nad eiförmig-  mit  Längenstreifung , aufge  wachsen  , selten  drü- 
sig und  zu  Gruppen  verbunden.  Indigoblau  in’s  Grünliche  und 
Schwärzliche,  die  Farben  nach  bestimmten  Richtungen  besonders 
hervortretend , auch  in’s  Grauiichweisse  und  Wasserhelle;  smal- 
teblau , bläulichgrau.  Restdth.  nach  Vogel : P205  26,4 , FeO 
41,0,  H20  31,0. 

Findet  sich  auf  Kupfer-  und  Zinnerzgängen  mit  Quarz,  Eisenkies: 
Baiern  (Bodenmais) , Cornwall , Siebenbürgen . 


2)  Erdiges  Eisenblau.  (Blau-Eisenerde , natürliches 
Berlinerblau.)  Staubartige,  locker  verbundene  Theile ; derb, 
eingesprengt , als  Ueberzug  und  Anflug.  Indigoblau  in’s  Smalte- 
blaue.  Wenig  abfärbend.  Bestdth.  nach  Berthier : P2Os  23,1  , 
FeO  43,0 , II20  32,4 , MnO  0,3 , A1203  0,6. 

Findet  sich  in  Alluvial- Ablagerungen , in  Torf,  Thon,  Lehm,  als 
ein  sehr  jugendliches  Erzeugniss  : JVürtemberg  , Thüringen , Ostfriesland, 
Steiermark  , Preussen , Schweden  , Frankreich. 

Das  erdige  Eisenblau  dient  in  der  Wasser-  und  Oelmalerei,  beson- 
ders zum  Lackiren  der  Wagen  Das  Mineral  ist  in  der  Regel  weiss,  wenn 
es  aus  der  Erde  genommen  wird  und  färbt  sich  an  der  Luft  schön  blau. 


8.  Karphosiderit. 

(Syn.  Wasserhaltiges  basisch-phosphorsaures  Eisenoxyd.) 

Nierenförmige  und  zerborstene,  rindenartige  Massen;  derb.  — Br. 
uneben.  H.  — 4,5;  sp,  G.  — 2,5.  Wenig  fettglänzend  bis  schimmernd. 
Strohgelb.  Strich:  glänzender. 

Y.  d.  L.  roth  werdend;  zur  schwarzen  magnetischen  Kugel  schmelzbar. 
Im  Kolben  wenig  Wasser  gebend. 

Findet  sich  auf  quarzreichem,  eisenschüssigem  Glimmerschiefer  an  der 
Küste  von  Labrador. 

Anhang  zu  den  phosphorsauren  Eisenoxyden. 

RaSeneiS  ens  t ein.  (Syn.  Limonit,  Wiesen-,  Sumpf-,  Morast- 
Erz,  Phosphoreisen  z.  Th.)  Bildet  derbe , nicht  selten  durchlöcherte 
Massen,  auch  erdige,  mehr  und  weniger  verbundene  Theile.  — 
Br.  muschelig  in’s  Ebene.  Wachsglänzend ; bräunlichschwarz  in’s 
Gelbe.  Bestdth.  eines  Raseneisensteins  von  Leipzig  nach  Erd- 
mann: Fe203  60,50,  P205  9,57,  H20  23,95,  Si03  5,95,  AI203 
0,73,  Mn203  Spuren.  Diese  Bestandteile  finden  sich  fast  in 
allen  Raseneisensteinen , aber  in  sehr  veränderlichen  Verhält- 
nissen. 


Prismatisches  phosphorsaures  Kupfer. 


227 


Er  bildet  z,  Th.  weit  ausgedehnte,  jedoch  unterbrochene  Lager  im 
Alluvium  von  2 Zoll  bis  3 Fuss  Mächtigkeit,  deren  Bildung  noch  stets 
fortdauert. 

Nach  den  Untersuchungen  EhrenbergJs  scheint  der  Raseneisenstein 
seine  Entstehung  und  E’ortbildung  einem  Infusionsthierchen,  der  Gailonella. 
ferruginea  zu  verdanken , das  einen  Kieselpanzer  hat.  Dieses  Thier- 
chen  von  */1000  Linie  im  Durchmesser,  lebt  unter  andern  in  den  Sümpfen 
und*  Torflachen  in  der  Gegend  von  Berlin  und  bildet  besonders  am  Bo- 
den der  Gräben  1 — 2 Fuss  hohe  Massen,  als  ein  sehr  intensiv  ocker- 
gelber Schlamm.  Dasselbe  Thierchen  fand  Ehrenberg  in  den  Rasen- Eisen- 
steinen von  Berlin , vom  Ural  und  New  - York.  (Poggend.  Ann.  BJ. 
XXXVIII  St.  I.) 

Man  betreibt  auf  Rasen-Eisenstein  bedeutende  Eisenwerke  und  pro- 
ducirt  daraus  ein  leichtflüssiges,  ziemlich  reines  Eisen. 


9.  Prismatisches  phosphorsaures  Kupfer . 

(Syn.  Basisch-phosphorsaures  Kupferoxyd  z.  Th. , klinorhombisches  Phos- 
phorkupfer, Pseudo-Malachit,  prismatischer  Habronem-Malachit , 
Phosphorochalcit.) 

Kryststm . zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule  mit  einer  vorderen  augitartigen  Endzuschärfung  und 
abgestumpften  scharfen  Seitenkanten.  Kryst.  glatt , auch  rauh 
und  uneben , die  Endflächen  häufig  convex  gebogen , meist  zu 
mehrern  drüsig  verbunden  (blätteriges  phosphors . Kupfer); 
traubige , nierenförmige  und  knollige  M.  , Oberfläche  drüsig,  Ge- 
füge büschelförmig,  strahiig  bis  faserig  ( faseriges  phosphors. 
Kupfer) ; derb  , eingesprengt,  erdig,  angeflogen  (erdiges  phosph. 
Kupfer.)  — Br.  uneben  bis  muschelig.  H.  — 4,5 — 5;  spröde; 
sp.  G.  = 4,1— 4,5.  Halbdurchsichtig  bis  undurchsichtig.  Glas- 
glanz, Seidenglanz,  matt.  Dunkel  span-,  smaragd-,  berg-  und 
seladongrün.  Strich : spangrün. 

V.  d.  L.  lebhaft  aufwallend,  leicht  schmelzend  zu  einer 
stahlgrauen,  aussen  zackig  eingeschnittenen,  innen  röthlich- 
grauen  Kugel ; mit  Salzsäure  befeuchtet  die  Flamme  schön  blau 
färbend.  In  Salpetersäure  leicht  und  ruhig  auflöslich;  die  Auf- 
lösung wird  von  essigsaurem  Bleioxyd  gefällt.  Im  Kolben  14 
p.  C.  Wasser  verlierend.  Bestdth.  nach  v.  Kobell : P205  22,69 , 
CuO  63,01 , M,0  14,30.  — Formel : 5Cu0.P205+5H20. 

Findet  sich  mit  Quarz,  Chalzedon , Malachit,  im  Grauwackengebirge : 
Rheinbreitbach  bei  Linz  am  Rhein,  Peru? 

Wird  mit  andern  Kupfererzen  auf  Kupfer  verschmolzen. 


228 


WaveHit. 


10.  Libeihenit. 

(Syn.  Ba.sisch-phosphorsaures  Kupferoxyd  z.  Tli. , octae  drisch  es  phosphor- 

saures  Kupfer,  rhombisches  Phosphorkupfer,  diprismatischef 
Oliven- Malachit.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  schwach  geschobene 
rhombische  Säule  mit  einer  Zuschärfung , welche  auf  die  schar- 
fen Seitenkanten  aufgesetzt  ist;  durch  das  Vorherrschen  der 
Zuschärfungsflächen  in  ein  oblonges  Octaeder  übergehend.  Kryst. 
glatt , einzeln  auf- , häufiger  zu  mehrern  zusammengewachsen  ; 
kugelig , nierenförmig.  — Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 3,5 
— 4;  spröde;  sp.  G.  — 3,6.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Fettglanz. 
Olivengrün  in’s  Schwärzliche.  Strich : gelblich-grün. 

V.  d.  L.  wie  die  vorhergehende  Gattung,  aber  im  Kolben 
nur  7 p.  C.  H20  verlierend.  Bestdth.  nach  Berthier:  P205  28,7 , 
CuO  63,9,  H20  7,4.  — Formel:  4Cuö.P205-h2H20. 

Findet  sich  in  Drusenräumen  eines  Glimmerschiefers  auf  Quarz: 
Ungarn  (Libethen) , Cornwallis. 

(Hop  eit  ist  entweder  ein  phosphorsaures  oder  borsaures  Zinkoxyd 
mit  einer  erdigen  Basis,  Cd  und  H20.  Er  kommt  bei  Aachen  (Allenberg) 
vor.  Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Kryst.  glatt.  H — - 3;  sp.  G.  = 2,7- 
Durchsichtig.  Glasglanz;  gfaulichweiss  Schmilzt  v.  d.  L.  leicht  zur  wasser- 
hellen  Kugel  und  färbt  die  Flamme  grün.  Löst  sich  in  Säuren  ohne  Brausen.) 

11.  Wcivellit . 

(Syn.  Basisch-phosphorsaure  Thonerde  z.  Th.,  Devonit  , Lasionit, 

Striegisan.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule  mit 
der  gerade  angesetzten  Endfläche  , einer  auf  die  stumpfen  Seiten- 
kanten  aufgesetzten  Endzuschärfung  und  abgestumpften  scharfen 
Seitenkanten.  Kryst.  meist  sehr  klein,  nadei-  und  haarförmig, 
zu  Büscheln  und  Nieren  gruppirt;  traubig , tropfsteinartig , mit 
schmalstrahliger  und  faseriger  Textur.  — Spaltbar  parallel  den 
Flächen  der  Säule  und  der  Endzuschärfung.  H.  = 3,5 — 4 ; 
spröde;  sp.  G.  = 2,4.  Durchscheinend.  Perlmutter  glanz.  Was- 
serhell; grünlich weiss  in’s  Graue,  Blaue,  Braune,  Rothe,  oft  in 
Streifen  wechselnd.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar , aufschwellend  und  weiss  werdend. 
Mit  Cobaltlösung  befeuchtet  und  geglüht  eine  schöne  blaue  Farbe 
annehmend.  Im  Kolben  Wasser  und  Flusssäure  gehend.  In  Salz- 
säure löslich.  Bestdth.  nach  Berz. : P.05  33,40,  A1203  35,35, 
HO  26,80,  F2H2  2,06,  Fe203  1,25,  CaO  0,50.  — Formel:  3A1,F, 
+ 3(4A1203.3P205  -h  1SH20). 

Findet  sich  auf  Adern  und  Klüften  im  Thonschiefer:  Irland;  im 
Kieselschiefer : bei  Giesen , Sachsen;  im  Granit:  Cornwall ; im  Sandstein: 
Böhmen;  auf  Brauneisenstein:  Baiern  (Amberg). 


Lazulith. 


229 


Anhang. 

Ka  lait.  (Syn.  Türkis , Mineral -Türkis,  dichter  Hydrargilit.) 
Nierenförmig , derb  , eingesprengt , als  Ueberzug , in  Geschieben. 
— Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  — 6;  sp.  G.  = 2,86.  Selten 
a.  ä.  K.  durchscheinend.  Schwacher  Wachsglanz.  Matt.  Smalte- 
und  himmelblau  in’s  Grüne , auch  gelblich,  Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  wie  Waveliit  und  die  Flamme  schwach  blaulich- 
grün  färbend.  In  der  Glasröhre  heftig  decrepitirend  und  etwas 
Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  Zellner : P205  38,9,  AF03  54,5, 
CuO  1,5 , Fe203  2,8 , II20  1,0. 

Findet  sich  im  Kieselschiefer  auf  Klüften:  Schlesien  (Jordansmühle), 
im  Voigtlande ; als  Geschiebe:  Persien. 

Ehemals  brauchte  man  den  Türkis  als  specifisches  Heilmittel  in  meh- 
rern  Krankheiten,  als  Amulett  u.  s.  w.  5 jetzt  wird  er  als  Schmuckstein 
benutzt,  wenn  er  eine  reine,  gleichmässige  Farbe  besitzt.  f Al endländi- 
scher Türkis  muss  vom  Kalait  wohl  unterschieden  werden ; es  sind 
Stücke  fossiler  Thierzähne,  durch  Kupferoxyd  gefärbt.) 

(Der  phosphorsaure  Thon  , in  vulkanischen  Gesteinen  der  Insel  Bour- 
bon, ist  erdig,  zerreiblich,  sehr  leicht.  Weiss  ins  Gelbliche.  Fettig  an- 
zufühlen. "V.  d.  L.  phosphorescirend  und  blendend  weiss  werdend.  Er 
enthält  nach  Vaucjuelin  : P205  30,5,  AL03  46,67,  NH3  3,13.) 


12.  Lazulith. 

(Syn.  Basisch-phosphorsaure  Thonerde  z.  Th.,  Blauspath/' ’Klaprothit, 
prismatischer  und  prismatoidischer  Lasurspath.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf  rhombisches  Octaeder  mit  durch 
die  Flächen  einer  rhombischen  Säule  abgestumpften  Grundkanten.  Kryst. 
selten ; kryst.  M.  mit  unvollkommen  blättrigem  bis  körnigem  Gefüge; 
derb  und  eingesprengt.  — Unvollkommen  spaltbar  parallel  den  Seiten- 
flächen der  Säule.  Br.  uneben.  H.  = 5,5;  spröde;  sp.  G.  - 3,0.  Un- 
durchsichtig, zuweilen  durchscheinend.  Glasglanz.  Indigoblau  in’s  Hinnnel- 
und  Smalteblaue , selten  grau  oder  braun.  Strich:  weiss. 

Y.  cl.  L.  unschmelzbar,  die  Farbe  einbüssend  ; in  Stü.ke  zerfallend. 
Mit  Cobaltsolution  befeuchtet  schön  blau  werdend ; mit  Schwefelsäure 
befeuchtet  die  Flamme  grünlich  färbend.  In  der  Glasröhre  Wasser  ge- 
bend. Bestdth.  nach  Fuchs:  P205  41,81,  A1203  35,73,  MgO  9,34,  Si03 
2,10,  FeO  2,64,  IKO  6,06.  — Formel:  4[AL03,  MgO,  Fe0}.3P205.  < 

Kommt  in  Klüften  von  Thonschiefer  mit  Quarz  und  Eisenspath  vor: 
Salzburg  (Werfen);  mit  Glimmer  verwachsen:  Wienerisch-Neustadt ; in 
Granit:  Salzburg  (Hathh ausberg). 

(Der  Childrenit  von  T'avistock  in  Devonshire , kommt  in  kryst.  Mas- 
sen von  gelblich weisser  in  s Gelbe  und  Braune  spielender  Farbe  vor  und 
ist  durchsichtig.  Er  enthält  nach  Wollaston:  P205 , AL03  und  Fe»Oj 
und  wird  von  Einigen  zum  Lazulith  gebracht.) 


230 


Urangliinmer. 


13.  Amblygonit. 

(Syn.  Halb-phosphorsaures  Thonerde-Lithium.) 

Krysistm.  ein-  und  einaxig.  Kryslf.  rhombische  Säule.  Kryst.  un- 
deutlich,. rauh,  eingewachsen;  kryst.  M.  — Br.  uneben.  H.  =6;  spröde; 
sp.  G.  = 2,9 — 3,0.  Durchscheinend  bis  Halbdurchsichtig.  Glasglanz. 
Grünlichweiss  in’s  Berg-  und  Seladongrüne. 

V.  d.  L.  leicht  zu  klarem , nach  dem  Erkalten  unklar  werdendem 
Glase  schmelzbar  (2).  In  der  Glasröhre  wenig  Wasser  mit  Flusssäure 
gebend.  In  Salz-  und  Schwefelsäure  auflöslich.  — Formel:  2Li0.P205-f- 
4AL03.3P205.  P205  wird  theilweise  durch  HF  ersetzt. 

Findet  sich  im  jungem  Granit  mit  Turmalin,  Topas:  Sachsen  ( Churs- 
dorf) j mit  Granat  und  Augit:  Norwegen  ( ArendalJ ? 


14.  Wagnerit. 

(Syn.  Phosphorsaurer  Talk.) 

Krysistm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule 
mit  abgestumpften  stumpfen  Seitenkanten  oder  zugeschärften  stumpfen 
und  scharfen  Seitenkanten  und  augitartigen  Endzuschärfungen.  Kryst.  glatt, 
die  Seitenflächen  stark  vertical  gestreift.  — Spaltbar  parallel  den  Seiten- 
flächen der  Säule.  Br.  muschelig  in’s  Splittrige.  H.  =-  5;  sp.  G.  =3,13- 
Halbdurchsichtig.  Glasglanz.  Weingelb.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  schwierig  schmelzend  zur  dunkel-grünlich-grauen  Glaskugel, 
und  hierbei  einige  Luftbläschen  entwickelnd.  In  Borax  zu  durchsichtigem, 
wasserklarem  Glase  löslich.  In  erwärmter  Schwefelsäure  langsam  auflösbar 
und  Flusssäure  entwickelnd.  Ghlt.  nach  Fuchs:  P->05  41,73,  MgO  46,66, 
H2F2  6,50,  Fe203  5,00,  MnO,  0,50.  — Formel:  MgF2-f 3Mg0.P205. 

Kommt  in  den  Klüften  eines  sehr  mürben  thonschieferartigen  Ge- 
steines vor:  Salzburg  (Höllengraben  bei  WerfenJ. 

(Peroushyn  ist  ein  neuerdings  von  Nordenshiöld  bei  Keiti  in 
Finnland  aufgefundenes  basisches  Phosphat  von  LiO,  MgO,  FeO  und 
MnO.) 

15.  Uranglimmer. 

(Syn,  Dreiviertel- phosphorsaurer  Uranoxyd-Kalk,  Uranit,  pyramidaler 
Euchlorglimmer,  dreiviertel  phosphorsaures  Uranoxyd-Kupferoxyd, 
Chalcolith,  grüner  Glimmer,  grünes  Uranerz.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  1)  quadratische  Säule  mit  der 
gerade  ange^etzten  Endfläche  (tafelartig);  2)  die  Seitenkanten  derselben 
abgestumpft  durch  die  Flächen  einer  zweiten  quadratischen  Säule ; 3)  die 
Endkanten  der  Säule  abgestumpft  durch  die  Flächen  eines  quadr.  Octae- 
ders  ; 4)  Quadratoctaüder  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche;  5)  diese 
Form  mit  den  Flächen  der  quadr.  Säule  durch  Abstumpfung  der  Seiten- 
ecken des  Octaeders.  Kryst.  meist  tafelartig,  selten  säulenartig ; einzelne 
Flächen  glatt,  die  andern  horizontal  gestreift,  auch  rauh,  einzeln  aufge- 
wachsen, seltener  drüsig  verbunden;  in  dünnen  Blättchen  angeflogen.  — 
Spaltbar  parallel  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  Br.  nicht  wahrnehm- 
bar. H.  — 2 — 2,5;  milde;  sp.  G.  = 3,3.  Durchscheinend.  Starker 


Wismuthblende. 


231 


Perlmutterglanz.  Gras-,  smaragd-,  zeisig-grün , zitronengelb,  Strich: 
gleichfarbig. 

Y.  d.  L.  anschwellend,  leicht  schmelzend  (2 — 2,2)  zum  schwarzen 
Korn  mit  krystallinischer  Oberfläche.  In  der  äussern  Flamme  mit  Phos- 
phorsalz zum  gelben  Glase  schmelzend,  welches  in  der  innern  schön 
grün  wird.  Im  Kolben  viel  Wasser  gebend.  In  Salz-  und  Salpetersäure 
mit  gelber  Farbe  löslich;  die  Auflösung  wird  mit  Aetzammon  gelb  gefallt. 
Bestdth.  nach  Berz.  a des  Uranits  von  Jutun , b.  des  Chalcoliths  von 
Cornwall,  die  derselbe  als  zwei  verschiedene  Gattungen  betrachtet.  Sie 
sind  sich  in  äussern  Merkmalen  vollkommen  ähnlich  , so  dass  wir  sie  mit 
den  mehrsten  Mineralogen  zusammen  als  Uranglimmer  beschreiben.  Der 
Kalk  des  Uranits  wird  im  Chalcolith  durch  Kupferoxyd  ersetzt. 

a.  P205  14,63,  U203  59,37,  CaO  5,66,  H20  14,90,  MgO  0,19,  Si03 
2,85,  BaO  1,51.  — Hiernach  die  Formel:  3Ca0.Po05-j-2(U203.P205)-f-24 
H20. 

b.  P205  15,66,  U203  60,25,  CuO  8,44,  II20  15,05,  Si03  0,70,  wo- 
durch die  Formel:  3Cu0.P205-J-2(U203.P205)-{-24H20  entsteht. 

Kommt  in  Granit  und  Thonschiefer  vor  mit  Quarz  und  Feldspath  auf 
Erzgängen:  Schwarzwald , Erzgebirge,  Frankreich,  Cornwall . 


16.  Kahoxen. 

Kryst.  nadelförmig,  microskopisch , zu  Büscheln,  auch  zu  Kugel- 
Segmenten  zusammengehäuft;  als  dünner  Beschlag.  Weich.  Sp  G.  — 3,38. 
Durchscheinend  bis  undurchsichtig.  Glanz  halbmetallisch  bis  matt.  Zitro- 
nengelb in’s  Wachs-  und  Ockergelbe;  bräunlich- rath. 

Y.  d L.  stark  knisternd  und  zerspringend,  ln  der  Oxygen-Flamme 
zur  schlackigen  magnetischen  Masse  schmelzend.  In  Borax  zu  bouteillen- 
grünem  Glase  lösbar.  Ghlt.  nach  v.  Holger : Si03  36,83,  Fe,03  36,83, 
S03  11,29,  P205  9,20,  Al203  11,29,  MgO  7,58,  ZnO  1,23,  H20*  18,98. 

Kommt  in  Zerklüftungen  des  tho.nig.en  Brauneisensteins  vor:  Böhmen , 
Baiern  ? 


17.  Wismuthblende. 

(Syn.  Kieselwismuth,  Arsenikwismuth.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Tetraeder.  Kryst.  meist 
sehr  klein , kugelig  oder  tropfsteinartig  gruppirt ; ein-  oder  auf- 
gewachsen. — Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = b;  sp.  G.  = 
5,96.  Halb  durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Im  Innern  Diamant- 
glanz.  Nelken-  und  röthlich-braun  in’s  Schwärzliche,  selten 
wachsgelb.  Strich : gelblich-grau, 

V.  d.  L.  auf  Kohle  schmelzbar  zur  braunen  Perle , mit  Soda 
reducirbar , die  Kohle  stark  grün  beschlagend ; in  Borax  zu 
gelblich-grünem  Glase  löslich.  Mit  Salzsäure  vollkommene  Gal- 
lerte bildend.  Ghlt.  nach  Kersten:  Bi203  69,38,  Si03  22,23, 
P205  3,31,  Fe203  2,40,  Mn02  0,30,  H2F2  + H20  1,31,  Verlustund 
H2F2  1,37.  Zuweilen  ist  etwas  P205  durch  As205  ersetzt.  — 
Formel : 6(Bi203.2Si03)4-[Bi203,  Fe203].P20s-+-BiFs 


232  Sordawalith. 

Finjlet  sich  mit  Quarz,  Wismuthocker,  gedie-en  Wismuth  : Sachsen 
(SchneclersJ. 

IS.  Sordawalith. 

Derb  , nierenförmig.  — Br.  muschelig.  II  = 5;  spröde ; sp.  — 2,58. 
Undurchsichtig.  Metallähnlicher  Glasglanz.  Pechschwarz  in’s  Graue  und 
Grüne.  Durch  Verwitterung  aussen  roth  werdend.  Strich:  leberbraun. 

V.  d.  L.  ohne  Aufschwellenzurschwarzen,  im  Pieductionsfeuer  aussen 
metallglünzenden,  Kugel  schmelzend.  In  Borax  zu  grünem  Glase  lösbar; 
im  Kolben  Wasser  gebend.  Bestdth.  nach  Norclensk. : SiO,  49,40,  A1,0.’ 
13,80,  FeO  18,17,  MgO  10,67,  P205  2,68,  H,0  4,38. 

(Aegirin  kommt  in  grossen,  der  Hornblende  ähnlichen  Kryst  auf 
einer  Insel  in  der  Nähe  von  Skansfjord  vor  und  enth.  P,09,  SiCh  , MnO 
und  FeO  ) 


GRUPPE  XVII.  SCHWEFELSÄURE  SALZE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  gehören  der  Mehrzahl  nach 
zum  ein-  und  einaxigen  und  zwei-  und  eingliedrigen  Krystall- 
systeme ; eine  Ausnahme  hiervon  machen  die  Schwefelsäuren 
Eisenoxyde  und  der  Alaunstein , welche  dem  drei-  und  einaxi- 
gen , der  Kupfervitriol  , welcher  dem  ein-  und  eingliedrigen  und 
der  Alaun , welcher  dem  regelmässigen  Systeme  angehören.  Die 
Zahl  der  Mineralien,  welche  noch  nicht  krystallisirt  gefunden  wur- 
den, ist  in  dieser  Gruppe  sehr  gering;  dahin  gehören  Mascaynin , 
Eisensinter , Cobaltj  itriol  und  Aluminit.  Ihr  Bruch  ist  im  Allge- 
meinen muschelig,  selten  in’s  Unebene  oder  Erdige  übergehend; 
der  Polyhalit  bricht  splittrig.  In  der  Härte  wechseln  die  Glie- 
der dieser  Gruppe  wenig;  sie  ritzen  sämmtlich  den  Talk  und 
werden  vom  Flussspath  geritzt , ausgenommen  der  Alaunstein , 
welcher  Apatitsvathh&rte  besitzt  und  der  Aluminit , welcher 
zerreiblich  ist;  ebenso  sind  alle  spröde,  ausgenommen  Glauber- 
salz und  Gyps , welche  milde  sind  und  letzterer  ist  in  dünnen 
Blättchen  elastisch  biegsam.  Die  Grenzen  des  spec.  Gew.  liegen 
im  Allgemeinen  bei  1,48  und  2,8,  doch  steigen  Schwer  spath , 
Coelestin  und  Polyhalit  von  3,0  bis  4,6  und  die  Bleivitriole 
selbst  bis  zu  6,5.  Vollkommen  Durchsichtige  findet  man  eben 
so  selten  als  Undurchsichtige , gewöhnlicher  sind  die  Mittelstufen 
in  mehrern  Modifikationen  und  namentlich  die  Durchscheinenden. 
Doppelte  Strahlenbrechung  zeigen  der  Barytspath , Coelestin - 
spath,  Gyps  spath  und  das  schwefel-kohlensaure  Bleioxyd. 
Perlmutter-  und  Glasglanz  sind  vorherrschend  und  gehen  häufig 
ineinander  über;  weniger  häufig  zeigen  sich  Uebergänge  zum 
Fett-,  Wachs-  und  Seidenglanz;  Bleivitriol  hat  zuweilen 
Diamantylanz.  Nur  schimmernde  oder  matte  sind  selten,  so 
wie  die  mcht-krystallinischen  Massen.  Die  weisse  Farbe  mit 


Glaubersalz. 


233 


ihren  Uebergängen  in’s  Graue,  Gelbe,  Rothe  und  Blaue  ist  am 
häufigsten ; stets  grün  sind  Eisenvitriol , Johannit  und  Bro- 
chantit ; heisch-  und  rosenroth  der  Polyhalit;  duiikel-hyacmth- 
roth  Boiryogen;  blau  in’s  Grüne  der  Kupfervitriol ; braun  der 
Eisensinter  und  gelb  das  basisch-schwe felsaure  Eisenoxyd. 
Das  Strichpulver  ist  in  der  Regel  weiss  oder  spielt  in’s  Röth- 
liche,  Gelbliche,  Grünliche  und  Bläuliche.  V.  d.  L.  sind  nur 
wenige  unschmelzbar  ( Alaunstein  , Aluminit) ; viele  reagiren 
nach  dem  Glühen  auf  Kohle  alcalisch,  fast  alle  bilden  mit  Soda 
geglüht  eine  Hepar.  Einige  lösen  sich  in  Wasser  , andere  in 
Säuren  ohne  Brausen  auf;  diese  Lösungen  werden  stets  von 
Barytsalzen  weiss  getrübt;  wenige  sind  in  Wasser  und  Säuren 
unlöslich  (Schwerspath , Coelestin). 


i.  Glaubersalz. 

(Syn.  Schwefelsaures  Natron,  Wundersalz,  prismatisches  Glaubersalz.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule.  (Durch  künstliche  Bereitung  erscheinen  mannigfache 
Modificationen.)  Kryst.  nadelförmig , spiessig  ; tropfsteinartig,  als 
krustenardger  Ueberzug  und  lose  erdige  Theile.  Text,  körnig. 
• — Br.  muschelig.  H.  = 1,5—2;  milde;  sp.  G.  — 1,48.  Durch- 
sichtig bis  undurchsichtig.  Glasglanz.  Wasserhell,  gelblich-  und 
graulich-weiss.  Geschmack:  kühlend,  dann  salzig  bitter. 

Y.  d.  L.  im  Kolben  schmelzend  im  Krystallwasser.  Nach  an- 
haltendem Glühen  auf  Kohle  alcalisch  reagirend.  In  Wasser  lös- 
bar, nicht  alcalisch  reagirend;  durch  Barytsalze,  nicht  durch 
Alcalien  und  Platinchlorid  fällbar.  Bestdth.  des  Glaubersalzes 
von  Mühlingen  nach  Frey:  NaO.SOß  44,44,  fl20  55,45,  MaCl2 
0,10.  — Formel:  Na0.S03-hlöII20. 

Findet  sich  in  Gypslagern  am  südlichen  Jura  im  Kanton  Aargau; 
auswitternd  aus  Gyps  und  Mergel:  Böhmen , Salzburg , Daupliinee  ; aus- 
bliiliend:  aus  der  Lava  des  Vesuvs  von  1813;  als  Bestandteil  mehrerer 
Quellen  und  Seen  : Böhmen  (Eger  3 SaidschiitzJ , Sibirien,  Asien  und 
Egypten. 

Das  Glaubersalz  dient,  ausser  seiner  Anwendung  als  Arzneimittel,  zur 
Bereitung  der  Soda  und  in  neuester  Zeit  zur  Darstellung  des  Spiegelglases. 
Selten  findet  es  sich  in  der  Natur  in  hinreichender  Menge  gebildet  und 
wird  meist  als  Nebenprodukt  chemischer  Fabriken  gewonnen.  In  Indien 
wird  es  in  bedeutender  Menge  von  den  Eingebornen  durch  Auslaugen 
einer  Erde  bereitet,  welche  sie  Khare  muttie  nennen.  Der  Boden,  wo 
sich  dieselbe  findet  (Anao , 10  Meilen  von  den  Ufern  des  Ganges)  ist 
flach,  und  von  tiefen  Furchen  durchschnitten.  Sie  findet  sich  in  Gestalt 
sehr  harter,  mit  Sand  gemengter  Massen  und  soll  50  p.  C.  Glaubersalz 
liefern,  welches  grösstentheils  den  Schaafen  gegeben  wird,  um  eine  fei- 
nere Wolle  zu  erzielen.  Vielleicht  ist  es  im  wasserfreien  Zustande  vor- 
handen und  gehört  zur  folgenden  Gattung. 


234 


Glauberit. 


2.  Thenardit. 

(Syn.  Wasserfreies  schwefelsaures  Natron.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  1)  gerade  rhombische 
Säule,  combinirt  mit  den  Flächen  eines  rhombischen  Octaeders; 
2)  rhombische  Octaeder.  Kryst.  und  kryst.  M.  — Vollkommen 
spaltbar  parallel  den  gerade  angesetzten  Endflächen , unvoll- 
kommen parallel  den  Seitenflächen.  Br.  muschelig.  Sp.  G.  = 
2,73.  Durchscheinend.  Glasglanz.  An  der  Luft  zieht  es  Wasser 
an  und  bedeckt  sich  mit  einem  erdigen  Ueberzug.  Weiss  in  s 
Röthliche.  Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  bei  starker  Hitze  schmelzend;  im  Kolben  wenig 
Wasser  gebend.  Im  Uebrigen  wie  Glaubersalz.  Bestdth.  nach 
Casaseca : NaO.SOs  09,78 , NaO.C02  0,22.  — Formel  : NaO. 
S03. 

Kommt  im  Steinsalzgebirge  unfern  Madrid , auf  dem  Boden  eines 
Bassins  vor,  in  welches  zur  Winterzeit  salzhaltiges  Wasser  dringt,  das  im 
Sommer  verdunstet  und  den  Thenardit  zurücklässt. 

Wird  in  der  Glasfabrik  von  Aranjuez  und  auch  zur  Sodabereitung 
benutzt. 

Reussin  kommt  in  nadelfürmigen  Krystallen,  auch  flockig  und  als 
Ueberzug  vor,  ist  gelblich-weiss  , glasglänzend,  wird  an  der  Luft  feucht 
und  zerfällt.  Er  besteht  nach  lieuss  aus:  NaO.SOa  66,04,  Mg0.S03 

31,35,  MgCL  2,19,  Ca0.S03  0,42  und  findet  sich  ausgewittert  in  Sümpfen : 
Böhmen  (SedlitzJ. 

Blödit  kommt  derb  von  zartfaseriger  bis  dichter  Textur  vor,  ist 
fleisch-  oder  ziegelroth,  schimmernd  oder  matt,  durchscheinend  oder  un- 
durchsichtig, an  der  Luft  verwitternd  und  enthält  nach  John : Na0.S03 
33,34,  MgO  S03  36,66,  MnO.SO,  0,33,  NaCl2  0,33,  H20  22,00.  Er  fin- 
det sich  auf  Polyhalit  in  Oberöstreich  ( lschelj . 

3 . Glauberit. 

(Syn.  Schwefelsaures  Kalk-Natron,  Brongniartin,  prismatisches  Brithynsalz.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  rhombische  Säule  mit  einer 
auf  die  scharfe  Seitenkante  aufgesetzten  vorderen  schiefen  Endfläche ; 
dieselbe  Form  mit  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten;  die  spitze  End- 
ecke abgestumpft  durch  eine  hintere  schief  angesetzte  Endfläche  u.  s.  w, 
Kryst.  einzeln  und  gruppirt ; einzelne  Flächen  gestreift,  Seitenflächen 
uneben.  — Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 2,5;  spröde;  sp.  G.  = 2,8. 
Durchsichtig.  Glasglanz.  Wasserhell,  blass  weingelb,  röthlich.  Strich: 
weiss.  Geschmack : schwach  salzig  zusammenziehend. 

V.  d.  L.  nach  anhaltendem  Glühen  auf  Kohle  alcalisch  reagirend , 
zerknisternd  und  zum  klaren  Glase  schmelzend.  In  der  Glasröhre  wenig 
Wasser  gebend.  Im  Wasser  zum  Theil,  in  grösserer  Menge  Salzsäure  voll- 
kommen ruhig  auflöslich.  Bestdth.  nach  Al.  Brongniart : CaO.$03  49, 
Na0.S03  51.  — Formel:  Na0,S03-f-Ca0.S03. 

Kommt  in  Steinsalzmassen,  begleitet  von  Thon  vor:  Spanien  ( Villa. - 
rubia)  , Oestreich  fAnsseeJ  , Lothringen  , Schweiz. 


Schwerspath.  235 

4.  Schwe felsaures  Kali. 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombische  Säule, 
combinirt  mit  den  Flächen  eines  Rhomboeders ; dieselbe  Form 
mit  abgestumpften  scharfen  und  stumpfen  Seitenkanten.  Kryst. 
nadelförmig ; kryst.  M. ; tropfsteinartig ; pulverig.  — Spaltbar 
parallel  den  Abstumpfungsflächen  der  stumpfen  Seitenkanten. 
Br.  muschelig  in’s  Unebene.  H.  = 2,5 — 3 : spröde ; sp.  G.  — 
1,73.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Glasglanz  zum  Fettglanze 
neigend.  WeissJn’s  Graue  und  Gelbe;  aussen  mitunter  bläulich 
oder  gelblich  gefärbt.  Strich : weiss.  Geschmack : salzig,  bitter. 

V.  d.  L.  decrepitirend , auf  der  Kohle  schmelzend.  Im  Kol- 
ben kein  Wasser  gebend.  In  Wasser  löslich.  Die  Auflösung  wird 
von  Platinchlorid  und  Barytsalzen  gefällt.  An  der  Luft  bestän- 
dig. Ghlt.  : KO  51,75 , S03  45,25.  — Formel : K0.S03. 

Erzeugt  sich  am  Vesuv  an  der  Krater-Mündung  und  in  Fumarolen. 

5.  Mascagnin. 

(Syn.  Schwefelsaures  Ammoniak.) 

Tropfsteinartig  und  als  erdiger  Beschlag.  — Br.  uneben. 
Durchscheinend.  Glasglanz.  Gelblichgrau,  aucl*  zitronengelb. 
Geschmack:  scharf,  bitterlich. 

V.  d.  L.  auf  der  Kohle  leicht  schmelzbar  und  unter  Schäu- 
men verdampfend.  In  der  Glasröhre  Wasser  gebend  und  subli- 
mirend.  In  Wasser  löslich  und  durch  Barytsalze  fällbar;  mit 
Kalilauge  Ammoniak  entwickelnd.  Ghlt.  nach  Berz.:  N2H622,6, 
S03  53,1,  H20  24,3.  — Formel:  N2H6.S03+2H20. 

Kommt  an  Vulkanen  vor:  Vesuv , Aetna;  aufgelöst:  in  den  Lagunen 
von  Siena;  ausgewittert  aus  der  Erdoberfläche:  Turin . 

6.  Schwerspath. 

(Syn.  Schwefelsaurer  Baryt,  prismatischer  Hai-Baryt,  Baryt.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  Endzuschärfungen , welche  auf  die  scharfen  Seiten- 
kanten aufgesetzt  sind;  hierzu  treten  auch  Endzuschärfungen , 
welche  auf  die  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetzt  sind  ; 2)  diese 
Formen  mit  abgestumpften  stumpfen  und  selten  auch  der  schar- 
fen Seitenkanten  ; 3)  rhombische  Säulen , combinirt  mit  den  Flä- 
chen eines  rhombischen  Octaeders  und  viele  andere  mehr  verwickelte 
Combinationen , die  nach  dem  kohlensauren  Kalk  hier  am  meisten 
Vorkommen.  Kryst.  immer  tafelartig;  kryst.  und  derbe  M.; 
Oberfläche  meist  glatt;  Kanten  und  Ecken  zuweilen  abgerundet. 
— Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Flächen,  welche  die  Zu- 
schärfung der  scharfen  und  die  Abstumpfung  der  stumpfen  Sei- 


236 


Schwerspath. 


teil  kanten  bilden.  Br.  unvollkommen  muschelig.  H.  = 3,0— 3,5 ; 
spröde ; sp.  G.  — 4,41 — 4,67 . Strich  : weiss.  Durch  Bestrah- 
lung und  Erwärmung  Phosphorescenz  erlangend.  Geglühte  Stücke 
leuchten  nach  einiger  Zeit  noch  im  Dunkeln. 

V.  d.  L.  beim  schnellen  Erhitzen  gewaltsam  decrepitirend , 
in  der  innern  Flamme  mit  gelb-grünlichem  Scheine  leuchtend , 
den  Glanz  einbüssend  und  schwierig  zu  einem  weissen  Email 
schmelzend  (3).  Mit  Soda  eine  Hepar  gehend.  In  Salzsäure 
und  Wasser  unauflöslich.  — Formel : BaO.SOs. 

A r t e n. 

/ ) B Ü Tlf  t Sp  ttth.  (Syn.  GemeinerSchwerspath,  Neusper,  Nesper.) 

Kryst.  selten,  schwach  gestreift,  oft  mit  einer  Rinde  von  klei- 
nem Quarz , Eisenkies-Krystallen  , Eisenocker  , Baryterde  beklei- 
det; auf-  und  durcheinander  gewachsen,  mannigfach  gruppirt; 
kryst,  M. ; schaiig-  (gerad-  und  krummsclialiger  Schwerspath ), 
Säulenartig-  (säuliger  Schwerspath,  Säulenspath) , stängelig- 
ahgesondert,  nadelförmig , zuweilen  bündelartig  gruppirt  (Stan- 
genspath),  kugelig,  nierenförmig,  derb ; Gefüge  blätterig.  Durch- 
sichtig bis  durchscheinend.  Strahlenbrechung  doppelt.  Zwischen 
Fett-  und  Glasglanz.  Weiss,  durch  Metalloxyde  mannigfach  ge- 
färbt, gelb,  rotli,  blau,  grau,  schwarz.  Bestdth.  nach  Strom.: 
BaO.SOs  99,37,  H30  0,06,  Fe203  0,05.  — W.  Nicol  fand  in 
einem  Barytspath-Krystalle  Höhlungen,  mit  einer  Flüssigkeit  ge- 
füllt, welche  beim  vorsichtigen  Oeifnen  der  Höhle  nach  24  Stun- 
den zu  Schwerspath  - Krystallcn  in  der  Grundform  gestanden. 
(Vergl.  Poggend.  Ann.  Bd.  13.  p.  510.) 

Kommt  auf  Gängen  in  Felsarten  der  verschiedensten  Zeiten  , vorzüg- 
lich aber  im  altern  Gebirge  vor,  begleitet  von  verschiedenen  andern  Mi- 
neralien und  zeigt  sich  ziemlich  allgemein  verbreitet:  Erzgebirge  ( Frei- 
berg, Joachimsthal) , Baden  ('Schriesheim , Badenweiterd,  am  Harz 
(Iberg , Clausthal)  , Böhmen , Ungarn  , Salzburg , Frankreich , Tyrol. 

(Der  Hepalit  ('Leberstein , Schwer- Leb  er  spalh)  ist  ein  inniges  Ge- 
menge von  Schwerspath  mit  bituminösen  Stoffen  und  entwickelt  beim  Rei- 
hen und  Schlagen  einen  hepatischen  Geruch.  Findet  sich  im  Alaun- 
schiefer: Schonen , Schweden , Derby shire,  — Aehren stein  ist  ein 
Gemenge  von  Barytspath  und  grauem  Thon.  Er  findet  sich  am  Harze 
(Osterode) .) 

2 ) Sir  ahliger  Bargt.  (Syn.  Strahlbaryt,  Bologneser  Stein.) 
Plattgedrückte  Stücke  mit  unebener  Aussenfläclie  und  strahlig- 
blättriger  Textur.  Durchscheinend.  Perlmutterglanz.  Asch-  und 
rauchgrau.  Bestdth.  nach  Ar  fr. : Ba0.S03  62,00  , Ca0.S03  6,00, 
Si03  16,00,  A1203  14,75,  Fe203  0,25. 

Findet  sich  am  Monte  di  Paderno  bei  Bologna ; ncsterweise  in  einer 
Mergel-Ablagerung  : Oberpfalz  (Arnberg). 

Wird  durch  Grubenbau  gewonnen. 


Coelestin. 


237 


3)  F'ttSGVtffGV  Btt  ry  f.  (Syn.  Faserbaryt , faseriger  Schwer- 
spath.) Kugelige,  traubige , nierenförmige , kuollige  Massen  mit 
auseinanderiaufend-faserigem  Gefüge.  A.  d.  K.  durchscheinend. 
Zwischen  Perlmutter-  und  Wachsglanz.  Weiss  in’s  Gelbe  und 
Braune.  Bestdth.  nach  Klapr. : Ba0.S03  99,00,  Fe203  1. 

Findet  sich  auf  Tlionschichten  mit  Eisenkiesel  und  Hornstein : Rhein- 
Baiern;  auf  Eisenerz-Gängen  im  Thonschiefer  : Chaud  Fontaine  bei 
Lüttich ; im  Kupferschiefergebirge : am  Spessart. 

4)  Körniger  Ba  Tyt.  (Syn.  Schuppig-körniger  oder  körni- 
ger Schwerspath.)  Derbe  Massen  von  körnigem  Gefüge.  Durch- 
scheinend. Perl  mutter  glanz.  Weiss  in’s  Graue,  Gelbe  und  Rothe. 
Bestdth.  nach  Klapr. : Ba0.S03  90,0 , Si03  10,0. 

Findet  sich  auf  Lagern:  Nassau  (Fei  IViesbadenJ,  Steiermark  t Ty - 
rol , Savoyen,  Irland , Sibirien . 

5)  Dichter  B aryt . (Syn.  Barytstein,  splittriger  Baryt  oder 
Schwerspath.)  Derbe,  selten  knollige  Massen;  dicht.  — Br.  un- 
eben in’s  Splittrige.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Schimmernd. 
Gelblich  und  graulichweiss  in’s  Blaue.  Bestdth.  nach  Jordan  : 
Ba0.S03  86,00,  Sr0.S03  6,75,  Si03  5,75. 

Findet  sich  auf  Gängen  und  Lagern:  Hessen  (Richelsdorf),  am  Harz 
(Rammeisberg) , Savoyen , Tyrol. 

6)  Erdiger  Ba  ryt.  (Syn.  Baryterde,  erdiger,  auch  mulmi- 
ger Schwerspath.)  Staubartige  lose,  oder  schwach  verbundene, 
schuppige  Theile ; als  Ueberzug  und  eingesprengt.  Undurchsich- 
tig. Matt.  Gelblich-  und  röthlich weiss.  Wenig  abfärbend. 

Kommt  als  Ausfüllung  von  Drusenräumen  auf Barytspath-Gängen vor: 
Hessen  (Bieber)  , iVestphalen  fKanstein) , Freiberg,  Baden  , Ungarn . 

Der  Barytspath  dient  vorzüglich  zur  Bereitung  der  übrigen  wichtigen 
Barytsalze;  auch  bedient  man  sich  des  feingemahlenen  zur  Verfälschung 
des  Bteiweisses,  des  gebrannten  und  zerstossenen  als  Streusand. 

7.  Coelestin . 

(Syn.  Schwefelsaurer  Strontian,  prismatoidischer  Hai-Baryt,  Schüzzit.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Ery  st  f.  gerade  rhombische 

Säule  mit  auf  die  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetzter  Endzu- 
schärfung und  mit  gerade  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten; 
zu  diesen  tritt  auch  eine  Endzuschärfung,  welche  auf  die  schar- 
fen Seitenkanten  aufgesetzt  ist ; die  rhombische  Säule  combinirt 
mit  den  Flächen  eines  rhombischen  Octaeders.  Kryst. ; krystal- 
linische  M. ; derb.  — Vollkommen  spaltbar  parallel  den  End- 
flächen und  den  Abstump  fungsfiächen  der  scharfen  Seitenkanten. 
Br.  unvollkommen  muschelig,  uneben.  H.  = 3—3,5;  spröde; 


238 


Coelestin. 


sp.  G.  = 3,95.  Strahlenbrechung  doppelt.  Strich : weiss.  Durch 
Erwärmen  phosphorescirend  und  polarisch  electrisch,  durch  Rei- 
bung -+*  electrisch  werdend.  Beim  Zerschlagen  oder  Zerreiben 
einen  schw  achen  Geruch  nach  Bitumen  entwickelnd. 

V.  d.  L.  zerknisternd , zu  einer  milchweissen  Kugel  schmel- 
zend (3).  Die  Flamme  purpurroth  färbend.  In  Borax  zu  kla- 
rem , nach  dem  Abkühlen  gelb  oder  braun  werdendem  Glase  lös- 
bar. Im  Uebrigen  wie  Schwerspath,  — Formel:  Sr0.S03. 

Arten. 

1)  Sp  äthiger  schw  e felsaurer  Strontian.  (Syn. 
Coelestinspath. ) Kryst.  glatt,  theils  nadelförmig,  einzeln  aufge- 
wachsen, zu  Drusen  und  Büscheln  verbunden;  kryst.  M.  mit 
theils  schaliger,  theils  blätterig-körniger  Textur.  After-Krystalle 
nach  Gypsformen.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Glas-  bis 
Perlmutterglänzeni.  Weiss  ins  Blaue,  Gelbe  und  Graue,  selten 
Röthliche.  Bestdth.  nach  Strom. : S1O.SO3  97,02 , Ba0.S03 
1,30,  Fe203  0,04,  Ca0.S03  0,74,  Ca0.C02  0,01,  H20  und  Bi- 
tumen 0,04. 

Findet  sich  in  Kalksteinen  verschiedenen  Alters , auch  in  Gyps  und 
Mergel,  begleitet  von  Schwefel  : SicLlien  (an  der  Südküste),  Schweiz 
(Aarau),  Hannover  (HörthenJ , England , Baltimore ; in  den  Blasenräu- 
men der  Mandelsteine  : Vicenza  ( Montechio  maggiorej  ; in  der  Braun- 
kohle von  Paris;  auf  Erzgängen:  Meissen , Salzburg. 

2)  Strahliger  schwefelsaurer  Strontian. 
(Syn.  Strahlcoelestin.)  Kryst.  M.  von  schmal-  und  geradstrahligem 
Gefüge.  Durchscheinend.  Zwischen  Glas-  und  Perlmutterglanz. 
Schnee-,  milch-  und  gelblichweiss.  Bestdth.  nach  Strom.:  SrO. 
S03  99,43,  Fe203  0,02,  H20  0,17. 

Im  Kalkstein  wie  die  vorige  Art:  Schweiz  ('Aaraujy  Hannover  (Nör^ 
thenj , Sicilien  , Spanien. 

3)  Faseriger  schwef  eisaurer  Str  ontian.  (Syn. 
Faseriger  SchÜzzit,  Faser-Coelestin.)  Kryst.  M.  mit  gleichlaufend 
faseriger  Textur.  Durchscheinend.  Perlmutterglanz.  Zwischen 
indigo-  und  smalteblau  in’s  Graue  und  Weisse.  Ghlt.  nach 
Strom.:  Sr0.S03  99,39,  H20  und  Bitumen  0,10, 

Findet  sich  auf  Adern  im  Mergel  des  Muschelkalks:  Jena  ( Dorn - 
burgj , Frankreich , England,  Spanien,  Pensylvanien. 

4)  Dichter  s chw  ef  eis  aur  er  S tr  ontian.  (Syn. 

Kalkhaltiger  schwefelsaurer  Strontian,  dichter  Schüzzit  und  Coelestin.) 

Derbe,  sphäroidische  M. , meist  aufgeborsten  und  rissig,  mit 
sehr  kleinen  Strontian-Krystallen  überdruset;  von  feinkörniger 
bis  dichter  Textur.  Gelblich  und  grünlichgrau  in’s  Gelbe  und 


Anhydrit  239 

Braune.  Ghlt.  nach  Vauq. : Sr0.S03  91,42,  Ca0.C02  8,33, 
Fe203  0,25. 

Kommt  in  Grobkalk-Gebilden  vor:  Paris  ( Montmartre) . 

Der  Schwefelsäure  Strontian  wird  wie  der  kohlensaure  zur  Darstellung 
der  Strontiansaize  behufs  der  Feuerwerkerei  benutzt. 


8.  Anhydrit. 

(Syn.  Schwefelsaurer  Kalt,  Phengit,  Karstenit,  wasserfreier  Gyps, 
Muriazit,  prismatisches  Gyps-Haloid ) 

Kryslstm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rectanguläre  Säule 
mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche;  diese  Form  comhinirtmit 
den  Flächen  einer  rhombischen  Säule  als  Abstumpfung  der  Sei- 
tenkanten ; die  rectanguläre  Säule  mit  abgestumpften  Ecken  durch 
die  übereinander  liegenden  Flächen  von  drei  Rhombenoctaedern. 
Kryst. ; kryst.  M. ; Oberfläche  glatt,  oder  parallel  den  Kanten 
gestreift.  — Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Flächen  der  rect- 
angulären  Säule  und  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  Br. 
unvollkommen  muschelig.  H.  =±=  3 — 3,5 ; spröde ; sp.  G.  = 2,7 — 2,8. 
Strich : graulichweiss.  Erwärmte  Bruchstücke  phosphoresciren 
schwach. 

V.  d.  L.  rasch  erhitzt  zerknisternd , in  starker  Hitze  zu 
weissem  Email  schmelzend  (3).  Nach  dem  Schmelzen  und  an- 
haltendem Erhitzen  auf  Kohle  alcalisch  reagirend.  In  Borax  zu 
klarem  Glase  löslich.  Im  Kolben  kein  Wasser  gebend.  In  viel 
Salzsäure  ruhig , in  Wasser  schwierig  lösbar.  — Formel : CaO. 
S03. 

Arten. 

1)  Anhy  dritspath.  (Syn.  Würfelspath.)  Kryst.  ein- , 
auch  zu  mehrern  an-  und  durcheinander  gewachsen  oder  drüsig 
verbunden;  kryst.  M.  mit  blättriger  Textur.  Halbdurchsichtig  bis 
durchscheinend.  Doppelte  Strahlenbrechung.  Zwischen  Glas-  und 
Perlmutterglanz.  Weiss  in’s  Graue,  Blaue  und  Röthliche,  selten 
fleischroth.  Ghlt.  nach  Vauq.:  SÖ3  60,  CaO  40. 

Findet  sich  Im  Steinsalz-  und  altern  Flützgypsgebirge  in  mächtigen 
Lagern  oder  einzelnen  Massen,  namentlich  im  Salzthon  mit  eingespreng- 
tem Steinsalz:  Salzburg  (Dürenberg) , Tyrol  (Hall),  Lüneberg,  Savoyen ; 
selten  auf  Erzgängen : Hessen  (Riechelsberg) , Ungarn  , am  Harz . 

2)  Strahliyer  Anhydrit.  (Syn  Blauer  und  Strahl- An- 
hydrit.) Derbe  M.  mit  strahliger  Textur  und  splittrigem  Bruche. 
Durchscheinend.  Perlmutterglanz , zuweilen  nur  schimmernd. 
Weiss  in’s  Graue,  smalteblau  und  röthlich.  Ghlt.  nach  IÜapr.: 
S03  57,  CaO  42,  Fe203  0,25,  H20  0,10. 

I 


240 


Gyps. 

Kommt  wie  Anbydritspath  und  mit  diesem  im  Steinsalz-Gehirge  ror: 
ITürtemberg  ( Sulz  am  Neckar ) , Harz  ( OsterodeJ , Braunschweig. 

3)  Körniger  Anhy  drii.  Derbe  M.  mit  kleinschuppi- 
ger und  körniger  Textur.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig. 
Zwischen  Perlmutter-  und  Wachsglanz.  Weiss  ins  Blaue,  Graue 
und  Rothe.  Ghlt.  nach  Rose:  S03  56,28,  CaO  41,48,  H,0  0,75. 

Kommt  wie  die  vorige  Art  vor:  IPiiriemberg,  Tyrol , Thüringen , 
Harz,  Hessen,  Polen. 


4)  Die  hier  Anhy  drit.  Derbe  M. ; dicht ; zuweilen  in 
darmförmig  - gewundenen  Lagen  von  gekrosartigein  Aussehen 
(Gehr össtein).  — Br.  uneben  in’s  Splittrige.  A.  d.  K.  durch- 
scheinend. Schimmernd  bis  matt.  Grau  in’s  Schwarze,  bräun- 
lich, röthlich. 

Bildet  ganze  Lagen  im  Salzthon  des  Steinsalzgebirges:  Salzburg t 
Tyrol,  Polen,  (bei  IVieliczka  der  Gekrösstein). 

Der  strahlige  Anhydrit  dient  wegen  seiner  schönen  blauen  Farbe  zu 
Verzierungen  in  der  Baukunst.  Er  ist  einer  schönen  Politur  fähig,  durch 
Einwirkung  der  Luft  verbleicht  aber  die  Farbe  und  das  Gestein  wird 
zersetzt. 

9.  Gyps. 

(Syn.  Wasserhaltiger  schwefelsaurer  Kalk,  prismatoidische8  Gyps-Haloid  ) 

Kryststm.  zw  ei-  und  eingliedrig.  Krystf.  rhombische  Säulen 
mit  vorherrschender  gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seiten- 
kanten  und  in  der  Endigung  mit  einem  augitartigen  Zuschär- 
ftmgsfiächenpaare ; diese  Form  zuweilen  mit  schwacher  Ab- 
stumpfung der  stumpfen  Seitenkanten  und  mehrere  andere  Com- 
binationen.  Zw  illinge  sehr  häufig.  Kryst. ; kryst.  M. ; Oberfläche 
gestreift,  uneben  oder  glatt.  — Spaltbar  parallel  den  Abstum- 
pfungsflächen  der  scharfen  Seitenbauten.  Br.  flachmuschelig, 
selten  wahrnehmbar.  H.  = 2 ; milde;  in  dünnen  Blättchen 
biegsam;  sp.  G.  = 2,26  — 2,32.  Glas-  bis  Perlmutterglanz. 
Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  in  der  Zange  knisternd , sich  blätternd , und  zu 
einem  weissen  Email  fliessend  (2,5—3).  Auf  Kohle  zerlegbar 
und  nach  dein  Glühen  alcalisch  reagirend.  In  der  Glasröhre 
Wasser  gebend  und  milchweiss  werdend.  In  460  Th.  Wasser 
löslich,  ßestdth.  nach  Bucliolz : S03  46,  CaO  33,  H20  21.  — 
Formel : Ca0.S03+2H20. 


Arte  n. 

I)  Gypsspath.  (Syn.  Blättriger  Gyps , Marien-  oder  Frauen- 
glas , Fraueneis ) Kryst.  fast  stets  tafelartig,  sehr  verlängert  in  der 


Gyps. 


241 


Richtung  der  Hauptaxe,  zuweilen  mit  convexen  Flächen , einzeln 
oder  zumehrern  gruppirt;  kryst.  M.  mit  blättriger  Textur,  oft  aus- 
einanderlaufend strahlig  (Strahlgyps,  Gypsrosen).  Durchsichtig 
mit  doppelter  Strahlenbrechung.  Zwischen  Glas-  und  Perlmutter^ 
glanz.  Wasserhell,  weiss  in’s  Graue,  gelb  in’s  Braune,  selten 
blau  oder  grün. 

Findet  sieh  am  häufigsten  im  Gyps-  und  Steinsalzgebirge:  Canton 
Waadt,  Baden , Nordhausen  , Osterode , Braunschweig , Hessen,  Sicilien, 
Paris , Spanien,  Sibirien ; ferner  in  der  Braunkohlenformation  des  Sieben- 
gebirgesAuf  Klüften  im  Porphyr:  im  Erzgebirge;  in  Drusenräumen  des 
Basalts:  in  alten  Gruben-Gebäuden,  als  ein  sehr  jugendliches  Erzeugnis  ^ 
als  Sand:  an  der  Meeresküste  von  Granada. 

2)  Faseriger  Gyps.  (Syn.  Fasergyps,  Fedenveiss,  Feder- 
gyps.)  Derbe  M.  mit  faserigem  Gefüge.  Durchscheinend.  Perl- 
mutterglanz. Weiss  in’s  Graue  und  Rothe. 

Ziemlich  verbreitet  auf  schmalen  Gängen  in  den  verschiedenen  Gyps- 
formationen,  im  Muschelkalk,  Keuper-Mergel:  Baden,  Heilbronn , Jena , 
Hessen , Tyrol. 

3)  Schaumgyps.  (Syn.  Schneegyps.)  Schuppige,  locker 
verbundene  Theile.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Perlmutterglanz. 
Schneeweiss  und  gelblichweiss. 

Kommt  im  Gypse  des  Zechsteins  vor : am  Harz  ( SteyerthalJ ; im 
Süsswassergyps  : Paris  ( ’MontmartreJ . 

4)  Körniger  Gyps.  (Syn.  Alabaster  z.  Th.)  Derbe  M,  mit 
grob-  und  feinkörniger  Textur.  Durchscheinend.  Perlmutterglanz. 
Weiss  in’s  Rothe,  Gelbe  und  Graue,  ziegelroth  , zuweilen  ge- 
fleckt oder  gestreift. 

Kommt  als  eigenthümliche  Felsart  aller  Perioden  vor : im  Canaria - 
Thale , Harz  , Thüringen  , Würtemberg , Paris . 

5)  Dichter  GypsJ  (Syn.  Alabaster  z.  Th.)  Dichte  M.  mit 
splittrigem  Bruch.  Durchscheinend.  Perlmutterglanz.  Weiss  in’s 
Graue,  Rothe,  Blaue  und  Schwärzliche. 

Kommt  wie  die  vorige  Art  vor:  Tyrol , Hessen , Harz. 

6)  Erdiger  Gyps.  (Syn.  Gypserde,  Mehlgyps , Himmelsmehl.) 
Staubartige,  lose  verbundene  Theile.  Undurchsichtig.  Schwach 
schimmernd.  Weiss  in’s  Gelbe  und  Graue.  Magrer  anzufühlen. 

Findet  sich  in  Höhlungen  der  Gypsberge  und  ist  entstanden  durch 
Auflösung  anderer  Gypsarten. 

Den  Gyps  benutzt  man  zur  Darstellung  des  Schwefel-Calciums  in  den 
Apotheken,  auch  noch  wohl  in  der  Thierarzneikunde ^ namentlich  das 
Marienglas,  den  Alabaster.  Der  gemahlene  rohe  und  gebrannte  Gyps  ist 
zur  Verbesserung  des  Bodens  dienlich.  Der  gebrannte  Gyps  wird  zu  Stuk- 

Geigers  Pharmacie.  11.  1.  (2 te  Aufl.)  16 


2 12 


Bittersalz. 


katurarbeiten  und  zu  Fussböden  (Estrich),  zu  Gypsmöitel  u.  s.  \v.  ge- 
braucht, welches  aufseine  Eigenschaft,  mit  Wasser  zu  erhärten,  beruht. 
(Ueber  die  Erhärtung  des  nicht  gebrannten  Gypses  mit  den  Auflösungen 
verschiedener  Kalisalze  vergl.  Ann.  der  Pharm.  Bd.  VII.  p.  346)  Auch 
gebraucht  man  ihn  als  Zusatz  beim  Reaumurschen  Porzellan  und  als 
Grundmassen  der  Pastellfarben.  Der  Gypsspath  dient  als  Fensterglas, 
der  Alabaster  zu  Vasen,  Statuen,  allerlei  Verzierungen  und  Gerüth- 
schaften. 

10.  Bittersalz. 

(Syn.  Schwefelsäure  Talkerde,  prismatisches  Bittersalz,  Haarsalz  z.  Th., 

Epsomer  Salz.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten  und 
als  Endzuschärfung  die  Flächen  eines  Rhomben-Octaeders.  Voll- 
kommen ausgebildet  bis  jetzt  nur  als  chemisches  Präparat  be- 
kannt. Rryst.  zart , haarförmig , oft  von  bedeutender  Länge ; 
zu  Büscheln  und  Flocken  verbunden;  wollige,  kryst.  M.  von 
stängeliger , körniger  und  faseriger  Absonderung  ; traubig,  tropf- 
steinartig, krustenartig,  als  mehliger  Beschlag.  — Spaltbar  pa- 
rallel den  Abstumpfungsflächen  der  Seitenkanten.  Br.  muschelig. 
H.  = 2 — 2,5 ; wenig  spröde ; sp.  G.  = 1,75.  Durchsichtig  bis 
durchscheinend.  Glas-  und  Perlmutter  glanz.  Weiss  in’s  Graue, 
Grüne,  Gelbe  und  Rothe.  Geschmack:  salzig  bitter. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  schmelzend  zu  einer  weissen  Masse,  die 
bei  längerer  Erhitzung  wasserfrei  und  unschmelzbar  wird,  weiss 
leuchtet  und  schwach  alcalisch  reagirt.  Im  Kolben  viel  Wasser 
gebend.  Im  Wasser  leicht  auflöslich.  Die  Lösung  ist  neutral  und 
wird  von  kohlensauren  Alcaiien  und  Barytsalzen  gefällt.  Ghlt. 
eines  sehr  reinen  aus  Arragonien  nach  Strom.:  SO3  31,89, 
MgO  16,49,  H20  51,20.  Oft  ist  es  metallhaltig;  das  von  Idria 
enth.  FeÖ;  das  von  Neusohl  in  Ungarn:  CoO,  CuO,  MnO,  FeO. 
— Formel : Mg0.S03  + 7H20. 

Findet  sich  ausblühend  an  Gesteinwänden,  als  Ueberzug  auf  Felsen- 
spalten, in  Höhlen,  auf  dem  Boden  oft  in  grosser  Menge  nach  Regen- 
güssen: Steppen  Sibiriens,  Spanien Jena  CTeufelslöcher) t am  Harz , Böh- 
men, Idria , Ungarn;  in  Mineralwässern  gelöst:  Saidschiilz |,  Eger  t 
Epsom. 

Iin  östlichen  Theile  der  Capcolonie  in  Südafrica  entdeckte  Hertzog 
neuerdings  in  einer  Höhle  ein  Bittersalz  in  einer  l Zoll  dicken  Lage  , 
das  7,66  p.  G.  Schwefels.  Manganoxydul  enthielt  Es  liegt  auf  einem 
Quarzfels  und  wird  durch  eine  l/2  Fuss  hohe  l äge  eines  Magnesia-Mangan- 
Alauns  gedeckt.  Dieses  Bittersalz  ist  theils  dünn-,  tlieils  dickstängelig 
abgesondert  und  oft  ist  eine  Anlage  zur  vierseitigen  prismatischen  Kry- 
stallisation  wahrzunehmen.  Die  stärkeren  Stücke  des  Salzes  sind  voll- 
kommen spaltbar.  Br.  muschelig.  Spröde.  Halbdurchsichtig  bis  durch- 
scheinend. Glasglänzend.  Weiss.  Ghlt  nach  Strom.:  MgO  14,57,  MnO 
3,61,  S03  32,25,  H20 49,21.  — Formel:  7(Mg0.S03)-f Mn0.S03-f-7H20. 


Eisenvitriol. 


2X3 


11.  Polyhalit. 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krysif.  gerade  rhombische  Säule.  Kryst. 
ausserordentlich  klein.  Derbe  M.  von  stängeliger  und  blättriger  Textur. 
— Br.  splittrig  in’s  Unebene.  H.  =:  2,5 ; spröde;  sp.  G.  = 3,7.  Durch- 
scheinend. Perlmutterglanz.  Blass  fleischroth  in’s  Gelbe,  Strich  : röthlich- 
weiss.  Geschmack  : schwach  salzig  bitter. 

Schon  in  der  Flamme  des  Kerzenlichts  zu  einer  bräunlich-rothen 
Perle  schmelzbar  (1,3).  Im  Kolben  wenig  Wasser  gebend.  Im  Wasser 
theilweise  löslich.  Die  Auflösung  wird  von  Platinchlorid,  kohlensauren 
Alcalien  und  Barytsalzen  gefällt.  Ghlt.  nach  Strom.  : MgO.S03  20,03, 
CaO.S03  44,74,  K0.S03  27,63,  H20  5,93.  — Formel:  K0.S03-}-Mg0. 
S03-f  2(Ca0.S03)-f-2H20, 

Im  Steinsalz-Gebirge,  begleitet  von  Gyps  und  Anhydrit:  Oestreich 
(Ischel),  Baiern  , Steiermark , Lothringen. 

12.  Zinkvitriol . 

(Syn.  Schwefelsaures  Zinkoxyd , prismatisches  Yitriolsalz  , weisser  Vitriol, 
Gallizenstein,  Bergbutter  z.  Th.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig“.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten  und 
in  der  Endigung  die  Flächen  eines  Rhomben-Octaeders.  Deutli- 
che Kryst.  selten,  meist  haar-  und  nadelförmig  und  durchein- 
ander gewachsen.  Tropfsteinartige,  nierenförmige  M. ; derb; 
Text,  strahlig  in’s  Faserige ; als  Ueberzug  und  mehliger  Be- 
schlag. — Spaltbar  parallel  den  Abstumpfungsflächen.  Br.  mu- 
schelig. H.  — 2 — 2,5;  sp.  Gr.  - 2,0.  Halb  durchsichtig  bis 
undurchsichtig.  Glasglanz.  Graulich-  und  gelblichweiss  in’s  Röth- 
liche.  Strich  : weiss.  An  der  Luft  etwas  verwitternd.  Geschmack : 
zusammenziehend. 

V.  d.  L.  aufblähend , die  Kohle  weiss  beschlagend  und  eine 
unschmelzbare  weisse  Masse  hinterlassend , die  mit  Cobaltlösung 
befeuchtet  und  geglüht  eine  grüne  Farbe  annimmt.  Mit  Soda 
eine  Hepar  bildend.  In  der  Glasröhre  Wasser  gebend.  Im  Wasser 
auflöslich.  Die  Auflösung  giebt  mit  Ammoniak  einen  Niederschlag, 
der  im  Ueberschuss  des  Fällungsmittels  löslich  ist.  Ghlt.  des 
Rammeisberger  nach  Klapr. : S03  20,0,  ZnO  27,5,  H20  50,0, 
MnO  0,5.  — Formel : Zn0.S03-*-7H20. 

Kommt  als  secundäres  Gebilde,  namentlich  durch  Zersetzung  der 
Blende  entstanden,  in  alten  Gruben-Gebäuden , in  Höhlungen  und  auf 
Klüften  vor:  Harz , Ungarn  t Schweden , Cornwall , Spanien. 

13.  Eisenvitriol. 

(Syn.  Schwefelsaures  Eisenoxydul,  grüner  Eisen-Vitriol,  grüner  Vitriol, 
hemiprismatisches  Vitriolsalz.) 

Kryststm . zwei-  und  eingliedrig.  Krysif.  rhombische  Säulen 


244 


Neutrales  schwefelsaures  Eisenoxyd. 


mit  der  schiefen  Endfläche;  diese  Form  zugleich  mit  einer  hintern 
schief  angesetzten  Endfläche;  die  primitive  Säule  mit  abge- 
stumpften stumpfen  Seitenkanten  und  einer  augitartigen  Zuschär- 
fung als  Abstumpfung  der  stumpfen  Randkanten  u.  s.  w.  Rryst. 
kurz,  säulenartig,  haarförmig,  zu  Büscheln  und  Sternen  grup- 
pirt;  tropfsteinartige , traubige,  nierenfönnige  Gestalten;  derb, 
als  kru sten artiger  Ueberzug,  mehliger  und  erdiger  Beschlag.  — 
Spaltbar  nach  den  schiefen  Endflächen;  unvollkommen  parallel 
den  Seitenflächen  der  Säule.  ^ — Br.  muschelig.  H.  ■=  2 ; sp.  G. 

1,9.  Kalbdurchsichtig  bis  durchscheinend.  Glas-,  auch  Fett- 
glänzend.  Grün,  an  der  Luft  sich  gelb  beschlagend.  Strich: 
grüniich-weiss.  Geschmack:  sehr  zusammenziehend. 

V.  d.  L.  sich  stark  auf  blähend,  in  der  Pincette  oder  auf  der 
Kohle  in  der  innern  Flamme  zur  schwarzen  magnetischen 
Schlacke  schmelzend.  Im  Kolben  Wasser  und  schwefligte  Säure 
gebend  und  bräunlich- roth  werdend.  Leicht  und  vollkommen 
auflöslich  in  Wasser ; die  Auflösung  wird  von  Barytsalzen  weiss, 
von  Ammoniak  grünlich  gefällt.  Ghlt.  nach  Berz. : SO3  28,8 , 
FeO  25,7,  H20  45,4.  — Formel:  Fe0.S034-6H20. 

Findet  sich  auf  alten  Gruben-Gebäuden  (als  sogenannter  Kupfer- 
rauch), auf  Klüften  und  in  Höhlungen  und  ist  ein  secundäres  Erzeug- 
nis, entstanden  durch  Zersetzung  von  Eisenkiesen:  am  Harz  (Bammels- 
berg) , Baiern  (BodenmaisJ , Tyrol,  England , Schottland,  Spanien.  — 
Kommt  auch  aufgelöst  in  vielen  Grubenwässern  vor.  Wo  er  in  grösserer 
Menge  vorkommt,  reinigt  man  ihn  zum  Behufe  des  pharmaceutischen  und 
technischen  Gebrauches. 

14.  Botryogen. 

(Syn.  Roth  er  Eisenvitriol , rother  Vitriol.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombi- 
sche Säule  mit  zugeschärften  oder  abgestumpften  scharfen  Sei- 
tenkanten und  augitartigen  Endzuschärfungen.  Kryst.  klein , 
meist  unvollkommen  ausgebildet,  zu  Nieren  und  Trauben  grup- 
pirt.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  der  Säule.  Br.  musche- 
lig. H.  — 2,5:  sp.  G.  = 2,03.  Durchscheinend.  Glasglanz. 
Dunkel-hyacinthroth  ins  Gelbe.  Geschmack:  schwach  zusammen- 
ziehend. In  feuchter  Luft  sich  gelb  beschlagend. 

V.  d.  L.  wie  die  vorige  Gttg.  In  Wasser  langsam  lösbar 
mit  Hinterlassung  eines  gelben  Pulvers.  — Formel : 3Fe0.2S03 
^3(Fe203.2S03)-+-36H20.  Enth.  nach  Berz.  als  fremdartige 
Beimischungen : Mg0.S03  17—26  und  Ca0.S03  2 — 6 p.  C. 

Findet  sich  als  Ueberzug  lauf  Gyps  und  Eisenkies  zu  f'alilun  in 
Schweden > 

15.  Neutrales  schwefelsaures  Eisenoxyd. 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Combination  der 


Eisensiuter. 


245 


regelmässigen  sechsseitigen  Säule  mit  dem  Hexagondodecaöder 
und  der  gerade  angesetzten  Endfläche;  ferner  Anden  sich  auch 
Abstumpfungen  der  Seitenkanten  der  Säule  und  der  Endkanteh 
des  Hexagondodecaeders.  Kryst. ; kryst.  M.  von  feinkörnigem 
Gefüge;  auf  der  Oberfläche  mit  basischen  Eisenoxydsalzen  be- 
deckt. Weiss  in’s  Gelbliche. 

Bestdth.  nach  H.Rose:  S03  43,55,  Fe203  24,11,  H-,0  31,06 
mit  Spuren  von  A1,03,  CaO,  MgO , Si03.  — Formel:  Fe,03. 
3S03h-9H20. 

Findet  sich  als  Lager  in  einem  grünem  feklspathartigem  Gesteine  in 
Chile  (Provinz  Coquimho)  und  ist  wahrscheinlich  durch  Oxydation  von 
Schwefelkies  entstanden. 


16.  Basisches  schwefelsaures  Eisenoxyd. 

Krystslm.  drei-  und  einaxig  ? Krystf.  sechsseitige  Säulen. 
Kryst.  tafelartig ; krustenartiger  Ueberzug , körnig.  — Spaltbar 
parallel  den  Endflächen.  Durchscheinend.  Perlmutterglanz.  Gelb. 

Ghlt.  nach  E.  Ptose : S03  39,60,  Fe203  26,11,  I120  29,67, 
äE03  1,95,  MgO  2,64,  Si03  1,37.  — Formel:  2Fe,03.3S03+- 
ISHoO. 

Findet  sich  mit  dem  vorigen  und  überzieht  dasselbe  krustenartig. 

A n h a li  g.  Ein  anderes  basisch-schwefelsaures  Eisenoxyd  , 
welches  kugelige  Ueberzüge,  aus  kurzfaserigen , excentrisch  zu- 
sammengehäuften Individuen  bestehend , bildet,  hat  seidenartigen 
Glanz  und  ist  gelblich-grün.  Es  enthält  nach  H.  Kose:  S03  31,73, 
Fe203  28,11,  H20  36,56,  CaO  1,91,  MgO  0,59,  Si03  1,43  und 
daher  die  Formel:  2(Fe203.2S03)-*-21H20. 

Findet  sich  mit  den  vorigen  in  geringerer  Menge  in  Chile  und  ist 
ebenfalls  ein  secundäres  Erzeugniss. 


17.  Eisensinter  i 

(Syn.  Basisch-schwefelsaures  und  arseniksaures  Eisenoxyd,  Eisen- 
Pecherz  z.  Th.,  Pittizit.) 

Derbe,  tropfsteinartige  und  nierenförmige  M. , auch  als  Ueberzug. — 
Br.  muschelig.  H.  = 2,5;  sp.  G.  =.  2,4.  Halbdurchsichtig  bis  a.  d.  K. 
durchscheinend.  Zwischen  Fett-  und  Glasglanz.  Gelblich-,  röthlich-, 
schwärzlich-braun,  die  Farben  meist  in  Flecken  wechselnd.  Strich: 
gelblichweiss  , zitronengelb. 

Y.  d.  L.  zur  schwarzen  magnetischen  Kugel  schmelzend,  Arsenik- 
dämpfe entwickelnd.  Im  Kolben  viel  Wasser  gebend.  Im  Wasser  roth 
durchsichtig,  glasglänzend  werdend  und  zerfallend.  Das  Pulver  wird  mi 
Kalilauge  schnell  röthlich-braun  gefärbt.  Ghlt  nach  Strom  : S03  10,04, 
As,05  26,06,  Fe,03  33,10,  H,0  29,26,  Mn203  0,64. 


246 


Brochantit. 


Findet  sich  auf  Gangräumen  alter  Gruhengebäude  : Sachsen  (Fiel- 
lerg  und  Schneeberg) ; auf  Steinkolilen-Lagern  : in  Schlesien. 

18.  Kupfervitriol. 

(Syn.  Schwefelsaures  Kupferoxyd,  blauer  Vitriol,  tetartoprismatisches 

Vitriolsalz.) 

Kryststm.  ein-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhomboi- 
dische  Säule.  Tropfsteinartig,  zellig,  zahnig,  als  Ueberzug  und 
Anflug , derb  , eingesprengt.  — Vollkommen  spaltbar  parallel 
den  Seitenflächen.  Br.  muschelig.  H.  = 2,5;  sp.  G.  = 2,19. 
Halbdurchsichtig  bis  durchscheinend.  Gla^glanz.  Berliner-  und 
himmelblau  ins  Spangrüne.  Strich  : bläulich-weiss.  Geschmack: 
stark  zusammenziehend  , widerlich. 

V.  d.  L.  mit  Salzsäure  befeuchtet  die  Flamme  grün  fär- 
bend, sich  aufblähend,  weiss  werdend,  dann  schmelzend  und 
sich  mit  Geräusch  zu  einem  Kupferkorn  reducirend.  Mit  Soda 
eine  Hepar  bildend.  Im  Kolben  Wasser  gebend.  Im  Wasser  auf- 
löslich ; die  Auflösung  wird  durch  Ammoniak  lasurblau  gefärbt 
und  mit  Barytsalzen  weiss  gefällt.  Ghlt.  nach  Berz. : SO3  31,57, 
CuO  32,13,  H20  36,30.  — Formel:  Cu0.S03+5H20. 

Findet  sich  in  Höhlungen,  Kluften  und  alten  Grubenbauen  als  se- 
cundäres  Erzeugniss , entstanden  durch  Zersetzung  von  Kupferkies:  am 
Harz  fRanimelsbergJ , im  Siegen  sehen , Ungarn  ('Herrengrund) , Tyrol , 
Spanien , Chile  (hier  krystallisirt  mit  schwefelsaurem  Eisenoxyde);  auch 
aufgelöst  in  manchen  Grubenwässern  ('CämentwasserJ  : in  Ungarn,  Cornwall. 

Ehemals  bezog  man  den  Kupfervitriol  aus  spanischen  Bergwerken  ; 
der  jetzt  im  Handel  befindliche  wird  aber  meist  aus  Kupferkies  künstlich 
bereitet. 

( Königin  ist  ein  sehwefelsaures  Kupfer  in  dicht  zusammengehäuften, 
kleinen , aber  langen  rhombischen  Säulen  von  smaragd-  und  schwärzlich- 
grüner Farbe.  Seine  H.  = 2*  Es  ist  matt,  hat  auf  den  Spaltungsflächen 
Glasglanz  und  kommt  auf  sogenanntem  eisenschüssigem  Kupferoxyd  in 
Sibirien  vor.) 

19.  Brochantit. 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule  mit 
Abstumpfung  der  stumpfen  Seitenkanten;  die  auf  die  stumpfen  und 
scharfen  Seitenkanten  aufgesetzten  Zuschärfungsflächen  haben  verschiedene 
Neigung.  Kryst.  klein,  glatt,  aufgewachsen.  — Unvollkommen  spaltbar. 
H.  = 3,5;  sp.  G.  = 3,8.  Durchsichtig.  Glasglanz.  Smaragdgrün. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  schmelzend  und  zum  Kupferkorn  reducirbar. 
Mit  Soda  eine  Hepar  bildend.  Im  Kolben  Wasser  gebend.  Auflöslich  in 
Salpetersäure;  die  Lösung  wird  durch  salzsauren  Baryt  gefällt.  In  Wasser 
unauflöslich.  Bestdth.  nach  Magnus:  S03  17,42,  CuO  66,93,  Sn02  3,l4, 
TbO  1,04,  H*0  11,91.  — Formel:  3Cu0.S03-f 3H20. 

Findet  sidh  mit  Malachit  und  Bothkupfererz  in  Sibirien ; auf  Blei— 
glanz  mit  Kupfererzen:  Ungarn ■ 


Blei  vilriol. 


217 


(Ein  anderes  basisch-schwefelsaures  Kupferoxyd  hat  man  kürzlich  in 
Mexico  in  einem  weissen,  kleinkörnigen  Sandstein  mit  rothem , blättri- 
gem Kupferoxydul  in  grossen  Massen  gefunden,  welches  nach  Berthier 
enth.:  S03  17,07,  CuO  67,90  , H20  0,15  und  die  Formel:  4Cu0.S03-f- 
4H,0.  Vergi.  Ann.  d.  Ph.  Bd.  Y.  p,  310.) 

20.  Cobaltvitriol. 

(Syn.  Drittel-schwefelsaures  Cobaltoxyd.) 

; . 

Tropfsteinartig,  zackig,  derb;  als  Ueberzug  und  dünner  Anflug.  — 
Br.  erdig , zerreiblich.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig.  Matt  bis 
seidenglänzend.  Fleisch-  und  rosenroth.  Strich:  röthlich-weiss.  Ge- 
schmack : zusammenziehend. 

Y.  d.  L.  mit  Borax  zu  blauem  Glase  schmelzend.  Im  Kolben  erst 
Wasser,  dann  schweflichte  Säure  entwickelnd.  Im  Wasser  löslich.  Ghlt. 
nach  Kopp  : S03  19,74,  CoO  38,71,  II20  41,55.  — Formel:  3CoO.S03-{- 
8H20. 

Findet  sich  durch  Zersetzung  geschwefelten  Cobalts  entstanden  in 
alten  Gruben:  Hessen  fBieberJ. 

21.  Bleivitriol. 

(Syn.  Schwefelsaures  Bleioxyd,  YitrioKBleierz , prismatischer  Bleibaryt, 

Bleisulphat.) 

Kryststm.  ein-  und  eiriaxig.  Krystf.  rhombische  Säulen 
mit  auf  die  scharfen  Seitenkanten  aufgesetzter  Endzuschärfung ; 
diese  Form  mit  abgestumpften  scharfen  und  stumpfen  Seiten- 
kanten ; Combination  der  Säule  mit  dem  spitzen  rhombischen 
Öctaeder , der  ersten  Endzuschärfung  und  der  Abstumpfung  der 
scharfen  Seitenkanten ; dieselbe  Form  combinirt  mit  den  Flächen 
eines  oder  mehrerer  stumpfen  Öctaeder,  welche  über  die  Flächen 
der  letzten  liegen.  Kryst.  oft  der  Länge  nach  gestreift,  säulen- 
förmig oder  tafelartig , glatt  oder  mit  einem  dünnen  Anfluge  von 
Brauneisenocker;  einzeln  aufgewachsen  oder  zu  Drusen  verbun- 
den. Kryst.  M. , zerfressen,  eingesprengt.  — Unvollkommen 
'{spaltbar.  Br.  muschelig  bis  uneben.  H.  = 3;  spröde;  sp.  G. 
= 6,2 — 6,4.  Durchsichtig  bis  durchscheinend.  Stark  diamant-  bis 
fettglänzend.  Weiss  in’s  Graue  und  Gelbe ; häufig  durcii  Kupfer- 
oxyd grün  oder  blau  gefärbt.  Strich : graulichweiss. 

V.  d.  L.  decrepitirend ; auf  Kohle  in  der  äussern  Flamme 
zur  klaren  Perle  fliessend , die  beim  Erkalten  milchweiss  wird , 
in  der  innern  unter  Brausen  reducirbar.  Mit  Soda  eine  Hepar 
gebend.  In  Salpetersäure  schwierig  lösbar.  Ghlt.  nach  Strom.: 
S03  26,09,  PbO  72,46,  H20  0,12,  Fe203  0,08,  Mn02  0,06,  Si03 
0,50.  — Formel : PbO.S(>3. 

Ein  Erzeugniss  der  Gänge,  aus  Bleiglanz  entstanden,  in  Granit, 
Thonschiefer,  Grauwacke:  Baden  ( Bade nwe Her ) , Westerwald  ( MüsenJ , 
am  Harz  (ZellerfeldJ ^ Schottland,  Cornwall , Sibirien , Spanien. 


218  Schwefel-kohlensaures  Bleioxyd. 

Wird,  wo  er  in  Menge  vorkoimnt,  mit  andern  Bleierzen  auf  Blei 
benutzt. 

Anhang. 

Kupfer-Blei- Vitriol.  (Syn.  Diagonaler  Blei-Baryt.)  Kryststm. 
zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  rhombische  Säule  mit  der  scharfen  End- 
fläche und  abgestumpften  scharfen  und  stumpfen  Grundkanten.  — H.  ~ 
3 ; sp.  G.  = 5,43.  Schwach  durchscheinend.  Diamantglanz.  Dunkel-lasur- 
blau. Strich:  blassblau.  Ghlt.  nach  Biooke:  PbO.Sü3  75,4,  CuO  18,0, 
HaO  4,7.  — Formel:  Pb0.S03-f-Cu0.2H20. 

Kommt  in  Begleitung  von  Weiss-Bleierz  vor  : in  Schottland  und 

Spanien. 

22,  Schwefel-kohlensaures  Bleioxyd , 

(Syn.  Schwefelsaures  und  kohlensaures  Bleioxyd,  rhombocdrisches 
schwefel-kohlensaures  Blei,  axotomer  Bleibaryt , 
rhombocdrisches  Bleicarbonat.) 

Kryststm . zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  rhombische  Säulen  mit 
stark  abgestumpften  stumpfen  Seitenkanten  und  einer  auf  diese  Abstum- 
pfungsflächen aufgesetzten  wenig  schiefen  Endfläche.  Kryst.  meist  tafelartig, 
mit  gekrümmten,  unebenen  Flächen,  einzelne  Flächen  glatt  und  eben  ; 
einzeln  auf-  oder  zusammengewachsen.  Kryst.  M.  mit  blätteriger  Textur. 
— Br.  muschelig.  H.  = 2,5;  sp.  G.  = 6,5.  Halbdurchsichtig  mit  dop- 
pelter Strahlenbrechung , bis  durchscheinend.  Fett-  bis  Perlmutterglanz. 
Gelblichweiss  in’s  Graue  und  Grüne.  Strich  : weiss. 

V.  d.  L.  anschwellend  und  sich  gelb  färbend,  nach  dem  Abkühlen 
wieder  weiss  werdend,  zum  Bleikorn  reducirbar.  Mit  Soda  eine  Hepar 
gebend.  In  Salpetersäure  theilweise  mit  Brausen  lösbar.  Ghlt.  nach 
Brooke:  PbO.SCX,  27,5,  PbO.CO*  72,5.  — Formel:  Pb0.S03-f3(Pb0.C02). 

Anhang. 

1)  Prismatisches  schwefel-kohlensaures  Blei.  (Syn. 
Kohlen-schwefelsaures  Bleioxyd,  prismatischer  Bleibaryt.)  Kryststm  zwei- 
und  eingliedrig  Krystf.  rhombische  Säulen  mit  einer  augitartigen  Zu- 
schärfung. Kryst.  meist  sehr  klein  und  undeutlich.  H.  = 2;  sp.  G.  = 
6,8  Durchscheinend.  Diamantglanz.  Graulichweiss  in’s  Graue  und  Blaue. 
Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  schmelzend  zur  weissen  Kugel,  die  metallische  Bleitheile 
enthält.  Im  Uebrigen  wie  die  vorige  Gattung.  Ghlt.  nach  Brooke:  PbO. 
S03  53,1,  PbO.C02  46,9.  — Formel:  PbO.S03-f  PbO.CO*. 

Kommt  mit  Weiss-Bleierz  vor : in  Schottland. 

2)  Kupferhaltiges  schwefel-kohlensaures  Bleioxyd. 
(Syn.  Kupferhaltiges  Blei-Sulphato-Carbonat.)  Kryststm.  ein-  und  ein- 
axig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule,  in  der  Endigung  mit  einer  auf 
die  breiten  Seitenflächen  aufgesetzten  Zuschärfung.  — Br.  uneben.  H.  =r 
3;  sp.  G.  — 6,4.  Durchscheinend.  Wachsglänzend.  Dunkel  grasgrün  in’s 
Blaue. 

Bestdth.  nach  Brooke:  PbO.CO.,  32,8,  PbO.S03  55.8,  CuO.CO,  11,4. 

Findet  sich  mit  den  beiden  vorigen  in  Schottland  ( LeadhillsJ . 


Alaun. 


249 


23.  Alaun. 

(Sy n.  Seliwefelsaures  Thonerde-Kali,  octaedrisches  Alaunsalz.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  regelmässiges  Octaeder ; 
2)  Würfel;  3)  Combinationen  dieser  beiden  Formen;  4)  Combi- 
nationen  des  Würfels , Octaeders  und  Dodecaeders.  Zwillinge 
mit  gemeinscliaftlichen  Octaederflächen.  Kryst.  vollkommen  aus- 
gebildet , doch  oft  mit  treppenförmig  eingefallenen  Flächen ; 
haarförmig ; kryst.  M.  ; stängelig  abgesondert  oder  von  faseriger 
Textur  (Federsalz,  Federalaun) , tropfsteinartig,  auch  als 
erdiger  Beschlag.  — Nach  den  Flächen  des  Octaeders  vollkom- 
men spaltbar.  Br.  muschelig.  H.  = 2 — 2,5 ; wenig  spröde ; sp. 
G.  — 1,7.  Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Glasglanz.  Graulich- 
und  gelblichweiss.  Geschmack:  süsslich  herbe. 

V.  d.  L.  anfangs  schmelzend , später  anschwellend  zu  einer 
weissen  unschmelzbaren  Masse,  welche  mit  Cobaltlösung  befeuch- 
tet und  geglüht  eine  schöne  blaue  Farbe  annimmt.  Im  Kolben 
Wasser  gebend.  Mit  Soda  geglüht  eine  Hepar  bildend.  Im  Was- 
ser auflöslich ; in  der  Auflösung  bildet  Aetzammon  einen  im 
Ueberschuss  des  Fällungsmittels  unlöslichen  Niederschlag.  Ghlt. 
nach  Gmelin : S03  33,7,  A1203  10,8,  KO  10,1,  H20  45,4.  — 
Formel : K0.$034-A1203.3S03-f24H20. 

Findet  sich  sehr  - häufig  als  Ausblühung  auf  Thon,  Alaun-  und 
Kohlenschiefer:  Sachsen  (Reichenbach)  , Dresden , Schweiz , England , 
Juden;  in  der  Nähe  entzündeter  Steinkohlenlager:  Duttweiler , Frank- 
reich (Las alle J ; in  der  Nähe  von  Vulkanen:  Vesuv,  Solfatara , Sicilien. 

(Die  Berglutter  (Steinbutter,  Bergseife  z.  Th.)  in  nadel-  und  haar- 
förniigen  Kryst.,  traubig  und  nierenförmig;  auf  der  Lagerstätte  zuweilen 
noch  halbflüssig , gelblich  und  graulichweiss , scheint  ein  Gemenge  von 
Alaun  und  Eisenoxyd  oder  auch  Eisenvitriol  zu  sein.  Sie  kommt  iin 
Alaunachiefer  bei  Reichenbach , in  Thüringen  und  Böhmen  .vor  )* 

Anhang. 

1)  Ammoniak- Alaun.  (Syn.  schwefelsaures  Thonerde- 
Ammoniak,  Ammoniaksalz.)  Gleicht  iin  Aeussern  dem  Kali-Alaun 
vollkommen.  V.  d.  L.  verhält  er  sich  ebenso.  Mit  Kalilauge 
zusammengerieben  entwickelt  er  Ammoniak.  Ghlt.  nach  Lam- 
padius  : S03  38,58,  AJ203  12,34,  N2H6  4,12,  H20  44,96.  — 
Formel : N2H6.$03-*-Al203.3$03+ 24H20. 

Er  kommt  auf  einem  Braunkohlenlager  in  Tscliermig  in  Böhmen  vor. 

2)  Mangan-Magnesia-Alaun.  Zart  und  langfaserig  ; die  Länge 
der  Fasern  belrägt  oft  6 par.  Zoll.  Sie  sind  theils  gerade,  theils  gebogen, 
zuweilen  stark  gekrümmt  und  dabei  oft  dünnstängelig  abgesondert.  Durch- 
scheinend , selbst  noch  in  l/2  Zoll  dicken  Stücken;  schneeweiss ; seiden- 
glänzend. 

Ghlt.  nach  Strom. : S03  36,77,  A1Z03  11,51,  MgO  3,69  , MnO  2,16, 


250 


Aluminit. 


HjO  45,73»  KCIj  0^20.  — In  diesem  Salze  finden  sich  MgO.SOj  und 
MnO.SO,  in  demselben  Verhältnisse,  wie  im  Kali-,  Ammoniak-  und 
Natron-Alaun  -das  KO.SCL,  NaO.S03  u.  s.  w.,  ebenso  ist  auch  das  Verhältniss 
des  Krystallwassers  dasselbe.  ETs  ist  nach  Berz.  ein  (»eineiige  von  MgO. 
SOa+Al^.aSOa^H^o  mit  Mn0.S03-f-Al203.3S03-f  2411,0.  Dieses  Salz 
fand  man  kürzlich  in  der  Capcolonie  fSüdafricaJ  in  einer  Grotte  als  * 2 
Fuss  hohe  Lage. 

24.  Alaunstein. 

(Syn.  Basisch-schwefelsaures  Thonerde-Kali , Alunit,  Alaunspath  , rbom- 
boüdrisches  Alaun-Haloul.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  ein  etwas  spitzes 
Rhomboeder  mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  Kryst.  ineist 
klein , oft  mit  convexen  Flächen  zu  Gruppen  und  Drusen  ver- 
bunden und  mit  Eisenocker  bedeckt,  Oberfläche  glatt  oder  ge- 
streift; kryst.  M.  oft  blätterig,  körnig  und  stängelig  abgesondert, 
auch  derb  und  erdig.  — • Ziemlich  vollkommen  spaltbar  parallel 
der  Endfläche.  Br.  uneben , in’s  Muschelige  und  Erdige.  H.  = 5 ; 
spröde;  sp.  G.  = 2,7.  Durchsichtig  bis  a.  d.  K.  durchscheinend. 
Aussen  matt , innen  zwischen  Glas-  und  Perlmutterglanz.  Wasser- 
hell, weiss  in’s  Gelbe,  Grünliche,  Rothe  und  Braune.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar.  Mit  Cobaltsolution  befeuchtet  und 
geglüht  eine  schöne  blaue  Farbe  annehmend.  Mit  Soda  geglüht 
eine  Hepar  und  im  Kolben  viel  Wasser  gebend.  Aus  dem  ge- 
glühten Alaunstein  nimmt  Wasser  Alaun  auf.  In  Borax  unter 
Brausen  zu  wasserhellem  Glase  lösbar.  Schwefelsäure  löst 
das  Pulver  theilweise  auf;  Salzsäure  löst  es  nur  nach  dem  Glü- 
hen auf.  Ghlt.  nach  Cordier : SO3  35,94,  AI.Ü3  39,65,  KO 
10,02,  ILO  14,83.  — Formel:  3K0.S03+12(A1203.S03)  + 2411,0? 

Kommt,  im  Alaunfels  und  Trachyt  vor  auf  Gängen  und  in  Drusen- 
räumen: Indien  (Civila-VecliiaJ , Auvergne  ( Puy  de  Sunc/J  ; auf  den 
Inseln  Milo  und  Argcntiera . 

Aus  dem  Alaunstein  bereitet  man  (durch  Rösten,  Verwittern  lassen 
lind  Auslaugen)  den  römischen  Alaun  ( Alumen  romanuni ) (Hd.I.p  381.), 
der  gewöhnlich  mit  einer  eisenoxydhaltigen  Erde  gemengt  ist  und  durch 
Auflösen  u.  s.  w.  gereinigt  werden  kann. 

25.  Aluminit. 

(Syn.  Drittel  - schwefelsaure  Thonerde,  reine  oder  hallesche  Thonerde, 

Websterit.) 

Nierenförmige  und  knollige  M. , bestehend  aus  höchst  feinen 
Kryst.  oder  erdigen  Theilen , mit  rauher,  tlieils  von  Eisenocker 
bedeckten  Aussenfläche ; derb,  als  Ueberzug.  — Br.  feinerdig, 
zerreiblich.  Sp.  G.  = 1,7.  Undurchsichtig.  Matt.  Schneeweiss 
in  s Graue  und  Gelbliche.  Strich : weiss.  Schwach  an  der  feuch- 
ten Lippe  hängend  und  wenig  abfärbend. 


Johannit. 


251 


V.  d,  L.  unschmelzbar,  nur  etwas  einschrumpfend.  In  der 
Glasröhre  anfangs  viel  Wasser,  beim  Glühen  schweflige  Säure 
gebend.  In  Salzsäure  leicht  lösbar.  In  Wasser  unlöslich  und  im 
übrigen  Verhalten  gleich  dem  Alaunstein.  Ghlt.  nach  Strom.  : 
S03  23,36,  A1,03  30,26,  HO  46,37.  — Formel:  Al203.S03-f- 
9H20. 

Findet  sich  im  Letten  mit  Gyps  und  Mergel  über  dem  Ausgehenden 
eines  Braunkohlenlagers:  Halle  3 Frankreich  (EpernayJ ; in  Klüften  der 
Kreide : England. 

26.  Neutrale  Schwefelsäure  Thonerde. 

Weisse  durchscheinende,  perlmutterglänzende  Blättchen  oder  weisse 
Massen.  GMt.  nach  H.  Rose : S03  36,97,  A1,03  14,63,  H,0  44,64,  Fe203 
2,58,  MgO  0,t4,  Si03  1,37.  — Formel:  Al2Ö3.3S03-{-18H20. 

Sie  findet  sich  mit  Eisenoxydsalzen : in  Chile  fProv.  Coquimbo) 3 
und  mit  Gyps  und  der  durch  Schwefelsäure  veränderten  tracnytischen 
Gebirgsart  im  Krater  des  Vulkans  von  Pasto. 


27.  Johannit. 

(Syn.  Basisch-schwefelsaures  Uranoxydul,  Uran- Vitriol  ) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Kryst.  sehr  klein , zu  traubenfÖr- 
migen  Drusen  verbunden;  nadei-  und  haarförmig.  — Br.  muschelig.  H. 
— 2 — 2,5;  sp.  G.  = 3,19  Halbdurchsichtig.  Glasglanz.  Grasgrün,  Strich: 
blass  zeisiggrün.  Geschmack:  bitter,  etwas  zusammenziehend. 

V.  d.  L.  in  Borax  zu  grünem  Glase  lösbar.  Mit  Soda  eine  Hepar, 
und  länger  in  der  innern  Flamme  gehalten  zu  metallischen  Kupferkörnern 
reducirbar.  In  der  Glasröhre  viel  Wasser  gebend  mit  Hinterlassung  einer 
schwärzlich-braunen  zerreiblichen  Masse,  Im  Wasser  etwas,  in  Salpeter- 
säure vollkommen  auflösbar  Die  Lösung  wird  durch  Ammoniak  orangen- 
gelb gefällt.  Ghlt.  nicht  genau  bekannt,  vermuthlich  U203 , S03  , II20 
und  wenig  CuO. 

Kommt  als  secundäres  Gebilde  auf  andern  Uranerzen  vor:  Böhmen 
(JoachimslhalJ. 


GRUPPE  XVIII.  SILICATE  VON  NATRON,  KALK  UND 
THONERDE,  VEREINIGT  MIT  SULPHATEN. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  gehören  zum  regelmässigem 
Systeme  ; die  herrschende  Krystallform  ist  das  Dodecaeder.  Der 
Bruch  ist  muschelig  oder  uneben  in’s  Körnige ; sie  werden  vom 
Feldspath  geritzt  und  ritzen  den  Apatiispath , haben  ein  spec. 
Gew.  von  2,3  bis  2,5,  sind  durchsichtig  bis  an  den  Kanten 
durchscheinend,  haben  Glasglanz  und  weisse,  blaue,  braune 
oder  graue  und  schwarze  Farbe.  Das  Strichpulver  ist  weiss 
oder  lichte  blau.  V.  d.  L.  schmelzen  sie  zu  weissem  Glase, 


252 


Lasurstein. 


bilden  mit  Soda  eine  Hepar,  geben  im  Kolben  wenig  oder  kein 
Wasser  und  sind  in  Salzsäure  zu  einer  Gallerte  löslich.  Die 
davon  abfiltrirte  Flüssigkeit  wird  von  Barytsalzen  w eiss  gefällt. 

1.  llaiiyn. 

(Syn.  Nosin,  Nosean , Spinellan.) 

Kryststm.  regelmässig.  Iirystf.  Dodecaeder  und  Combina- 
tionen  desselben  mit  dem  Octaeder  und  Ikositetraeder.  Kryst. 
sehr  klein , uneben  oder  glatt , auch  mit  zugerundeten  Kanten , 
eingewachsen  oder  zu  Drusen  gruppirt;  Körner  und  kryst.  kör- 
nige M. ; eingewachsen.  — Unvollkommen  spaltbar  parallel  den 
Dodecaederflächen.  Br.  muschelig.  H.  = 5,5 — 6,5 ; sp.  G.  = 
2,3 — 2,4.  Durchsichtig  bis  a.  d.  K.  durchscheinend.  Glasglanz. 
Weiss  in’s  Lichte-  bis  Dunkelblaue  und  Schw  ärzliche ; kastanien- 
braun in’s  Schw  ärzliche ; grün  in’s  Blaue ; schwarz.  Strich : 
weiss. 

V.  d.  L.  schwer  schmelzend  zu  einem  weissen  Glase;  in 
Borax  unter  Brausen  zum  klaren , beim  Abkühlen  gelb  werden- 
dem Glase , lösbar.  Mit  Soda  eine  Hepar  gebend,  ln  Salzsäure 
leicht  zur  Gallerte  lösbar.  Die  filtrirte  salzsaure  Auflösung  wird 
von  Barytsalzen  gefällt.  Ghlt.  des  Ilaüyns  vom  Laacher  See 
nach  Beryemann:  SiOs  37,00,  SO3  11,56,  ALO3  27,50,  NaO 
12,24,  CaO  8,14,  Mn02  0,50,  FeO  1,15,  H20  1,50 , HS  Spur. 
Statt  des  NaO  haben  andere  Varietäten  KO. 

Kommt  in  vulkanischen  Gesteinen  vor:  am  LaacherSee  mit  glasigem 
Feldspath  und  Bimstein;  im  Trass  : Tönnisstein ; im  Peperin:  Jlbano 

und  Marino  ; in  Auswürflingen  des  Vesuvs ; in  verschlacktem  Basalt  zu 
Niedermennig ; im  Dolerit:  Auvergne. 

(Der  lltnerit  in  derben,  dunkelblau  lieh-,  rauch-  und  aschgrauen  M.  im 
Dolerit  des  Kaiserstuhls  im  Breisgau  gehört  auch  wohl  hierher.  Er  enthält 
nach  C.  G.  Gmelin  : Si03  30,01,  A1,03  28,40,  MgO  5,23,  NaO  11,28,  KO 
1,56,  Fe203  0,61,  Ca0.S03  4,89,  NaCL,  1,61,  H,0  und  HS  10,75.) 

2.  Lasurstein. 

(Syn.  Doclecaüdrischer  Lasurspath,  armenischer  Stein , Lapis  Lazuli.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Dodecaeder.  Kryst.  sel- 
ten, mit  rauher  Aussenfläche ; derb  mit  kleiner  und  feinkörniger 
Textur;  stumpfeckige  Stücke;  Körner;  eingesprengt.  — Nach 
den  Flächen  des  Dodecaeders  unvollkommen  spaltbar.  Br.  un- 
eben , klein-  und  feinkörnig.  H.  = 5,5 ; sp.  G.  = 2,5 — 2,9. 
A.  d.  K.  schwach  durchscheinend.  Glasglanz  schwach.  Lasurblau 
in’s  Schwärzliche.  Strich  : lichte  blau. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzbar  zu  w eissem  Glase.  In  Borax 
unter  Brausen  zum  klaren  Glase  lösbar.  Im  Kolben  w enig  Wasser 


Kali-Salpeter. 


253 


gebend.  Mit  Soda  eine  Hepar  bildend.  Bas  Pulver  wird  von 
Salzsäure  entfärbt,  entwickelt  Schwefelwasserstoff  und  giebt 
eine  Gallerte:  die  davon  abliStrirte  Flüssigkeit  wird  von  Baryt- 
salzen gefällt.  Ghlt.  nach  L.  Gmelin:  Si03  49,0,  S03  2,0, 
A1203  11,0,  NaO  8,0,  CaO  16,0,  MgO  2,0,  FeO  4,0,  H20  und 
HS  Spuren. 

Kommt  auf  Gängen  im  altern  Gebirge  vor:  Sibirien,  Tibet ; mit 
eingesprengtem  Eisenkies  und  körnigem  Kalk:  kleine  Bucharei  > China 
Chile. 

Der  Lasurstein  wurde  ehemals  als  Arzneimittel  benutzt.  Seine  wich- 
tigste Anwendung  ist  die  zur  Bereitung  des  Ultramarins  , einer  der  fein- 
sten und  dauerhaftesten  blauen  Malerfarben.  Auch  verwendet  man  ihn 
als  Schmuckstein,  zu  Dosen,  Vasen,  kleinen  Bildsäulen,  Uhrgehäusen, 
selbst  zu  architektonischen  Verzierungen  und  zur  Stein-Mosaik. 


GRUPPE  XIX.  SALPETERSAURE  SALZE. 

Die  Salpetersäuren  Salze  gehören  zum  ein-  und  einaxigem 
und  drei-  und  einaxigem  Krystall-Systeme.  Die  natürlich  vor- 
kommenden Krystalie  sind  aber  in  der  Regel  sehr  klein  und  un- 
deutlich ; gewöhnlich  bilden  sie  flockige  Efflorescenzen  und  rin- 
denartige Ueberzüge.  Der  Bruch  ist  muschelig.  Sie  besitzen 
höchstens  die  Härte  des  Gypsspathes , sind  weich  oder  milde 
und  haben  ein  spec.  Gew.  = 2,0  bis  2,9,  sind  durchsichtig  bis 
durchscheinend , wasserhell,  glasglänzend.  Der  Natron-Salpe- 
ter besitzt  ausgezeichnete  doppelte  Strahlenbrechung.  V.  d.  L, 
verpuffen  sie  auf  Kohlen  und  lassen  eine  alkalische  Masse  zurück. 
Im  Wasser  sind  sie  leicht  löslich  und  schmecken  kühlend  oder 
bitter. 


/.  Kali-Salpeter . 

(Syn.  Salpetersaures  Kali,  Natürlicher  Salpeter , prismatisches  Nitrumsalz.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  einer  auf  die  scharfen  Seitenkanten  aufgesetzten  End- 
zuschärfung und  abgestumpften  scharfen  Seitenkanten.  Kryst. 
nadelförmig,  parallel  den  Randkanten  gestreift;  flockige  oder 
derbe  M.,  als  rindenartiger,  theils  traubiger  Ueberzug ; Text, 
zuweilen  faserig.  — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen  der 
Säule,  aber  unvollkommen.  Br.  muschelig.  H.  = 2;  milde;  sp. 
G.  = 2,0.  Halbdurchsichtig  bis  durchscheinend.  Glasglanz, 
schimmernd,  matt.  Weiss  in’s  Graue  und  Gelbe.  Strich:  weiss. 
Geschmack:  salzig  kühlend. 

V.  d.  L.  am  Platindraht  leicht  schmelzend  zur  weissen, 
durchscheinenden  Masse ; die  Flamme  violett  färbend.  Auf  glü- 
henden Kohlen  verpuffend.  In  Wasser  leicht  löslich.  Die  Lösung 


2 >1 


Kalk-Salpeter. 


wird  von  kohlensaurem  Kali  nicht  gefällt.  Ghlt,  : KO  53,13, 
N205  46,51 , gewöhnlich  mit  andern  Salzen  verunreinigt.  — 
Formel : K0.N205. 

Blüht  aus  auf  Kalkstein,  Kreide,  Mergel,  Sandstein,  in  Hohlen  und 
auf  der  Oberfläche  des  Bodens:  Bnrkardus  Höhle  bei  Wwrzburg ; Kreide- 
gebirge bei  Paris,  Gegend  von  Göttingen , Apulien  f Pulo  di  MolfettaJ , 
Malta , Brasilien , Arragonien , Zeylm  (hier  sind  22  theils  natürliche, 
theils  künstliche  Höhlen,  wo  Salpeter  gewonnen  wird),  Tartarei , China. 

Der  natürliche  Salpeter  wird  gereinigt  und  zu  pharmaceutischen  und 
technischen  Zwecken  sehr  häuGg  und  vielfältig  benutzt,  z.  B.  zuin  Reini- 
gen und  Verarbeitei  edler  Metalle,  Einsalzen  des  Fleisches,  besonders 
zur  Bereitung  des  Schiesspulvers.  (Ueber  die  Prüfung  des  Rohsalpeters, 
besonders  zu  diesem  Zwecke,  vergl.  die  Abhandlung  von  Dr.  Meyer  in 
Erdmanns  und  Schweigger's  Journ  f.  prahl.  Chemie  I.  p.  D6.) 

2.  Natron-Salpeter. 

(Syn.  Salpetersaures  Natron,  Zootinsalz,  cubischer  Salpeter.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder  mit  der 
gerade  angesetzteirEiidfläche.  Kryst.  und  kryst.  M. ; Text,  kör- 
nig. — Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Kernflächen.  Br.  mu- 
schelig. H.  = 1,5—2;  sp.  G.  = 2,09.  Durchsichtig;  doppelte 
Strahlenbrechung  sehr  stark.  Glasglanz.  Weiss.  Strich  : weiss. 
Geschmack  : kühlend  und  etwas  bitter. 

V.  d.  L.  am  Platindraht  schmelzend , die  Flamme  gelb  fär- 
bend. Auf  glühenden  Kohlen  verpuffend.  Im  Wasser  löslich.  Die 
Lösung  wird  von  kohlens.  Kali  nicht  gefällt.  Ghlt.  des  Perua- 
nischen nach  Lecanu  : Na0.N205  96,69 , NaCl2  1,30 , H20  2,00 
und  Spuren  K0.S03.  — Formel  : Na0.N205. 

Findet  sich  in  Lagern  von  ungleicher  Mächtigkeit  im  Thon  auf  eine 
Erstreckung  von  mehr  denn  50  Meilen  : Peru  (Distrikt  Atakama , in  der 
Nähe  des  Hafens  von  Ycjuinque). 

Wird  in  Frankreich  zur  Bereitung  der  Salpetersäure  verbraucht. 

3.  Kalk-Salpeter. 

(Syn.  Salpetersaurer  Kalk,  Nitro-Calcit , Mauersalpeter.) 

Kryststm.  drei-  einaxig?  Zarte  haar-  und  nadel förmige 
Kryst.  (regelmässige  sechsseitige  Säulen?);  krustenartiger  Ueber- 
zug,  flockige  Efflorescenz , erdiger  Beschlag.  — Weich.  Durch- 
scheinend. Wasserhell , schneeweiss.  Strich : weiss.  Geschmack  : 
scharf  und  bitter. 

V.  d.  L.  schmelzend , die  Flamme  gelb  färbend.  Auf  glü- 
henden Kohlen  verpuffend  und  einen  weissen  Kalkrückstand 
lassend.  An  der  Luft  zerffiessiieh ; in  Wasser  leicht  löslich.  Die 
Lösung  wird  von  kohlensaurem  Kali  gefällt.  Ghlt.  nach  Kir- 
wan  : CaO  32,0,  N205  57,5,  H20  10,5.  — Formel : Ca0.N205. 


Steinsalz. 


255 


Findet,  sich  als  Ausblühung  der  Erdoberfläche:  Africa , Spanien ; 
n Kalkhöhlen:  Kentucky ,*  an  Wänden  alter  Strecken,  an  Mauern  von 
kellern,  Gewölben,  Kasematten,  Viehställen  u.  s.  w. 

Wird  zur  Bereitung  des  Kalisalpeters  benutzt. 

Gleichzeitig  mit  dem  Kalksalpeter  findet  sich  in  den  Kalkhöhlen  von 
Kentucky  ein  weisses , flockiges,  zerfliessliches  Salz,  das  aus  72  N,05  und 
>8  MgO  besteht  und  also  ein  Magnesia-Salpeter  (J$ itro- Magnesit ) 
st. 

(Die  Bildung  obiger  drei  Gattungen  von  Salpeter  dauert  noch  jetzt 
'ort.  Ueber  Theorie  der  Salpeterbildung  vergl.  Gaultier  Je  Claubry  in 
Erclm.  Journ.  für  techn.  Chemie  Bd.  17.  p.  296  und  Fournet  im  L’lnsti- 
,u t T.  1833  Nro.  31.  p-  258.) 


IV.  ORDNUNG. 

Verbindungen  von  Salzbilder n. 

GRUPPE  I.  CHLORMETALLE. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  im  regelmässi- 
gem und  ein-  und  einaxigem  Systeme.  Der  muschelige  bis  flach- 
muschelige  Bruch  geht  selten  in’s  Ebene  über.  Die  mehrsten 
überschreiten  nicht  die  Härte  des  Gypsspaths , sondern  werden 
davon  geritzt;  Bleierz  von  Mendip  und  Atakamit  haben  Kalk- 
bis  fast  Flussspathh&rte.  Sie  sind  wenig  spröde  bis  milde ; das 
Silberhornerz  ist  geschmeidig.  Das  spec.  Gew.  der  mehrsten 
wechselt  von  5,5  bis  7,1.  Salmiak  hat  das  Geringste  = 1,45 
und  Steinsalz  — 2,3.  Sie  sind  am  häufigsten  durchscheinend, 
doch  kommen  auch  Durchsichtige  und  selten  Undurchsichtige  vor. 
Viele  zeigen  Diamantglanz , auch  Fett-  oder  wachsartigen  Glas- 
glanz. Die  weisse  Farbe  zeigt  viele  Uebergänge  in  fast  alle 
Farbenarten;  Atakamit  ist  immer  grün.  V.  d.  L.  sind  sie  alle 
schmelzbar  oder  flüchtig.  Die  nicht-flüchtigen  mit  Phosphorsalz 
und  Kupferoxyd  zusammengeschmolzen  färben  die  Flamme  schön 
blau;  diese  Eigenschaft  zeigt  Atakamit  schon  für  sich.  Silber- 
und Quecksilberhornerz  ausgenommen  sind  sie  in  Wasser  oder 
verdünnter  Schwefelsäure  löslich;  die  Lösungen  werden  von  sal- 
petersaurem Silber  gefällt. 

I.  Steinsalz. 

(Syn.  Chlornatrium,  salzsaures  Natrum,  Kochsalz,  hexaedrisches 
Steinsalz.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Hexaeder,  diese  Form 
erscheint  am  häufigsten;  2)  Combination  desselben  mit  dem  Oc- 
taeder;  3)  mit  dem  Tetrakishexaeder;  4)  mit  dem  Dodecaeder 


256 


Salmiak. 


und  Tetrakishexaeder;  5)  Combination  des  Octaeders  mit  dem 
Hexaeder.  Kryst.  glatt,  auch  rauh  und  uneben,  einzeln  aufge- 
wachsen, drüsig  verbunden,  oft  treppenartig  zusammengehäuft. 
Äfter-Krystalle  nach  Bitterspath-Gestalten ; kryst.  M.  plattenför- 
mig,  tropfsteinartig,  eingesprengt , derb.  Text,  blättrig  (blättri- 
ges Steinsalz ),  faserig  bis  strahlig , theils  gerade,  theils  gebo- 
gen laufend  (faseriges  Steinsalz) , auch  fein-  bis  grosskörnig 
( körniges  Steinsalz).  — Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Flä- 
chen des  Hexaeders.  Br.  muschelig.  H.  = 2 ; wenig  spröde ; 
sp.  G.  — 2,2 — 2,3.  Durchscheinend  bis  durchsichtig.  Zwischen 
Fett-  und  Glasglanz.  Weiss,  grau,  blau,  grün,  gelb,  roth.  An- 
genehm salzig  schmeckend. 

V.  d.  L.  in  der  Lichtflamme  schon  schmelzbar;  die  Flamme 
gelb  färbend.  Auf  Platinblech  zur  klaren,  nach  dem  Gestehen 
unklar  werdenden  Masse  fliessend.  In  der  Glasröhre  decrepiti- 
rend.  Im  Wasser  löslich;  das  Knistersalz  von  I Vieliczka  stösst 
beim  Auflösen  unter  Detonation  grosse  Blasen  von  Wasserstoff- 
gas  aus.  Ghlt.  nach  Berliner:  Na€l2  99,3,  CaO.S03  0,5, 
A1203  0,2 ; das  rothe  enthielt  noch  Fe203  0,2.  — Formel : NaCl2. 
Im  Steinsalz  von  llallein  und  Berchtesgaden  hat  Vogel  KCl2 
nach  gewiesen  und  in  einigen  andern  Salmiak. 

Kommt  häufig  in  grossen  Lagern , Stücken  oder  eingesprengt  vor , 
mit  Schwefel  im  Uebergangskalk:  ßex,  Hallein ; in  der  Muschelkalkfor- 
mation  zwischen  Thon  und  Gyps : JVürtemberg , Baden,  Spanien ,*  im 

grünen  Sandstein:  Gallizien  ('JVieliczka  , BochniaJ  ; die  Oberfläche  der 
Laven  bekleidend:  Vesuv , Hecla,  Insel  Bourbon ; ferner  überzieht  es 
die  Steppen  am  Kaspischen  Meere  und  Aralsee,  die  Salzebene  in  Ha- 
besch,  die  Wüsten  im  nördlichen  Africa,  oft  weite  Strecken,  als  Aus- 
blühung der  Erdoberfläche.  Endlich  finden  wir  es  aufgelöst  in  Meer- 
wasser und  manchen  Landseen,  in  Salzquellen  u.  s.  w.  ( Späh  nenntman 
in  IVieliczka  ein  dünnstängelig  abgesondertes  Steinsalz.) 

Die  Wichtigkeit  des  Chlornatriums,  sowohl  für  den  pharmaceutischen 
als  ökonomischen  und  technischen  Gebrauch,  ist  bekannt  genug. 

2.  Salmiak. 

(Syn.  Chlorammonium,  octaedrisches  Ammoniaksalz.) 

Krysistm.  regelmässig.  Kryst f.  1)  Octaeder;  Combination 
desselben  2)  mit  dem  Hexaeder ; 3)  mit  dem  Dodecaeder  , und 
4)  mit  dem  Ikositetraeder.  Kryst.  glatt , oft  haarförmig ; kryst. 
M.  tropfsteinartig*,  traubig,  kugelig,  flockig,  als  krustenartiger 
und  mehliger  Ueberzug.  — Spaltbar  parallel  den  Flächen  des 
Octaeders.  Br.  muschelig.  H.  = 1,5 — 2;  milde;  sp.  G.  = 1,45. 
Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Glasglanz  bis  matt.  Wasser- 
hell, weiss  in’s  Gelbe,  Graue,  Braune  und  Schwarze.  Ge- 
schmack: scharf,  stechend. 

V.  d.  L.  in  der  Glasröhre  ohne  zu  schmelzen  sublimirend. 


Atakamit. 


257 


Im  Wasser  löslich;  mit  Kalilauge  Ammoniak  entwickelnd,  Ghlt. 
nach  Klapr. : N2H8C12  '99,5 , N2H6.S03  0,5,  — Formel : NoH« 
Cl2  oder  N2H6.C12H2. 

Kommt  als  Rinde  oder  Beschlag  auf  Laven  vor:  Aetna , Vesuv 
Liparij  Lancerote , Bourbon , Vulkane  der  Tartarei  und  America'*' 
auch  auf  Erdbrand-Erzeugnissen : Lyon,  Rheinbaiern  (GlanJ , Duttweiler. 

Der  natürliche  Salmiak  wird,  wo  er  in  grösserer  Menge  vorkommt, 
gereinigt,  und  dann  in  der  Pharmacie,  von  Metallarbeitern  zum  Verzin- 
nen und  Löthen,  in  der  Färberei  u.  s.  w,  verbraucht. 

3.  Cotunrät. 

(Syn.  Chlorblei.) 

Kryst.  sehr  klein,  sechsseitige  rectanguläre  Säulen,  nadel- 
oder  haarförmig,  flockig;  kryst.  M. , knollig,  mehlig;  Text, 
blätterig  und  körnig.  — Leicht  spaltbar.  Sp,  G.  = 5,24.  Durch- 
sichtig. Diamantglanz.  Farblos,  weiss. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzend;  die  Flamme  rauchblau  färbend ; 
die  Kohle  beschlagend.  In  der  Lichtflamme  schon  reducirbar.  In 
Salpetersäure  ohne  Brausen  auflöslich.  Ghlt.  nach  v.  Kobell: 
CI  25,48 , Pb  74,32.  — Formel : PbCI2. 

Findet  sich  nur  am  Krater  des  Vesuvs. 

4 .  Bleierz  von  Mendip . 

(Syn.  Basisches  Chlorbiei,  peritomer  Blei-Baryt.) 

Kryststm . ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  einer  auf  die  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetzten  Zu- 
schärfung. Kryst,  und  kryst.  Massen.  — Br.  muschelig  in’s 
Unebene.  H.  = 3;  wenig  spröde;  sp.  G.  = 7,0— 7,1.  Durch- 
scheinend. Diamantglanz.  Gelblichweiss  in’s  Strohgelbe  und  Rothe. 

V.  d.  L.  auf  der  Kohle  unter  Entwickelung  von  Hydrochlor- 
säure  reducirbar.  In  verdünnter  Salpetersäure  ohne  Brausen  lös- 
bar. Ghlt.  nach  Berz. : PbCl2  34,63,  PbO  55,82,  PbO.CO,  7,55, 
Si03  1,46,  H20  0,54. 

Findet  sich  mit  Mangan-  und  Bleierzen,  Kalkspath  : Sommersetshirt 
('Churchill  in  den  Mendip-Hiigeln). 

5.  Atakamit. 

(Syn.  Salzsaures  Kupfer,  basisches  Chlorkupfer,  Salzkupfererz, 

Smaragdo-Calcit.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule  mit  gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten  und 
mit  Zuschärfungen,  welche  entweder  auf  die  scharfen  oder  auf 

Geigers  Pharmacie . 11  1,  (2 te  Aufl.) 


258 


Silber-Hornerz. 


die  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetzt  sind;  Combination  der 
rhombischen  Säule  mit  dem  rhombischen  Octaeder.  Kryst.  sel- 
ten, in  der  Richtung  der  Hauptaxe  gestreift,  nadel-  und  haar- 
förmig, zu  Drusen  verbunden;  nierenförmige,  traubige , tropf- 
steinartige Massen ; Text,  blätterig  in’s  Strahlige ; derb , einge- 
sprengt, angeflogen.  — Vollkommen  spaltbar  parallel  den  Ab- 
stumpfungsflächen der  Seitenbauten.  Br.  uneben.  H.  = 3 — 3,5 ; 
wenig  spröde;  sp.  G.  — 4,0.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Wachs- 
bis  Glasglanz.  Smaragd-,  lauch-  und  grasgrün  ins  Schwärz- 
lichgrüne. Strich  : apfelgrün. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  schmelzend , zum . mit  einer  Schlacke 
umgebenem,  Kupferkorne  reducirbar ; die  Flamme  für  sich  blau 
färbend.  Im  Kolben  Hydrochlorsäure  gebend.  Im  Wasser  unlös- 
lich; in  Salpetersäure  löslich.  — Formel:  CuCl24-3Cu0-t-4H20. 

Kommt  auf  Gängen  mit  andern  Kupfererzen,  Quarz,  Chalzedon, 
Eisenerzen  u.  s.  w.  vor,  Chili,  Peru  (mit  Silbererzen),  Sachsen , Rhein- 
breitbach; als  Ueberzug  und  Anflug  auf  Spalten-Wänden  der  Laven  des 
Vesuvs  aus  den  Jahren  1804,  1805,  1820,  1822. 


6.  Silber -Hornerz. 

(Syn.  Chlorsilber,  Hornsilber,  salzsaures  Silberoxyd,  hexaedrisches 

Perlkerat.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  1)  Hexaeder  mit  Octaeder- 
und  Dodecaederflächen;  die  letztem  oft  vorherrschend;  2)  Oc- 
taeder; 3)  Dodecaeder.  Kryst.  meist  sehr  klein,  zuweilen  ge- 
streift oder  trichterförmig  ausgehöhlt,  einzeln  aufgewachsen  oder 
reihen-  und  treppenförmig  verbunden;  als  rindenartiger  Ueber- 
zug; derb  und  eingesprengt.  — Br.  flachmuschelig  in’s  Erdige. 
H.  = 1—1,5;  geschmeidig;  sp.  G.  = 5,5.  Durchscheinend. 
Diamantglanz  zum  Fettglanze  neigend.  Perlgrau  und  lavendel- 
blau;  auf  frischem  Bruche  gelblichweiss ; aussen  leicht  braun 
werdend.  Strich:  weiss,  glänzend. 

In  der  Lichtflamme  schmelzend.  V.  d.  L.  zu  einer  bräun- 
lichen Perle,  auf  Kohle  in  der  innern  Flamme  zum  Silberkorne 
schmelzend.  In  Salpetersäure  unauflöslich.  Ghlt.  nach  Klapr.: 
CI  24,66 , Ag  75,34.  — Formel : AgCl2. 

Findet  sich  im  altern  Gebirge  auf  Silbergängen  mit  Silber-,  Kupfer- 
und  Bleierzen,  Kalk-  und  Barytspath,  Quarz:  Peru  (HuantojayoJ , 

Mexico  fCatorae  FresnilloJ , Erzgebirge  (SchneebergJ , Eöhmen , Nor- 
wegen , Sibirien. 

In  Mexico  und  Peru  findet  das  Chlorsilber  sich  so  häufig,  dass  es 
auf  Silber  benutzt  werden  kann. 


Sodalith. 


259 


7.  Quecksilber-Hornerz. 

(Syn.  Chlorquecksilber,  pyramidales  Perlkerat , gediegenes  Sublimat  ) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  quadratische 
Säule  combinirt  mit  den  Flächen  des  Quadrat-Octaeders.  Kryst. 
selten,  sehr  klein,  glatt  und  meist  zu  zarten  Drusenhäufchen 
verbunden;  derb,  eingesprengt , angeflogen.  — Br.  muschelig 
ins  Unebene.  H.  = 1,5;  milde:  sp.  G.  = 6,4— 6,5.  A.  d.  R. 
durchscheinend.  Starker  Diamantglanz.  Asch-  und  gelblichgrau. 
Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  verfliegend.  Im  Kolben  suhlimirend  und 
mit  Soda  reducirbar.  Ghlt.  nach  L.  Gmelin:  €1  15,1 , Hg  84,9. 
— Formel:  Kg€l2. 

Findet  sich  mit  den  andern  Quecksilbererzen  im  Zweibrücken scheu 
(Moschei),  Krain  fldriaj , Böhmen , Spanien . 


GRUPPE  II.  SILICATE  MIT  CHLORMETALLEN. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  theils  im  drei-  und 
einaxigem,  theils  im  regelmässigem  Systeme,  sind  auf  dem  Bruche 
uneben  oder  muschelig  (Sodalilh) , ritzen  den  Kalkspath  und 
werden  vom  Quarz  geritzt , sind  spröde  und  haben  ein  spec. 
Gew.  = 2,3 — 2,9.  Sie  sind  durchscheinend  bis  a.  d.  K.  durch- 
scheinend, besitzen  Glasglanz  und  eine  bei  den  einzelnen  Gat- 
tungen ändernde  Farbe.  Das  Strichpulver  ist  in  der  Regel 
weiss,  selten  lichte  grün.  V.  d.  L.  sind  sie  schmelzbar;  mit 
Kupferoxyd  und  Phosphorsalz  zusammen  geschmolzen , färben 
sie  die  Flamme  blau.  Von  Salzsäure  werden  sie  aufgelöst  und 
bilden  entweder  eine  Gallerte  oder  die  Kieselerde  wird  pulverig 
ausgeschieden  (Pyrosmaliih). 

i.  Sodalith. 

(Syn.  Dodecaedrischer  Kuphonspath.) 

Kryststm.  regelmässig.  Krystf.  Dodecaeiler  mit  untergeordneten  Oc- 
taeder-  und  Ikositetraederflächen.  Kryst.  nicht  selten  mit  unebenen,  ge- 
krümmten Flächen  und  zugerundeten  Kanten:  auf-  und  eingewachsen ; 
Körner;  derb;  Text,  körnig.  — Spaltbar  parallel  den  Octaederflächen. 
Br.  muschelig.  H.  = 5,5 — 6;  spröde;  sp.  G.  =•  2,3 — 2,4.  Durchschei- 
nend. Glasglanz.  Weiss  in’s  Graue,  Grüne,  Gelbe;  himmelblau.  Strich: 
weiss. 

V.  d.  L.  leicht  schmelzbar  (2,5 — 3)  zu  farblosem  Glase;  in  Borax 
schwierig  lösbar;  das  Glas  opalisirt  beim  Abkühlen;  mit  Phosphorsalz 
und  Kupferoxyd  zusammengeschmolzen  die  Flamme  blau  färbend.  In  Sal- 
petersäure leicht  zur  Gallerte  lösbar.  Die  filtrirte  Lösung  wird  von  salpe- 
tersaurem Silber  weiss  gefällt.  Ghlt.  des  S.  yom  Fesuv  nach  Arfv. ; 


260 


Eudialyt. 


SiO-  35,99,  A1203  32,59,  NaO  26*55,  H>CL  5,30.  — Formel  nach  von 
Kobell : NaCla-j-3Na0.Siö3+3(Al203.Si03).NaCI2+2Alz03-f-2(3Na0.Si0g+ 
2 Vl203.2Si03). 

Kommt  in  Drusenräumen  alter  vulkanischer  Auswürflinge  vor:  Vesuv 
(Jossa  grandej  ; in  verglastem  Felclspath-Gesteine : Laacher  See ; im 

Glimmerschiefer : Grönland. 


2.  Pyrosmalith . 

(Syn.  Pyrodmalith  , salzsaures  Eisen.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Kvystf.  sechsseitige  Säule , deren  ab- 
wechselnde Endkanten  abgestumpft  sind.  Kryst.  glatt , meist  überdeckt 
mit  rauher  Rinde;  derb;  Text,  blättrig.  — Spaltbar  parallel  der  gerade 
angesetzten  Endfläche.  Br.  uneben  in’s  Splittrige.  H.  = 4;  spröde;  sp. 
G.  =.  2,95.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Glasglanz.  Leberbraun  in’s  Grüne 
und  Graue.  Strich  : lichte-grün- 

V.  d.  L.  auf  Kohle  zur  magnetischen  Kugel  schmelzend  (2).  Mit 
einem  Glase  von  Pliosphorsalz  und  Kupferoxyd  zusammen  geschmolzen 
die  Flamme  blau  färbend.  In  Borax  leicht  zum  gefärbten  Glase  lösbar. 
In  der  Glasröhre  zuerst  Wasser,  bei  stärkerer  Hitze  Eisenchlorid  gebend. 
In  Salzsäure  mit  Ausscheidung  der  Kieselerde  lösbar  ohne  Gallerte 
zu  bilden.  Ghlt.  nach  Hisinger  : Si03  35,85,  FeO  21,81,  MnO  21,14, 
Fe2Cl6  14,09,  H20  5,89,  CaO  1,21.  — Formel:  Fe.Clß-f Fe203.6H,0-f- 
4(t  e0.2Si03+3Mn0.2Si03). 

Findet  sich  auf  Magneteisen-Lagern  mit  Hornblende  und  Quarz : 
Schweden. 


3.  Eudialyt. 

(Syn.  Zweidrittel  - kieselsaures  Natron  - Kalk  - Eisenoxydul  - Manganoxydul 
und  Zirkonerde  mit  Chlornatrium,  rhombocdrischer  Amandinspath.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Rhomboeder  mit  der  gerade  an- 
gesetzten Endfläche  ; Combinatioaen  des  Rhomboeders  mit  den  sechsseiti- 
gen Säulen  als  Abstumpfungen  der  Seitenkanten  und  Seitenecken.  Kryst. 
glatt;  kryst.  M.  — Spaltbar  »parallel  der  gerade  angesetzten  Endfläche. 
Br.  uneben.  H = 5,5  ; sp.  G.  =.  2,89.  A.  d.  K.  durchscheinend.  Zwi- 
schen Glas-  und  Fettglanz.  Pfirsichblüthroth  in’s  Braune.  Strich : weiss. 

Y.  d.  L.  zu  hellgrünem  Glase  schmelzend  (2,5).  In  Borax  zu 
klarem  Glase  lösbar.  Im  Kolben  Wasser  gebend.  Mit  Phosphorsalz  und 
Kupferoxyd  zusammen  geschmolzen  die  Flamme  blau  färbend.  Das  Pulver 
gelatinirt  mit  Salzsäure.  Ghlt  nach  Strom.:  Si03  55,32,  Zr203  11,10, 
CaO  9,78,  NaO  13,82.  Fe203  6,75.  MnO  2,06,  1LCL  1,03,  H2Ö  1,80.  — 
Formel : NaCl2-f-(3Ca0.2Si03-f-Zr203.Si03)-|-(3Na0.2Si03-J-Fe203.Si03). 

Kommt  auf  einem  Lager  über  Gneis  mit  Augit , Feldspath,  Horn- 
blende und  Sodalith  vor:  Grönland. 


Apatit.  261 

GRUPPE  III.  PHOSPHATE  UND  ARSENIATE  MIT 
CHLORMETALLEN. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  im  drei-  und 
einaxigem  Systeme,  haben  einen  muscheligen  Bruch,  der  bei’m 
Pyromorphit  in’s  Unebene  neigt,  Kalk-  bis  Apatitspathitäxte 
und  sind  spröde.  Das  geringste  spec.  Gew.  besitzt  der  Apatit 

— 3,1 , das  grösste  der  Vanadinbleispath  = 7,2.  Apatit  und 
Pyromorphit  sind  zuweilen  durchsichtig,  die  übrigen  durchschei- 
nend bis  undurchsichtig.  Fast  alle  zeigen  Fettglanz , der  bei’m 
Jledyphan  diamantartig  wird.  Die  Farben  wechseln  sehr ; das 
Strichpulver  ist  gewöhnlich  lichte  gelb  oder  weiss.  — V.  d.  L. 
theils  leicht , theils  schwierig  schmelzbar ; zuweilen  auf  Kohle 
Arsenikrauch  entwickelnd  oder  auch  mit  Schwefelsäure  befeuchtet 
die  Flamme  blau  färbend.  In  Salpetersäure  lösbar;  die  Lösung 
wird  von  essigsaurem  Blei  gefällt. 

1.  Apatit . 

(Syn.  Phosphorsaurer  Kalk  mit  Chlorcalcium  (letzteres  zuweilen  durch 

Fluorcalcium  ersetzt),  phosphorsaurer  Kalk,  rhombocdrisches 
Flusshaloid.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  sechsseitige  Säule 
mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche ; die  Seitenkanten  dersel- 
ben kommen  auch  abgestumpft  vor  durch  die  Flächen  einer  zwei- 
ten sechsseitigen  Säule.  Combination  der  primitiven  Säule  mit 
den  Flächen  eines  Hexagondodecaeders ; diese  Form  mit  mehr 
oder  weniger  vorherrschender  gerade  angesetzter  Endfläche 
und  abgestumpften  Seitenkanten.  In  der  Endigung  finden  sich 
oft  zugleich  mehrere  stumpfere  oder  spitzere  Hexagondodecaeder- 
flächen,  welche  übereinander  liegen,  und  abgestumpfte  Ecken 
durch  auf  die  Seitenkanten  der  Säule  aufgesetzte  Hexagondo- 
decaederflächen.  Kryst.  meist  kurz,  tafelartig.  — Spaltbar  pa- 
rallel den  Flächen  der  sechsseitigen  Säule  und  der  gerade  an- 
gesetzten Endfläche.  Br.  muschelig.  H.  = 5;  spröde;  sp.  G. 

— ‘3,18 — 3,25.  Durchscheinend,  seiten  durchsichtig.  Fettglanz. 
Strich  : weiss.  Das  erwärmte  Pulver  mit  gelbem  Scheine  plios- 
phorescirend. 

V.  d.  L.  schwierig  und  nur  an  den  Kanten  zu  einem  farb- 
losem Glase  oder  weissem  Email  ( Faser-Apatit ) schmelzend 
(4,5 — 5).  Mit  Schwefelsäure  befeuchtet  die  Flamme  blass  bläulich 
grün  färbend.  In  Borax  zu  klarem  Glase  lösbar.  In  Salpeter- 
säure lösbar.  Die  salpetersaure  Lösung  wird  von  essigsaurem 
Bleioxyd  gefällt.  GMt.  nach  Rose  a.  des  A.  von  Snaxum , b. 
des  A.  von  Tyrol ; 


262  Apatit. 


CaO 

P205 

h2cl 

K,F, 

a.  5t),17 

41,48 

2,10 

1,25 

b.  55,86 

42,01 

0,05 

2,08. 

Formel : Ca[Ci2, 

K,]+3(3C'a0.P,05). 

Arten. 

i)  Ap  atitspath.  (Syn.  Blättriger  und  muscheliger  Apatit, 
Spargelstein , Moroxit.)  Kryst.  oft  mit  gestreiften  Seitenflächen , 
Kanten  und  Ecken , zuweilen  zugerundet , einzeln  ein-  und  auf- 
gewachsen,  gewöhnlich  drüsig  verbunden,  selten  nadelförmig; 
kryst.  M.  rundliche  Körner;  derb,  eingesprengt ; Text,  blättrig. 
Wasserhell,  graulich,  weiss  ins  Perlgraue;  blau,  roth,  braun 
und  grün.  (Bei  den  weissen  Varietäten  zeigt  sich  zuweilen  ein 
bläulicher  Lichtschein,  wenn  man  senkrecht  auf  die  Hauptaxe 
sieht). 

Kommt  als  Gemengtheil  mancher  Felsarten  vor,  im  Granit:  Sachsen 
{"Greife nsteinj , Frankreich , Grönland , Baltimore ; im  Gneis:  Freiburs, ; 
im  Talk:  Zillerthal ; im  Hornblendegestein:  Tyrol ; im  körnigem  Kalk: 
Finnland ; im  Glimmerschiefer:  Norwegen ; im  Dolerit:  Kaiserstuhl ■ auf 
Gängen  und  Drusenräumen  mit  Zinnerz,  Scheelit,  Topas:  Böhmen , Erz- 
gebirge,' auf  Magneteisenlagern:  Norwegen  und  Schweden ; in  vulkani- 
schem Gesteine , gemengt  aus  glasigem  Feldspath  und  Hornblende  : Laa- 
cher  See , Albano  bei  Rom , Vesuv. 

2)  Faseriger  Apatit.  (Syn.  Phosphorit.)  Traubige, 
nierenförmige , tropfsteinartige  M. ; Text,  strahlig-faserig.  — 
Br.  uneben  in’s  Feinsplittrige.  Weiss  in’s  Gelbe,  Graue  und 
Braune ; roth  gefleckt.  (Phosphorescirt  durch  Reiben.) 

Kommt  auf  Zinnerzgängen  vor:  Schlaggenwalde ; im  Jurakalk:  Am- 
berg ; als  Felsmasse  : Estremadura. 


3)  Erdiger  Apatit.  (Syn.  Erdiger  Phosphorit.)  Staub- 
artige , lose  Theile.  Weiss  in’s  Graue , Grünlichgraue.  Rauh 
anzufühlen. 

Füllt  eine  Kluft  im  Quarze:  Ungarn  ('SzigelhJ. 

In  Spanien  dient  der  Faserapatit,  wo  er  in  grosser  Menge  vorkommt, 
als  Baustein.  Man  könnte  den  Apatit  auch  zur  Darstellung  des  Phosphors 
und  der  Phosphorsäure  benutzen. 

Der  Ledererit  von  Neu-Scliottland  kommt  mit  Mesotyp,  Stilbit 
und  Analcim  in  einer  basaltischen  Gebirgsart  vor.  Fr  bildet  stark  glän- 
zende, farblose , durchsichtige,  sechsseitige  Prismen  mit  sechsflächiger 
Zuspitzung  und  gerade  angesetzter  Endfläche.  Nach  einer  Untersuchung 
Von  Hayes  kann  man  dieses  Mineral  als  eine  Verbindung  von  J At. 
Apatit  und  1 At.  Kalk-Analcim  betrachten. 


Pyromorphit. 


263 


2.  Pyromorphit. 

(Syn.  Zwei-drittel  phosphorsaures  Bleioxyd  mit  Cldorhlei , phosphorsaures 

Blei,  Grün-  und  Braun-Bleierz,  Traubenblei,  rhomboedrischer 
Bleibaryt,  Polychrom,  Bunt-Bleierz.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  Hexagondodecaeder 
mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche ; Combination  dieser  Form 
mit  der  sechsseitigen  Säule,  und  oft  mit  einer  zweiten  sechssei- 
tigen Säule ; sechsseitige  Säulen  mit  der  gerade  angesetzten 
Endfläche;  gewöhnlich  niedrig,  tafelartig;  zwölfseitige  Säulen 
als  Combinationen  der  ersten  und  zweiten  sechsseitigen  Säule. 
Kryst.  meist  säulenartig , selten  nadelförmig ; an  den  Enden 
zuweilen  hohl;  die  Seitenflächen  selten  gestreift,  oft  convex, 
glatt,  häufig  rauh;  einzeln  auf-,  auch  aneinander  gewachsen, 
drüsig  verbunden,  mannigfach  gruppirt;  liieren-  und  tropf- 
steinförmige, traubige  Gestalten;  derb,  eingesprengt.  — Un- 
vollkommen spaltbar  parallel  den  Flächen  des  Hexagondodecae- 
ders.  Br.  uneben  bis  muschelig.  H.  = 3,5 — 4 ; spröde ; sp.  G. 

— 6,8  — 7,1.  Durchsichtig  bis  undurchsichtig.  Fettglanz,  zu- 
weilen diamantartig.  Grün  in  vielartigen  Nüanzen , in's  Gelbe 
und  Braune , Rothe , Schwarze , selten  in’s  Weisse.  (Manche 
Kryst.  an  den  Enden  blass,  in  der  Mitte  dunkel,  oder  an 
einem  Ende  grün,  am  andern  braun  gefärbt.)  Strich  : lichte 
grünlich-  oder  geibiieh-weiss. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  in  der  äussern  Flamme  zu  einem  beim 
Abkühlen  dunkel-graulichen  Kryst allkorne  fliessend  (1,5);  die 
innere  Flamme  blau  färbend ; Bleirauch  gebend ; für  sich  nicht, 
aber  mit  Soda  reducirbar.  Das  Pulver  in  Salpetersäure  leicht 
löslich.  Ghlt.  nach  Wähler:  PbO  82,87,  P205  15,72,  CI  1,89. 

— Formel : PbCl2H-3(3Pb0.P205).  In  manchen  Braunbleierzen 
wird  ein  Theil  Chlorblei  durch  Fluorcalcium  und  ein  Theil  2/z 
phosphors.  Blei  durch  2/z  phosphors.  Kalk  ersetzt.  Diese  er- 
halten die  Formel : [PbCl2,CaF2[-*-3(3[PbO,  Ca0].P205).  Inden 
Grünbleierzen  ist  ein  Theil  P205  durch  As205  ersetzt , wodurch 
die  Formel  PbCl2+3(3PbO.[P2(>5,  As2OJ)  nach  Wähler  be- 
stimmt ist. 


Kommt  in  ältern  und  neuern  Gebirgsarten  auf  Gängen,  begleitet  von 
andern  Bleierzen,  Silber-,  Kupfer-  und  Eisenerzen  vor:  Baden,  Erzge- 
birge (FreibergJ , Böhmen,  Eisass,  Nassau  (HolzappelJ  , Rheinpreussen 
(Virneberg  , Commern) , Spanien,  Bretagne  , Schottland. 

Das  Blau-Bleierz  ist  ein  inniges  Gemenge  von  Bleiglanz  und  Pyro- 
morphit, oder  After-Krystalle  des  Bleiglanzes  nach  Formen  des  Pyromor- 
phits, zuweilen  in  sechsseitigen  Säulen,  häufiger  derb.  Matt.  Bleigrau  in’s 
Indigoblaue  und  Schwarze.  — Kommt  auf  Barytspathgängen  im  Gneis 
vor:  Erzgebirge , Bretagne,  Cornwall. 


264 


Vanadin-ßleispath. 


Der  Pyromorphit  wird  als  ein  sehr  erzreiches  Mineral  mit  andern 
Bleierzen  auf  Blei  verschmolzen.  ► 

(Der  Polysphärit  ist  dem  Braunbleierze  sehr  ähnlich,  findet  sich  in 
Kugeln  und  Tropfen,  ist  braun  in’s  Isabellgelbe , hat  ein  geringeres  sp. 
G.  =3  5,89,  enth.  11,05  p.  G.  bas.  phosph.  Kalk  nebst  etwas  Fluorcalcium. 
Kommt  bei  Freiberg  vor.) 

3 . Arseniksaures  Blei. 

(Syn.  Arseniksaures  Bleioxyd  mit  Chlorblei,  Arsenikblei.) 

Kryslstm.  drei-  und  eimixig.  Krystf.  Hexagondodecaöder 
mit  den  Flächen  der  sechsseitigen  Säule  und  der  gerade  ange- 
setzten Endfläche.  Zwillinge.  Kryst.  gewöhnlich  haar  - und 
nadelförmig , einzeln  oder  zu  mehrern  aufgewachsen;  kugelig , 
nierenförmig , knollig , mit  auseinanderlaufend  faseriger  Textur; 
als  Ueberzug.  — Unvollkommen  spaltbar  parallel  den  Flächen 
des  Hexagondodecaeders.  Br.  muschelig.  II.  =3;  spröde;  sp. 
G.  — 7,1.  Durchscheinend  bis  undurchsichtig.  Fettglanz,  zu- 
weilen diamantartig.  Gelb  in’s  Pomeranzenfarbige , Grüne  und 
Rothe,  Graue  und  Braune.  Strich:  lichte  gelb. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  schwierig  schmelzend,  Arsenikdämpfe 
entwickelnd  und  plötzlich  reducirbar.  In  der  äussern  Flamme 
schmilzt  es  in  der  Pincette  zu  einem  Krystallkorne.  In  Salpeter- 
säure leicht  auflöslich.  Ghlt.  nach  v.  Kobell : PbO  67,44,  As205 
23,22,  Pb  6,97,  CI  2,37.  — Formel:  PbCl2+3(3Pb0.As205). 

Kommt  wie  der  Pyromorphit  vor  : Baden  y Erzgebirge  ( 'Johann - 
GeorgenstadtJ  , Cornwall,  Sibirien. 

Wird  ebenfalls  zur  Gewinnung  des  Bleis  benutzt. 


4.  Vanadin- Bleispalh. 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  regelmässige  sechsseitige  Säule. 
Kryst.  klein,  kugelig  gruppirt,  eingesprengt , als  Ueberzug;  Text,  un- 
deutlich blätterig.  — Br.  muschelig.  H.  = 3;  sp.  G.  = 6,8 — 7,2.  Un- 
durchsichtig. Stark  fettglänzend  bis  matt.  Strohgelb  bis  röthlich-  und 
kastanienbraun. 

Y.  d.  L.  decrepitirend  (nach  Einigen  Arsenikgeruch  entwickelnd) , 
zu  einer  Kugel  schmelzend,  die  sich  zu  regulinischem  Blei  reducirt  und 
die  Kohle  dabei  gelb  beschlägt.  Yon  Phosphorsalz  wird  es  zu  einem 
Glase  gelöst,  das  in  der  .äussern  Flamme  rüthlich-gelb  , so  lange  es  heiss 
ist,  nach  dem  Erkalten  gelblich-grün  aussieht,  in  der  innern  Flamme 
aber  eine  schöne  chromgrüne  Farbe  hat.  In  Salpetersäure  ist  es  leicht 
löslich.  Bestdth. : P206 , CI,  V03,  Pb,  PbO  (auch  As205?).  — Formel: 
PbCl2.2Pb0-f-3(2Pb0.V03). 

Ein  auf  einer  verlassenen  Bleigrube  in  Irland  ( Grafschaft  TVichlow) 
gefundener  Vanadinbleis palh  enthielt  nach  Thomson:  V03  23,43,  H2Cl> 
2,44,  PbO  66,32,  Pb  7,03,  Fe,03  0,16- 

Kommt  vor;  Mexico  (Zimapan) ; auf  einem  Gange  mit  Galmey:  bei' 


Jod-Silber. 


265 

JVanlockhead  in  Schottland ; auf  dünnen  Klüften  im  Granit  der  Gold- 
gruben: Sibirien  fBeresowJ.  Hier  umhüllt  es  oft  das  Grün-Bleierz. 

Einen  kupfev-  und  zinkhaltigen  Vanadinbleispath  von  unbekanntem 
Fundorte  untersuchte  Damour.  Er  bildet  kleine,  warzenförmige  Massen, 
auf  eisenschüssigem  Quarz  aufsitzend.  Härte  = 3,5.  Farbe  bräunlich- 
gelb,  auf  dem  Bruche  dunkelgrün.  Er  enthielt:  CI  2,2,  V03  15  8 PbO 
70,8,  ZnO  6,3,  CuO  2,9,  1I20  3,8- 

5.  Hedyphan . 

Derbe  M.  — Br.  muschelig.  H.  = 4;  sp.  G.  = 5,40—5,49.  Durch- 
scheinend. Diamantglanz.  Graulichweiss. 

Ghlt.  nach  Kevsten  ; PbCl,  10,28,  3Pb0.As205  60,1,  3Ca0.P205  12,98. 
— Formel:  PbCl2-p3[PbO,  Ca0j.[As205,P205]. 

Kommt  im  Kiesel-Maugan  in  Schweden  ( Langbanshyttan } vor. 


GRUPPE  IV.  CARBONATE  MIT  CHLORMETALLEN. 

/.  Blei-Hornerz. 

(Syn.  Kohlensaures  Bleioxyd  mit  Chlorblei,  Hornblei,  Salzsaures  Blei.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  quadratische  Säule  mit  der 
gerade  angesetzten  Endfläche  und  den  Flächen  einer  zweiten  quadratischen 
Säule,  als  Abstumpfung  der  Seitenkanten.  In  der  Endigung  die  Flächen 
eines  oder  zweier  Quadratoctaeder.  Kryst.  klein,  aufgewachsen;  Text, 
blätterig;  derb;  korallenförmig.  — Spaltbar  parallel  den  Seitenflächen 
der  Säule.  Br.  muschelig.  H.  = 3;  sp.  G.  = 6,06.  Halbdurchsichtig. 
Diamantglanz.  Wasserhell,  graulichweiss,  strohgelb  in’s  Braune.  Strich: 
weiss. 

V.  cl.  L.  in  der  äussern  Flamme  zur  klaren,  beim  Abkühlen  gelben 
Kugel  schmelzend;  in  der  innern  Flamme  reducirbar  unter  Entwickelung 
von  Salzsäure ; mit  Phosphorsalz  und  Kupferoxyd  zusammen  geschmolzen 
die  Flamme  schön  blau  färbend.  In  Salpetersäure  unter  Brausen  lösbar. 
Die  Lösung  wird  von  salpetersaurem  Silber  gefällt.  Ghlt.  nach  v.  Ko - 
bell : Pb  38,00,  Cl  13;00 , PbO  8,11,  C02  40,89.  — Formel  : PbCl2-f- 
PbO.C02. 

Kam  ehemals  mit  Blende  vor:  Derbyshire  {MatlokJ . Vesuv  (Erup* 
tion  von  1817). 


GRUPPE  V.  JODMETALLE, 
i.  Jod-Silber. 

Dünne  Blättchen.  — ■ H.  = 1.  Geschmeidig  und  in  dünnen  Blättchen 
vollkommen  biegsam.  Durchscheinend.  Fettglanz,  diamantartig.  Perlgrau. 
Strich:  glänzend. 

V.  d.  L.  sehr  leicht  schmelz-  und  reducirbar;  die  Flamme  purpur- 
roth  färbend.  Der  Salzsäure  in  der  Wärme  eine  röthlich-braune  Farbe 


266 


Flussspath. 


oriheilend  und  violette  Dämpfe  von  Jodgas  entwickelnd.  In  Salpetersäure 
unauflöslich.  Gblt.  nach’  Vauq , : .1  18,5,  Ag  8t,5,  — Formel:  Ag2J. 

Scheint  die  SpalLen  eines  serpentinähnlichen  Gesteins  auszufullen 
und  kommt  mit  eingesprengten  Th  eilen  von  gediegen  Silber  im  Ilorn- 
silber  zu  Albarradon  bei  Mazapil  in  Mexico  vor. 

(Das  Jod- Quecksilber , welches  nach  Del- Bio  in  America  vorkommt, 
.ist  duukel-zinnoberroth  und  auf  dem  Striche  nicht  heller  als  Zinnober.) 


I GRUPPE  VI.  FLUORMETALLE. 

In  dieser  Gruppe  finden  sieh  Repräsentanten  fast  aller  Sy- 
steme , ausgenommen  des  ein-  und  eingliedrigen ; mehrere  kom- 
men nur  als  kryst.  M.  vor.  Im  Bruche  sind  sie  meist  uneben 
und  gehen  in’s  Muschelige  und  Splittrige  über.  Fast  alle  über- 
steigen wenig  Flussspathhärie  und  werden  vom  Feldspath  ge- 
ritzt ; der  Jiryoliih  übersteigt  w^nig  die  Härte  des  Gypses.  Die 
Grenzen  des  spec.  Gew.  liegen  beim  Kryolith  =*  2,9  und  beim 
neutr.  Fluor cerium  =*=  4,7.  Flussspath  und  Fluellit  sind 
häufig  durchsichtig , die  übrigen  durchscheinend  bis  undurchsich- 
tig ; der  vorherrschende  Glasglanz  geht  in  Fett-  und  Perlmutter- 
glanz über.  Die  herrschende  weisse  Farbe  geht  häufig  in’s 
Gelbe,  Rothe  und  Braune  über;  das  Strichpulver  ist  meist  weiss 
in’s  Gelbliche.  V.  d. L.  sind  die  mehrsten  unschmelzbar;  Fluss- 
spath schmilzt  schwierig,  Kryolith  schon  in  der  Lichtflamine. 
Mit  conc.  Schwefelsäure  übergossen  und  erwärmt  entwickeln 
alle  glasätzende  Dämpfe  von  Flussäure, 

/*  Flussspath . 

(Syn.  Flusssaurer  Kalk,  Fluorcalcium,  octacdrisches  Fluashaloid.) 

Krystsim.  regelmässig.  Krystf.  1)  Octaeder;  2)  Hexaeder; 
3)  Combinationen  beider  Gestalten,  bei  denen  bald  die  Flächen 
der  einen,  bald  der  andern  vorherrschen ; 4)  Dodecaeder;  5) 
Dodecaeder  mit  Hexaederflächen;  6)  Combination  des  Octaeders 
und  Dodecaeders ; 7)  des  Octaeders , Hexaeders  und  Dodecaeders ; 
8)  des  Hexaeders  und  Tetrakishexaeders ; 9)  Tetrakishexaeder ; 
10)  Combination  des  Octaeders  mit  dem  Triakisoctaeder ; 11) 
des  Hexaeders  mit  dem  Ikositetraeder;  12)  des  Octaeders  mit 
dem  Ikositetraeder  u.  s.  w. ; zuweilen  Zwillinge , wobei  die  In- 
dividuen in  der  Regel  Hexaeder  sind.  Kryst. ; derbe  M. ; dicht , 
erdig.  — Vollkommen  spaltbar  nach  den  Octaederflächen.  Br. 
muschelig  ins  Unebene.  H.  = 4;  spröde;  sp.  G.  = 3,1.  Durch- 
sichtig bis  durchscheinend.  Glasglanz  stark.  Selten  ungefärbt, 
Strich  : weiss.  Erwärmt  mit  grünem  oder  blauem  Lichte  phos- 
phorescirend.  Das  durch  Erwärmen  bis  zu  einem  gewissen 


Flussspath. 


267 

Grade  zerstörte  Vermögen  der  Phosphorescenz  wird  durch  elec- 
trische  Schläge  wieder  hergesteilt. 

V.  d.  L.  zerknisternd ; zu r unklaren  Perle,  aber  schwierig, 
schmelzbar  (2,7 — 3).  Nach  anhaltendem  Glühen  auf  der  Kohle 
alcalisch  reagirend.  In  Borax  zu  klarem  Glase  lösbar;  mit 
Schwefelsäure  glasätzende  Dämpfe  entwickelnd.  In  Salzsäure 
ruhig  lösbar ; in  Wasser  unauflöslich.  Ghlt.  nach  Berz. : CaO 
72,13,  H2F2  27,86.  — Formel:  CaF,.  Kersten  fand  in  einigen 
Flussspathen  Chlor , Berzelius  einen  zufälligen  Arsenikgehalt. 

Arten. 

4)  Fluss spath.  Kryst.  in  der  Regel  glatt,  auch  drüsig 
oder  rauh,  zuweilen  mit  abgerundeten  Ecken  oder  Kanten,  ein- 
zeln auf-  oder  durcheinander  gewachsen , oder  drüsig  verbunden, 
treppenförmig  gruppirt ; kryst.  M. ; Text,  stängelig , körnig  oder 
schalig ; derb;  eingesprengt ; selten  als  Versteiiierungsmittel. 
Weiss , grau , braun , grün , gelb  und  roth  in  verschiedenen  Nü- 
anzen , oft  verschiedene  Farben  an  einem  Kryst. ; helle  Kryst. 
dunkel  gefärbte  umschliessend ; manche  Kryst.  zeigen  Dichrois- 
mus. {Nicol  fand  in  der  Höhlung  eines  Flussspath  - Krystails 
eine  Flüssigkeit  und  ein  Luftbläschen  von  grosser  Expansivkraft. 
Durch  einen  künstlich  angebrachten  Ritz  drang  die  Flüssigkeit 
gewaltsam  hervor  und  zeigte  nach  einiger  Zeit  kleine  cubische 
Kryst.  von  Flussspath.  Die  Beendigung  dieses  Krystallisations- 
processes  dauerte  beinahe  14  Tage.  Vergl.  Poggend.  Ann.  Bd. 
13.  p.  512.) 

Kommt  auf  Gängen,  seltener  auf  Lagern,  namentlich  auf  Zinn-  und 
Kupferführenden,  vor,  und  ist  ziemlich  allgemein  verbreitet:  Baden, 
Erzgebirge,  Harz,  Ungarn,  Tyrol , St.  Gotthard , Montblanc , Frank- 
reich, England,  Norwegen,  Sibirien,  America]  im  Grobkalk:  bei  Paris] 
in  Auswürflingen  des  Vesuvs . 

2)  Flussstein.  (Syn.  Dichter  Fluss.)  Derb,  dicht.  — Br. 
flachmuschelig.  Schimnmrnd  oder  matt.  Weiss  und  grau,  mit 
Grün  oder  mit  Roth  gemischt. 

Findet  sich  auf  Gängen  im  ältern  Gebirge : am  Harz  ('StollbergJ > 
Savoyen,  Norwegen , Grönland , 

i 

3)  Fluss  erde.  (Syn.  Erdiger  Fluss.)  Staubartige,  lose 
verbundene  Theile , als  Ueberzug  oder  Anflug.  Matt.  Zwischen 
Violblau  und  Perlgrau  in’s  Weisse.  Mager  anzufühlen. 

Setzt  eigene  Gänge  zusammen  und  ist  wahrscheinlich  durch  Zerstö- 
rung des  Flussspaths  hervorgegangen:  Freiberg,  Baiern,  Sachsen. 

Ehemals  wurden  gefärbte  Flussspathe  unter  mancherlei  Namen  (als 
Edelsteine)  in  Apotheken  aufbewahrt  und  als  Arzneimittel  angewendet. 
Der  Flussspath  wird  als  Zusatz  beim  Kupfer-,  Eisen-  und  Silberschmelzen 


268 


Basisches  Fluorcerium. 


gebraucht,  zum  Probiren  der  Eisensteine;  ferner  mit  Gypsspath  gemengt 
zum  Ueberzug  für  messingene  oder  kupferne  Kochgeschirre  : bei  der  Fa- 
brikation von  Porzellan  und  Glas.  Auch  werden  aus  den  schön  gefärbten 
Varietäten  allerlei  Geräthschaften , Vasen,  Leuchter,  Becher,  Teller, 
Tafeln  u.  s.  w.  geschnitten.  Die  dein  Minerale  eigenthümliche  Säure 
dient  zum  Aetzen  des  Glases,  welche  Eigenschaft  Heinrich  Schwanhard 
in  Nürnberg  zuerst  benutzte  im  Jahre  1670- 


2.  Yttrocerit. 

(Syn.  Fluorcalcium  mit  Fluoryttrium  und  Fluorcerium.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf  schiefe  rhombische  Säule? 
Kryst.  M. ; derb;  Text,  unvollkommen  blätterig.  — Br.  uneben.  H.  =x 
4,5;  sp.  G.  = 3,44.  Undurchsichtig.  Wenig  glas-  bis  perlmutterglänzenil. 
Violblau  in’s  Graue  und  Weisse. 

V.  d.  L unschmelzbar,  weiss  werdend;  in  Borax  zu  klarem  Glase 
lösbar.  Als  Pulver  leicht  in  Salzsäure  lösbar.  Mit  Schwefelsäure  Fluss- 
säure entwickelnd.  Ghlt.  nach  Berz. : Ceo03  13,78,  YO  19,02,  HiF2 
32,55,  CaO  31,25,  A1203  3,40. 

Findet  sich  eingewachsen  in  Quarz  mit  Albit  : Finbo  bei  Fahlun 
und  Broddbo , New-Jersey . 


3.  Neutrales  Fluorcerium . 

(Syn.  Neutrales  flusssaures  Cerer.) 

Kryststm.  drei-  und  einaxig.  Krystf.  sechsseitige  Säule  mit  der 
gerade  angesetzten  Endfläche  und  den  untergeordneten  Flächen  des  Hexa- 
gondodecaeders.  Kryst.  selten;  kleine  blättrige  M. ; derb  — Br.  uneben 
in’s  Splittrige.  II.  = 4,5 — 5,5;  sp.  G.  = 4,7.  Nur  in  dünnen  Splittern 
durchscheinend.  Wenig  glänzend.  Ziegelroth  in’s  Gelbe.  Strich:  gelblich- 
weiss. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  unschmelzbar,  dunkler  werdend;  in  der  äussern 
Flamme  mit  Borax  zu  rothem  oder  dunkelgelbem  Glase  fliessend.  Im 
Kolben  Wasser,  bei  starker  Hitze  Flusssäure  gebend,  ln  Salzsäure  voll- 
kommen löslich  und  mit  Schwefelsäure  Flusssäure  entwickelnd.  Ghlt. 
nach  Berz.:  Ce203  82,64,  YO  1,12,  F2H2  16,24.  — Formel:  CeF2. 

Kommt  mit  Albit,  selten  mit  Quarz  verwachsen  vor  : Schweden 
( Fahlun  und  Finbo).  * 

4.  Basisches  Fluorcerium. 

(Syn.  Basisches  fiusssaures  Cerer.) 

Kryst.  M. ; derb.  — Br.  muschelig.  H.  = 4,5*  Undurchsichtig.  Zwi- 
schen Glas-  und  Fettglanz.  Gelb  in’s  Rothe  und  Braune.  Strich  : bräun- 
lich gelb. 

V.  d.  L.  unschmelzbar,  im  Glühen  fast  schwarz  aussehend,  beiin 
Abkühlen  dunkelbraun , schön  roth  und  endlich  dunkel-gelb  werdend. 
Im  Kolben  Wasser  gebend  Im  Uebrigen  wie  dio  vorige  Gttg.  Ghlt.  nach 
Berz.:  Ce203  84,20,  H2F2  10,85,  H20  4,95.  - Formel:  Ce,F(j+3Ce203.lI20. 

Findet  sich  in  Feldspath  eingewachsen:  Schweden  (Finbo). 


Chondrodit. 


269 


5.  Fluorcerium  mit  Fluoryltrium. 

Derb.  — Br.  uneben,  splittrig.  H.  = 4,5;  sp.  G.  = 4,15.  Undurch- 
sichtig. Matt.  Röthlichbraun  in’s  Rothe,  Gelbe  und  Weisse. 

V.  d.  L.  wie  neutr.  Fluorcerium.  Ghlt.  nach  Berz. : H2F2  14,0 , 
Ce203  22,9,  YO  36,3,  CaO  3,9,  Fe203  3,0,  Si03  19,3. 

Kommt  ebenfalls  zu  Finbo  in  Schweden  vor. 

6.  Kryolith. 

(Syn.  Fluor-Natrium  mit  Fluor-Aluminium,  Chryolith,  prismatisches 
Kryonhalokl.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig?  Kryst.  M. ; Text,  blätterig.  — Br.  un- 
eben. H.  = 2,5  — 3 ; sp.  G.  = 2,9.  Durchscheinend.  Schwach  perl- 
mutterglänzend. Weiss  in’s  Graue  Gelbe  und  Braune.  Strich:  weiss. 

Schon  in  der  Lichtflamme  schmelzbar.  V.  d.  L.  zur  wasserhellen, 
beim  Abkühlen  unklar  werdenden  Perle.  Im  Kolben  wenig  Wasser  und  fluss- 
saure Reaction  gebend  Mit  conc.  Schwefelsäure  Flusssäure  entwickelnd. 
Mit  Wasser  übergossen  erhält  der  Kryolith  ein  gallertartiges  Ansehen. 
Ghlt.  nach  Berz.:  H2F2  31,35,  NaO  44,25,  A1203  24,40.  — Formel: 
3(NaF2)-f-AI2F6. 

Findet  sich  auf  Lagern  im  Gneis,  begleitet  von  Bleiglanz,  Eisen- 
und  Kupferkies,  Quarz:  Grönland  flviketj. 


7.  Fluellit. 

Kryststm  ein-  und  einaxig.  Krystf.  rhombisches  Octaeder.  Kryst. 
meist  sehr  klein  Durchsichtig.  Weiss.  Ghlt.  nach  Wollaston : ALO, 
und  IT2F2. 

Findet  sich  mit  Wavellit  in  Cornwall. 


GRUPPE  VII.  SILICATE  MIT  FLUORMETALLEN. 

Die  Mineralien  dieser  Gruppe  gehören  zum  zwei-  und  ein- 
gliedrigem und  ein-  und  einaxigem  Systeme.  Der  Bruch  ist  mu- 
schelig bis  uneben;  sie  ritzen  den  Feldspath  und  werden  vom 
Korund  geritzt,  sind  spröde  und  besitzen  ein  spec.  Gew.  von 
3,1  bis  3,5.  Sie  sind  durchsichtig  bis  a.  d.  K.  durchscheinend, 
besitzen  Glasglanz  und  sind  wasserhell  oder  haben  gelbe,  braune 
und  rotlie  Farben.  Das  Strichpulver  ist  weiss.  V.  d.  L.  sind 
sie  unschmelzbar;  Topas  ist  in  Phosphorsalz  mit  Hinterlassung 
eines  Kieselskeletts  lösbar  und  Chondrodit  gelatinirt  mit  Salzsäure. 

1 . Chondrodit. 

(Syn,  Drittel-kieselsaure  Talkerde  mit  basischem  Fluormagnesium.) 

Kryststm.  zwei-  und  eingliedrig.  Krystf.  schiefe  rhombische  Säule 


270 


Topas. 


mit  gerader  Abstumpfung  der  scharfen  Seitenkanten  und  einer  augitarti- 
gen  Zuschärfung  der  stumpfen  Endhauten.  Kryst.  seiten;  öfter  hryst. 
Al.  und  Körner;  ein-,  seilen  aufgewachsen.  — Unvollkommen  spaltbar 
parallel  der  schiefen  Endfläche.  Br.  kleinmuschelig  in’s  Unebene.  H.  = 
(3,5;  sp.  G.  = 3,1  — 3,2.  Durchscheinend.  Glasglan?.  Gelb  in’s  Braune 
und  Rothe.  Strich:  weiss. 

V.  d.  L.  unschmelzbar;  milchweiss  (oder  bräunlich)  werdend;  in  Bo- 
rax zu  klarem  Glase  lösbar;  in  der  offenen  Glasröhre  bei  starkem  Glühen 
Flusssäure  gebend.  In  Salzsäure  bis  auf  die  Kieselerde  löslich.  Die  Auf- 
lösung wird  von  Aetzammon  nicht  gefällt  Ghlt.  nach  Tho/ns. ; SiO* 
36,00,  MgO  53,64,  Fe.,03  3,97,  HoF2  3,75,  H20  1,62.  — Formel:  MgO. 
MgF2-J-3MgO.SiO,. 

Kommt  in  körnigem  Kalk  vor:  Nord-  America  ( Sparta , Eden)  t 
Finland  fFargas) , Sachsen  ( Boden  bei  Marienberg). 


2.  Topas. 

(Syn.  Drittel-kieselsaure  Thonerde  mit  basischem  Fluoraluminium.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische 
Säule;  Combination  derselben  mit  den  Flächen  einer  andern 
Säule,  welche  Zuschärfungsflächen  der  scharfen  Seitenkanten 
bilden;  hierzu  treten  noch  Endzuschärfungen , welche  auf  die 
•scharfen  oder  auch  auf  die  stumpfen  Seitenkanten  aufgesetzt 
sind.  Combination  der  beiden  rhombischen  Säulen  mit  den  Flä- 
chen eines  oder  mehrerer  rhombischen  Octaeder  und  zuweilen 
mit  der  gerade  angesetzten  Endfläche.  Kryst.  einzelne  Flächen 
glatt , andere  rauh  und  gestreift ; kryst.  M. : Text,  blätterig , 
stängelig;  derb.  — Spaltbar  parallel  den  Endflächen.  Br.  mu- 
schelig bis  uneben.  H.  = 8;  spröde;  sp.  G.  = 3,4 — 3,5.  Durch- 
sichtig bis  a.  d.  K.  durchscheinend.  Glasglanz.  Strich : weiss. 
Durch  Reiben  und  Druck  electrisch,  durch  Erwärmen  polarisch 
electrisch  werdend.  Bruchstücke  oder  Pulver  phosphoresciren 
beim  Erwärmen. 

V.  d.  L.  auf  Kohle  unschmelzbar ; mit  Cobaltauflösung  be- 
feuchtet und  geglüht  eine  schöne  blaue  Farbe  annehmend ; in 
Phosphorsalz  mit  Hinterlassung  eines  Kieselskeletts,  in  Borax 
langsam  zu  wasserhellem  Glase  lösbar;  in  Säuren  unlösbar.  — 
Formel : Ai203.Al,F6-h3(Al >03.Si03). 

Arten. 

1)  Topas.  Kryst.  meist  aufgewachsen,  selten  zu  Drusen 
verbunden;  kryst.  M. , eingesprengt;  Geschiebe.  Stark  glänzend. 
Wasserhell,  weingelb  in’s  Violblaue,  in’s  Grünlich-  und  Gelb- 
lich-weisse;  pomeranzengelb  und  hyacinthroth.  Ghlt.  nach  Berz.: 
Si03  34,24,  H2F2  7,75,  A1203  57,45. 

Findet  sieh  als  wesentlicher  Gemengtheil  im  Topasfels : Voigtlande 
fSchneckcnsteinJ ; in  manchen  Urgebirgen  eingewachsen,  auch  auf  Gun- 


Topas. 


271 


gen  wnd  Nestern:  Erzgebirge  (Geyer  und  Allenberg) , Böhmen  (Schlag- 
genwalde), Schottland , Sibirien ; als  lose  Krystalle  und  Geschiebe  im 
Alluvium:  Brasilien  , Sachsen  ('EibenstockJ ; in  Auswürflingen  des  Vesuvs 
(hier  rosenroth). 

Ehemals  brauchte  man  den  Topas  als  Arzneimittel.  Er  ist  ein  ge- 
schätzter Edelstein,  besonders  der  brasilische.  Die  unbrauchbaren  Topas- 
stücke werden  gepulvert  zum  Schleifen  weicherer  Steinarten  benutzt. 

i 

2)  Pyrophysalith.  (Syn.  Physalith.)  Kryst.  gross,  un- 
deutlich , rauh ; derb  und  nierenförmig.  Schwach  glänzend.  Weiss 
in’s  Gelbe  und  Grüne. 

Findet  sich  eingewachsen  in  Granit:  Schweden  (Finbo,  Broddbo). 

3)  Vyknit.  (Syn.  Stangenstein,  scbörlartiger  Beryll.)  Lang- 
stänglich  abgesonderte  Säulen,  der  Länge  nach  gestreift;  meist 
bündelförmig  gruppirt ; derb.  Strohgelb , perlgrau  in’s  Rothe. 

Findet  sich  eingewachsen  in  einem  aus  Quarz  und  Glimmer  beste- 
hendem Gesteine  : Sachsen  ('Altenberg). 


ZWEITE  KLASSE. 


Mineralien,  zusammengesetzt  nach  dem  Principe 
für  die  Zusammensetzung  der  organischen  Natur. 


GRUPPE  L WENIG  VERÄNDERTE  ORGANISCHE  STOFFE. 

Die  Gattungen  dieser  Gruppe  stellen  derbe  Massen  dar, 
die  häufig  organische  Structur  zeigen ; oder  mit  organischen 
Ueberresten  gemengt  sind.  Sie  sind  undurchsichtig,  matt  oder 
wenig  glänzend,  schwärzlich-braun  bis  pechschwarz.  V.  d.  L. 
verbrennen  sie  mit  eigentümlichem,  unangenehmem  Gerüche  und 
hinterlassen  mehr  oder  weniger  Asche. 

i.  Torf, : 

Derbe  M. , häufig  mit  verschiedenen,  mehr  oder  minder  ver- 
änderten Ueberresten  von  Pflanzenfasern  durchzogen.  — Br. 
grob-  oder  feinerdig  bis  dicht,  mitunter  faserig.  Zerreiblich  oder 
H.  = 1 ; sp.  G.  = 0,72 — 1.  Undurchsichtig.  Matt.  Schwärz- 
lich-braun bis  pechschwarz;  gelblich-grau  bis  graulich-gelb. 
Strich:  ebenso.  Mager  anzufühlen;  wenig  abfärbend. 

V.  d.  L.  verkohlend  und  leicht  verbrennend,  mit  unangeneh- 
mem Gerüche  und  Hinterlassung  einer  mehr  oder  weniger  von 
Eisenoxyd  gefärbten  Asche.  Die  Bestand th eile  des  Torfes  sind 
in  ihren  Gewichtsverhältnissen  sehr  verschieden.  Man  fand  70— 
91  p.  C.  brennbare  Theile.  Diese  bestehen  hist  ganz  aus  Hu- 
mussäure, tlieils  frei,  theils  gebunden  an  Alaunerde.  Büchner 
und  Oberlin  fanden  in  der  Äsche  eines  Torfes  19  p.  C.  Koch- 
salz mit  etwas  Gyps  und  81  p.  C.  in  Wasser  unlösliche  Theile, 
bestehend  aus  kohlens.,  phosphors.,  Schwefels.  Kalk,  Magnesia, 
Thonerde  und  Eisenoxyd , nebst  Kieselerde,  Thonerde  und  Eisen- 
oxyd. (Vergl.  Buchn.  Rep.  d.  Ph.  Bd.  46.  p.  185.,  wo  sich 
eine  ausführliche  chemische  Geschichte  des  Torfs  vorfindet.) 

Der  Torf  bildet  sich  noch  immer  fort  aus  verwesenden  Sumpfpflan- 
zen unter  Einfluss  des  Wassers  (gleichsam  durch  nasse  Verkohlung),  be- 


Braunkohle. 


273 


sonders  Laubmosen  (aus  den  Arten  der  Gattung  Sphagnum) , Lebermoosen 
u.  s.  w.  und  findet  sich  besonders  häufig  im  Alluvialbodcn  der  Niederun- 
gen des  nördlichen  Deutschlands,  auch  auf  Gebirgs-Plateaus  und  in  Mo- 
rästen: in  Schlesien , in  der  Schweiz  y Schottland t Irland  u s.  w. 

Der  Torf  ist  ein  gutes,  in  manchen  Gegenden  das  einzige,  Brenn- 
material ; er  giebt  viel  und  anhaltende  Hitze  In  Irland  presst  man  den 
frisch  getrockneten  Torf  mittelst  einer  einfachen  Maschine,  wodurch 
seine  Hitze  beim  Verbrennen  die  der  Steinkohlen  übertreten  soll.  Mit 
gebranntem  Kalk  bearbeitet  soll  er,  nach  Thaer  und  Einhof , ein  gutes 
Düngmittel  abgeben,  und  in  der  neuern  Zeit  ist  er  zur  Papierfabrikation 
empfohlen  worden.  (Vergl.  Ann.  der  Pharm,  ßd.  18.  p.  59.) 

Man  unterscheidet  nach  der  Farbe:  schwarzen,  braunen  und  gelben 
Torf;  nach  der  innern  Beschaffenheit  und  Entstehung:  Pechtorf , Rasen - 
oder  Moos-,  Holz-,  Blätter  oder  Papier-Torf:  nach  dem  Vorkommen: 
Land- , Morast - oder  Bagger-  und  MeertorJ  (letzterer  ist  aus  Tang - 
arten  gebildet). 

Der  Humus  bildet  sich  überall,  wo  organische  Stoffe  an  der  freien 
Luft  verwesen.  Das  letzte  Produkt  dieser  Verwesung  stellt  eine  schwarz- 
braune, pulverige  Masse  dar,  die  mit  den  Ueberrestert  verwitterter  Fels- 
gesteine gemengt  die  Dammerde  bildet  und  sich  überall  als  nothwendige 
Bedingung  und  Folge  der  Vegetation  auf  der  festen  Erdrinde  zeigt, 
wenn  wir  den  nackten  Felsen  ausnehmen.  (Vergl.  über  Humus  C.  Spren- 
gel in  Kastn.  Archiv  d.  g.  Naturl.  Bd.  VIII.  p.  145.  und  Erdrn . J.  für 
techn.  und  Ökonom.  Chemie  Bd.  3:  p.  285.) 

2.  Braunkohle. 

(Syn.  Harzige  Steinkohle  z.  Th. , Lignit.) 

Derbe  M.  Str.  mehr  oder  minder  deutlich  holzartig,  auch 
blätterig , dicht  oder  erdig.  — Br.  schiefrig,  muschelig,  erdig. 
H.  = 1—2,5;  oft  zerreiblich;  sp.  G.  = 0,5— 1,7.  Undurchsichtig. 
Matt  bis  wenig  glänzend,  selten  Fettglanz.  Braun  in’s Schwärz- 
liche oder  Gelbliche , selten  pechschwarz.  Strich  : ebenso  und 
wenig  glänzend. 

V.  d.  L.  mit  ziemlich  heller  Flamme  verbrennend;  der  ent- 
wickelte Rauch  riecht  eigentümlich  widrig  brenzlich;  im  Rück- 
stände bleibt  eine  grössere  oder  geringere  Menge  Asche.  Der 
quantitative  Gehalt  ist  eben  so  verschieden,  wie  der  des  Torfs. 
Sie  können  grösstentheils  als  mit  Bitumen  durchdrungene  vege- 
tabilische Fasern  angesehen  werden  und  enthalten  ausserdem 
häutig  Schwefelkies  , Alaunerde  , Kieselerde  u.  s*  w.  Nach 
Karsten  besteht  eine  Kohle  des  Siebengebirges  von  Uttweiler 
a. , und  eine  aus  den  Roddergruben  bei  Cöln  b.  aus : 

C H 0 Erdige  Theile 

a.  77,10  2,54  19,35  1,00 

h.  54,97  4,31  26,46  14,25. 

(Rley  untersuchte  eine  Braunkohle  aus  dem  Anhaltsehert 
von  Preusslitz  und  fand  im  1000  derselben  in  Wasser  löslich; 

Geigers  Pharmacie>  1L  !•  (2 te  Aiijti)  1@ 


Braunkohle. 


174 

8.0  bitteres  Extrakt,  mit  Kochsalz,  Gyps  und  salz.  Kalk, 
45  Th  eile  in  Aethcr,  Alcohol  etc.  lösliches  weingelbes  Wachs 
und  50  Theile  grünlich-braunes  fettes  Oel  von  butterartiger  Con- 
sistenz . empyreumatischem  Gerüche  und  ähnlichem  Geschmacke 
und  470,0  Asche  ohne  Kali-Gehalt , aber  mit  5 p.  C.  phosphor- 
saurem Natron.) 

Arten. 

J)  Bituminöses  Holz.  (Syn.  Fossiles  Holz  , holzartige 
Braunkohle,  faserige  Braunkohle,  Surturbrand.)  Derbe  M.  Stl*.  und 
Gestalt  des  Holzes  meist  noch  vollkommen  erhalten.  Stämme, 
Aeste , Wurzel  noch  unterscheidbar  und  etwas  platt  gedrückt; 
häufig  mit  erhaltener  Rinde  und  deutlichen  Jahresringen.  — Br. 
faserig  und  schiefrig;  Querbruch:  muschelig.  H.  = l;  sp.  G. 
= 0,5— 1,4.  Matt  oder  schimmernd.  Holzbraun  ins  Gelblich- 
und  Schwärzlichbraune. 

Sehr  allgemein  verbreitet:  Böhmen  , Schlesien , Sachsen , Thüringen , 
am  Niederrhein  , Wetterau , Island  u.  's.  w. 

2)  Gemeine  Braunkohle.  (Syn.  Muschelige  Braunkohle) 
Derbe  M.  Str.  und  Gestalt  des  Holzt  s fast  verschwunden.  — 
Br.  flachmuschelig.  H.  » 2;  sp.  G.  = 1,28.  Fettglanz  bis 
schimmernd.  Braun  in  s Schwärzliche  bis  pechschwarz. 

Fast  eben  so  häufig  wie  die  vorige  Art  vorkoramend,  und  gewöhn- 
lich mit  dieser  mächtige  Ablagerungen  bildend;  Abänderungen  sind  die 
Nadelkohle , im  ELsass  und  die  Bartkohle  , in  der  kB etterau  vorkommend. 

3)  Moor  kohle.  (Syn.  Trapezo  dale-  oder  Moor-Braunkohle.) 
Derbe  M.  ohne  Ilolzstructur ; häufig  geborsten  oder  (rapezoi- 
disch  geklüftet.  — Querbr. : flachmus  helig  oder  eben.  H = 2 • 
wenig  milde;  sp.  G.  = 1,2— 1,3.  Wenig  glänzend  bis*  matt! 
Schwärzlich-braun  bis  pechschwarz. 

Scheint  aus  Sumpf-  und  Wasserpflanzen  entstanden  und  findet  sich 
ebenfalls  häufig:  Westerwald , Hessen  , Sachsen j Böhmen  J Schweiz,  Eng- 
land y Grönland , Sibirien  u.  s.  w. 

4)  Papierkohle.  (Syn.  Blattkohle.)  Derbe  M.,  aus  pa- 
pierdünnen,  leicht  trennbaren  Lagen  besteh  nd.  H.  = 1;  milde. 
Schwach  schimmernd.  Schwärzlich-braun. 

Bildet  im  Braunkohlen-Gebirge  hie  und  da  Lagen:  preuss.  Rhein- 
provinz Siebengebirge  ( Geistinger  BuschJ  f bei  Bonn  (Friesdorfj  , Oest - 
reich , Sicilien , Auvergne. 

5)  Dysodil.  (Syn.  Stinlkohle.)  Derbe  M. , aus  papier- 
dünnen  , scheibenartigen  Stücken  bestehend.  — Br.  erdig.  H.  = 
2;  elastisch  biegsam;  sp.  G.  = 1,1— i, 2.  Matt.  GeJbiichgrau 


Braunkohle. 


275 


ins  Leberbraune.  Beim  Verbrennen  besonders  unangenehm 
riechend. 

Findet  sich  in  Sicilien  und  dürfte  ein  mit  Braunkohicnmasse  oder 
Bitumen  gemengter  Thon  sein. 

6)  Pechkohle . (Syn.  Gagat  2.  Th.)  Derbe  M. , dicht,  häufig 
geborsten  und  zerklüftet;  Str.  und  Gestalt  des  Holzes  selten 
wahrnehmbar.  — Br.  vollkommen  muschelig.  H.  2,5;  spröde; 
sp.  G.  — 1,2 — 1,3.  Fettglanz.  Pech-  und  sammetschwarz. 

V.  d.  L.  beim  Glühen  sich  aufblähend  und  das  Pulver  im 
verschlossenem  Baume  zusammenbackend. 

Ist  ebenfalls  weniger  allgemein  verbreitet  und  kommt  in  den  Braun- 
kohlen-Ablagerungen  am  Siebengebirge  (bei  Uttweiler ),  in  Hessen  (am 
Meissner),  in  Baiern , Tyrol , Grönland  11.  s.  w.  vor.  Man  nimmt  an, 
dass  die  Pechkohle  durch  Einwirkung  der  geschmolzenen  Basaltmasse  oder 
auch  durch  starken  Druck  umgewandelte  Braunkohlen  sind.  Abänderungen 
durch  ein  mehr  oder  weniger  dieser  Einwirkungen  sind  die  Glanzkohle 
und  Stan"enkohle 

O 

7)  Et  dk  Ohl  e.  (Syn.  Erdige  Braunkohle,  bituminöse  Holzerde.) 
Derbe  M. , aus  staubartigen , mehr  oder  weniger  verbundenen 
Theilen  bestehend.  — Br.  erdig.  Zerreiblich.  Matt.  Braun  in’s 
Schwärzliche,  Graue  und  Gelbliche.  Etwas  abfärbend  und  mager 
anzufühlen. 

Findet  sich  hier  und  dort  fnit  Braunkohle:  Hessen  {Me’ssnerJ  t 
Niederrhein  TCölnJ,  Thüringen  , Schlesien.  Kölnische  Umbra  oder  köl- 
nische Erde  ist  eine  Abänderung  derselben  ( Glocker  zieht  auch  die  so- 
genannte Bernerde  hierhin;  sie  ist  lichte  gelblich-braun  und  stimmtauch 
isehr  mit  der  Erdkohle  überein;  aber  der  Geruch  beim  Verbrennen  der- 
selben ist  angenehm;  sie  findet  sich  ebenfalls  in  Braunkohlenlagern.) 

8)  Alaunerde.  (Syn.  Alaunerzeugende  Braunkohle,  erdige 
Afterkohle.)  Derbe  M.  — Br.  unvollkommen  schiefrig  und  erdig. 
Weich  und  milde.  Sp.  G.  = 1,2— 1,7.  Matt.  Schwärzlichbraun 
ins  Graue  oder  Schwarze.  Strich : glänzend. 

V.  d.  L.  schweflige  Säure  entwickelnd  ohne  zu  brennen  und 
bräunlich-roth  werdend. 

Kommt  theils  im  Braunkohlen-Gebirge , theils  im  Diluvium  vor:  im 
Brandenuur gischen  (FeigenxvaldeJ , Lausitz  {Muskau)  , hei  Leipzig 
{Schwemmsal) , Böhmen,  Mähren,  bei  Bonn  {Friesdorf)  u.  s.  w. 

Die  Braunkohlen  werden  wie  die  Schwarzkohlen  als  Brennmaterial 
benutzt  Je  mehr  sie  verwittert  sind , desto  weniger  taugen  sie  dazu. 
Manche  werden  daher  eingesumpft,  mit  Stroh  gemengt,  oder  in  Formen 
gedrückt  und  wieder  getrocknet;  schwefelkiesreiche  Braunkohlen  werden 
vorher  entschvrefelt  oder  verkoakt,  bevor  sie  zur  Feuerung  benutzt  wer- 
den können.  Durch  trockene  Destillation  erhält  man  ausser  den  gasarti- 
gen Produkten  6 p.  C.  (nach  Bley)  dickes,  bntterartiges , empyreumati- 
jsches  Oel  von  grünbrauner  Farbe,  das  kreosothaltig  sein  soll  ond  als 
B r a u nko  h 1 e n the  e r ö 1 meclicinische  Anwendung  findet*  Die  hierbei 


276 


Bernstein. 


entwickelten  Gasarlen  waren  Kohlenwasserstoff,  olbildemjes  und  Schwefel- 
wasserstolFgas.  — Nach  Simon  ist  das  Bruunkohlenlheerül  insofern  dem 
Bernsteinöle  analog,  als  auch  das  erstere  mit  Salpetersäure  behandelt  ein 
Harz  lieferte,  das  von  dem  aus  dem  Bernsteinöie  erhaltenem  sogenanntem 
künstlichem  Moschus  kaum  zu  unserscheiden  war.  — Die  Pechkohle  wird 
zu  verschiedenen  Gegenständen  des  Schmucks  verarbeitet  und  kommt 
zuweilen  als  schwarzer  Bernstein  im  Handel  vor.  — Die  kölnische 
Erde  oder  Umbra  dient  als  Farbmaterial.  — Die  Alaunerde  wird  zur 
Gewinnung  des  Alauns  benutzt  und  die  Asche  aller  ßraunkohlenarten 
kann  man  als  gutes  Diingmittel  anwenden. 


GRUPPE  II.  FOSSILE  HARZE. 

Die  Glieder  dieser  Gruppe  erscheinen  als  stumpfeckige, 
abgerundete  Stücke  oder  derbe  M.  mit  muscheligem  Bruche . 
von  Gypshärte  und  0,9  bis  1,2  sp.  G.  Sie  sind  durchsichtig 
bis  undurchsichtig,  haben  Fettglanz  und  sind  gelb,  roth,  braun, 
zuweilen  in’s  Schwarze  und  Grüne  neigend.  Durch  Reiben  er- 
langen sie  negative  E’ectricität. , oft  in  bedeutendem  Grade.  Sie 
schmelzen  mehr  oder  minder  leicht  und  verbrennen  v.  d.  L.  mit 
angenehmem  oder  weniger  unangenehmem  Gerüche,  indem  sie  nur 
Spuren  von  Asche  hinterlassen.  Elaterit  löst  sich  nur  wenig  in 
rectificirtem  Erdöl,  die  übrigen  theilweise  in  Alcohol. 


/.  Bernstein. 

(Syn.  Gelbes  Erdharz,  Succinit,  Agtstein,  gelbe  Ambra,  Suceinum.) 

Stumpfeckige,  mehr  oder  weniger  abgerundete  Stücke,  oft 
von  beträchtlicher  Grösse ; Körner ; Oberfläche  rauh , oder  un- 
eben ; selten  eingesprengt  und  nierenförmig  geflossen.  — Br. 
gross-  und  flachmuschelig.  II.  = 2 — 2,5 ; wenig  spröde ; sp.  G.  = 
1 — 0,S.  Durchsichtig,  mit  einfacher  Strahlenbrechung,  bis  un- 
durchsichtig. Fettglanz  mehr  oder  minder  stark.  Gelb  in  ver- 
schiedenen Niianzen,  selten  röthlich-braun  und  braun.  Durch  Rei- 
ben im  hohen  Grade  negativ  electrisch  werdend. 

V.  d.  L.  verbrennend  mit  geringem  Rückstände  und  wohl- 
riechende Dämpfe  entwickelnd.  Mehr  oder  minder  leicht  schmelz- 
bar. In  erwärmtem  Alcohol  schwierig  löslich.  Nach  Berz.  besteht 
der  Bernstein  aus  wenig  ätherischem  Gele,  und  aus  einem  in 
Weingeist,  Aether  und  Alcalien  leicht,  und  einem  in  Alcohol 
schwierig  löslichem,  auch  in  Aether  und  Alcalien  auflösbarem 
Harze ; ferner  enthält  er  Bernsteinsäure  und  einen  in  (90  p.  C.) 
Alcohol , Aether  und  Alcalien  imlöslichen , dem  LackstofF  ähn- 
lichen Körper,  (Poggend.  Ann.  Bd.  XII.  p.  419.)  Draspierz 
analysirte  einen  Bernstein  aus  dem  Ilennegau  und  fand : C 
80,59,  II  7,31,  0 6,73,  CaO  1,54,  AJ203  1,10,  Si03  0,63. 


Elaterit. 


277 


Als  Varietäten  kann  man  unterscheiden  den  tveissen  Bern- 
stein (Succinum  album)  , gelblich-weiss  , wenig  glänzend, 
durchscheinend  bis  undurchsichtig ; den  gelben  oder  edlen  B. , 
honig-,  wachs-  oder  strohgelb,  selten  röthlich,  stark  glän- 
zend, durchsichtig  oder  halbdurchsichtig ; den  braunen  Bern- 
stein (Succinum  rubrum)  , gelblich-  bis  röthlich-braun , meist 
wenig  glänzend,  durchscheinend  bis  undurchsichtig. 

Die  Hauptlagerstätten  des  Bernsteins  sind  tlieils  im  Diluvium,  theils 
Braunkohlenlager.  Die  letztere  Lagerstätte  scheint  die  ursprüngliche 
und  von  dieser  auch  der  Bernstein  der  Ostsee  herzustammen.  Fundorte 
sind:  die  Ostseeküste  Preussens , Pommern , Mecklenburg,  Dänemark , 
Niedersachsen,  Kur-  und  Lievland , Sicilien  , Hennegau , Spanien,  EL- 
sass  u.  s.  w.  Auch  fand  man  ihn  im  Kalk  (Spanien; , Mergel  {Schweiz , 
Aarau),  im  Gyps  (HolsteinJ,  im  Sandstein  ( GallizienJ , iin  Liasmergel 
{Basel). 

Dass  der  Bernstein  ursprünglich  ein  Baumharz  sei,  ist  wohl  keinem 
Zweifel  mehr  unterworfen.  Die  neuesten  und  auch  ältere  Beobachtungen 
sprechen  dafür,  dass  er  von  Bäumen  aus  der  Familie  der  Coniferen  abstamme, 
da  man  Bernstein  in  grossen  Stücken  eingesprengt  fand  in  einem  Coni- 
feren-ähnli ehern  fossilem  Holze,  und  theils  noch  in  den  ITarzgefässen 
desselben.  Ferner  fand  man  ihn  noch  an  vorweltlichen  Schuppen  von 
Zapfen,  die  denen  der  Gattungen  Pinus  und  Abies  ähnlich  sind  und 
Zapfen,  welche  der  Gattung  Larix  angehörten,  in  Bernstein  eingeschlossen. 
Ausser  diesen  fand  man  im  Bernstein  Insekten , Blätter  u.  s.  w.  einge- 
schlossen. Ein  merkwürdiges  Stück  Bernstein  ist  aus  Avq.  in  Indien 
kürzlich  mitgebracht  worden,  von  der  Grösse  eines  Kinderkopfsund  nach 
allen  Richtungen  von  dünnen  Adern  krystalliuischen  kohlensauren  Kalks 
durchschnitten. 

Der  meiste  Bernstein  wird  an  der  Ostsee  mit  Netzen  gefischt,  auch 
an  der  Küste  gegraben  oder  an  dem  Strande  gefunden.  Er  stand  bei 
den  Alten  in  hohem  Ansehen  und  diente  als  Amulet  u.  s.  w.  Auch  noch 
jetzt  ist  er  für  den  Pharmaceuten  besonders  wichtig  und  dient  zu  man- 
chen Präparaten  , als:  Bernsteinsäure , Bernsleinöl , Bernsteintinctur , 
ßäucherpulver  u,  s.  w.  Nicht  minder  wichtig  ist  er  zur  Bereitung  von 
Firniss.  Zu  diesen  Zwecken  dienen  die  kleinen  Bruchstücke  und  der  Ab- 
gang bei  Kunstarbeiten;  nur  muss  er  rein,  nicht  mit  Sand  gemengt  und 
äclit  sein.  Aus  den  grossem  hellen  und  durchsichtigen  Stücken  verfertigt 
man  allerlei  Gegenstände  des  Schmucks  und  der  Kunst,  als:  Dosen, 
Flöten,  Mundspitzen  für  Pfeifenrohre,  Spielmarken  etc.  Nach  dem  Ver- 
schiedenartigen der  Grösse,  der  Durchsichtigkeit  und  Farbe,  wechseln 
die  Preise.  Trüber  Bernstein  wird  durch  Digeriren  oder  auf  andere 
Weise  klar  gemacht;  der  blasser  gefärbte  ist  am  wenigsten  durchschei- 
nend, wird  aber  im  Orient  am  meisten  geschätzt. 

2.  Elaterit . 

. (Syn.  Elastisches  Erdpech  , Federharz.) 

Derbe  M. , zuweilen  schwammig,  eingesprengt;  als  nierenförmiger 
Ileberzug,  mit  Eindrücken.  — Br.  unvollkommen  muschelig;  sehr  weich; 
elastisch  biegsam.  Sp.  G.  = 0,9 — -1,23.  Undurchsichtig.  Fettglanz. 

Schwärzlich-braun  und  schwarz  in*s  Grüne  und  Rothe.  Im  Striche  glän- 
zender. Bituminös  riechend. 


2 78 


Hatchelm. 


Unter  Entwickelung  eines  bituminösen  aromatischen  Geruch*  und 
schwärzlichen  Rauches  verbrennend.  Im  rectißcirten  Petroleum  auf-, 
quellend , aber  nur  wenig  löslich.  Unlöslich  in  allen  andern  flüssigen 
Lösungsmitteln.  Das  Papier  beim  Reiben  beschmutzend.  Bestdth.  des 
ElateritJs  von  Derlyshire  nach  Henry:  C 52,25,  H 7,49,  0 40,10 
N 0,15. 

Kommt  auf  Drusenräumen  von  Rleierzgängen  vor:  Derby  shire ; auf 
Quarz-  und  Kalkspathgängen:  Dep.  Loire-lnf.  (Montrelais) ; in  Braun« 
kohleulagern  : Nord- America. 


3.  Retinit. 

( Syn.  Retinasphalt. ) 

Stumpfeckige,  auch  rundliche  Stücke;  Oberfläche  rauh,  oder  mit 
einer  rauhen,  grauen  Rinde  bedeckt;  als  Ueberzug.  — Br.  muschelig  ins 
Unebene.  H.  = 2 — 2,5;  spröde;  sp.  G.  = 1,07 — 1,2.  Durchscheinend 
bis  undurchsichtig.  Fettglanz.  Braun  in’s  Gelbe  und  Rothe,  seltener 
grün;  die  Farben  zuweilen  in  Streifen  wechselnd.  Strich:  lichte-gelblich- 
weiss.  Gerieben  negative  Electricität  erlangend. 

V.  d.  L.  verbrennend,  unter  Verbreitung  eigenthiimlichen  Geruches 
und  einen  kohligen  Rückstand  hinterlassend.  Im  Platinlüffel  bei  geringer 
Hitze  unter  Aufschäumen  zur  braunen , glänzenden,  nach  dem  Erkalten 
spröden  Masse  schmelzbar.  Das  Pulver  löst  sich  in  erwärmtem  Alcohol 
unter  Ausscheidung  einer  schwammartigen  Masse.  Ghlt  nach  Troost : 
Bitumen  55,5,  eigenthümiiehes  Harz  42,5,  Fe203  und  A1203  1,5. 

Findet  sich  auf  kleinen  Nestern  in  Braunkohle  (oft  zwischen  den 
Jahresringen  des  bituminösen  Holzes):  TS. -America  (MarylandJ , Devon - 
shire } Sachsen  (Halle) , Hessen  (Laubach)  , Mähren  u.  s.  w. 


GRUPPE  III.  FOSSILE  FETTE. 

Die  Gattungen  dieser  Gruppe  bilden  schuppige  Theilchen. 
zusammengehäufte  Blättchen  oder  derbe  Massen  von  blätteriger 
Textur.  Ihr  Bruch  ist  muschelig,  sie  sind  weich  oder  zerre!  b- 
üch , leichter  als  Wasser,  gewöhnlich  durchscheinend  bis  un- 
durchsichtig, perl  mutter-  oder  wachsglänzend , weiss,  gelblich- 
weiss  bis  gelblich-braun , selten  in’s  Hyacinthrothe  neigend.  Sie 
schmelzen  schon  unter  80  0 R. , sind  ohne  Rückstand  destillirbar 
und  werden  dadurch  verändert,  brennen  mit  Flamme  und  sind 
in  Schwefeläther  löslich. 

i.  Hatchetin. 

Schuppige  Theile,  Flocken,  körnige  oder  tropfenähnliche  Gestalten. 
— Weich  wie  Talg.  Leichter  als  Wasser.  Durchsichtig  bis  undurchsichtig. 
Perlmutterglanz,  auch  matt.  Gelblichweiss.  Geruchlos. 

Im  Wasser  von  60°  R.  schmelzend.  Bei  der  Destillation  empyreu- 
matisches,  butter-ähnliches,  grünlich-gelbes  Oel  gebend  und  Kohle  hin- 
ter^assend.  In  Aether  leicht  löslich. 


Ozokerit. 


279 


Kommt  in  den  Adern  eines  Eisenstein-Lager*  vor  mit  Kalkspath  und 
Bergkrystall : Süd-Wales. 

2.  Scheererit. 

(Syn.  Natürliche  Naphtaline,  Bergtalg.) 

Kleine  nadelförmige  Kryst. , eingewachsen  zwischen  den  Fasern  bi- 
tuminösen Holzes;  kryst.  Körner  und  Blättchen  lose  zusammengehäuft 
zwischen  den  Jahresringen  des  Holzes.  — Br.  muschelig;  zerreiblich.  Sp. 
G.  = 0,65.  Durchscheinend.  Perlmutterglanz  schwach.  Weiss  oder  schwach 
gelb.  Strich:  weiss  Fühlt  sich  nicht  fett  an.  Geruch-  und  geschmack- 
los. Auf  dem  Papiere  einen  Fettfleck  hinterlassend. 

Schmelzbar  bei  35,5  0 R.  ; beim  Erkalten  zu  einer  strahligen  M.,  aus 
nadelförmigen  Krystallen,  gestehend.  Bei  72°  ohne  Rückstand  destilli- 
rend.  Mit  schwachem , gewürzhaftem  , brenzlichem  Gerüche  und  etwas 
russender  Flamme  verbrennend  Löslich  in  Aether  , Alcohol  und  fetten 
Oelen;  unlöslich  in  Wasser.  Ghlt  nach  Macaire-Prinsep : G 73,  H 24. 
— Formel:  CH2?  Nach  Mitscherlich  (Naphtalin):  G 93, 88,  H 6,1.2. 
(Br.  Arch.  Bd.  7,  p.  116  ) 

Kommt  in  Braunkohle  und  fossilem  Holze  vor:  Schweiz  (Uznach  bei 
St.  Gallen),  Westerwald.  ( Bach) . Dem  Vorkommen  nach  scheint  der 
Scheererit  ein  Erzeugniss  der  Sublimation  zu  sein, 

& Ozokerit . 

(Syn.  Erdwachs  , Bergwachs  ) 

Derbe  M.  von  beträchtlicher  Grösse,  dicht  oder  blätterig.  — . Br. 
flachmuschelig.  Sehr  weich,  zähe,  biegsam,  von  der  Consistenz  des 
Wachses.  Sp.  G.  = 0,95 — 0,97.  Wachsglanz.  A cl.  K.  durchscheinend. 
Zwischen  lauchgrün  und  gelblich-braun  in’s  Hyacinthrothe ; die  reflectirte 
Farbe  verschieden  von  der  diaphanen.  Irn  Striche  glänzender.  Aroma- 
tisch-bituminös riechend.  Gerieben  negativ  electrisch  werdend. 

In  der  Lichtflamme  schmelzbar  zur  klaren  Flüssigkeit.  Schmelzpunkt 
= -f-  62  0 R nach  Schrotfer ; Siedpunkt  = -f-  210°  R.  Auf  Platinblech 
ohne  Rückstand  mit  Flamme  verbrennend.  In  Aether  und  Terpentinöl 
leicht,  und  selbst  als  Pulver  in  kochendem  Alcohol  wenig  löslich.  Bestdth. 
nach  Magnus : C 85,75,  H 14,15.  — Formel:  CH2. 

Findet  sich  in  der  Nähe  von  Kohlenlagern  und  Steinsalzmassen  unter 
Sandstein:  Moldau  fSlanik , ZietrisikaJ. 

Die  Entstehung  des  Ozokerit»  scheint  mit  der  des  Erdöls  in  Verbin- 
dung zu  stehen. 

Man  bedient  sich  seiner  in  der  Moldau  und  Wallachei  zu  Kerzen 
und  Lampen. 

(In  diese  Gruppe  gehört  auch  der  Idrialit,  den  man  schon  früher 
als  Quecksilberbranderz  kannte.  Er  besteht  fast  ganz  aus  Idrialin , dem 
zufällig  Spuren  von  Quecksilber  beigemengt  sind.  Der  Idrialit  kommt 
schon  in  geringer  Hitze  in  Fluss  und  en! wickelt  dann  das  Idrialin,  wel- 
ches in  zarten,  farblosen,  krystallinischen  Blättchen  sublimirt  und  in 
kochendem  Terpentinöl  und  fetten  Oelen  löslich  ist.  Bestdth,:  C 94,9, 
H 5,1.  — Formel:  C3H2  ? Es  findet  sich  bei  Idria .) 


280 


Erdöl. 


GRI  PPE  IV.  FOSSILE  OELE. 

1.  Erdöl. 

(Syn.  Naphta,  Steinöl,  Bergöl,  schwarzes  Erdharz  z.  Th.,  Petroleum, 
Oleum  Petrae  album  et  rubrum.) 

Dünn-  oder  zähflüssig.  — Sp.  G.  « 0,75—0,84.  Durch- 
sichtig bis  durchscheinend.  FettgJanz.  Wasserhell  (Naphta); 
gelblich-weiss  bis  schwärzlich-braun  (Erdöl).  Bituminös  rie- 
chend. Fettig  anzufühlen. 

Theils  bei  der  Temperatur  der  Luft  vollkommen  flüchtig 
( Naphta ).  Siedpunkt  des  Steinöls  von  Bacu  = 140°  C.,  des 
Persischen  ~ 160°  C.  Leicht  entzündlich ; mit  weisser  Flamme 
brennend  unter  Verbreitung  eines  eigenthümlichen  Geruches  und 
keinen  (Naphta)  oder  einen  geringen  (Erdöl)  Rückstand  hinter- 
lassend. Mit  conc.  Schwefelsäure  eine  harzige  Substanz  bildend. 
Unlöslich  in  Wasser,  ihm  aber  Geruch  mittheilend.  Wenig  lös- 
lich in  Alcohol.  Bestdth.  nach  Dumas : C 86,4,  H 12,7.  — 
Formel:  CIL. 

Die  Naphta  geht  bei  Einwirkung  der  Luft  allmählig  in 
Frdöl  über ; bei  fortgesetzter  Einwirkung  scheint  sich  der  Berg- 
theer  (Maltha  tenax)  zu  bilden,  der  sehr  zähe,  fast  schwarz 
ist  und  Kalkstein  oder  vulkanische  Trümmer  überzieht , auch 
als  Bindemittel  von  Sandkörnern  dient. 

Boussignault  destillirte  den  bituminösen  Sand  aus  dem  Ei- 
sass und  erhielt  ein  flüchtiges  ölartiges  Princip  von  0,891  sp. 
G. , er  sieht  es  als  den  wesentlichsten  Bestandtheil  des  Steinöls 
an  und  nennt  es  Petroien.  Seine  Bestdth.  sind:  C 88,5,  H 
11,5,  daher  es  mit  den  Terpentin-  und  verwandten  Oelen  iso- 
merisch ist.  Den  festen  Antheil  dieses  Bergtheers  nennt  B.  As- 
phalten ; er  ist  unlöslich  in  Alcohol , löslich  in  Aether , fetten 
und  ätherischen  Oelen  und  ein  Oxydationsprodukt  des  Petroien. 
Seine  Zusammensetzung  ist  C 75,3,  H 9,9,  0 14,8.  Von  dem 
Vorwalten  oder  Zurücktreten  des  einen  oder  des  andern  dieser 
Bestandtheile  hängt  die  Consistenz  der  Bitumen  ab. 

Das  Erdöl  quillt  für  sich  oder  in  Verbindung  mit  Wasser  in  sehr 
Tielen  Gegenden  aus  Spalten  uncl  Klüften  verschiedener  Gesteine  oder 
aus  der  Erde.  Auch  findet  es  sich  in  der  Nähe  von  Feuerbergen  und 
sogenannten  Schlamm-Vulkanen:  Eisass  ( Lobsann,  und  BechelbrunnJ 3 
Hannover  (CelleJ , Baiern  (Tege-niseeJ , Tyrol , Schweiz  (NeufchateL) , 
Karpathen , Vesuv , Parma,  Modena , Auvergne,  am  caspisclien  Meere , 
Jnsel  Zante , Peisien,  China , Ostindien.  Die  Menge  des  quellenden 
üels  ist  in  manchen  Gegenden  sehr  bedeutend;  so  finden  sich  in  der 
Nähe  einiger  Dörfer  am  caspisclien  Meere  109  Erdöl-Brunnen  angelegt, 
die  nach  Eichwald  monatlich  20,300  Pud  liefern.  Auf  der  Insel  Tsclie 
iehän  am  casp.  Meere  beläuft  sich  die  Zahl  der  Erdölquellen  auf  3000. 
Die  Erdölquelle  bei  Tegernsee  ist  nach  von  Kobell  schon  seit  1430  be- 
kannt und  liefert  jährlich  an  49  Maass  Gel. 


Asphalt. 


281 


(Nach  Reichenbach  präexistirt  das  Erdöl  in  den  Steinkohlen.  Die 
Petrolqueilen  wären  demnach  schwache  Destillationen  grosser  Steinkohlen- 
lager durch  die  allgemeine  unterirdische  Erdwärme  R.  glaubt  auch  au- 
nelimen  zu  dürfen,  dass  die  Coniferen  der  Forwelt  das  Erdöl  liefern, 
da  das  mit  Wasser  aus  den  Steinkohlen  destiliirte  Oel  dem  Terpentin- 
öle sehr  ähnlich  war.  R.  fand  im  Erdöl  kein  Eupion,  Christison  dage- 
gen schied  aus  einem  Erdöle  von  Rangor  in  Ava  eine  mit  dem  Paraffin 
übereinstimmende  Substanz,  und  glaubt  auch,  dass  es  Eupion  enthalte. 
Fuchs  und  v.  Kobell  fanden  auch  im  Erdöle  von  Tegernsee  Paraffin  und 
mit  diesem  auch  Bergnapbta,  ein  flüchtiges  Oel,  das  bei  — 5 0 R.  ein 
Stearopten  ausscheidet,  und  eine  harzartige  Substanz.  Es  ist  daher  wohl 
anzunehmen,  dass  zwei  Arten  des  Erdöls  existiren,  von  denen  das  eine 
bei  geringer  Hitze,  vielleicht  mit  Wasser,  destillirt  und  kein  Paraffin 
enthält,  während  das  andere  das  Produkt  einer  trockenen  Destillation  und 
paraffinhaltig  ist.  Dieses  letztere  könnte  dann  nicht  Produkt  der  gewöhn- 
lichen Steinkohlen  sein,  da  das  Residuum  kein  Bitumen  mehr  enthalten 
wird,  und  es  scheint  nach  von  Kobeil  wahrscheinlich,  dass  dieses  Resi- 
duum der  Anthrazit  sei,  wofür  sowohl  der  gänzliche  Mangel  des  Anthra- 
zit an  Bitumen  und  organischer  Structur,  als  sein  häufiges  Vorkommen 
in  vulkanischen  Gebilden  spricht.) 

Im  Handel  kommen  gewöhnlich  zwei  Sorten  Steinöl  vor;  das  von 
Miano  , welches  röthlich  oder  braun,  und  das  persische , welches  unge- 
färbt ist. 

Das  Erdöl  ist  auch  noch  jetzt,  sowohl  im  natürlichen  als  destillirten 
Zustande  ( Petroleum  rectificatum)  officinell.  Die  Aegyptier  brauchten  es 
zur  Bereitung  ihrer  Mumien.  Ferner  wird  es  in  jenen  Gegenden,  wo  es 
häufig  hervorquillt,  zum  Brennen,  für  sich  oder  nachdem  man  es  vorher 
mit  Bergtheer  vermischt  hat,  zum  Kalfatern  der  Schiffe,  zum  Schmieren 
der  Maschinen  und  Wagen,  zum  Bestreichen  von  Pfählen  u.  s.  w.  be- 
nutzt. Es  ist  wichtig  als  Auflösungsmittel  des  Cautschuk,  und  Aufbewah- 
rungsmittel mancher  Körper  ( Kalium , Natrium  u.  s . wj,  um  sie  gegen 
Einwirkung  des  Sauerstoffs  zu  schützen. 


GRUPPE  V.  BITUMEN. 

1.  Asphalt. 

(Syn.  Erdpech,  Judenpech,  schwarzes  Erdharz  z.  Th.,  Asphaltum.) 

Derbe  M. , kugelig*,  traubig,  nierenförmig,  tropfsteinförmig ; 
eingesprengt , als  Ueberzug.  — Br.  vollkommen  muschelig.  H.  =: 
2;  milde;  sp.  G.  = 1,07 — 1,16.  Undurchsichtig.  Fettglanz  leb- 
haft. Pechschwarz  in’s  Braune.  Strich;  etwas  lichter  als  das 
Mineral.  Bituminös  riechend.  Erwärmt  und  gerieben  negative 
Electricität  erlangend. 

Schmelzbar  bei  80  0 R.  Mit  lebhafter  Flamme , starkem 
Rauch  und  bituminösem  Gerüche  leicht  verbrennend  mit  Hinter- 
lassung eines  geringen  Rückstandes.  Aullöslich  in  Oelen  und 
Aether , aber  schwieriger  als  das  Asphalten  aus  dem  Bitumem , 
dem  er  sonst  sehr  analog  ist.  Bestdth.  nach  Boussiqnault : C 
75,0,  H 9,5,  0 15,5. 


282 


Schwarzkohle. 


Kommt  auf  Erzgängpn  mit  Kalk-,  Baryt-  und  Gypsspath  oder  auf 
eigenthiimlichen  Lagern  im  Santhteingebirge  ziemlich  allgemein  verbreitet 
vor.  In  jungem  Mergel-,  Saud-  und  Thonschichten  durchdringt  er  oft 
das  ganze  Gestein.  Fundorte  sind  : das  todte  Meer  in  Palästina  , Insel 
Trinidad,  wo  er  im  sogenanntem  Asphaltsee  eine  Bank  unter  dem  Wasser 
bildet,  welche  theils  ganz  fest,  theils  noch  weich  ist.  Ausserdem  finden 
sich  dort  noch  eine  Menge  mit  Asphalt  angefüllte  Bassins  und  am  Strande 
ragen  grosse  Erdpechfelsen  über  den  Sand  hervor;  ain  Kaukasus  in  Berg- 
hliiften  (hier  KhoVassan , mineralische  Mumie  genannt);  ferner  am 
Ilarz,  in  Thüringen , Tyrol,  Schweiz,  Schlesien,  Dalmatien , Albanien , 
Sicilien , Kirchenstaat , Insel  Zante ; in  Schweden  auf  Magneteisenlagern  ; 
in  Basalt-Congloineraten : Auvergne . 

Die  Asphalt  er  de  f erdiges  Erdpechj  ist  ein  mit  erdigen  und  Eisen- 
theilen  mehr  oder  weniger  verunreinigter  Asphalt.  Man  findet  ihn  am 
Harz  ( lbergj , Eisass  ('LobsannJ  i>.  s.  w. 

Der  Asphalt  wird  noch  jet2t  in  der  Arzneikunde  gebraucht.  Auch 
bereitet  man  daraus  Asphaltöl,  Firnisse,  schwarzen  Siegellack  und  benutzt 
ihn  zum  Betheeren  der  Schiffe  u.  s.  w.  Die  alten  Aegyptier  brauchten 
ihn  zum  Eiubalsamiren  von  Leichen.  Sehr  wichtig  ist  seine  Anwendung 
zu  wasserdichtem  Kitt  in  Verbindung  mit  Pech  oder  Theer,  oder  gepul- 
vert statt  Sand  dem  gelöschten  Kalk  zugesetzt.  Berühmt  ist  der  Miueral- 
theer  und  Mineralkitt  von  Lobsann  im  Eisass,  zu  dessen  Bereitung  dort 
Bergbau  auf  Bergtheer  und  Asphalterde  betrieben  wird.  Auf  diesen  Kitt 
wirkt  weder  Ilitze  noch  Kälte  nachtheilig  ein. 


GRUPPE  VI.  SCHWARZKOHLEN. 
i.  Schwarzkohle. 

(Syn.  Steinkohle,  harzige  Steinkohle  z.  Th.) 

Derbe  M.  und  eingesprengt.  Str.  schiefrig,  faserig',  dicht 
oder  erdig.  — Br.  muschelig  bis  eben.  II.  = 2 — 2,5;  wenig 
spröde;  zuweilen  milde;  sp.  G.  =s=  1,2 — 1,5.  Undurchsichtig. 

Fett-  bis  Glasglanz  , auch  nur  schimmernd.  Schwarz  in  s 
Schwärzlichbraune.  Stricli : bräunlich-  oder  graulich-schwarz. 
Durch  Reiben  negativr  electrisch  werdend. 

V.  d.  L.  mit  Flamme  verbrennend  und  einen  bituminösen 
Geruch  entwickelnd ; der  aschenartige  Rückstand  ist  bald  grösser, 
bald  geringer.  Das  Pulver  schmilzt  entweder  im  verschlossenem 
Raume  und  backt  zu  einer  homogenen  Masse  zusammen  (Back- 
hohle)  , oder  es  sintert  ohne  zu  schmelzen  zu  einer  festen  Masse 
(Sinterkohle) , oder  es  bleibt  locker  und  ohne  Zusammenhang 
(Sandkohle).  Bestdth. : C,  II,  0 in  veränderlichen  Verhält- 
nissen, C 73—96  5 p.  C. , II  0,5— 5,5  p.  C.  und  0 3—20  p.  C. 
Eben  so  wechselnd  ist  das  Verhältnis  der  erdigen  Beimischun- 
gen. Lampadius  schied  aus  Steinkohlen  mittelst  Schwefel- 
kohlenstoff 4 — 5 p.  C.  eines  schwarzbraunen  Harlharzcs  ab. 


Schwarzkohle. 


283 


Arten. 

1)  S chief erkohle.  (Syn.  Blätterkohle.)  Derbe  M.  Str. 
blätterig  und  schiefrig.  — Br.  uneben.  Sammetschwarz  in’s 
Grauliche,  oft  bunt  angelaufen.  Ghlt.  einer  Schieferkohle  aus 
dem  Essen-Werdenschen  nach  Karsten  : C 73,88 , H 2,76 , 0 
20,47,  erdige  Theile  2,88. 

Kommt  am  meisten  verbreitet  in  eigenthümlichen  Lagern  vor  und 
bildet  mit  Kohlenschiefer  und  Kohlensandstein  das  ältere  Steinkohlen- 
gebirge in  Schlesien , Sachsen  , Rheinbaiern , im  Saarbrücken  sehen  , in 
Rheinpreussen , IVestphalen , Belgien,  Frankreich , England , Schottland 
Fl. •‘America. 

(Die  Letten  kohle,  welche  sich  untergeordnet  in  der  Muschelkalk- 
und  Keuperformation  findet,  ist  eine  stark  mit  Thon  und  Sand  gemengte 
Kohle.) 

2)  Gr  ob  kohle.  Derbe  M.  Str.  dickschiefrig.  — Br.  un- 
eben, grobkörnig.  Schw  ach  fettglänzend.  Graulich -schw  arz  in’s 
Pechschwarze. 

Kommt  in  Begleitung  der  Schieferkohle , an  einzelnen  Orten  ausge- 
zeichnet, vor:  am  Harz , im  Plauenschen  Grunde , in  Oberschlesien  und 
Baiern. 

3)  FttSe  r kohle.  (Syn.  Mineralische  Holzkohle,  faseriger  An- 
thrazit.) Derbe  M.;  in  dünnen  Lagen  und  eingesprengt.  Str.  zart- 
faserig. H.  = 1;  zerreiblich.  Seidenglanz.  Graulich-  bis  sainmet- 
schwarz. 

Kommt  in  schmalen  Klüften  ira  Steinkohlengebirge  vor,  auch  als 
Ueberzug  auf  Schiefer-  und  Grob-Kohlen  : Nieder-Sch/esien  ffValden- 

burg , Eckersdorf J , Sachsen  (PlanitzJ , Rheinbaiern  ('KuselJ,  Böhmen, 
Mähren . 

4)  Kännelkohle.  Derbe  M.  Str.  dicht.  — Br.  eben 
in’s  Flachmuschelige.  Zähe  und  daher  schwierig  zerspreng- 
bar; wlirllich  und  parallelepipedisch  zerklüftend.  Wenig  glän- 
zend. Graulich-  bis  sasnmet-  und  pechschwarz.  Strich:  glän- 
zend. Bestdth.  einer  Kännelkohle  aus  England  nach  Karsten: 
C 74,47,  H 5,42,  0 19,61,  erdige  Theile  0,50. 

Bildet  ganze  Lager  im  Steinkohlengebirge,  besonders  in  England 
und  Schottland , selten  in  Schlesien  ( Waldenburg) , 

5)  Gagat.  (Syn.  Pechkohle  z.  Th.,  Pechsteinkohle.)  Derbe  M. 
Str.  dicht.  — Br.  vollkommen  grossmuschelig.  Spröde  und 
leicht  zersprengbar.  Stark  glänzend.  Pechschwarz.  Strich: 
glänzend. 

Wechselt  in  Schichten  mit  der  Schieferkohle,  oder  sitzt  auf  dieser 
auf:  Nieder-  und  Oberschlesien , Sachsen  ('PlanitzJ,  England  ^Spanien; 
f rankreich. 


281 


Sckwarzkohle. 


6)  Rus skohl  e.  Derbe  M.  aus  locker  zusammenhängen- 
den, staubartigen  Tlieilen  bestehend..  — Br.  uneben  in’s  Fein- 
erdige.  Zerreiblich.  Schimmernd.  Graulich-schwarz  in’s  Sammet- 
ujid  Eisenschwarze.  Strich : glänzend.  Stark  abfärbend. 

Kommt  hie  und  da  der  Schieferkohle  untergeordnet  vor:  Halle  t 
Schlesien  (Altwasser)  f Thüringen  (Ilmenau) j Schottland. 

Diese  Arten  gehen  durch  Mittelbildungen  ineinander  über  und  sind 
daher  selten  rein  abgesondert,  da  sie  schichtenweise  übereinander  liegen, 
auch  wohl  regellos  verwachsen  sind. 

Die  Steinkohlen  sind  ohne.  Zweifel  Ueberreste  einer  umgewandelten 
Pflanzenwelt;  Reichenbach  erhielt,  wie  schon  beim  Erdöl  erwähnt,  durch 
Destillation  der  Steinkohlen  mit  Wasser  ein  Oel,  was  dem  Erdöl  sehr 
ähnlich  war,  kein  Eupion  und  Paraflin  enthielt,  und  schliesst,  dass  sich  die 
Steinkohlenlager  nie  in  einer  hohen  Temperatur  befunden  haben  können. 

Die  Steinkohlen  sind  eines  der  vorzüglichsten  Brennmateriale  und 
begründen  den  Reichthura  mancher  Gegenden.  Durch  trockene  Destilla- 
tion erhält  man  daraus  das  Steinkohlenöl , aus  welchem  durch  Rectifica- 
tion  ein  der  Bergnapht^a  sehr  ähnliches  rectificirtes  Steinkohlenöl  erhalten 
wird;  beide  werden  äusserlich,  z.  Th.  auch  innerlich  als  Arzueimiltel 
empfohlen.  Das  rectificirte  Oel  ist  ein  Auflösungsmittel  des  Cautschouk. 
Bei  der  Rectification  des  Steinkohlenöls  erhält  man  auch  die  Naphtaline. 
Aus  dem  Steinkohlentheer  sind  in  neuester  Zeit  durch  Reichenbach  meh- 
rere chemisch-wichtige  Stoffe  geschieden  worden.  Das  Steinkohlenöl  ge- 
braucht man  auch  statt  des  Leinöls  bei  verschiedenen  Farben  und  den 
Steinkohlentheer  zum  Anstreichen  auf  llolz,  z.  B.  der  Schilfe,  l'ci  der 
trockenen  Destillation  der  Steinkohlen  erhält  man  ausserdem  als  Neben- 
produkte Ammoniak , saures  Steinkohlenwasser  und  ein  Gemenge  von 
brennbaren  Gasarten ; im  Rückstände  bleiben  die  Koaks.  Das  Ammo- 
niak wird  zur  Salmiakbereitung  benutzt,  das  saure  JVasser  ist  zum 
Gerben  des  Leders  vorgeschlagen  , die  Gasarten  (Kohlenwasserstoff  und 
ölbildendes  Gas)  dienen  zur  Gasbeleuchtung  und  die  Koaks  werden  be- 
sonders ziun  Schmelzen  und  Reduciren  der  Erze  in  Schachtöfen  benutzt, 
da  sich  hierzu  die  Steinkohlen  nicht  so  gut  eignen  Die  Koaks  ver- 
brennen ohne  Flamme  und  fast  ohne  Geruch  , wie  Steinkohlen.  Aus  der 
Kännelkohle  und  dem  Gagat  lassen  sich  Vasen,  Trinkgefässe , Tabatie- 
ren,  Tintenfässer,  Knöpfe  u s.  w'.  schleifen  und  drehen. 


GRUPPE  VII.  SALZE. 

Die  'Mineralien  dieser  Gruppe  krystallisiren  im  ein-  und 
einaxigem  und  zwei-  und  einaxigem  Systeme,  haben  einen  flach- 
muscheligen  oder  unebenen  Bruch,  ritzen  den  Talk  und  werden 
vom  Kalkspath  geritzt.  Das  spec.  G.  = 1,5 — 2,1.  Sie  sind 
durchsichtig  oder  undurchsichtig,  haben  Fettglanz  und  erschei- 
nen gelb  in’s  Rothe  und  Braune.  V.  d.  L.  auf  Kdhle  verglühen 
sie  und  hinterlassen  eine  weisse  oder  eine  dunkle  magnetische 
Masse. 


Heiligstem.  285 

I.  Humboldtit. 

(Syn.  Oxalsaures  Eisen,  Eisen-Resin,  Oxalit.) 

Kryststm.  ein-  und  einaxig.  Krystf.  gerade  rhombische  Säule  ? 
Kryst.  haarförmig;  kryst.  M.  Text,  faserig  und  sehr  feinkörnig;  traubig, 
plattenförmig,  dicht.  — Br.  uneben  bis  erdig.  H.  =1,5;  sp.  G.  = 2,13. 
Undurchsichtig.  Wenig  glänzend.  Gelb  in’s  Graulich-gelbe.  Strich : 
hellgelb. 

In  der  Lichtflamme  schnell  schwarz  und  magnetisch  werdend.  V.  d.  L. 
verglühend  und  eine  magnetische,  dunkele,  lockere  M.  hinterlassend.  In 
Säuren  ohne  Brausen  löslich.  Durch  Alcalien  schnell  zersetzbar.  Ghlt. 
nach  Mariano  de  Rivero : FeO  53,86,  C203  46,14. 

Findet  sich  in  Moorkohle,  begleitet  von  Gyps:  Böhmen  ('bei  BilinJ ; 
in  Braunkohle : Hessen  (Gross- Almer odej.  Der  Humboldtit  soll  durch 
Zersetzung  saftiger  Pflanzen  entstanden  sein. 


2 . Honigstein. 

Honigsteinsaure  Thonerde,  Mellit,  pyramidales  Melichronharz.) 

Kryststm.  zwei-  und  einaxig.  Krystf.  quadratisches  Octaeder.  Kryst. 
meist  glatt,  seltener  gestreift  oder  iiberkleidet  mit  bituminöser  Holzerde. 
Einzelne  Flächen  convex,  oft  rauh,  zerfressen,  durchlöchert;  einzeln 
auf-,  auch  zu  zweien  ineinander  gewachsen,  häufiger  drüsig  verbunden. 
— Br.  flachmuschelig.  H.  = 2—2,5;  sp.  6.  ~ 1,5 — 1,6.  Durchsichtig 
bis  durchscheinend  mit  doppelter  Strahlenbrechung.  Fettglanz.  Honiggelb, 
hyacinthroth  in’s  Braune.  Strich : gelblich-weiss. 

V.  d.  L.  im  Kolben  Wasser  gebend,  weiss  , undurchsichtig  werdend 
und  in  der  Glühhitze  verkohlend  ohne  brenzlichen  Geruch.  Auf  Kohle 
schwarz  werdend,  glühend  und  sich  weiss  brennend,  indem  die  Probe 
(reine  Thonerde)  zusammenschrumpft.  Ghlt.  nach  Wähler : C403  41,4, 
A1203  14,5,  H20  44,1.  — Formel:  Al203.3C403-f-18H20. 

Kommt  eingewachsen  in  Braunkohle  vor:  Thüringen  fArternJ. 


Petrographischer  Anhang, 


In  der  Einleitung  (§.  13)  lernten  wir  die  Geognosie  als 
den  zweiten  Haupttheil  der  Mineralogie  kennen.  Sie  bildet  eine 
Wissenschaft  von  hoher  Wichtigkeit  und  grossem  Interesse, 
deren  Bearbeitung  besonders  in  den  neuesten  Zeiten  die  scharf- 
sinnigsten Gelehrten  beschäftigte.  Es  kann  hier  nur  der  Zweck 
sein,  auf  diesen  wichtigen  Theil  der  Mineralogie  aufmerksjwku 
machen  und  das  weitere  Studium  derselben  in  geeigneten  Wer- 
ken (vergl.  §.  160.  Litteratur)  anzuempfehlen. 

Nach  der  Andeutung  des  Gegenstandes  der  Geognosie  §.  13. 
zerfällt  dieselbe  in  zwei  Haupttheile,  die  Petrographie  und 
0 r o g r a p h i e,  insofern  nur  die  Beschaffenheit  der  Gesteine  selbst 
berücksichtigt  wird  (Gesteinslehre) , oder  insofern  sie  sich  mit 
den  Verhältnissen  der  Form , Structur  und  Lagerung  der  G>- 
hirgsmassen  beschäftigt  (Gehirgsmass  entehre).  Wir  können 

hier  nur  den  ersten  Theil  kurz  berühren,  da  er  zur  Verständi- 
gung über  das  Vorkommen  der  Mineralien  nothwendig  ist. 

Wie  schon  früher  erw  ähnt  w orden , beschäftigt  sich  die 
Geognosie  hauptsächlich  mit  zusammengesetzten  Mineralien , 
indem  nur  wenige  der  in  der  Oryktognosie  beschriebenen  Gat- 
tungen als  Gebirgsmassen  Vorkommen.  — Die  G e s t e i n e (§.  13), 
einfache  oder  zusammengesetzte , gehören,  das  Steinsalz  und 
die  Kohlen  ausgenommen,  sämmtlich  zu  unserer  dritten  Ordnung, 
den  oxydirten  Körpern  und  die  meisten^  unter  diesen  zu  den 
verschiedenen  Gruppen  der  Silicate.  Sie  sind  gewöhnlich  aus 
zwei  oder  mehreren  Gattungen  der  Oryktognosie  gemengt.  Diese 
Gemengiheile  finden  sich  in  einem  Gesteine  selten  an  Quantität 
gleich ; gewöhnlich  übertrifft  der  eine  die  andern  und  heisst 
dann  der  vorualtende  Gemengtheil.  Er  verleiht  dem  Gesteine 
in  der  Regel,  doch  nicht  immer,  seine  Eigenthümlichkeit , da 
diese  auch  von  einem  in  geringerer  Menge  verhandenen  abhän- 
gig sein  kann  ; man  nennt  diese  dann  auch  die  charakterisi - 
r enden  Gemengtheile. 

Die  verschiedene  Verbindung  der  einzelnen  Gemengtheile 
unter  einander  bedingt  die  Strukiur  der  Gesteine.  Man  nennt 


Quarzgesteine. 


287 


sie  körnig , wenn  die  einzelnen  Theile  eich  unmittelbar  überall 
gleichförmig  berühren  und  ziemlich  gleiche  Dimensionen  haben ; 
schiefrig .,  wenn  die  Dimensionen  der  Gemengtheile  in  die  Länge 
und  Breite  vorherrschen , wenn  sie  Blättchen  bilden  und  die 
Berührung  nach  einzelnen  Richtungen  vorherrschend  ist.  Die 
Struktur  heisst  dicht , wenn  die  Form  der  einzelnen  Gemeng- 
theile nicht  mehr  unterschieden  werden  kann,  wenn  sie  ein  in- 
niges Ganzes  bilden  und  gleichsam  verschmolzen  erscheinen. 
Liegen  in  einer  dichten  Grundmasse  einzelne,  gewöhnlich  von 
der  Grundmasse  verschiedene,  krystallinische  Theile  oder  Kry- 
stalle,  so  heisst  die  Struktur  porphgrig  oder  porphyrartig  und 
das  Gestein  ist  ein  Porphyr.  — Befinden  sich  in  der  Grund- 
masse des  Gesteins  Höhlungen , die  ganz  oder  zum  Theil  mit, 
von  der  Grundmasse  verschiedenen,  Mineralien  ausgefüllt  sind , 
so  nennt  man  dies  die  Mündels t ein- Struktur.  Unter  Congluli- 
naten  endlich  begreift  man  jene,  wo  eckige  oder  runde  Gemeng- 
theile durch  ein  Bindemittel  zu  einem  Ganzen  vereinigt  sind. 
Sind  die  Gemengtheile  nur  locker  miteinander  verbunden,  so 
stellen  sie  lose  Gemenge  dar. 

Da  die  Gemengtheile  eines  Gesteines  verschieden  sind,  so 
ist  es  einleuchtend , dass  eine  Classification  nach  ihrem  chemi- 
schen Bestände  nicht  durchgeführt  werden  kann.  Wir  folgen 
in  der  Classification  der  Gesteine  Walchnern  (dessen  Lehrbuch 
der  Geognosie  p.  10  u.  s.  w.),  der  sie  eintheilt  in  krystallini- 
sche , deren  Theile  eine  durch  die  Krystallisationskraft  bewirkte 
Form  haben  und  in  nicht  krystallinische , deren  Theilchen  eine 
zufällige,  durch  mechanische  Kräfte  hervorgebrachte , nicht  we- 
sentliche Form  besitzen.  Die  Reihen  der  ersten  Abtheilung  sind 
gebildet  und  benannt  nach  den  charakterisir enden  Gemengtheilen 
und  die  Reihen  der  zweiten  Abtheilung  nach  den  Struktur- 
Verhältnisseih 


I.  ORDNUNG.  KRYSTALLINISCHE  GESTEINE. 

Gruppe  L Quarzgesteine. 

1.  Quarz.  Grundmasse  Quarz  (p.  117).  Man  unterschei- 
det körnigen , dichten , schiefrigen  und  porphyrartigen  Quarz- 
fels nach  seinen  Struktur-Verhältnissen.  Der  erstere  ist  der 
häufigste;  er  erscheint  zuweilen  als  eine  Verbindung  von  mehr 
oder  weniger  vollkommen  ausgebildeten  Quarz-Kry stallen.  Die 
Farbe  ist  vorherrschend  weiss  und  verläuft  in’s  Rothe  und  Braune. 
Eine  Abänderung  desselben  ist  der  poröse  Quarz , poröser 
Mühlstein  aus  der  Gegend  von  Paris , ein  jüngeres  Gebilde  von 
chalzedon-  oder  feuersteinartiger  Quarzmasse  mit  zahllosen, 
kleinen,  unregelmässigen  Höhlungen.  Der  schiefrige  Quarzfels 


288 


Feldspathgesteine. 


ist  meist  mit  Glimmer  gemengt;  der  porphyrartige  enthalt  säu- 
lenförmige Feidspaih-KrystdUe  und  findet  sich  bis  jetzt  nur  sel- 
ten in  Norwegen  und  Böhmen. 

Der  Quarzfels  bildet  meist  mächtige  Gänge  im  Gneis,  Gra- 
nit, Glimmer-  und  Thonschiefer;  bald  tritt  er  als  isolirte  schroffe 
Felsmassen  auf,  ist  frei  von  fremdartigen  Lagern  und  nichtsehr 
verbreitet;  Harz , Erzgebirge,  Böhmen,  Baiern , Taunus , 
Frankreich,  England,  Schottland,  Norwegen,  Arabien,  Peru . 

2.  Riesel  schiefer  (p.  119).  Gewöhnlich  von  feinen, 
weissen  Quarzadern  durchzogen  und  zum  eilen  als  Beimengungen 
Schwefelkies,  Roiheisenstem  und  Feldspath  enthaltend.  Wenn 
letzterer  in  Krystallen  auftritt , so  heisst  das  Gestein  Kiesel- 
schief  er-Porphyr  und  gehört  zu  den  schönsten  dieser  Art. 

Das  Gestein  tritt  nur  selten  selbstständig  auf  und  bildet 
schroffe  Anhöhen  in  Böhmen,  Sachsen,  Bayreuth’ sehen  u.s.w. 

3.  W et z schi e f er.  Dichte  Quarzmasse,  gemengt  mit 
wenigem  Glimmer  oder  Chlorit,  wodurch  eine  Neigung  zur 
schiefrigen  Struktur  hervortritt;  Farbe:  grünlich-grau.  Er  wird 
als  Schleifmaterial  gebraucht. 

Er  findet  sich  auf  Lagern  im  Thonschiefer  : am  Harz, 
Sachsen,  Salzburg  u.  s.  w. 

4.  Jaspis  (p.  118).  Nur  der  Bandjaspis  kommt  in  gros- 
sem Massen  vor , die  zuweilen  durch  Aufnahme  von  Thon  erdig, 
und  durch  Feldspath-Kry  stalle  porphyrartig  wird. 

5.  Hornstein  (p.  118).  Kommt  besonders  als  Grundmasse 
eines  Porphyrs  in  Schweden  vor;  hat  eine  braune  ins  Rothe 
verlaufende  Farbe  und  Feldspa /h-Krystalle  eingemengt,  welche 
verwittern  und  das  Gestein  porös  machen;  ausser  diesen  kom- 
men auch  Glimmer,  Quarz  und  Pistazit  darin  vor. 

6.  Hornfels.  Ist  ein  inniges  Gemenge  von  vorwaltendem 
Quarz  und  dichtem  Feldstein  mit  splittrigem,  in’s  Unebene  über- 
gehendem Bruche  und  grauer  Farbe.  Als  Beimengungen  fand 
man  Turmalin , Hornblende  und  Glimmer ; seltener  Feldspath T 
Magneteisenstein  und  Granat. 

Er  findet  sich  gewöhnlich  auf  Granit  gelagert  am  Harz. 

Gruppe  II.  Feldspathgesteiue. 

7.  Weissstein  (Granula).  Ein  inniges  Gemenge  aus 
vorwaltcndem  dichtem  Feldstein  und  Quarz;  dicht;  weiss  ins 
Graue,  Gelbe  und  Röthliche , selten  dunkelgrau,  grün  oder 
braun;  Br.  feinsplittrig.  V.  d.  L.  zu  einem  durchscheinendem, 
blasigem  Email  schmelzend.  Bezeichnende  Einmengungen  sind; 
Granat,  Cycnit , Hornblende,  Glimmer . 


Feldspathgesteine. 


289 


Er  findet  sich  in  Sachsen , Mähren  und  Steyermark  und 
gehört  zu  den  plutonischen  Erhebungsgebilden.  Der  leicht  ver- 
witternde Granulit  giebt  eine  fruchtbare  Erde  und  durch  Sieben 
einen  zu  Steinwaaren  brauchbaren  Thon. 

8.  Granit.  Ein  körniges  Gemenge,  aus  Feldspath , Quarz 
und  Glimmer  bestellend  und  innig  miteinander  verbünden.  Der 
Feldspath  herrscht  in  der  Regel  vor  und  der  Glimmer  ist  ge- 
wöhnlich in  geringerer  Menge  vorhanden.  — Der  Feldspath 
wird  zuweilen  durch  Alhit  vertreten,  auch  finden  sich  beide 
gleichzeitig  vorhanden.  Eben  so  ist  statt  des  Glimmers  manch- 
mal Chlorit  eingemengt;  einen  solchen  Granit  nennt  man  Pro- 
togyne.  — Die  Farbe  des  Feldspaths  ist  gewöhnlich  weiss  in’s 
Grauliche  und  Gelbliche,  auch  fleischroth,  selten  grün.  Der  AI- 
bit  findet  sich  meist  weiss,  doch  auch  roth.  Der  Quarz  ist  im 
Allgemeinen  grau  oder  weiss,  selten  Rosenquarz.  Der  Glimmer 
erscheint  meist  grau , schwarz , gelb , selten  tomback-braun. 
Hieraus  geht  hervor,  dass  der  Granit  selbst  die  mannigfachsten 
Farben  und  oft  schöne  Zeichnungen  hat.  Nach  der  Grösse  der 
einzelnen  Gemengtheile  hat  man  klein-  und  feinkörnigen  bis 
zum  grob-  und  grosskörnigen  Granit ; letzterer  ist  jedoch  der 
seltenste.  Abänderungen  des  Granits  sind  der  Schriftgranit 
oder  Pegmatit  und  der  porphyrartige  Granit ; letzterer  enthält 
vollkommen  ausgebildete  Feldspath-Krystalle , welche  die  übri- 
gen Gemengtheile  an  Grösse  übertreflen , ziemlich  gleichförmig 
durch  seine  Masse  vertheilt. 

Als  fremdartige  Beimengungen  fand  man  im  Granit : Tur- 
malin, Granat , Pinit , Magneteisenstein , Apatit  und  Horn- 
blende , welche  mitunter  den  Glimmer  vertritt  und  mehrere  an- 
dere Mineralien,  deren  Vorkommen  aber  mehr  an  Oertlichkeiten 
gebunden  ist.  Auf  mehr  oder  minder  mächtigen  Gängen  kom- 
men darin  vor:  Quarz-,  Feld-,  Fluss-  und  Barytspath;  Ei- 
sen-, Kupfer-,  Blei-,  Cobalt-,  Wismuth-,  Mangan-  und  Silber- 
erze, besonders  aber  Zinnerz. 

Der  Granit  ist  über  die  ganze  Erde  verbreitet  und  bildet 
eigene  grosse  Gebirgsmassen , die  bald  als  hohe,  halbkugelför- 
mige  Berge,  bald  als  steile  Gebirgskämme  erscheinen.  Man 
hielt  ihn  früher  für  das  älteste  der  Gesteine,  wogegen  aber 
jetzt  viele*.  Thatsachen  sprechen.  Seine  Entstehung  ist  ohne 
Zweifel  plutonisch. 

Man  benutzt  den  Granit  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  zu 
Bildhauerarbeiten;  in  der  Architectur  zu  Säulen,  Obelisken  und 
jetzt  auch  zu  Vasen,  Reibschalen  und  Mörsern,  die  sehr  dauer- 
haft sind.  Es  ist  ein  vorzügliches  Chaussee-Material  und  wird 
auch  als  Baustein  geschätzt.  Der  verwitterte  Granit  bildet  einen 
sehr  fruchtbaren  Boden,  in  welchem  in  einem  milden  Klima  die 
üppigste  Vegetation  ersteht  und  bereits  jede  Pflanzung  gedeiht. 

Geigers  Phavmacie . II  1.  (2te  slufl.)  19 


290 


Feldspathgesteine. 


Der  ans  dem  verwitterten  Grämt  hervorgegangene  Thon  wird 
zu  Steingut  und  Porzellan  verwendet. 

9.  Syenit  ist  ein  körnig-krystallinisches  Gemenge  von 
Feldspath  oder  Labrador  und  Hornblende.  Gewöhnlich  herrscht 
hier  der  Feldspath  vor ; Quarz  und  Glimmer  fehlen  in  der  Regel 
ganz.  Feldspath  und  Labrador  haben  meist  eine  rothe  Farbe, 
selten  sind  sie  grau  oder  grünlich.  Die  Hornblende  erscheint 
selten  auskrystallisirt  und  besitzt  lauchgrüne  oder  schwarze 
Farben.  Das  Gefüge  ist  grob-,  selten  kleinkörnig.  Einzelne 
ausgesonderte  Feldspath-Krystalle  geben  ihm  öfters  ein  porphyr- 
artiges Ansehen.  Das  körnige  Gefüge  wird  auch  schiefrig,  wo- 
durch der  Syenitschiefer  entsteht. 

Zu  den  fremdartigen  Beimischungen  des  Syenits  gehören  : 
Glimmer , Schwefelkies , Magneteisen,  Zirkon  (dann  Zirkon - 
Syenit  genannt) , Sphen  und  auf  Gängen  mehrere  andere  Mi- 
neralien, als:  Blende , Bleiglanz , Fahlerz , Zinnerz , Silber- 
erz , gediegen  Gold  und  Platin.  Er  ist  ein  plutonisches  Gebilde 
und  scheint  von  jüngerer  Bildung  als  Uebergangskalk , Grau- 
wacke und  Thonschiefer.  Sein  Vorkommen  ist  weniger  ausge- 
breitet als  das  des  Granits  : in  Sachsen , Böhmen , Mähren , 
Bergsirasse , Schwarzwald , Ungarn , Norwegen , Schottland , 
Ural , Süd-America , Arabien , Neuholiand;  er  bildet  meist 
einzelne,  nicht  sehr  hohe  Berge. 

Der  Syenit  wird  wie  der  Granit  benutzt ; viele  der  ältesten 
Denkmale,  Bildsäulen,  Obelisken  sind  aus  Syenit  verfertigt,  der 
bei  Künstlern  und  Alterthumsforschern  gewöhnlich  unter  dem 
Namen  rother  oder  egyptischer  Granit  bekannt  ist.  Er  liefert 
durch  Verwitterung  ebenfalls  eine  gute  Ackererde. 

10.  Gneis.  Ein  krystallinisches , schiefriges  Gemenge  von 
Feldspath , Quarz  und  Glimmer.  Feldspath  und  Quarz  machen 
körnige  Lagen  aus , mit  welchen  der  Glimmer  nicht  als  Zusam- 
menhängendes, sondern  nur  als  dünnes  Haufwerk  von  neben- 
und  übereinanderliegenden  Blättchen  und  Schuppen  wechselt, 
wodurch  das  schiefrige  Gefüge  des  Gesteins  entsteht.  Der  Feld- 
spath waltet  gewöhnlich  vor  und  hat  eine  graue  oder  weisse, 
seltener  rothe  Farbe.  Der  gewöhnlich  grau  gefärbte  Ouarz  fehlt 
oft  ganz.  Der  Glimmer  bildet  den  zweiten  Haupfgemengtheil 
und  stellt  gelbe,  braune,  graue  und  schwarze  Blättchen  oder 
Schuppen  dar.  Auskrystallisirte  Feldspath-Krystalle  sind  selten; 
der  Glimmer  wird  häufig  durch  Chlorit , Talk  und  Hornblende , 
selten  durch  Graphyt  ersetzt.  Als  fremdartige  Beimischungen 
sind  besonders  Pinit , Granat , Schwefelkies  und  Turmalin  zu 
bemerken.  Auf  Gängen  linden  sich  in  demselben : Silber-,  Co- 
balt-,  Wismulh-,  Kupfer-,  Antimon-,  Arsenik-,  Zink-,  Blei- 
und  Eisenerze,  welche  mitunter  sehr  reich  sind  und  ergiebigen 


Feldspathgesteine. 


291 


Bergbau  veranlassen ; ebenso  Feldspath , Quarz , Achat , Kalk-, 
Fluss-  und  Barytspath. 

Der  Gneis  bildet  kuppige  Berge,  seltener  steile  Felsen, 
macht  mit  manchen  Graniten  und  Glimmerschiefer  die  tiefsten 
(ältesten)  Felsmassen  aus  und  ist  fast  eben  so  verbreitet,  wie 
der  Granit,  indem  bald  das  eine,  bald  das  andere  dieser  Gesteine 
am  vorherrschendsten  erscheint;  in  Sachsen , Schlesien , Mäh- 
ren, Böhmen , im  Schwarzwalde , Norwegen , Schweden , Ti- 
bet, China , Nord-  und  Süd-America. 

Der  Gneis  wird  als  Pflaster-,  Chaussee-  und  Baustein  be- 
nutzt; der  verwitterte  liefert  einen  fruchtbaren  Boden. 

11.  Feldstein  (p.  148).  Die  Feldsteinmasse  ist  selten 
rein ; gewöhnlich  finden  sich  Einmengungen  von  Quarzkörnern 
oder  Krystallen  und  von  kleinen  Feldspath-Krystallen , wo- 
durch das  Gestein  Porphyr-Structur  erhält  und  dann  Feldstein- 
Porphyr  genannt  wird.  Wenn  in  der  Feldsteinmasse  Kugeln 
eines  Gemenges  von  Quarz  und  Feldspath  eingeschlossen  sind, 
wie  man  dies  Gestein  auf  Corsica  findet,  so  heisst  es  Pyrome- 
rid.  Die  Farbe  des  Feldsteins  ist  in  der  Regel  grau  oder  roth, 
die  Einmengungen  sind  heller.  Als  fremdartige  Einmengungen 
beobachtete  man  Glimmer , Hornblende , Schwefelkies.  Auf 
Gängen  finden  sich  darin  : Eisen-  , Kupfer- , Blei - , Zink-  , 
Silber -,  Mangan-  und  Zinnerze.  Dies  letztere  besonders  zu 
Altenburg  im  sächsischen  Erzgebirge.  Ferner  : Achat , Opal , 
Baryt-  und  Flussspath . Auf  Lagern  Anthracit  und  in  Nor- 
wegen bedeutende  Magneteisen-Nester . 

Der  Feldstein-Porphyr  ist  ohne  Zweifel  plutonischer  Her- 
kunft und  findet  sich  am  Schwarzwalde , Mittelrhein , an  der 
Nahe , Bergstrasse,  in  Sachsen,  Böhmen,  Ungarn,  Tyrol, 
Frankreich,  Norwegen,  Schottland,  N.- America. 

Wenn  die  Feldsteinmasse  lebhaft  roth  und  die  eingeschlosse- 
nen Feldspath-Krystalle  weiss  sind,  so  hat  das  Gestein  ein  sehr 
schönes  Ansehen  und  wird  zu  architektonischen  Verzierungen 
verarbeitet,  z.  B.  der  von  Elfdalen  in  Schweden. 

12.  Kling  stein  (Phonolith).  Ein  inniges  Gemenge 
aus  Feldstein  und  Natron-Zeolith.  Das  Verhältniss  der  ein- 
zelnen Theile  ist  verschieden,  aber  gewöhnlich  so  innig,  dass 
das  Auge  sie  nicht  unterscheidet.  Bruch  splittrig ; Farbe  rauch- 
oder  aschgrau  in’s  Grüne,  Braune  und  Schwärzliche,  zuweilen 
gefleckt.  Durch  Feldspath- Krystalle  wird  er  oft  porphyTartig ; 
ausserdem  finden  sich  in  demselben  in  Drusenhöhlen:  Chabasie 
und  Analcim ; als  mikroscopische  Theilchen : Augit,  Hornblende, 
Magneteisen. 

Das  Gestein  bildet  einzelne  Berge  und  tritt  meist  nahe  bei 
Basalten  und  Trachy teil  auf  und  ist  mit  diesen  wahrscheinlich 


292 


Feldspathgesteinc. 


gleichen  Ursprungs.  Er  findet  sich  unter  andern  in  Böhmen , 
Sachsen , in  der  Rhön , im  Siebengebirge , Hennegau , Ungarn , 
Frankreich  etc.  Der  verwitterte  Phonolith  liefert  eine  frucht- 
bare Erde. 

13.  Trac  h y t.  In  einer  feldspathartigen  Masse  von 
rauhem , mattem  Anselien  liegen  Krystalle  von  glasigem 
Feldspath.  Graulichweiss , grau  ins  Gelbe  und  Rothe,  auch 
in’s  Grüne.  Ausser  dem  Feldspath  finden  sich  darin:  Glimmer , 
Augit , Hornblende  und  Magneteisen.  Die  Trachyte  mancher 
Gegenden  sind  wegen  ihren  Erzlagerstätten  wichtig  für  den 
Bergmann.  So  findet  man  darin  Gold-  und  Silbererze , Queck- 
silber- und  Zinkerze  auf  Lagern  oft  von  grosser  Ausdehnung. 

Der  Trachyt  zeigt  unter  allen  Gesteinen  die  mannigfaltig- 
sten Abänderungen.  Es  sind  Erhebungsgebilde,  gewöhnlich 
von  domähnlicher  oder  kegelartiger  Form , die  ziemlich  verbrei- 
tet Vorkommen.  Ausgezeichnet  im  Siebengebirge  am  Rhein,  in 
Ungarn,  Auvergne,  Griechenland,  Kaukasus,  America  (Andes- 
kette). 

Der  Trachyt  verwittert  oft  mehr  oder  weniger  leicht,  der 
letztere  dient  als  Bau-  und  Chaussee-Material,  der  verwitterte 
giebt  eine  fruchtbare  Erde  und  der  metallfreie  kann  zur  Glasur 
von  Töpferwaaren  benutzt  werden. 

14.  Pech  stein  (p.  151).  Durch  graulich-weisse , kleine 
Feldspath-Kryst&Ue  erhält  der  in  grossen  Massen  vorkommende 
Pechstein  oft  Porphyr-Struktur.  Selten  kommen  auch  darin  vor: 
Quarz  , Augit , Hornblende  und  Glimmer.  Der  Pechstein  findet 
sich  gewöhnlich  in  vulkanischen  Landstrichen  und  ist  zweifels- 
ohne ein  vulkanisches  Gebilde. 

15.  Perlstein  (p.  151).  Als  Einschlüsse  desselben  be- 
merkt man  zuweilen:  Feldspath,  Glimmer , Quarz , Obsidian 
und  Granat.  Man  betrachtet  den  Perlstein  als  zum  Schmelz 
umgewandelten  Trachyt  oder  als  entglasten  Obsidian.  Er  bildet 
steile,  kegelförmig  gestaltete  Hügel:  Ungarn,  Euganeen , Spa- 
nien, Insel  Lipari , asiatisches  Russland  u.  s.  w. 

16.  Obsidian  (p.  150).  Durch  Krystalle  von  glasigem 
Feldspath  wird  der  Obsidian  oft  porphyrartig ; auch  finden  sich 
zuweilen  darin:  Augit,  Glimmer , Quarz , selten  Krystalle  von 
Chrysolith.  Der  Obsidian  ist  als  eine  verglaste  Masse  anzusehen, 
von  Gesteinen  abstammend,  auf  welche  vulkanisches  Feuer  ein- 
wirkte. Teneriffa , Irland  , die  Andeskette  , Ungarn,  Sicilien, 
Sardinien,  das  asiatische  Russland,  haben  vielen  Obsidian 
aufzuweisen. 

17.  Bi  ms  tein  (p.  151)  gilt  allgemein  als  Produkt  vulka- 
nischer Berge,  als  entfärbter  und  durch  Feuer  aufgeblähter  Ob- 
sidian , oder  als  aus  umgewandelten  Trachyt  oder  Lava  entstan- 


Glimmergesteine.  293 

den,  Er  schliesst  oft  Krystalle  von  glasigem  Feldspath , selten 
Augit,  Magneteisenstein , Hornblende  und  Ilaügn  ein.  llkeinge- 
gend  (Bendorf) , Ungarn , Auvergne ,,  Insel  Lipari,  Island  y 
Teneriffa,  Quito  etc. 

Gruppe  III.  Glimmer  ge  steine. 

18.  Glimmerschiefer.  Gemenge  von  Glimmer  und 
Quarz.  Die  Glimmerblättchen  herrschen  in  der  Regel  voi\ 
liegen  unmittelbar  neben  einander,  hüllen  den  Quarz  ein  und 
geben  hierdurch  dem  Gesteine  eine  mehr  oder  minder  vollkom- 
men schiefrige  Struktur.  Die  Farbe  des  Gesteins  wird  bestimmt 
durch  die  Farbe  des  Glimmers , der  weiss , braun , gelb , grau  r 
grün  oder  schwarz  vorkommt.  Das  Gestein  ist  sehr  reicii  an 
fremdartigen  Beimengungen;  namentlich  erscheint  häufig  Granat 
in  Stücken  von  verschiedener  Grösse  und  oft  so  reichlich , dass 
dieser  den  Quarz  verdrängt.  Feldspath-RiystaWe  ertheilen  ihm 
oft  Porphyr-Struktur  und  ausserdem  finden  sich : Cyanit,  Horn- 
blende, Turmalin , Eisenkies,  Magneteisen,  Rutil auf  Lagern 
finden  sich  Eisenerze  (Magneteisen),  Kupfererze ? CohalU, 
Blei-,  und  Quecksilber evze. 

Der  Glimmerschiefer  spielt  eine  bedeutende  Rolle  in  allen 
Haupt-Gebirgsketten , bildet  hohe  terassenförmige  Gebirge  von 
grosser  Mächtigkeit  und  bis  zu  6 — 7090  Fuss  Höhe:  Thüringer 
Wald , Erzgebirge , Riesengebirge , Sudeten , deutsche  Alpen  , 
Spaniea , Skandinavien , Schottland,  Ural , America,  Hima- 
laga-Gebirge . 

Man  benutzt  ihn  wie  den  Gneis. 

19.  Chloritschiefer.  Chloritmasse  von  dünnem,. meist 
wellenförmigem , schiefrigem  Gefüge;  häufig  mit  Quarzkörnern 
und  oft  auch  mit  The,  gemengt.  Lauch-,  berg-  und  schwärz- 
lich-grün. Als  fremdartige  Beimengungen  erkennt  man  Magnet- 
eisen-Octaeder , Granat , Talkspath-Rhomhoeder , Feldspath, 
Kupferkies  und  Magnetkies. 

Das  Gestein  ist  nicht  sehr  verbreitet  und  untergeordnet : 
Apenninen , Alpen,  Böhmen,  Corsica,  Ural,  Norwegen. 

Der  verwitterte  Chloritschiefer  liefert  eine  fruchtbare  Erde 
und  in  Sibirien  durch  Ausw  aschen  Gold. 

20.  Talkschiefer.  Talkmasse  von  mehr  oder  minder 
deutlichem  Schiefergefüge..  Grau  iii’s  Weisse  , Grüne  und  Röth- 
liche  ziehend.  Oft  ist  das  Gestein  quarzhaltig  und  wird  da- 
durch dickschiefrig.  Fremdartige  Einmengungen  sind : Glimmer, 
Chlorit,  Granat,  Sirahlstein,  Magneteisen,  Turmalin,  Cg- 
anit,  Staurolith  und  Asbest  in  Adern  am  UraL 

Topfstein  (Lawezstein,  Giltstein)  ist  ein  inniges  Gemenge 


294  Hornblendegesteine. 

von  Talkmasse  mjt  Chlorit  und  Glimmer  von  dickschiefrigem 
Gefüge.  Man  verfertigt  daraus  Ofenplatten,  Töpfe,  Kessel, 
Lampen , welche  die  Einwirkung  des  Feuers  ausserordentlich  gut 
aushalten  sollen. 

Itakolumit  (elastischer  Sandschiefer , Gelenkquarz)  ist 
eine  quarzreiche  Abänderung  des  Talkschiefers,  welche  in  dün- 
nen Platten  elastisch  biegsam  ist. 

Ueber  die  Verbreitung  des  Talkschiefers  gilt  das  beim 
Chloritschiefer  Gesagte , doch  tritt  er  schon  mehr  als  selbststän- 
dige Gebirgsart  auf. 

Gruppe  IV.  Hornblendegesteine. 

21.  Hör  nb  len  d e ge  ste  in  ( Amphibolit ).  Hornblende - 

masse  von  klein-  und  feinkörnigem,  in’s  Blätterige  und  Strah- 
lige  verlaufendem  Gefüge  und  schwarzer  oder  schwärzlich- 
grüner Farbe.  Gewöhnlich  erscheint  das  Gestein  gemengt  mit 
wenig  Quarz;  die  fast  quarzleere  Abänderung  besitzt  ein  bei- 
nahe vollständig  schiefriges  Gefüge  (Hornblendeschiefer).  Ge- 
wöhnliche Beimengungen  des  Gesteins  sind:  Schice  felkies  und 
Granat;  ausserdem  finden  sich  darin:  Glimmer , Feldspath , 
Magnetkies  und  Magneteisenstein. 

Er  bildet  nur  selten  eine  selbstständige  Felsart  und  findet 
sicli  nicht  sehr  verbreitet  im  Erz-  und  Fichtelgebirge , Böhmer - 
und  Thüringer -Walde,  Schlesien , Salzburg , Ungarn , Schic  eizy 
Savoyen , Norwegen. 

22.  Grün  st  ein  (Diorit , Diabase , Aphanit , Trapp). 
Gemenge  von  Hornblende  und  Labrador  oder  Periklin , von 
schwarzer  oder  dunkelgrüner  Farbe , bedeutender  Härte  und 
Zähigkeit,  Hornblende  herrscht  gewöhnlich  vor  und  beide  Ge- 
mengtheile  finden  sich  oft  kri  stallinisch  za  einem  körnigem  Gan- 
zen verbunden  (Diabase).  Das  innige  Grünsteingemenge , aus 
dichtem , feldspathartigem  Gemengtheile  mit  Hornblende  beste- 
hend, ist  feinkörnig,  matt,  von  dunkler  Farbe  (Diorit).  Nimmt 
in  diesem  innigen  Gemenge  der  dichte  Labrador  die  Ueberhand 
und  ist  er  verschmolzen  mit  der  Hornblende,  so  heisst  das  Gestein 
Aphanit.  Erscheinen  hier  ausgesonderte  Labrador-Iirystalle , 
so  erhält  das  Gestein  Porphyr-Struktur  und  heisst  Grünstein- 
Porphyr.  — Kugel-Diorit  ist  eine  Grünsteinmasse  mit  concen- 
trischen  Lagen  von  krystallinischer  Hornblende  und  Feldstein.  — 
Grünsteinschiefer  ist  ein  Grünstem  mit  gerad-  und  dickschie- 
frigem Gefüge,  und  mandelsteinartiger  Gr.  ein  solcher  mit 
Mandelsteiii-Struktur.  Im  Variolit  oder  Blatterstein  liegen  ein- 
zelne Feldstein-Körner  in  der  dichten  Grünsteinmasse,  welche 
eher  verwittert  und  die  Feldstein-Körner  pockenartig  hervorragen 
lässt.  — Auf  Gängen  kommen  im  Grünstem  Feldspath , Quarz , 


Hornblendegesteine. 


295 


Kalk-  und  Barylspath  vor ; auch  mehrere  Erze , besonders 
Kupfer-  und  Eisenerze , Silbererze , Gold  und  Tellur , gedie- 
gen Plaün  und  Gold. 

Der  Grünstem  ist  eine  im  feurig-flüssigem  Zustande  den  Erd- 
tiefen entstiegene  Masse,  die  fast  in  keinem  grossem  Gebirge 
ganz  vermisst  wird.  In  technischer  Beziehung , als  erzführende, 
sind  besonders  wichtig  die  Grünsteine  am  Harz , im  Nassau’- 
schen , N.-America  (Copper -Mountains) , Ungarn , Siebenbür- 
gen, Aniioquien , Ural. 

Der  Grünstein  selbst  wurde  schon  bei  den  alten  Egyptera, 
Indiern  und  Römern  zu  Kunstwerken  bearbeitet.  Der  eisenreiche 
(am  Harz  steigt  der  Eisengehalt  bis  auf  15  p.  C.)  wird  ver- 
schmolzen. Die  übrigen  Abänderungen  dienen  als  Chaussee-  und 
Bausteine,  als  Zuschlag  bei  Hohöfen.  Der  verwitterte  liefert 
eine  fruchtbare  Erde. 

23.  Hy  per  sth  enf  eis.  Gemenge  von  Labrador  und 
Hyper  sthen , bald  grosskörnig , bald  klein  - und  feinkörnig. 
Die  letztere  Abänderung  ist  dicht,  schwärzlich-grün ; ausgeson- 
derte Labrador-Krystalle  ertheilen  demselben  ein  porphyrartige  * 
Ansehen.  Als  Beimengungen  bilden  sich:  eingesprengtes  Tito 
eisen  in  Rrystalien  und  ausserdem  Glimmer , Hornblende  und 
zuweilen  Granat. 

Nach  v.  Leonhard  ist  der  Hypersthenfels  eine  Abänderung  des 
Syenits.  Er  kommt  in  Schottland , bei  Edinburg  und  auf  den 
Westschotüschen  Inseln  vor. 

24.  G a b b r o.  Gemenge  von  Labrador  mit  Bronzit 
oder  Schiüerspath , zuw  eilen  mit  beiden  zugleich  oder  mit 
Strahlstein  in  körnigem  Gefüge  verbunden.  Der  Labrador 
ist  meist  weiss , grau  oder  grünlich-grau , dicht , selten  undeut- 
lich blätterig;  der  Bronzit  lauch-  oder  berggrün.  Die  Struktur 
wechselt  vom  Grob-  bis  zum  Feinkörnigen.  Als  Beimengungen 
erscheinen  vorzüglich  Glimmer , Magneteisenstein , Hornblende , 
Schwefelkies  und  Quarz.  Auf  Gängen  führt  derselbe  Quarz 
und  Kalkspath , auf  Lagern  Kupfer-  und  Cobalterze. 

Der  Gabbro  ist  sehr  verbreitet  in  der  alten,  wie  in  der 
neuen  Welt ; in  Deutscliland  hndet  er  sich  am  Harze , in  Schle- 
sien, Mähren,  Ungarn  u.  s.  iv. 

Man  benutzt  ihn  als  Baustein  und  zu  architectonischen  Ver- 
zierungen. 

25.  Eklogit  (Smaragditfels).  Ein  Gemenge  von  Sma- 
ragdit  oder  grünem  Diallag  mit  rothem  Granat.  Beide  Ge- 
mengtheile gewöhnlich  in  gleichem  Verhältnisse  mit  bald  grob-, 
bald  feinkörnigem  Gefüge.  Als  fremdartige  Beimengungen  er- 
scheinen: Glimmer , Cyanit , Quarz , Schice  felkies  und  Horn- 
blende. 


296 


Augitgesteine. 


Der  Eklogit  findet  sich  stock-  und  lagerähnlich  im  Gneis 
und  Gliminerscldefer : im  Fichtelgebirge  und  Steyermark. 

Gruppe  V.  Serpentingesteine. 

26.  Serpentinfels  ( Serpentin , Ophioliih).  Die  Grund- 
masse ist  Serpentin , gemengt  mit  Körnern  von  Magneteisenstein 
und  Fasern  von  Asbest.  Zuweilen  etwas  thonhaltig ; mehr  und 
weniger  magnetisch.  Das  Gefüge  ist  gewöhnlich  dicht,  der 
Bruch  splitterig.  Das  Gestein  ist  schimmernd  und  meist  schwärz- 
lich-grün, doch  auch  lichter  grün,  gelb,  roth  und  braun,  oft 
gefleckt  und  bunt.  — Der  Asbest  findet  sich  oft  in  Schnüren 
und  Trümmern  ausgesondert  ; ausserdem  finden  sich  darin: 
Speckstein , Quarz , Chalzedon , Halbopal , Talkhydrat , Mag- 
neteisen und  Eisenkies , Chromeisen , Arsenikkies  und  gedie- 
gen Kupfer.  — Die  Gänge  sind  aber  meist  schmal  und  mehr 
Adern. 

Der  Serpentinfels  ist  sehr  verbreitet  : Fichtelgebirge , Ober- 
pfalz, Sachsen , Mähren , Schlesien , Steiermark , Salzburg , 
Tyrol , Alpen , Apenninen , Pyrenäen , Grossbrittanien , Grie- 
chen JöwiZ , Mexico  u.  s.  w. 

Man  benutzt  den  Serpentin  als  Chaussee-Material,  als  Bau- 
stein , insbesondere  zu  architektonischen  Verzierungen , schneidet 
aus  ihm  Platten  und  verarbeitet  ihn  auf  der  Drehbank  zu  Mör- 
sern, Schalen,  Vasen  u.  s.  w. 

27.  Ophit.  Ein  Gemenge  von  Serpentin  und  dichtemoder 
körnigem  Kalkstein  oder  von  Kalkspath.  Der  Serpentin  ist 
dunkelgrün,  der  Kalk  weiss,  bald  sphäroidisclr,  bald  unbestimmt 
begrenzt.  Hin  und  wieder  finden  sich  Magnet-  und  Schwefel- 
kies eingemengt.  — Vorkommen  : Pyrenäen. 

28.  S c h i 1 1 e r f e 1 s.  Ein  Gemenge  von  vorwaltendem 
Schillerstein  und  Labrador.  Das  Gestein  hat  gewöhnlich  eine 
schwärzlich-grüne  Farbe;  wenn  der  Labrador  an  Quantität  zu- 
nimmt , so  hat  das  Gestein  ein  gesprenkeltes  Ansehen , oder  es 
liegt  der  Schillerstein  als  grüne  Punkte  in  der  graulich-weissen 
Labradormasse.  Zuweilen  finden  sich  darin  breitblätterige  Mas-, 
sen  von  Schiller spath. 

Er  findet  sich  unter  andern  am  Harz  an  der  Baste. 

Gruppe  VI.  Augitgesieine. 

29.  Augitfels.  Körnige  Augitmasse  (Kockolith)  von 
grüner , brauner , grauer  und  gelber  Farbe , theils  gross- , klein-, 
aucii  sehr  feinkörnig ; fettartig  glänzend  und  rauh  anzufühlen.  — 
Die  Farben  des  Gesteins  wechseln  auf  die  unregelmässigste  Weise. 
Als  fremdartige  Beimengungen  finden  sich  darin  : Topf  stein. 


Augitgesteine. 


297 


AsZs  fCm’  TurmaUn’  seltei‘  I{alksPuth , Hornblende  und 

...  j?ie  Verbreitung  ist  geringe  und  das  Gestein  kaum  selbst- 
ständig. Es  setzt  m den  Pyrenäen  liegende  Stöcke  im  kör- 
nigen K:ilk  zusammen. 

30.  Basalt.  Ein  höchst  inniges  Gemenge  von  Audit, 
Labrador  und  Magneteisen.  Graulich-  und  bläulich-schwarz, 
seiir  hart  von  flachmuscheligem , in’s  Splittrige  und  Unebene 
verlaufendem  Bruche.  Dicht  oder  blasig.  Für  sich  zu  einem 
grünen  Glase  schmelzend  und  dem  Magnete  folgsam.  Die  dich- 
testen Abänderungen  sehen  Obsidianähnlich  aus.  Er  enthält  als 
gewöhnliche  Emmengungen  Augit,  Hornblende  and  Ckri/solith, 
seltener  Glimmer,  Bronzit,  Hyacinth,  Oligoklas , Obsidian, 
snlÜnej isfn%  ze^eu  sich  in  demselben  häufig  Blasenräume 

(Mandelsleinartiger  Basalt,  basaltischer  Mandelstein),  die 
dann  gewöhnlich  Zeolithe , Kalkspath , Ärragon,  Achate , Opal , 
Grunerde  u.  s.  w.  einschliessen. 

Der  Basalt  liefert  vorzüglich  dauerhafte  Chausseen  und  nach 
der  Verwitterung  eine  sehr  fruchtbare,  besonders  dem  Wein- 
stocke zusagende  Erde. 

^ Das  Gestein  gehört  zu  den  plutonischen  Erhebungsgebilden, 
lmnet  sich  ziemlich  w^eit  verbreitet  und  zeigt  überall  gleich- 
massige  Charaktere.  Sehr  häufig  finden  sich  die  Basalte  in 
feäulen  abgesondert. 

-i  «dl*  Do ler it.  Ein  krystallinisch  körniges  Gemenge  der- 
selben Substanzen,  welche  den  Basalt  büden  und  von  diesem 
nur  dadurch  unterschieden , dass  die  Gemengtheile  nicht  so  innig 
wie  bei  diesem  verbunden  sind , und  sich  von  einander  unter- 
scheiden lassen.  Die  Farbe  des  Dolerits  ist  gewöhnlich  schwärz- 
ich-giau,  etwas  lichter  als  der  Basalt,  weniger  dicht  und  hart; 
seltener  finden  sich  darin  Olivinkömer . Im  mandelsteinartiqen 
potent  finden  sich  übrigens  dieselben  Mineralien , wie  in  den 
Blasenräumen  des  Basalts  und  ausserdem  noch  Sphaerosiderit , 
Bitte, kalk.  Häufig  sind  die  Blasenräume  auch  leer  sehr  nahe 
liegend  (schtvammiger  oder  schlackiger  Dolerit ).  Ausser  den 
Denn  Basalte  genannten  Einsprengungen  kommen  hier  auch  noch 
voi : Apatit , Melanit , Nephelin , Sphen , Schwefelkies,  Mag- 
netkies , Ittnerit,  Haügn. 

Das  beim  Basalt  über  Verbreitung  und  Anw  endung  Gesagte 
gilt  auch  vom  Dolerit. 

32.  Basanit.  Die  Grundmasse  des  Basalts,  doch  weniger 
dicht  von  lichterer,  gewöhnlich  grauer  Farbe.  Man  unterschei- 
det dichten  Basanit,  hin  und  wieder  mit  Olivinkörnern ; por - 
p nt r artiger  B von  dunkel-grauer  Grundmasse  mit  ziemlich 
ausgebildeten  AugiUKry stallen;  mandelsteinarliycr  ß.  mit  vie- 


298 


Thongesteinel 


len  Blasenräumen,  die  mit  Zeolithen , Kalkspath  u.  s.  w.  aus- 
gefüllt  sind ; schlackiger  B.  mit  einer  schlackenartigen , halb- 
vergl asten  Grundmasse , mit  einer  grossen  Anzahl  kleinerer  oder 
grösserer  Blasenräume.  Biese  Abänderung  ist  oft  klingend  und 
enthält  Glimmer , Hornblende , Ilaüyn , Granat , Nephelin , 
Leucit. 

Man  benutzt  ihn  als  Baustein  und  die  schlackige  Abände- 
rung von  Niedermennig  und  Magen  am  Mittelrheine  ist  beson- 
ders berühmt  als  Mühlstein.  Er  unterliegt  dem  Verwittern  we- 
niger als  der  Basalt  und  Dolerit. 

Gruppe  VII.  Leucitge steine. 

33.  L e u c o m e 1 a n (Leucitge stein).  Ein  kristallinisches 
Gemenge  von  Leucit , Augit  und  Körnern  von  Magneteisen- 
stein. Weiss  und  schwarz  gesprenkelt.  Man  unterscheidet 
dichten  L. , ein  sehr  inniges  Gemenge  von  grauer  Farbe,  weiss 
gesprenkelt ; porphyr artiger  L. , mit  einzelnen  ausgesonderten 
Krystallen  von  Augit  und  Leucit  ; blasiger  und  schlackiger  L., 
mit  vielen  Blasenräumen. 

Er  findet  sich  in  Italien  und  kommt  als  Lava  vor:  Albano y 
Viterbo , Borghetio,  Eocca  di  Papa. 

Gruppe  VIII.  Thongesteine. 

34.  Thonstein.  Dichte  Massen  von  ebenem  oder  fein- 
erdigem Bruche,  grau,  gelblichweiss,  fleisch-  und  bräunlich-roth, 
lavendelblau,  berggrün , zuweilen  gefleckt  und  gestreift,  matt; 
mager  anzufühlen;  nicht  an  der  Zunge  hängend.  Man  unter- 
scheidet als  Arten  : a)  den  gemeinen  Thonstein  und  b)  den 
Eisenthon , wohin  die  rothen  und  braunen  Abänderungen  gehö- 
ren. Von  beiden  Arten  kennt  man  folgende  Abänderungen: 
dichte  und  porphyr  artige,  wo  in  der  dichten  Masse  kleine  Feld- 
spath-Krystalle  und  seltener  Quarzkörner  liegen  ; blasige  mit 
unbestimmt  begrenzten , zuweilen  in  einer  Richtung  in  die  Länge 
gezogenen  Blasenräumen ; mandelsteinartige  mit  Blasenräumen , 
welche  Zeolithe , Grünerde , Amethyste , Ghalzedon , Achate , 
Quarz  u.  s.  w.  enthalten. 

Die  Thonsteine  und  ihre  Abänderungen  sind  ziemlich  ver- 
breitet unter  andern:  im  Erzgebirge , Böhmen,  Schlesien, 
Tyrol , Italien,  Island. 

35.  Thonschiefer.  Kieselreiche , mit  Wasser  nicht  plas- 
tisch werdende  Thonmasse  von  vorherrschend  grauer  Farbe,  die  in 
unrein  Grün,  Roth,  Braun  und  Schwärzlich  übergeht.  Die  schiefrige 
Structur  ist  hier  besonders  ausgezeichnet.  Er  hängt  etwas  an 


Tliongesteine. 


299 


I der  feuchten  Lippe,  riecht  beim  Anhauchen  tlionig  und  ist  als 
eine  chemische  Verbindung  zwischen  Thon-  und  Kieselerde  in 
mehrern  Verhältnissen  zu  betrachten,  — Der  reinen  Thonschie- 
fermasse  sind  häufig  feine  weisse  Glimmerblättchen , Quarz 
und  Feldspath  in  Körnern  und  Kalk  in  Blättchen  oder  Adern 
beigemengt.  Dadurch  entstehen  mehrere  ■Abänderungen , als : 
reiner  Thonschiefer , gewöhnlich  dümischieferig  ° und  von 
lichtgrauer  Farbe;  glimmeriger  Thonschiefer , wenn  sich  zwi- 
schen den  einzelnen  Schieferlagen  mehr  oder  weniger  zahl- 
reiche weisse  Glimm erblätt.chen  einfinden ; quarziger  Thon- 
schiefer, wenn  sich  in  der  reinen  oder  glimmerigen  Thonschie- 
fermasse Quarz  in  kleinen  Körnern  oder  in  einzelnen  Zwischen- 
lagea  findet.  Die  graue  Farbe  der  beiden  letzten  Abänderungen 
verläuft  in’s  Gelbe,  Blaue,  Grüne,  Braune  und  Rothe.  Neben 
der  schiefrigen  Structur  zeigt  sich  hier  oft  eine  prismatische 
Absonderung  ( Griff  eischief  er ).  Wenn  die  drei  beschriebenen 
Abänderungen  einzelne  Feldspath-KrystaRe  enthalten,  so  ent- 
steht der  porphyrartige  Thonschiefer.  Kohliger  Thonschie- 
fer ; die  Grundmasse  ist  glimmerarm , aber  so  von  Kohle 
durchdrungen , dass  er  eine  dunkel  graulich-schwarze  oder  sam- 
met-schwarze Farbe  zeigt.  Häufig  besitzt  er  eine  ausgezeichnet 
dünn-  und  gerad-schiefrige  Structur , welche  ihn  zur  Dachbe- 
deckung sehr  tauglich  macht  (Dachschiefer).  Der  kalkige 
Thonschiefer  enthält  mit  den  Schieferlagen  parallel  laufende 
Blättchen  von  kohlensaurem  Kalk. 

Der  Thonschiefer  enthält  ausserdem  häufig  Chiastolith  und 
Staurolith , seltener  Pistazit , Hornblende , Granat , Turmalin , 
Talk , Chlorit , Schwefelkies.  Der  an  letztem  reiche  Thon- 
schiefer beschlägt  bei  der  Verwitterung  mit  einem  weissen  Pul- 
ver , welches  zum  grössten  Theiie  aus  schwefelsaurer  Thonerde 
besteht.  Er  heisst  dann  Alaunschiefer  und  kann  zur  Alaun- 
fabrication  benutzt  werden. 

Der  Thonschiefer  ist  sehr  verbreitet  und  fehlt  fast  in  kei- 
nem Gebirge.  Man  findet  auf  Gängen  darin : Kalk- , Braun- 
un d Baryt spath , Roth-  und  Brauneisenstein,  manche  Bleierze, 
gediegen  Gold,  Zinn,  auch  Graphit. 

Die  dünnschieferige  kohlige  Abänderung  dient  vorzüglich 
zum  Dachdecken,  der  mehr  kieselige  schwarze  Thonschiefer  zu 
Tischplatten  und  Schreibtafeln. 

36.  Schalstein.  Schiefriges  Gemenge  von  Thonschiefer- 
masse, Kalk  und  Chlorit.  Er  braust  mit  Säuren  auf,  hat  in 
der  Regel  eine  grüne  Farbe  und  geringe  Härte.  — Man  unter- 
scheidet gemeinen  und  mand eiste  inartigen  Schälstein,  je  nach- 
dem das  Gemenge  vollkommen  ist  oder  in  der  Grundmasse  Ku- 
geln von  Kalkspath  und  Kalkstein  liegeiu  — Ausgezeichnetes 
Vorkommen:  in  den  Lahngegenden.  \ 


300 


Kalkgesteine. 


Gruppe  IX.  Kalkgesteine. 

37.  Kalkstein.  Man  unterscheidet  in  der  Geognosie: 

a)  K ö v n i g e r Kalk  (p.  204)  (Urkalkstein , salinischer , 
parisclier  oder  cararischer  Marmor).  Kalkmasse  von  kry- 
staRinischem,  körnig-blättrigem  Gefüge,  das  sich  zuweilen  in’s 
Dichte  verläuft.  Die  körnig-abgesonderten  Stücke  sind  so  mit- 
einander verbunden,  dass  meist  keine  leeren  Zwischenräume 
bleiben.  Weiss , mitunter  in’s  Graue , Blaue , Gelbe  und  Rothe 
sich  verlaufend.  Der  körnige  Kalk  hat  Barytspath-Gd nge,. 
Kalk-  und  Braunspalh- Adern  aufzuweisen  und  auf  Lagern  er- 
scheinen in  demselben  Eisen-  und  Bleierze , auch  Sei'pentin 
und  zuweilen  mächtige  Smirgelgänge.  An  zufälligen  Beimen- 
gungen bemerkt  man  Idokras , Granat , Hornblende , Glimmer 
u.  s . w.  — Es  bst  jetzt  fast  allgemein  angenommen , dass  der 
körnige  Kalk  ein  plutonisches  Gebilde  und  zwar  im  feurigen 
Flusse  gehoben  sei.  Er  ist  ziemlich  verbreitet,  ausgezeichnet  in 
Italien  (Carara) , Bergstrasse  (Auerbach)  , in  Baiern  , Böh- 
men, Sachsen , Schlesien , Bannat , Pyrenäen , Schottland , 
Schweden , Griechenland,  N.- America,  Himalaya-Gebirge. 

b)  U e b e r g a n g s k a 1 k.  Dichte , im  Bruche  splittrige  Kalk- 
masse, die  selten  ein  körniges  Gefüge  hat.  Grau  in’s  Blaue  und 
Rothe ; blutroth , gelblich.  Die  Masse  ist  vollkommen  gleichartig, 
oft  nach  allen  Richtungen  von  Kalkspath-Adern  durchzogen.  — 
Er  tritt  bald  mehr  selbstständig  auf,  bald  wechselt  er  mit  Grau- 
wacke und  Thonschiefer  und  ist  in  vielen  Ländern  sehr  verbrei- 
tet. Er  enthält  oft  häufig  Petrefakten , an  manchen  Orten  fehlen 
sie  ganz.  Auf  Gängen  kommen  darin  vor : Kalk - und  Baryt- 
spath  , Bleiglanz  , Weissbleierz  , Bleierde Rotheis enstein 
u.  s.  w.  Auf  Lagern:  Gyps , Anhydrit , Quarz , Eisenerze , 
Kupferkies  u.  s.  w. 

c)  Bergkalk.  Kalkmasse  von splittrigem Bruche  und  selten 
unvollkommen-krystallinischem  Gefüge.  Grau  in  s Schwärzliche* 
auch  in’s  Gelbe  und  Weisse.  Zum  Theil  Talkerde -,  Eisen- 
oxid Bitumenhaltig.  — Der  Bergkalk  enthält  oft  viele  fossile 
Reste  von  Meer-Thieren  (Enkriniten-Kalk) ; er  ist  für  den 
Bergbau  sehr  wichtig  (erzf  ührender  Bergk.)  und  enthält  bedeu-. 
lende  Lager  von  Bleierzen  ( Bleiglanz , phosphorsaures  und 
kohlensaures  Blei),  Eisenoxyd,  mit  Galmei,  Brauneisenstein . 
Eisenglanz,  Eisenkies , Blende,  Kupfer-  und  Antimonerze. 
Auf  Gängen  finden  sich  darin  : Quarz , Arragomt,  Witherit  T 
Strontian  u.  s.  w.  Häufig  steht  der  Bergkalk  in  innigem  Ver- 
bände mit  dem  Steinkohlengebilde,  welche  in  manchen  Gegenden 
unmittelbar  darauf  ruhen.  — Er  ist  in  vielen  Gegenden  sehr 
verbreitet,  z.  B.  in  England,  Frankreich,  Belgien,  Rheinpro- 
vinz, Wcstphalcn , Polen. 


Kalkgesteine. 


301 


d)  Zechstein  (älterer  FlÖtzkalk).  Kalkmasse  von  split- 
trigem Bruche,  der  sich  in’s  Muschelige  und  Ebene  verläuft. 
Unrein  grau  in’s  Schwärzliche.  Er  besteht  gewöhnlich  aus  La- 
gern , die  durch  stärkeren  oder  geringeren  Thongehalt  mehr  oder 
weniger  von  einander  abweichen.  Er  ist  besonders  merkwürdig 
als  beständiger  Begleiter  des  Kupferschiefers,  eines  an  Kupfer- 
erzen so  reichen  Gesteines,  auf  dem  er  in  der  Regel  unmittelbar, 
oder  durch  eine  dünne  Mergelschicht  getrennt,  ruht.  An  man- 
chen Orten  ist  er  ganz  frei  von  Petrefakten,  an  andern  sehr 
reich  an  Mollusken.  Er  kommt  ausgezeichnet  vor  : am  Harz  , im 
Mansf eldischen , Thüringen , Erzgebirge , Schlesien,  England, 
N.-America. 

e)  Muschelkalk.  Feinsplittrige , fast  ebene , auch  flach- 

muschelige Kalkmasse,  nur  zuweilen  durch  eingemengte  Kalk- 
theilchen  ein  körniges  Ansehen  erlangend.  Dunkelgrau  in’s 
Blaulich-schwarze ; graulich-weiss  in’s  Gelbe;  meisteinfarbig. 
Er  liegt  immer  auf  buntem  Sandstein  und  enthält  häufig  Petre- 
facten.  Auf  untergeordneten  Lagern  trifft  man  in  demselben 
€?gpst,  Salzthon  und  Steinsalz,  oft  von  grosser  Bedeutung;  fer- 
ner birgt  er  von  Erzen : Eisen , Blei  und  Zink  auf  Lagern , 
Stöcken  und  Nestern.  — Der  Muschelkalk  ist  in  manchen  Län- 
dern sehr  verbreitet  und  fehlt  in  andern  ganz.  In  Deutschland 
tritt  er  mit  entschiedener  Selbstständigkeit  auf : Baden , Wür- 
temherg , Thüringen , Mansfeld,  Wesiphalen , Hannover , 

Polen. 

f)  Liaskalk  (Gryphiten-Kalk).  Dichte,  häufig  bitumi- 
nöse oder  thonige  Kalkmasse  von  splittrigem  Bruche , seltener 
ein  sehr  feinkörniges  Gefüge  zeigend.  Dunkelgrau  in’s  Schwärz- 
lich-braune , zuweilen  durch  Eisenoxyd  ringförmig  gezeichnet.  — 
Er  ist  in  manchen  Gegenden  reich  an  fossilen  Ueberresten  von 
Reptilien,  Fischen,  Mollusken  u.  s.  w.  Erze  finden  sich  sel- 
ten darin,  unter  andern  Lager  von  Rotheis enstein,  Nester  von 
Bleiglanz  und  Blende.  — Der  Liaskalk  erreicht  selten  eine  be- 
deutende Mächtigkeit  und  findet  sich  in  England , Würtemberg, 
Baden,  um  Basel,  in  Frankreich,  Schiveden,  Spanien  (Py- 
renäen). 

g)  Jurakalk.  Dichte  Kalkmasse  von  muscheligem,  auch 
splittrigem  Bruche  und  stets  heller,  gelblich-  oder  graulich- 
weisser  Farbe.  Man  unterscheidet  nach  der  Lage  einen  ober n 
und  untern,  oder  Jüngern  und  ältern  Jurakalk,  die  mit  einigen 
andern  Gesteinen  die  Juraformation  bilden.  — Sie  sind  beide 
sehr  reich  an  organischen  Ueberresten,  aber  arm  an  Erzen.  — 
Er  ist  in  manchen  Gegenden  sehr  verbreitet , z.  B.  in  England, 
in  der  westlichen  Schweiz,  in  Pommern,  auf  Rügen,  in  Polen, 
Frankreich. 

Eine  Abänderung  des  Jurakalks  ist  der  lithographische 


302 


Kalkgesteine. 


Stein.  Es  ist  eine  dickte,  gelblich-  und  rauchgraue  Kalk- 
masse von  muscheligem  Bruche,  die  in  der  Gegend  von  Solen- 
hofen und  Pappenkeim  als  obere  Decke  der  Berge  erscheint.  Er 
ist  ebenfalls  reich  an  Versteinerungen ; seine  Verbreitung  ist 
beschränkt.  Ausser  den  genannten  Orten  soll  er  noch  in  Ox- 
fordskire , ferner  in  Dalmatien  und  am  Libanon  Vorkommen.  — 
Er  ist  unschätzbar  in  der  Lithographie  und  bis  jetzt  nicht  zu 
ersetzen  gewesen. 

h)  Kreide  (p.  205).  Die  Kalkmasse  ist  weich,  selbst  locker, 
selten  ziemlich  hart ; im  Bruche  fein-  und  groberdig,  selten  eben 
in’s  Splittrige.  Die  weisse  Farbe  nähert  sich  dem  Gelblichen 
und  Grauen.  Die  Kreide  schliesst  nebst  einer  nicht  unbedeuten- 
den Anzahl  Versteinerungen  Feuerstein  in  Nestern  und  Lagern 
ein.  Die  unteren  Lagen  der  Kreide  haben  immer  eine  Grünerde - 
oder  CftZorit-älinliche  Masse  in  kleinen  Pünktchen  eingesprengt, 
wodurch  sie  zum  grünen  Sandsteine  übergeht.  — Sie  ist  beson- 
ders verbreitet  in  England  und  dem  nördlichen  Deutscklande. 

i)  G r o b k a 1 k.  Die  Kalkmasse  ist  nicht  selten  mehr  sandig 

als  kalkig.  Mehr  oder  minder  fest,  zuweilen  selbst  zerreiblich. 
Bruch  splittrig  in’s  Unebene , Grob-  und  Feinkörnige.  Gelblich- 
grau und  graulich-weiss  in’s  Graue  und  Braune.  Er  ist  ein 
jüngeres  Gebilde,  welches  gewöhnlich  über  Braunkohlen  und 
auf  Kreide  ruhet  und  deutliche  Schichtung  zeigt.  Er  umschliesst 
eine  bedeutende  Menge  Conchylien , auch  Ueberbleibsel  von 
Amphibien,  Fischen,  Vögeln  und  Säugethieren.  — Er  ist  wenig 
verbreitet  und  findet  sich  ausser  im  Becken  von  Paris  nur  in 
der  Nähe  von  Mainz , in  Italien,  am  südlichen  Fusse  der  Al- 
pen, Sicilien,  Ungarn  u.  s.  w.  # 

k)  S ü s s wr  a s s e r k a 1 k.  Er  ist  entweder  dicht , im  Bruche 
splittrig,  oder  flachniuschelig  und  eben,  weiss  oder  grau,  selte- 
ner braun  gefärbt  (dichter  Süsstv.-Kalk) , oder  dicht  und  sei- 
ner ganzen  Masse  nach  mit  kieseliger  Materie  durchdrungen 
(Kieselkalk)  , oder  häufig  zellig , viele  Höhlungen  und  blasen- 
ähnliche  Räume  von  unebenem , kleinkörnigem  Bruche  und  selte- 
ner eine  Art  Fasergefüge  zeigend  (Travertino) , oder  er  bildet 
eine  mehr  oder  weniger  blasige,  schwammige  oder  poröse  Kalk- 
masse, voller  regelloser  Löcher  und  zeitiger  Räume,  erscheint 
auch  röhrenförmig  und  tropfsteinartig,  oder  in  sehr  verschiede- 
nen Gestalten  nach,  meist  wieder  zerstörten,  pflanzlichen  Thei- 
len  gebildet.  Der  Bruch  ist  verschieden  und  geht  von  dem 
Dichten  und  Splittrigen  bis  zum  Erdigen  (Kalktuff).  Dieses 
Gebilde  findet  sich  ziemlich  allgemein  verbreitet  und  besonders 
ausgezeichnet  in  Frankreich  (Auvergne),  Granada,  in  Wür- 
temberg  u.  s.  iv.  An  organischen  Üeberresten  ist  er  oft  sehr 
reich  und  enthält  Pflanzen,  Gebeine  und  Zähne  von Landthieren, 
Amphibien,  Vögeln  u.  s.  w. 


Kalkgesteine. 


303 


l)  Bituminöser  Kalk  ( flinkstem)  ist  eine  Kalkmasse 
mit  mehr  oder  minder  starkem  Bitumen-Gehalt,  der,  durch  seinen 
eigenthümlichen  Geruch,  beim  Reihen  oder  beim  Erwärmen  des 
Gesteins,  erkannt  wird.  Er  hat  einen  splittrigen  Bruch  und 
eine  graue,  braune  oder  schwärzliche  Färbung.  — Erreicht  oft 
eine  Mächtigkeit  von  100  Fuss  und  findet  sich  in  der  Re«-el  über 
Dolomit  oder  unmittelbar  auf  dem  Zechstein  gelagert.  ° 

m)  Oo  1 ithen-Kalk  (Rogenstein)  (p.  205).  Kalkkörner 
durch  einen  kalkigen  oder  kalkig-thonigen  Teig  gebunden.  Die 
Kalkkörner  sind  ungleich  an  Grösse , bald  gedrängt , bald  spar- 
sam vorhanden,  grau,  braun  oder  gelb;  mit  der  bindenden  Masse 
gleich  gefärbt  oder  davon  verschieden. 

38.  Dolomit  (p.  209).  Chemische  Verbindung  von  koh- 
lensaurem Kalk  mit  kohlensaurer  Magnesia  von  häuft«-  aus- 
gezeichnet körnigem  Gefüge,  gleichsam  nur  ein  Häuf werkrhom- 
boedrischer  Krystalle  (körniger  Dolomit).  Die  Kryst.  berühren 
sich  meist  nur  an  wenigen  Stellen.  Manche  feinkörnige  Dolo- 
mite nähern  sich  dem  Dichten  (dichter  Dolomit).  Als^bezeich- 
nendes  Merkmal  des  Dolomits  können  kleine  Höhlungen  und 
kleine  eckige  Löcher  betrachtet  werden , welche  mit  Bitterspath- 
Rhomboedern  ausgekleidet  sind.  Die  Farbe  ist  weiss  in’s  Gelbe 
und  Röthliche , gelb , grau  in’s  Braune.  Die  Dolomite  sind  stets 
härter  und  schwerer  als  Kalkstein.  — Als  Beimengungen  des 
Dolomits  erscheinen:  Glimmer , Talk , Grammaiit , e Turmalin , 
Korund , Fahlunit , Eisenkies , Realgar , Rutil  und  Blende.  ~ 
Der  Dolomit  erscheint  in  mehrern  Gebirgsformationen , als  mit 
der  Grauwacke , Muschelkalk , Zechstein , Jurakalk.  Die 
Dolomite  scheinen  theils  plutonischen,  theiis  neptunischen  Ur- 
sprungs. 

39.  Mergel.  Gemenge  von  kohlensaurem  Kalk  und 
Thon.  Weicher  als  Kalkstein,  von  erdigem  Bruch.  Beim  An- 
hauchen thonig  riechend , mit  Säuren  aufbrausend  und  mit  Was- 
ser mehr  oder  weniger  plastisch  werdend.  Graulich-,  gelblich- 
grünlich-  und  rötlüich- weiss  in’s  Graue,  Braune  und  Rothe.  ’ 

Man  unterscheidet:  a)  Kalkmergel , wobei  der  Kalk  vor- 
w aitet  und  oft  bis  75  p.  C.  beträgt.  Farbe  w^eiss , grau , gelb. 
Nach  der  Textur  zerfällt  dieser  in  dichten , schiefrigen  erdi- 
gen und  tuffsteinartigen,  b)  Thonmergel  mit  verwaltendem 
Thon,  von  grauer,  gelber,  grüner , schwarzer  Farbe.  Erfindet 
sich  ebenfalls  von  dichter  oder  schiefriger  Textur,  c)  Sand- 
mergel mit  einer  beträchtlichen  Beimengung  von  Quarzsand 
von  dichtem  oder  schiefrigem  Gefüge.  (Keuper-  oder  bunter 
Mergel  ist  ein  durch  häufigen  Wechsel  bunter  Farben , oTau 
grün  und  roth,  ausgezeichneter  Mergel  von  muschligein Bruche.) 
— Der  Mergel  zerfällt  an  der  Luft  nach  und  nach  zu  einer 
fruchtbaren  Erde.  Man  findet  im  Mergel  Bernsteinstücke,  bitu- 


304  Eisengesteine. 

minöses  Holz , Land-  und  Flussmuscheln  und  Gebeine  grosser 
Thier-Arten. 

Sein  Vorkommen  ist  ziemlich  verbreitet. 

Gruppe  X.  Gypsgestetne. 

40.  Gyps  (p.  240).  Fein-,  selten  Mein-  oder  grobkörnige, 
Gypsmasse,  mitunter  zum  Schuppigen  oder  Blättrigen  sich  nei- 
gend. Schneeweiss  in's  Graue , Röthliche  und  Gelbe  überge- 
hend. Die  Gypsmasse  ist  oft  mit  Thon  gemengt.  Als  Beimen- 
gungen zeigen  sich  häufig  Glimmerblättchen , Borazit-  und 
Quarzkry  stalle.  Der  körnige  Gyps  (Urgyps , Alabaster)  ist 
die  einzige  Abänderung  des  Gypses , welche  als  Gestein  in  gros- 
sem Massen  auftritt,  z.  B.  im  Canaria - und  7Vssiw-Thale.  — : 
Ausserdem  kommt  der  Gyps  oft  mit  200—400  Fuss  Mächtigkeit 
in  der  Zechstein-  und  Muschelkalkfonnation  und  mit  Grobkalk 
vor  und  führt  häufig  Steinsalz  und  Salzquellen. 

41.  Anhydrit  (p.  239).  Von  dieser  Mineralgattung  tritt 
ebenfalls  nur  die  körnige  Abtheilung  als  Gestein  auf,  unter 
andern  in  der  Keuperfonnation  mit  Gyps  und  Steinsalz. 

t 

Gruppe  XI.  Salzgesteine. 

42.  Steinsalz  (p.  255).  Das  Steinsalz  tritt  in  grossen 
Massen  auf  in  der  Muschelkalk-  und  Keuperformation,  in  der 
Regel  begleitet  von  Gyps;  ebenso  finden  sich  bedeutende  Mas- 
sen im  Grünen-  oder  Karpathen-Sandstein  bei  Wieliczka  in 
Polen. 

43.  Ala un f eis.  Von  Alaunstein  mehr  oder  weniger 
durchdrungene  Quarzmasse  mit  zelligem  Gefüge,  zerfressen, 
durchlöchert  oder  dicht.  Bruch  uneben.  Graulich-weiss  ins 
Gelbliche,  Bräunliche  und  Grünliche.  Der  Alaunstein  findet  sich 
darin  bald  in  Körnern,  Adern  und  Drusen  krystallisirt.  Der 
Alaunfels  steht  mit  dem  Trachyt  in  nächster  Beziehung : er  macht 
mehr  oder  weniger  mächtige,  stehenden  Stöcken  ähnliche  Massen 
aus , oder  er  erfüllt  Spalten ; im  Kirchenstaate , am  Mont-Dore , 
Ungarn , Insel  Milo  und  Nipoligo. 

Gruppe  XII.  Eisengesteine. 

44.  Magneteisenstein  (p.  103). 

45.  Eisen  schiefer  (Eisenglimmer  schiefer).  Blättriger 
Eisenglanz  und  grauer  Quarz  in  körnig-schiefrigem  Gemenge, 
so  dass  die  Gemengtheile  eiuzelne  Lagen  bilden  und  das  Gestein 
ein  gestreiftes  Ansehen  hat.  Als  bezeichnende  Beimengungen 
erscheinen  Blättchen  von  gediegen  Gold.  Das  Gestein  begleitet 


Sandsteine. 


305 


m Brasilien  beständig  den  goldführenden  Itacolumit  und  führt 
alsdann  seihst  Gold.  Die  Mächtigkeit  des  Gesteins  ist  nicht 
gross,  aber  seine  Ausdehnung  oft  meilenweit.  — Er  kann  mit 
\ ortheil  zu r Eisen-Aussclimelzung  benutzt  werden. 


Gruppe  XIII.  Kohlen . 

46.  Antliracit  (p.  94). 

47.  Schwarz  kohle  (p.  282). 

48.  Braunkohle  (p.  273). 

II.  ABTHEILUNG.  NICHT  KRYSTALLINISCHE  GESTEINE. 
A.  Conglutinate. 

Die  Theile  der  Gesteine  sind  durch  eine  Masse  verbunden 
welche  sich  zu  jenen  als  Verkittungsmittel  verhält. 


Gruppe  /.  Sandsteine. 

49.  Quarzsandstein.  Die  Quarzkörner  sind  durch  ein 
quarziges  Cäment  verbunden.  Das  Gestein  ist  sehr  fest,  bedeu- 
tend hart,  weiss  oder  grau,  seltener  roth  gefärbt. 

50.  Thonsandstein.  Quarzkörner , mit  thonigem  Cä- 
ment verbunden.  Das  Gestein  riecht  beim  Anhauchen  tlionio- 
braust  mit  Säuren  nicht  auf  und  ist  weiss,  grau,  «"elh,  roth 
oder  braun  gefärbt.  Man  unterscheidet:  a)  (jemeinen  Thon- 
sandstein, wenn  das  Bindemittel  ein  grauer  oder  licht- Trauer 
Thon  ist  Das  Gestein  erscheint  oft  sehr  rein  weiss  und  hat 
häufig  Glimmerblättchen  beigemengt.  Wenn  die  letztem  und 
das  Bindemittel  Ueberhand  nehmen,  wird  das  Gestein  oft  schiefrig- 
b)  hisenlhon-Sandstein.  Das  Bindemittel  ist  hier  Eisenthon 
lund  die  herrschende  Farbe  rothbraun.  Diese  Abänderung  wird 
durch  häufige  Glimmerblättchen  auch  zuweilen  schiefri«-  * 

o* 

51.  Kalksandstein.  Sandstein  mit  kalkigem  Binde- 
mittel. Als  Beimengungen  erscheinen  Glimmer  und  Punkte  von 
Urunerde.  Die  Falbe  ist  grau  oder  bei  mehr  Grünerde  in’s 
Grünliche  fallend.  Das  Gestein  braust  mit  Säuren  stark  auf. 

52.  M e rge  1 s an ds tein.  Sandstein  mit  einem  Bindemittel 
ius  Thon-  oder  Kalkmergel.  Grau,  grün,  roth  oder  braun  ge- 
täibt.  Das  Gestein  riecht  beim  Anhauchen  thonig  und  braust 
rnt  Säuren  mehr  oder  weniger  stark  auf.  Es  enthält  gewöhnlich 
Glimmerblättchen  und  wird  beim  Ueberhandnehmen  derselben 
"b en falls  schiefrig. 

Geigers  Pharmctcie.  11  1.  (2/r  Au  fl.) 


20 


Conglomerate. 


306 

(Man  theilt  den  Sandstein*  nach  seinem  Alter  und  Vorkom- 
men ein  in : Alter  rother  Sandstein , Kohlensandstein.  Bunter 
Keuper -,  Lias-Sandstein  u.  s.  w.,  was  wohl  zweckmässiger 
ist,  aber  uns  hier  zu  weit  führen  würde.) 

Die  Benutzung  der  Sandsteine  als  Baustein  und  zn  archi- 
tectonischen  Verzierungen  ist  allgemein  bekannt;  es  ist  aber 
nöthig,  hierzu  genau  das  Verhalten  des  Gesteins  zur  Witterung 
zu  kennen.  Zur  Construction  von  Hohöfen  muss  man  die 
Quarz-  und  Tiionsandsteine  wählen,  und  jene,  ihrer  leichten 
Schmelzbarkeit  wegen,  vermeiden,  welche  mit  Säuren  aufbrau- 
sen.  Die  quarzigen  Abänderungen  dienen  auch  zum  Glasschmel- 
zen; die  festem  zu  Schleif-  und  Mühlsteinen.  Im  Allgemeinen 
ist  der  Sandstein  der  Vegetation  wenig  günstig. 

Gruppe  11.  Conglomerate. 

53.  K ies  el-C  o n g 1 o m er  at.  Abgerundete  oder  eckige 
Stücke  der  verschiedenen  Varietäten  der  Gattung  Quarz  sind 
durch  ein  einfaches  oder  gemengtes  kieseliges  Bindemittel  ver- 
kittet. Die  verkitteten  Stücke  haben  eine  sein*  verschiedene 
.Grösse.  Als  Beimengungen  treten  Thon , Glimmer , Feldspath , 
Schwefelkies  u.  s.  w.  auf.  Sind  die  verkitteten  Stücke  abge- 
rundet, so  nennt  man  das  Gestein:  eigentliches  KieseUCong lo- 
merat; sind  sie  eckig:  Kicsel-Breccie. 

54.  Ka lk  - C on  gl o mer at.  Abgerundete  Stücke  von  dich- 
tem oder  rogenartigem  Kalkstein  liegen  in  einem  sie  zusam- 
menhaltendem  kalkigem  Teige.  Die  verkitteten  Stücke  variiren 
von  der  Grösse  einer  Erbse,  bis  zu  der  einer  Faust. 

55.  Augit-Conglomerat.  Eckige  Stücke  von  Augil 
sind  durch  eine  weisse  Kalkmasse  verbunden.  Die  Grösse  der 
Augitstücke  wechselt  sehr,  von  der  eines  Sandkornes  bis  zu  meh- 
rern  Kubikfuss. 

56.  Eis  en-Con  glom  erat.  Eckige  oder  abgerundete 
Stücke  von  Magneteisen  und  Eisenglanz  sind  durch  ein  Binde- 
mittel «aus  ockrigem  Braun-  und  Roth-Eisenstein  verbunden.  Die 
verkitteten  Stücke  haben  die  Grösse  einiger  Linien  bis  mehrere 
Zoll.  Als  Beimengungen  bilden  sich  Blättchen  von  Glimmer , 
Chlorit  und  Talk , und  nicht  selten  von  Gold. 

57.  B i m s t e i n - C o n g I o m e r a t.  Eckige  und  «abgerundete 
Bimsteinslücke , verbunden  durch  eine  erdige , aus  zerriebenem 
Bimstein  gebildete,  Masse.  Das  Gestein  ist  leichter  als  Wasser 
und  leicht  zu  zerbröckeln.  Eingemengt  bilden  sich  Stücke  von 
Trachgt , Obsidian , Perlstein , Glimmerblättchen , Holzopal. 
D«as  Bindemittel  ist  in  grösserer  oder  geringerer  Menge  vorhan- 
den. Die  erstere,  bald  dichte,  bald  poröse  Abänderung,  von 


307 


Conglomerate. 

grauer  ia’s  Braune  ziehender  Farbe,  wird  gewöhnlich  Trass 
genannt. 

Man  benutzt  das  Gestein  zu  leichten  Bauten.  Der  Trass 
hat  die  schützbare  Eigenschaft:  mit  Kalk  unter  Wasser  zu  er- 
härten und  ist  daher  besonders  bei  Wasserbauten  angewendet. 
Er  findet  sich  in  den  Rheingegenden  (Brohlthal),  Ungarn,  Mont- 
Bore  , Quito. 

58.  B as alt-C  on  glom erat.  Eckige  und  abgerundete 
Stücke  von  Basalten , Doleriten , Anamesiten,  Wacken  u.  s.  w. ; 
ferner  Fragmente  anderer  Felsarten,  Kalk-  und  Sandsteine 
sind  durch  einen  Teig  gebunden , der  meist  aus  einem  der  ge- 
nannten Gesteine,  oder  aus  einem  Gemenge  einiger  derselben 
besteht,  oder  das  Cäment  ist  ein  erdiges  und  scheint  aus  der 
Verwitterung  oder  mechanischen  Zerstörung  einer  der  angeführ- 
ten Gebirgsarten  entstanden  zu  sein.  — Nach  der  Beschaffenheit 
des  Cäments  und  der  verkitteten  Bruchstücke  ist  die  Farbe  ver- 
schieden , grau , braun  und  roth.  Eben  so  verschieden  ist  die 
Grösse  der  eingeschlossenen  Theile.  Herrscht  das  Bindemittel 
vor  und  sind  die  verkitteten  Stücke  klein , so  nennt  man  diese 
Abänderung  Basalt-Tuff.  Als  Beimengungen  finden  sich : Horn- 
blende, Olivin , Magneteisen , Titaneisen , Augit , Feldspath , 
Glimmer , Melanit , Kalkspath. 

59.  Trachyt-Conglomerat.  Blöcke , Bruchstücke  und 
Rollsteine  der  verschiedenen  Abänderungen  des  Trachgts , mit- 
unter auch  Bimsteinbrocken  und  Fragmente  basaltischer  Schlak- 
ken , gebunden  durch  eine  erdige , wenig  cohärente  Masse , 
welche  durch  Zerstörung  des  Trachvts  selbst  entstanden  ist  oder 
einen  krystallinischen , der  Grundmasse  des  Trachyts  ähnlichen, 
Teig  darstellt.  Das  Gestein  hat  gewöhnlich  eine  lichte , grau- 
lich-weisse,  selten  dunkle  Farbe.  Auch  hier  ist  die  Grösse  der 
eingekitteten  Bruchstücke  sehr  verschieden.  Als  Beimengungen 
finden  sich  Hornblende , Augit  u.  s.  w .,  meist  besser  erhalten 
als  die  Bruchstücke.  — Das  Gestein  wird  bei  Bauten  und  zu 
Trögen  benutzt;  es  verträgt  hohe  Hitzgrade  und  eignet  sich 
daher  zur  Cönstruction  von  Heerden  und  Backöfen.  — Es  findet 
sich  überall , wo  Trachyte  selbst  Vorkommen. 

60.  Iv  1 i n g s t e i n - C o n g 1 o m e r a t.  Bruchstücke  von  Klingr 
stein,  von  verschiedener  Grösse,  eckig  oder  abgerundet,  ver- 
bunden durch  ein  ihoniges  Bindemittel,  das  in  der  Regel  stark 
von  kohlensaurem  Kalk  durchdrungen  ist.  Es  braust  mit  Säu- 
ren auf.  Das  Bindemittel  herrscht  gewöhnlich  vor  und  ist  von 
aschgrauer  oder  röthlicher  Farbe,  Es  finden  sich  oft  darin: 
jßasßZf-Rollstücke , jßwfirrz-Fragmente  und  Krystalle  von  Feld~ 
spath , Augit  und  Hornblende,  Glimmerblättchen,  Magnetei- 
sen. — Das  Gestein  tritt  gewöhnlich  mit  Phonoliten  auf,  z.  B. 


Conglomerate. 


308 

im  Bhön- Gebirge , kann  als  Baustein  benutzt  werden  und  liefert 
durch  Verwitterung  eine  fruchtbare  Erde. 

61.  Vulkanischer  Tuff.  Die  Hauptmasse  ist  uneben 
feinkörnig,  auch  erdig;  grau,  braun,  oder  roth;  weich,  mit- 
unter fast  zerreiblich;  matt.  In  derselben  finden  sich,  nach  der 
Art  des  Vorkommens,  verschiedene  Einschlüsse,  Lfli*fl-Frag- 
mente,  Augit -,  Feldspath-  und  Leucit-Tkei\e , Glimmerblätt- 
chen  u.  s.  w. 

Man  unterscheidet  hiernach  : 

o)  Steintuff.  Hart,  im  Bruche  erdig  oder  muschelig,  roth- 
braun  mit  orangenfarbigen  Flecken.  Er  enthält  mehlige  oder 
krystallisirte  Leucite , braunen  Glimmer , /lwf/if-Krystalle , 
Feldspath- Theile.  Er  wurde  schon  in  den  ältesten  Zeiten  als 
Baustein  benutzt. 

b)  Bröckeltuff ’ Sehr  zerreiblich,  leicht,  schwärzlich  oder 
gelbiich-braun.  Er  besteht  aus  dicken , wenig  zusammenhalten- 
den Körnern  mit  mehligem  Leucit , Augitbrocken , Glimmer  - 
blättchen  u.  s.  w. 

c)  Posiliptuff.  Gelblichweisse  oder  lichte  strohgelbe  Haupt- 
masse , matt,  im  Bruche  erdig,  leicht,  spröde,  mit  sehr  gehäuft 
liegenden,  linien-grossen , Stücken  Bimstein  und  schwarzer  po- 
röser Lara. 

Das  ausgezeichnete  Vorkommen  dieser  Tuffarten  ist  Italien  ; 
die  verwitterten  Gesteine  geben  eine  sehr  fruchtbare  Erde. 

62.  P e p e r i n.  Die  Hauptmasse  ist  weich  , wackeartig , 
aschgrau,  im  Bruche  feinkörnig;  sie  umschliesst  eckige  Stücke 
von  weissem  Dolomit  und  Geschiebe  und  Gerölle  von  Basalt , 
Dolerit  und  Lava.  Ausserdem  finden  sich  Glimmerblättchen , 
mehr  oder  minder  häufig,  Krystalle  von  Augit  und  Leucit , so 
w ie  Magneteisenkörner. 

Der  Peperin  ist  eine  vulkanische,  wieder  zusammengebackene 
Asche,  die  sich  vom  vulkanischen  Tuff  dadurch  unterscheidet, 
dass  in  ihr  alles  mehr  frisch  und  w ohl  erhalten , w as  im  Tuff’ 
matt  und  zerstört  ist. 

Man  brauchte  ihn  schon  in  den  frühesten  Zeiten  als  Bau- 
stein. — Seine  Verbreitung  beschränkt  sich  auf  den  Kirchen- 
staat. 

63.  G r a n i t - C o n g 1 o m e r a t.  Die  Hauptmasse  ist  thonig  , 
oft  durch  Eisenoxyd  gefärbt  und  umschliesst  die  Gemengtheile 
des  Granits , Granitsgruss , zuweilen  auch  kleinere  oder  grös- 
sere Stücke  unzersetzten  Granits.  — Der  Glimmer  ist  in  der 
Regel  mechanisch  zertheilt , der  Feldspath  mehr  oder  weniger 
verwittert  und  der  Quarz  wohl  erhalten.  — Die  Festigkeit  des 
Gesteius  ist  sehr  verschieden. 


Cenglomerate. 


309 


. ,64-  Eisenthon-Cojjrlomerat.  Die  Hauptmasse  Ist 

tiiomg  durch  Eisenoxyd  gefärbt  imd  schliesst  Oeschiehe  und  Ge 
rolle  von  Quarzfels,  Thonschiefer,  Kieselschiefer , Gneis 
Granit,  Glimmerschiefer,  verschiedenen  Porphuren  u s w 
ein.  Das  ganze  Gestein  hat  eine  rothe  Karbe;  die  Grosserer 
Bruchstücke  übersteigt  selten  die  einer  Faust;  das  Verhältnis« 
des  Bindemittels  zu  den  Einschlüssen  ist  sehr  verschieden  und 
hiervon  hängt  in  der  Regel  die  Festigkeit  des  Gesteines  ab. 
bummer blättchen  finden  sich  darin  fast  immer,  seltener  Feld- 
spath  und  ein  weisscr , der  Porzellanerde  ähnlicher  Thon. 

,.  65.  Porphyr-Conglomerat.  Eine  Tlionmasse  ver- 

bindet Geseluebe  und  Gerolle  von  Feldstein-  oder  Thonslein- 
Porphgr . wozu  oft  noch  ähnliche  Stücke  anderer  Gesteine  als: 
Kieselschiefer , Thonschiefer,  Quarz  und  Granit  treten  Die 
Karbe  des  Gesteins  ist  in  der  Regel  rotli,  selten  weiss  und  seine 
restigkert  gering. 

66.  Grauwacke.  Das  Bindemittel  ist  granitartig  und  be- 
steht aus  feinen  Körnern  von  Feldspath  und  Quarz,  worin 
eckige  und  abgerundete  Stücke  von  verschiedenen  Varietäten 
des  Quarzes  liegen.  Die  Farbe  ist  grau,  unrein  blau  oder 
schwarz ; die  Härte  und  Festigkeit  sehr  beträchtlich.  Die  ver- 
kitteten Bruchstücke  messen  in  der  Regel  weniger  als  einen 
Zoll.  Der  Bruch  ist  splittrig , wenn  sich  das  Ganze  durch  Fein- 
körnigkeit dem  Dichten  nähert. 

Man  unterscheidet  : 

a)  Gemeine  Grauwacke.  Das  Bindemittel  ist  gewöhnlich 
m geringerer  Menge  vorhanden  und  die  Quarzkörner  haben  die 
Oberhand.  Sie  ist  zuweilen  so  feinkörnig,  dass  das  Gestein  ein 
gleichartiges  Ansehen  gewinnt , der  Bruch  ist  dann  im  Grossen 
flachmuschelig,  im  Kleinen  femsplitterig.  Sind  die  Gemengtheile 
grosser,  so  unterscheidet  man  gewöhnlich  weisse  Glimmerblätt 
chen  m der  Grundmasse.  Selten  trifft  man  darin  Bruchstücke 
von  Granit , Gneis  , Glimmerschiefer , Serpentin,  Feldstein- 
Porphyr , Kalkstein  u.  s.  w. 

b)  Schiefrige  Grauwacke  (Grauwackenschiefei).  Durch 
das  häufiger  »Verden  der  Glimmerblättchen  in  der  feinkörnigen 
Abänderung  nimmt  die  Grauwacke  eine  schiefrio-e  Striictm-  »nö 
einen  lebhafte»  Schimmer  auf  der  Oberfläche  an! 

Von  Mineralien  finden  sich  der  Grauwacke  zuweilen  bei- 

ivtw cSt/i  K^lhsPuIt.k  ’ ItuPjer-.  U1,i  Schwefelkies,  Steinmark , 
Feldspath-Krystalle , Anthracit,  Erdpech , Das  Grauwacken- 
, bnge  ist  das  älteste,  w elches  Ueberrestc  organischer  Schö- 
ptung  aufbewahrt , jedoch  un  Ganzen  sehr  selten.  Auf  Quarz- 
Kalk-  und  Bargt spath-Gängen  führt  die  Grauwacke  Blei-’ 
Eisen-,  Kupfer-,  Mangan-  und  Antimonerze,  gediegen  Gold 


310 


Conglomerate. 


nebst  goldhaltigen  Kiesen  ( Andes-Kette ).  Lagerartig  finden 
sich  darin  : Braun-  und  Rothbis  enstein . Blei-  und  Kupfererze , 
Kalk -,  Quarz-  und  Kieselschiefer.  Irland  hat  im  Grauwacke- 
Gebiete  ein  ansehnliches  Kohlenlager  aufzuweisen. 

Die  Grauwacke  findet  sich  sehr  verbreitet : am  Harz , 

Westerwald , Taunus , Rheingegend , Hundsrücken , Eifel , 
Thüringen , Erzgebirge , Böhmen , Skandinavien , Grossbrit- 
tanien , Frankreich , America  u.  s.  w. 

Die  Grauwacke  wird  als  Bau-  und  Chausseestein  benutzt 
und  die  daraus  durch  Verwitterung  entstandene  Erde  ist  der 
Waldcultur  günstiger  als  dem  Ackerbau. 

67.  Nagel  fl  uh.  Das  Bindemittel  ist  kalkig,  sandig;  die 
eingeschlossenen  Theile  sind  Geschiebe  und  Bruchstücke  verschie- 
dener Kalksteine , Sandsteine , Grauwacke , Porphyr , Granit , 
Gneis , Glimmerschiefer , Syenit , Serpentin , Gabbro , Grün- 
stem u.  s.  w.  Das  Gestein  ist  in  der  Regel  grau,  seltener 
roth  oder  braun  und  im  Allgemeinen  bedeutend  fest.  Das  Binde- 
mittel und  die  Theile  zeigen  grosse  Verschiedenheiten.  Die 
Grösse  der  letztem  wechselt  von  der  eines  Sandkornes  bis  zu 
3 Fuss  und  darüber.  Die  Festigkeit  des  Gesteins  ist  in  der 
Regel  sehr  gross.  — Die  Nagelfluh  findet  ihre  grösste  Verbrei- 
tung im  mittlern  Europa:  in  der  Schweiz , Waadtland , Sa- 
voyen  u.  s.  w. 

68.  M usch  el-Conglom  er  at.  Bruchstücke  von  fossi- 
len Muscheln  verschiedener  Arten  und  Gattungen,  mitunter  auch 
ganze  Muscheln , sind  durch  ein  kalkiges  oder  mergeliges , sel- 
tener durch  kieseliges  Cäment  verkittet.  — Die  Muscheln  sind 
fast  immer  bis  zur  Unbestimmbarkeit  zertrümmert,  das  Binde- 
mittel ist  in  der  Regel  in  geringer  Menge  vorhanden  und  be- 
steht manchmal  aus  Kalkspath.  Das  Gestein  hat  eine  geringe 
Festigkeit. 

69.  K n o c h e n - C o n g 1 o m er a t (Knochen  - Breccie). 

Ganze  Knochen  und  deren  Bruchstücke  von  Säugethieren , Vö- 
geln, Amphibien  und  Reptilien,  sind  durch  ein  thoniges,  roth, 
weiss  oder  grau  gefärbtes  Cäment  verbunden,  w elches  mit  Säu- 
ren brauset  und  bald  mehr,  bald  weniger  Kalk  enthält.  Ausser- 
dem enthält  das  Gestein  oft  Bruchstücke  von  Kalksteinen,  Land- 
und  Süsswassermuscheln.  Nicht  selten  ist  Kalkspath  durch  die 
ganze  Masse  verbreitet,  — Das  Gestein  zeigt  gewöhnlich  eine 
geringe  Festigkeit. 

B.  C o n g r e g a t e. 

Die  Theile  des  Gesteins  stehen  unmittelbar  miteinander  in 
Berührung  und  keiner  erscheint  als  Bindemittel.  Die  Theile 


Erden. 


311 


hängen  nur  schwach  zusammen  oder  sind  lose , haben  gar  kei- 
nen Zusammenhang. 


Gruppe  L Erden . 

70.  Ackererde.  Ein  Gemenge  aus  Sand , Gerollen  und 
Geschieben  und  aus  erdigen  Theilen . Der  Sand  besteht  aus 
Quarz , Glimmer Kalk , Magneteisenstein ,.  u.  ,9.  ?/;. 

Die  erdigen  Theile  aus  Kieselerde , Thonerde , Kalkerde,.  Talk- 
erde, Eisen , Mangan , Ammoniak , Kali-,  Natron-Salzen , 
Wasser , atmosphärische  Luft,  Kohlensäure , Humus,  Humus- 
säure. Sie  ist  das  Resultat  von  Zertrümmerungen  und  Zer- 
setzungen der  vielartigsten  Gesteine , daher  so  verschieden  in 
ihrer  Beschaffenheit,  als  die  Natur  der  Felsmassen,  aus  denen 
sie  entstanden  ist  durch  mechanische  oder  chemische  Umwände- 
iung  derselben,  wozu  sich  noch  die  von  der  Verwesung  der 
Thiere  und  Pflanzen  herrühr  enden  Stoffe  (Humus  und  Humus- 
säure) gesellen. 

Nach  den  verschiedenen  Bestand  theilen,  hinsichtlich  ihrer 
Quantität  und  Qualität , unterscheidet  man : 

a)  Sandige  Ackererde.  Quarz  mit  geringen  Beimengungen 
kalkiger  und  thoniger  Theile.  Lichte  gelblich-  oder  graulich- 
weiss,  feinkörnig,  wenig  Wasser  anziehend  und  bindend. 

h)  Thonige  Ackerde.  Thontheile  mit  Sand  in  geringer 
Menge  und  Spuren  von  Kalk.  Grau,  gelb,  braun,  roth,  blau. 
Sie  zieht  stark  Wasser  an,  wird  dadurch  plastisch  und  hält  es 
lange  zurück.  Beim  Austrocknen  hart  und  rissig  werdend. 

c)  Kalkige  Ackererde.  Kalktheile  mit  wenig  sandigen  und 
ih oni gen.  Lichte  grau  oder  plastisch  w erdend  und  bald  w ieder 
austrocknend.  Beim  Austrocknen  nicht  berstend,  sondern  locker 
und  staubartig  w erdend. 

d)  Mergelige  Ackererde . Kalk-  und  Thontheile  sind  vor- 
herrschend. Grau , gelb  , braun , roth , grün.  Wasser  begierig 
anziehend,  klebrig  werdend,  es  ziemlich  stark  zurückhaltend, 
beim  Austrocknen  schwindend,  berstend  und  eine  starke  Con- 
sistenz  annehmend. 

e)  Lehmige  Ackererde.  Die  Hauptmasse  ist  Lehm  von 
gelber  und  brauner  Farbe.  Das  Wasser  ziemlich  stark  anzie- 
hend und  dadurch  plastisch  w erdend , es  stark  zurückhaltend , 
beim  Austrocknen  nicht  stark  schwindend  und  nicht  berstend.. 

f)  Humöse  Ackererde . Thonige  und  kalkige  Theile  mit 
humösen  Theilen  gemengt,  die  nicht  leicht  über  5 p.  C.  steigen., 
Dunkel  grau  oder  braun.  Wasser  in  bedeutender  Menge  anzie- 
hend. es  sehr  langsam  abgebend,  beim  Austrocknen  sich  wenig. 


312 


Thoue. 


zusammenziehend  und  dabei  nicht  hart  werdend.  Im  trocknen 
Zustande  pulverförmig  und  von 4 geringer  Consistenz. 

Die  Eigenschaften  der  angeführten  Varietäten  werden  auf 
die  mannigfaltigste  Weise  modificirt , je  nachdem  die  eine  oder 
die  andere  Substanz  in  kleinerer  oder  geringerer  Menge  in  die 
Zusammensetzung  eingeht.  Die  Kieselerde  macht  den  Hauptbe- 
standteil der  meisten  Bodenarten  aus ; Thonerde  steigt  selten 
über  15  p.  C. ; Kalkerde  ist  fast  immer  enthalten,  oft  aber  nur 
in  sehr  geringer  Menge;  ebenso  Talkerde,  Eisenoxyd  oder  Eisen- 
oxydul und  Manganoxyd.  Von  dem  wesentlichsten  Einflüsse  auf 
die  Beschaffenheit  der  Ackererde  ist  der  Untergrund,  oder  die 
feste  Unterlage,  worauf  der  Boden  ruht,  je  nachdem  sie  fest 
und  geschlossen  oder  locker  und  zerklüftet  ist;  je  nachdem  der 
Fels  Kalkstein  oder  Granit  u.  s.  w.  ist. 

Gruppe  II.  Tlione. 

71.  Porzellanerde  (Kaolin  (p.  134).  Gewöhnlich  Kör- 
ner von  Feldspath  und  Quarz,  so  wie  Glimmerblättchen  ent- 
haltend. 

72.  Thon  (p.  135).  Arten  sind  Töpferthon , Lelim , Let- 
ten, Schieferthon. 

Der  Lehm  ist  ein  sehr  * unreiner  eisenschüssiger  Thon  voii 
schmutzig-gelber , mehr  oder  weniger  in’s  Rothe  und  Braune 
übergehender  Farbe.  Matt,  undurchsichtig,  leicht  zerreiblich, 
sich  etwas  fettig  anfühlend,  von  unebenem,  grobkörnigem  Bruche. 
Er  ist  ein  Gemenge  von  Thon , Sand , Gümmer , Kalk , Eisen- 
oxyd, , Moder  u.  s.  w.  Er  findet  sich  überall  verbreitet  und 
bedeckt  die  Berggehänge,  die  Thäler,  und  stellenweise  die  Ebe- 
nen am  Gebirgsfusse , so  wie  die  Ufer  der  Flüsse. 

Löss  ist  ein  lockeres  Gemenge  aus  Thon-,  Kalk-  und 
Kieselerde,  lehmig,  gelblich-grau , erdig  im  Bruche.  Er  ist  ein 
eigen thümliches  Gebilde,  hervorgegangen  aus  der  Zersetzung 
und  Auflösung  mannigfacher  Felsarten  und  findet  sich  im  Rhein- 
thale  zwischen  Basel  und  Bonn.  Er  tritt  an  erhabenen  Punkten 
auf  und  reicht  bis  zu  den  tiefsten  Stellen.  Sehr  bezeichnend 
dafür  ist  eine  Menge  calcinirter  Landconchylien  von  noch  leben- 
den Arten  und  knollige  und  nierenförmige  Concretionen  und 
stalaktitische  Massen  von  verschiedener  Grösse  und  dichter 
kalkiger  oder  mergeliger  Substanz  ( Löss-Kindchen , Löss- 
Püppchen). 

Schieferthon . Fester,  durch  Kohle  oder  Bitumen  grau  oder 
schwarz  gefärbter  Thon,  von  dick-  und  gerad-,  selten  krumm- 
schiefrigem  Gefüge.  Der  Bruch  ist  eben  in’s  Flachmuschelige 
und  Erdige.  Gewöhnlich  enthält  er  Schwefelkies  in  Körnern 


Sand. 


313 


und  Nieren,  so  wie  Glimmerblättchen  auf  den  Absonderungs- 
flächen beigemengt.  Häufig  findet  man  in  ihm  Abdrücke  von 
Pflanzen,  besonders  von  Farrnkräutern  und  Equiseten.  Er  bil- 
det mehr  oder  minder  mächtige  Lager  auf  oder  unter  Stein- 
kohlen und  ist  nicht  sehr  verbreitet. 

Brandschiefer  ist  ein  mit  vielen  Bitumen  und  Kohle  durch- 
drungener Schieferthon,  gleichsam  eine  Mittelbildung  zwischen 
Kohlenschiefer  und  Schwarzkohle;  pechschwarz  von  dünnschie- 
frigem Gefüge.  Er  lässt  sich  als  Brennmaterial  benutzen.  — 

Nach  Laurent  enthalten  gewisse  bituminöse  Schiefer  15  bis 
20  p.  C.  eines  bituminösen  Oels  von  der  Zusammensetzung  des 
Kohlenwasserstoffs , das  sich  zur  Bereitug  von  Leuchtgas  be- 
nutzen liesse,  da  es  keinen  Sauerstoff  enthält.  Auch  Hesse  sich 
ohne  Kosten  daraus  Paraffin  gewinnen. 

Gebrannter  Kohlenschiefer  findet  sich  in  der  Nähe  bren- 
nender Steinkohlenflötze  nach  der  Oberfläche  hin,  wo  das  Feuer 
keine  Schmelzung  mehr  zu  bewirken  vermag.  Er  ist  porös, 
zellig , von  undeutlichem  Gefüge , roth , gelb  oder  braun. 

73.  Klebschiefer.  Ein  thoniger  Mergel  von  dünn-  und 
gerad schiefriger  Textur.  Br.  erdig  in’s  Flachmuschelige.  Hell 
gelblichgrau  in’s  Weisse.  Locker,  mürbe,  zerreiblich,  sich  auf- 
blätternd. Der  Zunge  stark  anhängend;  Wasser  mit  Geräusch 
einsaugend.  Er  enthält  häufig  runde  Menilith-Mdssen  eingeschlos- 
sen. * — Das  Gestein  findet  sich  am  Montmartre  bei  Paris  und  wird 
benutzt  zum  Reinigen  der  Kleider  von  Flecken,  so  wie  zum 
Poliren  von  Metallen. 

74.  Po  lir  s chief e r (p.  122). 

Gruppe  III.  Sand. 

75.  Quarzsand.  Beinahe  nur  aus  Quarzkörnern  von 
verschiedener  Grösse  bestehend  mit  wenig  fremdartigen  Beimi- 
schungen und  in  der  Regel  von  wreisser  oder  gelber  Farbe. 
Zuweilen  zeigt  der  Quarzsand  eine  graue,  rothe,  gelbe,  grüne 
Farbe,  die  von  Eisenoxyd,  Eisenoxydhydrat  oder  Grünerde  her- 
rührt.  Er  ist  das  Resultat  der  Zersetzung  quarziger  Gesteine 
und  bedeckt  ganze  Landstriche  (Steppen).  Ferner  findet  er 
sich  im  Alluvium,  an  den  Ufern  des  Meeres,  der  Flüsse  und 
Bäche.  Der  letztere  hat  in  der  Regel  mehr  fremdartige  Beimi- 
schungen, als:  Körner  von  Magneteisen , Chromeisen , Granat , 
Spinell , Blättchen  von  Gold  und  seltener  von  Platin. 

Der  Sand  macht  ein  sehr  wichtiges  Material  zu  manchen 
technischen  Bedürfnissen  aus.  Er  dient  zur  Glas-,  Email-  und 
Smaltebereitung  und  zur  Verfertigung  von  Mörtel.  In  Verbin- 
dung mit  Leinöl  und  Bleiglätte  bildet  er  einen  guten  Kitt.  Er 


3 U 


Tor  L 


dient  zum  Scheureil  und  Reinigen  von  Gefkssen  und  Gebäuden , 
zum  Glasschleifen,  Reinigen  und  Filtriren  des  Wassers  und  an- 
derer  Flüssigkeiten ; als  Streusand , ehemals  zu  Stundengläsern, 
(Sanduhren),  zum  Formen  von  Metall-Abgüssen,  als  Zuschlag 
bei  metallurgischen  Arbeiten  und  bei  ehemisch-pharmaceutischen 
Arbeiten  als  erwärmendes  Rad  (Sandbad).  (Vergl.  Bd.  I.  d.  W. 
p.  146.) 

76.  Eisen sand  (Magneteisensand).  Der  Hauptmasse  nach 
aus  Magneteisensand  (meist  titanhaltigen)  bestehend.  Er  bildet 
kleine  Körnchen  und  feine  Blättchen,  auch  Octaeder,  deren 
Kanten  und  Ecken  abgerundet  erscheinen , hat  eine  schwarze 
oder  graue  Farbe,  ist  weit  schwerer  als  Quarzsaud  und  ist  ge- 
wöhnlich gemengt  mit  kleinen  Körnern  oder  Krystallen  von 
Augit,  Hornblende , Glimmer , Feldspatk , Olivin , seltener  von 
Melanit , Quarz , Spinell  y Korund,  Lava - und  Bimstein- 
Stückchen  u.  s.  w. 

Gruppe  IV.  Gruss. 

77.  Granit- Gruss.  Aus  groben  Körnern  eines  zersetz- 
ten Granits  bestehende  Grussmasse. 

78.  Gneis- Gruss.  Aus  groben  Körnern  verwitterten, 
Gneises  bestellend. 

79.  Basanit-Gr us s (Schlacken-Gruss).  Aus  groben 
Körnern  und  kleinen  Stücken  verschiedener  verschlackter  Ge- 
steine , namentlich  aus  verschlackten  Basanit  - Körnern  be- 
stehend. 

80.  Bimstein - Gr  u s s_  Aus  groben  Körnern  von  Bim- 
stein zusammengesetzt. 


Gruppe  V.  Torf. 

81.  Torf  (p.  272).  Wie  oben  erwähnt,  verdankt  der  Toi f 
seine  Entstehung  der  Zerstörung  von  Sumpfpflanzen.  Je  voll- 
ständiger diese  vor  sich  gegangen  ist , um  so  besser  ist  der  Torf. 
Abänderungen  hierin  treten  oft  in  demselben  Torflager  in  den 
verschiedenen  Schichten  ein.  Der  reinste,  mit  heller  Flamme 
und  Hinterlassung  von  wenig  helle  gefärbter  Asche  verbrennende 
Torf,  stellt  eine  schlaminähnliche,  pechschwarze , fette , klebrige 
Substanz  dar,  mit  wenigen  pflanzlichen  Ueberresten  (Bagger- 
torf).  Man  nennt  den  Torf  „ weniger  reifL , wenn  seine  Be- 
standteile einen  geringeren  Grad  der  Zersetzung  und  Umwand- 
lung erlitten  haben.  Ein  häufig  vorkommender  Thon-  oder 
Kalk- Gehalt  macht  den  Torf  als  Brennmaterial  weniger  geschätzt. 
Andere  Beimengungen  des  Torfs  sind  Eisenkiese  und  Eisen - 


Allgemeine  geognostische  Begriffe. 


315 


Vitriol  (Vitriol-Torf) , die  in  manchen  Gegenden  Oberschle- 
siens  so  reichlich  Vorkommen,  dass  Vitriol  auswittert.  Ausser- 
dem findet  sich  nicht  selten  im  Torf  Blau-Eisenerde , Eisen- 
ocker und  selten  Bernstein, 


Ueber  einige  allgemeine  geognostische 
Begriffe. 

Ausser  diesen  petrographisch  bestimmten  Gesteinen  finden 
sich  Uebergänge  zwischen  einzelnen  Gesteinen,  welche  mit-  und 
nebeneinander  auftreten.  Diese  Uebergänge  stellen  Mittelglieder 
dar,  welche  bald  den  Charakter  der  einen,  bald  der  andern 
Art  mehr  oder  minder  deutlich  tragen;  sie  können  aber  nur 
statt  finden  zwischen  nach  Masse-  und  Structur-Verhältnissen 
abweichenden  Gesteinen,  welche  auf  dieselbe  Weise  entweder 
auf  plutoniscliem  oder  neptunis cliem  Wege  gebildet  wurden . — 
So  findet  sich  z.  B.  der  Schiefertlwn  (p.  312)  übergehend  in 
Kohlensandstein  (p.  306)  durch  Aufnahme  quarziger  Theile. 
Grauwacke  (p.  309)  geht  in  Thonschiefer  (p.  298)  über,  wenn 
die  Grösse  des  Kornes  ab-  und  die  Menge  des  Bindemittels  zu- 
nimmt. Die  Kreide  (p.  302)  verläuft  in  Grün-  Sandstein 
der  Muschelkalk  (p.  301)  in  bunten  Sandstein.  Wir  sehen 
ferner  Uebergänge  von  Gneis  (p.  290)  in  Granite  (p.  289),  von 
Syenit  (p.  290)  in  Granite  u.  s.  iv. 

Das  Gestein  zeigt  sich  nirgends  auf  der  Erde  als  aus  einem 
Stücke  bestehend,  sondern  immer  mannigfach,  bald  auf  diese, 
bald  auf  jene  Weise,  geschichtet , zerspalten  oder  zerklüftet . 

Geschichtete  Gesteine  nennt  man  jene , welche  aus 
Lagen  bestehen , die  übereinander  liegen  und  durch  zwei  unter 
sich  parallele  Ebenen  begrenzt  sind.  Man  nennt  diese  Lagen 
Schichten ; sie  sind  nach  und  nach  entstanden  und  offenbar  als 
Absätze  aus  Wasser  zu  betrachten.  Nur  diese  geschichteten  Ge- 
steine, welche  man  auch  normale  nennt,  enthalten  bald  mehr 
oder  minder  häufig  Ueberbleibsel  einer  vorweltlichen  organischen 
Schöpfung.  — Die  Schichten  erscheinen  wagerecht  und  heissen 
söhlige , oder  auch  sanft  gekrümmt,  Vertiefungen  der  Erdober- 
fläche entsprechend,  muldenförmig.  Gewöhnlich  senken  sich  die 
Schichten  nach  einer  Seite  des  Horizonts,  während  sie  nach  der 
andern  aufsteigen ; man  nennt  diese  Erscheinung  das  Fallen  der 
Schichten . Dieses  Fallen  der  Schichten  ist  oft  sehr  stark  bis 


316 


Allgemeine  geognostische  Begriffe. 


zmn  Senkrechten  und  wird  dann»  auch  das  Einschiesscn  «x* 
nannt. 


Die  Gesteinmassen,  welche  eine  Schicht  unmittelbar  decken 
sie  mögen  von  gleicher  oder  verschiedener  Beschaffenheit  sein  * 
nennt  man  das  Hangende;  die  Unterlage , auf  w elchem  eine 
Schichte  ruht,  das  Liegende.  Die  geringste  Entfernung  zwischen 
Liegendem  und  Hangendem,  welche  (furch  eine  auf  beiden 
Schichtungs-Ebenen  senkrecht  stehende  Linie  bezeichnet  wird 
nennt  man  ihre  Stärke,  Mächtigkeit.  Unter  Streichen  der 
Schichten  versteht  man  ihre  Längen-Erstreckung  nach  einer  be- 
stimmten Weltgegend. 


Ausser  dieser  Schichtung  finden  sich  die  Felsmassen  auch 
mitunter  abgesondert  in  mehr  oder  minder  regelrecht  gestal- 
tete und  auf  mannigfache  Weise  geordnete  Stücke.  Hierher  ge- 
hört die  Absonderung  in  ziemlich  recht  winkelige  Parallelepi- 
peden.  Sie  kommt  bei  söhlig  geschichteten  Felsmassen  vor 
wenn  ein  solches  Gestein  von  verticalen,  oft  w eit  geöffneten 
Spalten  durchzogen  wird  r w ie  z.  B.  beim  grünen  Sandstein 
(Quader-Sandstem , Kalk-Sandstein). 

Die  säulenförmige  Absonderung  ist  gewöhnlich  nur  Ge- 
steinen vulkanischer  Abkunft  eigen,  z,  B.  Basalten , Dolerilen 
Laven  u.  s.  w. 


Platten - oder  tafelförmige  Absonderungen  nennt  man  jene, 
wo  die  Gebirgsmassen  meist  dünne,  höchstens  eia  bis  zwei  Fuss 
starke  geradschalige  Stücke  geschieden  sind  und  sich  durch  eine 
se  11  ebene  Oberfläche  auszeichnen.  Solche  Absonderungen  sind 
manchen  Feldstein-Porphyren  und  Phonolithen  eigen.  Wird 
das  Gestein  durch  gekrümmte  Spalten  in  rundliche  Massen  von 
mehr  oder  weniger  deutlich  ausgesprochener  Kugel-Gestalt  ge-, 
scineden,  so  nennt  man  die  Absonderung  kugelig. 

Ausserdem  sieht  man  sow  ohl  geschichtete  als  ungeschichtete 
Gesteine  aut  vielartige  Weise  durch  Risse  und  Spalten  getrennt, 
welche  sehr  unbestimmten  Richtungen  folgen.  Diese  Zerklüf- 
tungen werden  bei  den  neptumschen  Gesteinen  durch  das  Zu- 
sammenziehen  der  Massen  beim  allmähligen  Austrocknen  und  bei 
den  im  feurigen  Flusse  gew  esenen  platonischen  Gesteinen  als 
holge  des  Zusammenziehens  beim  Uebergange  aus  den  flüssigen 
in  den  festen  Zustand  erklärt.  Dieses  mannigfache  Getrennt.- 
sein  der  Felsmassen  durch  Schichtung,  Absonderung  und  Zer- 
klüftung erklärt  die  Möglichkeit  des  Zudringens  des  Wassers 
zu  sehr  tiefen  Stellen  im  Innern  der  Erde. 


Wie  schon  oft  früher  erwähnt  wurde,  sind  die  Gesteine 
theils  auf  neptunischem , tlieils  auf  platonischem  Wege  gebildet 
worden,  d.  h.  sie  sind  entweder  Absätze  aus  Wasser  und  ihre 
Lagerungsfolge  aufeinander  ist  normal  und  bestimmt  ihr  Alter 


Allgemeine  geognostische  Begriffe.  317 

oder  sie  befanden  sich  in  feurigem  Flusse  und  ihre  Lagerungs- 
folge ist  abnorm , indem  sie  sich  an  keine  bestimmte  Regeln 
der  Altersfolge  bindet.  Man  nennt  die  erstem  auch  normale  , 
die  letztem  abnorme  Felsmassen. 

Die  normalen  Felsmassen  sind  im  Allgemeinen  kalkige, 
quarzige  und  thonige  Gesteine,  wozu  noch  die  ursprünglich  dem 
organischen  Reiche  ungehörigen  Kohlen  kommen.  Da  diese  nor- 
malen Massen  auch  meistens  die  Eigenthümlichkeit  der  Schich- 
tung zeigen,  so  nennt  man  sie  auch  geschichtete  Massen.  Die 
fossilen  Ueberreste  aus  dem  Thier-  und  Pflanzenreiche,  welche 
sich  in  den  normalen  Felsmassen  finden  und  für  dieselben  eben 
sowohl  als  die  Schichtung  bezeichnend  sind,  treten  als  unwider- 
legbare Beweise  von  Umwälzungen  auf,  welche  die  Oberfläche 
tmsers  Planeten  erlitt  und  bei  denen  das  Feuer  nicht  tliätig  war. 
Durch  das  Studium  dieser  fossilen  Ueberreste,  die  Petrefacten- 
liunde , lernte  man  die  normalen  Felsmassen  in  Gebilde  des 
Meeres - und  des  süssen  Wassers  unterscheiden , worauf  die 
Verschiedenheit  der  organischen  Wesen  führte,  die  entweder  im 
Meere,  im  süssen  Wasser  oder  auf  der  Erde  leben. 

Die  abnormen  Felsmassen,  welche  man  auch  massige  Ge- 
steine nennt,  bilden  einen  in  die  Augen  springenden  Gegensatz, 
verglichen  mit  den  normalen , sowohl  hinsichtlich  ihres  Bestan- 
des, als  ihrer  Bildungsweise  und  Lagerungs-Verhältnissen.  Sie 
zeigen  nie  eine  wahre  Schichtung,  sind  frei  von  Ueberresten 
organischer  Schöpfung  und  mehrere  derselben  kommen  in  Strö- 
men vor.  Die  abnormen  Felsmassen  waren  im  feurig-flüssigen 
Zustande , stiegen  als  solche  aus  den  Tiefen  der  Erde  zur  Ober- 
fläche oder  wurden  empor  getrieben  und  erstarrten  dort  mehr 
oder  weniger  allmählig.  — Die  abnormen  Gesteine  erscheinen 
als  Berge  oder  als  ganze  Gebirge , oder  lagerweise  zwischen 
den  normalen  Gebirgen  und  parallel  mit  den  Schichten  derselben. 
Ferner  erfüllen  sie  Spalten,  von  denen  die  Schichten  nachbarli- 
cher Gebirge  unter  mehr  oder  minder  grossen  Winkeln  geschnit- 
ten werden,  oder  sie  erscheinen  als  Anlagerungen  an  dieselben 
durch  das  Emporsteigen  aus  der  Tiefe.  Wirkliche  Ueberlage- 
rungen,  wie  solche  den  normalen  Felsmassen  zukommen,  finden 
sich  bei  den  abnormen  nie. 

Die  abnormen  Gesteine  sind  in  der  Regel  durch  Feldspath 
oder  feldspathartige  Mineralien  charakterisirt , die  für  sich 
schmelzbar  sind.  Sie  sind  ausserdem  Gemenge  verschiedenarti- 
ger Mineralien,  deren  Theile  entweder  auf  solche  Weise  ver- 
bunden sind,  dass  man  sie  noch  mehr  oder  weniger  deutlich 
erkennen  kann,  oder  es  finden  sich  dieselben  so  klein  und  innig 
miteinander  verschmolzen,  dass  das  Auge  sie  nicht  mehr  zu 
unterscheiden  vermag.  Eine  bestimmte  Altersfolge  in  der  La- 
gerung der  abnormen  Felsmassen  wird  gön  stich  vermisst,  indem 


318 


Allgemeine  geognostische  Begriffe. 


sich  keine  wahrhaft  verschiedene  .Perioden , in  denen  sie  gebil- 
det wurden , nachweisen  lassen.  Im  Allgemeinen  lässt  sich  nur 
annehmen,  dass  abnorme  Gebilde  neuern  Ursprungs  sind,  als 
die  normalen , zwischen  denen  sie  aus  der  Tiefe  gewaltsam 
hervorgedrängt  wurden;  gewisse  abnorme  Gesteine  dürften  aber 
älter  sein , als  sämmtliche  normale  , indem  erstere  tiefer  liegen , 
als  letztere. 

Nach  den  ältern  Ansichten  über  Bildungsfolge  und  Entste- 
hung der  Gebirge  tkeilt  man  dieselben  ein  als  entstanden  in 
sechs  Perioden  und  nannte  sie:  Urgebirge , Ueber gang sgebirge, 
Flötzgebirge , tertiäre  Gebirge , auf  geschwemmte  Gebirge  und 
Vulkane . 

Unter  Urgebirge  verstand  man  jene  Gesteine,  welche  in  dem 
tiefsten  Innern  der  Erde  Vorkommen  und  als  die  höchsten  beschnei- 
ten Gipfeln  colossaler  Berge  über  das  Meeresniveau  empor  steigen. 
Auf  ihnen  ruhen , wie  man  glaubte , alle  übrigen  Gebirgsarten ; 
jedoch  ist  jetzt  hinlänglich  erwiesen,  dass  mehrere  zu  den  Ur- 
gebirgen  gehörigen  Gesteine  als  Erhebungsgebilde , andere  für 
jünger  gehaltene  Gebirge  überlagern  und  somit  ihnen  der 
Begriff  der  Urgebirge  nicht  mehr  zukommt.  Zu  den  Urgebirgen 
rechnete  man  : Granit , Gneis , Weissstein , Glimmerschiefer , 
Thonschiefer , Quarzfels , Syenit , Biorit , Hornblendegesteine , 
Augitfels,  Ecklogit , Gabbro , Serpentin , Porphyr , Urkalk. 
Es  sind  grösstentheils  harte  krystallinische  Gesteine , als  Resul- 
tate einer  ruhigen  chemischen  Sonderung , häufig  gemengt , und , 
den  Thonschiefer  ausgenommen,  ohne  alle  Spuren  organischer 
Ueberreste,  aber  reich  an  Erzen. 

Nachdem  die  Urgebilde  gebildet  waren,  entstanden  die 
Uebergangsgebirge , welche  über  erstere  gelagert  sind  und  von 
den  Gebilden  der  folgenden  Periode  , den  Flötzgebirgen , be- 
deckt werden.  Sie  sind  weniger  krystallinisch  und  entstanden 
in  wildem  Kampfe  der  Natur  beim  Uebergange  aus  der  Urzeit 
in  die  Zeit  der  Flötz-Gebilde , aus  der  Periode  der  unbewohnten 
Erde  in  die  der  bewohnten.  Die  hierher  gezogenen  Gebilde 
stellen  gleichsam  Mittelglieder  zwischen  Ur-  und  Flötzgebirge 
dar , in  Bezug  auf  Lagerung  und  Vorkommen  organischer  Reste, 
die  hier  zuerst,  aber  sparsam  erscheinen.  Es  gehörten  hierher 
die  Grauwacke , Uebergangs-  Thonschiefer , Uebergangs-llalk - 
stein , mehrere  Porphyre  il  s.  w.  Sie  sind  reich  an  Erzen. 

Die  Flötzgebirge  wurden  als  die  Gebilde  der  dritten  Pe- 
riode betrachtet,  welche  tlieils  auf  Ur-,  theils  auf  Uebergangs- 
Gebilden  ruhen.  Sie  stellen  die  grosse  Reihe  von  Schichten  dar, 
welche  als  Produkte  einer  allmähligen,  oft  unterbrochenen  Bil- 
dung von  dem  Uegergangsschiefer  und  Kalk  an,  bis  zu  Forma- 
tion der  Kreide  fortsetzen.  Sie  stellen  grösstentheils  durch  mecha- 
nische Kräfte  zusammengefügte  Massen  dar,  welche  theils  einfach, 


Allgemeine  geognostische  Begriffe.  319 

tlieils  gemengt  sind  und  im  letztem  Falle  als  mechanische  Nieder- 
schläge theilweise  zerstörter  älterer  Gebirgsarten  erscheinen. 
Sie  enthalten  die  grösste  Mannigfaltigkeit  untergegangener  or- 
ganischer Wesen  mit  immer  mehr  gesteigerter  Voll  kommen heit 
ihrer  Ausbildung.  Es  gehören  hierher  der  Kolilens andstein , 
Schieferthon , Steinkohlen , Sandsteine  und  Flötzkalke. 

Zu  den  tertiären  (Gebirgen  werden  alle  normalen  Gesteine 
gerechnet,  welche  jünger  sind  als  die  Kreide  und  die  oft  ihre 
Stelle  über  dieselbe  einnehmen.  Es  gehören  hierhin  der  plas- 
tische Thon  mit  den  Braunkohlen , Grobkalk,  Süsswasser- 
Kalk  , Gyps,  Mergel  u.  s.  w.  Sie  wurden  früher  auch  zu  den 
Flötzgebirgen  gerechnet,  sind  reich  an  Versteinerungen  und  ent- 
halten in  den  tiefem  Lagen  gewöhnlich  Conchylien  des  Meer*- 
Wassers , in  den  obern  aber  Conchylien  des  süssen  Wassers  und 
Gebeine  von  ausgestorbenen  vierfüssigen  Thieren. 

Das  auf  geschwemmte  Land  bezeichnet  die  neuesten  Bil- 
dungen auf  der  Erdoberfläche , welche  tlieils  als  Niederschlag 
grosser  Meeresfluthen  (Diluvium) , theils  als  solche  aus  Land- 
gewässern  (Alluvium)  entstanden , erscheinen.  Es  erfüllt  die 
Thäler  oder  bedeckt  grosse  Ebenen  und  besteht  aus  thonigen , 
sandigen  und  kalkigen  Fossilien  mit  Ueberresten  von  Pflanzen, 
Land-  und  Flussthieren. 

Gleichzeitig  mit  und  nach  dieser  letzten  Periode  glaubte 
man  die  vulkanischen  Bildungen  entstanden  und  zwar  durch 
Emporheben  im  flüssigen  und  und  halbflüssigen  Zustande.  Es 
gehören  hierhin  die  trachytischen  und  basaltischen  Gebilde,  La- 
ven, vulkanische  Tuffe  u.  s.  w.  Von  den  acht  vulkanischen 
Bildungen  unterscheidet  man  die  pseudo-vulkanischen , entstan- 
den durch  in  Brand  geratheiie  und  ruhig  fortbrennende  Stein- 
oder Braunkohlenflötze,  wobei  die  Gesteine  mehr  oder  weni- 
ger auffallende  Veränderungen  erlitten. 


G e alogische  Hypothese, 

Unter  Welt  versteht  man  die  Vereinigung  der  Gestirne  und 
iheilt  letztere  in  Fixsterne  oder  Nebelsterne , Planeten  mit 
ihren  Trabanten  und  Kometen.  Die  Fixsterne  scheinen  zuerst 
geschaffen  zu  sein.  Sie  drehen  sich  um  ihre  eigene  Axe  und 
um  einen  gemeinschaftlichen  Mittelpunkt  des  Universums,  der 
uns  aber  unbekannt  ist 

Die  Planeten  sind  wahrscheinlich  als  glühend  flüssige  Mas« 
sen  von  dem  sie  regierendem  Gestirne  während  seiner  Umdre- 
hung ausgeworfen.  Zu  diesen  Planeten  gehört  unsere  Erde, 


320 


Allgemeine  geostostische  Begriffe. 


welche  zwei  Bewegungen  folgt,  äderen  eine  sie  in  23  Stunden, 
56  Minuten  und  4 Secuuden  um  ihre  Axe  und  die  andere  in  365 
Tagen,  5 Stunden,  48  Minuten  und  45  Secuuden  um  die  Sonne 
vollbringt.  Sie  hat  die  Form  einer  Kugel,  welche  gegen  die 
Pole  zu  abgeplattet  ist  und  eine  Oberfläche  von  9,281,110  geogr. 
□ Meilen.  Diese  abgeplattete  Kugelform  der  Erde  und  die  Zu- 
nahme der  Wärme  in  ihrem  Innern,  welche  auf  jede  65  Fuss 
ohngefähr  einen  Grad  beträgt , beweisen,  dass  die  Erde  sich 
einst  im  feurig-flüssigen  Zustande  befunden  habe,  da  noch  jetzt, 
wenn  die  Zunahme  der  Wärme  im  Innern  nach  obigem  Verhält- 
nisse fortschreitet,  in  einer  Tiefe  von  einer  halben  Stunde  das 
Wasser  nicht  mehr  in  flüssiger  Form,  sondern  nur  als  Dampf 
bestehen  Könnte  und  bei  20  bis  25  Stunden  die  Hitze  stark  genug 
sein  müsste,  die  meisten  Felsarten  zu  schmelzen. 

Nach  dem  angenommenen  Auswurfe  verschw  and  die  w ärme- 
erzeugende  Ursache  und  die  Temperatur  der  Erde  musste  abneh- 
men. Hierdurch  aber  bildete  sich  eine  feste  Rinde  um  die  flüssige 
Masse  und  es  entstand  eine  erste  Art  von  Formation , w elche 
von  oben  nach  unten  zu  statt  hat  und  so  lange  fortdauern  muss, 
bis  die  Erde  völlig  erkaltet  ist. 

Man' kann  die  Geschichte  der  Bildung  und  Veränderung  der 
Erdoberfläche  in  mehrere  Epochen  theilen  und  deren  Wer  an- 
nehmen. 

Erste  Epoche.  Während  der  Planet  glühend  war,  musste 
die  ihn  umgebende  Atmosphäre  sehr  dicht  und  ausgebreitet  sein 
und  ausser  den  Gasarten , w elche  sie  jetzt  zusammensetzen,  eine 
ungeheure  Menge  Wasserdampf  und  durch  die  Hitze  leicht  in 
Luftform  übergehende  Substanzen,  als:  Blei,  Schwefel,  Harz, 
Quecksilber,  Zink  enthalten,  wodurch  natürlich  die  Temperatur 
und  Schwere  der  Atmosphäre  zu  beträchtlich  war,  um  die  Ent- 
wickelung eines  lebenden  Wesens  zu  gestatten.  Sie  musste  sich 
aber  nach  und  nach  abkühleu  und  eine  feste  Kruste  bilden, 
welche  nach  der  Erde  hin*  stets  an  Dicke  zuzunehmen  strebt: 
Hierdurch  entstanden  die  obern  Lagen  der  Urgebirge  und  die 
mineralischen  Krystallisationen , welche  sie  enthalten,  denn  in- 
dem man  gezwungen  ist  anzunehmen , dass  in  der  feurig-flüssi- 
gen Masse  des  Erdkörpers  die  Grundstoffe  aller  jetzt  vorkom- 
menden Gebilde  der  Erdkugel  vorhanden  gew  esen  seien , so 
kann  man  auch  folgern,  dass  mit  der  allmähligen  Abkühlung 
der  Erdoberfläche , diese  Grundstoffe  Verbindungen  mit  krystalli- 
nischem  Gefüge  gebildet  haben , aus  welchen  Quarz , Feldspath 
und  Glimmer  oder  Hornblende  und  in  ihnen  das  massige  Granit- 
gebirge hervorging.  Bei  unvollkommener  Kristallisation  ent- 
stand der  Porphyr;  auf  der  Erdrinde  neigte  sich  der  Krystalli- 
sationsprocess  zum  Blättrigem  oder  Schiefrigem  , woraus  Gneis, 
Glimmerschiefer  und  bei  vorwaltendem  Talk  oder  Thon  soge- 
nannter Talk-  oder  Thonschiefer  hervorging.  Je  nachdem  ein- 


Allgemeine  geognostische  Begriffe. 


32! 


zelne  der  erwähnten  Grundbestandtheile  des  Erdkörpers  partielle 
Verbindungen  eingingen  , entstanden  andere  Gemenge  und  dem- 
nach auch  verschiedenartige  Gebirgsarten  , welche  bei  vorherr- 
schender Hornblende  die  Benennungen  Syenit  , Grünstem , Apha- 
nit  und  Hornblendeschiefer , bei  überwiegendem  Talkgehalte  aber 
die  Benennungen  Protogyn,  Serpentin,  Gabbro  (Euphotid)  und 
Chloritschiefer  erhielten.  Vorzüglich  kieselhaltige  Verbindungen 
ergaben  demnächst  den  Quarzfels , Hornstein , Jaspis  und  Ilorn- 
fels  : Feldspathgesteine  den  Weissstein  und  Feldsteinporphyr,  und 
aus  dem  Urkalk  bildeten  sich  körniger  Marmor  und  Dolomit, 

Die  unter  der  im  Verhältnisse  noch  dünnen  Rinde,  im  feu- 
rigen Zustande  flüssigen  Masse , litt  durch  die  nothwendige  Con- 
traction  der  erkaltenden  Rinde  einen  bedeutenden  Druck  und 
bewirkte  an  manchen  Stellen  der  Erdoberfläche  grosse  Erhe- 
bungen der  letztem  oder  sie  durchbrach  dieselbe  und  trat  wie- 
der zu  Tage  als  plutonische  Auswürfe,  die  nicht  von  Flammen 
und  Schlackenlaven  begleitet  waren,  oder  ergoss  sich  zwischen 
die  schon  erkalteten  Lagen  des  Gesteines.  Zu  den  Gebilden 
dieser  Erhebungen  gehören  namentlich  Augitporphyr , Wacke 
und  Mandelsteine. 

Das  Ende  dieser  ersten  Epoche  bezeichnen  bleibende  Anhäu- 
fungen von  Wasser,  durch  Condensation  des  Wasserdunstes  aus 
der  abgekühlten  Atmosphäre.  Das  Urgebirge  ist  reich  an  schö- 
nen Mineralien  und  Edelsteinen,  auch  an  Metallen,  welche  theils 
in  Lagen,  theils  in  Gängen  Vorkommen,  aber  von  fossilen  Re- 
sten organischer  Wesen  findet  sich  nirgends  eine  Spur. 

Zweite  Epoche.  Nach  dem  Ende  der  ersten  Epoche  er- 
schienen zuerst  organische  Wesen,  nämlich  Pflanzen,  Seethiere, 
Amphibien  und  Reptilien  und  die  Oberfläche  des  Bodens  erlitt 
eine  wellenförmige  Bildung  durch  Erdbeben  und  häufige  Erhe- 
bungen, ohne  dass  hohe  Bürge  hervorgebracht  wurden.  Die 
Wasser  sammelten  sich  in  wenig  tiefen  Meeren  und  bildeten 
zahlreiche , sehr  grosse  Seen  und  Ströme.  Die  Folge  dieser  Ver- 
änderungen war  die  Bildung  der  Grauwacke  aus  Sandsteinen 
und  Conglomeraten  bestehend  und  des  Bergkalks,  welche  beide 
sehr  reich  an  Erzen  sind.  Die  indessen  entstandene  riesenartige 
Vegetation  von  Farm  und  andern  Acotyledonen-Pflanzen , w ozu 
später  auch  Monocotyiedonen  traten , fanden  w ieder  ihren  Unter- 
gang und  bildeten  das  Steinkohlengebirge.  Aus  den  Gew  ässern 
setzte  sich  das  sogenannte  Flötzgebirge  ab,  welches  aus  wech- 
selnden Formationen  von  Sandstein  und  Kalk  besteht,  nämlich 
die  ältere  Flötzformation  (rother  Sandstein,  Kalkstein),  bunte 
Sandsteinformation,  Lias-  und  Jura-Kalkformation.  Diese  Flötz- 
gebilde  sind  besonders  reich  an  organischen  Resten,  führen  Erze 
und  Steinsalzlager.  Auch  in  dieser  Epoche  entstanden  plutoni- 
sche Produkte  ohne  schlackenhaltige  Laven,  so  wie  innere  Er- 
giessungen  zwischen  die  Lagen  und  metallhaltige  Ergiessungen 
Geigers  Pharmacie ■ JI  1.  (21c  JuJ 7.)  21 


322 


Allgemeine  geognostische  Begriffe. 


in  Adern.  Die  pintonischen  Gebilde  sind  dieselben , welche  in 
der  vorigen  Epoche  angeführt  wurden. 

Dritte  Ef)Qche.  Sie  ist  charakterisirt  durch  das  Entstehen 
der  tertiär.  Gebilde , welche  sich  theils  als  Formationen  des 
süssen , theils  als  solche  des  Meerwassers  und  in  der  Regel  in 
abwechselnder  Reihenfolge  zu  erkennen  geben.  Sie  entstanden 
durch  Aushöhlungen  von  Thälern , Versetzung  von  Meeren  und 
Seen.  Ihre  Entstehung  ist  begleitet  von  dem  Untergange  einer 
sehr  grossep  Menge  organischer  Wesen , worunter  man  schon 
grosse  vierfiissige  Säugethiere  (Cetaceen  und  Pachydermen,)  Süss- 
wasserfische und  Insekten  erkennt.  Gleichzeitig  zeigte  auch  die 
Pflanzenwelt  sich  bedeutend  entwickelt,  da  dicotyledonische  Pflan- 
zen schon  häufiger  Vorkommen,  als  Mono-  und  Acotyledonen , 
wie  aus  den  in  dieser  Epoche  entstandenen  Braunkohlen  hervor- 
geht 

Die  pintonischen  Erscheinungen  geben  sich  als  grosse  Er- 
hebungen kund;  die  vulkanischen  Erscheinungen  sind  mehr  als 
solche  charakterisirt.  Es  bildeten  sich  Basalte,  Phonolite,  Tra- 
«hyte  mit  ihren  Conglomeraten,  Schlacken,  Breccien  und  Tuffe. 

Vierte  Epoche  ist  charakterisirt  durch  eine  allgemeine 
Flutli,  deren  Folge  die  Anschwemmungen  von  Mergel,  Lehm, 
Löss,  Marschland  und  Dammerde  sind.  Diese  waren  begleitet 
von  Sand,  Gerolle  und  Geschiebe,  welche  letztere  oft  Felsblöcke 
von  ungeheurer  Grösse  sind,  die  dem  Urgebirge  angehören  und  in 
weiter  Entfernung  von  ihrem  Stammorte  zerstreut  liegen.  Hier- 
durch gingen  eine  Menge  Arten  grosser  Thiere  unter , z.  B. 
Elephas,  Mastodon,  Rhinoceros  etc.  und  gleichzeitig  entstanden 
neue  kleinere  Raren.  Es  erscheinen  ferner  in  dieser  Epoche  die 
Aerolithen  und  die  Erhebung  der  höchsten  Gebirge  findet  statt. 
Die  vulkanischen  Erscheinungen  sind  sehr  mächtig  und  sind  be- 
gleitet von  dichter  und  schlackiger  Lava,  Obsidian  und  Bimstein, 
Rapilli , vulkanischer  Asche  und  Sand.  Lokale  Ueberschwemmun- 
gen  bewirkten  endlich  die  Aushöhlung  der  Thälei1  und  ander- 
weitige Ausfüllungen.  Das  Ende  dieser  Epoche  verläuft  in  die 
gegenwärtige  Periode  und  ist  bezeichnet  durch  die  Bildung  des 
Madreporenkalks,  Kalksinters,  Sprudelsteins,  Kieselguhrs,  verhär- 
teten Meersand,  Muschel-  und  Knochenbreccien.  An  bezeichnenden 
fossilen  Resten  finden  sich  versteinerte  Menschen  (?)  und  Land- 
säugethiere,  die  wenig  verschieden  sind  von  den  noch  lebenden; 
ferner  Infusorien  , theils  noch  lebenden,  theils  ausgestorbenen 
Arten  angehörend,  welche  die  Bildung  des  Kieselguhrs,  des 
Kaseneisensteins  u.  s.  w.  bedungen  haben. 


Druck  von  Carl  Georgi  in  Bonn 


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